Diese Arbeit stellt einen Beispielfall für das Examen zum Psychotherapeuten dar.
Im Aufnahmegespräch berichtet der Patient, an Depressionen zu leiden. Er sei 2016 bereits aufgrund depressiver Beschwerden in einer sechswöchigen teilstationären psychosomatischen Behandlung gewesen, woraufhin sich seine Beschwerden gebessert hätten. Seit Mai 2018 leide er erneut an starker Erschöpfung, wiederkehrenden Grübelgedanken, starken Magenbeschwerden, Kopfschmerzen sowie an einem ausgeprägten Unwohlsein bis hin zu Gefühlen von Panik, wenn er zur Arbeit gehe. Er habe einen großen Widerwillen, zur Arbeit zu gehen und eine innere Stimme sage „Du kannst jetzt nicht arbeiten gehen.“. Sobald er bei der Arbeit sei werde ihm übel, er beginne vermehrt zu schwitzen und habe den Gedanken „Ich muss hier weg.“. Er empfinde seine Leistungsfähigkeit als eingeschränkt und sei seit Mai 2018 arbeitsunfähig. Der Patient grüble vermehrt über die Zukunft und seine Arbeitsfähigkeit und mache sich große Sorgen. Er fühle sich hilflos und könne sich seine psychosomatischen Beschwerden nicht erklären. Für die ambulante Therapie wünsche er sich, einen Grund für seine Beschwerden zu finden und diese zu akzeptieren.
Inhalt
Aktuelle Anamnese
Biographische & soziale Anamnese
Psychopathologischer Befund
Diagnostik
Therapieziele
Therapieverlauf
Ergebnis
Kritische Reflexion des Falles
Literaturverzeichnis
Aktuelle Anamnese
Im Aufnahmegespräch berichtet der Patient, an Depressionen zu leiden. Er sei 2016 bereits aufgrund depressiver Beschwerden in einer sechswöchigen teilstationären psychosomatischen Behandlung gewesen, woraufhin sich seine Beschwerden gebessert hätten. Seit Mai 2018 leide er erneut an starker Erschöpfung, wiederkehrenden Grübelgedanken, starken Magenbeschwerden, Kopfschmerzen sowie an einem ausgeprägten Unwohlsein bis hin zu Gefühlen von Panik, wenn er zur Arbeit gehe. Er habe einen großen Widerwillen, zur Arbeit zu gehen und eine innere Stimme sage „Du kannst jetzt nicht arbeiten gehen.“. Sobald er bei der Arbeit sei werde ihm übel, er beginne vermehrt zu schwitzen und habe den Gedanken „Ich muss hier weg.“. Er empfinde seine Leistungsfähigkeit als eingeschränkt und sei seit Mai 2018 arbeitsunfähig. Der Patient grüble vermehrt über die Zukunft und seine Arbeitsfähigkeit und mache sich große Sorgen. Er fühle sich hilflos und könne sich seine psychosomatischen Beschwerden nicht erklären. Für die ambulante Therapie wünsche er sich, einen Grund für seine Beschwerden zu finden und diese zu akzeptieren.
Biographische & soziale Anamnese
Der Patient sei mit einem älteren Bruder (+ 5 Jahre) und drei Schwestern (+3 Jahre, -2 Jahre, -5 Jahre) sehr behütet bei beiden Eltern aufgewachsen. Die Mutter (Krankenschwester, stellvertretende Leitung) sei intelligent, emotional und „denke immer erst an Andere“. Der Vater (Professor, Dozent) sei sachlich, intelligent, ehrlich und gewissenhaft. Beide Eltern seien „immer da, wenn man sie braucht“. Der Patient habe ohne große Anstrengung gute Schulnoten erreicht und habe das Abitur erfolgreich abgeschlossen. Im Anschluss habe er ein Studium absolviert und hier habe er auch seine Ehefrau kennengelernt. Direkt im Anschluss an das Studium habe der Patient eine stellvertretende Leitungsposition innegehabt. 2014 sei ihm eine Leitungsposition in einer weit entfernten Stadt angeboten worden und er habe diese Stelle angenommen und sei mit seiner Ehefrau umgezogen. Er habe bis zu 100 Stunden pro Woche gearbeitet und habe im ersten halben Jahr keinen einzigen freien Tag gehabt. Er habe sich bemüht, ein sachlicher, gerechter Chef zu sein und habe es allen Mitarbeitern recht machen wollen. Eigene Gefühle und Bedürfnisse habe er verdrängt. 2015 seien erste depressive Beschwerden aufgetreten und er sei 2016 in teilstationärer psychosomatischer Behandlung gewesen. Nach der Behandlung habe der Patient eine neue Stelle angetreten und die depressiven Beschwerden seien abgeklungen. Seit Mai 2018 leide er erneut an depressiven Beschwerden.
