Im Zeitalter des Web 2.0 fangen Kinder im frühen Alter an, im Internet zu surfen. Jedem Individuum ist es selbst überlassen, zu welchen Themen, in welchen Sprachen und in welchen Communities es sich aufhält. Das Internet ist international und ermöglicht es, von einer Sprache in die andere zu wechseln und mit Menschen aus der ganzen Welt zu kommunizieren.
Laut Statistischem Bundesamt leben derzeit in Deutschland 1.738.831 türkische Migranten. Der größte Teil wohnt in Nordrhein-Westfalen, an zweiter Stelle folgt Hessen mit 88.719. Die türkische Bevölkerung ist sehr jung, der Großteil zwischen 10 und 20 Jahre alt (vgl. Statistisches Bundesamt 2007: 23-30).
Im Zentrum meiner Untersuchung, für die ich Veröffentlichungen ausgewertet sowie Jugendliche und Medienmacher befragt habe, steht die Internetnutzung. Grund dafür ist, dass es noch keine qualitativen Analysen dazu gibt, vor allem nicht für meine Zielgruppe der jungen Deutschtürken zwischen 14 und 19 Jahren, die zur dritten Generation zählen (vgl. Tolun, 17.03.2008). Im Voraus versuche ich über Fragen zur allgemeinen Mediennutzung zu erfahren, ob die Internetnutzung eine besondere Rolle einnimmt oder es einen Zusammenhang zwischen dem Konsum des Internets und dem anderer Medien gibt. Meine These: Das Fernsehen ist nach wie vor das Topmedium und deshalb spielt das Internet nur eine „untergeordnete“ Rolle.
Interessant ist es, zu erfahren, ob die Jugendlichen mehr deutsche oder türkische Seiten nutzen und was ihre Motive dafür sind. Kennt die Jugend überhaupt noch türkische Seiten? Wenden sich die Jugendlichen gar von den türkischen Medien ab? Meine zweite These: Türkische Jugendliche nutzen weniger türkische Internetseiten und unterscheiden sich im Internet- und Medienkonsum nicht von ihren deutschen Freunden.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Studien zur Internet– und Mediennutzung der Deutschtürken
