1. Einleitung
„Erziehungs- und Familienberatung selbst wird nicht in einem rechtsfreien Raum geleistet, sondern erhält seine Begründung und spezifische Aufgabenstellung durch rechtliche Bestimmungen.“ (Andreas Hundsalz 1995, S. 57)
Dieses Zitat von Hundsalz aus dem Jahre 1995 formuliert treffend den Ausgangspunkt für diese Arbeit. Das Ziel ist es das Problem vor Augen zu führen, dass Beratung sich nicht in einem beliebigen Kontext abspielt, sondern in einem rechtsstaatlichen, der Grenzen setzt und manche Dinge im Voraus eindeutig bestimmt, sodass die Aufgaben und die Funktionen der Beratung weites gehend klar bestimmt und definiert sind. Dies mag Vorteile und Nachteile haben in Bezug auf unverzügliche Lösungen von Problemen oder auf eine dringende Notwendigkeit der Hilfe, die aber teilweise nur durch die Eltern freiwillig angenommen werden kann. (vgl. § 27 SGB VIII) Ein spezielles Beispiel für die Aufarbeitung der rechtlichen Bestimmungen der Beratung wird das der Trennung und Scheidung sein.
Zunächst folgt ein Versuch einer möglichen Bergriffsbestimmung von Beratung über verschiedene Ansätze im Vergleich. Dann werden rechtliche Grundlagen der allgemeinen Erziehungshilfe geklärt um anschließend näher auf den rechtlichen Zusammenhang zwischen Erziehungsberatung und Staat eingehen zu können. Von allgemeinen Grundlagen über spezifische Aufgaben folgt eine spezialisierte Betrachtung der Erziehungsberatung bezüglich dem Thema Trennung und Scheidung in rechtlicher Hinsicht. Zum Schluss erfolgt eine kritische Konklusion des Dargelegten.
Die meisten Betrachtungen stehen im ständigen Bezug zu gesetzlich festgelegten Sachverhalten und gehen beim Begriff der Beratung von einer institutionellen Erziehungsberatung aus.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Erste Begriffsbestimmungen
2.1 Was ist Erziehungsberatung nicht?
2.2 Erziehungsberatung als Autopoiesisförderung (vgl. Rolf Huschke-Rhein 2003, S. 24)
2.3 Erziehungsberatung als Problemlösung mit therapeutischem Vorgehen
2.4 Erziehungsberatung als gesetzlich bestimmtes Konstrukt
2.5 Erziehungsberatung als rein praktisch bestimmtes Phänomen
3. Beratung im Kontext des deutschen Rechtsstaates
3.1 Gesetzesgrundlagen
3.2 Aufgabenbestimmung – direkt oder indirekt durch das Gesetz bestimmt
3.3 Trennung und Scheidung als eine der wichtigsten Aufgaben der Erziehungsberatung
4. Fazit – Erziehungsberatung in Deutschland ist Bestandteil des Rechtssystems
5. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
„Erziehungs- und Familienberatung selbst wird nicht in einem rechtsfreien Raum geleistet, sondern erhält seine Begründung und spezifische Aufgabenstellung durch rechtliche Bestimmungen.“ (Andreas Hundsalz 1995, S. 57)
Dieses Zitat von Hundsalz aus dem Jahre 1995 formuliert treffend den Ausgangspunkt für diese Arbeit. Das Ziel ist es das Problem vor Augen zu führen, dass Beratung sich nicht in einem beliebigen Kontext abspielt, sondern in einem rechtsstaatlichen, der Grenzen setzt und manche Dinge im Voraus eindeutig bestimmt, sodass die Aufgaben und die Funktionen der Beratung weites gehend klar bestimmt und definiert sind. Dies mag Vorteile und Nachteile haben in Bezug auf unverzügliche Lösungen von Problemen oder auf eine dringende Notwendigkeit der Hilfe, die aber teilweise nur durch die Eltern freiwillig angenommen werden kann. (vgl. § 27 SGB VIII) Ein spezielles Beispiel für die Aufarbeitung der rechtlichen Bestimmungen der Beratung wird das der Trennung und Scheidung sein.
