In dieser Arbeit wird dem Leser das Modell des Economic Value Added (EVA - von Stern Stewart) und dessen Eignung zur Unternehmensbewertung vorgestellt. Hierfür werden zunächst die Grundlagen des EVAs veraunschaulicht sowie dessen Weiterentwicklung um aus den EVAs einen Unternehmenswert zu berechnen. Auf die theoretischen Grundlagen folgt daraufhin ein praktisches Beispiel zur Unternehmenswertermittlung anhand einer fiktiven Gesellschaft (Automotive GmbH) für das in der Ausgangssitutation Bilanz und GuV gegeben sind.
Inhaltsverzeichnis
1... Einleitung
2... Grundlagen und Abgrenzungen von EVA
2.1 Einführung in EVA
2.2 Entstehung des EVA- Prinzip
2.3 Wertorientierte Unternehmensführung
3... Die Bewertung nach EVA
3.1 Überblick des Verfahrens
3.2 Konversion zum „Economic Model“
3.2.1 Überblick der Konversionen
3.2.2 Konversionen im Einzelnen
3.2.2.1 Operating Conversion
3.2.2.2 Funding Conversion
3.2.2.3 Tax Conversion
3.2.2.4 Shareholder Conversion
3.2.3 Anmerkung zu den Konversionen
3.3 Bewertungsparameter für EVA
3.3.1 Net Operating Profit After Tax (NOPAT)
3.3.2 Vermögensgröße (NOA)
3.3.3 Kapitalkostensatz (c*)
3.4 Berechnung des EVA
3.5 EVA zur Unternehmensbewertung
3.5.1. Ermittlung des MVA
3.5.2. Zusammensetzung des Unternehmenswertes
4 Der Unternehmenswert der Automotive GmbH nach dem EVA-Verfahren
4.1 Vorstellung des Unternehmens
4.2 Ermittlung der Bewertungsparameter und der EVA
4.3 Berechnung des Market Value Added
4.4 Unternehmenswert der Automotive GmbH
5... Zusammenfassung und Ausblick
Anhang
Literaturverzeichnis
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 3.1: Konversionen zur Ermittlung des Economic Model
Abbildung 3.2: Das EVA-Spektrum
Abbildung 3.3: Verschiebung der Tax Conversion
Abbildung 3.4: Verbindung der EVA-Parameter
Abbildung 3.5: Berechnung der Vermögensgröße anhand des operativen Ansatzes
Abbildung 3.6: Unternehmenswertermittlung nach dem EVA-Verfahren
Abbildung 4.1: Bilanz der Automotive GmbH
Abbildung 4.2: Gewinn und Verlustrechnung der Automotive GmbH
Abbildung 4.3: Berechnung des NOPAT der Automotive GmbH
Abbildung 4.5: Berechnung der Vermögensgröße der Automotive GmbH
Abbildung 4.6: Berechnung der EVA nach der Capital-Charge-Formel
Abbildung 4.7: Berechnung der EVA nach der Value-Spread-Formel
Abbildung 4.8: Berechnung des Market Value Added
Abbildung 4.9: Ermittlung des Netto-Unternehmenswertes der Automotive GmbH
Anhang
Abbildung A.1: Annahmen der Planung
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1-1: Darstellung der Übergewinnverfahren
1. EINLEITUNG
Für Unternehmen, insbesondere große Konzerne, stellt sich zunehmend die Frage, wie sie am effektivsten ihren Marktwert erhöhen und somit Shareholder Value kreieren. Dies wirft zunächst die Problemstellung auf, wie ein Unternehmen denn überhaupt wertschaffend geführt werden soll und wie die Wertzuwächse am sinnvollsten gemessen werden. Unter dem Oberbegriff wertorientierte Unternehmensführung bzw. Value Based Management gibt es hierfür inzwischen einige Ansätze, die für das Problem der Führung und Messung Lösungen darstellen. Eines dieser Verfahren ist das zunehmend an Aufsehen erregende Economic-Value-Added-Prinzip der Unternehmensberatungsgesellschaft Stern Stewart & Co. Laut einer Studie der KPMG[1] [2] im Jahr 2000 ermittelten zu dieser Zeit bereits 39% der DAX-Unternehmen diese Kennzahl für ihr Unternehmen . Der Economic Value Added (EVA) ist ein Instrument zur Messung der finanziellen Performance sowie zur Unternehmensführung und -bewertung. Letzteres, der Economic Value Added zur Unternehmensbewertung, soll nun in dieser Arbeit beschrieben und mit einem Beispiel unterlegt werden.
