Die Wirklichkeit des luziden Traums – herkömmlich ein Traum, bei dem sich der Träumende „bewusst“ ist, dass er träumt – erscheint aus unterschiedlichen philosophischen Perspektiven widerspruchsvoll. Gleichzeitig gibt es zahlreiche Individuen, die vom luziden Träumen berichten, und auch die Forschung beobachtet das Phänomen mit stets zunehmendem Erkenntnisgewinn.
Im Rahmen dieser Arbeit finden Bemühungen statt, diverse disziplinübergreifende Gedanken zum Thema des luziden Traums zusammen zu führen und auf ihre Nützlichkeit im Hinblick auf einen funktionsfähigen Ansatz für das Zustandekommen des luziden Traums zu überprüfen. Weiterführende Überlegungen nehmen bisheriges auf und entwickeln einen theoretischen Ansatz zur Grundlegung der Möglichkeit des Phänomens.
Die Relevanz des luziden Traums für die Philosophie ergibt sich daraus, dass zum einen die Psychologie und die Neurowissenschaften zunehmenden Erkenntnisgewinn verzeichnen, wenngleich ein theoretisches Konzept noch nicht vorhanden ist. Deshalb kann es sich die Philosophie zur Aufgabe machen, aus einem anderen Blickwinkel die Thematik aufzugreifen und damit zum Erkenntnisgewinn beizutragen. Hierbei spielen aus sprachanalytischer Sicht sinnvolle Begriffsklärungen eine grundlegende Rolle. Zum anderen müssten sich mit der Möglichkeit des Phänomens des luziden Traums zumindest die Erkenntnistheorie und die Phänomenologie erweitern können.
Weil die Relevanz der Thematik für die Philosophie sich erst mit einhergehenden empirischen Forschungen der ca. letzten drei Jahrzehnte nach und nach manifestiert hat, sind Forschungen auf diesem Gebiet wenig verbreitet. Die Philosophie des Geistes und die Neurophilosophie setzen sich bisher überwiegend mit dem Thema auseinander. Die Phänomenologie untersucht den luziden Traum nur am Rande von Untersuchungen zum Phänomen des Traums selbst. Dies mögen Gründe dafür sein, weshalb Philosophen bisher noch kein Konzept zu entwickeln vermochten, das in der Lage ist, einen beständigen luziden Traum „sicherzustellen“. [...]
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Zu den Anfängen der „Erforschung“ des luziden Traums
3. Überblick zu einigen philosophischen Überlegungen zum „luziden Traum“
4. Stand der Forschung und Wissenschaft in der Psychologie, den Neurowissenschaften und der Philosophie des Geistes seit Erfindung der Elektroenzephalografie
4.1. Die Folgen der Elektroenzephalografie für die Traumforschung
4.2. Zur Psychologie und den Neurowissenschaften
4.3. Zu bekannten Induktionsmöglichkeiten des luziden Traums
4.4. Zur Philosophie des Geistes
5. Zu den phänomenologischen Traumtheorien des 20. Jahrhunderts: Edmund Husserl und „seine“ Schüler
5.1. Edmund Husserl: Der Traum als Wahrnehmungsvorstellung
5.2. Eugen Fink: Der Traum als Vergegenwärtigung
5.3. Jean-Paul Sartre: Der Traum als bloße Imagination
5.4. Jean Hering: Der Traum als Wahrnehmung oder Vorstellung
5.5. Theodor Conrad: Der Traum als „Versetztseinserlebnis“
5.6. Herbert Leyendecker: Der Traum als Täuschung
5.7. Zu Julia Valentina Iribarne und Hans Rainer Sepp
6. Überlegungen zur Grundlegung der Möglichkeit von Luzidität
6.1. Drei notwendige Differenzen für die Konstruktion von Luzidität
6.2. Zur Sichtbarkeit
6.3. Zur Konstruktion von Luzidität
6.3.1. Die erste Erlebnisform: Das widersinnige Erlebnis
6.3.2. Die zweite Erlebnisform: Die Erinnerung an einen identischen Traum
7. Zusammenfassung, Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Die Wirklichkeit des luziden Traums – herkömmlich ein Traum, bei dem sich der Träumende „bewusst“ ist, dass er träumt – erscheint aus unterschiedlichen philosophischen Perspektiven widerspruchsvoll. Gleichzeitig gibt es zahlreiche Individuen, die vom luziden Träumen berichten, und auch die Forschung beobachtet das Phänomen mit stets zunehmendem Erkenntnisgewinn.
Im Rahmen dieser Arbeit finden Bemühungen statt, diverse disziplinübergreifende Gedanken zum Thema des luziden Traums zusammen zu führen und auf ihre Nützlichkeit im Hinblick auf einen funktionsfähigen Ansatz für das Zustandekommen des luziden Traums zu überprüfen. Weiterführende Überlegungen nehmen bisheriges auf und entwickeln einen theoretischen Ansatz zur Grundlegung der Möglichkeit des Phänomens.
Die Relevanz des luziden Traums für die Philosophie ergibt sich daraus, dass zum einen die Psychologie und die Neurowissenschaften zunehmenden Erkenntnisgewinn verzeichnen, wenngleich ein theoretisches Konzept noch nicht vorhanden ist. Deshalb kann es sich die Philosophie zur Aufgabe machen, aus einem anderen Blickwinkel die Thematik aufzugreifen und damit zum Erkenntnisgewinn beizutragen. Hierbei spielen aus sprachanalytischer Sicht sinnvolle Begriffsklärungen eine grundlegende Rolle. Zum anderen müssten sich mit der Möglichkeit des Phänomens des luziden Traums zumindest die Erkenntnistheorie und die Phänomenologie erweitern können.
Weil die Relevanz der Thematik für die Philosophie sich erst mit einhergehenden empirischen Forschungen der ca. letzten drei Jahrzehnte nach und nach manifestiert hat, sind Forschungen auf diesem Gebiet wenig verbreitet. Die Philosophie des Geistes und die Neurophilosophie setzen sich bisher überwiegend mit dem Thema auseinander. Die Phänomenologie untersucht den luziden Traum nur am Rande von Untersuchungen zum Phänomen des Traums selbst. Dies mögen Gründe dafür sein, weshalb Philosophen bisher noch kein Konzept zu entwickeln vermochten, das in der Lage ist, einen beständigen luziden Traum „sicherzustellen“.
Daraus ergibt sich die Bemühung dieser Arbeit, zumindest einen Ansatz für das Zustandekommen eines luziden Traums zu erwirken, soweit dies möglich ist. Die tragende Forschungsfrage ist demnach, ob es eine Theorie geben kann, die das Phänomen des luziden Traums in seiner Struktur konsistent darstellen kann. Um das Ziel zu erreichen, wurden Phänomene, wie z.B. die Affekte, nicht eingehend in Betracht gezogen. Das heißt, dass das in dieser Arbeit vorliegende Ergebnis nur ein Ergebnis unter anderen möglichen Ergebnissen sein kann.
Die Unbekanntheit der wirklichen Struktur des luziden Traums erschwert die Methodenfindung, die das Ziel hat, eine Theorie für das Zustandekommen des luziden Traums zu ermöglichen. Gleichwohl kann darüber nachgedacht werden, wie eine mögliche Struktur zu denken ist. In Anbetracht dessen, dass das konkrete Ziel einer Struktur des luziden Traums unbekannt ist, fanden die originären Überlegungen in einer ständigen „Pendelbewegung“ zwischen dem, was die deutsche, englische und französische Literatur zum luziden Traum bietet, und dem Ziel statt. Dabei konnte sich der Überlegungsrahmen mit zunehmendem Kohärenzgewinn zwischen den Prämissen und dem Ziel immer weiter einengen. Die Begriffsanalyse und eine phänomenologische Konstruktion sind, neben dem Willen zur Umsetzung von Differenzen, dabei leitend gewesen.
Die Arbeit beginnt mit dem Kapitel 2 inhaltlich mit zwei subjektiven und umfangreichen Traumstudien, die im Jahre 1867 und 1913 veröffentlicht wurden, aus einer weitestgehend psychologischen Sichtweise. Sie befassen sich bereits im Wesentlichen mit dem Phänomen des luziden Traums. Zusätzlich findet in der jüngeren Studie der Begriff des „lucid dreams“ zum ersten Mal seine Erwähnung, womit ein begrifflicher Grundstein für die weitere Forschung gelegt ist. Das Kapitel 3 greift im Anschluss wesentliche philosophische Reflexionen zum Phänomen des luziden Traums auf, wodurch eine erste Annäherung an die begriffliche Problematik, die im Begriff des zu untersuchenden Phänomens liegt, vollzogen wird. Im Kapitel 4 findet dann eine genauere Betrachtung des Stands der Forschung und Wissenschaft, aus der Perspektive der Psychologie, den Neurowissenschaften und der Philosophie des Geistes, zum luziden Traum statt, welche maßgeblich durch die Erfindung der Elektroenzephalografie beeinflusst wurde. Mit diesen drei Kapiteln ist ein umfassendes Fundament für eine weitergehende Untersuchung des luziden Traums gegeben. Im Anschluss befasst sich das Kapitel 5 aus einer weitestgehend phänomenologischen Sichtweise, mittels Edmund Husserl und „seiner“ Schüler, mit dem Phänomen des bloßen Traums im Hinblick auf eine mögliche funktionale Struktur für den luziden Traum. Dabei steht die Frage im Vordergrund, welche Bewusstseinsweise dem Traum entspricht, und warum der Traum beim Träumen real „wirkt“. Erst das Kapitel 6 bemüht sich, aufbauend auf allen nützlichen, für das Zustandekommen eines luziden Traums zuträglichen, Überlegungen der vergangenen Kapitel, um einen theoretischen Ansatz zur Fundierung des Phänomens.
2. Zu den Anfängen der „Erforschung“ des luziden Traums
Den Beginn des for scherischen Interesses – zumindest in der westlichen Welt – und damit das Richten der Aufmerksamkeit auf das, was bald ein „ l u z i d e r Traum“ genannt werden soll, markiert wohl der Sinologe, Ethnograf und Traumforscher Hervey de Saint- Denys (1822-1892) im Jahr 1867 mit der Veröffentlichung seines Werks Les Réves et les moyens de les diriger. Observations pratiques.1 Bereits im Alter von dreizehn Jahren hat Saint-Denys damit angefangen ein Traumtagebuch zu führen, welches nach über fünf Jahren 1.946 Nächte beinhaltet.2 Während dieser Zeit erwächst in ihm das folgende Bewusstsein:
Je voyais […] se développer chez moi, sous l'influence de l'habitude, une faculté […], celle d'avoir souvent conscience en dormant de ma situation véritable, de conserver alors, en songe, le sentiment de mes préoccupations de la veille, et de garder par suite assez d'empire sur mes idées pour en précipiter au besoin le cours dans telle ou telle direction qu'il me convenait de leur imprimer.3
Neben dem Führen eines Traumtagebuchs, welches das Zustandekommen von luziden Träumen fördert, haben sich in den ca. letzten drei Jahrzehnten weitere Induktionsmöglichkeiten ergeben.4
Die wesentlichen Ergebnisse aus seiner andauernden privaten Traumstudie fasst Saint- Denys in seinem Werk folgendermaßen zusammen:
Nous avons dit que nous ne croyions pas au sommeil de la pensée, que nous ne regardions l'exercice d'aucune faculté comme suspendu par le sommeil, que si l'attention était parfois difficile, la volonté affaiblie et les jugements erronés chez l'homme endormi, l'imagination, la mémoire, la sensibilité acquerraient en revanche une puissance d'expansion énorme; de telle sorte que si l'état de rêve ne permet pas de garder ce juste équilibre intellectuel indispensable pour accomplir une oeuvre d'esprit en tout point raisonnable, il peut ouvrir du moins, sur le monde idéal, des horizons inconnus dans la vie réelle.5
Auch die vorliegende Arbeit geht von der Annahme aus, dass der Schlaf keinen Zustand der Bewusstlosigkeit darstellt. Vielmehr ist das Bewusstsein von etwas immer gegeben.
Eine bedenkenswerte und zusätzliche Beobachtung mit möglichem Nutzen für die Erfassung des Traums von Saint-Denys ist die Wirkung oder Folge des Augenschließens im Traum:
[L]'acte imaginaire de fermer les yeux met à néant la vision antérieure, mais celle qui lui succède n'est pas exactement conforme à mes voeux. Quatre fois, des associations d'idées aussi rapides qu'inattendues, s'opèrent spontanément dans le si court moment de la mutation des images, et ont pour effet d'appeler des tableaux tout à fait étrangers à ceux que j'avais d'abord souhaités.6
Hiermit zeigt Saint-Denys eine Technik auf, die für viele denkbare Fälle eine Differenz zwischen dem Traum und der Realität aufzeigen kann, wenn Unbeständigkeit und Beständigkeit als wesentliche Charakteristika betrachtet werden. Schatzman kommentiert, dass er bisher niemanden kennt, der diese Methode verwendet hat.7 Im Anschluss berichtet Schatzman noch von einer Dame, die sich im Traum gelegentlich in einem „black empty space without visual images“8 wiedergefunden hat, obwohl sie nicht davon geträumt hat, die Augen zu schließen. Dies soll zeigen, dass das Träumen „ohne Bilder“ auch möglich ist.9
In diesem Fall ist es vielleicht noch präzisier, wenn von einem formlosen Bild gesprochen wird.10 Die Formlosigkeit führt notwendigerweise zur Beständigkeit des „Sichtbaren“, weil sich keine Form ändern kann. Weiterhin ist davon auszugehen, dass es sich bei der Beschreibung des Traums um einen sogenannten „bodiless dream“ handelt, auf den in Kapitel 4.4 näher eingegangen wird.
Auch Frederik van Eeden11 führte 16 jahrelang ein Traumtagebuch.12 In seiner Schrift A Study of Dreams, welche er 1912 bei einem Treffen der Society of Psychical Research vorgetragen hat, steht geschrieben:
Since 1896 I have studied my own dreams […]. In 1898 I began to keep a separate account for a particular kind of dream which seemed to me the most important, and I have continued it Glasgow: Robert Maclehose 1913, S. 435. up to this day. Altogether I collected about 500 dreams, of which 352 are of the particular kind just mentioned. This material may form the basis of what I hope may become a scientific structure of some value [.]13
Im Rahmen seiner Untersuchung erkennt Van Eeden, als eine wesentliche Eigenschaft des Traums, dass „all direct bodily rapport is cut off“14. Deshalb definiert er den Traum „as that state wherein bodily sensations, be they visceral, interned or peripheral, cannot penetrate to the mind directly, but only in the psychical, non-spatial form of a symbol or an image“15.
