George W. Bush ist sicherlich einer der umstrittensten Präsidenten in der Geschichte der USA. Vor allem in Europa stößt er auf große Ablehnung und Antipathie. Der Grund hierfür ist seine Außenpolitik, die von Anfang an in Europa stark kritisiert wurde. In dieser Arbeit soll dargestellt werden, was die Außenpolitik der Bush-Administration beeinflusst, welches die Motive für die Außenpolitik sind, und ob hinter der Außenpolitik Bushs eine Vision steht. Die transatlantischen Beziehungen und die teilweise unterschiedlichen Ansätze der Außenpolitik zwischen Europa und den USA stehen dabei im Hintergrund. Um Bushs Entscheidungen besser nachvollziehen zu können, ist es hilfreich, seine Biographie zu kennen. Deshalb wird im ersten Teil der Arbeit kurz darauf eingegangen. Im nächsten Teil wird dann das außenpolitische Team von Bushs näher betrachtet, denn ohne dieses lässt sich seine Außenpolitik nicht verstehen. Außerdem hat das Team eine große Bedeutung, denn Bush galt bei Amtsantritt als außenpolitisch unerfahren, so dass er stark auf sein Team angewiesen war. Dennoch war er derjenige, der am Ende die Entscheidungen traf. Bei der Betrachtung des außenpolitischen Teams stehen die Hauptakteure Außenminister Colin Powell, Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, Vizepräsident Dick Cheney, der stellvertretende Verteidigungsminister Paul Wolfowitz und die Nationale Sicherheitsberaterin und heutige Außenministerin Condoleezza Rice im Mittelpunkt. Das prägendste Ereignis für die Präsidentschaft Bushs waren zweifellos die Terroranschläge vom 11. September 2001. Weshalb es im vierten Teil der Arbeit um die Außenpolitik in der Zeit vor dem 11. September geht und im fünften Teil, der den Krieg gegen den Terror, die Bush-Doktrin, den Irakkrieg und die Demokratisierung des Nahen Ostens behandelt, um die Zeit danach, denn dieses Ereignis brachte einige gravierende Veränderungen in der Außenpolitik der Bush-Administration. Die Arbeit beschäftigt sich vor allem mit der Zeit vom Amtsantritt Bushs bis zum offiziellen Ende des Irakkrieges, das der Präsident am 1. Mai 2005 verkündete. Im sechsten Teil der Arbeit, in dem es um den Umgang der Bush-Regierung mit Nordkorea und dem Iran geht, die Bush in seiner Rede zur Lage der Nation im Januar 2002 zusammen mit dem Irak als „Achse des Bösen“ bezeichnet hat, wird auch der Zeitraum danach einbezogen, da die Probleme mit beiden Ländern bis heute nicht gelöst sind. Abschließend wird dann noch ein Fazit der Außenpolitik Bushs gezogen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Biographie