Um die Vorgehensweise des Verfahrens so deutlich wie möglich zu gestalten, ist eine Gliederung gewählt, die zwischen der Modellbeschreibung und der Anwendung differenziert. So wird in Kapitel 2 bis 3 der Ansatz über mehrere Seiten sehr genau beschrieben, bevor dann in Kapitel 4 anhand einer eigens selbst erstellten Bilanz, Gewinn und Verlustrechnung und deren Planung ein fiktiver Unternehmenswert berechnet wird. Bei der Beschreibung des Verfahrens wurde darauf Wert gelegt, dass dem Leser zunächst ein Überblick über die Verfahren verschafft wird, damit dieser das Model richtig einordnen und abgrenzen kann. Darauffolgend wird auf die Berechnung eingegangen, bei der im Prinzip zwischen 4 Themengebieten differenziert werden kann. In einem ersten Schritt werden die notwendigen Anpassungen beschrieben die sich wiederum in betriebliche, finanzielle, steuerliche und gesellschafterliche unterscheiden lassen und die Grundlagen für darauffolgende Berechnungen darstellen. Auf Basis der Anpassungen werden dann die Parameter- und mit diesen die Ermittlung des Economic Value Added vorgestellt. Das eigentliche Ziel, die Unternehmenswertermittlung, folgt zum Schluss und schließt mit einer Grafik ab, die den gesamten Unternehmensbewertungsprozess noch einmal übersichtlich darstellt. Aufbauend auf dem vorangehenden deskriptiven Teil der Arbeit, wird in Kapitel 4 anhand einer beispielhaften Unternehmenswertermittlung der Automotive GmbH die Theorie mit einem praktischem Beispiel verbunden. Nachdem eine kurze Beschreibung des Unternehmens erfolgt, werden analog zu den vorangehenden Kapiteln die Berechnungen durchgeführt.
Die Arbeit versucht zwar dem Leser aufbauend vom grundsätzlichem hin zu teilweise speziellen Bilanzierungs- und Bewertungsansätzen die Prinzipien und Verfahren des Economic Value Added-Modells bestmöglich zu beschreiben, jedoch werden im Umfang dieser Seminararbeit einige fundamentale Kenntnisse der Betriebswirtschaft und insbesondere des Corporate Finance vorausgesetzt. Des Weiteren erhebt die Arbeit keinen Anspruch auf die Vollständigkeit aller notwendigen Themengebiete im Zusammenhang mit dem EVA-Verfahren, sondern versucht nachfolgend viel mehr, dem Leser die wichtigsten Prinzipien zu verdeutlichen und ihm ein Gefühl des Modells zu vermitteln.
2. GRUNDLAGEN UND ABGRENZUNGEN VON EVA
2.1 EINFÜHRUNG IN EVA
Die Economic-Value-Added-Kennzahl ist ein immer häufiger eingesetztes Instrument, so wird sie heute von weltweit bekannten Unternehmen wie Coca-Cola, Deutsche-Telekom, Henkel, Metro, Procter & Gamble, Toys 'R' Us oder auch Volkswagen verwendet[3]. Aufgrund dessen fordert die Kennzahl nicht nur das Verständnis von Konzernen sondern auch der großen Investment Banken wie z.B. Goldman Sachs, Merrill Lynch oder Morgan Stanley und auch die mittelständischen Banken und M&A (Mergers & Acquisitions)-Boutiquen arbeiten aufgrund der zunehmenden Bedeutung der Kennzahl immer häufiger mit ihr. Es handelt sich bei EVA also um ein inzwischen anerkanntes Instrument des Corporate Finance.
