In diesem Text geht es um das Thema Faschismus, Rechtsradikalismus, Rechtsextremismus und darum, wie die Schule einwirken kann um Jugendliche für dieses Thema zu sensibilisieren. Die Arbeit ist in einen theoretischen und einen praktischen Teil gegliedert. Ziel des theoretischen Teil ist es, die Theorie um den Faschismus in Italien, Spanien und Deutschland im Überblick darzulegen. Der Ursprung und die Entstehung des Faschismus in Europa zwischen den Weltkriegen wird aufgezeigt. Gründe weshalb auch nach dem ersten Weltkrieg faschistische Diktaturen entstanden sind und wie in Spanien andauerten, können auch heute wieder wahrgenommen werden.
Im praktischen Teil geht es darum, mittels einer Befragung bei Schülern festzustellen, wie deren Kenntnisstand bezüglich Faschismus ist, wie deren Meinungsbild beeinflusst wird und ob sie den Faschismus und Rechtsradikalismus in der heutigen Zeit als Problem ansehen. Die Befragten sind Schüler aus Deutschland und der Schweiz. Es wird aufgezeigt wie die Prävention von rechtsradikalem Gedankengut an der Schule verbessert werden kann.
Inhalt
VORWORT
EINLEITUNG
1 Theorie zum Thema Faschismus
1.1 Historisches
1.1.1 Was ist Faschismus, Rechtsradikalismus, Rechtsextremismus, Rechtspopulismus und Nationalsozialismus?
1.1.2 Ursprung und Entstehung des Faschismus
1.1.3 Faschismus zwischen den Weltkriegen, in Italien und Deutschland
1.1.4 Faschismus in Spanien und die Falange
1.1.5 Faschismus in anderen Staaten Europas
1.2 Gegenwart
1.2.1 Faschismus und Rechtspopulismus in der Politik heute
1.2.2 Faschismus und Rechtspopulismus im Alltag
2 Praktischer Teil: Fragebogenerhebung
2.1 Hypothesen
2.1.1 Erste Hypothese: Der Wissensstand ist gering
2.1.2 Zweite Hypothese: Rechtsextremismus wird als Problem erkannt
2.1.3 Dritte Hypothese: Die eigene Betroffenheit ist gering
2.1.4 Vierte Hypothese: Deutsche Schüler wissen mehr
2.2 Fragebogen
2.2.1 Zielgruppe
2.2.2 Entwicklung des Fragebogens
2.3 Resultate der Fragebogenauswertung
2.3.1 Demographische Daten
2.3.2 Resultate geschichtliches Vorwissen
2.3.3 Resultate zum Wissen über den Populismus der Gegenwart
2.3.4 Resultate bezüglich Vorschläge zur Prävention
3 Fazit
3.1 Diskussion
3.2 Schlussfolgerung
3.3 Zusammenfassung
3.4 Ausblick: Prävention in der Schule
4 Schlusswort
4.1 Zur Arbeit insgesamt
4.2 Persönliche Erfahrungen
4.3 Danksagung
5 Bibliographie
5.1 Literaturverzeichnis und Internetquellen
5.2 Abbildungsverzeichnis
6 Anhang
6.1 Fragebogen
6.2 Elterninformationsbrief und Einwilligungserklärung
6.3 Resultate Tabellen
VORWORT
Regelmäßig reise ich nach Berlin, und die freie Zeit nutzte ich oft, um Museen und Ausstellungen in der deutschen Hauptstadt zu besuchen. Am meisten beeindruckt hat mich das Berlin Story Museum am Anhalterbahnhof, mit der Ausstellung über den Faschismus, die Machtergreifung Hitlers, den Nationalsozialismus und die deutsche Geschichte. Die Ausstellung stimmte mich sehr nachdenklich. Ist der Faschismus eigentlich tot? Ich erinnerte mich in diesem Zusammenhang an einen Film, den ich letzten Dezember sah. Es ist die Verfilmung des Romans. „Er ist wieder da“ des Schriftstellers Timo Verres. Ein eindrücklicher Film, in dem Hitler wieder mitten in Berlin aus einem dampfenden Schacht steigt, durch Berlin spaziert, auf Passanten trifft und von den Medien zum Comedian und Superstar gemacht wird. In dem Film tritt Hitler in einer Talkshow auf. Dort begegnet er den Menschen mit raffinierter, einschmeichelnder Rhetorik. Er begeistert seine Zuhörer ohne, dass diese moralische Bedenken haben. Außerdem werden im Film Fiktion und Satire mit Szenen von realen Politikern vermischt. Alles wirkt echt. Dies machte mich stutzig und ich frage mich wieder: Ist der Faschismus eigentlich noch aktuell? Ich lerne Spanisch in der Schule, möchte aber nicht nur durch den Schulunterricht die Sprache besser sprechen lernen, sondern auch mehr über das Land und seine Vergangenheit erfahren, weshalb ich das Thema Faschismus in Spanien und die Zeit des Franco Regimes auch in meiner Maturaarbeit berücksichtigt habe. In Spanien dauerte der Faschismus im Gegensatz zu den anderen Ländern in Europa über das Kriegsende von 1945 hinaus an. So kann man sich tatsächlich fragen, ob der Faschismus nach dem zweiten Weltkrieg ein abgeschlossenes historisches Phänomen ist, oder ob er in einer Grauzone weiterhin in unserer Gesellschaft existiert und welche Präventionsmassnahmen dann an Schulen sinnvoll sind, um Menschen frühzeitig für dieses Thema zu sensibilisieren. Der Einfachheit halber schreibe ich in meiner Arbeit meistens von Schülern im Allgemeinen und meine damit sowohl die männlichen als auch die weiblichen Schüler. Den Schultyp Gymnasium kürze ich mit „Gym“ ab, die Sekundarstufe mit „Sek“ und die Schüler der internationalen Schule mit“ SIS.“
EINLEITUNG
In meiner Maturaarbeit beschäftige ich mich mit dem Thema Faschismus, Rechtsradikalismus und Rechtsextremismus und zeige auf wie die Schule präventiv auf die Schüler einwirken kann, damit sie für diese Thematik sensibilisiert sind. Der Hauptteil meiner Arbeit ist in einen theoretischen und einen praktischen Teil gegliedert. Ich erläutere die Methodik und präsentiere die Resultate. Ziel des theoretischen Teils ist es die Theorie rund um den Faschismus in Deutschland, Italien und Spanien im Überblick darzulegen und das Ziel des praktischen Teils ist es, mittels einer Befragung von Schülerinnen und Schülern festzustellen, wie deren Kenntnisstand bezüglich Faschismus ist, wie deren Meinungsbild über den Faschismus beeinflusst wird und wie die Prävention von rechtsradikalem Gedankengut an der Schule verbessert werden kann.
