In diesem Essay soll genauer beleuchtet werden, wie der Einfluss der Orgel die Kirchenmusik nach und nach veränderte und schließlich zu ihrem vorrangigen Instrument wurde. Auch wenn archäologische Funde zeigen, dass es Vorläufer der Orgel bereits in der Antike gab, erreichte sie die christlichen Kirchen erst viel später und wurde auch nicht gleich mit offenen Armen in Empfang genommen. Durch Führsprecher des Instruments, als auch durch im Laufe der Zeit entstehende technische Neuerungen, avanciert die Orgel zu einem vor allem bei kirchlichen Komponisten beliebten Instrument. Dahingehend soll die Orgel sowohl aus historischer Perspektive betrachtet werden, als auch ihre musikalische Auswirkung auf die mittelalterliche Kirchenmusik bis heute.
Gliederung
1. Einleitung
2. Die Orgel im historischen Kontext
3. Der Einfluss der Orgel auf die kirchliche Liturgie
4. Fazit
5. Quellenverzeichnis
Einleitung
In diesem Essay soll genauer beleuchtet werden, wie der Einfluss der Orgel die Kirchenmusik nach und nach veränderte und schließlich zu ihrem vorrangigen Instrument wurde. Auch wenn archäologische Funde zeigen, dass es Vorläufer der Orgel bereits in der Antike gab, erreichte sie die christlichen Kirchen erst viel später und wurde auch nicht gleich mit offenen Armen in Empfang genommen.1 Durch Führsprecher des Instruments, als auch durch im Laufe der Zeit entstehende technische Neuerungen, avanciert die Orgel zu einem vor allem bei kirchlichen Komponisten beliebten Instrument. Dahingehend soll die Orgel sowohl aus historischer Perspektive betrachtet werden, als auch ihre musikalische Auswirkung auf die mittelalterliche Kirchenmusik bis heute.
Die Orgel im historischen Kontext
Wie schon eingangs erwähnt, sind die ersten Orgeln aus der Antike bekannt. Übernommen aus der griechischen Kultur fanden sich auch im römischen Reich Orgeln, welche als rein profane Instrumente zur Untermalung der Arenakämpfe genutzt wurden. Da bei diesen grausamen Kämpfen auch Christen starben, kam es für die damaligen Christen nicht in Frage, es für gottesdienstliche Praktiken zu benutzen. Durch Nachbauten antiker Funde kann man aufzeigen, dass die zu dieser Zeit verwendeten Orgeln einen ähnlichen Klang hatten, wie die Orgeln, die heutzutage gebaut werden. Das byzantinische Reich erhob die Orgel jedoch zu einem wichtigen Instrument für die kaiserlichen Zeremonien. Damit rückte sie auch in die Nähe der kirchlichen Feierlichkeiten. Die karolingischen Chroniken berichten, dass in den Jahren 757 und 812 jeweils Gesandte vom byzantinischen Kaiserhof an den fränkischen Hof kam und für Pippin den Jüngeren oder für dessen Sohn und Nachfolger Karl den Großen eine Orgel mitbrachten. Der Sohn Karls des Großen, Kaiser Ludwig der Fromme, ließ 826 eine Orgel für seine Pfalz in Aachen von einem aus Venedig stammenden Priester namens Georg anfertigen. Dies ist vermutlich die seit mehreren Jahrhunderten erste in Westeuropa hergestellte Orgel.2
Erst hundert Jahre später zeigen Aufzeichnungen, dass die ersten westeuropäischen Bischofskirchen sich eine Orgel anfertigen ließen. Klosterkirchen folgten deren Beispiel wiederum erst im 11. Jahrhundert. Zu ihrer Verwendung ist allerdings nicht viel bekannt, da die erste schriftliche Überlieferung von Orgelnotation von 1350 stammt. Es wird vermutet, dass sie vor allem einen Wert als Statusobjekt hatte.
Mit dem Beginn des gotischen Baustils wurde die Orgel erstmals mit in die architektonische Planung eines neuen Kirchengebäudes mit einbezogen und fand so ihren Platz in der Kirche und mit der Zeit dann auch in der christlichen Liturgie.