Auch Maurice Merleau-Ponty versteht in seinem Werk L e visible et l’invisible den Traum als Traum ohne Körper.16 „[On doit, Anm. d. Verf.] comprendre le rêve à partir du corps: comme l’être au monde sans corps, sans ,observation‘, ou plutôt avec un corps imaginaire sans poids“17. Hierbei weist Marc Richir darauf hin, dass Merleau-Ponty mit corps den „corps vivant“ meinen muss, der nach Husserl Leib bedeutet.18 Für Richir [c]ela signifie, en première approximation, sans corps en même temps situé [Hervorh. im Orig.], comme corps physique ou Körper [Hervorh. im Orig.] parmi les choses, et situé comme ,centre de perspective‘ sur les choses, comme ,observatoire‘ de l’ Umwelt [Hervorh. im Orig.]. Comme si, délivré de cette pesanteur matérielle, le Leib [Hervorh. im Orig.] comme être au monde sans Körper [Hervorh. im Orig.], était porteur d’un être au monde ,sans corps‘, ou s’était mué en ,corps imaginaire‘ sans poids. Nous reconnaissons le L e i b [Hervorh. im Orig.] (indéterminé) de phantasia [Hervorh. im Orig.] dont parlait Husserl.19
Die Überlegung eines Traums ohne Körper hat maßgeblich zur Theorieentwicklung im Kapitel 6 dieser Arbeit beigetragen. Van Eeden beschreibt, zusätzlich zu dem Charakteristikum eines imaginären Leibs, einen zutreffenden Traum, durch welchen er zu dem Schluss der Konzeption eines „dream-body“ gelangt.20 Außerdem merkt Van Eeden an, dass er auf Begriffe wie Bewusstheit und Unbewusstheit bei der Beschreibung von Träumen verzichtet, „as everything is probably conscious“21.
Von dieser Annahme geht Van Eeden vermutlich aus, weil er 352-mal einen ganz bestimmten „Traumtyp“ erlebt hat:
I had a full recollection of my day-life, and could act voluntarily, though I was so fast asleep that no bodily sensations penetrated into my perception. If anybody refuses to call that state of mind a dream, he may suggest some other name. For my part, it was just this form of dream, which I call ,lucid dreams‘ […].22
Die besonderen Merkmale des luziden Traums veranlassen Van Eeden, den Traum als eine „ moreorless complete reintegration of the psyche, a reintegration in a different sphere, in a psychical, non-spatial mode of existence [Hervorh. im Orig.]“23 zu beschreiben. Die komplette Reintegration findet im Fall des luziden Traums statt.
Wie entsteht nun aber der luzide Traum nach Van Eeden, oder wodurch bemerkt man, dass man träumt? Die Fragen dürfen als ungenau gelten, solange das, was der Grund oder die Ursache für den luziden Traum ist, offenbleibt. Zudem muss seine „Struktur“ geklärt sein.
Zur Veranschaulichung möglicher „Momente“ des Zustandekommens eines luziden Traums soll eine Traumvergleich Erwähnung finden:
[I]n 1907, I found a passage in a work by Prof. Ernst Mach, Analyse der Empfindungen [Hervorh. im Orig.], […] in which the same observation is made with a little difference. Like me, Mach came to the conclusion that he was dreaming, but it was because he saw the movement of the twigs to be defective [Hervorh. im Orig.], while I had wondered at the naturalness which my fancy could never invent.24
In beiden Fällen führt eine wesentliche Eigenschaft des Traums im Verhältnis zur vergangenen und erinnerten Realität zum luziden Traum. Nachdem Ernst Mach den Traum erkannt hat, „traten [sofort] […] die vermissten Verschiebungen ein“25.
Ein weiteres und besonders markantes Beispiel von Mach ist das Folgende:
Im Traum sah ich in meinem Laboratorium ein mit Wasser gefülltes Becherglas, in dem ruhig ein Kerzenlicht brannte. ,Woher bezieht das den Sauerstoff?‘ dachte ich. ,Der ist im Wasser absorbiert.‘ ,Wo kommen die Verbrennungsgase hin?‘ Nun stiegen Blasen von der Flamme im Wasser auf, und ich war beruhigt.26
Es bleibt in dieser Arbeit zu untersuchen, was genau der „Mechanismus“ ist, der den Traum als Realität in Frage stellen lässt. Ein gewisser Widersinn deutet sich jedoch an.
Van Eeden gibt nur einen Hinweis, der das zukünftige Zustandekommen eines luziden Traums darstellen soll. Er schreibt: „When I have been flying in my dreams for two or three nights, then I know that a lucid dream is at hand.“27 Dies zeigt gleichzeitig, dass das Fliegen im Traum nicht direkt zur Luzidität führt. Es scheint im Traum nicht auszureichen, dass bloß etwas geschieht, welches in der Realität unmöglich ist. Dem ausschlaggebenden Moment gilt es sich im Verlauf dieser Arbeit anzunähern.
Ohne das Zustandekommen bisher abschließend klären zu können, soll jetzt noch ein luzider Traum Erwähnung finden, welcher möglicherweise ein wichtiges Charakteristikum des Traums im Allgemeinen beschreibt, das mit Bezug auf Konzepte möglicher Traumtheorien zu bedenken ist:
I dreamt that I stood at a table before a window. On the table were different objects. I was perfectly well aware that I was dreaming and I considered what sorts of experiments I could make. I began by trying to break glass, by beating it with a stone. I put a small tablet of glass on two stones and struck it with another stone. Yet it would not break. Then I took a fine claret-glass from the table and struck it with my fist, with all my might, at the same time reflecting how dangerous it would be to do this in waking life; yet the glass remained whole. […] [W]hen I looked at it again after some time, it was broken.
It broke all right, but a little too late, like an actor who misses his cue. This gave me a very curious impression of being in a fake - world [Hervorh. im Orig.], cleverly imitated, but with small failures.28
Es gilt zumindest zwei wesentliche Aspekte herauszugreifen. Zum einen liegt eine „andere“ Gesetzmäßigkeit im Traum vor, welche zu einem anderen Ursache- Wirkungszusammenhang führt. Zum anderen scheint das, was Ursache und Wirkung verbindet, Sinn zu sein, der jedoch unterschiedlich „entsteht“. Die Differenz zwischen diesen beiden unterschiedlichen Entstehungsweisen scheint einerseits – und dies erinnert an die Wirkung des Augenschließens bei Saint-Denys – die Gegebenheit von etwas in seiner Sichtbarkeit und andererseits die passive Synthesis selbst zu sein.
Eine zeitliche Situierung des luziden Traums meint Van Eeden in den letzten drei Stunden des Nachtlebens zu erkennen. Hierbei verweist er auch auf Dante’s The Divine Comedy, „where he speaks of the hour when the swallows begin to warble and our mind is least clogged by the material body“29:
At the hour near the morning when the little swallow begins her sad lays, perhaps in memory of her former woes, and when our mind, more a wanderer from the flesh and less captive to thought, is in its visions almost divine, in dream I seemed to see an eagle with feathers of gold poised in the sky, with wings spread, and intent to stoop.30
Das Gewicht dieser Beobachtung findet seine Bestätigung in einer aktuellen Methode zur Induktion des luziden Traums.31
3. Überblick zu einigen philosophischen Überlegungen zum „luziden Traum“
Der bisher erste bekannte Philosoph, der den „luziden Traum“ als Phänomen in einer seiner Schriften erwähnt, ist Aristoteles. In seiner Schrift D e insomniis steht geschrieben: „[D]enn häufig sagt während des Schlafes etwas in der Seele, daß das Erscheinende ein Traum ist; wenn er jedoch nicht bemerkt, daß er schläft, wird nichts der Erscheinung widersprechen.“33 Interessanterweise muss das Schlafen und nicht das Träumen bemerkt werden. Dies deutet bereits auf vorliegende Begriffsverständnisse hin.32
Erst weit später bemerkt Saint Thomas Aquinas in The Summa Theologica:
And if the motion be still more attenuated, the phantasms will have a certain sequence: thus especially does it happen towards the end of sleep in sober men and those who are gifted with a strong imagination. If the motion of the vapors is very slight, not only does the imagination retain its freedom, but also the common sense is partly freed; so that sometimes while asleep a man may judge that what he sees is a dream, discerning, as it were, between things, and their likenesses. Nevertheless, the common sense remains partly suspended; and therefore, although it discriminates some likenesses from the reality, yet is it always deceived in some particular. Therefore, while man is asleep, according as sense and imagination are free, so is the judgment of his intellect unfettered, though not entirely. Consequently, if a man syllogizes while asleep, when he wakes up he invariably recognizes a flaw in some respect.34
Auch Aquinas situiert den luziden Traum zeitlich zum Ende des Schlafes.35 Außerdem spricht er von „sober men“ mit einem gewissen imaginativen Vermögen.36
René Descartes unternimmt umfangreichere Überlegungen im Hinblick auf den Traum. Dabei ist die Unterscheidung zwischen dem Träumen und Wachen für ihn leitend. Er schreibt in der ersten Meditation seiner sechs Meditationen über die Grundlagen der Philosophie:
Als ob ich nicht ein Mensch wäre, der des Nachts zu schlafen pflegt, und dem genau dieselben, ja bisweilen noch weniger wahrscheinliche Dinge im Traume begegnen, wie jenen [den Wahnsinnigen, Anm. d. Verf.] im Wachen! Wie oft doch kommt es vor, daß ich alle jene gewöhnlichen Begegnisse, wie daß ich hier bin, daß ich, mit meinem Rock bekleidet, am Kamin sitze, mir während der Nachtruhe einbilde, während ich doch entkleidet im Bette liege! – Aber jetzt schaue ich doch sicher mit wachen Augen auf dieses Papier, dies Haupt, das ich hin und her bewege, ist doch nicht im Schlaf, mit Vorbedacht und Bewusstsein strecke ich meine Hand aus und fühle das! Im Schlafe würde mir das doch nicht so deutlich entgegentreten! – Als wenn ich mich nicht entsänne, daß ich auch sonst durch ähnliche Gedankengänge im Traume irregeführt worden bin! Denke ich einmal aufmerksamer hierüber nach, so sehe ich ganz klar, daß niemals Wachen und Traum nach sicheren Kennzeichen unterschieden werden können, – so daß ich ganz betroffen bin, und diese Betroffenheit selbst mich beinahe in der Meinung bestärkt, daß ich träume.37
Descartes bemerkt jedoch – wie Van Eeden es auch tut –, dass die Erlebnisse im Traum in ihrem zeitlichen Verlauf durchaus weniger kohärent sind als im Wachen:
So darf ich denn alle übertriebenen Zweifel dieser Tage als lächerlich zurückweisen. | Dies gilt vorzüglich von dem allgemeinsten in Betreff des Traumes, welchen ich nicht vom Wachen zu unterscheiden vermochte. Jetzt nämlich merke ich, daß zwischen beiden der sehr große Unterschied ist, daß niemals meine Träume sich mit allen übrigen Erlebnissen durch das Gedächtnis so verbinden, wie das, was mir im Wachen begegnet. Denn in der Tat, wenn mir im Wachen plötzlich jemand erschiene und gleich darauf wieder verschwände, wie es in Träumen geschieht, und zwar so, daß ich weder sähe, woher er gekommen, noch wohin er gegangen, so würde ich dies nicht mit Unrecht eher für eine bloße Vorspiegelung oder für ein in meinem Gehirne erdichtetes Trugbild halten, – als urteilen, daß es ein wirklicher Mensch sei. Bietet sich mir aber etwas dar, wovon ich in deutlicher Weise bemerke, woher, wo und wann es kommt, und vermag ich seine Wahrnehmungen ohne jede Unterbrechung mit dem gesamten übrigen Leben zu verknüpfen, so bin ich ganz gewiss, daß es mir nicht im Traume, sondern im Wachen begegnet.38
Peter Bernhard verweist jedoch darauf, dass das Kohärenzkriterium „nur dann zuverlässig [ist], wenn man sich nicht noch einmal über die Kohärenz der eigenen Erfahrungen täuschen kann (man sich also in einem Zustand totaler Täuschung befindet)“39. Nach Descartes ist dies aber keine Option, weil „Gott kein Betrüger ist“40. Das Kohärenzkriterium von Descartes kann trotzdem nur als ein „schwaches“ Kriterium gelten, weil – wie auch Van Eeden bemerken wird –: „Only the order [Hervorh. im Orig.] of changing is different; the momentary fact is the same.“41
Was Descartes dennoch sinnvollerweise herausstellt, ist, dass das Gedächtnis Erlebnisse in Abhängigkeit vom Träumen oder Wachen unterschiedlich zu verbinden scheint. Die Frage hierbei ist, worin dieser Unterschied zu suchen ist. In Kapitel 6 wird der Vorschlag gemacht zwischen unterschiedlichen Gedächtnisweisen im Hinblick auf das Träumen oder Wachen zu unterscheiden.
Thomas Hobbes letzter Einwand gilt auch der Inkonsistenz des Kohärenzkriteriums, wenn er fragt, ob es gewiss ist, daß ein Träumender, der zweifelt, ob er träumt oder nicht, nicht träumen könnte, daß sein Traum mit den Ideen vergangener Ereignisse in einer langen Reihe zusammenhängt. Kann er es, so kann das, was dem Träumenden Handlungen seines früheren Lebens zu sein scheinen, als wahr angesehen werden, genau wie wenn er wachte.42
Ist denn der Einwand von Hobbes, dass ein Träumender zweifeln könne, ob er träumt oder nicht, berechtigt? Träumt ein Träumender nicht immer? Hier liegt eine Begriffsproblematik vor, wenn es möglich sein soll, das Träumen und Wachen in Form eines luziden Traums zusammen zu denken.
Wie ist das bei einem luziden Träumer? Weiß ein luzider Träumer nicht immer, dass er träumt? Diese Annahme muss mit Vorsicht durchdacht werden. Eine Ahnung deutet jedoch daraufhin, dass der Zweifel nicht nur eine differenzierende Funktion, sondern auch eine geschichtliche und soziale Dimension beinhaltet. Dass der Zweifel bloß dem sozialen System und nicht dem Bewusstseinssystem angehört. Folglich hätte der Zweifel keine reine erkenntnistheoretische Dimension mehr, sondern eine gesellschaftlich sinnstiftende Dimension.
In diesen bisherigen Beiträgen zum Träumen wurden das Träumen und das Wachen – aus einer analytisch-phänomenologischen Perspektive betrachtet – als äquivalent angenommen, wodurch die Denkbarkeit eines luziden Traums vielleicht sogar unmöglich gemacht wird. Deshalb ist an dieser Stelle und im Vorfeld weiterer Untersuchungen zunächst eine sprachanalytische Betrachtung notwendig.