3. Das außenpolitische Team
4. Die Zeit vor dem 11. September 2001
5. Die Zeit nach dem 11. September 2001
5.1 Der Krieg gegen den Terror und der Beginn einer Mission bzw. die Umsetzung einer Vision
5.2 Die Bush-Doktrin
5.3 Der Irakkrieg und die Umsetzung der Bush-Doktrin
5.4 Wie weit ist die Demokratisierung des Nahen Ostens?
6. Nordkorea und Iran
7. Fazit
8. Literaturverzeichnis
8.1 Internetquellen
1. Einleitung
George W. Bush ist sicherlich einer der umstrittensten Präsidenten in der Geschichte der USA. Vor allem in Europa stößt er auf große Ablehnung und Antipathie. Der Grund hierfür liegt in seiner Außenpolitik, die von Anfang an in Europa stark kritisiert wurde. In dieser Arbeit soll dargestellt werden, was die Außenpolitik der Bush-Administration beeinflusst, welches die Motive für die Außenpolitik sind, und ob hinter der Außenpolitik von George W. Bush eine Vision steht, bzw. ob diese Vision von Anfang an bestand. Die transatlantischen Beziehungen und die teilweise unterschiedlichen Ansätze der Außenpolitik zwischen Europa und den USA stehen dabei im Hintergrund. Um die von George W. Bush getroffenen Entscheidungen besser nachvollziehen zu können, ist es hilfreich, wenn man seine Biographie kennt. Deshalb wird im ersten Teil der Arbeit kurz darauf eingegangen. Im nächsten Teil soll dann das außenpolitische Team von George W. Bush näher betrachtet werden, denn ohne dieses lässt sich seine Außenpolitik nicht verstehen. Außerdem hat das Team eine große Bedeutung, denn Bush galt, als er 2001 das Amt des Präsidenten antrat, als außenpolitisch unerfahren, so dass er stark auf sein Team angewiesen war. Er war aber trotzdem derjenige, der am Ende die Entscheidungen traf. Bei der Betrachtung des außenpolitischen Teams stehen die Hauptakteure Außenminister Colin Powell, Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, Vizepräsident Dick Cheney, der stellvertretende Verteidigungsminister Paul Wolfowitz und die Nationale Sicherheitsberaterin und heutige Außenministerin Condoleezza Rice im Mittelpunkt. Das prägendste Ereignis für die Präsidentschaft von George W. Bush waren zweifellos die Terroranschläge vom 11. September 2001. Weshalb es im vierten Teil der Arbeit um die Außenpolitik in der Zeit vor dem 11. September geht und im fünften Teil, der den Krieg gegen den Terror, die Bush-Doktrin, den Irakkrieg und die Demokratisierung des Nahen Ostens behandelt, um die Zeit danach, denn dieses Ereignis brachte einige gravierende Veränderungen in der Außenpolitik der Bush-Administration. Die Arbeit beschäftigt sich vor allem mit der Zeit vom Amtsantritt George W. Bushs bis zum offiziellen Ende des Irakkrieges, das der Präsident am 1. Mai 2005 verkündete. Im sechsten Teil der Arbeit, in dem es um den Umgang der Bush-Regierung mit Nordkorea und dem Iran geht, die Bush in seiner Rede zur Lage der Nation im Januar 2002 zusammen mit dem Irak als „Achse des Bösen“ bezeichnet hat, wird auch der Zeitraum danach einbezogen, da die Probleme mit beiden Ländern bis heute nicht gelöst sind. Im letzten Teil der Arbeit soll dann noch ein Fazit der Außenpolitik von George W. Bush gezogen werden.
2. Biographie
George Walker Bush wurde am 6. Juli 1946 als Sohn von George H. W. Bush, dem späteren 41. Präsidenten der USA, und dessen Frau Barbara in New Haven Connecticut geboren. Er hat drei Brüder und eine Schwester. Einer davon ist der heutige Gouverneur von Florida, Jeb Bush. Die meiste Zeit seiner Kindheit verbrachte George W. Bush in der texanischen Kleinstadt Midland, bevor seine Familie 1959 nach Houston umzog. Seine Kindheit war vom Tod einer weiteren Schwester, die an Leukämie starb, überschattet.[1] Mit 15 Jahren ging er dann auf das Jungeninternat Philipps Academy in Andover Massachusetts, das auch schon sein Vater besucht hatte. Er war ein mittelmäßiger Schüler und Sportler, der aber bei seinen Mitschülern sehr beliebt war. Anschließend wechselte er genauso wie sein Vater auf die Eliteuniversität Yale und gehörte auch der Burschenschaft „Delta Kappa Epsilon“ und dem Geheimbund „Skull and Bones“ an. Auch als Student war er nur Durchschnitt. Nachdem er seinen Abschluss in Geschichte gemacht hatte, begann er 1968 seinen Militärdienst bei der Nationalgarde, denn hier bestand die Chance, nicht für den Vietnamkrieg eingezogen zu werden, weshalb es hier viele Bewerber gab. Aber dank der Beziehungen seines Vaters bekam er einen Platz und wurde zum Kampfpiloten ausgebildet. Nach der Nationalgarde ging er an die Harvard Business School, wo er 1975 seinen Master of Business Administration machte. Es folgte der Einstieg ins Ölgeschäft, in dem er zunächst als Angestellter tätig war, bevor er sich mit mäßigem Erfolg selbstständig machte. Die heutige First Lady Laura Bush heiratete er 1977. Im selben Jahr bewarb er sich vergeblich um einen Sitz im Repräsentantenhaus, so dass er ins Ölgeschäft zurückkehrte. 