Im theoretischen Teil definiere ich zunächst die Begriffe Faschismus, Rechtsradikalismus, Rechtsextremismus und Nationalsozialismus und werde diese voneinander abgrenzen. Ich erläutere den Ursprung und die Entstehung des Faschismus in Europa zwischen den Weltkriegen, insbesondere in Deutschland, Italien und Spanien und gebe Erläuterungen zum Faschismus der Gegenwart. Letzteres weil einige der Gründe, weshalb nach dem ersten Weltkrieg faschistische Diktaturen entstanden sind und wie in Spanien andauerten, auch heute wieder wahrgenommen werden können. Diese sind v.a. eine Politikverdrossenheit der Bevölkerung, Angst vor einer Finanzkrise und Existenzängste durch Arbeitsplatzverlust, sowie gesellschaftliche Veränderungen durch Zuwanderung von Menschen aus fremden Kulturen. Die Grundlage für den theoretischen Teil erarbeitete ich mir mit einschlägiger Literatur, Internet Recherche, Zeitungsartikeln und Fernsehsendungen.
Der praktische Teil meiner Arbeit besteht aus einer schriftlichen Befragung von Schülern meiner Altersgruppe mit einem Fragebogen, um den Kenntnisstand über die Thematik meiner Arbeit bei dieser Personengruppe abschätzen zu können und von Ihnen zu erfahren, was die Schule leisten könnte, um Jugendliche für diese Thematik zu sensibilisieren. So erhalte ich Hinweise, die aufzeigen wie weit die Schule einen Beitrag zur Prävention faschistischen Gedankenguts leisten kann. Konkret werde ich aufzeigen, was die Schülerinnen und Schüler unter Rechtsextremismus verstehen, woher deren Kenntnisse darüber stammen, welchen Beitrag die Schule dazu liefert, welche politischen Persönlichkeiten sie mit dem Faschismus in Zusammenhang bringen und ob sie den Faschismus und Rechtsextremismus in der heutigen Zeit als Problem ansehen. Ich möchte auch erfahren, welche Faktoren ihrer Ansicht nach eine rechtsextreme Einstellung fördern und was sie vorschlagen, was die Schule zur Prävention von rechtsradikalem Gedankengut beitragen kann. Für meine Arbeit stelle ich vier Hypothesen auf, welche aufgrund der Resultate im praktischen Teil meiner Arbeit entweder bestätigt oder widerlegt werden und detailliert in Kapitel 2.1. aufgeführt sind.
1 Theorie zum Thema Faschismus
Ich verschaffte mir mit Wikipedia Artikeln einen Überblick über die Thematik und nutzte, als Grundlage für den theoretischen Teil meiner Arbeit, die einschlägige Literatur zum Thema Faschismus aus Buchhandlungen, der Schulbibliothek und Lehrbüchern der Geschichte, Ergänzend recherchierte ich im Internet zu und suchte nach aktuellen Zeitungsartikeln, Fernsehsendungen und Studien, die sich mit dem Faschismus und Rechtsradikalismus beschäftigen. Diese halfen mir vor allem bei der Bearbeitung des Kapitels über den Faschismus der Gegenwart.
1.1 Historisches
1.1.1 Was ist Faschismus, Rechtsradikalismus, Rechtsextremismus, Rechtspopulismus und Nationalsozialismus?
„Im Grunde ist es eine Definitionsfrage - und „Faschismus“ zu definieren hat etwas vom Versuch, einen Pudding an die Wand zu nageln“(Kershaw u.a. 2016, S. 320). Hier bringt der Historiker Ian Kershaw zum Ausdruck, dass die Definition des Faschismus sehr schwierig ist. Im Allgemeinen verbindet man in meinem Umfeld mit Faschismus etwas Böses, Schlechtes, Negatives. Man denkt an Schlagwörter wie: Diktatur, Gewalt, Rassismus, Völkermord, Hass, Verachtung, Krieg, Unterdrückung, Mussolini, Hitler und Franco. Doch in der heutigen Geschichtswissenschaft gibt es immer noch keine abschließende, einheitliche Definition des Begriffes Faschismus. Gemäß Wiktionary ist Faschismus eine: „nationalistische (chauvinistische), antidemokratische, rechtsradikale, antisozialistische und antikommunistische nach dem Führungsprinzip organisierte politische Bewegung, Ideologie sowie Herrschaftsform“(Wiktionary 2019).1 Im Allgemeinen wird der Begriff Faschismus gebraucht, um antidemokratische, rechtsgerichtete politische Bewegungen zu bezeichnen, die seit dem ersten Weltkrieg als Ziel haben, parlamentarische Demokratien zu zerstören. Es gibt viele, von Historikern entwickelte Faschismustheorien, um die Ursachen und Charakteristika der faschistischen Bewegungen zu erklären und zu beschreiben. Aber eine klare Definition abzuleiten ist schwierig, da keine Faschismustheorie bis heute eindeutig hat bewiesen werden können. „Faschistisch im engeren Sinne sind Parteien, die sich durch ihr Erscheinungsbild (uniformierte und bewaffnete und nach dem Führerprinzip aufgebaute Partei), ihren politischen Stil ( Terror und Propaganda) und ihre Ideologie ( Nationalismus, Rassismus, Antidemokratismus, Antikommunismus, Antisemitismus, Führerkult) von anderen rechten und linken Parteien sowohl unterscheiden wie ihnen gleichen, das heißt „weder rechts noch links sind“(Wippermann 2009, S. 13). Zusammenfassend lässt sich sagen, dass faschistische Herrschaftssysteme durch gemeinsame Charakteristika beschrieben werden können. Nach Speckmann und Wiegel müssen zur Bewertung eines Regimes als faschistisch, Mindestbedingungen erfüllt sein. Diese sind erstens „ideologische Bezugspunkte“( Nationalismus, Erlösung der Nation, antikommunistische und antidemokratische Haltung, Rassismus und Antisemitismus, Faschistische Symbole) , zweitens braucht es eine „soziale Basis“ ( Bündnis von bürgerlichem, militärischem, monetärem Bund vorwiegend eine Mittelschicht), drittens eine „organisatorische Ausrichtung“ ( Führerprinzip, paramilitärische Gruppen und Parteimiliz, eine Massenbewegung), viertens eine „soziale Funktion“ ( Bewahrung des Privateigentums, Homogenisierung der Gesellschaft, Kooperation mit der Wirtschaft) und fünftens eine „politische Praxis“ (gewaltsame Bekämpfung einer pluralistischen Gesellschaft und Demokratie, Gleichschaltung, Massenmanipulation und Indoktrination, Imperialismus)(Speckmann und Wiegel 2012, S. 58).