Die Auseinandersetzung mit der Sprachanalyse im Hinblick auf den luziden Traum ist aufgrund ihrer präskriptiven Rolle von Bedeutung, weil der bisher übliche Sprachgebrauch bei der Beschreibung des luziden Traums versagen muss. Dies ist nicht zu verhindern, wenn der gegenwärtige Sprachgebrauch von Widersprüchlichkeiten durchsetzt ist wie Owen Flanagan anmerkt:
Schon der gesunde Menschenverstand sagt einem, dass ‚Bewusstsein‘ unter anderem mit Wachsein zu tun hat. Träumen dagegen findet im Schlaf statt, und somit können Träume […] keine bewussten Erlebnisse sein. Aber die Alltagsweisheit lehrt auch, dass Träume Erlebnisse sind, die im Schlaf stattfinden, so dass also die dem gesunden Menschenverstand entsprungene Taxonomie des ‚Bewusstseins‘ schlimmer als ein Mischmasch ist; sie ist von Grund auf mit Inkonsistenzen durchsetzt.43
Peter Bernhard schließt aus Flanagans Analyse, falls sie zutrifft, dass „es nicht mehr darum gehen [könnte], Inkonsistenzen zu vermeiden [Hervorh. im Orig.], sondern Konsistenz herzustellen [Hervorh. im Orig.], indem man eine bestimmte Redeweise vor den anderen als korrekt auszuzeichnen hätte“44.
Bereits Stephen LaBerge erkannte die Notwendigkeit eines veränderten Sprachgebrauchs, der mit der Bestätigung luzider Träume einhergehen müsste, welchen auch Bernhard zitiert:
[W]hen it comes to lucid dreaming we are no longer talking about sleep and dreaming in the ‚usual‘ way. Dream lucidity is a paradoxical phenomenon: to resolve the paradox requires a broadening of our understanding of the varieties of dreaming experience and a clarification of our usage of such terms as ‚sleep‘, ‚awareness‘, and ‚unconsciousness‘.45
Bernhard folgert daraus: „[B]ei Anerkennung des Phänomens würden also ,ich träume‘ bzw. ,ich schlafe‘ keine performativen Selbstwidersprüche und ,ich bin wach‘ keine pragmatische Tautologie mehr bilden, sondern sinnvolle Sätze, die entweder wahr oder falsch sind.“46
Die erste maßgebliche sprachanalytische Diskussion bzgl. des luziden Traums ist durch Norman Malcolm’s Ausführungen in Dreaming von 1959 hervorgerufen worden. Seine durchgeführte Analyse ist zu dem Ergebnis gekommen, dass luzides Träumen nicht möglich ist. Im Wesentlichen gründet dieses Ergebnis auf der Überlegung, dass während des Schlafes, welcher einen Zustand ohne bewusste Erlebnisse für Malcolm darstellt, wodurch Träume wiederum auch keine bewussten Erlebnisse sein können, wenn sie als Teil des Schlafes verstanden werden, auch keine Behauptungen aufgestellt werden können, weil dies nur im Wachen möglich ist.47 Mit dem Argument, dass Träume keine bewussten Erlebnisse sind, stellt sich Malcolm auch gegen die subjektiven Traumberichte. Für ihn müssen bewusste Erlebnisse erst einmal durch objektiv- wissenschaftliche Kriterien nachgewiesen werden. Die erste Methode zur Überprüfbarkeit hat sich ca. 20 Jahre später mit LaBerge ergeben, und die Neurowissenschaften tragen aktuell einen wesentlichen Teil zur Erforschung bei.48
Wenn im Falle des luziden Traums nun eine Behauptung aufgestellt werden muss, dann muss es einen Zustand geben, der das Wachen und Träumen vereint. Dies funktioniert ausschließlich, wenn beide Begriffe nicht als Gegensätze verstanden werden. Malcolm erkennt dieses Problem auch:
The anciently perplexing question ,How can I tell whether I am awake or dreaming?‘ seems to me to obtain its force from two errors. One is that of supposing that dreaming and waking might be ,exact counterparts‘, this being an error that comes from confusing the historical and dream-telling senses of first person singular psychological sentences in the past tense.49
Außerdem müsste die Vorstellung, dass der Traum ein Teil des Schlafes darstellt, verworfen werden, damit bewusste Erlebnisse als Traum möglich bleiben. Zusätzlich gilt es darüber nachzudenken, ob der Schlaf nicht doch auch einen bewussten Zustand darstellt, wie der Traum es tun würde. Zum Schluss muss der Begriff vom Bewusstsein fundamental vom Begriff des Wachseins unterschieden werden. All diese Begriffsbildungen sind notwendig, damit der Sprachgebrauch auch mit dem Zulassen des luziden Traums möglichst exakt bleiben kann.
Für die Begriffsbildungen ist Malcolm’s Überlegung zu bedenken, nach der der Satz „Ich bin wach“ nicht bewiesen werden kann, weil der Satz „Ich bin nicht wach“ nicht bewiesen werden kann.50 Wach zu sein hat damit keinen wesentlichen Gegensatz, weil – wie gezeigt werden muss – das Wachsein eine gewisse Transformation des Bewusstseins darstellt. Malcolm beschreibt dies im Sinne seines einstigen Lehrers Ludwig Wittgenstein mit den Worten: „When you say ,I’m awake‘ you are not reporting or describing your condition. You are showing [Hervorh. im Orig.] someone that you are awake.“51
4. Stand der Forschung und Wissenschaft in der Psychologie, den Neurowissenschaften und der Philosophie des Geistes seit Erfindung der Elektroenzephalografie
4.1. Die Folgen der Elektroenzephalografie für die Traumforschung
Erst die vom Neurologen Hans Berger entwickelte Methode der Elektroenzephalografie52 verhilft der Traumforschung zu einem technisch- wissenschaftlichen Durchbruch. Mit Hilfe der Elektroenzephalografie wurden unterschiedliche „Schlafphasen“, ein wenig genauer: unterschiedliche Phasen elektrischer Gehirnaktivität messbar. Diese Phasen unterteilen sich im Wesentlichen in die Wachphase, den „rapid eye movement sleep“ (REM-Phase) und die Non-REM- Phase53. Die REM-Phase, die mit Beginn ihrer Entdeckung als d i e Phase des Träumens galt, weil Menschen, die nach dieser Phase geweckt werden, häufig von Träumen berichten können, tritt ca. alle 90 Minuten auf. Die elektrische Hirnaktivität ist dabei nahezu so hoch wie im Wachzustand und damit kaum zu unterscheiden.54 Die Dauer der REM-Phasen nimmt im Verlauf der Nacht zu und kann bis zu 60 Minuten in Anspruch nehmen. Dies ist insofern interessant, weil nicht nur Van Eeden das luzide Träumen zeitlich eher gegen Ende der Nacht einordnet, d.h. dann, wenn die REM-Phasen am längsten sind.
Lange galt die REM-Phase als die Phase für das Träumen. Dies hat sich mit einigen neuen Erkenntnissen als falsch herausgestellt. Michael Wiegand weist darauf hin, dass „es auch im NonREM-Schlaf kognitive, nach Weckung erinnerbare Vorgänge gibt, die jedoch nie den dynamischen, ,film-ähnlichen‘ Charakter der REM-Träume haben“55. Auch, wenn von Träumen nach der Weckung aus einer REM-Phase häufiger berichtet wird, legen Studien nahe, dass Träume zu jeder Schlafphase vorhanden sein können.56
Mit Hilfe der Positronen-Emissionstomographie kann außerdem gezeigt werden, welche Teile des Gehirns, weniger oder mehr Aktivität zeigen. Somit können unterschiedliche Aktivitätsmuster den unterschiedlichen Phasen zugeordnet werden. Die REM-Phase unterscheidet sich danach durch folgende Aspekte:
Die ,exekutiven‘ Teile der frontalen Hirnrinde, die mit kognitiver Kontrolle assoziiert werden, sind in ihrer Aktivität extrem reduziert; im Kontrast dazu sind das sogenannte ,limbische System‘ und andere, an der Regulation von Gefühlen, aber auch mit Lernen und Gedächtnis assoziierte Hirnstrukturen stark aktiviert.57
Diese Ergebnisse stimmen mit den Annahmen dieser Arbeit überein, dass sowohl Gefühle als auch das Gedächtnis wesentlich für das Zustandekommen von Luzidität sein können. Jedoch erscheint der „Weg“ über die Gefühle als weniger relevant, weil ein ausgeprägtes Vermögen Gefühle zu regulieren vorhanden sein muss, wenn ein luzider Traum Bestand haben soll. Ohne dieses stoische Vermögen können Gefühle „überwältigend“werden.58
Ob Träume und der Schlaf eine Funktion haben, und wenn, welche, findet keine nähere Betrachtung in dieser Arbeit, weil dies für analytisch-phänomenologische Betrachtungen nicht weiter zielführend ist. Owen Flanagan schreibt zumindest in seinem Artikel Hirnforschung und Träume. Geistestätigkeit und Selbstausdruck im Schlaf, dass „Mutter Natur nicht eigentlich um der Träume willen selektiert [Hervorh. im Orig.] hat. Sie hat um des Schlafes und der schlafphänomenalen Zyklen willen selektiert. Träume waren als Trittbrettfahrer mit dabei“59.
Abschließend zu diesem Abschnitt sei noch auf eine begriffliche Gleichsetzung verwiesen, die bisher von den zitierten Autoren gemacht wurde. Stets wurden bspw. REM- Schlaf und REM- Phase ohne weiteren Unterschied hingenommen. D.h. der Phasenbegriff und der Schlafbegriff sind für ihre Untersuchungen unterschiedslos behandelt worden. Diese Gleichbehandlung kann nur funktionieren, wenn der Schlaf als das Ganze und gleichzeitig in Teilen verstanden wird. Der Traum kann dabei nicht mehr als ein Ganzes verstanden werden. An dieser Stelle eine Differenz zwischen dem Schlafen und dem Träumen zu ziehen, würde dem Schlafen und dem Träumen ihre Ganzheit geben. Der REM-Schlaf wäre dann der Schlaf der besteht, wenn die REM- Traumphase vorhanden ist, d.h. gleichzeitig parallel ablaufende für sich seiende Ganzheiten, die durch eine bestimmte Differenz zusammenhängen. Der Traum ist dann kein Teil des Schlafes mehr, wodurch die Möglichkeit zum selbstständigen Wachsein überhaupt erst ermöglicht wird. Dieser Gedanke einer Differenz zwischen dem Träumen und dem Schlafen bestimmt auch die Grundstruktur der Konstruktion für das Zustandekommen von Luzidität in Kapitel 6.
4.2. Zur Psychologie und den Neurowissenschaften
Mit der Veröffentlichung des Buchs Lucid Dreams von Celia Elizabeth Green im Jahre 1968 ist ein Neuanfang in der empirischen Erforschung des luziden Traums gemacht. In ihrem Buch führt sie bereits die These auf, dass das luzide Träumen im Zusammenhang mit der REM-Phase steht.60
Stephen LaBerge kann im Anschluss wohl als der erste Wissenschaftler gelten, der einen objektiven Nachweis für das luzide Träumen erbringt, und damit auch die These von Green bestätigt. Weil Traumberichte bloß auf subjektive Weise das luzide Träumen bejahen können, ist eine objektive Möglichkeit von Nöten gewesen. Um von außen beobachten zu können, ob jemand luzide träumt, muss eine psychophysiologische Verbindung vorhanden sein. Von dieser ausgehend wurden Probanden dazu aufgefordert, wenn sie sich in einem luziden Traum befinden, bestimmte Handlungen durchzuführen, welche auf einem Polygraphen zu beobachten sind. Bspw. wurde eine bestimmte Folge von Augenbewegungen vereinbart, die ein luzider Träumer machen sollte.61 Diese bestimmten Augenbewegungen des luziden Träumers können dann im Unterschied zum normalen Muster des rapid eye movements festgestellt werden. Auch, wenn diese Methode erfolgreich gewesen ist, bleibt sie nicht frei von Kritik, weil kaum auszuschließen ist, dass die vereinbarten „Zeichen“ nicht vielleicht ins „Unterbewusstsein“ kondensiert sind, wodurch auch ein normaler Träumer die Zeichen möglicherweise ebenso machen könnte. Wenn jedoch der Träumer nach dem Aufwachen bestätigen kann, dass die Zeichen gemacht worden, dann erhöht dies die Zuverlässigkeit der Methode.
Das letztere Gegenargument lässt sich jedoch einschränken, wenn es möglich ist Augenbewegungen in Abhängigkeit bestimmter Zeitintervalle durchzuführen. Hierfür müsste die Zeit während des luziden Träumens „im“ Traum der Zeit in der Realität gleichen. Aktuelle empirische und experimentelle Traumforschungen bestätigen dies teilweise. Daniel Erlacher, Melanie Schädlich, Tadas Stumbrys und Michael Schredl zeigen in ihrer Studie Time for actions in lucid Dreams: effects of task modality, length, and complexity, dass die Zeit, die ein luzider Träumer benötigt um bis zehn zu zählen, genauso lang ist wie im Wachzustand.62 Motorisch anspruchsvollere Bewegungen hingegen, wie bspw. dem Gehen, sind mit größeren Zeitdauern verbunden.63 Das Trainieren von praktischen Übungen während des luziden Träumens soll zudem einen positiven Einfluss auf das praktische Ergebnis in der Realität haben.64
Die Daten einer anderen Studie von Ursula Voss, Romain Holzmann, Inka Tuin und J. Allan Hobson zeigen: Das luzide Träumen enspricht einem „hybrid state of consciousness with definable and measurable differences from waking and from REM sleep, particularly in frontal areas“65. Dieses Ergebnis unterscheidet sich somit von der bisherigen Annahme, dass das luzide Träumen nur im Zusammenhang mit der REM- Phase steht. Voss et al. schreiben jedoch, dass für den Wechsel des „non-lucid REM sleep dreaming to lucid REM sleep dreaming, there must be a shift in brain activity in the direction of waking“66. Die Begründung hierfür liegt in einem Unterschied des 40 Hz Frequenzbandes zwischen der REM-Phase und dem luziden Traum.
The increase in 40-Hz power [while lucid dreaming, Anm. d. Verf.] was especially strong at frontolateral and frontal sites. These results suggest that 40-Hz activity holds a functional role in the modulation of conscious awareness across different conscious states.67
Dass das 40-Hz Frequenzband eine entscheidende Rolle spielt, bestätigt sich in weiterführenden Studien.68 Fünf Jahre später bringen Voss, Holzmann, Hobson, Walter Paulus, Judith Koppehele- Gossel, Ansgar Klimke und Michael Nitsche eine Studie heraus, welche zeigen kann, dass current stimulation in the lower gamma band during REM sleep influences ongoing brain activity and induces self-reflective awareness in dreams. Other stimulation frequencies were not effective, suggesting that higher order consciousness is indeed related to synchronous oscillations around 25 and 40 Hz.69
Dieses Ergebnis stellt einen bedeutenden Schritt für die Erforschung des Selbstbewusstseins dar, wenngleich sie keine kausale Verbindung aufzuzeigen vermag, sondern auf einem bloßen Kohärenzkriterium beruht.