1981 wurden die Zwillinge Jenna und Barbara geboren.[2] In dieser Zeit führte George W. Bush ein relativ zielloses Leben und trank viel Alkohol, wobei er selbst von sich sagt, dass er kein Alkoholiker gewesen sei, aber regelmäßig zu viel getrunken hätte, so dass man durchaus von einem Alkoholproblem sprechen könne. Die Abkehr vom Alkohol ist wohl das einschneidendste Ereignis seines Lebens, denn hier entstand auch seine tiefe religiöse Verbundenheit und Überzeugung, die viele seiner Entscheidungen in seiner Präsidentschaft beeinflusst und selbige prägt. Die Abkehr vom Alkohol vollzog sich 1986 und entwickelte sich in langen Gesprächen mit dem Prediger Billy Graham, einem Freund der Familie Bush. Seitdem besuchte er regelmäßig eine Bibelgruppe und las mehrfach die komplette Bibel. Bush wurde zum „Wiedergeborenen Christen“, die davon ausgehen, dass sie ein zweites Leben gefunden haben, als Gott in ihr Leben trat. Bush selbst nennt als Grund, warum er es ins Weiße Haus geschafft habe, dass er den Glauben zu Gott gefunden habe.[3] Ein anderer texanischer Prediger und Ratgeber Bushs sagt über Bush, dass die Lehren der Bibel ein Grund für seinen Entschluss seien, sich um das Präsidentenamt zu bewerben.[4] Bush beschloss 1986 seinem Leben eine völlig neue Richtung zu geben. So stieg er im selben Jahr auch aus dem Ölgeschäft aus und wurde später Mitbesitzer und Manager des Baseballteams der Texas Rangers. Nach dem 11. September sagte Bush, dass ihm danach klar war, dass sein Persönlichkeitswandel den Sinn hatte, dass er derjenige sei, der mit dem Terror fertig werde und dafür berufen sei, seinem Land und der Welt die Freiheit zu retten.[5] Bis er diese Mission antreten sollte, vergingen allerdings noch einige Jahre. 1988 sammelte er politische Erfahrung als Co-Direktor der Wahlkampagne seines Vaters für die Präsidentschaft. Durch seine Rolle als Manager des Baseballteams, das er erfolgreich führte, wurde er eine angesehene Person in Texas. Der Baseball war das Sprungbrett in die Politik.[6] Seine politische Ausbildung erhielt er dadurch, dass er den politischen Weg seines Vaters begleitete und von einer Familie, die seit einigen Generationen in der Öffentlichkeit stand.[7] So beschloss er 1993 für das Amt des Gouverneurs von Texas zu kandidieren und wurde 1994 auch gewählt. 1998 erfolgte die Wiederwahl mit 69% der Stimmen, was ein Empfehlungsschreiben für die Präsidentschaftskandidatur war. Bush konnte bei der Wahl des Präsidentschaftskandidaten der Republikaner nicht umgangen werden, denn er besaß Geld, Namen und Unterstützer. Außerdem galt Bush als der einzige, der den innerparteilichen Gegenkandidaten Senator John McCain aus Arizona stoppen konnte, der als Quereinsteiger dem republikanischen Establishment gefährlich werden konnte. Bush sollte gegen McCain, der liberale Vorstellungen vertrat, an die konservativen Republikaner appellieren. Deshalb wurde ihm von der Führung der republikanischen Partei Geld, Medienmacht und Kampagnenstärke zur Verfügung gestellt.[8] Bush setzte sich gegen McCain durch und trat in der Wahl 2000 gegen den Vizepräsidenten Clintons, Al Gore, an. In der wohl engsten Wahl der US-Geschichte, in der der Gegenkandidat Al Gore insgesamt mehr Stimmen erhalten hatte als der spätere Sieger George W. Bush, mussten letztendlich die Gerichte entscheiden, wer der neue Präsident der USA wird. Ein Urteil des obersten Gerichtes der USA, das die Auszählungen der Stimmen in Florida per Hand verbot, machte Bush zum 43. Präsidenten der USA. Auch die Wahlen zum Repräsentantenhaus und Senat hatten den Republikanern nur eine knappe Mehrheit gebracht, so dass das Land gespalten war.[9] 2004 setzte er sich gegen den Präsidentschaftskandidaten der Demokraten John Kerry durch. Diesmal erhielt er auch die Mehrheit der Stimmen. So trat er im Januar 2005 seine zweite Amtszeit an.