Doch was versteht man unter EVA? Der Economic Value Added ist eine Kennzahl, die sich in differenten Anwendungsgebieten wie folgt einsetzen lässt:
- Instrument zur Unternehmensbewertung
- Maßstab für finanzielle Performance
- Gestaltung der internen Corporate Governance.
Unabhängig vom Anwendungsgebiet, steht im Mittelpunkt stets die Ermittlung der EVA des gesamten Unternehmens, eines Teilbereichs oder eines einzelnen Projektes. Der EVA berechnet sich dabei grundsätzlich immer indem von einem angepassten betrieblichen Gewinn (NOPAT) die Kapitelkosten abgezogen werden. Die Kapitalkosten ergeben sich durch die Multiplikation der Vermögensgröße (Capital) mit dem Kapitalkostensatz (c*) des Unternehmens. Daraus folgt:
EVA = NOPAT - Capital ' c*
Ist der EVA positiv, so wurde ausreichend Gewinn erwirtschaftet, um die Finanzierungskosten, die Renditeforderungen von Eigen- und Fremdkapitalgebern zu decken. Auf die genaue Ermittlung der Parameter sowie die Berechnungsmöglichkeiten der EVA wird an späterer Stelle eingegangen.
2.1 ENTSTEHUNG DES EVA-PRINZIP
Das Konzept des Economic Value Added („wirtschaftlichte Wertschöpfung“[4] ) wurde von der New Yorker Unternehmensberatungsgesellschaft Stern Stewart & Co entwickelt, die dieses im März 1991 in „The Quest for Value“ von G.B. Stewart veröffentlichte. Bei dem Konzept handelt es sich um ein Instrument zur Bewertung und Führung von Unternehmen, abgeleitet aus dem Übergewinnverfahren und angelehnt an den Grundsatz des Shareholder Value. Dass der Ansatz im amerikanischen Raum entstand überrascht nicht, denn die USA waren in der Vergangenheit hinsichtlich ökonomischer Bewertungsmethoden des Öfteren einen Schritt voraus.
Bereits 1938 entwickelte der amerikanische Ökonom John Burr Williams in seinem Buch „The Theory of Investment Value“ das Prinzip des Discounted Cash Flow (im folgenden DCF).[5] Im Jahre 1958-1961 griffen Merton H. Miller und Franco Modigliani den DCF-Ansatz von Williams auf und bewiesen nach Ehrbar (1991, S. 13), weshalb der diskontierte Cashflow und der Kapitalwert Auskunft über die tatsächlich Funktionalität der Märkte geben, indem sie die Fundamentaltheorie der Mikroökonomie auf die Finanzierung von Unternehmen anwendeten.[6] Aufbauend auf den Ansätzen von Williams und den beiden Nobelpreisträgern erklärte der Professor und Unternehmensberater Alfred Rappaport das Prinzip des Shareholder Value. In seinem von 1986 veröffentlichtem Werk: „Creating Shareholder Value: The New Standard for Business Performance“, rückte er damit die Aktionäre und deren unmittelbaren Erfolgsmaß des Unternehmens, den Marktwert, in den Mittelpunkt des Managements. Die „Wertorientierte Unternehmensführung“ (Value Based Management) war geschaffen.[7]
2.3 WERTORIENTIERTE UNTERNEHMENSFÜHRUNG
Um den Shareholder Value zu erhöhen bzw. das Unternehmen wertorientiert zu führen, wurde ein regelrechtes Instrumentarium geschaffen. Die wichtigsten Verfahren neben dem des EVA werden im Folgenden kurz vorgestellt.