2.1 Definition „Deutschtürken“
2.2 Die Studie der ARD/ZDF-Medienkommission
2.3 Die WDR-Studie
2.4 Die Studie „Lebenswelten Deutschtürken 2002“
2.5 Weitere Studien
2.6 Zusammenfassung der Studien
3. Medienangebote für Deutschtürken
3.1 „Reine“ Ethnomedien aus dem Heimatland
3.1.1 Print
3.1.1.1 Online-Auftritt
3.1.2 Fernsehen
3.1.3 Hörfunk
3.2 „Genuine“ Ethnomedien aus Deutschland
3.2.1 Print
3.2.2 Fernsehen
3.2.3 Hörfunk
3.2.4 Online
3.3 Zusammenfassung
4. Instrumente der Untersuchung
4.1 Forschungsdesign (quantitative/qualitative Analyse)
4.2 Das Leitfadeninterview
4.3 Auswertung
4.4 Auswahlkriterien der Gesprächspartner
4.4.1 Die deutschtürkischen Jugendlichen
4.4.2 Redakteure deutschtürkischer Medien
4.5 Zusammenfassung
5. Ergebnisse der qualitativen Forschung
5.1 Sprachennutzung
5.1.1 Sprache zu Hause
5.1.2 Sprachennutzung unter Freunden
5.1.3 Sprachennutzung im Internet
5.2 Medienausstattung
5.3 Besonderheiten der Mediennutzung
5.3.1 Erwartungen an das Fernsehen
5.3.2 Erwartungen an den Hörfunk
5.3.3 Erwartungen an die Printmedien
5.3.4 Erwartungen an das Internet
5.4 Zwischenfazit des fünften Kapitels
5.5 Konsum deutscher Medien versus türkischer Medien
5.5.1 Nutzungsverhalten und Bedeutung türkischer Medien
5.5.1.1 Fernsehen
5.5.1.2 Hörfunk
5.5.1.3 Print
5.5.2 Betroffenheit von türkischen Ereignissen
5.5.3 Negatives Bild der türkischen Medien
5.5.4 Nutzungsverhalten und Bedeutung deutscher Medien
5.5.4.1 Fernsehen
5.5.4.2 Hörfunk
5.5.4.3 Print
5.5.4.4 Internet allgemein
5.5.5 Welches Medium wird am meisten genutzt?
5.5.5.1 Mitreden können
5.5.5.2 Eltern als Nachrichtenquelle
5.5.6 Zusammenfassung
5.6 Internetnutzung
5.6.1 Dauer der Internetnutzung
5.6.2 Themenwahl im Internet
5.6.3 Kommunikation im Netz
5.6.3.1 Social Networks
5.6.3.2 Instant Messenger
5.6.4 Unterhaltung im Netz
5.6.4.1 Videoportale
5.6.5 Service im Netz
5.6.5.1 Foren
5.6.5.1.1 Passive Forennutzung
5.6.5.1.2 Aktive Forennutzung
5.6.6 Die meistbesuchten türkischen Internetseiten
5.6.7 Türkische Communities
5.6.8 Zusammenfassung
5.7 Deutschtürkische Medien
5.7.1 Ziele und Herausforderungen der Medien
5.7.1.1 Erwartungen der User
5.7.2 Ergebnisse der jungen Deutschtürken
5.7.2.1 Bewertung der bilingualen Medien
5.7.3 Bewertung deutschtürkischer Medien
5.7.3.1 Radyo Metropol FM
5.7.3.2 Vaybee.de
5.7.4 Haben deutschtürkische Medien eine Zukunft?
6. Resümee
7. Danksagung
8 . Literatur- und Quellenverzeichnis
9 . Abkürzungsverzeichnis
10 . Anhang
1. Einleitung
Im Zeitalter des Web 2.0 fangen Kinder im frühen Alter an, im Internet zu surfen. Jedem Individuum ist es selbst überlassen, zu welchen Themen, in welchen Sprachen und in welchen Communities es sich aufhält. Das Internet ist international und ermöglicht es, von einer Sprache in die andere zu wechseln und mit Menschen aus der ganzen Welt zu kommunizieren.
Laut Statistischem Bundesamt leben derzeit in Deutschland 1.738.831 türkische Migranten. Der größte Teil wohnt in Nordrhein-Westfalen, an zweiter Stelle folgt Hessen mit 88.719. Die türkische Bevölkerung ist sehr jung, der Großteil zwischen 10 und 20 Jahre alt (vgl. Statistisches Bundesamt 2007: 23-30).
Im Zentrum meiner Untersuchung, für die ich Veröffentlichungen ausgewertet sowie Jugendliche und Medienmacher befragt habe, steht die Internetnutzung. Grund dafür ist, dass es noch keine qualitativen Analysen dazu gibt, vor allem nicht für meine Zielgruppe der jungen Deutschtürken zwischen 14 und 19 Jahren, die zur dritten Generation zählen (vgl. Tolun, 17.03.2008). Im Voraus versuche ich über Fragen zur allgemeinen Mediennutzung zu erfahren, ob die Internetnutzung eine besondere Rolle einnimmt oder es einen Zusammenhang zwischen dem Konsum des Internets und dem anderer Medien gibt. Meine These: Das Fernsehen ist nach wie vor das Topmedium und deshalb spielt das Internet nur eine „untergeordnete“ Rolle.
Interessant ist es, zu erfahren, ob die Jugendlichen mehr deutsche oder türkische Seiten nutzen und was ihre Motive dafür sind. Kennt die Jugend überhaupt noch türkische Seiten? Wenden sich die Jugendlichen gar von den türkischen Medien ab? Meine zweite These: Türkische Jugendliche nutzen weniger türkische Internetseiten und unterscheiden sich im Internet- und Medienkonsum nicht von ihren deutschen Freunden.
Daher ist die Basis für die gleiche Nutzung von Informationen gegeben. Demgemäß müssen der Einfluss der Sprache sowie jener der Eltern genauer analysiert werden.
Im nächsten Schritt möchte ich erfahren, ob es den so genannten „genuinen“ Ethnomedien gelingt, die Netgeneration zu erreichen. Was halten die Jugendlichen von diesen Medien? Werden im Netz bilinguale Internetseiten genutzt? Meine dritte These beruht darauf, dass bilinguale Medien nicht genutzt werden, weil die Jugendlichen mit dem Angebot an deutschen und türkischen Medien gut versorgt sind.
Im zweiten Kapitel sollen die aktuellsten Studien zur Medien- und Internet-nutzung zusammengefasst werden. Dazu habe ich zusätzlich die „Qualitative Analyse zur Mediennutzung von Türken und Deutsch-Türken der Zweiten Generation in Deutschland“ von Madlen Ottenschläger als Orientierung genutzt. Die Studien sind eine Grundlage, um meine weiteren Fragen beantworten zu können. Im dritten Kapitel schildere ich kurz, welche türkischen Medien der türkischen Bevölkerung in Deutschland zugänglich sind. Dabei unterscheide ich die „reinen“ Ethnomedien von den „genuinen“ Ethnomedien. Diese Begriffe entnehme ich einem Bericht von Sonja Weber-Menges über die „Typologie der Ethnomedien in Deutschland“ im „Journalistik“- Heft (Weber-Menges 2007: 25). In meiner Arbeit sind mit den „reinen“ Ethnomedien die Medien gemeint, die in der Türkei produziert werden und in Deutschland mit Ergänzungen für den europäischen oder deutschen Markt erhältlich sind. Die Autorin bezeichnet sie als „Typ B“. Mit „genuinen“ Ethnomedien sind die Medien gemeint, die von Deutschtürken für Deutschtürken „muttersprachlich oder interkulturell/transkulturell ausgerichtet sein können“ (Weber-Menges 2007: 26).