3. Das außenpolitische Team
Die Mitglieder des außenpolitischen Teams hatten schon in früheren Regierungen eng zusammengearbeitet. Ihre Beziehungen untereinander waren eng und verwickelt. So war der heutige Vizepräsident Dick Cheney in der Nixon-Administration Rumsfelds „Administrative Assistant“. Cheney machte als Verteidigungsminister unter Bush sen. Colin Powell zum Generalstabschef der Armee, der wiederum arbeitete mit dem stellvertretenden Außenminister Richard Armitage unter Reagan im Pentagon zusammen. Paul Wolfowitz arbeitete ebenfalls unter Ronald Reagan mit Armitage zusammen. Außerdem war er ein wichtiger Helfer Cheneys und Mitglied einer Raketenkommission, der Rumsfeld vorstand. Condoleezza Rice war unter Bush sen. für die Koordination der Politik gegenüber der UdSSR zuständig.[10] Auch ihre Mitarbeiter hatten häufig enge Beziehungen zu ihren Vorgesetzen, weil sie deren Studenten an den Universitäten gewesen waren, was vor allem bei Rice und Wolfowitz zutrifft.
Rice wuchs in Birmingham in einer mittelständischen Nachbarschaft auf, wo es ein rassistisches Umfeld gab. Als die 15 war, zog die Familie nach Denver, damit sie dort auf die High-School gehen konnte. Schon mit 15 ging sie auf die Universität in Denver, wo sie mit 19 ihren Abschluss machte. In Denver schrieb sie auch ihre Doktorarbeit über die Beziehungen zwischen dem russischen und tschechoslowakischen Militär. Später lehrte sie an der politikwissenschaftlichen Fakultät von Stanford, bevor sie von Brent Scowcroft, nachdem dieser von George Bush sen. zum Nationalen Sicherheitsberater ernannt worden war, nach Washington geholt wurde. Sie war für ihn als Russlandberaterin tätig. Nach zwei Jahren ging sie zurück nach Stanford, wo sie Vizedekan der Universität wurde. Zusätzlich saß sie in den Aufsichtsräten mehrerer großer Firmen. Als Bush Präsidentschaftskandidat der Republikaner wurde, machte er sie zur Spitze seines außenpolitischen Beratergremiums, das sich selbst die „Vulcans“ nannte.[11] Rice war das Mitglied des außenpolitischen Teams, das den engsten Kontakt zum Präsidenten hatte.
Paul Wolfowitz stammte aus dem Bundesstaat New York und war der Sohn eines Statistikprofessors. Er studierte zunächst Philosophie und dann biophysische Chemie, bevor er in Chicago Politikwissenschaft belegte. Er war ein Schüler von Albert Wohlstetter, einem Professor an der Universität von Chicago, dessen Hauptthema die Gefahr der Verbreitung von Nuklearwaffen war. Dieses wurde dann auch zum Schwerpunkt von Wolfowitzs Tätigkeit, der auch eine Dissertation verfasste, in der der Aufbau von Atomwaffenprogrammen und die Möglichkeit diese zu kontrollieren, behandelt wurde. Es war ein Thema, das Wolfowitz in den nächsten Jahrzehnten immer wieder beschäftigte, und das nach dem 11. September wieder aktuell wurde. Er warnte wiederholt vor der Verbreitung von Atomwaffen.[12] 1973 beendete Wolfowitz seine akademische Laufbahn und ging für die nächsten 20 Jahre ins Pentagon, wo er in zahlreichen Abrüstungs- und Waffenkontrollkommissionen arbeitete.