Als jüngstes Konzept gilt das Cash Added Value (CVA) von Lewis aus dem Jahr 1994[8], das heute von der Boston Consulting Group vertreten wird. Die Unternehmensberatung McKinsey & Company, Inc hält dagegen an dem Economic Profit Ansatz von Alfred Marshall fest. Zwar wird in der Literatur heute meistens auf die Werke von Copeland, Koller und Murrin (Valuation - Measuring and Managing the Value of Companies) verwiesen, jedoch war es der britische Ökonom der den Economic Profit erstmals 1890 in seinem Buch: „Principles of Economics“[9] aufgriff. Auch die Kennzahl Added Value findet Anerkennung, wenn von unternehmenswertorientierten Steuerungsgrößen gesprochen wird. Mitarbeiter der London Business School publizierten die Methode erstmals im Jahr 1988. In einer zweiten Veröffentlichung mit der Zeitschrift „The Economist“ wurde daraufhin im September 1991 der bisher theoretische Ansatz mit der Praxis verbunden. Die verschiedenen Ansätze sind nach ihrer Konzeption allerdings alle identisch und unterscheiden sich faktisch nur geringfügig. Bis auf die Boston Consulting Group, die bei ihrem CVA- Ansatz den Economic Value Added zitiert, verweisen die Autoren nicht aufeinander.[10] Unklar ist, ob die relativ zeitgleichen Erscheinungen der Modelle Zufälle sind oder ob die Autoren auf den Werken ihrer Kollegen aufbauten. Des Weiteren ist auch unverständlich, warum es mehrere Ansätze für ein Prinzip, dem Übergewinnverfahren, gibt. Annehmbar ist, dass die verschiedenen Beratungsgesellschaften und Forschungsgruppen um die Publizierungen wussten und diese abänderten, um sich mit ihrem eigenen Modell zu positionieren.
Im Folgenden werden die einzelnen Methoden zur Ermittlung des betrieblichen Übergewinnverfahrens veranschaulicht.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1-1: Darstellung der Übergewinnverfahren
Quelle: Der Verfasser in Anlehnung an Hostettler (2002), S.47
Im Prinzip zielen die Verfahren auf die Ermittlung des periodischen Übergewinns ab. Hierfür wird angenommen, dass für das im Unternehmen eingesetzte Kapital, langfristig nur eine Normalverzinsung erzielt wird, d.h. in Höhe einer langfristigen inländischen Anleihe. Darüber liegende Gewinne, die auf überdurchschnittliche Leistungen zurückzuführen sind, gelten als Übergewinne. Alternativ versteht man als Übergewinn auch den verbleibenden Gewinn nach Abzug der Kapitalkosten.[11] Aufgrund der Parallelen der einzelnen Methoden, wird von einer genauen Berechnung an dieser Stelle abgesehen. Das Prinzip wird jedoch am Beispiel der EVA-Berechnung in späteren Kapiteln deutlich.
3. DIE BEWERTUNG NACH EVA
3.1 ÜBERBLICK DES VERFAHRENS
Wie die anderen Übergewinnverfahren basiert auch der EVA-Ansatz auf den drei Größen:
1. Gewinn
2. Vermögen
3. Kapitalkostensatz
Unterschiede ergeben sich erst durch eine differenzierte Anwendung bzw. Interpretation dieser Parameter. Die drei Größen müssen zunächst von einem Accounting Model auf die Basis eines Economic Models angepasst werden. Sind die bilanziellen Werte in marktorientierte Größen transferiert, lässt sich der periodische EVA ermitteln.[12] Auf der Basis von periodischen EVA kann nun ein Unternehmenswert berechnet werden, bei dem, ähnlich dem DCF-Modell, die zukünftigen „Einkünfte“ diskontiert werden. Die Summe dieser Barwerte entspricht dem Market Added Value und spiegelt nach wenigen Anpassungen den Marktwert des Eigenkapitals (EK) wieder. Eine detailierte Vorgehensweise wird nun in den folgenden Kapiteln 3.2 - 3.5 beschrieben.
3.2 KONVERSION ZUM „ECONOMIC MODEL“
Wie andere marktorientierte Bewertungsverfahren beruht auch der EVA-Ansatz auf buchhalterischen Größen bzw. auf Werten der Bilanz sowie Gewinn und Verlustrechnung (GuV). Jedoch spiegeln die abgeleiteten Werte aufgrund von beispielsweise Wahlrechten im Rechnungswesen oftmals nicht die tatsächliche Lage des Unternehmens wieder. Stewart (1991, S. 34-35) beschreibt das Problem wie folgt: „The accountants take the position that a company is more dead than alive” und weist in diesem Zusammenhang auch noch einmal auf den im Mittelpunkt stehenden Shareholder Value: “To make realistic judgments of performance and value, accounting statements must be recast from liquidating perspective of a lender to the going-concern perspective of share holders”. Eine Korrektur bieten hier die von Stewart eingeführten Konversionen (“Conversions”).