Die beiden Begriffe Faschismus und Nationalsozialismus müssen klar getrennt werden. Während der Faschismus eine Herrschaftsform ist, deren Ursprung in Italien liegt und in Europa zur Zeit der beiden Weltkriege weit verbreitet war, ist der Nationalsozialismus eine typisch deutsche Bewegung unter Hitlers faschistischer Diktatur. So ist es besser von Faschismus zu sprechen und getrennt davon, von einer Variante des Faschismus, nämlich dem „deutschen Faschismus.“ Dieser kann angesehen werden als aggressiver, rassistischer Faschismus. Basis des Nationalsozialismus ist die Evolutionstheorie von Charles Darwin, wonach der Stärkere überleben würde. Die Übertragung der Gesetze aus dem Tierreich auf den Menschen war damit zum Teil Grundlage der nationalsozialistischen Ideologie Hitlers, der davon den Rassismus ableitete. Rassismus, weil man die weiße Rasse als die Beste und Reinste ansah und in der Rassenpyramide die Germanen ganz oben platzierte(Gutjahr und Fesser 2011, S. 375). Darwin meinte aber nicht die körperliche Stärke, sondern die Fähigkeit sich an wandelnde Umweltbedingungen anzupassen, sodass das Überleben einer Population gewährleistet ist. Ausgeprägter Nationalismus und Rassismus der nationalsozialistischen Ideologie sind somit vergesellschaftet, denn das was nicht dazu passt muss aussortiert werden. Der Rassismus in Italien war nicht so ausgeprägt wie in Deutschland, doch für Hitler und seine nationalsozialistische Ideologie war er von grundlegender Bedeutung. Der Antisemitismus (Judenfeindlichkeit) in der nationalsozialistischen Ideologie führte dazu, dass man das Judentum nicht mehr als Religion ansah, sondern die Juden als Rasse und auch als Bürger minderer Klasse betrachtete(Gutjahr und Fesser 2011, S. 383). Der Antisemitismus endete im Holocaust und der Ermordung von ca. 6 Millionen Juden. Für Mussolini stand der Nationalstaat im Vordergrund, für Hitler war der Nationalstaat weniger bedeutend, dafür aber die Rasse. Die Errichtung des Großgermanischen Reiches war sein oberstes Ziel(Look 1960).2 Dementsprechend war Mussolinis Politik zwar auch auf Ausdehnung ausgerichtet, nämlich auf Dominanz im Mittelmeerraum, aber er war nicht auf Vernichtungskriege aus wie Hitler. Dieser wollte Lebensraum im Osten erobern, um das Großgermanische Reich zu erschaffen.
Für den Rechtsextremismus und Rechtsradikalismus gibt es weder von Historikern noch von Politikwissenschaftlern eine gemeinsame, eindeutige Definition. In den Medien werden die Begriffe häufig gleichbedeutend benutzt. Staatliche Behörden in Deutschland unterscheiden zwischen Rechtsradikalismus und Rechtsextremismus. Unter rechtsradikal wird dort eine Haltung oder Einstellung rechts von der demokratischen Mitte bezeichnet. Es ist eine Haltung, die aber nicht in die Handlung mündet, die freiheitlich demokratische Grundordnung zu zerstören. Letzteres wird als rechtsextrem bezeichnet. Rechtsextremismus beschreibt also nicht nur eine Einstellung oder Auffassung, sondern ist noch erweitert um das Handeln d.h. die Bereitschaft mit Gewalt aktiv gegen die bestehende demokratische Verfassung eines Landes anzukämpfen(„Thomas Grumke, Rechtsextremismus und Rechtspopulismus als Herausforderungen für die Demokratie‘“, o.J.).3 So lassen sich die beiden Begriffe umschreiben als Rechtsradikalismus, der verfassungskritisch ist und Rechtsextremismus, der verfassungsfeindlich ist und somit verboten.
Rechtspopulismus hingegen ist wie eine Erneuerungsform der extremen Rechten mit einer schwächeren rechtsextremen Grundideologie. Rechtspopulisten lehnen die Demokratie im Gegensatz zu den Rechtsextremen nicht ab, wenden sich aber gegen einzelne Teilbereiche wie Minderheitenschutz, Pluralismus und Religionsfreiheit. Sie handeln aktuell noch meist aus der Opposition heraus, und sehen sich als die „Volksstimme“ an(„Rechtspopulismus – Wikipedia“ o.J.).4 Mehrere Merkmale kennzeichnen rechtspopulistische Organisationen. Sie sehen sich als die alleinigen Vertreter des Volkes, verteidigen die nationale Identität und trennen klar in ein „Wir“ und „Andere“. Sie spalten die Gesellschaft, indem sie Minderheiten (z.B. Flüchtlinge, Muslime, Juden, Homosexuelle oder aktuell gar andere Parteien) als Feinde der Gesellschaft ausgrenzen, auf einer strikten Kontrolle der Grenzen bestehen und auf einer autoritären Ordnung beharren, indem sie gegen die bestehende Ordnung ankämpfen. Ein weiteres Merkmal sind die klaren Feindbilder wie z.B. die Justiz, Wissenschaftler, Ausländer, politische Gegner oder die Globalisierung. Auch kritische Journalisten werden zum Feindbild und pauschal als „Lügenpresse“ bezeichnet. Angriffe auf die Presse sind der Beginn des Angriffs auf unabhängige Institutionen und werden ausgeweitet auf Stiftungen,
Gewerkschaften sowie nichtstaatliche Organisationen. Ein weiteres Feindbild ist die Europäische Union (EU), denn Rechtspopulisten geben an, die nationalen Interessen und die Identität des Volkes zu verteidigen(WDR 2019).5
1.1.2 Ursprung und Entstehung des Faschismus
Das Wort Faschismus kommt vom Italienischen „fascio“ und vom Lateinischen „fascis“, was so viel bedeutet wie „Bündel“ oder „Bund.“ Im Römischen Reich wurden Rutenbündel von römischen Amtsdienern, den Liktoren getragen. Diese hatten die Aufgabe vor ihren Herren mit einem Rutenbündel zu laufen, um Ihnen den Weg frei zu halten und sich gegenüber denen, die sich ihnen in den Weg stellten durchzusetzen. Im Rutenbündel steckte ein Beil, welches das Symbol der Todesstrafe darstellt, denn diese konnte von den hohen Amtsträgern befohlen werden. Das Rutenbündel war also in der Antike ein Machtsymbol. Es symbolisierte aber auch, dass ein „Bund“ weniger gut zu brechen ist als ein einzelner Stab. 1890 schlossen sich Landarbeiter auf Sizilien zu „fasci“ zusammen und lehnten sich, wegen der schlechten Arbeitsbedingungen, gegen die Obrigkeit auf. Aber schon 1848 erschien das Rutenbündel anlässlich der Märzrevolution 1848 als Symbol der Landarbeiter in deren Zeitung.
