Die vorliegende Arbeit sollte sich anfangs in erster Linie um den Essay von Dieter Birnbacher „Der Utilitarismus und die Ökonomie“ aus dem Jahre 1990 drehen. Nach und nach wurde mir jedoch klar, dass ich generell zu wenig über den Utilitarismus, oder besser die verschiedenen Formen dieses Ansatzes, wusste.
Deshalb gliedert sich die Arbeit nun in zwei Teile, wobei der erste sich mit den verschiedenen Ansätzen des Utilitarismus kritisch auseinanderzusetzen sucht, der zweite dann auf den besagten Aufsatz eingeht. Am Ende folgt eine kurze Stellungnahme.
Inhaltsverzeichnis
0 Einleitung
i. Der Utilitarismus
ii. Der Utilitarismus und die Ökonomie
(1) Berührungsebenen
(2) Gemeinsamkeiten und Unterschiede innerhalb der utilitaristischen Ethik
iii. Die Bedeutung des Utilitarismus für die Ökonomie
iv. Stellungnahme
v. Literatur
0 Einleitung
Die vorliegende Arbeit sollte sich anfangs in erster Linie um den Essay von Dieter Birnbacher „Der Utilitarismus und die Ökonomie“ aus dem Jahre 1990 drehen. Nach und nach wurde mir jedoch klar, dass ich generell zu wenig über den Utilitarismus, oder besser die verschiedenen Formen dieses Ansatzes, wusste.
Deshalb gliedert sich die Arbeit nun in zwei Teile, wobei der erste sich mit den verschiedenen Ansätzen des Utilitarismus kritisch auseinanderzusetzen sucht, der zweite dann auf den besagten Aufsatz eingeht. Am Ende folgt eine kurze Stellungnahme.
i. Der Utilitarismus
There are few circumstances among those which make up the present conditions of human knowledge, more unlike what might have been expected, or more significant of the backward state in which speculation on the most important subjects still lingers, than the little progress which has been made in the decisions of the controversy respecting the criterion of right and wrong.[1]
So wenig erfreulich diese Aussage klingen mag, so wahr ist sie immer noch. Als John Stuart Mill mit diesen Worten seinen Essay 1871 beginnt, hat er kaum absehen können, auf welche Art von Problemen dieses „criterion of right and wrong“ noch alles wird angewendet werden müssen. Er versuchte in seinem Werk Utilitariarism/Der Utilitarismus eine Verteidigung und Erweiterung des zuvor von Jeremy Bentham in Introductions to the Principles of Morals and Legislation (printed for publication 1780, published 1789) entwickelten Reformprojektes von Ethik und Recht in England. Bentham ist damit der eigentliche Begründer des Utilitarismus.
In Kontinentaleuropa gilt der Utilitarismus als „Gegenposition zur kantischen Ethik“[2]. Der Utilitarismus ist eine so genannte konsequentialistische Konzeption von Moral - jede Handlung wird danach überprüft und beurteilt, welchen Nutzen sie hat. Und als gut zu beurteilen ist sie, wenn der Nutzen für möglichst viele gegeben ist.
Während diese Theorie vor allem im deutschsprachigen Raum immer noch – oder seit Singers Praktischer Ethik auch wieder vermehrt – skeptische beäugt wird, war sie doch ursprünglich eine sozialreformerische Bewegung, die „sich als eine der ersten Bewegungen für das Wohl der Gesamtgesellschaft“[3] interessiert hat. Mit anderen Worten kann der Utilitarismus als eine humanistische Theorie gesehen werden, die möglichst vielen Menschen Wohlstand, Glück und Zufriedenheit zusichern und die bestehenden Verhältnisse aufbrechen wollte. Als einige der ersten Moralphilosophen wollten Bentham und seine Nachfolger – beruhend auf den Erkenntnissen von zum Beispiel David Hume – den Wert eines Arbeiters - und noch revolutionärer, einer Arbeiterin - als genauso hoch verstanden wissen wie den eines Aristokraten oder eines Vertreters der Bourgeoisie.