Herr M. sei verheiratet und habe einen Sohn (geb. 2017).
Psychopathologischer Befund
Der Patient erscheint pünktlich zum Erstgespräch, ist gepflegt und altersadäquat gekleidet, bewusstseinsklar und allseits orientiert. Auffassung, Aufmerksamkeit, Konzentration und Gedächtnis sind im Gespräch unauffällig. Im formalen Gedankengang geordnet. Kein Anhalt für wahnhaftes Erleben oder Ich-Störung, keine Zwänge. Stimmung niedergeschlagen, emotionale Schwingungsfähigkeit vermindert. Im Kontakt freundlich, zugewandt und Hilfe suchend. Der Antrieb ist reduziert. Der Patient schildert seine Symptome emotionsarm, berichtet detailliert und teils weitschweifig. Psychomotorik und Mimik sind adäquat. Es besteht aktuell keine Suizidalität und keine Eigen- oder Fremdgefährdung.
Diagnostik
Zu Beginn der Behandlung wurde dem Patienten das Klinisch Psychologisches Diagnosesystem 38 (KPD-38, Forschungsstelle für Psychotherapie, Universitätsklinikum Heidelberg) ausgeteilt. Die Ergebnisse weisen überdurchschnittlich erhöhte Werte auf der Skala allgemeine Lebenszufriedenheit auf.
Das Beck-Depressions-Inventar (BDI-II; Selbstbeurteilungsinstrument zur Erfassung des Schweregrads einer depressiven Symptomatik von A.T. Beck) ergab einen Summenscore von 17, was auf eine „milde / leichte“ Ausprägung depressiver Symptome (14 < 19) hinweist. Dies entsprach ebenfalls dem klinischen Eindruck, vor dessen Hintergrund folgende Diagnose gestellt wurde: Rezidivierende depressive Störung, ggw. leichte Episode (F33.0).
Therapieziele
- Aufbau einer tragfähigen therapeutischen Beziehung
- Erarbeiten eines psychosomatischen Krankheitsmodells in Bezug auf die depressiven Beschwerden
- Psychoedukation
- Erarbeitung funktionaler Strategien zur Depressionsbewältigung
- Verbesserung der Wahrnehmung eigener Emotionen und Bedürfnisse
- Ressourcenaktivierung
Therapieverlauf
Der Patient erschien stets pünktlich und zuverlässig zu den vereinbarten Terminen. Er trat höflich, freundlich und mitteilungsbereit in Kontakt und es konnte rasch eine vertrauensvolle, tragfähige therapeutische Beziehung entwickelt werden. Aufbauend auf einer ausführlichen biografischen Anamnese konnte ein Störungsmodell der Depression mit zugrundeliegenden, auslösenden und aufrechterhaltenden Faktoren erarbeitet werden. Im Störungsmodell wurden vor allem dysfunktionale Gedanken des Patienten („Ich hätte mich mehr anstrengen sollen. Ich mache nicht genug““) und der daraus resultierende Leidensdruck deutlich. Biografisch konnte eine Verknüpfung zu den leistungsorientierten, erfolgreichen Eltern gefunden werden. Aufbauend auf ausführlicher Psychoedukation und mit Hilfe von Techniken der Sokratischen Gesprächsführung (Stavemann, 2008) sowie dem Einüben von Techniken der kognitiven Umstrukturierung (Hautzinger, 2013) konnten die dysfunktionalen, automatischen Gedanken hinterfragt und beginnend modifiziert werden (Überprüfung und Realitätstestung automatischer Gedanken, Reattribuierung und dem Finden alternativer Erklärungen, Erkennen von Doppelstandards sowie Entkatastrophisieren). Durch diese Erarbeitung konnte der Patient im Sinne einer motivationalen Klärung sein Krankheitsverständnis erweitern und vertiefen. Methoden der Gedankenkontrolle wurden erarbeitet (Gedankenstop, Einrichten von Grübelzeiten, Achtsamkeitsübungen) und durch das Einsetzen der erarbeiteten Strategien bemerkte der Patient eine Reduktion des Grübelns und verspürte eine erstmalige Entlastung.