1.1.3 Faschismus zwischen den Weltkriegen, in Italien und Deutschland
In Italien gründete der ehemalige Sozialist und Lehrer Benito Mussolini anlässlich einer Rede vor einer Versammlung am 23.3.1919 in Mailand die italienischen Kampfbünde (Fasci italiani di combattimento) (Schlemmer und Woller 2014, S. 7). Sie nannten sich Faschisten, hatten kein eigentliches politisches Programm und kämpften gegen den immer stärker werdenden Kommunismus und Sozialismus an. Viele Italiener waren über den Ausgang des ersten Weltkrieges enttäuscht. Innerhalb Mussolinis Faschisten gab es die Gruppe „Die jungen Soldaten.“ Dies waren Kriegsheimkehrer, die mit dem Ausgang des Krieges unzufrieden waren, keine Arbeit fanden und weiter für ihr Land kämpfen wollten. Nach der erfolgreichen kommunistischen Revolution in Russland hatte das italienische Volk Angst, dass sich der Kommunismus in Italien ausbreiten könnte. Mussolinis faschistische Vereinigung bekam so immer mehr Anhänger. Auch Unternehmer wendeten sich Ihnen zu und unterstützen die Faschisten mit Geld. Es herrschten bürgerkriegsähnliche Zustände in Italien, denn paramilitärische, faschistische Gruppen, sogenannte „Squadri“, griffen Sozialisten an, bedrohten anders Denkende, Journalisten und zerstörten Druckereien. Mussolinis Anhänger, die „Schwarzhemden“, trugen eine eigene Uniform (schwarzes Hemd und grau-grüne Hose) und versprachen Italien wieder zu Ruhm zu führen. 1921 gründete Mussolini die faschistische Partei PNI (Partito Nazionale Fascita) und wollte die Ordnung in Italien wiederherstellen. Auf dem ersten Parteitag der PNI 1921 nannte man ihn schon „Duce“ (Führer)(Schlemmer und Woller 2014, S. 112). Mussolini drohte mit der Machtübernahme durch einen „Marsch auf Rom“. Auf Drängen der Wirtschaftsvertreter und des Militärs wurde Mussolini vom König Viktor Emanuel III 1922 daraufhin zum Ministerpräsidenten Italiens ernannt, ohne gewählt worden zu sein und ohne Putsch. Die Grundlage seiner Macht war seine Unterstützung in breiten Teilen der Bevölkerung. Gesetze sicherten ihm uneingeschränkte Macht, er verbot andere Parteien und reorganisierte den ganzen Staat. Als „Duce“, pflegte er großen Personenkult, er verachtete die Demokratie, den Sozialismus und den Bolschewismus. Er baute seine Macht immer mehr aus, auch mit brutaler Gewalt und seine Partei wurde zur Volkspartei. Die Zahl der PNF- Parteimitglieder stieg stetig. So waren es 1922 erst 300.000 Mitglieder, bereits 1927 schon über eine Million(Schlemmer und Woller 2014, S. 113) . Mussolini errichtete eine faschistische Diktatur, organisierte Großkundgebungen und Aufmärsche, trat oft in Uniform auf, wirkte charismatisch, verfolgte eine aggressive Außenpolitik unter anderem im Balkan und in Äthiopien und verstand es die Menschenmassen zu begeistern. Ein politisches Ziel Mussolinis war die Wiedergeburt des starken, neuen Italieners. Er sagte „Wir werden einen neuen Italiener schaffen, der dem von gestern nicht einmal ähnelt. (…) Dann werden die Generationen folgen, die wir heute erziehen und nach unserem Bild und Ebenbild formen: die Legionen der „Balilla und der Avangardisti“(Schlemmer und Woller 2014, S. 96) . Er selbst hielt sich und seinen politischen Instinkt für unfehlbar.
