Diese Arbeit sollte der Frage nachgehen, inwieweit die aktuelle Form des Globalisierungsprozesses nach kapitalistischen Gesetzmäßigkeiten funktioniert. Weiters stellt sich der Text die Aufgabe, die groben Entwicklungsstränge und Grenztendenzen der Globalisierung in der Interpretation des Politikwissenschaftlers Elmar Altvater aufzuzeigen.
Um dieser Aufgabenstellung gerecht zu werden, wurde in einem ersten Schritt ein Überblick über die Eigenschaften und Entwicklungen der Globalisierung aus dem Blickwinkel Altvaters zu gegeben.
Hier zeigte sich, dass Globalisierung zu aller erst als Transformationsprozess zu verstehen sei, in deren oft langen Übergangszeiten es zu Phasen der Informalität kommt, welche die Lebensumstände prägen. Diese Transformation ist durch einen starken Denationalisierungsprozess geprägt, welche die Nationalstaaten weitgehend in einen neuen globalen Markt einbettet. Charakteristisch für diese Phase ist laut Altvater vor allem die Verselbstständigung des ökonomischen Systems und die Kapitalisierung und Materialisierung aller Lebenswelten: Die Grundeinheit menschlichen Zusammenlebens bildet das Geld und die Wirtschaft wurde zu einem alles auf sich beziehenden Selbstzweck.
Kennzeichnend für dieses ökonomische System ist die ständige Beschleunigung und das Ausreizen von Grenzen: Sei es nun die der Umwelt oder der Arbeitskraft.
Der nächste Abschnitt der Arbeit thematisiert die Globalisierung anhand dreier Themenbereiche. Den Auftakt bildet das Kapitel Kapital und Handel: Hier zeigt sich, dass Altvater die Globalisierung stark mit dem Kapitalismus in Verbindung bringt, da für ihn die Gesetze der Akkumulation, der ständigen Surplusmacherei, der ständigen Ausdehnung und des Wachstumsfetischs in Rückgriff auf Karl Marx kennzeichnend für die Entwicklung der Globalisierung ist. (...)
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1.1. Hypothesen der Arbeit
1.2. Fragestellungen
1.3. Aufbau der Arbeit
2. Globalisierung- Versuch einer kritischen Definition
3. Kapital und Handel
4. Arbeit
5. Ressourcen, Rohstoffe und Ökologie
6. Resümee
7. Literaturverzeichnis
Primärliteratur
Sekundärliteratur
1. Einleitung
Am Institut für Politikwissenschaft der Universität Salzburg ist im Seminar Internationale Politik eine Seminararbeit zum Themenkreis der Globalisierung zu verfassen.
Der Verfasser hat sich dazu entschieden, die Prozesse und Entwicklungen der Globalisierung in der Analyse und Interpretation des Politikwissenschaftlers Elmar Altvater zu untersuchen, um einen kritisch- wissenschaftlichen Zugang zu dieser globalen Thematik zu erhalten.
Im Folgenden soll nun auf die Beweggründe für die Auswahl des Themas beziehungsweise die Forschungsmotivation eingegangen werden.
Im Laufe der Auseinandersetzungen mit sozialen, politischen und ökonomischen Fragen und Problemfeldern auf internationaler sowie auch auf nationaler Ebene im Laufe des Studiums hat mich immer intensiver die von Adorno und Horkheimer aufgestellte Frage beschäftigt:
„(...) warum die Menschheit, anstatt in einen wahrhaft menschlichen Zustand einzutreten, in eine neue Art von Barbarei versinkt“ (Adorno/ Horhkeimer 1969,1 ).
Der globale Markt unter der Regie der führenden Industrienationen hat in den letzten Jahrzehnten einen ungeheuren Fortschritt im Bereich der Transport- und Kommunikationsmöglichkeiten, Produktionsbedingungen, Freizeit- und Konsummöglichkeiten, usw. gebracht. So konnten zum Beispiel die wirtschaftlichen Wachstumsraten des globalen Systems gegenüber den präindustriellen Jahrhunderten verzehnfacht werden (vgl. Altvater 2005, 19).
Es drängt sich jedoch sofort die Frage auf, weshalb die Welt noch immer in so starke soziale und wirtschaftliche Disparitäten gespalten ist.
So weißt Jean Ziegler darauf hin, dass mit dem heutigen Stand der Transport – und Produktionsbedingungen in der Lebensmittelindustrie ohne Problem, die von der UNO festgesetzte Mindestkalorienversorgung mit Lebensmitteln für 12 Milliarden Menschen möglich wäre. Trotzdem hungern große Teile der Weltbevölkerung.