Mit dem 14. Und 15. Jahrhundert kamen wichtige technische Neuerungen, welche die Bedienung und den Klang der Orgel verbesserten. Die Orgel besaß nun Manual-Tastaturen und einzeln zuschaltbare Register. Der Ausdruck „die Orgel schlagen“, welcher aus dieser Zeit stammt, wurde fälschlicherweise dahingehend interpretiert, dass die Instrumente schwergängig zu spielen gewesen waren. Die überlieferte Orgelmusik beweist allerdings, dass auch leichtgängige Orgeln existiert haben müssen, auf denen ein schnelleres Spiel möglich war. Abbildungen im Syntagma musicum des Michael Praetorius zeigen Orgeln mit relativ großen Klaviaturen, die höchstwahrscheinlich mit der ganzen Hand bedient wurden. Allerdings wurden sie wohl nicht mit der Faust „geschlagen“, sondern das Wort schlagen bezieht sich viel eher auf das „anschlagen“ der Tasten.3
In der Zeit der Renaissance bewegt sich Musik weg von einer anonymen Kunst, zu einem Werk eines einzelnen. Die Musik wird nicht mehr anonym, sondern als Werk von Komponisten begriffen. Sie dient zur geselligen Unterhaltung wie beispielsweise Liebes-, Trink- und Jahreszeitenlieder und nicht mehr zum alleinigen Gotteslob. Es kommt zu einer reichen Polyphonie in der Kirchenmusik. Gegenüber der Musik des Mittelalters ändert sich das Harmonie-Empfinden und Terzen und Sexten werden nun als konsonant empfunden.
In der Frührenaissance besitzen die Orgeln noch recht wenige Register z. B. Prästant, Oktave, Hintersatz und Zimbel aus dem gotischen Blockwerk, dazu ein bis zwei Flöten, Trompete und das Regal und haben meist nur ein Manual und ein angefügtes Pedal. Erst in der Hochrenaissance entwickelten sich voll ausgebaute Orgeln. Das Klangideal orientierte sich an der damals üblichen Ensemblemusik auf gleichartigen Instrumenten. Die Orgeln werden um eine Vielzahl an Registern erweitert und bis zu drei Manuale und ein ganzes Pedalwerk verbaut. Später kristallisierten sich die ersten regionalen Unterschiede zwischen verschiedenen Orgelbauern heraus und die Orgel wurde nicht mehr nur für sakrale Musik genutzt, sondern auch für weltliche Kompositionen.
In der Zeit des Barock erlebte die Orgel ihre Blütezeit. In ganz Europa entwickeln sich unterschiedliche Orgelbauweisen, die sich vor allem durch die verschieden eingesetzten Register unterscheiden. Auch die Platzierung der Orgel innerhalb des Kirchengebäudes konnte sich von Region zu Region unterscheiden. Die meisten alten Orgeln Südeuropas und vereinzelt auch der süddeutschen Orgellandschaft befinden sich im Gegensatz zu denjenigen des Nordens und Frankreichs nicht auf einer Westempore, sondern im Chorraum auf beiden Seiten des Altars. Vom Kirchenschiff aus gesehen befindet sich links die Epistelorgel und rechts die Evangelienorgel. Englische Orgeln wurden dagegen meistens auf dem Lettner aufgestellt.
Innerhalb nationaler Kulturräume lassen sich regionale Orgellandschaften feststellen, die in erster Linie geographisch definiert sind.4
Sie fallen in Deutschland in der Regel mit den Grenzen der historischen Herzogtümer und Grafschaften zusammen wie beispielsweise bei der Orgellandschaft Ostfriesland oder der Orgellandschaft Oldenburg. Die Konfessionalisierung dieser Gebiete hatte Einfluss auf die jeweilige liturgische Verwendung der Orgeln. Eine regionale Orgellandschaft besteht aus Instrumenten mehrerer Epochen und vereinigt zahlreiche Einflüsse, deren Mischung jede Orgellandschaft individuell macht. Die Einflüsse kamen auch von außerhalb Deutschlands wie z.B. aus den Niederlanden, Frankreich und in Süddeutschland aus Italien. Durch regional ansässige Orgelbaufamilien oder Orgelbauschulen erhielt jede Region ihr typisches klangliches und architektonisches Gepräge, welches sich oft über mehrere Generationen lang hielt, jedoch selten eine Epochengrenze überschritt.
Nachdem Mozart und Beethoven relativ wenig für die Orgel komponierten und das Instrument so zeitweise an Aufmerksamkeit verlor, gewann es im 19. Jahrhundert wieder an Relevanz. Die romantische Orgel hatte einen orchestralen Klang und war bewusst so konstruiert, um einem echten Orchester klanglich möglichst nah zu kommen. Diese Bauweise verbreitete sich in weiten Teilen Westeuropas, woraufhin viele barocke Orgeln umgebaut wurden, um diesem Klangideal zu entsprechen.
Seit Ende des 19. Jahrhunderts wurden vermehrt Orgeln in Konzertsälen und Anfang des 20. Jahrhunderts auch in den mit dem Stummfilm aufkommenden Lichtspielhäusern, dort als Kinoorgel bezeichnet, gebaut. Zahlreiche technische Neuerungen machten es möglich, immer größere Instrumente und auch Fernwerke zu bauen.