In Deutschland diente die faschistische Diktatur in Italien zehn Jahre später dann Adolf Hitler als Vorbild. Als 25-jähriger erlebte dieser den ersten Weltkrieg mit, 1919 trat er der Deutschen Arbeiterpartei (DAP) bei, welche 1921 umbenannt wurde in Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP). Er setzte sich auf Versammlungen für die Aufhebung des Versailler Vertrages ein, den viele Deutsche als ungerecht empfanden. Das deutsche Volk fühlte sich den Siegermächten ausgeliefert, da Deutschland hohe Reparationszahlungen leisten musste und Gebietsansprüche verloren gingen. Zugleich herrschte eine Hyperinflation, die viele Menschen in existentielle Not brachte und verarmen ließ, denn das Geld war nichts mehr wert. Die NSDAP gewannt immer mehr Anhänger. Ähnlich wie der „Marsch auf Rom“, wollte er einen „Marsch auf Berlin“ machen, indem er einen Putschversuch startete. Dieser misslang und er wurde zu fünf Jahren Haft verurteilt. Aus dieser wurde er jedoch frühzeitig entlassen. Die Zeit im Gefängnis nutzte er und schrieb das Buch „Mein Kampf.“ Darin hielt er seine faschistische Ideologie und Weltanschauung fest. Aufgrund der existentiellen Not vieler Menschen durch die Weltwirtschaftskrise und den verlorenen Krieg bekam die NSDAP immer mehr Anhänger aus allen Bevölkerungsschichten. Die Propaganda der NSDAP gab vereinfachte Antworten auf die Not der Menschen. Hilfe könne einzig Hitler und die NSDAP geben und Schuld hätten die Juden. 1933 ernannte der Deutsche Reichspräsident Hindenburg dann Adolf Hitler zum Reichskanzler, der innert weniger Monate die Weimarer Republik umkrempelte. Hitler errichtete eine faschistische Diktatur und zerstörte die parlamentarische Demokratie. Ebenso wie Mussolini wurde er nicht in sein Amt gewählt, sondern auf Druck hin ernannt. Er hatte die Vision der nationalen Wiedergeburt Deutschlands, denn jedes Volk habe eine angeborene seelische Identität. Eine neue Gesellschaftsordnung entstand und die alte Ordnung wurde umgekrempelt in eine Volksgemeinschaft mit einer sehr starken nationalen Identität. Es wurde viel investiert und verändert, um eine neue Nation aufzubauen. Die Verkehrsinfrastruktur wurde verbessert, die Wissenschaft sollte dem nationalen Projekt dienen, politische Gegner wurden terrorisiert, Gewerkschaften wurden verboten. Hitler löste die Landesregierungen auf, verbat den Juden ihre Berufe auszuüben, bündelte polizeiliche und geheimdienstliche Ämter in der Gestapo, setzte die Sturmabteilung Kampftruppe (SA) in braunen Uniformen ein, um politische Gegner auf dem Weg zur totalitären Macht auszuschalten. Hitler ging mit Brutalität gegen seine Gegner vor und gewann durch rhetorisches Geschick viele Anhänger. Mit Symbolen (z.B. Hakenkreuz) und dem Grußritual („Hitlergruß“) wurde er in der Bevölkerung populär. 1933 starb Hindenburg und Hitler wurde Führer und Reichskanzler und erhielt damit den Oberbefehl über die Armee. Der Führerkult wurde gepflegt, Propaganda wurde gezielt eingesetzt, um dem Volk zu vermitteln, dass der „Führer“ aus dem Volk komme, „natürlich“ ausgewählt wurde und man deshalb niemals an ihm zweifeln müsse. Die Indoktrination des Volkes begann bei der Hitlerjugend, der jeder Jugendliche beitreten musste. Als faschistischer Idealmensch galt dort ein Mann, der athletisch und durchtrainiert war, der nicht rauchte, keinen Alkohol trank, sich für das Wohl des Volkes einsetzte und körperliche Arbeit verrichtete. Die Aufgabe der Frau war es, Kinder zu gebären und die neue Generation zu erziehen. Als Auszeichnung für die Geburt mehrerer Kinder bekamen Frauen Medaillen.
Sowohl in Italien als auch in Deutschland war der Ausgangspunkt für den Aufstieg der beiden faschistischen Diktatoren Mussolini und Hitler eine instabile politische Zeit nach den Weltkriegen und die Weltwirtschaftskrise 1929 mit hoher Arbeitslosigkeit, Resignation des Volkes und hoher Staatsversschuldung. Hitler aber war im Gegensatz zu Mussolini ein maßloser faschistischer Diktator, dessen „deutscher Faschismus“ mit der Ideologie des Nationalsozialismus weit über den Faschismus in Italien hinaus ging. Beide aber, Mussolini und Hitler wurden durch systematische Propaganda und Unterdrückung jeglicher Kritik zu charismatischen Führerfiguren aufgebaut. Sie sahen sich als oberste Autorität, verlangten absoluten Gehorsam und schufen mit all dem eine emotionale Abhängigkeit des Volkes.(Schlemmer und Woller 2014, S. 107) .
1.1.4 Faschismus in Spanien und die Falange
Die Geschichte des Faschismus in Spanien begann mit der Gründung der Partei „ Unión Patriótica“ durch Miguel Primo de Rivera 1923, nachdem dieser 1922 einen Arbeiteraufstand in Katalonien unterdrückte und König Alfons XIII ihn als Dank dafür eine Militärdiktatur aufbauen lies: die „Unión Patriótica“, die sehr der Partei Mussolinis ähnelte, insbesondere was den Führerkult und die antiliberale Haltung betraf(Barceló, Schmidt, und Herold-Schmidt 2013, S. 390) . Doch die Weltwirtschaftskrise und die darauffolgenden inneren Unruhen in Spanien führten zum Rücktritt Primo de Riveras und auch zur Flucht von König Alfons XIII. Daraufhin wurde 1931 die zweite spanische Republik ausgerufen und damit war der Übergang der Monarchie in eine Demokratie in Spanien vollbracht(Wippermann 2009, S. 89) . Unruhen erschütterten das Land und die spanische Republik hielt nur bis 1936. Zwar gewann 1935 in vorgezogenen Wahlen ein Bündnis von Sozialisten, Liberalen, Kommunisten und Republikanern (genannt „ Volksfront“), doch die Unruhen gingen weiter und viele kleinere faschistische Parteien bildeten sich zu dieser Zeit, wie die „Renovación Espanola“ oder die die “Partido Nacionalista Espanol.“ Schließlich gründete Antonio Primo de Riveras, der Sohn des ehemaligen Diktators, 1934 unter Zusammenschluss mehrerer faschistischer Parteien die „Falange Espanola de las Juntas de Ofensiva Nacional Sindcalista.“ In Anlehnung an den Faschismus in Italien und die nationalsozialistische Diktatur Hitlers traten die Anhänger der Falange weder in schwarzen, noch in braunen Hemden auf, sondern auch uniformiert, oder aber in blauen Hemden(Wippermann 2009, S. 92) . Im Juni 1936 kam es von Marokko aus zum Militärputsch gegen die Volksfrontregierung in Madrid durch General Franco, der in Nordspanien landete. Der Putsch ging in einen Bürgerkrieg über. Deutschland unterstützte Spanien durch Hitlers Luftwaffe („Legion Condor“), weil es eine Ausbreitung des Faschismus vorantreiben wollte und zudem sein Kriegsmaterial im Einsatz in Spanien testen wollte. Mussolini unterstützte Franco, weil er sich Unterstützung für seine italienisch geprägte Mittelmeerpolitik erhoffte. Auch Portugal und Irland unterstützten Spanien beim Kampf gegen die Volksfront. Die Republikaner wurden von Stalin unterstützt, der sich dafür mit Gold bezahlen ließ(„Die Sowjetunion im Spanischen Bürgerkrieg“ o.J.).6 Somit war es kein rein innerspanischer Krieg mehr, den Franco schließlich im März 1939 gewinnen konnte. Damit begann Francos faschistische Militärdiktatur. Er wurde Staatsoberhaupt, Ministerpräsident und Parteichef der „Falange“, welche er in „ Movimiento Nacional “ umbenannte. Er baute einen Einparteienstaat auf, in dem alle Parteien außer der Falange verboten wurden und beseitigte seine Gegner mit äußerster Brutalität, wie es auch Mussolini in Italien und Hitler in Deutschland taten. Franco orientierte sich sehr an der Rhetorik Hitlers, denn Francos Parole: „un estado, un país, un jefe“ ähnelte sehr den Worten Hitlers: „ein Volk, ein Reich, ein Führer“. Franco verbreitete seine Parole auf Plakaten im ganzen Land(Albright u.a. 2018, S. 67) . Die ideologische Grundlage und die Periode des Franco Regimes wurde auch Franquismus genannt und dauerte im Gegensatz zu den anderen faschistischen Diktaturen über das Ende des zweiten Weltkrieges hinaus an, bis zum Tod Francos 1975. Der Franquismus war gekennzeichnet durch eine sehr enge Verbindung von Kirche und Staat, den Nationalkatholizismus(„Franquismus“ 2019).7 Er bildete zusammen mit der Armee und der Falange die Basis der Diktatur.