Im Anschluss werde ich beschreiben, für welche Instrumente der Untersuchung ich mich entschieden habe. Genauso gehe ich im vierten Kapitel auf meine Gesprächspartner ein und schildere, wieso ich diese ausgewählt habe. Im fünften Kapitel präsentiere ich die Ergebnisse meiner Forschung. Im Vergleich dazu führe ich zwei Gespräche mit „Machern“ der bilingualen Medien, um zu erfahren, welche Gründe es gab, diese Medien ins Leben zu rufen, welche Ziele sie haben und welche Erwartungen laut Erfahrungen der Macher die User an ihre Medien haben. Aus meinem Resümee soll ersichtlich werden, welche Vorlieben die Jugendlichen bei ihrer Internetnutzung haben und ob es den zweisprachigen Medien gelingt, sie anzusprechen.
2. Studien zur Internet– und Mediennutzung der Deutschtürken
Im Folgenden fasse ich die wesentlichen Ergebnisse der aktuellsten Studien zusammen, weil diese eine wichtige Grundlage für die nächsten Kapitel darstellen.
2.1 Definition „Deutschtürken“
Eine eindeutige Definition gibt es nicht. Ich definiere die Deutschtürken für meine Arbeit so, dass dies die Generation ist, die in Deutschland aufgewachsen ist und weiterhin hier lebt. Andere sehen diese Menschen so, dass sie sich nicht „vollständig assimiliert“ und nur „ihre kulturellen Kompetenzen kreativ umgesetzt haben“ (Kaya 2001: 122). Eine weitere Bezeichnung für diese Zielgruppe gibt es auf der Seite turkogermane.de. Demnach sind Turkogermanen „eine Mischung aus Türken und Deutschen“, können in der Türkei geboren worden sein oder gar nur ein türkisches Elternteil haben (Turkogermane o.J.).
2.2 Die Studie der ARD/ZDF-Medienkommission
Die repräsentative Studie der TNS Emnid im Auftrag der ARD/ZDF-Medienkommission, Migranten und Medien 2007, wurde bundesweit mit Menschen mit Migrationshintergrund per Zufallsauswahl verschiedener Haushalte, großteils in den Nielsen-Gebieten West, durchgeführt. Dabei wurde das Mediennutzungsverhalten von Deutschen und Migranten verglichen. Ich gehe nur auf die Ergebnisse der türkischen Migranten ein, weil diese für meine Arbeit relevant sind. Sie stellten mit 2,08 Millionen den größten Anteil an den Migranten dar (vgl. ARD/ZDF-Medienkommission 2007: 68). Befragt wurden Türken und Deutsche mit türkischem Migrationshintergrund ab 14 Jahren zwischen Oktober 2006 und Februar 2007. Das Durchschnittsalter der Befragten lag bei 34,4 Jahren. Bei den Untersuchungen kam zum Vorschein, dass das Fernsehen von türkischen Migranten in deutscher und auch in türkischer Sprache gleich konsumiert wird und als Leitmedium zählt. Dies unterstreicht, dass sie keine homogene Gruppe im Medienverhalten darstellen. Dementsprechend kann keine Rede von einer medialen Parallelgesellschaft sein (vgl. ARD/ZDF-Medienkommission 2007: 3ff).
Bei der Radionutzung sieht es anders aus. Mit 30 Prozent zu 12 Prozent werden mehr deutschsprachige Sender von den Stammnutzern angehört (vgl. ARD/ZDF Medienkommission 2007:83ff). Grundsätzlich hören Migranten jeder Altersstufe relativ wenig Radio und bevorzugen das Hören von Kassetten, CD’s oder MP3-Playern, „die die emotionale Rückbindung an die Heimatkultur erlauben“ (ARD/ZDF-Medienkommission 2007: 49). Diese Studie begründet dies mit dem Erscheinen neuer türkischer Fernsehprogramme ab 2002, aber auch damit, dass 39 Prozent der türkischen Migranten überhaupt kein Radiogerät besitzen (vgl. ARD/ZDF-Medienkommission 2007: 48ff).