Seine Überlegungen fasste Bentham auch in Slogans zusammen, wie dem Grundsatz des Prinzips des größten Glücks der größten Zahl oder dem Ausspruch jeder zählt als einer, keiner mehr als einer. Um dieses Glück der Gerechtigkeit und eine angemessene Verteilung zu erreichen benötigt er aber Kriterien, denn wie ist nun dieser Nutzen/utility zu verstehen und zu operationalisieren? Und was ist mit Wohlergehen gemeint und wer bestimmt das?
Der Nutzen erscheint klar, denn es ist nach oben gesagten nicht einfach das Wohlergehen einer Person oder einer spezifischen Gruppe gemeint, sondern eigentlich das Wohlergehen aller Menschen oder zumindest der Mehrheit der Menschen. Somit war der „Utilitarismus … keine lobbyistische und chauvinistische Ethik der Partikularinteressen, sondern einer der ersten Anläufe, das Allgemeinwohl zu thematisieren, und das lange vor Karl Marx.“[4]
Dieser Nutzen definiert sich nun durch ein ziemlich einfaches Prinzip: nützlich ist, wenn ein Individuum Lust/Wohlbefinden (engl. pleasure) empfindet, das Gegenteil ist Unlust/Schmerz (engl. pain). Von einer eigentlich psychologischen und physiologischen Deutung mit den Polen Schmerz – Lust schließt er also auf eine allgemeine Theorie, die er in weiterer Folge auch auf alle Lebewesen ausweitet, die fähig sind Schmerzen und Lust zu empfinden. Es gibt unterschiedliche Arten von Freuden, die allerdings alle gleich viel zählen und gegenüber der Unlust abgewogen werden können. So kommt der Mensch zur Entscheidungsfindung.
Wie oben erwähnt erweiterte und verteidigte John Stuart Mill dieses Konzept. Er geht dabei so weit, dass ihm manche vorwarfen er „gibt …das System eines konsequenten Utilitarismus ohnehin auf.“[5]
Mill führt nämlich neben den nur quantitativen Abwägen Benthams eine Unterscheidung der Freude ein, er gewichtet sie also, trifft eine qualitative Bewertung in bessere und weniger gute Erlebnisse. Es gibt nach ihm – und das scheint doch plausibel – angenehme Ereignisse die einem Menschen mehr Lust bereiten als andere, aber ebenfalls angenehme, Ereignisse. Er reagiert damit auf den Vorwurf, der Utilitarismus unterschiede nicht zwischen Mensch und Tier. Der Mensch ist wie das Tier zu Lust-Unlust Empfindungen fähig, aber daraus hinaus auch noch zu einer feineren, genaueren Empfindung bemächtigt.
[...]
[1] Mill, John Stuart (2006): Utilitarianism/Der Utilitarismus. Stuttgart, 6f.
(„In kaum einen Punkt entspricht der gegenwärtige Stand der menschlichen Erkenntnis so wenig den Erwartungen, zu denen man sich berechtigt glaubte, und nichts ist so bezeichnend für die Rückständigkeit, in der sich die Auseinandersetzung gerade mit den wichtigsten Problemen der Philosophie befindet, wie der geringe Fortschritt auf dem Weg zur Lösung der Streitfrage, welches das Kriterium von Recht und Unrecht sei.“)
[2] Pauer-Studer, Herlinde (2003): Einführung in die Ethik. Wien, 31. (In Zukunft zitiert als EE.)
[3] Gesang, Bernward (2003): Eine Verteidigung des Utilitarismus. Stuttgart, 9. (In Zukunft zitiert als VU.)
[4] VU, 9.
[5] EE, 35.
- Citation du texte
- mag. Markus Kiesling-Luef (Auteur), 2008, Inwieweit Utilitarismus auch Ökonomie ist - Birnbachers Sichtweise, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/94246
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