Diesen Fragen nähert sich also der Politologe mit einer Reihe von wissenschaftlichen Publikationen und versucht den globalen Markt, beziehungsweise auch die aktuelle vorherrschende Version des Kapitalismus zu beschreiben. Zentral ist hierbei entgegen der vorherrschenden, wissenschaftlichen Interpretation globaler Wirtschaftsvorgänge, den Ursachen, Entwicklungstendenzen und Grenzen der Globalisierung auf den Grund zu gehen.
Altvater hat zu diesem Thema in Zusammenarbeit mit Birgit Mahnkopf ein Hauptwerk, welches aktuell in der 7. und überarbeiteten Auflage vorliegt, mit dem Titel „Grenzen der Globalisierung- Ökonomie, Ökologie und Politik in der Weltgesellschaft“ verfasst.
Dieses Werk wird auch den roten Faden dieser Seminararbeit bilden, da hier die wichtigsten Argumentationslinien Altvaters zum Themenkomplex der Globalisierung zu finden sind.
1.1. Hypothesen der Arbeit
Der Politikwissenschaftler Elmar Altvater geht davon aus, dass die Globalisierung rein kapitalistischen Gesetzmäßigkeiten folgt.
Diese kapitalistische Orientierung führt zu einer für die menschliche Entwicklung gefährliche Grenzüberschreitung.
1.2. Fragestellungen
- Was charakterisiert eine „kapitalistische Globalisierung“?
- Welche Merkmale und Entwicklungen weist sie in den Bereichen Kapital, Arbeit und Rohstoffe/Ressourcen auf?
- Wo stößt die Globalisierungsentwicklung an ihre Grenzen?
1.3. Aufbau der Arbeit
Nach der Darstellung der Forschungsmotivation und des ersten Einstiegs in das Themenfeld dieser Seminarbreit in der Einleitung geht es darum, den komplexen und vielschichtigen Begriff der Globalisierung für diese Arbeit relevant zu umschreiben. In diesem Abschnitt sollen auch einleitend grob die Annahmen und Kritikpunkte der Altvater- Sichtweise aufgezeigt werden.
Den Hauptteil der Arbeit bieten dann drei spezifischere Themenschwerpunkte, mit Hilfe derer, ein kritischer Blick auf die Globalisierungstendenzen gerichtet wird. Diese sind Kapital und Handel, Arbeit, Rohstoffe und Ressourcen.
Im folgenden und letzen Abschnitt des Resümees wird die Arbeit noch einmal revue passieren, es soll versucht werden ein Gesamtbild der „Altvater- Position“ zur Globalisierung zu formulieren.
2. Globalisierung- Versuch einer kritischen Definition
Nähert man sich dem Begriff der Globalisierung, so steht man zuerst vor einem zentralen Problem: Was ist, beziehungsweise was meint, Globalisierung?
Ist Globalisierung der erstrebenswerte Zustand einer neu entstandenen Weltgesellschaft mit großen globalen Chancen und Rechtssystemen, ist sie nur ein überzogen propagierter Mythos zur Legitimierung des politisch-ökonomischen Status – Quo oder ist Globalisierung überhaupt etwas Neues? (vgl. Altvater/ Mahnkopf 2007, 25-28).
Diesen Fragen ist auf jeden Fall in dieser Arbeit näher nachzugehen, um eine grobe definitorische und für diese Arbeit relevante Umschreibung dieses komplex besetzten Begriffes zu erhalten.
Als erste Leitlinie für eine Definition von Globalisierung verweisen Altvater und Mahnkopf auf folgenden Aussage, demnach Globalisierung ein
„set of processes, which embodies a transformation in the spatial organization organization of social realtions ans transactions – assessed in terms of their extensity, velocity and impact- generating transcontinental or interregional flows and networks of activity, interaction, an the exercice of power“ (Held et.al1999, 16, in: Altvater/ Mahnkopf 2007, 30).
Das Hauptaugenmerk dieser von Altvater ausgewählten Begriffsbestimmung, liegt vor allem auf dem Begriff der Transformation. Es geht also um eine begrifflich und historisch fest machbare Veränderung, der politisch- ökonomischen Realität und somit auch der sozialen und gesellschaftlichen Lebenswelten.
Als Transformation können in diesem Zusammenhang zum Beispiel die ökonomischen und sozialen Umbrüche in England im 18. beziehungsweise 19. Jahrhunderts gesehen werden, die mit der Ausweitung des Industriekapitalismus und der damit einhergehenden stärkeren wirtschaftlichen Globalisierung der Erde, wenn auch vor allem mit imperialistischen und kolonialistischen Vorzeichen einhergehen.