Zunächst folgt ein Versuch einer möglichen Bergriffsbestimmung von Beratung über verschiedene Ansätze im Vergleich. Dann werden rechtliche Grundlagen der allgemeinen Erziehungshilfe geklärt um anschließend näher auf den rechtlichen Zusammenhang zwischen Erziehungsberatung und Staat eingehen zu können. Von allgemeinen Grundlagen über spezifische Aufgaben folgt eine spezialisierte Betrachtung der Erziehungsberatung bezüglich dem Thema Trennung und Scheidung in rechtlicher Hinsicht. Zum Schluss erfolgt eine kritische Konklusion des Dargelegten.
Die meisten Betrachtungen stehen im ständigen Bezug zu gesetzlich festgelegten Sachverhalten und gehen beim Begriff der Beratung von einer institutionellen Erziehungsberatung aus.
2. Erste Begriffsbestimmungen
Im Folgenden werden verschiedene Begriffsbestimmungsversuche des Erziehungsberatungsbegriffes vorgestellt.
2.1 Was ist Erziehungsberatung nicht?
„Einrichtungen, die sich, vergleichbar mit heutigen Erziehungsberatungsstellen, verschiedensten Problemlagen von Kindern, Jugendlichen und Familien annahmen, gab es in industrialisierten Staaten vereinzelt seit Beginn dieses Jahrhunderts.“ (Günter Presting 1991, S. 10) Diese historische Eingrenzung soll als Einstieg dienen. Bei „(…)dieses Jahrhundert(…)“ (ders.) meinte der Autor jedoch das 20. Jahrhundert, wie aus dem Erscheinungsdatum ersichtlich wird.
Zunächst ist es sinnvoll die eigentliche Erziehungsberatung von einem fundamentalen Erziehungsbegriff klar abzugrenzen, da sich diese qualitativ als zwei verschiedene Dinge darstellen. Der Vergleich folgt zum einen unter den Gesichtspunkten der Klientenbedingungen und der Ziele und zum anderen in Bezug auf äußere Bedingungen. In Hinblick auf die Klientenbedingungen handelt es sich in der Erziehung um einen natürlichen Entwicklungsrückstand und Mangel an Erfahrungswerten, der durch entsprechende Erziehung teilweise überwunden werden kann. Bei der Beratung kam es im Vorfeld zu extern verursachten Schwierigkeiten, die nicht natürlichen Ursprungs sind. (vgl. Hans-Jürgen Göppner 1984, S. 153) Die Ziele sind in der Erziehung so konstituiert, dass soziale Leistungen durch Erlernen von Kompetenzen fundamentiert werden, wobei in der Erziehungsberatung dies nicht gefestigt, sondern der Versuch unternommen wird diese zu verändern. (vgl. ders.) In Bezug auf die äußeren Bedingungen stehen in der Erziehung der Helfer und der Klient in einem längerfristigen Verhältnis in einem gemeinsamen Lebensraum, dadurch wird es notwendig zu kooperieren und notfalls Grenzen zu setzen aus Sicht des Erziehers. In der Erziehungsberatung hat man eher eine Sprechstundensituation und dadurch einen relativ kurzen Kontakt und weniger Einfluss auf den Klienten, da eine Grenzensetzung nicht möglich ist. (vgl. ders.) Die Unmöglichkeit einer Grenzensetzung wird durch die Selbstständigkeit des Klienten festgesetzt, wie bei Huschke-Rhein im nächsten Abschnitt noch deutlich werden soll. Damit ist gezeigt, dass Erziehungsberatung auf keinen Fall als Erziehung im engeren Sinne verstanden werden darf, sondern allenfalls als Hilfe zur Erziehung.