Wenn die Studie von Voss et al. (2009) von einem Hybridzustand ausgeht, so weist LaBerge ein Jahr später in einem Aufsatz daraufhin, dass es nicht sinnvoll ist von einem Hybridzustand zu sprechen. Denn der wesentliche Unterschied zwischen dem Träumen und dem Wachen besteht gerade in den Sinneseindrücken und nicht in einem reflektiven Bewusstsein.70 Aus vergangenen Studien zum luziden Träumen geht ausschließlich hervor: „REM sleep is capable of supporting reflective consciousness.“71 Daraus geht jedoch nicht hervor, dass die REM-Phase ein notwendiger „Bestandteil“ vom luziden Träumen sein muss. Vielmehr entsteht ein wesentlich neuer Zustand, der in diesem Sinne mehr als seine Teile ist.
Beide Positionen ergeben für sich genommen Sinn, jedoch können sie nicht zusammenfinden. Hängt die Betrachtung nicht wesentlich davon ab, was unter dem Wachen zu verstehen ist? Nach LaBerge ist das Wachen nur mit dem Vorhandensein von Sinneseindrücken gegeben, weshalb beim luziden Traum nicht teilweise vom Wachen gesprochen werden kann. Voss et al. denken über die Möglichkeit eines Hybridzustands aus Träumen und Wachen nach, weil dies aus neurobiologischer Sicht sinnvoll erscheint. Beiden Überlegungen scheint ein unterschiedliches Verständnis vom Wachsein zugrunde zu liegen. Die Problematik mag in den sich um die Differenz vom Träumen und Wachen zu „kreisenden“ Überlegungen zu suchen sein. Denn die Untersuchungen vernachlässigen dabei eine mögliche Differenz zwischen dem Träumen und Schlafen. Stets gilt der Traum als Teil des Schlafes, ohne seinen wesentlichen Unterschied zur Geltung kommen zu lassen: Der Traum ist ein Erlebnis, welches von einem „ spezifischen Bewusstsein“72 ist! Der Schlaf hingegen ist kein bewusstes Erlebnis und beschreibt eine a n d er e Bewusstseinsweise, die parallel und gleichzeitig zum Träumen stattfindet.73
4.3. Zu bekannten Induktionsmöglichkeiten des luziden Traums
Neben der Frage nach der Struktur des luziden Traums, kann möglicherweise auch die Frage und Erforschung von Induktionstechniken zu einem besseren Verständnis beitragen. Denn für das Zustandekommen eines luziden Traums gibt es unterschiedliche Techniken, die verwendet werden können. Drei wesentliche kognitive Methoden bestehen im Traumtagebuch, der „Wake-up-back-to-Bed“ Technik und den „Reality-checks“. Diese Techniken wurden von von Sophie Dyck, Schredl und Anja Kühnel in einer Studie untersucht.74 Die „Wake-up-back-to-Bed“ Technik funktioniert folgendermaßen:
Participants sleep for six hours straight, wake up (alarm clock or awakened by the experimenter in the sleep lab, if possible during a REM period), stay awake for about one hour, and then go back to sleep for about three more hours. During the hour of wakefulness, they should extract different dream symbols and repeat them while thinking ,The next time I experience this I will be aware that I am dreaming‘ until going back to sleep.75
Der „Reality-check“ beruht bspw. darauf, sich tagsüber mehrfach die Frage zu stellen, ob man träumt oder wach ist, und dabei die Umgebung auf „possible incongruences with the physical laws of waking reality“76 zu überprüfen. Diese Methoden sind kognitive Methoden, weil sie darauf abzielen die Aufmerksamkeit während des Träumens zu erhöhen. Weiterhin gibt es auch – wie bereits oben erwähnt – die externe Stimulation als Möglichkeit und die Einnahme von Drogen. In der Studie von Dyck, Schredl und Kühnel konnten mit den kognitiven Methoden jedoch nur „slight increases in lucid dreaming frequency due to the cognitive techniques“77 aufgezeigt werden. Wichtig für das Zustandekommen des luziden Traums ist außerdem die persönliche Motivation und ein angenehmes Umfeld zum Schlafen, welches ein Labor nicht unbedingt bieten kann.78
Den Induktionstechniken steht ebenso ein vielfältiger Nutzen für den luziden Träumer gegenüber. Eine online Umfrage ergab, dass das luzide Träumen fünf wesentliche Zwecke erfüllt:79
The majority of respondents (about 80%) make use of their lucid dream abilities for simply having fun: flying, playing games, dancing, etc. Over half (about 60%) benefit from lucid dreams by decreasing their nightmare frequency and intensity. Other applications that were stated are problem solving (about 30%), development of creativity (about 27%) and practice of specific movements (about 21%).80
Hierbei wird ein Unterschied zum Ziel des traditionellen „dream yoga“ der Tibetianer deutlich, welches im Wesentlichen auf Selbsterkenntnis basiert. Das dream yoga stellt einen Weg dar, die „Illusion“ des Selbst durch Selbstauflösung zu überwinden.81 Dem modernen Menschen geht es hingegen um Selbstverwirklichung und Spaß. Welches Ziel in seiner Folge einen sozialeren Effekt hat, ist möglicherweise untersuchenswert. Sicherlich können beide Perspektiven voneinander profitieren.82
4.4. Zur Philosophie des Geistes
In der wissenschaftlichen Forschung wird der luzide Traum zunehmend als ein neuer diskreter Hauptbewusstseinszustand betrachtet.83 Thomas Metzinger hat sich bereits in zahlreichen Schriften aus einer philosophischen Perspektive zum luziden Traum geäußert. Diese Aufmerksamkeit ist dem folgenden und wohl einzigartigen Charakteristikum des luziden Traums geschuldet: „Lucid dreams are perhaps the only g l o b a ll y opaque [Hervorh. im Orig.] class of phenomenal states.“84 Phänomenale Opazität ist hierbei das Gegenteil von phänomenaler Transparenz. Letztere löst sich auf, wenn the naive realistic impression of being in direct contact with external reality dissolves. Suddenly, the virtual nature of conscious experience becomes available on the level of conscious experience: the dream world and the dream-self are no longer experienced as reality, but for the first time are recognized as models.85
Ein Realitätsmodell ist folglich dann luzide, „wenn in ihm die Tatsache, daß es ein Modell der Wirklichkeit ist, und der Typ von Realitätsmodell, zudem es gehört, mitrepräsentiert ist. In diesem Sinne ist unser normales Wachbewusstsein ein nicht- luzides Realitätsmodell [Hervorhebungen im Orig.]“86. Das nicht-luzide Realitätsmodell ist bisher das bedeutendere Modell gewesen, um den Traum zu beschreiben. Traumberichte sind immer vom nicht-luziden Wachbewusstsein mit Rückgriff auf die Traumerinnerungen geschehen. Mit dem luziden Traum ergibt sich eine neue und zweite Art zur Phänomenologie des Traums Beiträge zu leisten. Metzinger vermutet, dass eine episodisch überschießende Erhöhung des kortikalen Erregungsniveaus eine der wichtigsten physiologischen Bedingungen für das Entstehen von Luzidität ist. Auf phänomenaler Ebene entsprechen ihr erhöhte Angst oder Stress im Traumgeschehen, die Entdeckung von Widersprüchlichkeiten in der Traumwelt oder die Bewusstwerdung einer ,traumartigen‘ Qualität der geträumten Realität.87
Letzteren beiden Aspekten muss ein möglicher Zugang zu Wissen einhergehen. Dieses Wissen kann aus einer „cognitive“ oder „attentional availability“ bestehen.88
Cognitive availability leads to conceptual classification or categorization; it enables the dreamer to both realize and critically think about the fact that her current experiential state belongs to the class of dreams. Attentional availability […] leads to the accessibility of earlier processing stages. The resulting state of phenomenal opacity allows the dreamer to directly experience the dreamlike nature of her ongoing phenomenal state.89
Die attentional availability macht die Überlegung einer möglichen Präreflexivität denkbar, welche zur Luzidität führt.90 Hiermit könnte dann auch das Hindernis der Reflexion selbst übergangen werden. Jedoch bleiben Unsicherheiten bezüglich der Wahrheit des luziden Traums bestehen: „There are reasons to believe that some subjects reporting lucid dreams were actually awake and successfully controlling the plot of their waking fantasies.“91
Interessanterweise findet der luzide Traum bereits auch „praktische“ Anwendung, wenn es darum geht, „Leistungssportlern das gefahrlose Einüben riskanter Bewegungsabläufe zu ermöglichen und auch, um Astronauten auf den Zustand der Schwerelosigkeit vorzubereiten“92. Die Möglichkeit, die Schwerelosigkeit im Traum zu erleben, deutet daraufhin, dass es einen Unterschied zwischen dem erlebenden Körper und dem bloßen Körper geben muss, der der Schwere nicht zu entkommen vermag. Dem Leib hingegen scheint die Schwere kein Widerstand zu sein.
Scheinbar zutreffend beschreibt Metzinger Träume, luzide Träume und out-of-body experiences als „partially disembodied states“.93
It seems as if in those states the content of the self-model is constrained to a lesser degree by current proprioceptive input from the physical body. The subject of the lucid dream is an attentional and a cognitive subject to a much stronger degree than it is an embodied [Hervorh. im Orig.] subject – as can be seen from the frequent experiences of weightlessness, floating, flying dreams, and so on.94
Ausgehend von eine Leib-Körper-Differenz und der Annahme, dass ein rein körperloser Zustand zu einem anderen Selbstmodell führt, kann der bloße Traum als ein Glaubensphänomen oder als eine Selbsttäuschung oder als ein Zustand mit unvollständigem Wissen verstanden werden.95
Dies trägt wohl auch dazu bei, dass bei einem luziden Träumer nicht von einem Gefangenen seines Selbst gesprochen werden kann wie dies Jean-Paul Sartre tut.96 Eine zuverlässige Methode den luziden Traum zu beenden, besteht darin, visuelle Objekte (bspw. die eigenen Hände) zu fixieren.
Metzinger erklärt dazu:
If the subject in a lucid dream voluntarily suppresses eye movements as represented in the PSM [Phenomenal Self-Model, Anm. d. Verf.], it also changes an important functional property of the brain, by interrupting the rapid eye movements, which constitute one of the most reliable ,functional correlates‘ of dreaming. In other words, if – in what seems to be a paradigm example of top-down causation – you suppress phenomenal eye movement in the lucid dream, you suppress eye movements in the dreaming physical body as well, forcing it to wake up, that is, to shift into another global state of reality-modeling.97
Ein wohl besonderer Fall des Traums liegt im „bodiless dream“ vor, der meistens in Verbindung mit luziden Träumen auftritt. Dies kann daran liegen, dass in luziden Träumen das Selbstmodell, im Vergleich zum bloßen Traum, am stabilsten ist. Im bodiless dream gibt es ein erkennendes Subjekt, dass von sich weiß und dessen Körperwahrnehmung auf einen Punkt reduziert ist. Vielleicht trifft hier aber auch der Begriff des Körpergefühls besser zu, wenn von einem leiblichen Nullpunkt ausgegangen werden kann, weil ein Körper immer phänomenal ausgedehnt sein muss. Es liegt nun beim bodiless dream die Übereinstimmung der abstrakten Selbstidentifikation mit dem eigenen maximal-abstrakten „Ort“ vor, welche mit einem ausgedehnten Körper nicht möglich ist. Daraus ergibt sich die Frage, was eigentlich wesentlich für ein stabiles phänomenales Selbtsmodell ist.98 „[I]s every conscious self necessarily a (phenomenologically) knowing [Hervorh. im Orig.] self, or should we treat the conjunction of ,transparency‘ and ,self-location‘ in itself as a sufficient condition?“99 Es ist ein Punkt, der nicht erscheint, aber sich zeigt. Und dieses Sich-Zeigen muss bereits in orientierender Weise geschehen: d.h. eine Richtung mit- oder in-sich tragen.
5. Zu den phänomenologischen Traumtheorien des 20. Jahrhunderts: Edmund Husserl und „seine“ Schüler
5.1. Edmund Husserl: Der Traum als Wahrnehmungsvorstellung
Der wesentliche Beitrag Edmund Gustav Albrecht Husserl’s im Hinblick auf die Phänomenologie des Traums besteht wohl darin, dass er überhaupt mit der Phänomenologie eine Wissenschaft anbietet, mit welcher einige seiner Schüler den Traum aus einer neuen Perspektive untersuchen werden können. Husserl selbst hat sich weniger mit der Traumthematik auseinandergesetzt. Dafür jedoch umso mehr mit der Phantasie in Phantasie, Bildbewusstsein, Erinnerung. Zur Phänomenologie der anschaulichen Vergegenwärtigungen, welche wesentlich dadurch gekennzeichnet ist, dass sie im wachen Zustand keinem Glauben gleicht. Neben wenigen Randbemerkungen in seinen Schriften, lassen sich bloß zwei „kürzere“ Texte finden, die expliziter dem Traum gewidmet sind. Zum einen eine Antwort an seinen Schüler Jean Hering, der ihm einst in einem Brief ein Traumerlebnis schildert, woraufhin Husserl diesem antwortet.100 Zum anderen die bisher unveröffentlichte Schrift Lebeninder „ Existenz“.
Grundsätzlich unterliegt nach Husserl die Traumerscheinung der Vorstellungsart einer Wahrnehmungsvorstellung, weil die Traumerscheinung sich durch ihr „selbst gegenwärtiges Erscheinen“101 auszeichnet. Im Gegensatz dazu zeichnet sich die Phantasievorstellung durch ein vergegenwärtigt sein aus, wodurch diese nicht zur Vorstellungsart einer Wahrnehmungsvorstellung zählt. Das selbst gegenwärtige Erscheinen trägt dazu bei, dass der Traum während des Träumens als Wirklichkeit gilt, welche eigentlich eine Pseudo-Welt ist, in der ein Pseudo-Ich „wohnt“, wobei „Pseudo“ Vergegenwärtigung heißen soll.102 Demnach ist der bloße Traum eine vergegenwärtigte Welt in selbst gegenwärtiger Erscheinung. Die erträumte Pseudo-Welt ist eine Welt, bei der die wirkliche Welt verloren ist.103
Träumend lasse ich mir das Spiel der assoziativen Weckungen und erfüllenden Phantasiebilder gefallen, streckenweise zusammenhängend, dann zerfallend, wieder streckenweise, als ob es wäre und ich selbst als Ich in der Traumphantasie Traumich; immer Bodenlosigkeit, aber Quasiboden quasiseiende, quasigeltend und doch nicht geltend. Aber ich selbst, der das ,als ob‘ erlebt ohne alle wirkliche Position, etwa gar von mir selbst, und meine Gefühle, Lust und Schmerz, Kummer, Verzweiflung, Angst mit allen ihren noch so großen Intensitäten nur Gefühle im Alsob.104
Entsteht mit dem Traum wirklich Bodenlosigkeit? Was ist denn der wahre Boden? Wenn der Boden ein Maß für Wirklichkeit sein soll, dann geht im Traum der Boden verloren. Wenn jedoch der Boden ein Maß für Gewissheit sein kann, dann geht im Traum kein Boden verloren. Dann findet sich nämlich der Boden im Erlebnis selbst, welches vom Leib erlebt wird.