Im Durchschnitt surfen die Deutschtürken täglich 32 Minuten im Internet. Die Stammnutzer nutzen zu 39 Prozent mehr deutschsprachige Internetseiten. Nur 13 Prozent schauen sich türkische Internetseiten an. Bei den Gelegenheitsnutzern ist die Nutzungsdauer gleich hoch (16 Prozent). Zu Themen wie aktuelle Nachrichten, Sportinformationen Wissenschaft, Musik, Recherche, Chats und Foren wird das Internet von Migranten aus unterschiedlichen Ländern genutzt. Migranten, die der deutschen Sprache mächtig sind, nutzen eher deutsche Medien, als zum Beispiel die älteren Migranten es tun, deren Sprachkenntnisse weniger gut sind und eine Barriere für sie darstellen. Die heimatsprachigen Tageszeitungen werden zudem häufiger gelesen. Egal in welchem Alter die Migranten sind: Heimatsprachige Medien dienen als Brücke zur Heimat und zur Heimatkultur und werden genauso konsumiert. Deutschen und türkischen Medien werden unterschiedliche Funktionen zugeteilt. Die türkischen Medien sollen der Meinungs- und Identitätsbildung dienen (vgl. ARD/ZDF-Medienkommission 2007: 4ff).
2.3 Die WDR-Studie
Eine weitere umfangreiche und detaillierte Studie wurde im Auftrag des Westdeutschen Rundfunks anlässlich der EBU-Medienkonferenz am 23. und 24. November 2006 in Essen durchgeführt. Bei der qualitativen Analyse zur Mediennutzung, speziell zur Rolle des Fernsehens im Alltag, wurden Gespräche mit 57 türkischen Fernsehzuschauern in Köln und Essen geführt. Dazu wurden jeweils zwei homogene Diskussionsgruppen von 14 bis 19, 20 bis 29 sowie 30 bis 49 Jahren gebildet. Zwischen den drei Altersgruppen stellten sich erhebliche Unterschiede heraus: Für die 14- bis 29-Jährigen gilt das Internet als wichtigstes Medium, weil man damit über den Instant Messenger, MSN, Kontakt mit seinen Bekannten in anderen Ländern haben kann und am schnellsten an Informationen kommt. Die Gruppe der 20- bis 29-Jährigen unterscheidet sich insofern von der jüngeren, als sie gezielter im Internet surft und deutsche Nachrichtenseiten wie spiegel-online.de und stern.de benutzt. Türkische Seiten werden auf Grund der unzureichenden Sprachkenntnisse selten genutzt. Wie auch bei der ARD/ZDF-Studie klar hervor kam, wird das Radio selten von den 14- bis 19-Jährigen genutzt und wenn, dann gemeinsam mit der Familie. Die Tageszeitung wird als „Pflicht“ für die Schule gesehen.
Das Fernsehen nutzen die Jugendlichen hauptsächlich abends, als Unterhaltungsmedium und „Einschlafhilfe“ (Hammeran; Baspinar 2006: 10).
2.4 Die Studie „Lebenswelten Deutschtürken 2002“
Knapp vier Jahre zuvor brachte auch die Lab One Urban Marketing GmbH in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für innovative Marktforschung (GIM) eine Studie heraus. Dabei ging es unter anderem um das Konsum- und Mediennutzungsverhalten von Deutschtürken. Die Studie Lebenswelten Deutschtürken 2002 beinhaltet eine qualitative und eine quantitative Untersuchung. Bei der ersten wurden Gruppen unterschiedlichen Alters im Rhein-Main-Gebiet und in Berlin befragt. Bei der quantitativen Untersuchung wurden ca. 1001 Türken im Alter von 14 bis 49 Jahren befragt und in fünf Segmente unterteilt (LabOne GmbH 2002, Modul I: 5).
30 Prozent der „Skeptiker“ (geringe Bildung, bis 24 Jahre) nutzen das Internet zum Chatten und Surfen (vgl. LabOne GmbH 2002, Modul II: 25). Wie in den vorher erwähnten Studien werden deutsche Internetseiten regelmäßiger als die heimatsprachigen besucht. 61,6 Prozent nutzen das World Wide Web in deutscher Sprache, 27,6 Prozent in beiden Sprachen (vgl. LabOne GmbH 2002, Modul I:16).
Die „Bikulturellen“ (hohe Bildung, 18 bis 39 Jahre) unterscheiden sich dadurch, dass sie deutsche Sendungen mit Freunden schauen und türkische nur in Begleitung mit Eltern oder der Familie (vgl. ebd.: 28). Mit dieser Studie wird auch bestätigt, dass deutsche und türkische Medien komplementär genutzt werden.