Im 20. Jahrhundert bringt das Verständnis der Globalisierung als Transformation vor allem einen starken Denationalisierungsprozess mit sich. Der immer stärkere Welthandel entbindet zunehmend die tradierten Muster einer nationalstaatlich organisierten Wirtschaft und bettet sie in das globale ökonomische System ein.
Altvater weist hier darauf hin, dass gerade die oftmals langen Übergangszeiten zwischen dem alten und einem möglichen neuen System, zentrale Untersuchungseinheiten bilden. Diese Phasen der „Informalität“ (Altvater/ Mahnkopf 2007, 32) kennzeichnen die aktuellen Lebensumstände. Als Beispiel kann man hier das Aufbrechen des sogenannten Normalarbeitsverhältnisses nehmen. Im Moment ist noch keine befriedigende neue Form der Arbeitsorganisation gefunden worden. Was bleibt ist ein Zwischenstadium in welchem die ArbeitnehmerInnen noch benachteiligt sind (vgl. Altvater/ Mahnkopf 2007, 28-32; vgl. Hamm 2007, 40).
Zentral in diesem Prozess des langen Übergangs ist vor allem eines: Das ökonomische System hat eine Verselbständigung durchlaufen, welche nun die gesellschaftliche Verhältnisse bestimmt und sich somit in das ökonomische System integriert. Diese Kapitalisierung führt zu einer materiellen Einteilung der Welt in all ihren Facetten: Die einzige Werteinheit bildet das Geld. In Bezug auf Karl Marx wird also alles zur Ware, selbst die Arbeitskraft. „Das Leben der Menschen wird also vom Markt abhängig und das Denken wird durch die spezifische Rationalität des Marktes bestimmt“ (Altvater/ Mahnkopf 2007, 16).
Aus diesen ökonomischen Kategorien heraus entwickelt sich nun ein System der Sachzwänge, welches ohne jegliches kritische Nachdenken übernommen und akzeptiert wird (vgl. Altvater/ Mahnkopf 2007, 17). Die Macht der politischen Möglichkeiten haben sich also unter die Sachzwänge des Ökonomischen gestellt, dem sich die Gesellschaft anzupassen hat.
So versteht Altvater Globalisierung als einen ökonomischen weltumspannenden Begriff, als „ globale Geoökonomie“ (Altvater 2005, 64).
Er verknüpft seine Globalisierungsanalyse mit einer Kapitalismusanalyse - und Kritik, da für ihn , unter Rückgriff auf Marx, die Etablierung eines Weltmarktes eine Grundbedingung des Wesens des Kapitals sei.
Altvater weist darauf hin, dass es beim Globalisierungsprozess nicht nur um die Ausdehnung und Deregulierung von nationalstaatlichen und geographischen Grenzen geht. Vielmehr ist das Bestreben der globalen Ökonomie die Grenzen der Zeit aufzulösen zentral (vgl. Altvater 2005, 59,60)
„Alles wird getan, um die Zeit durch Beschleunigung dem Grenzwert Null anzunähern. Denn nur durch die Beschleunigung aller Prozesse lässt sich die Produktivität steigern: Mehr Produkte in der gleichen Zeiteinheit oder die gleiche Menge von Produkten in geringerer, komprimierter (Arbeits -) Zeit. Das ist das Geheimnis der Steigerung des Wohlstands der Nationen“ (Altvater 2005, 60).
Ein wichtiger Schritt des Welthandels zur Beschleunigung des Prozesses war und ist die Einbettung der Wissenschaft in das ökonomische System. Der technologische Quantensprung des Industriekapitalismus in den Bereichen der Produktions-bedingungen und der Transport und - Kommunikationsmittel hat diesen Beschleunigungsprozess und die Auflösung natürlicher Zeitparameter noch um ein Vielfaches verstärkt.
Diese Entwicklung führt für den Politikwissenschaftler Altvater auch dazu, die Überwindung von Grenzen zu erleichtern. Neben den neuen Möglichkeiten geographische Grenzen zu überwinden und die Rahmenbedingungen von Nationalstaatlichkeit zu durchbrechen (vor allem die rechtlichen Sanktions-möglichkeiten und Sozialstaatlichkeit), dereguliert der Globalisierungsprozess auch die Märkte.