[13] Der Irak war für Wolfowitz schon am Ende der 70er Jahre ein Thema. Allerdings ging es ihm damals noch nicht um die tyrannische Herrschaft von Saddam Hussein, sondern seine Sorge galt der Sicherung der Ölvorkommen im Nahen Osten und dem Gleichgewicht der Macht am Persischen Golf. Wolfowitz brachte immer wieder Themen auf die Tagesordnung, an die zur jeweiligen Zeit kaum einer dachte. Er beschäftigte sich zum Beispiel schon zur Zeit der Präsidentschaft von Reagan, als alle anderen noch auf die Sowjetunion konzentriert waren, mit der Gefährdung der Ölversorgung durch den Irak und mit der Politik gegenüber China. Dieses sind Themen, die die sog. Neokonservativen, zu denen neben Wolfowitz auch der Vizepräsident Cheney und Verteidigungsminister Rumsfeld gehören, erst in den 90er Jahre in den Vordergrund rückten.[14] Cheney, Rumsfeld und Wolfowitz gehören auch zur Fraktion der streng konservativen Falken in der Bush-Administration. Alle drei standen in Opposition zur Entspannungspolitik Kissingers, der davon ausging, dass die USA durch den Vietnamkrieg geschwächt seien und die Bevölkerung Waffenkontrolle und Entspannung wolle. Seine Gegner kritisierten, dass er die Zukunft der USA zu pessimistisch sehe. Rumsfeld, Cheney und Wolfowitz sowie der rechte Flügel sahen die USA nicht gegenüber der UdSSR zurückfallen und forderten, dass die militärische Macht der USA nicht als eingeschränkt angesehen werden dürfe, weshalb auch kein Entgegenkommen gegenüber der Sowjetunion nötig sei.[15] Eine Position, die Wolfowitz auch gegenüber China vertrat, denn im Gegensatz zu vielen anderen ging er davon aus, dass China eher die Hilfe der USA brauche als umgekehrt, denn die chinesische Armee sei zu schwach, und China müsse einen Angriff der UdSSR eher fürchten als die USA. Auch hier wird wieder die Position vertreten, dass die USA keiner anderen großen Macht entgegenkommen müssen.[16] Diese Position wird von Cheney, Rumsfeld und Wolfowitz auch unter der Regierung von Bush jun. vertreten, wie wir später noch sehen werden. Alle drei spielten Schlüsselrollen bei der Debatte um den Wandel der US- Außenpolitik von der Entspannungspolitik Kissingers zur Politik der Stärke. Unter Reagan bekamen sie dann das erste Mal die Chance, die neue Rolle Amerikas in der Welt auszuprobieren.[17]
Cheney und Rumsfeld hatten, bevor sie in die Regierung von George W. Bush eintraten, in allen republikanischen Regierungen seit Nixon Ämter inne gehabt. In der Nixon- Administration bekleidete Rumsfeld ein unteres Amt auf Kabinettsebene. Unter Präsident Ford wurde er zunächst „Chief of Staff“ im Weißen Haus und später Verteidigungsminister. Nur unter Bush sen. hatte er kein Amt, denn zwischen ihnen gab es eine starke Rivalität.[18] Auch Cheney begann seine administrative Laufbahn unter Nixon und wurde dann der Assistent von Rumsfeld, als dieser „Chief of Staff“ im Weißen Haus war. Anschließend verbrachte er lange Zeit im Kongress, bevor er von 1989-1993 Verteidigungsminister wurde. Während der Clinton-Regierung arbeitete er für den Ölausrüster Halliburton im Vorstand.[19] Auch Wolfowitz gehörte der Clinton-Administration nicht an. Rumsfeld, der auch einige Erfahrungen in der Privatwirtschaft gesammelt hatte, saß in der Clinton-Zeit in einigen Kommissionen.