Das 21. Jahrhundert veränderte den Klang der Orgel kaum, sondern versuchte ihn lediglich mit digitaler Technik nachzuahmen. Neue Spielhilfen wie beispielsweise die elektrische Traktur fanden ihren Weg in den Orgelbau und einige Komponisten erweiterten den Klang der Orgel durch den Einsatz von Synthesizern.5
Der Einfluss der Orgel auf die kirchliche Liturgie
Seit der karolingischen Zeit fand das Orgelspiel mit dem Bau von Orgeln beziehungsweise ihrer frühen Vorläufer nach und nach Eingang in die abendländischen Kirchen. Improvisiertes Orgelspiel diente dem Aus- und Einzug, der Einleitung der Gesänge von Schola oder Gemeinde sowie der Alternatimspraxis.6
Die Aufgabe, welche die Orgel heutzutage im Gottesdienst innehat, bekam sie erst relativ spät. Auch in der Zeit der Reformation wurde die Orgel noch mit Vorbehalten im Gottesdienst eingesetzt.
Während des Gottesdienstes im reformierten Bereich hatte die Orgel zu schweigen, doch waren ihr im Gottesdienst lutherischer Prägung bestimmte Aufgaben zugewiesen. Diese bestanden zunächst im Intonieren der liturgischen Gesänge und der Kirchenlieder, in der Übernahme einzelner liturgischer Stücke und im Spielen des Postludiums. Hier ging es meist um Chorsätze, welche für die Orgel "intavoliert" wurden.7 Die Notation fand in Tabulatur statt, einer kombinierten Noten- und Buchstabenschrift. An diese Spielpraxis konnte die im 16. Jahrhundert eigenständig werdende Orgelmusik anknüpfen. Die uns heute bekannte Liedbegleitung durch die Orgel gab es im 16. und beginnenden 17. Jahrhundert noch nicht. Sieentwickelte sich erst mit dem Aufkommen des Generalbasses.
Im ersten Jahrhundert der evangelischen Kirchenmusik spielte die Orgel eine untergeordnete Rolle. Um 1600 geht vom Niederländer Jan Pieterszoon Sweelinck (1562-1621) ein wichtiger Impuls aus. Aufgrund seiner pädagogischen Tätigkeit gilt er als der "Organistenmacher", der eine ganze Schülergeneration vor allem in Nord- und Mitteldeutschland geprägt hat. Die süddeutsche Orgelkunst orientierte sich stärker an italienischen Vorbildern.
Der in Halle lebende Samuel Scheidt (1585-1654) war Zeitgenosse von Schütz und Schein, Schüler von Sweelinck und einer der bedeutendsten und berühmtesten Organisten seiner Generation. Sein Hauptwerk ist die „Tabulatura nova“ mit unterschiedlichen Choralvariationen. Bei Scheidt zeigt sich die Wendung zur Klangfreude des Barock. Im Görlitzer Tabulaturbuch von 1650 gab Scheidt eine Sammlung harmonisierter vierstimmiger Sätze für den praktischen Gebrauch heraus.
Im norddeutschen Raum erreicht die Orgelmusik ihre Blütezeit mit Franz Tunder (1614-1667), Dietrich Buxtehude (1637-1707) und Nikolaus Bruhns (1665-1697). Sie behandelten erstmalig das Pedal als ebenbürtigen Partner des Manuals. Nach der Generation von Bachs Schülern geht die virtuose Behandlung der Orgel, speziell des Pedals, allerdings wieder spürbar zurück. Gegen Ende des 17. Jahrhundert wird es allgemein üblich, dass die Orgel den Gemeindegesang begleitet und auch leitet. Die Werke von Bach stellen den eigentlichen Höhepunkt der evangelischen Kirchenmusik in Deutschland dar, sowohl in der Chor-, als auch in der Orgelmusik.8
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1 Eberlein, Roland: „Die Geschichte der Orgel“, Köln 2011
2 Busch, Hermann J.: „Lexikon der Orgel“, S. 34, Laaber 2007
3 Klotz, Hans: „Das Buch der Orgel“, S.44, Kassel 2012
4 Bosch, Michael: „Lexikon Orgelbau“, S.23, Kassel 2007
5 Riley, Chris: „The modern organ guide“ , S. 55, Xulon Press 2006
6 Albrecht, Christoph: “Evangelische Kirchenmusik”, in: Handbuch Kirchenmusik Bd. 1, Berlin 2001, S.23
7 ebd. S.28
8 Bönig, Winfried: „Orgelliteraturspiel – Orgelbaukund“, in: Kirchenmusik. Ein ökumenisches Lehr- und Lernbuch in vier Bänden mit DVD und Registerband zur Grundausbildung und Berufsbegleitung evangelischer und katholischer Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker, Band 4, S.15, Stuttgart 2009
- Citation du texte
- Julian Simmer (Auteur), 2016, Einfluss der Orgel auf die Kirchenmusik, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/936668
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