Mit dieser letzen Liberalisierungsentwicklung, beziehungsweise der Durchsetzung eines globalen Freihandels, ist auch das politisch- ökonomische Versprechen einer Wohlstandssteigerung für Gesellschaften, Regionen und ganze Völker verbunden.
Dem hält Altvater entgegen:
„Allein die sozialen und ökologischen Kosten, die nicht nur monetär zu messen sind, weil sie irreparable Schäden an Natur und Gesellschaften einschließen, korrigieren bereits die neoliberal triumphierende Botschaft von Freihandel, der den Wohlstand steigert“ (Altvater 2005, 62).
Zentral in der Globalisierungskritik Altvaters ist die Betrachtung möglicher Grenzen der Globalisierung. Generell treten Grenzen in allem erdenklichen Lebenslagen auf, sei es im Straßenverkehr, in der Gesellschaft, sei es zwischen zwei Ländern oder auch zum Beispiel in der Physik. Grenzen sind also etwas völlig Natürliches und stecken den Rahmen für gewisse Dinge oder Systeme ab, den man nicht verlassen kann oder soll. Verlässt etwas oder jemand diesen Rahmen, so hat er oder es die Grenze überschritten. Grenzüberschreitungen sind im täglichen Leben an der Tagesordnung und ziehen meist keine sehr schwerwiegenden Folgen nach sich. Wenn zum Beispiel jemand ein Kleidungsstück zu heiß wäscht, wird es danach nicht mehr richtig passen, also wurde die „Temperaturgrenze“ in diesem Beispiel überschritten. Menschen lernen meist aus solchen Grenzüberschreitungen und versuchen sie in Zukunft zu vermeiden. Jedoch ist nicht jede Grenzüberschreitung so harmlos wie die im angeführten Beispiel, sondern manche Grenzüberschreitungen ziehen katastrophale Konsequenzen nach sich. Die zentrale Frage ist jedoch, ob die Grenzüberschreitungen Einzelfälle beziehungsweise auf das Verschulden einzelner Akteure zurück geht oder ob sie eine systemimmanente Folge der aktuellen Wirtschaftsform ist. Anzumerken ist, dass es auch bewusste Grenzüberschreitungen geben kann, die zu einer Trendumkehr, zu einer Verlangsamung oder Ähnlichem führen können.
Zusammenfassend für diesen ersten Einstieg in den Begriff der Globalisierung und die damit verknüpfte Kritik dieses Prozesses möchte ich nun eine zusammen-fassende Globalisierungsdefinition von Elmar Altvater anführen:
„Das Charakteristikum der Globalisierung ist daher nicht die Expansion von Räumen durch das Hinausschieben von Grenzen und Eroberung von Territorien (von „weißen Flecken auf der Landkarte“) wie zu Zeiten von Kolonialismus oder „altem“ Imperialismus, nicht das „Wachsen des Staates“, wie die Geopolitik unterstellt, sondern die Negation aller äußeren Grenzen der kapitalistischen Expansion. Globalisierung ist somit vor allem ein Prozess der ökonomischen Integration durch Deregulierung der Finanzmärkte, Liberalisierung des Welthandels und Privatisierung von öffentlichen Gütern. Die private Inwertsetzung von öffentlichen Gütern begleitet die gesamte Geschichte des Kapitalismus. Sie ist möglicherweise ein wichtiger Grund, warum der Kapitalismus noch existiert. Insbesonders seit der Dominanz des Neoliberalismus ist die Privatisierung öffentlicher Unternehmen und Güter zu einem von den international regulierenden Institutionen unterstützen globalen Projekt erhoben worden“ (Altvater 2005, 60/61).
Interessant ist auch der in diesem Kontext auftauchende Begriff des Neoliberalismus . Dieser Begriff steht für die verstärkt nach 1990 beginnende Entwicklung, welche vor allem durch ein polit-ökonomisches Freihandelskonzept geprägt ist und sich wie schon erwähnt durch die Deregulierungsentwicklung gerade des Nationalstaates und Überwindung verschiedenster Grenzen gekennzeichnet ist. Dessen „endgültige Machtübernahme“, welche bestimmend sein wird für die folgenden knapp Jahrzehnte globaler politischer Agitation und ökonomischen Handelns der führenden Industrie- und Wirtschaftsmächte (Hamm 2007, 40) beschreibt Bernd Hamm durch folgende Faktoren, die den im Rahmen des Globalisierungsdiskurses oft verwendeten Begriff des Neoliberalismus charakterisieren:
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- Arbeit zitieren
- Tobias Hinterseer (Autor:in), 2008, Über Elmar Altvater: Entwicklungen und Grenzen der Globalisierung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/93758
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