Colin Powell, der am 5. April 1937 in New York geboren wurde, machte zunächst seinen Bachelor in Geographie und den Master of Business Administration. Im Gegensatz zu Cheney, Wolfowitz und Rumsfeld hatte er keine lange Karriere in hohen Regierungsämtern, sondern hatte eine militärische Laufbahn hinter sich, als er 2001 Außenminister wurde. Powell hatte in Vietnam gedient und hatte es bis zum Viersternegeneral gebracht. Von 1987- 1989 diente er als „Assistant to the President for National Security Affairs“. Von 1989 bis 1993 war er dann Generalstabschef der US-Armee und hatte somit die höchste militärische Position im Verteidigungsministerium inne. In dieser Position hatte er die Verantwortung für den ersten Golfkrieg. Hiermit ist der Krieg zur Befreiung Kuwaits 1991 gemeint. Powell und sein stellvertretender Außenminister Armitage bildeten den liberalen Gegenpol zu den konservativen Falken. Wenn man das gesamte Spektrum der US-Außenpolitik betrachtet, sind beide durchaus konservativ, denn auch sie teilen viele Vorstellungen der anderen außenpolitischen Mitglieder des Bush-Teams.[20] Trotzdem gab es in der Bush-Administration zwei konkurrierende außenpolitische Lager. Das eine Lager bildete Außenminister Powell und das moderate Außenministerium, das eine multilateralistische Politik anstrebte. Auf der anderen Seite standen das konservative Verteidigungsministerium unter Rumsfeld und Wolfowitz, das eine unilateralistische Außenpolitik bevorzugte. Diese Unterschiede wurden bei Themen wie dem Raketenabwehrsystem, den Beziehungen zu Russland und Nordkorea, den Friedensverhandlungen im Nahen Osten, den Sanktionen gegenüber dem Irak und vor allem beim Irakkrieg deutlich.[21] Auf der Seite des Verteidigungsministeriums stand auch noch Vizepräsident Cheney, dessen Büro eine neue Kraft in der Außenpolitik wurde. Cheney nahm großen Einfluss auf die Außenpolitik und auch auf den Präsidenten. Dadurch verlor das Außenministerium an Bedeutung. Die Neokonservativen und Falken wurden zudem stark von außerhalb der Regierung durch die sog. Think Tanks unterstützt, die die Position Powells angriffen und dabei halfen, die neokonservative Strategie zu artikulieren. Wie diese aussieht, werden wir später noch sehen.[22] Beide Seiten kämpften um die Unterstützung der Nationalen Sicherheitsberaterin Rice, die neben den großen drei Powell, Cheney und Rumsfeld eine eigene Politik etablieren musste, wobei sie sich eher den Konservativen zuwandte.[23] Die unterschiedlichen Vorstellungen der Falken, die auf die Stärke Amerikas und Unilateralismus setzen, und den liberaleren Schwalben im Außenministerium, die eher auf Diplomatie und Multilateralimus setzen, ergaben sich sicherlich aus den unterschiedlichen Lebensläufen. Das außenpolitische Team repräsentiert die militärische Generation, denn ihre gemeinsame Herkunft ist das Pentagon. Ihr Fokus lag auf der militärischen Macht, und in den 70er und 80er Jahren war ihr Ziel, die Armee nach Vietnam wieder zu alter Stärke zurückzuführen. Sie repräsentieren den Wandel Amerikas von der Schwäche nach der Niederlage in Vietnam bis zum Aufstieg als alleinige Supermacht.[24] Die sog. Vulcans, die außenpolitischen Berater Bushs, haben alle die Schlussfolgerung aus Vietnam gezogen, dass das Militär gestärkt werden müsse. Unstimmigkeiten gab und gibt es darüber, wie diese Macht erhalten und gehandhabt werden soll. Hier kommen nun die unterschiedlichen Erfahrungen, vor allem was Vietnam anbetrifft, ins Spiel. Powell und Armitage sind im Gegensatz zu Cheney, Rumsfeld und Wolfowitz Vietnam-Veteranen. Powell hatte aus der Erfahrung die sog. Weinberger- bzw. Powell-Doktrin entwickelt. Sie beinhalten, dass die militärische Stärke dadurch erhalten werde, dass man sie sparsam und mit Vorsicht einsetze. Was bedeute, dass die USA nicht in den Krieg ziehen sollten, bevor sie nicht die Ziele genau definiert hätten und die öffentliche Unterstützung hätten. Wenn die Entscheidung für den Krieg getroffen sei, müssten überwältigende Kräfte eingesetzt und alle Ressourcen mobilisiert werden, damit ein schneller Sieg errungen werden könne. Zudem müssten die militärischen Führer den politischen die Wahrheit sagen.[25] Auch Armitage zog ähnliche Lehren aus Vietnam. Er erkannte die Bedeutung der amerikanischen Allianzen und Bündnisse. Er wurde zu einem der stärksten Befürworter starker Bündnisse und der dauerhaften Truppenpräsenz in Asien.[26] Die Falken bzw. Neokonservativen waren schneller dazu bereit, das amerikanische Militär einzusetzen, um die Interessen der USA zu sichern. Powell und Armitage misstrauten dieser Gruppe, die ihre militärischen Erfahrungen nur in Washington gemacht und den Krieg nur am Schreibtisch erlebt hatte. Diese Unterschiede kamen bei der Diskussion um den Irakkrieg wieder zum Vorschein.[27]
Welche Vorstellungen über die Außenpolitik der USA sich unter George W. Bush durchsetzen sollten, werden wir in den nächsten Teilen der Arbeit sehen.