Diese Traumwelt wird nach Husserl vom Traumweltich – „das Subjekt der Traumwelt“ – wahrgenommen, welches sich vom träumenden Ich unterscheidet, weil letzteres nicht wahrnimmt.105 Das träumende Ich träumt bloß. Wie diese Unterscheidung zwischen dem träumenden Ich und dem Traumweltich zustande kommt und zu denken ist, beschreibt Husserl in seiner Antwort nicht. Dabei ist dies für weitere Überlegungen zur Möglichkeit der Luzidität von Bedeutung, weil es einen Unterschied macht, ob von einer „Reflexion“ des träumenden Ich’s oder des Traumweltich’s ausgegangen wird. Er schreibt nur zu seiner Unterscheidung: „Man darf nicht einwenden, dass doch bewusstseinsmäßig das erwachende Ich d a ss e l b e [Hervorh. im Orig.] ist, das in der Traumwelt das und das erlebt, getan etc. hat, also geträumtes; und nicht ein ,anderer‘.“106 Diese Überlegung ist möglich, weil für Husserl ein fingiertes Ich denkbar ist, welches auch nur fingierte Erlebnisse haben kann.107 Ist es nicht aber äußerst fraglich, inwiefern Erlebnisse, die sich durch Unmittelbarkeit charakterisieren lassen können, fingierbar sind?
Husserl scheint sich nicht sicher zu sein, weil sich auch ein anderes Gedankenspiel finden lässt, indem er das Verhältnis zwischen den Ich’s für die Phantasie als eine wirkliche Welt durchdenkt:
Wie ist es nun, wenn wir die Phantasiewelt in eine wirkliche Welt verwandelt denken? Also aus der bloßen Phantasie einen Ansatz machen und fragen, wie sich die Ansatzthesis bestätigen könnte? Dann ist das phantasierende Ich als Wirklichkeit schon da und die ganze Sphäre der Subjektivität des Ich und die in dieser erscheinende und gesetzte Welt. Was das phantasierte Korrelat-Ich anlangt, so ist zu beachten, daß es Korrelat-Ich ist, also als in einem Hier imaginiert ist, von wo aus ihm alle Dinge der Phantasiewelt in bestimmter Orientierung, bzw. in gewissen Apparenzen erscheinen. Also ganz so wie ich, das aktuelle Ich, ein aktuelles Hier habe, um das sich die ganze Welt mit ihren Da’s und Dorts in geordneten Erscheinungsweisen gruppiert.
In welcher Weise kann nun das imaginierte Ich zugleich und in eins mit dem absoluten Subjekt, und doch von ihm verschieden, Realität haben, und wie kann und muss es im letzteren Subjekt zur Gegebenheit kommen?108
Diese Gedanken können sinnvoll auf den Traum übertragen werden und bereichern die Untersuchungen mit der hinzukommenden Orientierung, in der sich die Ich’s befinden. In Conrad’s Ausführungen wird die Orientierung eine maßgebliche Rolle einnehmen.109
Unabhängig davon, dass die Frage bei Husserl offenbleibt, präsentiert er die zwei folgenden Möglichkeiten wie Luzidität denkbar sei:
1) Der Traum ist ein ‚schlichter‘ Traum. Das träumende Ich merkt, daß es träumt, das Merken ist ein wirkliches Merken, bereits ein Erwachen, das viele Übergänge hat. 2) Die Traumwelt ist in einem Traum 2. Stufe geträumte, das ,Erwachen‘ selbst wird geträumt in einem neuen Traum.110
Was kann gegen die erste Weise eingewandt werden? Vielleicht hat Husserl sich auch nur unpräzise ausgedrückt. Ist es nicht fraglich, ob das träumende Ich ohne das Traumweltich etwas merken kann? Es ist doch nach Husserl das Traumweltich, welches wahrnimmt, wodurch das Merken von etwas auch denkbar wird. Das träumende Ich träumt doch hingegen. Worin übereingestimmt werden kann, ist hingegen, dass das träumende Bewusstsein sich so verändern muss, dass ein träumendes Wachsein möglich ist. Hierbei benötigt das träumende Bewusstsein jedoch auch das Traumweltich. Es ist nämlich abwegig zu denken, dass überhaupt etwas ohne phänomenale Selbstidentifikation von einem Subjekt als Möglichkeit herangezogen werden kann. Demnach fehlt eine Verbindung zwischen dem träumenden Ich und dem Traumweltich. Auf diese Verbindung werden Sartre und Conrad eingehen.111
Die zweite Weise gilt als ein populäres Argument, um den luziden Traum in Frage zu stellen. Husserl negiert die theoretische Möglichkeit einige Zeilen später selbst, wenn er schreibt: „Wesensgesetzlich sind alle Traumweltiche im Wachzustand. Schlaf kann nicht geträumt werden.“112 Wenn der Schlaf nicht geträumt werden kann, dann ist auch ein Erwachen ausgeschlossen. Wenn dies der Fall ist, dann kann die Möglichkeit eines imaginären Erwachens ausgeschlossen werden. Ist das reale Erwachen auszuschließen, wenn das imaginäre Erwachen ausschließbar ist? Ist es vielleicht gar nicht sinnvoll bzgl. des Erwachens Unterschiede einzuführen? Diese Fragen kreisen letztendlich um das Verständnis vom Wachsein überhaupt, welches sich durchs Erwachen erst „formiert“.113
5.2. Eugen Fink: Der Traum als Vergegenwärtigung
Eugen Fink untersucht in einem Paragraphen seiner Dissertationsschrift V ergege n wärtigung und Bild . Beiträge zur Phänomenologie der Unwirklichkeit, welche er unter Husserl und Martin Heidegger verfasste, den Traumals Vergegenwärtigung.114 Bereits in seinen einleitenden Worten des Paragraphen gibt Fink zu verstehen, dass er seine These von einem Traum als Vergegenwärtigung nicht beweisen könne. Zu einer Klärung dessen, müsste zunächst der Schlaf phänomenologisch untersucht werden. Erst danach kann entschieden werden, ob der Traum eine Vergegenwärtigung, oder doch eine Gegenwärtigung ist.
Eine Bedingung des Traums scheint für Fink dennoch sicher: Der „Traum ist eine versunkene Phantasie, die sich wesensmäßig nur vollziehen kann in jener Gegenwärtigkeit des träumenden Ich, die wir das Schlafen nennen“115. Genau dieser Sachverhalt scheint den Traum eindeutig von allen anderen Phantasien zu unterscheiden. Es bleibt jedoch schwierig eine phänomenologische Untersuchung des Schlafs durchzuführen, weil dies gleichzeitig Wachsein ausschließt.
Zunächst schreibt Fink, dass der Schlaf nicht als ein Erlebnis zu betrachten ist, insofern keine „Ichlichkeit als Strukturpol“116 vorhanden ist. Aber trotzdem behauptet er, dass der Traum eine Vergegenwärtigung ist, „die sich in der Gegenwärtigkeit des schlafenden und d.h. des träumenden Ich vollzieht“117. Und diese Gegenwärtigkeit kann keine anderen gegenwärtigenden Erlebnisse, sondern nur Vergegenwärtigungen zulassen, weil ansonsten der Schlaf unterbrochen werden würde. Diese Gedanken zum Schlaf bleiben unklar, wenn bspw. gleichzeitig vom Schlaf als kein Erlebnis und von einem schlafenden Ich gesprochen wird. Wie ist ein schlafendes Ich sinnvoll denkbar, wenn das Ich doch das „Erlebniszentrum“ darstellen soll und der Schlaf dennoch kein Erlebnis ist. Weiterhin ist das schlafende Ich nicht ohne weiteres gleichzeitig auch als träumendes Ich denkbar.
Sinnvoll erscheint eine Zustimmung dahingehend, dass das „Schlafen ein bestimmter Modus des Gegenwärtigens ist“118 und keinen Erlebnischarakter aufweist. Im Anschluss dem Traum die Bedingung der Gleichzeitigkeit des Schlafens im Hinblick auf ein singuläres Bewusstsein aufzwingen, führt sichtbar nicht weiter.
In Anlehnung an eine Leib-Körper-Differenz, könnte von mehr als einem Bewusstsein ausgegangen werden: Ein Körperbewusstsein, dass als Schlafend gedacht wird, wohingegen ein Leibbewusstsein gleichzeitig als nicht Schlafend gedacht werden kann und m u ss. Das heißt jedoch nicht, dass der Leib auch ständig erleben muss. Er stellt also nicht notwendig den Erleber dar, sondern die Erlebnispotentialität. Nur der Körper schläft ein und der Leib als der oder das Erlebende bleibt als Erlebniszentrum eines möglichen Traums bestehen, wobei das Ich nichts von dem Ich weiß, welches im Gewahrsein seiner Leib-Körper-Differenz im Wachsein war. Es fehlt schlicht ein spezifisches Leib-Körper-Differenzbewusstsein, weil sich eine spezifisch andere Differenz zwischen dem Körper und dem Leib auftut, wenn das Wachen ins Schlafen übergeht.119
Insofern ist es richtig, wenn Fink sich von dem Husserlschen aktuellen „Ich im Modus der Weltverlorenheit“120 im Schlaf distanziert und von einem „Weltverlorenhaben“ spricht: „die Welthabe im Modus der extremen Versunkenheit.“121 Nach Hans Rainer Sepp ist Fink’s Uminterpretation ein Versuch im Sinne Heideggers, die „,Welt‘ nicht auseinanderfallen zu lassen, und doch gleichzeitig die Radikalität des Husserlschen Weltaustritts“122 beizubehalten. In Anbetracht einer Leib-Körper-Differenz passt dieser Schwenk, wenn die Welthabe als der Modus eines spezifischen Leib-Körper- Differenzbewusstseins verstanden wird.
Abschließend führt Fink das Argument der Iterabilität des Traums auf, welches die These eines Traums als Vergegenwärtigung stützt – gleichzeitig jedoch das luzide Träumen verunmöglicht. Denn [o]ffenbar ist es doch evident möglich, ein ,Erwachen‘ selbst zu träumen und zwar ein Erwachen aus einem Traum. Die traumweltliche Wirklichkeit bricht und enthüllt sich in einer neuen traumweltlichen Wirklichkeit als ,bloße Traumwelt‘, das vorher existierende Traumweltich als bloß geträumtes Ich.123
Hierbei wird Fink’s Verständnis vom Wachsein deutlich, welches selbst einem Irrtum unterliegen kann. Das Traumweltich „erwacht“ im Traum, und bleibt dennoch unwissend über seine aktuelle Bewusstseinsweise im Glauben verhaftet. Dies liegt daran, dass Fink nicht das Erwachen selbst versucht hat zu beschreiben, sondern das, was das Andere vom Erwachen ist. Dabei hatte Fink keine andere Wahl, weil eine phänomenologische Beschreibung des Wesens des Erwachens wahrscheinlich nicht sinnvoll ist, wenn das Erwachen kein Phänomen ist. Wie sollte auch dem Erwachen als Differenz eine phänomenologische Beschreibung zukommen, die nicht negativ ist? Das Erwachen beschreibt bloß das Vermögen einer Synthese von der aktuellen Wirklichkeit.
Die wesentliche Frage bei der Auseinandersetzung mit dem Traum erscheint auch hier als die Frage danach, in welchem Verhältnis der Schlaf, der Traum und das Wachsein stehen. Außerdem sollte darüber nachgedacht werden, ob nicht eine Leib-Körper- Differenz sinnvoll ist. Dadurch könnte der Körper in einer „Gegenwärtigkeit des Schlafes“124 verharren, wenngleich der Leib davon nicht direkt betroffen ist, wodurch dieser wiederum auch nicht vom Gegenwärtigen ausgeschlossen werden muss. Das luzide Träumen bleibt folglich möglich.
5.3. Jean-Paul Sartre: Der Traum als bloße Imagination
In seinem Werk L’imaginaire. Psychologie phénoménologique de l’imagination untersucht Jean-Paul Sartre unteranderem den Traum.125 Im Wesentlichen ist für ihn der Traum eine Vorstellung, an die geglaubt wird. Dieser Glaube kann durch das Zustandekommen eines reflexiven Bewusstseins gebrochen werden, damit Luzidität entsteht. Dafür gibt es nach Sartre nur zwei Möglichkeiten: Es muss eine reale Angst in den Traum einbrechen oder es müsste etwas Undenkbares gedacht werden.126 Seine Ausführungen zum degradierten Wissen und der Affektivität, welche konstituierend für die Vorstellung als vorstellendes Bewusstsein wirken, berücksichtigt Sartre in seiner Untersuchung des Traums nicht weiter. In diesem Abschnitt soll jedoch gezeigt werden, dass gerade das „modifizierte Wissen“127 eine notwendige Bedingung für das Zustandekommen eines reflexiven Bewusstseins sein kann.
Sartre schränkt sich selbst durch seine eingeführte Dichotomie ein, welche klar zwischen Vorstellungen und Wahrnehmungen unterscheidet, denn „la condition essentielle pour qu’une conscience puisse imager [Hervorh. im Orig.]: il faut qu’elle ait la possibilité de poser une thèse d’irréalité“128. Um jedoch eine Irrealitätsthese setzen zu können, muss das Bewusstsein einerseits die Welt als synthetische Totalität, und andererseits das vorgestellte Objekt als Nichts durch die Nichtung derselben Welt, setzen können. Einschränkend ist jedoch, dass die Vorstellung immer nur durch ein intentionales Bewusstsein in Situation stattfindet. Dabei ist die Affektivität oder die Aktion in Situation eine Bedingung dafür, dass das Reale überschritten werden kann.129
„L’irréel est produit hors du monde par une conscience qui reste dans le monde [Hervorh. im Orig.] et c’est parce qu’il est transcendantalement libre que l’homme imagine“.130 Aus diesen Worten geht bereits hervor, dass Sartre dem Irrealen nicht explizit eine andere Welt zuschreibt, wenngleich er von einem Außerhalbsein spricht.
Wahrscheinlich sind seine Worte nicht exakt gewählt. Verständlicher ist es vielleicht von einem Irrealen zu sprechen, welches sich außerhalb der gegenwärtigen Situation befindet, jedoch in der Welt bleibt.