Die Mediennutzung hängt vor allem von den Sprachkenntnissen und von der „lebensweltlichen Orientierung“ ab (LabOne GmbH 2002, Modul I: 16). Je schlechter die Türkischkenntnisse sind, desto weniger werden türkische Zeitungen gelesen, weil ein gewisses Vokabular fehlt.
2.5 Weitere Studien
Seda Germeli befragte vor vier Jahren im Rahmen ihrer Diplomarbeit 85 Deutschtürken im Alter von 13 bis 29 Jahren in Berlin. Davon waren 38 weiblich, 47 männlich. Ihre Ergebnisse zeigen, dass 72 von 85 türkischen Jugendlichen das Netz zum Herunterladen von Musik und Filmen nutzen. 67 zum Chatten, 51 zum E-Mail-Verkehr und 48, um Informationen zu erhalten. Sie fand heraus, dass männliche Befragte mehr an Spielen interessiert sind, die weiblichen Befragten eher am Chatten. Germeli begründet dies damit, dass diese im Netz anonym bleiben und schreiben können, was sie denken (vgl. Germeli 2004: 30f).
Für die meisten Jugendlichen ist das Internet zwischen sehr wichtig und wichtig. Die Jugendlichen haben großteils eine DSL-Flaterate, um schneller Filme, Musik und Spiele herunterladen zu können. Interessant ist, dass 32 der Mädchen und 29 der Jungen mehr als 15 Stunden im Internet verbringen (vgl. ebd.: 35f). Demzufolge haben die Jugendlichen einen sehr starken Bezug zu den Medien und sehen die Suchmaschine als alltägliches Nutzwerkzeug (vgl. ebd.: 43f).
2.6 Zusammenfassung der Studien
Aus den genannten Studien lässt sich ableiten, dass den deutschen und türkischen Medien verschiedene Funktionen zugeordnet werden. Die türkischen Medien dienen, um eine Verbindung zum Heimatland aufrecht zu halten. Deutsche Medien werden hauptsächlich zur Information genutzt. Nicht außer Acht zu lassen sind die Sprachkenntnisse des Nutzers. Dies kann zudem beeinflussen, wie oft man welches Medium in welcher Sprache konsumiert (vgl. ZFT 2007: 6). Alter, Bildung, aber auch Lebenseinstellung spielen eine Rolle.
Das Fernsehen hat bei den türkischen Mitbürgern eine sehr starke Dominanz und wird komplementär genutzt, hauptsächlich als Unterhaltungsmedium. Dokumentationen und Nachrichten werden oft von deutschen Sendern konsumiert, weil diese als glaubwürdiger erscheinen. Das Radio wird häufiger in deutscher Sprache konsumiert.
Das Internet wird zum Kommunizieren mit Bekannten in der Heimat und auch zur Information vermehrt in deutscher Sprache genutzt. Bei den 14- bis 29-Jährigen zählt es zu den wichtigsten Medien. Laut Ergebnissen der LabOne GmbH haben 25 Prozent der Deutschtürken einen Internetzugang und 35,6 Prozent verbringen mehr als sieben Stunden im World Wide Web. 71,2 Prozent nutzen das Netz primär, um Informationen zu erhalten und sekundär, um zu Chatten sowie einzukaufen (vgl. Azrak 2004).
Genauso wenig wird explizit auf die Einstellung der von mir definierten dritten Generation zu bestimmten Medien, speziell zum Internet, eingegangen. Es fehlt auch die Information, ob im World Wide Web vermehrt türkische oder deutsche oder gar internationale Seiten genutzt werden. Es wird auch wenig darüber berichtet, wann welche Sprachen von den jungen Deutschtürken gesprochen werden. Denn es gilt auch herauszufinden, woher die sprachlichen Defizite der jungen Deutschtürken rühren. Wird zu Hause zu wenig Deutsch gesprochen?
Genauso wenig wird die Einstellung gegenüber deutschtürkischen Medien gesagt. Da die Studien keine Antworten auf meine Fragen liefern, habe ich mich für die qualitative Analyse entschieden.
3. Medienangebote für Deutschtürken
Für keine andere Migrantengruppe gibt es eine so große Auswahl heimatsprachiger Medien wie für die der Türken. Es gibt mittlerweile Medien über Migranten, Medien für Migranten, Medien mit Migranten und Medien von Migranten (vgl. Geißler; Pöttker 2006: 30). Im nächsten Abschnitt unterscheide ich „reine“ Ethnomedien, die in den Herkunftsländern produziert werden und meist über die dortige Bevölkerung schreiben, von „genuinen“ Ethnomedien, die in Deutschland produziert werden und auch den thematischen Schwerpunkt auf das Leben in Deutschland legen. Sie können in der Muttersprache oder in der Landessprache produziert werden. Hier ist auch zu unterscheiden, dass es von Deutschtürken produzierte Medien und von Deutschen für Türken produzierte Medien gibt. Der Fokus soll natürlich auf „genuinen“ Ethnomedien liegen, die auch von ihren Landsleuten gemacht werden.