4. Die Zeit vor dem 11. September 2001
Die Außenpolitik von George Bush lässt sich in eine Phase vor dem 11. September und die Zeit nach dem 11. September einteilen. Vor dem 11. September ist auch nicht zu erkennen, dass hinter der Außenpolitik der Bush-Administration eine Vision steht. In dieser ersten Phase der Außenpolitik sind zwei Grundzüge zu erkennen. Dieses ist einmal die Politik „Anything but Clinton“, was bedeutet, dass alles anders gemacht werden sollte als unter Clinton. Der zweite Grundzug ist das unilateralistische Handeln der Regierung, das zum Ausstieg aus zahlreichen internationalen Abkommen führte. Diese Politik setzte sich nach dem 11. September in verstärkter Form fort. Auf beide Punkte wird in diesem Abschnitt noch ausführlicher eingegangen. Zunächst geht es aber um die außenpolitischen Aussagen und Ziele, die Bush im Wahlkampf und zu Beginn seiner Amtszeit formulierte.
Bush setzte im Wahlkampf vor allem auf die Innenpolitik, da er nicht das Schicksal seines Vaters erleiden wollte, der 1992 gegen Bill Clinton aufgrund der Wirtschaftspolitik verloren hatte. Die Vernachlässigung ging sogar soweit, dass die Medien sich über die seine Unerfahrenheit und sein Desinteresse an der Außenpolitik amüsierten.[28] Die Außenpolitik an die zweite Stelle seines Wahlkampfes zu setzen, entsprach seinem persönlichen Hintergrund und seiner Verletzbarkeit bei diesem Thema, da er als Gouverneur von Texas hier kaum Erfahrungen gesammelt hatte. Außerdem spielte die Außenpolitik auch für den Wähler eine nur untergeordnete Rolle. Er verkündete die Botschaft, dass er kein außenpolitischer Präsident sein werde.[29] Aufgrund seiner Unerfahrenheit sammelte er schon im Wahlkampf ein Team von republikanischen Außenpolitikern um sich, die ihn in der Außenpolitik beraten sollten. An der Spitze dieses Teams standen Condoleezza Rice und Paul Wolfowitz. Weiterhin gehörten dazu Richard Armitage, Robert Blackhill, Stephen Hadley, Richard Perle, Dov Zakheim und Robert Zoellick.[30] Colin Powell gehörte nicht zu diesem Beratergremium und trat auch im Wahlkampf selten mit Bush auf. Powells Popularität sollte Bush zusätzliche Stimmen bringen. Da Bush bis 2001 selbst nicht direkt an der Außenpolitik teilnahm, keine Überzeugungen entwickeln und keine Außenpolitik durchsetzen musste, hatte er keine außenpolitische Vergangenheit. Er musste deshalb auf die Ideen und Informationen seiner Berater vertrauen, so dass er keine Politik machen konnte, ohne dass ihm die Berater die Alternativen aufzeigten bzw. ohne die Ideen, die sie ihm brachten. Dieses soll aber nicht den Eindruck erwecken, dass allein die Berater die Außenpolitik bestimmten, denn Bush war der Manager und Entscheider, der die politische Richtung seiner Administration vorgab.[31]
Da die Außenpolitik im Wahlkampf für Bush eine untergeordnete Rolle spielte, gibt es auch nicht viele Aussagen zu seinen außenpolitischen Vorstellungen. Bush vertrat die Auffassung, dass, wenn Amerika seine Streitkräfte in der Welt einsetze, das Ziel klar und der Sieg überwältigend sein müsse. Er stand weiterhin für ein Maximum an nationaler Entscheidungsfreiheit, was im Notfall auch den Einsatz militärischer Mittel beinhaltet, wenn amerikanische Interessen, als deren Repräsentant er sich versteht, berührt sind. Das amerikanische Militär ist für ihn dazu da, um Kriege zu gewinnen und nicht zum Aufbau von Staaten. Mit dieser Politik reflektierte er die Sorge vieler Republikaner, dass die USA durch die Einbindung in multinationale und multilaterale Organisationen an Handlungsfreiheit einbüssen. Deshalb betonte er Amerikas Führungsrolle in Allianzen wie der NATO und stand der UNO kritisch gegenüber.[32] Diese Politik, dass zuerst die amerikanischen Interessen kommen, galt auch gegenüber Russland und China, das für ihn ein Wettbewerber war. Beide sollten keine Feinde mehr sein, aber auch keine strategischen Partner.[33] Im Wahlkampf äußerte Bush auch noch, dass er die amerikanische Stärke mit Bescheidenheit einsetzen wolle. Diese Ankündigung galt nach dem 11. September nicht mehr.
