Gerade in Zeiten der gesättigten Märkte und der allgemein sinkenden Kundenloyalität ist es für jedes Unternehmen umso wichtiger ein schlüssiges Beziehungs- und Kundenbindungsmanagement auszuüben. Ein wichtiger Bestandteil dessen ist das Beschwerdemanagement, welchem sich die Arbeit widmet.
Zuallererst wird dabei auf den Beschwerdebegriff eingegangen. Anschließend werden die Beschwerdeführer untersucht, welche zumeist durch die unzufriedenen Kunden repräsentiert werden. Des Weiteren geht diese Arbeit konkret auf die Thematik und Analyse eines direkte Beschwerdemanagementprozesses ein. Es werden dabei die Grundstruktur, die Beschwerdestimulierung, die Beschwerdeannahme sowie die Beschwerdebearbeitung und Beschwerdereaktion genaustens erläutert.
Inhaltsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Anhangsverzeichnis
1. Einleitung
2. Beschwerden
2.1. Beschwerdebegriff und Beschwerdearten
2.2. Wahres und Falsches über Beschwerden
3. Grundlagen des Beschwerdemanagements
3.1. Begrifflichkeit
3.2. Ziele des Beschwerdemanagements
3.3. Wesentliche Aufgaben des Beschwerdemanagements
4. Der direkte Beschwerdemanagementprozess anhand der Allianz SE
4.1. Kurzbeschreibung des Unternehmens
4.2. Erfassung von Beschwerdedaten
4.3. Beschwerdestimulierung
4.4. Beschwerdeannahme
4.5. Beschwerdebearbeitung und Beschwerdereaktion
7. Zusammenfassung
8. Anhang
9 Literaturverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Geringe Beschwerdezahlen (These)
Tabelle 2: Partner versus Gegner (These)
Tabelle 3: Die 8 Aufgaben des Beschwerdemanagements
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Der direkte Beschwerdemanagementprozess
Anhangsverzeichnis
Anhang 1: Die Grundsätze des Beschwerdemanagements (Allianz)
Anhang 2: Die Beschwerdewebsite der Allianz
Anhang 3: Das Beschwerdechatforum der Allianz
Anhang 4: Die Ansprechpartner der Allianz
Anhang 5: Die Website der Allianz
1. Einleitung
„Nicht im gut funktionierenden Alltag zeigt sich die Qualität einer Partnerschaft, sondern in der Krise“ (Barlow et al., 2003, S. 29).
Diese Erkenntnis trifft auf die Beziehung zwischen einem Unternehmen und seinen Kunden zu. Erst wenn es zu Problemen kommt und das Produkt oder die Dienstleistung nicht mehr den Erwartungen des Kunden entspricht, zeigt es sich ob er auch nach den Bezahlungen der Rechnungen das Unternehmen nach wie vor als einen geschätzten Partner betrachtet. Bewährt sich ein Unternehmen in dieser Hinsicht, festigt es somit das Vertrauensverhältnis seiner Kunden. Insofern bieten Beschwerden häufig ungeahnte und ungenutzte Chancen sich als Unternehmen von der Konkurrenz abzuheben sowie sich in der Öffentlichkeit zu profilieren. (vgl. Barlow et al., 2003, S. 29). Viel zu häufig werden jedoch Beschwerden als lästige Störung des täglichen Arbeitsablaufes angesehen und dadurch auf eine unangemessene Art und Weise abgewickelt (vgl. Wimmer, 1985, S. 234). Auch in der Versicherungswirtschaft steigt das Anspruchsniveau und die Kritikbereitschaft der Kunden. Gerade in Zeiten der gesättigten Märkte und der allgemein sinkenden Kundenloyalität ist es für jedes Unternehmen umso wichtiger ein schlüssiges Beziehungs- und Kundenbindungsmanagement auszuüben (vgl. Heckel- mann, 1997, S. 2). Ein wichtiger Bestandteil dessen ist das Beschwerdemanagement, welchem sich die vorliegende Ausarbeitung widmet. Zuallererst wird dabei auf den Beschwerdebegriff eingegangen. Anschließend werden die Beschwerdeführer untersucht, welche zumeist durch die unzufriedenen Kunden repräsentiert werden. Des Weiteren geht diese Arbeit konkret auf die Thematik und Analyse eines direkte Beschwerdemanagementprozesses ein. Es werden dabei die Grundstruktur, die Beschwerdestimulierung, die Beschwerdeannahme sowie die Beschwerdebearbeitung und Beschwerdereaktion genaustens erläutert.