2.2 Erziehungsberatung als Autopoiesisförderung (vgl. Rolf Huschke-Rhein 2003, S. 24)
„’Beratung’ heißt: jemandem einen Rat geben, den dieser zwar hören und befolgen kann, den er aber auch nicht befolgen kann.“ (Rolf Huschke-Rhein 2003, S. 27) Diese Begriffsbestimmung zeigt, dass Beratung immer freiwillig ist. Dies beschreibt auch implizit der § 27 SGB VIII, da heißt es im Absatz 1: „Ein Personensorgeberechtigter hat bei der Erziehung eines Kindes oder eines Jugendlichen Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung) (…)“ (SGB VIII, § 27 Abs. 1) Die zwei Wörter „(…)hat(…)Anspruch(…)“ (ders.) bringen die Freiwilligkeit zum Ausdruck, jeder hat Anspruch auf Hilfe zur Erziehung, aber ist auf gar keinen Fall gezwungen diese anzunehmen. „ Jede Erziehungsmaßnahme erhält damit den Charakter eines Angebots, das angenommen oder abgelehnt (…) werden kann. “ (Rolf Huschke-Rhein 2003, S. 26) Dass eben Beratung eine Hilfe zur Erziehung ist, zeigt § 28, der auch als Überschrift den Titel „Erziehungsberatung“ trägt. Nähere gesetzliche Bestimmungen werden unter Punkt 3 noch genauer ausgeführt. Dieser gesetzliche Beitrag sollte nur die Freiwilligkeit untermauern. Aus der genannten Freiwilligkeit ergibt sich auch eine gewisse Autopoiesis oder Selbstorganisation. Rolf Huschke-Rhein spricht von einem Selbstorganisationstheorem (vgl. Rolf Huschke-Rhein 2003, S. 24). Im Sinne dieses Begriffes ist es sinnvoll den Kunden der Beratung nicht vorzuschreiben, was zu tun und zu lassen ist. Es kommt eher darauf an einen Rat zu geben und dadurch die Autopoiesis zu fördern. Darüber hinaus muss der Berater die Selbstorganisation des Kunden respektieren. (vgl. ders.) „Dieser im Sinne der Selbstwirksamkeitstheorie wichtige Punkt ist natürlich auch deshalb(…)zu klären, weil die Steigerung der Selbstwirksamkeit nach diesem Konzept das entscheidende Maß für den Erfolg der Beratung ist.“ (Gerd Bohlen 2004, S. 364) Dies zeigt, dass die Förderung der Selbstorganisation in Bezug auf Beratung ausschlaggebend für den Erfolg sein kann und diese versucht zu fördern.
2.3 Erziehungsberatung als Problemlösung mit therapeutischem Vorgehen
Eine weitere Bestimmung besagt: „In einem weiten Verständnis schließt Beratung das Erteilen unmittelbar handlungsbezogener Ratschläge ein und geht bis zu umfassenden Problemabklärungen und zur Verknüpfung von Lösungsansätzen mit therapeutischem Vorgehen.“ (Johannes Münder 1991, S. 13) Diese Definition geht auch von Ratschlägen aus, die der Berater erteilt, jedoch geht sie noch ein Stück weiter, denn der jeweilige Rat muss handlungsbezogen sein und zur Problemlösung beitragen. Bei Huschke-Rhein steht lediglich die Freiwilligkeit und Selbstorganisation im Vordergrund und in diesem Beitrag sind die Ratschläge eher darauf bedacht zu einer Lösung des vorhandenen Problems beizutragen. Jedoch bleibt bei Münder die Selbstständigkeit auch nicht unberührt. Er geht ähnlich wie Huschke-Rhein davon aus, dass die Ratschläge nur Hilfe darstellen, die den Betroffenen bei der Lösung ihres Problems helfen sollen. (vgl. Johannes Münder 1991, S. 13) Seine Definition ist eher eine Erweiterung des bereits Gesagten. „(…)[F]ür die Durchführung und Ausführung bleiben die Beratenen selbst verantwortlich.“ (Johannes Münder 1991, S. 13) Hieraus ergibt sich noch einmal explizit, dass die Beraterfunktion nur eine helfende im Sinne von Anstoß gebende ist. Für den Erfolg der Beratung ist dann der Klient meist selber verantwortlich, indem er die Ratschläge ausführt oder nicht. Der größte Unterschied zwischen den beiden Bestimmungen ist wohl, dass Huschke-Rhein in erster Linie sehr viel Wert auf die Selbstorganisation legt und Münder eine unverzügliche Lösung des Problems als unverzichtbar ansieht, jedoch auch unter Einbezug der Autopoiesis, diese scheint ein grundlegend wichtiger Begriffsbestandteil der Beratung zu sein.
Außerdem ist im § 27 Abs. 3 SGB VIII implizit die Beratung in therapeutischer Funktion und Bestimmung verankert. „(3) Hilfe zur Erziehung umfasst insbesondere die Gewährung pädagogischer und damit verbundener therapeutischer Leitungen.“ (§ 27 Abs. 3 SGB VIII)
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- Arbeit zitieren
- Martin Weber (Autor:in), 2008, Erziehungsberatung im Kontext des deutschen Rechtsstaates, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/94095
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