3.1 „Reine“ Ethnomedien aus dem Heimatland
Die „reinen“ Ethnomedien werden genutzt, wenn deutsche Medien Bedürfnisse wie Informationen zu Herkunftskultur, -sprache und spezifische Probleme nicht befriedigen können. Für die deutschen Medien ist das mehr und mehr eine Herausforderung, weil die ethnischen Gruppierungen sich sehr unterscheiden (vgl. Geißler; Pöttker 2006: 24). Vor allem „nichtassimilierte, bikulturell orientierte Minderheiten“ nutzen ausschließlich „reine“ Ethnomedien aus dem Heimatland (Geißler; Pöttker 2006: 25). Auch Ralf Husemann erkennt, dass „die emotionale Bindung an die - tatsächlich längst fremd gewordene - Heimat noch sehr stark“ ist (Husemann 2001: 205).
3.1.1 Print
Nachdem die ersten Gastarbeiter nach Deutschland gekommen waren, folgten zehn Jahre später türkische Zeitungen. Den Anfang machten Ende der 1960er Jahre Tercüman (Die Übersetzer) und Aksam (Der Abend). Die Deutschlandausgabe der Aksam wurde nach kurzer Zeit wieder eingestellt. Tercüman „hatte sein Erscheinen in den neunziger Jahren vorübergehend eingestellt“ (Halm 2006:82). Meydan konnte ebenso wenig auf dem deutschen Markt überleben (vgl. ZFT 1994: 451).
1971 kam die liberalkonservative und heute auflagenstärkste Hürriyet (Die Freiheit), ein Jahr später folgte die linksliberale Milliyet (Die Nation). Laut Angaben der IVW hat Hürriyet eine Auflage von 35.907 (vgl. IVW 2008a). Milliyet hat nach eigenen Angaben momentan eine Auflage von 20.000 und plädiert für „seriösen Journalismus“ sowie „gute[n] Beziehungen zwischen Deutschen und Türken“ (Abuska, 27.03.2008; Halm 2006:81). 1973 kam die „streng islamisch“ ausgerichtete Milli Gazete (Die Nationalzeitung) in Deutschland auf den Markt und war nur über ein Abonnement erhältlich. Ziel war „die Verschmelzung von Islam und Journalismus“ (Halm 2006: 81). Heute hat die Zeitung nach Einschätzung des Pressesprechers des ZFT eine verbreitete Auflage von 3.000 (vgl. Cem Sentürk, 31.03.2008). 1988 fand auch die „rechtskonservative“Türkiye (Die Türkei) Platz auf dem deutschen Markt (Halm 2006:81). Sie gehört zur „Ihlas Holding“ und hat nach Angaben des ZFT eine verbreitete Auflage von 32.000 in Europa, 28.000 in Deutschland (vgl. Cem Sentürk, 31.03.2008).
Die religiös-konservative Zaman (Die Zeit) schloss sich 1990 an. Sie wird von „Anhängern der Gülen-Bewegung herausgegeben“ und hat laut IVW eine verbreitete Auflage von 20.323 (Bozbel 2005: 15; IVW 2008b). 1995 folgten die linksorientierte Evrensel (Das Universelle) und die in türkischer Sprache veröffentlichte kurdisch-linksorientierte Özgür Politika (Die freie Politik) (vgl. Halm 2006: 81).
Sie wurde 2005 von Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) verboten, weil diese Tageszeitung „nachweislich in die Organisationsstruktur der PKK eingebunden“ gewesen sein soll (FAZ Online 2005). Seit 2006 erscheint sie unter anderem Namen in Deutschland. Die Yeni Özgür Politika (Die neue freie Politik) erscheint auf Türkisch und Kurdisch.
Die Evrensel dagegen kann nur über ein Abonnement erworben werden und hat eine Auflage von 4.000 (vgl. Cem Sentürk, 31.03.2008). Wie Özgür Politika wurde auch die Tageszeitung Vakit (Die Zeit) hier vom Markt genommen. Grund für Schilys Entschluss waren die „anti-semitischen Hetzartikel des Kolumnisten Karakaya“ (Zeit Online 2007). Das Medium wurde am 25. Februar 2005 komplett verboten (vgl. Zeit Online 2007).