2. Beschwerden
2.1. Beschwerdebegriff und Beschwerdearten
Was sind Beschwerden? Auf den ersten Blick scheint diese Frage recht schnell beantwortet zu sein. Stellen Kunden ihren Schreiben den Begriff „Beschwerde“ voran oder beginnen das Gespräch mit dem Satz „Ich möchte mich beschweren über...“, handelt es sich um eine Beschwerde. Jedoch wird der Begriff auch genauso oft von Kunden vermieden oder sie betonen gar, dass sie sich nicht beschweren wollen. Bei diesem Prozess wird im Optimalfall aber das identisch gleiche Ziel verfolgt. Dieses besagte Ziel bezieht sich auf die Tatsache, dass sich der geschilderte Vorfall in Zukunft nicht mehr wiederholen soll (beidseitig). Oft werden auch von Einrichtungen oder einzelnen Personen Forderungen an das Unternehmen gestellt, die weder Kunden sind, noch als potentieller Kunde in Frage kommen (zum Beispiel den Medien). Dadurch müssen sich die Unternehmen die Frage stellen, welche herangetragenen Äußerungen letztlich als Beschwerde einzustufen sind und welche nicht (vgl. Stauss, 1989, S. 43). Daher erscheint es sinnvoll den Beschwerdebegriff zunächst ausführlicher zu betrachten. Eine umfassende Definition liefern in diesem Fall Wimmer und Stauss. Sie bezeichnen eine Beschwerde als eine Artikulation von Unzufriedenheit die gegenüber einem Unternehmen oder auch Drittinstitutionen mit dem Zweck geäußert wird, auf ein subjektiv als schädigend empfundenes Verhalten eines Anbieters aufmerksam zu machen. Des Weiteren geht es darum eine Wiedergutmachung für die erlittene Beeinträchtigung zu erreichen und beziehungsweise oder eine Änderung des kritisierten Verhaltens zu bewirken (vgl. Wimmer, 1985, S. 223 & vgl. Stauss, 1989, S. 44).
Diese Definition liefert ein recht breites Begriffsverständnis aus welchem sich im Folgenden eine Differenzierung verschiedener Beschwerdearten ablesen lässt. Zum einen lässt sich sagen, dass Beschwerden Artikulationen sind, ergo es handelt sich um verbale oder schriftliche Äußerungen. Aus diesen Äußerungen geht zudem hervor, dass der Beschwerdeführer unzufrieden mit der aktuellen Gegebenheit ist (vgl. Stauss, 1989, S. 14). Sämtliche Äußerungen, die also zu erkennen geben das Leistungen oder Verhaltensweisen des Unternehmens nicht oder nur teilweise den Erwartungen der Kunden entsprechen, stellen in diesem Sinne Beschwerden dar (vgl. Wimmer, 1985, S. 225). Des Weiteren lässt sich aus der Definition ableiten das Beschwerden nicht nur von Kunden, sondern genauso von Individuen als Mitglieder anderer unternehmerischer Anspruchsgruppen vorgebracht werden können (vgl. Stauss, 2002, S. 47). Dies geschieht beispielsweise indem die Medien oder auch die eigenen Kunden sich über die Unterstützung eines Projektes, welche angenommen eine Belastung für die Umwelt durch ökologisch bedenkliche Produktionsprozesse darstellt, beklagen (Stauss & Seidel, 2002, S. 47f.)
Trotz alle dem kann ein unzufriedener Kunde auch einen indirekten Weg wählen, indem er sich einer Drittinstitution als Verfechterin seiner Interessen bedient (vgl. Stauss & Seidel, 2002, S. 50). Dieser Prozess könnte beispielsweise über eine Verbraucherorganisation vonstattengehen. Bei Versicherungen handelt es sich dabei um den sogenannten Versicherungsombudsmann (vgl. Beenken & Sandkühler, 2007, S. 183). In solchen Fällen tritt die angesprochene Institution im Namen des Kunden an das Unternehmen heran und versucht eine Lösung des Problems zu erreichen. Als letzten Punkt zeigt die Definition von Wimmer und Stauss, dass sich die Unzufriedenheit der Betroffenen keineswegs immer auf einen Mangel an einem zuvor gekauften Produkt oder auf einen anderen Aspekt des Marktauftrittes der Unternehmung (beispielsweise die Preis- oder die Kommunikationspolitik) beziehen muss. Vielmehr kann der Gegenstand der Beschwerde das gesellschaftspolitische Verhalten des Unternehmens ansprechen (vgl. Stauss & Seidel, 2007, S. 50).