3.2.1 ÜBERBLICK DER KONVERSIONEN
Mit den Konversionen wird versucht, sich von einem Accounting Model loszulösen und dem eines Economic Model gerecht zu werden. Ein solches Modell stellt nach Hostettler (2002, S. 90) die folgenden Aspekte in den Mittelpunkt:
1. Aktionärsorientierung
2. Vergleichbarkeit von Konzernabschlüssen
3. Datenkonsistenz zur Performancemessung
Für die Aktionärsorientierung wird beispielsweise der buchhalterische Gewinn, der unterstellt das Eigenkapital kostenfrei zur Verfügung steht, zu einem ökonomischen Gewinn, der die Renditeforderung der Eigenkapitalgeber berücksichtigt, umgewandelt.[13] Die Anpassungen erfolgen des Weiteren auch für das investierte Kapital, das nach der Konversion nur noch das betriebliche Vermögen darstellen soll. Für die Anpassung der verschiedenen Größen an ein Economic Model unterscheidet man nach Hostettler vier Konversionen, mit denen stufenweise die nichtbetrieblichen, finanziellen, steuerlichen und bewertungstechnischen Verzerrungen aufgelöst werden.[14] Die folgende Grafik veranschaulicht den Prozess, der anhand der vier Konversionen von einem Accounting Model zu einem Economic Model führen soll.
Theoretisch könnte man bei der Umwandlung der Modelle auf 164 mögliche Anpassungen zurückgreifen, da die einzelnen Anpassungen lediglich kategorisiert wurden[15]. Stewart weist allerdings auf das zu berücksichtigende Aufwand-Nutzen-Verhältnis hin: „At some point a trade-off exists between achieving a more accurate return and additional complexity“[16] und tatsächlich werden in der Praxis gerade einmal 1/10 der möglichen Adjustierungen durchgeführt.
Je nach Anzahl der verwendeten Anpassungen erhält man einen unterschiedlich exakten Wert für den EVA. Die folgende Grafik stellt den Prozess und die verschiedenen EVA dar, die sich durch die unterschiedliche Akkurarität ergeben.
Der Basis-EVA ergibt sich, wenn Bilanz und GuV keiner Wertberichtung unterzogen werden, sondern lediglich die Kosten für das Eigenkapital berücksichtigt werden. Bei 10-15 Anpassungen spricht man dagegen von einem standardisierten EVA. Der echte EVA würde sich ergeben, wenn man tatsächlich alle möglichen Anpassungen vornehmen würde, die zu einer Berechnung eines ökonomischen Gewinns führen und die Kapitalkosten in allen Geschäftsbereichen berücksichtigen. Tatsächlich werden aber in der Regel nicht mehr als 15 Adjustierungen vorgenommen und die für das Unternehmen individuelle Anpassung hängt von der Organisationsstruktur, den Geschäftsfeldern, der Strategie sowie den Bilanzierungsgrundsätzen ab, darum bedarf es einer dem Unternehmen maßgeschneiderten Konversion.[17]
3.2.2 Konversionen im einzelnen
Nach der Gruppierung von Hostettler unterscheidet man wie oben dargestellt im Prinzip[18]:
1. Operating Conversion
2. Funding Conversion
3. Tax Conversion
4. Shareholder Conversion
3.2.2.1 operating Conversion
Im ersten Schritt, den Operating Conversion, ist es notwendig, die Gewinn- sowie Vermögensgröße auf ihre betriebliche zugehörigkeit zu prüfen und die Gewinn- bzw. vermögensgröße um nichtbetriebliche Bestandteile zu mindern. Da die Gewinn- und Verlustrechnung bereits nach betrieblichen und nichtbetrieblichen Positionen gegliedert ist, erweist sich die Berechnung des NOPAT meistens als unproblematisch. Schwieriger gestaltet sich dagegen die Abgrenzung des betriebsnotwendigen Vermögens in der Bilanz, da die Bilanzposten nach dem Kriterium der Verfügbarkeit (Aktivseite) bzw. der Fristigkeit (Passivseite) gegliedert sind.
