Über die Weltanschauung des Philosophen Peter Singer wird immer wieder heftig diskutiert. Unter anderem fordert er eine Justizrevolution und verlangt das Tieren ebenfalls Rechte zugesprochen werden. Weltweit finden Proteste gegen Tierquälerei statt, welche das Ziel haben, das Konzept der Menschenrechte auf nicht menschliche Wesen auszubreiten. Dabei wird häufig Bezug auf dem bekanntesten Philosophen der Gegenwart, Peter Singer, genommen. 1975 verfasste dieser das Buch „Animal Liberation“, welches bis heute zum Basiswerk der Konzepte für Tierrechte gilt. Mittels eines Projektes, dass Singer seit 1993 verfolgt, soll ein Zuspruch der Menschenrechte für Menschenaffen erreicht werden. Diese Rechte beinhalten unter anderem das Recht auf Leben, Freiheit und Schutz. Anhänger Singers sind davon überzeugt, dass Tieren gleichwertige Rechte zustehen, wie Menschen.
Eine kritische Auseinandersetzung mit Peter Singers Extrempositionen
Über die Weltanschauung des Philosophen Peter Singer wird immer wieder heftig diskutiert. Unter anderem fordert er eine Justizrevolution und verlangt das Tieren ebenfalls Rechte zugesprochen werden. Weltweit finden Proteste gegen Tierquälerei statt, welche das Ziel haben, das Konzept der Menschenrechte auf nicht menschliche Wesen auszubreiten. Dabei wird häufig Bezug auf dem bekanntesten Philosophen der Gegenwart, Peter Singer, genommen. 1975 verfasste dieser das Buch „Animal Liberation", welches bis heute zum Basiswerk der Konzepte für Tierrechte gilt. Mittels eines Projektes, dass Singer seit 1993 verfolgt, soll ein Zuspruch der Menschenrechte für Menschenaffen erreicht werden. Diese Rechte beinhalten unter anderem das Recht auf Leben, Freiheit und Schutz. Anhänger Singers sind davon überzeugt, dass Tieren gleichwertige Rechte zustehen, wie Menschen. Peter Singer unterscheidet drei Kategorien der „Lebendigen":
- die Lebewesen ohne Bewusstsein, wie Pflanzen, ihnen wird kein Wert zugesprochen
- Wesen mit Bewusstsein, aber ohne Selbstbewusstsein
- Selbstbewusstseinsfähigen Wesen, wie Menschen oder Menschenaffen
„Es könnte eine Person geben, die nicht Mitglied unserer Spezies ist. Es könnte auch Mitglieder unserer Spezies geben, die nicht Personen sind." <6> Auf den ersten Blick wirkt Peter Singers Bestreben sehr sympathisch, jedoch stellt sich seine Denkweise bei näherer Betrachtung als eher inhuman heraus. In manchen Fällen steht nach Singers Meinung das Tier über den Menschen, zum Beispiel, wenn der Mensch geistig schwerstbehindert ist. Er selbst schrieb in seinem Werk, dass es mit Sicherheit einige Tiere gibt, deren Leben unter gewissen Umständen wertvoller ist, als das einiger Menschen. Diese extreme Form des Utilitarismus geht auf Jeremy Bentham zurück, welcher sich als Erster für die Rechte der Tiere aussprach. Um dieses Themenfeld behandeln zu können, ist es zunächst von großer Bedeutung zu erklären, was den Utilitarismus nach Singer ausmacht. Der klassische Utilitarismus beinhaltet eine moralische Bewertung des Handels und folgt dem Grundprinzip, dass man so handelt, dass das größtmögliche Glück für alle entsteht. Anders ausgedrückt, das ganzheitliche Wohl steht über dem Glück des Einzelnen. Im Allgemeinen wird zwischen vier utilitaristischen Prinzipien unterschieden:
1. Konsequenzprinzip: bei Handlungen werden stets die Folgen betrachtet. Diese ist nur dann positiv, wenn die Folgen überwiegend positiv sind. Wenn abzusehen ist, dass die Folgen überwiegend negativ sind, muss die Handlung unterlassen werden und eine Alternative gesucht werden.
2. Nutzenprinzip: dieses Prinzip wird verwendet, um zu bewerten, ob eine Folge positiv oder negativ ist. Eine moralisch wertvolle Handlung liegt nur dann vor, wenn ein größtmöglichen Nutzen für alle vorliegt.