Grundsätzlich lässt sich sagen, dass eine Beschwerde aufgrund einer gewissen Intention vorgebracht wird. Der Beschwerdeführer verfolgt mit seiner Artikulation immer eine zugrundeliegende Absicht (vgl. Barlow & Moller, 2003, S. 2). In vielen Fällen wenden sich Kunden in der Nachkaufphase mit einer Beschwerde an das Unternehmen, da sie der Meinung sind, nicht die erwartete Leistung erhalten zu haben. Beispielsweise hat die in Anspruch genommene Versicherung nicht den erhofften Erfolg gebracht oder ein Versicherungsnehmer ist sich nach einem Geschäftsabschluss nicht mehr über den Nutzen seiner Versicherung im Klaren. Dementsprechend will der Kunde entweder eine verbesserte oder sogar eine völlig neue Leistung. Er fordert in diesen Fall die teilweise oder vollständige Rückzahlung des Kaufpreises oder verlangt darüber hinaus Schadensersatz für Folgeschäden (vgl. Stauss & Seidel, 2002, S. 48). Versteht der Kunde seine Forderungen aber als einen Anspruch an das Unternehmen, welchen er unter Umständen auch auf dem Rechtswege durchsetzen könnte, spricht man von einer Reklamation. Bedauerlicherweise wird in der Praxis häufig nicht zwischen den Begrifflichkeiten Reklamation und Beschwerde unterschieden. Diese Differenzierung vorzunehmen ist allerdings durchaus sinnvoll um den Sonderfall von rechtsrelevanten Beschwerden abzugrenzen (vgl. Hansen, 1990, S. 449).
2.2. Wahres und Falsches über Beschwerden
Es gibt in der unternehmerischen Praxis weit verbreitete Annahmen über Beschwerden, welche allerdings keineswegs immer auf einer gesicherten Informationsbasis beruhen. Oftmals handelt es sich dabei um Vorurteile. Diese scheinen auf den ersten Blick ihre Berechtigung zu haben und auch aufgrund ihrer Plausibilität die unternehmerische Haltung im Umgang mit Beschwerden nachhaltig beeinflussen. Jedoch gibt es in den meisten Fällen fachliche Gegenargumente, welche diesen Annahmen gegenüberstehen. Möchte ein Unternehmen also ein aktives Beschwerdemanagement aufbauen, muss zwischen wahren- und falschen Aspekten über Beschwerden unterschieden sowie Vorurteile im Unternehmen abgebaut werden (vgl. Stauss & Seidel, 2007, S. 52).
Die folgenden zwei Beispiele sollen diese These anhand bestehender Vorurteile sowie deren widersprechenden Kommentaren belegen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Geringe Beschwerdezahlen (These) (vgl. Barlow & Moller, 2003, S. 84)
Eine vergleichsweise geringe Zahl von eingehenden Beschwerden ist für viele Unternehmen also ein Zeichen, dass Beschwerdemanagement für sie kein dringliches Anliegen darstellt. Sie schließen aus geringen Beschwerdezahlen auf eine hohe Kundenzufriedenheit. Dieser Schluss ist allerdings nicht immer richtig, weil ein Großteil unzufriedener Kunden sich schlichtweg nicht beschwert (vgl. Stauss & Seidel, 2002, S. 50). Die Tatsache, ob sich ein Kunde beschwert oder nicht, hängt von einer Fülle von Faktoren ab die zum Teil maßgeblich vom Unternehmen beeinflusst werden. Eine niedrige Zahl von Beschwerden kann unter anderen die Folge hoher Beschwerdebarrieren (zum Beispiel ein schwieriger Weg bis die Beschwerde überhaupt vorgetragen werden kann) oder resignierten Kundenverhaltens (negative Erfahrungen) sein. Des Weiteren werden viele kritische Äußerungen von Kunden gar nicht als Beschwerde wahrgenommen oder erfasst, da sie beispielsweise nur mündlich vorgetragen werden (vgl. Stauss & Seidel, 2002, S. 50f.).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2: Partner versus Gegner (These) (vgl. Barlow & Moller, 2003, S. 84)
Kunden, die sich bei einem Unternehmen beschweren, werden sehr häufig sofort negativ kategorisiert. Sie werden als Gegner des Unternehmens wahrgenommen und dementsprechend wird unmittelbar eine Verteidigungsposition eingenommen. Die grundsätzliche unternehmerische Haltung wird auf Abwehr, wenn nicht sogar teilweise auf Gegenangriff ausgerichtet (vgl. Stauss & Seidel, 2007, S. 53). Doch diese Einstellung ist oftmals ein Fehler. Problematisch ist hierbei insbesondere, dass der Beschwerdeführer nicht als aktueller (und bestenfalls auch zukünftiger) Kunde wahrgenommen wird, welcher zudem ein Recht darauf hat seine Ansichten und Forderungen zu äußern. Gerade die Tatsache, dass der Kunde sich gegenüber dem Unternehmen äußert, zeigt in Wirklichkeit sein Interesse am Unternehmen und gibt bewusst diesem eine Möglichkeit zur Nachbesserung. Sich beschwerende Kunden sind demnach keine Gegner, sondern vielmehr Partner des Unternehmens, die dabei helfen eine kontinuierliche Verbesserung von Prozessen und Produkten beziehungsweise Dienstleistungen zu erzielen (vgl. Stauss & Seidel, 2002, S. 52).
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