Später im Werk widerruft Sartre die mögliche Überlegung von zwei unterschiedlichen Welten, wenn er anmerkt: „À vrai dire il n’y a pas passage d’un monde à l’autre, il y a passage de l’attitude imageante à l’attitude réalisante.“131 Dieser Wandel von der Dichotomie zweier Welten hinzu einer möglichen Dichotomie zweier Haltungen in einer Welt hat bedeutende Konsequenzen. In einer Welt bleibend, kann das Bewusstsein nicht mehr aus einer Welt gerissen werden. Wie kann nun aber andererseits die Irrealität des Traums überschritten werden?
Im Folgenden weist Sartre auf das Reale hin, das in die Irrealität einbrechen müsse:
Im Traum trinken wollen unterscheidet sich in keiner Weise von träumen, daß man trinkt. So kann [Hervorh. im Orig.] der Geist als Opfer seiner Allmacht nicht wollen. Er kann nicht einmal aufwachen wollen. Er träumt nur, daß er aufwacht. Damit er sich wiederfindet, muss das Reale in irgendeiner Weise in seinen Traum eindringen. So ist der Träumer durch seine absolute Macht gefesselt.132
In diesem Zitat schließt Sartre zunächst den Willen als Möglichkeit zur „Befreiung“ aus. Auch in dieser Arbeit wird argumentiert, dass das träumende Bewusstsein oder das Traum-Ich nichts wollen kann. Vielmehr muss etwas in gewisser Weise „passiv“ eintreten, damit das Zustandekommen der Luzidität möglich ist.133 Weiterhin macht Sartre an dieser Stelle keinen signifikanten Unterschied zwischen dem träumenden Bewusstsein und dem Traum-Ich. Er spricht bloß von dem Träumer.
Der Wille zum Aufwachen kann auch nicht in dieser imaginären Welt des Traums vorhanden sein, denn „dort“ gibt es keinen „rêve de possibilités [Hervorh. im Orig.] puisque les possibilités supposent un monde réel, à partir duquel elles sont pensées comme possibilités“134. „[L]e seul moyen dont dispose le dormeur pour sortir d’un rêve, c’est la constatation réflexive: je rêve. Et pour faire cette constatation, il n’est besoin de rien si ce n’est de produire une conscience réflexive.“135
Das reflexive Bewusstsein kann nach Sartre auf zwei unterschiedlichen „Wegen“ entstehen, wobei das erstere auf einem Affekt und das letztere auf der Kognition aufbaut.
Le premier c’est l‘irruption d’un réel qui s’impose, par exemple la peur réelle qui a provoqué le cauchemar, se ,prend‘ [Hervorh. im Orig.] au cauchemar lui-même et finit par devenir si forte qu’elle brise l’enchantement de la conscience et motive une réflexion. Je prends conscience de ce que j’ai peur et du même coup de ce que je rêve.136
Die zweite Möglichkeit ist, „que l’histoire rêvée aboutisse à un événement qui, par lui- même, se donne comme un terme, c’est-à-dire comme quelque chose dont la suite est inconcevable“137. Beiden Möglichkeiten rechnet Sartre die Folge des Erwachens aus dem Schlaf zu. In dieser Arbeit gilt es jedoch Möglichkeiten aufzuzeigen, die kein Erwachen aus dem Schlaf zur Folge haben, sondern bloß aus dem unreflektierten Traum hin zu einem luziden Traum.
An dieser Stelle zeigt sich bereits eine notwendige Differenz zwischen dem Schlaf und dem Traum, welche notwendig erscheint. Das heißt, dass es ein Erwachen aus dem Schlaf und aus dem Traum gibt, wobei das Erwachen aus dem Schlaf das Wahrnehmen der Realität und das Erwachen aus dem Traum das Wahrnehmen des Traums als Konsequenz mit sich bringt.138
Wie kann nun ein Einstellungswechsel des träumenden Bewusstseins möglich sein, insofern es von einer nicht-luziden Einstellung hinzu einer luziden Einstellung gelangen soll? Das modifizierte Wissen und die Affektivität, welche Sartre behandelt, scheinen dafür Wege aufzuweisen.
Nach Sartre ist „[l]’image […] définie par son intention“139. Und die intention ne se définit que par le savoir car on se représente en image que ce qu’on sait d’une facon quelconque et, réciproquement, le savoir n’est pas ici simplement un savoir, il es acte, il est ce que je veux me représenter. […] Une image ne saurait exister sans un savoir qui la constitue. C’est la raison profonde du phénomène de quasi-observation. Le savoir au contraire peut exister à l’état libre, c’est-à-dire constituer à lui seul une conscience.140 „[L]e savoir à l’état pur se présente comme une conscience de relations [Hervorh. im Orig.]“141 als ein leeres Bedeutungsbewusstsein. Sartre fragt sich, ob „le savoir en passant de l’état libre à celui de structure intentionnelle d’une conscience imageante ne subisse d’autre altération qu’un remplissement“142. Diese Frage zielt bereits auf das hin, was Sartre die Degradierung des Wissens als Modifikation des Wissens beim Übergang nennt. Diese Modifikation widerfährt dem Wissen nicht auf passive Weise, sondern aktiv: das Wissen g i b t sich eine Degradierung, wenn es sich als „le germe d’une représentation visuelle“143 präsentiert. Durch die Modifikation des reinen Wissens entsteht dann das vorstellende Wissen. „Le savoir pur, c’est-à-dire la simple connaissance des relations“144 ist nach Sartre jedoch „un idéal qui n’est jamais atteint. Dans ce cas las conscience est captive de son attitude imageante“145. Dieser Fall soll beim Traum vorliegen. Die Antithese an dieser Stelle ist, dass das reine Wissen im Traum erreicht werden kann, wenn das Zustandekommen von Luzidität möglich ist. Und dieses Zustandekommen wird gerade durch das modifizierte Wissen als vorstellendes Wissen ermöglicht.
Es ist das fehlende Wissen über die Beziehungen, das im Traum dazu führen kann, dass das vorstellende Wissen zu Vorstellungen gelangt, die in „Konflikt“ mit dem vergangenen Realen des Wachseins geraten können. Sartre schreibt selbst, dass das vorstellende Wissen ein Bewusstsein ist, dass [pose, Anm. d. Verf.] son contenu comme existant à travers [Hervorh. im Orig.] une certaine épaisseur de réel qui lui sert de représentant. Ce réel, naturellement, n’est point donné même sous sa forme indifférenciée et très générale de ,quelque chose‘. Il es seulement visé. Le savoir imageant se présente donc comme un effort pour déterminer ce ,quelque chose‘, comme une volonté d’arriver à l’intuitif, comme une attente d’images.146
Geht aus diesen Zeilen nicht hervor, dass das vorstellende Wissen in seinem Vorhaben versagt? Versagen in dem Sinne, als das das vorstellende Wissen nicht vollständig das Reale hervorbringen kann. Und können nicht gewisse repräsentierte Sachverhalte im Traum aufgrund mangelnder Darstellung der Beziehungen, weil das reine Wissen nicht vorhanden ist, in Widerstreit mit einem vergangenen Realen geraten, welches von der Struktur reinen Wissens ist? Die „Inhalte“ des Gedächtnisses selbst können zwar nie vollkommen anvisiert werden, d.h. aber nicht, dass diese nicht passiv da wären um sich zu zeigen und damit ihren geschichtlich erwachsenen Anspruch auf Sinnstiftung zu erheben. Anders gesagt: Die Kohärenz des Bewusstseinsflusses darf nicht gefährdet werden und mögliche Widersprüche werden durch spezielle Kohärenzerweiterungen aufgefangen. Die Luzidität wäre vom Typ dieser Mechanik. Auch Sartre schließt die Möglichkeit reinen Wissens nicht völlig aus, wenn er schreibt:
La compréhension est un mouvement qui ne s’achève jamais, c’est la réaction de l’esprit à une image par une autre image, à celle-ci par une autre image et ainsi de suite, en droit, jusqu’à l’infini. Pour sustituer à cette régression infinie l’intuition simple d’une pensée nue, il faut opérer un changement radical d’attitude, une veritable revolution, c’est-à-dire passer du plan irréfléchi au plan réfléchi. Sur ce plan, en effet, la pensée, en même temps qu’elle apparaît se donne comme pensée: ainsi est-elle tout entire transparante pour elle-même.147
Neben dem Wissen trägt auch die Affektivität ihren Teil zum vorstellenden Bewusstsein bei. Grundsätzlich gilt: „La réflexion nous livre des consciences [Hervorh. im Orig.] affectives.“148 Affektive Bewusstseinsformen können hierbei schlicht unterschiedliche Gefühle sein. Ist folglich das Hassgefühl auch Bewusstsein von Hass, d.h. jedes Gefühl Bewusstsein seiner selbst? Nach Sartre ist dies nicht der Fall, sondern „il est conscience d e [Hervorh. im Orig.] Paul comme haïssable“149. Die als - Struktur führt dazu, dass Sartre sagen kann, „qu’elles [die Gefühle, Anm. d. Verf.] font le sens de l’objet, qu’elles en sont la structure [Hervorh. im Orig.] affective: elles s’étendent tout entières à travers l’objet tout entier [.]“150 Sartre schließt zurecht an, wenn er schreibt, dass „le sentiment se donne donc comme une espèce de connaissance“151. Weiterhin – und dies ist ein entscheidender Gedanke im Hinblick auf andere Theorien zur Vorstellung – ist das Gefühl gegenwärtig. Wenn nun die affektive Struktur der vorstellenden gleicht, dann besteht die Möglichkeit, dass die Vorstellung auch als gegenwärtig bezeichnet werden kann. Sartre macht dies am Beispiel des Begehrens deutlich:
En un mot le désir [Hervorh. im Orig.] est un effort aveugle pour posséder sur le plan représentatif ce qui m’est déjà donné sur le plan affectif; à travers la synthèse affective, il vise un au-delà [Hervorh. im Orig.] qu’il pressent sans pouvoir le connaître; il se dirige sur le ,quelque chose‘ affectif qui lui est donné présentement et l’appréhende comme r e p r é s e nt a nt [Hervorh. im Orig.] de las chose désirée. Ainsi la structure d’une conscience affective de désir est déjà celle d’une conscience imageante, puisque, comme dans l’image, une synthèse présente fonctionne comme substitute d’une synthèse representative absente.152
En fait, nous venons de le voir, l’image est un se sorte d’idéal pour le sentiment, elle représente pour la conscience affective un état limite, l’état dans lequel le désir serait en même temps connaissance. L’image, si elle se donne comme la limite inférieure vers laquelle tend le savoir lorsqu’il se dégrade, se présente aussi comme la limite supérieure vers laquelle tend l’affectivité lorsqu’elle cherche à se connaître.153
Folglich kann Sartre sagen: „[La] synthèse affectivo-cognitive […] est la structure profonde de la conscience d’image“154. Mit der Affektivität kann folglich auch die Gegenwärtigkeit des Traums begründet werden. Und diese Gegenwärtigkeit des Traums macht wiederum die Möglichkeit einer Wahrnehmung denkbar, welche genau an Gegenwärtigkeit gebunden ist. Weiterhin könnte von einer Wahrnehmung ohne Pseudoqualität gesprochen werden. Der Traum als Vorstellung wird wahrgenommen und zwar durch ein Gefühl.
Sartre hat jedoch bereits darauf hingewiesen, dass bspw. die Angst nicht zu einer stabilen Luzidität führen kann. Die bloße Angst lässt einen nicht nur aus dem Traum, sondern auch aus dem Schlaf erwachen. Deshalb muss in dieser Situation auch gleichzeitig das reine Wissen vorhanden sein, welches als Gegenpol fungiert und vielleicht beruhigt.
5.4. Jean Hering: Der Traum als Wahrnehmung oder Vorstellung
Der elsässische Philosoph und Theologe Jean Hering (1890-1960), der ein Göttinger Husserl-Schüler war, hat wesentlich dazu beigetragen, dass die Phänomenologie Husserl’s auch in Frankreich Aufmerksamkeit erfährt.155 Hering pflegte stets engen Kontakt zu Husserl, bis letzterer 1938 verstarb. Der Traum als ein spezifisches Thema der Phänomenologie hat Herings Interesse gewonnen, weshalb er in den späten 1940er und 1950er dementsprechend einige Studien zu diesem Thema veröffentlichte.156 Sein Interesse für die Phänomenologie des Traums und auch des luziden Traums lässt sich jedoch bereits deutlich früher anhand eines Briefs feststellen, den Hering - wahrscheinlich nach 1930 - an Husserl geschrieben hat.157 Was Hering von den anderen Phänomenologen hervorstechen lässt, sind seine Vermittlungsversuche unterschiedlicher traumtheoretischer Ansätze und auch seine Provokationen diesbezüglich.158 So übt er auch nicht wenig Kritik an Sartre in sämtlichen seiner Studien aus.
Den Anfang soll nun Hering’s Brief an seinen selbsternannten „Meister“ machen, welcher sein frühestes Schriftstück zum Traum ist. In diesem Traumbericht steht die Intersubjektivität und bereits das Phänomen des luziden Traums im Mittelpunkt.
Ich ging mit einem (dann wurden es plötzlich mehrere) Freunde spazieren, merkte bald an dem Durcheinander von Pariser und Straßburger Straßenbildern, dass ,wir‘ träumten und suchte die andern davon zu überzeugen, was mir auch nach unsäglicher Mühe gelang. Aber da fiel mir ein, dass die ganze Sache Unsinn sei, weil von einer echten Intersubjektivität im Traum nicht die Rede sein könne. Machte mich also daran, den andern ihre Nicht-Existenz zu beweisen. Sie können sich denken, mit welchem schallenden Gelächter ich empfangen wurde. Unterdes waren wir ins Freie gelangt, in die Umgebung Göttingens. Und die Diskussion ging immer weiter. ,Wir sind überzeugt, ebenso zu existieren wie Sie; warum sollen Sie allein recht haben?‘ ,Aber ich habe die Gewissheit dass ich träume, während ihr nicht einmal wisst dass ihr – geträumt werdet.‘ Als nichts verfing, schlug ich eine Wette vor: dass keiner außer mir am nächsten Tag im Wachzustand eine Erinnerung an diesen Traum haben könnte, weil an eine Identität zwischen dem geträumten und dem wachen Subjekt nicht zu denken sei. Worauf mir einer sehr richtig einwandte, dass dann auch die Wette keinen Sinn habe. Das Gespräch ging dann weiter über das Wesen der Pseudointersubjektivität des Traumes, ohne dass es zu einer wirklichen Klärung kam (und der Meister war leider nicht da – es ist nicht so leicht ihn zu träumen!). Schließlich spielte ich meinen letzten Trumpf aus: ,Ich bin müde und werde – beinah hätte ich gesagt: schlafen gehn – erwachen.‘ Sprach’s und verschwand – zu ihrer großen Stupefaction – vor ihren Augen, um bestimmungsgemäß in meinem Bett zu erwachen. Ob die guten Leute wohl jetzt überzeugt sind? Das Fatale ist, dass ich eine Antwort nie erlangen werde. Oder vielleicht im nächsten Traum? Denn es gibt Identitäten, die sich in sukzessiven Träumen konstituieren. Oder ist das auch Pseudo? Und was heißt hier Pseudo? Sie müssten unbedingt, lieber Meister, beim nächsten Male mit dabei sein!159 Auch, wenn die Intersubjektivität in diesem Brief und seinen weiteren Schriften immer ein Thema bleibt, wird dieses Thema nicht weiter in dieser Arbeit berücksichtigt, weil diese Arbeit von einer Wirklichnehmbarkeit als eine notwendige Bedingung für Intersubjektivität ausgeht, welche sich von der Wahrnehmbarkeit unterscheidet. Diese Unterscheidung nehmen bspw. auch Theodor Conrad und Herbert Leyendecker vor.160 In diesem Fall kann im Traum durchaus von Wahrnehmbarkeit gesprochen werden, wenngleich nicht von einer Wirklichnehmbarkeit. Husserl’s Antwort auf Hering’s Brief befindet sich oben im Abschnitt 5.1 und ist nicht für die weiteren Ausführungen von Hering maßgeblich. Denn diese gehen, was die phänomenologische Beschreibung des Traums betrifft, weit über Husserl’s Betrachtungen hinaus.