3. Hedonistisches Prinzip: dieses Prinzip besagt, dass eine Handlung immer zielgerichtet erfolgen muss.
4. universalistische Prinzip: Eine Handlung muss universellen Nutzen bringen. Sie wird danach beurteilt, welche Auswirkung sie auf alle an der Handlung beteiligten Personen hat.
Im Utilitarismus wird nach diesen vier Prinzipien entschieden, ob etwas moralisch richtig ist oder nicht (Brandecker, 2011). Peter Singer entwickelte den Begriff des Utilitarismus weiter und gilt als Vertreter des Präferenzutilitarismus. In dieser Form des Utilitarismus werden Handlungen danach beurteilt, ob die Folgen einer Handlung mit den Präferenzen der Betroffenen übereinstimmen. Werden durch das eigene Handeln andere Lebewesen verletzt, so ist dies moralisch nicht vertretbar. Wie zuvor bereits erwähnt stehen für Singer die Wünsche und Präferenzen aller Personen, welche von den Handlungen betroffen sind im Vordergrund (Birnbacher, 2006). Nach Singer stellen die Fähigkeiten zwischen Gut und Böse zu unterscheiden, einen freien Willen zu entwickeln und Entscheidungen zu treffen, keinen Anspruch auf Recht dar. Seiner Meinung nach macht das Bewusstsein und die Schmerzempfindung ein Wesen zur Person. Demnach ist ein Lebewesen, was frei von Bewusstsein und Schmerzempfindungen ist, nicht schutzbedürftig. Geht man nun von dieser Perspektive aus, so müssten nach Singer, schwer geistig Behinderte und Säuglinge frei von jedem Urteilungsvermögen sein. Der von Peter Singer geprägte Begriff des „Speziesismus" zeigt jedoch eine weitere Möglichkeit der Betrachtung dieser Aussage. Spezieismus bezeichnet eine moralische Diskriminierung von Geschöpfen aufgrund ihrer Artenzugehörigkeit. Unter anderem bedeutet dies, dass das Leid von Lebewesen unabhängig von ihrer Art berücksichtigt werden soll. Speziesimus kann als parallele Unterdrückungsform von Rassismus oder Sexismus angesehen werden. Wer nun Menschen, unabhängig davon ob sie geistig beeinträchtigt sind oder nicht, als grundsätzlich wertvoller hält als Tiere, den wirft Singer "Speziezismus" vor. (Singer, 2011). Darüber hinaus meint Singer, wenn Menschen mit einer starken geistigen Behinderung aufgrund dessen das sie Menschen sind, anders oder besser als Tiere behandelt werden, heißt das, dass sie nicht aufgrund ihrer Qualität, sondern aufgrund ihrer Eigenschaften für die Spezies normal sind.
Singer beschreibt dies in seinem Gleichheitsprinzip und unterscheidet zwei Gruppen von Menschen, die nach ihm in der Lage sind Präferenzen und Interessen auszubilden. Geistig vollentwickelte Menschen, welche Glück und Leid empfinden können und kontinuierliches Identitätsbewusstsein haben. Voraussetzung für diese Gruppe von Menschen ist das Bewusstsein. Die andere Gruppe von Menschen bezeichnet Singer als nichtmenschliche Wesen. Dazu gehören nach Singer auch geistig behinderte Menschen und Säuglinge. Diese beiden Menschengruppen haben nach Singers Meinung kein Identitätsbewusstsein und können aufgrund dessen keine Präferenzen bilden.
„Tötet man eine Schnecke oder einen 24 Stunden alten Säugling, so vereitelt man keine Wünsche dieser Art, weil Schnecken und Säuglinge unfähig sind, solche Wünsche zu haben" (Singer, 2001).