Im Verlauf der Therapie fand der Patient einen neuen Arbeitsplatz, an dem er keine Mitarbeiterverantwortung innehatte. Er hatte für sich erkannt, dass er versuche, es „allen recht zu machen“ und sich hierbei oftmals selbst vergaß. Ein ausgeprägtes Leistungsstreben mit perfektionistischen, phasenweise zwanghaft anmutenden Persönlichkeitszügen wurden deutlich und mit dem Patientin wiederkehrend unter Einsatz der Sokratischen Gesprächsführung kritisch reflektiert und modifiziert.
Weiterhin äußerte der Patient den Wunsch, sich selbst besser zu verstehen. Er habe in der Vergangenheit Emotionen immer als „unnötige Zeitverschwendung“ erlebt. Psychoedukativ wurde über die Relevanz von Emotionen informiert. Angelehnt an Storch (2016) wurde der Patient angeleitet, verstärkt auf eigene Wünsche und Bedürfnisse zu achten. Eigeninitiativ entwickelte der Patient die Vorstellung eines „Arbeitsmeetings“ in seinem Kopf, in dem auch die Abteilungen „Bauchgefühl“ und „Kopf /Verstand“ vertreten waren. Der Patient erklärte sich die depressiven Einbrüche dadurch, dass die Abteilung „Bauchgefühl“ in der Vergangenheit stets übergangen worden sei und nahm sich fest vor, dieser in der Zukunft mehr Raum zu lassen. Auf der Verhaltensebene zeigten sich erste Erfolge, indem der Patient an einem vereinbarten Tennisspiels trotz seines ausgeprägten Pflichtgefühls nicht teilnahm, da er die Zeit lieber mit seiner Familie verbringen wollte. Auch auf kognitiver Ebene zeigte sich im Verlauf eine deutliche Verbesserung bezogen auf die Flexibilität der dysfunktionalen Kognitionen. Gegen Ende der Therapie berichtete der Patient auch von einer Verbesserung der Paarbeziehung, da er sich gegenüber seiner Frau vermehrt mitteile und auch seine Gefühle und Bedürfnisse verstärkt äußere.
Weiterhin erwies sich das Evaluieren einer adäquaten Überstundenanzahl sowie das kritische Hinterfragen der „perfekten“ Erziehung des neugeborenen Sohnes richtungsweisend.
Gegen Ende der Therapie wurde der Therapieverlauf in einer gemeinsamen Rückschau reflektiert und die erarbeiteten Strategien sowie funktionale Denk- und Verhaltensweisen nochmals gefestigt und schriftlich festgehalten. Zur weiteren Bewahrung der Selbstfürsorge nahm sich der Patient für die Zukunft vor, „innere Teammeetings“ in Zukunft regelmäßig durchzuführen und auch dem „Bauchgefühl“ ein größeres Stimmrecht zuzugestehen.
Mit dem Besprechen und Erkennen von Frühwarnsignalen, der Nutzung hilfreicher Strategien sowie dem Erstellen eines Notfallplans im Sinne einer Rückfallprophylaxe wurde der Patient noch einmal intensiv auf bevorstehende Herausforderungen vorbereitet. Zum Ende der Therapie wurde die Frequenz der therapeutischen Sitzungen reduziert, sodass der Patient die Möglichkeit hatte, erlernte Strategien im Alltag zu erproben und mögliche Schwierigkeiten im Nachhinein zu besprechen. Herr M. zeigte sich hinsichtlich der nachhaltigen Umsetzung des Besprochenen motiviert und war positiv in die Zukunft orientiert.
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- Arbeit zitieren
- Anonym,, 2020, Kognitive Verhaltenstherapie eines Patienten mit rezidivierender depressiver Störung. Ein Prüfungsfall für die Staatliche Prüfung zur psychologischen Psychotherapeutin, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/942315
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