[...]
[1] Vgl. Robert von Rimscha, Die Bushs, Frankfurt 2004, S.35f und S.42.
[2] Vgl.Ebenda S.44ff.
[3] Vgl Ebenda S.98f.
[4] Vgl. Ebenda S.101.
[5] Vgl..Ebenda S. 101.
[6] Vgl.Fred I. Greenstein, The Leadership Style of George W. Bush, in: The George W. Bush Presidency. An early Assesment, hrsg. von Fred I. Greenstein, Baltimore 2003, S.4.
[7] Vgl. Hugh Heclo, The Political Ethos of George W. Bush, in: The George W. Bush Presidency. An early Assessment, hrsg. von Fred I. Greenstein, Baltimore 2003, S.25.
[8] Vgl. Robert von Rimscha, Die Bushs, S.104ff.
[9] Vgl. Ebenda S.119 und S.122ff.
[10] Vgl. James Mann, Rise of the Vulcans, New York 2004, S.X.
[11] Vgl. Ivo Daalder und James Lindsay, America Unbound. The Bush Revolution in Foreign Policy, Washington 2003, S.22ff.
[12] Vgl. James Mann, Rise of the Vulcans, S.29f.
[13] Vgl. Ebenda S.34.
[14] Vgl. Ebenda S. S.83 und S.114.
[15] Vgl. Ebenda S.76ff.
[16] Vgl. Ebenda S.114f.
[17] Vgl. Ebenda S.76 und S.111.
[18] Vgl. Bob Woodward, Bush at War, New York 2002, S.20ff.
[19] Vgl. www.whitehouse.gov/vicepresident.
[20] Vgl. James Mann, Rise of the Vulcans, S.XVII.
[21] Vgl. Karen M. Hult, The Bush White House in Comparative Perspective, in: The George W.Bush Presidency. An early Assessment, hrsg. von Fred I. Greenstein, Baltimore 2003, S.63.
[22] Vgl. Jon Kraus, Acting like a Colossus. Bush Foreign Policy, Unilateralism, and the Pursuit of Primacy, in: Transformed by Crisis. The Presidency of George W. Bush and American Politics, hrsg. von Jon Kraus, Kevin McMahon, David Rankin, New York 2004, S.170f.
[23] Vgl. Ebenda S.172.
[24] Vgl. James Mann, Rise of the Vulcans, S.XIII ff.
[25] Vgl. Ebenda S.44 und S.52f.
[26] Vgl. Ebenda S.54.
[27] Vgl. Ebenda S. 40 und S.53.
[28] Vgl. David Rankin, The Press, the Public, and the two Presedencies of George W. Bush, in: Transformed by Crisis. The Presidency of George W. Bush and American Politics, hrsg. von Jon Kraus, Kevin McMahon und David Rankin, New York 2004, S.51f.
[29] Vgl. Ivo Daalder und James M. Lindsay, Bush’s Foreign Policy Revolution, in: The George W. Bush Presidency. An early Assessment, hrsg. von Fred I. Greenstein, Baltimore 2003, S.110.
[30] Vgl. Ivo Daalder und James M. Lindsay, America Unbound, S.22.
[31] Vgl. James Mann, Rise of the Vulcans, S.XVII ff.
[32] Vgl Christian Hacke, Zur Weltmacht verdammt. Die amerikanische Außenpolitik von J.F. Kennedy bis zu G.W. Bush, München 2002, S.627f.
[33] Vgl. Ebenda S.628f.
- Arbeit zitieren
- Anonym,, 2005, George W. Bushs außenpolitische Visionen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/94195
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