Bevor nun Herings Überlegungen zur „Luzidität“ behandelt werden, sind grundsätzliche Untersuchungen seinerseits zur Phänomenologie des Traums nützlich. In seiner Schrift La Représentation et le rêve fragt Hering zu Beginn:
Pourquoi en effet nous expliquer gravement que dans la représentation l’objet intentionnel ne se donne pas comme présent lui-même (auto-présent), lorsque chacun sait que l’absence physique de l’objet représenté empêche la naissance de toute image sur la rétine et par conséquent de toute sensation?161
In dieser Frage wird bereits deutlich, dass Hering einen Unterschied zwischen einer Vorstellung und einem „Bildbewusstsein“ ziehen wird. Bei letzterem sind nämlich nach Hering zwei Objekte gegeben: „l’objet présentant (un tableau, un acteur) et l’objet présenté (par exemple un paysage, un personnage de Racine).“162 Bei der Vorstellung ist nach Hering jedoch nur ein einziges Objekt gegeben163: „[C]‘est toujours la cathédrale elle-même que je vois.“164 Dieses liegt „dans le mode de l’absence“165 vor, worin Hering Sartre im Wesentlichen zustimmt. Um auf dem Gebiet der Phänomenologie zu bleiben, formuliert Hering jedoch: „Nous voulons dire qu’il s e donne [Hervorh. im Orig.] comme n’étant pas présent.“166
Da mit der Vorstellung nur ein Objekt gegeben ist, stimmt Hering mit Conrad in der Hinsicht überein, dass die Vorstellung mit der Wahrnehmung verwandt ist.167 „[L]a représentation comme la perception, est consciencede quelque chose [Hervorh. im Orig.] […] qui se donne comme transcendant à la conscience.“168 Dennoch gibt sich dieses Etwas in unterschiedlicher Weise, worin Hering mit Sartre übereinstimmt. Die Vorstellung könne nämlich nichts tatsächlich Unbekanntes entwerfen. „Seule la perception permet des découvertes.“169 Außerdem unterscheidet sich die Wahrnehmung von der Vorstellung in ihrem Bezug zu Raum und Zeit. „Seule la conscience représentante est libre de sauter d’un sujet à l’autre, les obstacles de l’espace et du temps n’existant plus.“170
Nach den ersten Überlegungen zur Phänomenologie der Vorstellung und der Wahrnehmung, werden im Folgenden die Charakteristika des Traums dargelegt, die den Gedanken an einen Traum als eine Wahrnehmung stützen.171 Hering stellt hierbei „le manque de spontanéité du rêve, la possibilité d’observation, le phénomène de la présence corporelle phénoménale vue et ressentie, la prétention des objets d’exister réellement, enfin le caractère d’auto-présence des objets rêvés“172 heraus. Anhand dieser Charakteristika kann dann eine Einordnung des Traums im Hinblick auf die Vorstellung oder Wahrnehmung erfolgen.
Die mangelnde Spontanität im Traum im Vergleich zur Phantasie während des Wachseins, begründet Hering damit, dass der Einfluss auf die Welt des Traums „ involontaire [Hervorh. im Original] “ 173 ist, weil dieser nicht nur aus den „eigenen“ Vorstellungen, sondern auch aus den i d e a e adventiciae hervorgeht.174 Von wem oder was der Einfluss ausgeht, ist jedoch in dem Satz „Il est vrai que nous pouvons les influencer; mais tant que nous vivons dans le monde du rêve sans douter de sa réalité“175 ungenau beschrieben. Höchstwahrscheinlich denkt Hering an ein bloßes Traum-Ich, welches in der Welt des Traums lebt, und in gewisser Weise getrennt vom träumenden Bewusstsein gedacht werden kann. Conrad wird dieses Verhältnis noch konkret untersuchen.176
Die Welt, welche das Traum-Ich umgibt, ist weniger mit Erinnerungen vergleichbar, sondern mit Erlebnissen.177 Der Gedanke, dass der Traum Erlebnissen gleicht oder ein spezifisches Erlebnis ist, ist grundlegend für die Diskussion über den Traum. Wenn der Traum selbst ein Erlebnis ist, dann konstituiert dieser sich nicht erst mit dem Erwachen. Außerdem bietet – ausgehend von der in dieser Arbeit vertretenen These – erst das erleben eines Erlebnisses als ein widersinniges Erlebnis eine hinreichende Bedingung zum Zustandekommen von Luzidität.178
Die Möglichkeit der Beobachtung im Traum oder des Traums ist dadurch gegeben, dass sich im Traum die Vorstellung in „visions“ transformiert. Diese Traumbilder können im Vergleich zur bloßen Vorstellung „gesehen“ oder „wahrgenommen“ werden, weil sie sich in einer Weise aufdrängen, so dass ein Glaube wie an die Realität entsteht. Hering versteht den Traum demnach sowohl als Vorstellung oder als Wahrnehmung. Dass es sich hierbei dann um eine „Quasi-Observation“ nach Sartre handelt, nach der nur bereits Gewusstes entdeckt werden kann, widerspricht Hering.179 Für ihn ist die „true observation […] entirely possible in dreams, and for the dreamer at any rate, aslongashe is dreaming [Hervorh. im Orig.], his object-world is a true source of knowledge“180. Dennoch macht er einen Unterschied zwischen der Traumwahrnehmung und der Realitätswahrnehmung aufgrund der „impossibility of letting ideas or thoughts change into perceptions in the waking world as they do in dreams“181, denn den größten Phantasien bei Tag kann kein Glaube geschenkt werden. Die Vorstellungen werden erst wahrnehmbar, wenn das Realitätsbewusstsein schwindet. Dies geschieht bspw. beim Einschlafen im Bett.182 Hierbei schwindet das Realitätsbewusstsein als das Bewusstsein vom im Bett liegenden eigenen physischen Körper. Das Realitätsbewusstsein ist somit immer auch ein gewisses Körperbewusstsein. Dieses Körperbewusstsein hat eine „Geschichte“, welche jetzt dadurch mit ihm zusammen schwindet, wodurch ihm eine wesentliche Bedeutung in der Konstitution des Traums beigemessen werden muss. Vielleicht führt das Schwinden des Körperbewusstseins zur Modifikation des Wissens, von welcher Sartre bei der Konstitution von Vorstellungen ausgeht. Die „Geschichte“ des Leibs – genauer das Leibgedächtnis oder ein bloßes Leibbewusstsein – bleibt hingegen bestehen.
Die „leibliche“ Verbindung zwischen dem Traum und der Realität wird besonders mit dem folgenden Beispiel deutlich, welches Hering gibt: le rêveur affamé peut manger autant qu’il voudra sans être jamais rassasié; cela tient évidemment au fait que la cause ontologique de la faim du rêveur (non percue par lui) ne se trouve pas dans le corps qui l’accompagne dans ses rêves, mais dans celui qui dort.183 Wenn demnach eine Unterscheidung zwischen dem realen Körper und dem erträumten Körper gemacht werden kann, dann ist es an dieser Stelle sinnvoll – auch, wenn Hering diese Unterscheidung nicht explizit vornimmt-, den „corps“ im Traum als „corps vivant“ zu begreifen - d.h. als Leib.184 Wieder zeigt sich eine Leib-Körper-Differenz als ein möglicher Ankerpunkt zur Klärung des Traums.
Auch das Verhältnis des Erwachens in Bezug auf den Traum hat Hering untersucht: Es ist zweifelsfrei, dass „le réveil produit une curieuse annulation du monde des rêves. Cela veut dire plus qu’une invalidation par un raisonnement intellectuel“185. Die Annullierung ist ungefähr vergleichbar mit der Enttäuschung einer Täuschung.186 Der Unterschied liegt hierbei jedoch darin, dass im letzteren Fall „le belief [Hervorh. im Orig.] à l’existence du monde n’est pas ébranlé. Au réveil au contraire tous les actes doxiques, comme dirait Husserl, concernant le monde du rêve sont annulés“187. D.h., dass die Enttäuschung beim Erwachen die Existenz der Traumwelt selbst betrifft und nicht einen möglichen Erkenntnisgegenstand in dieser, weshalb darüber nachgedacht werden sollte, ob es sinnvoll ist über Traumenttäuschungen zu sprechen, was Leyendecker tut.
Gegen den Traum als Wahrnehmung steht „le caractère itératif du rêve qui se trouve dans la représentation“188, wenn an Träume zweiten Grades gedacht wird – d.h. der Traum im Traum –, denn souvent il nous arrive de nous réveiller en rêve et de raisonner ainsi: ,Auparavant je rêvais, mais à present je me sais bien éveillé‘ – pour nous réveiller ensuite ,pour de bon‘ quelque temps plus tard. Un rêve R2 se trouve donc emboîté dans un rêve R1 (R1 étant celui qui precede immédiatement le réveil définitif).189
Der iterative Charakter, der auf den Traum zutreffen mag, ist im Hinblick auf die Vorstellung klar ersichtlich. Aber ist dies für den Traum wirklich auch so eindeutig? Muss das Aufwachen des Traum-Ich’s aus seinem Bett notwendig für einen Traum in einem Traum stehen? Ist es möglich das Aufwachen selbst zu imaginieren? Dazu müsste wohl zunächst die Frage nach dem Wesen des Aufwachens und damit verbundenen Wachseins geklärt werden. Worin würde sich denn das imaginäre Erwachen vom realen Erwachen unterscheiden? Wohl darin, dass das reale Erwachen mit dem Wissen über seine aktuelle Bewusstseinsweise verbunden ist, und dem imaginären Erwachen eben dieses Wissen fehlt. Wahrscheinlich fehlt dieses Wissen, weil es nie ein imaginäres Erwachen im Traum gegeben hat, sondern dass das Traum-Ich schlicht aus einer analogen Situation zum Aufwachen in der Realität darauf schließt, dass es wüsste, dass es nicht träumt, obwohl es sich stets in ein und demselben Traum befunden hat. Die an dieser Stelle wiederauftauchende Problematik des Erwachens bleibt auf einer rein phänomenologischen Perspektive ungelöst.
Wenn es nun um die Frage nach den Bedingungen des Erwachens im Traum geht, dann wird in dieser Arbeit von einer Traum-„welt“ ausgegangen, die anders „funktioniert“ als die Realität. Hering schreibt auch: „le monde du rêve ignore les lois de notre nature – du moins jusqu’à un certain point“190 und spricht von „la modification des lois de la nature dans le mondes des rêves“191. Mit „la nature“ meint Hering die physische Welt, von der er auch in einer weiteren Schrift schreibt: „[T]he law of nature of the dream- world may be [different, Anm. d. Verf.] from that of the physical world.“192 Es findet folglich eine Modifikation von Naturgesetzen statt. Wie diese Modifikation zu denken ist, führt Hering nicht aus. Sartre hingegen bietet einen Vorschlag, welcher vielversprechend scheint. Danach müsste die Modifikation des Wissens für andere Gesetzmäßigkeiten zugrunde gelegt werden können.193 Die Idee einer Modifikation von etwas bietet überhaupt die Möglichkeit einer gemeinsamen Differenz zwischen der Realität und dem Traum.
5.5. Theodor Conrad: Der Traum als „Versetztseinserlebnis“
Theodor Conrad hat den größten Teil seines Studiums der Philosophie und Psychologie in München bei Theodor Lipps verbracht. Zeitweise besuchte er im Rahmen seines Studiums auch Husserl in Göttingen. 194 Die Logischen Untersuchungen von 1900 und Hier, in Husserls Lehre, war das Rüstzeug geschaffen, gegen die verschiedenen ‚Forderungserlebnisse‘ anzugehen, auf die Lipps das Objektive jeweils zurückzuführen gelehrt hatte und in denen es doch auswegslos dem Subjekt verhaftet geblieben war. Man sah plötzlich, dass objektives Sein eines Gegenstandes etwas anderes und mehr ist als seine sachlich berechtige Forderung, als solcher in seiner Existenz anerkannt zu werden.195
In Göttingen gründete Conrad schließlich den Diskussionskreis der jüngeren Phänomenologen und Husserl-Schüler, welcher später Philosophische Gesellschaft Göttingen heißen sollte. Außerdem assistierte Conrad Husserl temporär.196
In dem Werk Zur Wesenslehre des psychischen Lebens und Erlebens von 1968 widmet Conrad eines von vier Kapiteln der Phänomenologie des Traums, in welchem er originäre Überlegungen niederschreibt.197 Grundlegend für dieses Werk ist seine Abhandlung Über Wahrnehmungund Vorstellung. (Ein Wesensvergleich.) von 1911. In dieser Abhandlung führt Conrad einen Wesensvergleich zwischen der Wahrnehmung und der Vorstellung durch, wobei Conrad hervorhebt, dass er sich hierbei „ auf das nochunzer legteganze Erleben [Hervorh. im Orig.]“198 bezieht. Um das spezifisch Eigene und die Wesensbeziehungen zwischen der Wahrnehmung und der Vorstellung zu finden, dürfe man bspw. eine Wahrnehmung nicht in ihre „Empfindungs-, Vorstellungs- und Denkbestandteile“199 oder in „Akt, Inhalt und Gegenstand“200 zerlegen.