3.2.2.2 Funding Conversion
ziel der Funding Conversion ist es dagegen, die betriebsbezogenen Finanzierungsmittel zu erfassen. Dabei sollen neben dem ausgewiesenen verzinslichen Fremdkapital (FK) oder der nicht zinstragende kurzfristige Verbindlichkeiten insbesondere auch „versteckte“ Finanzierungsformen, wie Leasing- oder Mietgeschäfte, hinzugerechnet werden. Dadurch soll, aufgrund der Gestaltungsmöglichkeiten dieser Verträge, mehr Transparenz über die tatsächliche Finanzlage des Unternehmens ermittelt werden. Unter nicht zinstragenden kurzfristigen Verbindlichkeiten sind jene zu verstehen, die einen klaren Charakter einer Cash-Flow-relevanten Verbindlichkeit darstellen und eine zahlung innerhalb eines Jahres aber ohne gesonderte zinszahlungen auslösen. Dies trifft insbesondere für Kreditoren- sowie spezielle Rückstellungsposten zu.
3.2.2.3 Tax Conversion
Die Tax Conversion behebt das Problem, das aufgrund der vorhergehenden Anpassungen der zunächst entstandene Steueraufwand nicht dem des Economic Model entspricht. Um die korrekte neue Steuerbelastung zu ermitteln, müssen Anpassungen auf die Besteuerung des Gewinns sowie oftmals auch auf die latenten Steuern und die Fremdkapitalkosten vorgenommen werden. Bei der Anpassung der Steuerbelastung auf den Gewinn wird der bereits ausgewiesene Steueraufwand um die Änderungen gemindert bzw. erhöht, indem für die neue Gewinngröße die steuern berechnet werden. Die latenten Steuern werden, aufgrund der Tatsache, dass sie im Economic Model weder als Vermögen noch als Schuld berücksichtigt werden, in den neuen Steueraufwand nicht mit einberechnet. Hinsichtlich der Fremdkapitalkosten, wird der Fremdkapitalkostensatz nach Steuern berechnet, indem der Fremdkapitalzins vor Steuern mit dem Steuersatz multipliziert wird.
3.2.2.4 Shareholder Conversion
im letzten Schritt wird durch die Shareholder Conversion der Fokus auf die Equity Equivalents (EE) gerichtet. Diese konzentrieren sich auf Bewertungskorrekturen bei insbesondere den nachstehenden Posten:
- Aufwendungen mit Investitionscharakter
- Goodwill
- Sach- und Finanzanlagen
- Stille Reserven im Sinne von Willkürreserven
- Umlaufvermögen
Bei den Aufwendungen mit Investitionscharakter ergeben sich Bewertungsdifferenzen, da diese für das Economic Model, entgegen herkömmlichen Rechnungslegungsvorschriften, aktiviert und in den Folgejahren abgeschrieben werden dürfen. Als Beispiele können hier insbesondere Forschung und Entwicklung oder Markterschließungskosten genannt werden. Im Falle eines Goodwills, der sich durch eine Akquisition ergeben kann, muss definiert werden, ob der gezahlte Mehrwert sich einem, wie beispielsweise bei Synergien, identifizierbaren Nutzen zuordnen lässt. Nur wenn der Aufpreis einen identifizierbaren Wert darstellt, darf der Goodwill über die Folgejahre abgeschrieben werden. Die Sach- und Finanzanlagen werden in der Art korrigiert, dass sie entweder anhand einer Inflationsanpassung oder durch die Schätzung von Marktwerten neu bewertet werden. Beim Umlaufvermögen gibt es mit wenigen Ausnahmen in der Regel keine Notwendigkeit für Korrekturen und auch auf die Willkürreserven soll an dieser Stelle, aufgrund des Umfangs und der nachlassenden Bedeutung der Posten, nicht näher eingegangen werden.