1.1.5 Faschismus in anderen Staaten Europas
Faschistische Bewegungen gab es zu dieser Zeit aber nicht nur in Italien, Deutschland oder Spanien, sondern in ganz Europa(Wippermann 2009, S. 101) . In der Schweiz gab es in den Dreißigerjahren die „Nationale Front“ mit ihrem Führer Robert Tobler,(Wippermann 2009, S. 106)in England seit 1932 die BUF (British Union of Fascists) mit dem Führer Sir Oswald Mosley(Wippermann 2009, S. 106)in Norwegen die „Nasjonal Samling“ (Nationale Sammlung) unter Vidkun Quislings,(Wippermann 2009, S. 109)in Frankreich die von Pierre Poujade gegründete „Union de défense des commercants et artisans“ und die von Jacques Doriot gegründete PPF (Parti populair fran çais, die Französische Volkspartei)(Wippermann 2009, S. 29) . In den Niederlanden gab es die von Anton Adriaan Mussert gegründete Partei NSB (Nationaal- Socialistische Beweging)(Wippermann 2009, S. 113) , in Rumänien die von Cornelio Codreanu gegründete „Legion des Erzengels Michael“, mit der Parteimiliz „ Eiserne Garden“ (Wippermann 2009, S. 152) , in Russland die „Liberaldemokratische Partei“, welche alle als faschistisch einzuordnen sind. In Finnland sind die „Lapua -Bewegung“ mit ihrem Führer V. Kosola,(Wippermann 2009, S. 122)und in Ungarn die „Pfeilkreuzler“ oder die „Hungaristen“ unter Ferenc Szálasi als faschistisch einzustufen(Wippermann 2009, S. 149) .
1.2 Gegenwart
1.2.1 Faschismus und Rechtspopulismus in der Politik heute
Rechtspopulismus ist nicht mit Faschismus gleichzusetzen. Hingegen hat es in rechtspopulistischen Parteien Parlamentarier, die rechtsradikales Gedankengut offensiv vertreten. Rechtspopulistische bis rechtsradikale Parteien sind in Europa allgegenwärtig. So findet man sie in einigen Ländern in der Regierungsverantwortung wie z.B. in Italien, wo die LEGA Nord mit Innenminister Matteo Salvini bis August 2019 zusammen mit der rechtspopulistischen „Fünf Sterne Bewegung“ regierte oder in Österreich, wo die rechtspopulistische Partei FPÖ zusammen mit der rechtskonservativen Volkspartei ÖVP und deren Kanzler Sebastian Kurz von 2017 bis Frühjahr 2019 die Regierung bildeten. In anderen Ländern Europas findet man rechtsextreme Parteien als Koalitionspartner oder gewählt in den Parlamenten, wie in Deutschland wo die AFD (Alternative für Deutschland) mit 91 von 709 (13%) Sitzen im Bundestag die größte Oppositionsfraktion ist.(„Deutscher Bundestag - Sitzverteilung des 19. Deutschen Bundestages“ o.J.)8. Die folgenden Abbildungen zeigen dies deutlich:
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Abbildung 1:„Populisten nun auch in Schweden stark: Europa rückt nach rechts | Politik“ o.J.9
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Abbildung 2: Rechte/Nationalistische Parteien in den nationalen Parlamenten der EU/-Schengen Staaten10
Faschistischen Parteien, Organisationen und Bewegungen sind heute weltweit zunehmend verbreitet. Ich zeige hier nur einige Beispiele auf:
In Italien gibt es mehrere faschistische Parteien und Bewegungen: die „ Nationale Allianz“ (AN, Alleanza Nazionale), die „Lega Nord“Partei, die Partei FN (Forza Nuova, Neue Kraft), die FSN (Fronte Sociale Nazionale, Soziale Nationalfront), die Nuovo Movimento Sociale Italiano-Destra Nazionale, die Fiamma Tricolore (Dreifarbige Flamme.) Zudem gibt es neofaschistische Studentenorganisationen wie den Studentischen Block (Blocco Studentesco) oder die Bewegung MFL (Movimento Fascimo e Libertà, Bewegung Faschismus und Freiheit). Auch die 2003 gegründete CasaPound (CPI) Bewegung ist klar neofaschistisch geprägt, ihr Gründer nahm sich Mussolini als Vorbild. Diese Bewegungen und Parteien sind in Italien akzeptiert, es gibt dort nicht so eine Ablehnung, wie sie in Deutschland gegenüber dem Nationalsozialismus spürbar wird(RECHTS o.J.).11 In England existiert seit 1993 die rechtspopulistische UKIP Partei, welche sehr erfolgreich im Europaparlament vertreten ist(„UK Independence Party“ 2019).12 In Ungarn gibt es seit 2007 die „Ungarische Garde“ (Magyar Garda), welche die Nachfolgepartei der Pfeilkreuzer ist(Wippermann 2009, S. 150), die Jobbik und die Ungarische Nationale Front. Mit Ungarns rechtspopulistischem Regierungschef Viktor Orban und der Fidesz-Partei begann der rechtsradikale Wandel im Land. In Ungarn gibt es freie Wahlen aber keine wirksame Opposition. Medien wurden auf Regierungskurs gebracht und die Pressefreiheit und die Unabhängigkeit der Justiz eingeschränkt. Viktor Orban arbeitet eng mit Polen und der rechtsnationalen polnischen Regierungspartei PIS (Prawo i Sprawiedliwość) und Jaroslaw Kaczynski zusammen(„Liste rechtsextremer Parteien und Organisationen“ 2019).13 In Polen schien 2004, als Polen der EU beitrat, der Übergang vom Kommunismus zur Demokratie vollzogen. Doch seit 2015 werden die Rechtspopulisten immer stärker, der regierende Donald Tusk wurde abgewählt. Seither regiert die PIS Partei ohne Koalitionspartner sogar alleine, hat grosse Macht und schränkt die Arbeit unabhängiger Institutionen immer mehr ein.