Unter Berücksichtigung dieser Denkweise möchte ich mich auf eine weitere Extremposition des Philosophen beziehen. 1984 veröffentlichte Peter Singer das Werk „Praktische Ethik", welches auf heftige Kritik stoß. Aufgrund dieses Werkes wurde er mehrmals als Vertreter der Legitimierung der Euthanasie während der NS-Zeit angesehen. Dieser Vergleich ist meiner Meinung nach nicht angebracht, was jedoch nicht bedeutet dass ich mit Singer einer Meinung bin. Um meine Stellungnahme zu begründen, möchte ich Bezug auf Charles Darwins Evolutionstheorie „survival oft he fittest" nehmen. Diese Aussage Darwins wurde und wird heute noch fälschlich gebraucht und übersetzt. Charles Darwin wollte durch diese Theorie nicht darstellen, dass nur das stärkste Lebewesen überleben kann, sondern dass das Überleben stark von der Anpassungsfähigkeit der Individuen abhängig ist. Wie bei Darwin ist auch bei Singer eine Differenzierung dieser Aussage notwendig. Peter Singer behauptet in diesem Werk nicht, dass alle Menschen mit Behinderungen getötet werden sollen, sondern bezieht sich dabei auf Kinder, welche nur bedingt ein selbstbestimmtes und unabhängiges Leben führen können. Wie oben bereits erwähnt, bin ich selbst kein Verfechter von Singers Utilitarismus, jedoch halte ich es dennoch für notwendig, sich genau mit den Aussagen Singers zu befassen, bevor man sich ein Urteil bildet.
Zu den Vorwürfen äußert sich Singer selbst im Interview mit dem Spiegel 2001, wie folgt:
„Das, wovon ich spreche, geschiehtja längst, injedem größeren Krankenhaus undjeder Großstadt in der entwickelten Welt. Es gibt Fälle, in denen man entscheidet, dass die Lebensqualität vonjemandem, der nie wieder zu Bewusstsein kommen wird, nicht wert ist, erhalten zu werden. Oder dass es besser ist, ein Kind ohne eine bestimmte schwere Krankheit zu haben als eines mit dieser Krankheit. Wirfällen längst Urteile aufder Basis von der Bewertung von Lebensqualität. Ich plädiere nur dafür, dass wir auch offen darüber reden sollten"(Singer, 2001).
Auch wenn ich nicht mit allen Aussagen Singers übereinstimme, ist anzumerken, dass er dennoch einen wichtigen Punkt der anspricht, vor dem die Gesellschaft häufig die Augen verschließt. Im weiteren Verlauf dieser Arbeit soll eine kritische Hinterfragung Peter Singers Einstellung zur legitimen Tötung, insbesondere Früheuthanasie und Abtreibung, erfolgen.
Peter Singer ist der Meinung, dass es moralisch nicht verwerflich ist, ein ungeborenes Kind zu töten, da dies noch nicht über ein Selbstbewusstsein verfügt. Ich stimme den Gegenargumenten der liberalen Gegner Singers zu, wenn diese behaupten, dass ein ungeborenes Kind, ob behindert oder nicht, eine Aussicht auf den Erwerb dieser Fähigkeit hat. Der Philosoph beruft sich in seinen Ansichten ausschließlich auf den Istzustand und untermauert seine Ansicht weiter mit dem nicht vorhandenen körperlichen Voraussetzungen zum bewussten Erleben. Hinzu kommt, dass er der Auffassung ist, dass die Mütter ein Recht auf einen Schwangerschaftsabbruch haben, dies rechtfertigt durch fehlende Autonomie und Selbstbewusstsein bei Säuglingen. Wie zuvor schon mehrmals erwähnt sieht Singer in Säuglingen keine Personen, es steht den Eltern somit frei diese zu töten oder notwendige lebenserhaltende Maßnahmen abzulehnen. Er begründet dies damit, dass alleine durch die Geburt keine Veränderung der Entwicklung des Kindes stattfindet. Zusätzlich plädiert Singer auf eine Verschiebung der Grenze auf 28 Tage nach der Geburt, in diesem Zeitraum hat das Kind die Möglichkeit ein Selbstbewusstsein zu entwickeln. Mir persönlich ist es nicht verständlich, warum er diesen Zeitpunkt wählt.
„Aber in vielen anderen Kulturen wird es keineswegs als grausam betrachtet. Im antiken Griechenland wurde ein Kind erst nach 28 Tagen in die Gesellschaft aufgenommen - vorher durfte man es in den Bergen aussetzen. In Japan war es lange völlig normal, Kinderzu töten, wenn Geburten zu dichtaufeinanderfolgten." (Singer, 2011, S. 182)
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- Yvonne Pichler (Author), 2020, Eine kritische Auseinandersetzung mit Peter Singers Extrempositionen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/936636
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