Die liberale Sabah (Der Morgen) kam 1996, wurde auf Grund der wirtschaftlichen Krise in der Türkei 2001 vom deutschen Zeitungsmarkt genommen, ist aber „seit 2006 wieder in Deutschland erhältlich“ und hat eine Auflage von 20.000 (Konrad Adenauer Stiftung 2007: 6). Die linksliberale Cumhuriyet Hafta existiert seit 1990 und erscheint wöchentlich (vgl. Güntürk 2000: 274). Nach Eigenangaben hat sie „eine Auflage von 8.000-10.000“ (Cutsay, 26.03.2008). Die wichtigsten Artikel der Tageszeitung Cumhuriyet (Die Republik) werden in der wöchentlichen Cumhuriyet Hafta zusammengefasst (vgl. Cem Sentürk, 31.03.2008). Die bekannten türkischen Sportzeitungen sind Fotospor (Der Fotosport) und Fanatik (Der Fanatiker). Sie werden in der Türkei gedruckt und nach Deutschland geschickt (vgl. Cem Sentürk, 31.03.2008).
Letztere gehört dem Mediengiganten „Dogan Media Group“. Aktuell gibt es sieben überregionale türkische Zeitungen mit speziellen Europaausgaben (vgl. ZFT 2007: 3).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle I: Überblick über die großen türkischen Zeitungen in Deutschland.
Jede in der Türkei herausgegebene Tageszeitung veröffentlicht eine Europaausgabe, die „aufnahmelandorientiert, aber dennoch migrationsspezifisch“ berichtet (Halm 2006: 79). Auf zwei bis sechs Europaseiten berichten sie hauptsächlich über Deutschland. Die türkischen Zeitungen sind privatwirtschaftlich organisiert und werden von Redakteuren in Istanbul (Mantel) und Frankfurt am Main (Regional- bzw. „Avrupa-Teil“) gemeinsam gestaltet (vgl. Bozbel 2005: 21).
3.1.1.1 Online-Auftritt
Mittlerweile gehört es sich für jede Zeitung, auch einen Onlineauftritt zu haben. Einige Zeitungen haben sogar zwei, einen für die Europaausgabe und einen für die heimatsprachige. Die Zaman beispielsweise publiziert ihre Europaausgabe unter der Internetseite eurozaman.de und eurozaman.com und die türkischsprachige auf zaman.com.tr (vgl. Bozbel 2005: 24). Die meistgelesene Hürriyet hat einen übersichtlichen Internetauftritt für beide Ausgabenformate: hurriyet.de und hurriyet.com.tr.
Die Evrensel hat eine einzelne europäische Seite auf evrensel.de und die Standardseite evrensel.net. Türkiye hat einen Onlineauftritt auf turkiyegazetesi.com, Milli Gazete unter milligazete.com.tr, Yeni Özgür Politika auf yeniozgurpolitika.org. Die Internetseite der Cumhuriyet cumhuriyet.com.tr ist nicht damit zu vergleichen. Dort sind erschienene Artikel teilweise nur eingescannt zu sehen.
3.1.2 Fernsehen
Heute sind in Deutschland dank Satelliten- und Kabelfernsehens mehr als 20 türkische Sender empfangbar. TRT war der erste und einzige staatliche TV-Sender, der sein Programm in Deutschland bis 1990 ausstrahlte. Seit 1990 gibt es viele private Sender, hauptsächlich kommerziell ausgerichtet, weitestgehend unpolitisch. Im Unterschied zu TRT-Int konzentrieren sie sich auf Unterhaltungssendungen. Mit dem Boom an privaten türkischen Sendern „war die Monopolstellung von TRT-Int beendet“ (Halm 2006: 86f).
Der private Sender Kanal D, am 20. September 1993 in der Türkei gegründet, ist in Europa seit März 1996 unter dem Namen Euro D bekannt und gehört zur „Dogan Yayin Holding“ (vgl. Arbomedia o.J.a). Ebenso gehört Eurostar, früher Star 1, seit Oktober 2005 zu dem Mediengiganten (Arbomedia o.J.b). ATV strahlte 1993 zum ersten Mal und auch schon für ganz Europa aus (vgl. ZFT 1997: 36). Private Sender, die auch eine politische Ausrichtung haben, sind beispielsweise TGRT, Kanal 7 und
Samanyolu. Hier liegt der Schwerpunkt auf Informationssendungen (vgl. Güntürk 1999: 276). Kanal 7 INT entstand im August 1995 in der Türkei und war auch schon über Satellit in Europa empfangbar (vgl. ZFT 1997: 39). TGRT sowie TGRT EU gehörten der „Ihlas Holding“ an, wurden aber an Rupert Murdochs „FOX Group“ verkauft und erhielten den Namen FOX TV.