3.2.3 Anmerkung zu den Konversionen
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Anpassungen die bei der Ermittlung der Vermögensgröße notwendig waren auch beim betrieblichen Gewinn vorgenommen werden müssen bzw. Anpassungen der Gewinngröße auch Anpassungen der Vermögensgröße erfordern. Werden beispielsweise Wertpapiere eines Unternehmens vom betrieblichen Vermögen abgezogen, so müssen auch die Erträge oder Verluste den betrieblichen Gewinn mindern oder erhöhen.
Grundsätzlich sind die von Hostettler eingeführten Gruppierungen durchaus sinnvoll und geben eine klare und hilfreiche Strukturierung der 164 möglichen Anpassungen wieder. Bei der Gruppierung wurde auf eine bestimmte Reihenfolge Wert gelegt, die sich in die vier Stufen gliedert (Operating, Funding, Shareholder und Tax). Betrachtet man neben dem Ablauf der Konversionen noch einmal die dahinterstehende Thematik, stellt sich die Frage, weshalb die Tax Conversion an dritter Stelle eingegliedert wurde und nicht zum Schluss, wenn die vorigen Konversionen abgeschlossen sind. Folgendes Zitat soll noch einmal den Sinn der Steueranpassung herleiten: „Die ausgewiesenen Steueraufwendungen [im Accounting Model] entsprechen aber nicht dem im Economic Model relevanten Betrag“[19]. Wie in 3.2.1.3 (Tax Conversion) erwähnt soll also aufgrund der entstandenen Veränderungen durch das Economic Model die Steuerbelastung neu bemessen werden. Jedoch wirken sich auch die nach der Tax Conversion folgenden Anpassungen (Shareholder Conversion) auf die Steuerbelastung aus, da beispielsweise Aufwendungen mit Investitionscharakter aktiviert werden dürfen, auch wenn diese im Accounting Model hätten nicht dürfen. Daraus würde eine niedrigere Steuerbelastung resultieren die das Unternehmen nach der Berechnung des EVA-Verfahrens besser positioniert. Es wäre demnach sinnvoll Steueranpassungen erst dann durchzuführen, wenn Anpassungen der anderen drei Gruppen vorgenommen worden sind. Die folgende Abbildung veranschaulicht diese mögliche Veränderung des bisherigen Konversions-Model.
[...]
[1] KPMG ist ein internationales Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen, das in regelmäßigen Abständen Publikationen veröffentlicht.
[2] Vgl. Wiwi-treff, 2007, online.
[3] Vgl. Keilus, 2007, S. 15, online.
[4] Vgl. Ehrbar (1999), S. 25.
[5] Vgl. 12manage, 2007, online.
[6] Vgl. Ehrbar (1999), S. 10.
[7] Vgl. Eichel, 2005, online; Schumacher, 1996, online, S. 1; Kaub/Schaefer, 2002, online, S. 3-6; Ehrbar (1999), S. 13.
[8] Vgl. Keilus, 2007, S. 10, online.
[9] Vgl. Onpulson, 2007, online.
[10] Vgl. Hostettler (2002), S. 47; Röttger (1994), S. 23; Walker, 1991, online.
[11] Vgl. Ernst/Schneider/Thielen (2006), S. 6; Hostettler (2002), S.38.
[12] Vgl. Hostettler (2002), S. 79; Nowak (2003), S. 142-143.
[13] Vgl. Ehrbar (1999), S. 177
[14] Vgl. Hostettler (2002), S. 98.
[15] Vgl. Hostettler (2002), S. 97, ausschließlich Kunden von Stern Stewart & Co. können die vollständige Liste aller Adjustierungen einsehen.
[16] Stewart (1991), S. 92.
[17] Vgl. Ehrbar (1999), S. 176-177.
[18] Vgl. Hostettler, S. 97-149; Nowak, S. 142-148.
[19] Hostettler (2002), S. 102.
-
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X.