In Portugal gibt es die Partido Nacional Renovador (PNR). Doch im Gegensatz zum übrigen Europa sind rechtsradikale Parteien dort nicht erfolgreich. Das liegt auch daran, dass Portugal eher ein Auswanderungs- als ein Einwanderungsland ist. Mehr als ein Fünftel der Portugiesen leben im Ausland. Dies führt dazu, dass Feindbilder (Flüchtlinge, Ausländer) in Portugal nicht so greifen. Zudem ist vielen Portugiesen die Diktatur unter Oliveira Salazar noch in Erinnerung, welche erst 1974 durch die Nelkenrevolution beendet wurde(Högele o.J.).14 In Spanien gibt es die rechtsextremen Parteien Democracia Nacional und die Estado Nacional Europeo („Liste rechtsextremer Parteien und Organisationen“ 2019).15
In Andalusien/Spanien ist die rechte Vox Partei sehr erfolgreich und hat in den letzten Regionalwahlen 11 Prozent der Stimmen erreicht. Seit dem Ende der Franco Diktatur in Spanien hatte bisher noch keine rechte Partei einen derartigen Wahlerfolg erzielt(Republik o.J.).16 In Österreich begann der Rechtsruck der Partei FPÖ, die mittlerweile eine Volkspartei ist, mit der Wahl Jörg Heiders, der 14 Jahre lang als Parteichef der Partei vorstand. In Bulgarien wurde 1989 die rechtspopulistische Partei IMRO (Bulgarisch Nationale Bewegung) gegründet(„IMRO – Bulgarische Nationale Bewegung“ 2019).17
In Dänemark regieren die Rechtspopulisten der Dansk Folkeparti (DF), die Dänische Volkspartei, als Koalitionspartner mit den liberal-konservativen der Venstre-Partei (liberale Partei Dänemarks) zusammen(Venstre Dänemark 2019) . 18 In Norwegen ist die Vorsitzende der rechtspopulistischen Fremskrittpartiet Frp (Fortschrittspartei), Siv Jensen, seit 2013 Finanzministerin Norwegens. Ihre Partei ist die zweitgrößte im Parlament und erreicht um 30% der Wählerstimmen(„Norwegen - Was stärkt den Rechtspopulismus in Skandinavien? Cicero Online“ o.J.).19 In Schweden gibt es die Legion Wasa, die Nationalsocialistik front, die Nationaldemokraterna, die Svenska Motstandsrörelsen und die Vitt Ariskt Motstand und die Schwedendemokraten (Liste rechtsextremer Parteien und Organisationen 2019).20 Die rechtspopulistische Partei der Schwedendemokraten wurde 1988 gegründet, kam 2010 erstmals in Parlament, erreichte 2018 bei den Wahlen in Schweden ihr bestes Resultat und ist mit 62 Abgeordneten im Parlament vertreten. In den Niederlanden gibt es die 2016 gegründete rechtspopulistische Partei Forum voor Democratie (FVD) und die Freiheitspartei (PVV) des Geert Wilders, die bei den Wahlen 2017 sogar 13% der Stimmen erhielt(mdr.de o.J.)21,(„Provinzwahl in den Niederlanden: Rechtspopulist Thierry Baudet ist großer Gewinner - WELT“ o.J.).22 In Frankreich setzte sich Emmanuel Macron nur knapp gegen die rechtspopulistische Marine Le Pen durch, Parteichefin des Front National (heutige RN, Nationale Sammlungsbewegung) welche 2017 immerhin 33,9% der Wählerstimmen bekam(mdr.de o.J.).23 In den USA gründete David Duke die rassistische, faschistische Partei „National Association fort the Advancement of White People “(„David Duke“ 2019).24
In Afrika gibt es Faschismus als Fortsetzung der Regimes unter Mobutu im Kongo, Nkrumah in Ghana, Mugabe in Simbabwe und Nyereres in Tansania(Wippermann 2009, S. 218).
Im Nahen Osten wird die Hamas als faschistische Organisation eingestuft. Sie zielt auf die totale Vernichtung des Staates Israel ab(Wippermann 2009, S. 274) .
Auch Organisationen und Vereine spielen bei der Verbreitung von rechtsradikalem Gedankengut in Europa eine entscheidende Rolle. So ist Combat 18 eine neonazistische, terroristische Organisation, die heute in 26 europäischen Ländern aktiv ist und mit Gewalt politische Gegner angeht. Die Zahl 1 steht für das A aus Adolf Hitlers Vornamen und die Zahl 8 für das H aus Adolf Hitlers Nachnamen. Die Combat 18 ging 1992 aus dem Neonazinetzwerk „Blood and honour“ hervor und ist seit dem Jahr 2000 in Deutschland verboten(„Combat 18“ 2019).25 Mitglieder der „Combat18“ sind auch in der Schweiz aktiv und organisierten dort 2016 ein Konzert mit 5000 Teilnehmern in der Ostschweiz.