In Europa ist der türkische Privatsender als FOX Türk bekannt. Seit 2004 werden Sendungen für Deutschtürken in eigenen Studios in Mörfelden produziert (vgl. Güngör, E-Mail an Verfasserin vom 06.01.2008; Sargur, 13.03.2008). Der Medienkonzern „Ihlas Holding“ hat daraufhin neue Sender gegründet. TGRT Haber gibt es in der Türkei, TGRT Haber EU ist in Deutschland empfangbar, hat eine deutsche Lizenz und sendet zweisprachig von Frankfurt am Main aus (vgl. Cem Sentürk, 31.03.2008; Sargur, 13.03.2008). Neben den aufgezählten Privatsendern gibt es einen Pay-TV Kanal (Cine 5), den Musiksender Kral TV sowie die privaten Nachrichtensender NTV und CNN-Türk, die sich auf Nachrichtenberichterstattung konzentrieren (vgl. Halm 2006: 87).
3.1.3 Hörfunk
Hörfunksendungen verlieren immer mehr an Bedeutung. Grund ist das vielseitige Fernsehangebot heimatsprachiger Sender. Dank Satellit und digitalem Receiver können türkische Radiostationen empfangen werden, aber sie werden kaum genutzt. Unter 3.2.3 werde ich auf die Radiostationen eingehen, die in Deutschland produziert und auf Türkisch gesendet werden. Türkische Sender, die über Satellit empfangen werden können, sind Süper FM, Kral FM, Best FM und Show Radio (vgl. Duyar; Calagan 2001: 89).
3.2 „Genuine“ Ethnomedien aus Deutschland
Diese Medien äußern sich zweisprachig oder nur in deutscher Sprache (vgl. Geißler; Pöttker 2006: 21). Da es weder das Herkunftsland noch die Aufnahmegesellschaft schaffen, die Deutschtürken anzusprechen, kommen deutschtürkische Medien gelegen (vgl. Duyar; Calagan: 89). Im Folgenden werden deutschtürkische Medien dargestellt, die teilweise in Deutschland sehr erfolgreich sind, andere haben versucht, Fuß zu fassen, mussten aber auf Grund starker Konkurrenz und großen Kostendrucks vom Markt genommen werden (vgl. Halm 2006: 90). Falls sie doch überlebten, mussten sie sich auf einzelne Regionen begrenzen. Gründe sind neben finanziellen „hohe Eintrittsbarrieren, keine Kooperationsbereitschaft bei den etablierten deutschen und türkischen Verlagen“, zudem wusste man zu wenig über die Mediennutzung der neuen Generation der Deutschtürken (Sinan 2001: 99f).
3.2.1 Print
Nachdem sich abzeichnete, dass die „Gastarbeiter“ längerfristig in Deutschland bleiben, gab es viele Versuche, zweisprachige Medien herauszubringen. Vor allem bei den Printmedien kamen viele auf den deutschen Zeitungsmarkt, verschwanden aber wenig später wieder. Die Zeitschrift „Etap“ (Etappe), die sich als „Magazin für deutschtürkisches Leben“ vermarktet hatte, wurde im November 1999 mit einer Auflage von 300.000 herausgebracht und galt als eines der „erfolgreichsten und professionellsten“ Projekte dieser Art (Sinan 2001:100; Kulmac, 28.03.2008). Nachdem der Finanzpartner kurzfristig das Handtuch warf, musste die Zeitschrift nach der Mai-Ausgabe 2000 eingestellt werden (vgl.
Sinan 2001: 100). Die Zeitschriften Hayat, Melez und Türkis waren speziell für türkische Jugendliche auf Deutsch konzipiert, wurden aber ebenso nach kurzer Zeit vom Markt genommen (vgl. Halm 2006: 90). Diese Medien hatten gemeinsam, dass sie von Deutschtürken für junge Deutschtürken gemacht wurden und demzufolge die „Lebenswirklichkeit von ,Machern’ und Lesern dieselbe“ war (Duyar; Calagan 2001: 89). Die deutsche Tageszeitung TAZ hatte von September 2000 bis Mitte 2001 an jedem Donnerstag die zweisprachige Persembe ( Donnerstag) herausgebracht. Sie „verstand sich inhaltlich als Gegengewicht zur sonst in Deutschland vertriebenen türkischen Presse“ und wurde ebenso eingestellt (Halm 2006: 90).
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- Citation du texte
- Zeynep Dönmez (Auteur), 2008, Die Internetnutzung junger Deutschtürken, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/94277
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