In der Schweiz wurde kurz nach dem Rütli-Aufmarsch von Rechtsextremisten im Jahr 2000 eine schweizweite Diskussion über die Bekämpfung des Rechtsextremismus ausgelöst. Ehemalige Blood and Honour Befürworter gründeten daraufhin die PNOS (Partei National Orientierter Schweizer). Kameradschaften, wie die Gruppe „Morgenstern“, aus der Region um Sempach stehen der PNOS nahe. Im November 2018 gab es eine Kundgebung der PNOS in Basel, eine Woche später demonstrierten sie auch in Bern. Zudem gibt es die SVP (Schweizerische Volkspartei), eine 1971 gegründete nationalkonservative, rechtspopulistische und wirtschaftsliberale politische Partei(„SVP schweiz - Google-Suche“ o.J.).26 In Genf wurde schon 2005 eine Bewegung gegründet, die der der Identitären französischen Rechtsextremisten ähnelt. Ihr Ziel ist ein Europa ohne „Nicht-Europäer“ insbesondere ohne den Islam. Seit 2013 gibt es in Genf die „Genération Identitaire Genève“ (GIG) („Génération Identitaire Genève – Antifa“ o.J.).27 Identitäre Bewegungen versuchen insbesondere gut gebildete, junge Menschen anzusprechen und ersetzen das Wort „Rasse“ durch „Ethnie“ und „Identität“. Für die Identitären hat jedes Volk sein Wesen und muss kulturell rein sein. Ihr Programm ist deshalb fremdenfeindlich und faschistisch. Im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern findet man in der Schweiz keine Beratungsstelle, die sich ausschließlich dem Rechtsextremismus widmet, trotzdem aber einige Fachstellen für Rassismus-Bekämpfung. So gibt es z.B. die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus (EKR) (EKR o. J.),28 die Fachstelle für Rassismus Bekämpfung (FRB) (EDI o. J.),29 oder die Beratungsstelle „Gemeinsam gegen Gewalt und Rassismus“ (gggfon) („Netzwerk Rassismus“ o. J.)30 In der Schweiz unterstützt der Schweizer Nationalfonds Forschungsprogramme, die von nationaler Bedeutung sind. Eines davon ist das NP40+ Programm („NFP 40+ ‚Rechtsextremismus - Ursachen und Gegenmaßnahmen‘ - SNF“ o. J.).31 Es wird mit 4 Millionen Schweizer Franken (CHF) finanziert und ist unterteilt in 13 Forschungsprojekte. Eines davon ist eine Studie von Martin Schmid et al, der 2007 zeigen konnte, dass jeder zehnte Jugendliche der Nordwestschweiz (10,7%) Opfer rechtsextremer Gewalt wird und dass 9.6% der Jugendlichen mit den Rechtsextremen sympathisieren („Tangram_19.pdf“ o. J.).
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1 https://de.wiktionary.org/wiki/Faschismus (12.8.19)
2 https://www.ifz-muenchen.de/heftarchiv/1960_1_3_loock.pdf (13.8.19)
3 www.demokratie-deutschland-2011.de/common/pdf/Rechtsextremismus_und_Rechtspopulismus.pdf (13.8.19)
4 https://de.wikipedia.org/wiki/Rechtspopulismus (13.8.19)
5 https://www.planet-wissen.de/geschichte/deutsche_geschichte/rassismus_deutschland/rechtspopulismus-elemente-100.html (13.8.19)
6 https://www.andalusien360.de/magazin/die-rolle-der-sowjetunion-im-spanischen-buergerkrieg (13.8.19)
7 https://de.wikipedia.org/wiki/Franquismus (13.8.19)
8 https://www.bundestag.de/parlament/plenum/sitzverteilung_19wp (30.8.19)
9 https://www.merkur.de/politik/populisten-nun-auch-in-schweden-stark-europa-rueckt- nach-rechts-10230010.html (30.8.19)
10 http://www.die-linke-flensburg.de/linke_themen/gegen_rechts/ (13.8.19)
11 https://www.endstation-rechts.de/news/rechtsextremismus-in-europa-heute-italien.html (13.8.19)
12 https://de.wikipedia.org/wiki/UK_Independence_Party (13.8.19)
13 https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_rechtsextremer_Parteien_und_Organisationen (13.8.19)
14 https://ze.tt/warum-es-in-fast-allen-eu-laendern-rechte-parteien-im-parlament-gibt-aber-in-portugal-nicht/ (13.8.19)
15 https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_rechtsextremer_Parteien_und_Organisationen (13.8.19)
16 https://www.republik.ch/2019/04/20/vox-oder-das-spiel-mit-der-grenze (13.8.19)
17 https://de.wikipedia.org/wiki/IMRO_–_Bulgarische_Nationale_Bewegung (13.8.19)
18 https://de.wikipedia.org/wiki/Venstre_(Dänemark) (13.8.19)
19 https://www.cicero.de/weltbühne/was-stärkt-den-rechtspopulismus-skandinavien/42445 (13.8.19)
20 https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_rechtsextremer_Parteien_und_Organisationen (13.8.19)
21 https://www.mdr.de/nachrichten/rechte-parteien-europa-100.html (13.8.19)
22 https://www.welt.de/politik/ausland/article190611617/Provinzwahl-in-den-Niederlanden-Rechtspopulist-Thierry-Baudet-ist-grosser-Gewinner.html (13.8.19)
23 https://www.mdr.de/nachrichten/rechte-parteien-europa-100.html (13.8.19)
24 https://de.wikipedia.org/wiki/David_Duke (13.8.19)
25 https://de.wikipedia.org/wiki/Combat_18 (13.8.19)
26 https://www.google.com/search?client=avast&q=SVP+schweiz (13.8.19)
27 https://www.antifa.ch/generation-identitaires-genevois/ (13.8.19)
28 https://www.ekr.admin.ch/home/d112.html (13.8.19)
29 https://www.edi.admin.ch/edi/de/home/fachstellen/frb.html (13.8.19)
30 http://www.network-racism.ch/de/adressliste-mitgliederstellen/index.html (25.8.19)
31 www.snf.ch/de/fokusForschung/nationale-forschungsprogramme/nfp40plus-rechtsextremismus-ursachen-gegenmassnahmen/Seiten/default.aspx (13.8.19)
- Arbeit zitieren
- Anonym,, 2020, Sensibilisierung für das Thema Faschismus. Prävention beginnt in der Schule, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/939254
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