Eine wesentliche Differenz, die Conrad für sich entdeckt, ist, dass „das Wahrgenommene als solches […] den Eindruck unmittelbar selbst [macht, Anm. d. Verf.] da zu sein, so dass man es sozusagen mit Händen greifen kann, das nur Vorgestellte macht diesen Eindruck nicht“201. Dieser Unterschied entsteht durch „zweierlei Weisen des Vorstelligseins“202 und „nicht in dem Betreffenden, was vorstellig ist“203. Zur Verdeutlichung ein Beispiel, welches Conrad macht:
Halten wir uns an zwei derartige Erlebnisse wie die Wahrnehmung des uns gegenüber befindlichen Hauses und die bloße Vorstellung etwa eines bestimmten nicht hier gegenwärtigen Turmes, so lassen sich allerdings b e i d e [Hervorh. im Orig.] Erlebnisse in einer gewissen Hinsicht dadurch charakterisieren, dass man sagt, im einen wie im anderen Falle sei etwas ,vor‘ mir oder ,vorstellig‘, das eine Mal jenes Haus, das andere Mal jener Turm.204
Das Haus jedoch „stehe“ und der Turm „schwebe“ vor seinem Betrachter.205
Der Begriff der bloßen Vorstellung wird verwendet, weil zu jener Zeit der bloße Begriff der Vorstellung in einem „die Sphäre sinnlicher ja sogar die Sphäre ‚sichtbarer‘ Gegebenheiten überschreitenden Sinne“206 von Reinach verwendet wurde. D.h. die Vorstellung im weiteren Sinne hat die Wahrnehmungen und die bloßen Vorstellungen umfasst.207
Was verursacht nun aber den Eindruck, dass das eine „stehe“ und das andere „schwebe“? Diese beiden von Conrad verwendeten Worte lassen bereits einen Unterschied im Gegenwärtigsein des Gegenstandes erahnen. „Für das Wahrgenommene ist charakteristisch, dass das Wahrgenommene sich selbstgegenwärtig gibt.“208 Bei der bloßen Vorstellung scheint diese Eigenpräsenz zu fehlen, obwohl „der Gegenstand der Vorstellung doch selber [Hervorh. im Orig.] beim Vorstellen beteiligt erscheint“209. Conrad merkt, dass er um eine paradoxe Ausdrucksweise nicht vorbeikommt und beschreibt diesen Sachverhalt folgendermaßen: „er selbst [der Gegenstand der Vorstellung, Anm. d. Verf.] kommt in der Vorstellung vor, aber nicht selbst.“ Dies ist ein Argument gegen eine Bildtheorie, die davon ausgeht, dass der Gegenstand nicht selbst vorgestellt wird, sondern ein Bild dessen.
[W]enn ich Gelegenheit habe von der bloßen Vorstellung eines Gegenstandes zur Wahrnehmung desselben überzugehen, so wechselt vor mir nicht ein Bild des Gegenstandes mit dem Gegenstand oder gar ein Bild mit einem anderen Bild (so dass wir aus dem Bilderbesehen nie herauskämen), sondern genau derselbe Gegenstand [Hervorh. im Orig.], der mir eben bloß vorschwebte ohne selbst [Hervorh. im Orig.] da zu sein, nunmehr persönlich erscheint; nicht ein Wechsel des zuerst und alsdann Vorstelligen selbst [Hervorh. im Orig.] hat stattgefunden, sondern der nachher gesehene Gegenstand ist selbst schon vorher – nur eben nicht als persönlich anwesender – in der Vorstellung vorgekommen.210
Die bloße Vorstellung erreicht dennoch nicht den „Status“ einer Eigenpräsenz des Gegenstandes, wie diese bei der Wahrnehmung besteht, wodurch diese „direkt und unmittelbar bis an die Gegenstände heranreiche“211, sondern die vorgestellten Gegenstände bleiben vielmehr „in einer gewissen Distanz und Abwesenheit stehen“212. Diese Unterscheidung ist aber erst durch das Erfülltsein des Kriteriums der „Sichtbarkeit“ durchführbar.213 Die Sichtbarkeit wird noch für das Zustandekommen des luziden Traums von wesentlicher Bedeutung sein, wenn die Frage gestellt wird, ob denn ein blinder Mensch auch luzide träumen könne.
Eine weitere Unterscheidung ist, dass der wahrgenommene Gegenstand einen Realitätseindruck bewirkt, der jedem Ignorieren widersteht.214 Dies ist mit Bezug zum Augenschließen bedenkenswert, weil das Augenschließen im Traum durchaus zu einer Veränderung führt. Das beständige Sichtbarkeitskriterium ermöglicht somit einen Realitäts eindruck. Ist die Beständigkeit denn immer gegeben, wenn der Gegenstand selbstgegenwärtig ist? Oder kann überhaupt nur von Selbstgegenwärtigkeit gesprochen werden, weil die Sichtbarkeit von etwas selbstbeständig sein kann, also unterschiedliche Sichtbarkeitsgegebenheitsweisen gegeben sind?
Der Begriff des Realitätseindrucks soll jedoch nicht mit einem Eindruck von Existenz gleichgesetzt werden. Denn nach Conrad ist die Wahrnehmung kein Existenzialbewusstsein.215
Damit leugnen wir nicht, dass es einen Wirklichkeits -Eindruck [Hervorh. im Orig.] gibt, der von Wahrnehmung vermittelt [Hervorh. im Orig.] sein kann; aber auch von ihm gilt nicht, dass er in der Wahrnehmung selbst enthalten [Hervorh. im Orig.] sei. Die Eigenart dieses Eindruckes und seine wesentliche Bedeutung für die Scheidung von Wachleben und Traumleben wird in einer späteren Arbeit näher zu beleuchten sein.216
Diese spätere Arbeit ist seine bereits erwähnte Schrift Zur Wesenslehre des psychischen Lebens und Erlebens. Die einleitenden Worte Conrad’s zur Phänomenologie des Traums gleichen der Überlegung, die diese Arbeit auch verfolgt: Träume ich oder wache ich, so rufen wir etwa aus, wenn ein Bekannter an den wir gerade denken, und der dabei vor unserem inneren Auge steht, plötzlich zum Zimmer hereintritt. So sagen wir, ungeachtet dessen, dass das Träumen gar nicht der echte Gegensatz zum Wachen ist, sondern das Schlafen. In gleicher Weise pflegt man die Traumwelt der Wachwelt gegenüberzustellen. Ebenfalls eine unkorrekte Entgegenstellung; richtig wäre, der Traumwelt die Wirklichkeitswelt entgegenzustellen.217
Wie ist es dazu gekommen, dass das Träumen oft einem Wachen gegenübergestellt wurde, und nicht dem Schlafen? Im 6. Kapitel dieser Arbeit wird argumentiert, dass das Wachen phänomenologisch betrachtet nicht auf einer Ebene mit dem Träumen stehen kann. Mehr noch: vom Wachen zu sprechen ist Unsinn! Es muss vielmehr gezeigt werden, dass von einem Wach- sein gesprochen werden kann, in welches das Bewusst- sein sich transformiert.
Nach Conrad „erträumt“ der Mensch die Traumwelt, in welcher das Erleben analog zum Erleben in der Wirklichkeit ist. Trotzdem unterscheiden sich die Traumwelt und die Wirklichkeit nicht nur dadurch, dass der Traum eine Scheinwelt darstellt, „die existenzmäßig nichts mit der Wirklichkeit zu tun hat“218, sondern auch in dem „bloße[n] Anschein des Wachseins“219. Wachsein bedeutet für Conrad:
Es ist ein Zustand umfassender Ichoffenheit nicht nur [Hervorh. im Orig.] für jegliches Leben und Erleben, sondern besonders auch ein g eistiges [Hervorh. im Orig.] Offensein im Sinne der Überschau und Kontrolle über die Vorgänge sowohl der Umwelt wie auch des eigenen Ichgeschehens; ebenso Offensein zum eigenen Tun jeglicher Art, zur Bereitschaft und Fähigkeit, einzugreifen ins Ichgeschehen und in die Umwelt.220
Der Schlaf trifft auf nichts von alle dem zu, weil dieser einen Zustand der Bewusstlosigkeit darstelle. Das „Erträumte“ hingegen beinhaltet das Leben und Erleben, welches Conrad problematisch findet, jedoch nicht die wirkliche Kontrolle und die Fähigkeit ins Geschehen einzugreifen, sondern nur eine scheinbare. Somit gelangt Conrad zu zwei unterschiedlichen „Stufen“ des Wachseins.221 Um zunächst zu verstehen, wie es überhaupt zu dem Schein kommt, muss der Blick auf Conrad’s Traumverständnis gerichtet werden.
Nach Conrad ist der Traum als „Erlebnis- Ganzheit “ etwas, das vom träumenden Subjekt selbst präsentiert wird. Dieses träumende Subjekt „erträumt“ und „ bau[t]die Traumwelt auf “222. Eingebaut werden z.B. äußere Reize, welche eine Modifikation erfahren. Weil nun im „ weitesten [Hervorh. im Orig.] Sinn von Vorstellung […], das Wahrnehmen fällt“223, ist der Traum eine Vorstellung mit Wahrnehmungscharakter. Dieses „Erträumen“ sei unbewusst, und Conrad lässt auch die Frage offen, „wieso das Subjekt befähigt sei, diese Traumumgebung ‚hinter dem Rücken‘ des sie beschauenden ‚Träumers‘ aufzubauen, welcher dochmitihmiden tischist [Hervorh. im Orig.]“224. Diese Identität wird jedoch noch von Conrad eingeschränkt, und auch ein weiteres Argument soll die Identität abschwächen können.
Eine Einschränkung wird deutlicher, wenn der Inhalt des Traums untersucht wird. Der Traum als Ganzes besteht nach Conrad aus zwei Traumschichten: dem „Erträumten“ als der Traumwelt und den „Traumerlebnissen“. „Ersteres macht den Sachgehalt des Traumes aus, letzteres könnte man den Erlebens-Inhalt desselben nennen.“225 Dieses Erleben muss wesenhaft von einem „Ich“- Ansatzpunkt ausgehen, wodurch das Erleben echt wird:
Er erregt sich angesichts einer unangenehmen Lage in der ihm vorgegaukelten Traumsituation so sehr, dass er davon aufwachen kann und dass seine Erregung auch im Wachsein noch eine Weile nachzittern mag. Die innere Bindung des Träumenden mit seinem Erleben ist in der für ihn bedrohlichen Situation genau derart, wie sie auch im Wachzustand wäre.226
Folglich ist ein echtes bzw. ernstes Erleben auch ohne eine wirkliche Umwelt möglich. Dies macht den Traum zu einer Art Mischung aus objektivem Schein und subjektiver Wirklichkeit. Wie gelangt jedoch das Traum-Ich in die Traumwelt, wenn es gleichzeitig identisch mit dem träumenden Bewusstsein sein soll? Hierzu entwickelt Conrad ein originäres Erlebnis: das Versetztseinserlebnis.
Das Versetztseinserlebnis ist ein Erlebnis, welches „durchweg [seine] Existenz einer zweiten [Hervorh. im Orig.] Ichsituation – im Gegensatz zum einfachen Erleben ‚von hier aus‘“227, verdankt. Dies trifft neben dem Traum bspw. auch auf die Erinnerung oder die Träumerei zu. Grundsätzlich auf alle möglichen Vorstellungsarten, bei denen sich etwas vor-gestellt wird. Wenn der Mensch nun träumt, dann liegt dieser meist auf einem Bett in seinem Schlafgemach – d.h. der Mensch ist an einem realen „Hier“ situiert. Während des gewöhnlichen Traums glaubt der Mensch jedoch in der Traumwelt zu sein – natürlich ohne zu wissen, dass er träumt. D.h., dass eine Versetzung vom realen Hier zu einem phänomenalen Hier vollzogen wurde. Da die phänomenal-örtliche Fixierung jedoch nur ein Glaube ist, befindet sich das Traum-Ich wirklich woanders. Das phänomenale Hier, an welches das Traum-Ich glaubt, ist eigentlich ein phänomenales Dort, und das eigentliche phänomenale Hier liegt beim träumenden Bewusstsein. Diese „Täuschung“ erklärt folglich, weshalb ein reales Erleben möglich bleibt.
Somit ist der Traum für Conrad: „ein a l s Nichtversetztseinserlebnis getarntes Versetztseins-Erlebnis! [Hervorh. im Orig.]“228 Das Phantasieren im Wachzustand wäre hingegen ein „normales“ Versetztseinserlebnis, weil das reale Hier stets gewusst ist, wodurch ein Glaube an die Phantasie nicht in der Art wie im Traum entstehen kann. Zudem fügt Conrad dem Begriff des Traums noch hinzu, dass dieser „ein vom Ich geschaffenes Ergebnis, von dessen Tätigkeit des , Erträumens [Hervorh. im Orig.]‘, als etwas psychisch Reales [Hervorh. im Orig.]“229, ist. Dies hat zur Folge, dass der Schein psychische Realität gewinnt. Diese psychische Realität soll in dieser Arbeit als eine mögliche „alternative Wirklichkeit“ begriffen werden. Inwiefern die Traumtheorie Conrad’s für die Erklärung von Luzidität geeignet ist, zeigt sich in Kapitel 6. Den Traum als Erlebnis zu betrachten, ist wegweisend.
5.6. Herbert Leyendecker: Der Traum als Täuschung
„Leyendecker ist in der Phänomenologischen Bewegung durch seine Dissertation Zur Phänomenologie der Täuschungen (1913) bekannt.“230 In der Schrift widmet er sich im Wesentlichen den Illusionstäuschungen. Diesem ersten Teil sollten zwei weitere Teile folgen, von denen der zweite Teil sich spezifisch mit den Traumtäuschungen und ein dritter mit den Halluzinationen auseinandersetzen sollte. Zur Anfertigung der beiden letzten Teile ist es leider nicht gekommen.231 Dennoch lassen sich auch im ersten Teil einige Überlegungen zum Traum finden.
Im Anhang des ersten Teils liegt unteranderem ein Ausblickaufdie Wesensanalyse des Traumes vor, woran eigentlich der zweite Teil anschließen sollte. Weil Leyendecker das Phänomen der Täuschung in seiner Schrift behandelt, sind Fragen und Überlegungen zur „Situierung“ der Traum enttäuschung maßgeblich wie z.B.: „Ist die Traumenttäuschung [Hervorh. im Orig.] etwa mit dem Erwachen [Hervorh. im Orig.] gegeben? Oder noch im Schlafe zu Ende des Traumes? Oder gar im Traume selbst? Vielleicht aber auch erst in der Erinnerung nach dem Erwachen [?]“232 Eine Traumenttäuschung mit dem Erwachen „aus“ dem Traum würde seine Ursache in einem Bewusstseinszustandswechsel haben.233 Nach Leyendeckers Untersuchungen ist ein Wesenszug der normalen Enttäuschung jedoch, dass diese „nur“ mit einem Einstellungswechsel einhergeht und die Bewusstseinshaltung damit dieselbe bleibt.234
Die zweite Frage lässt sich wohl nicht sinnvoll erschließen, denn es bleibt unklar, was Leyendecker mit dem Ende des Traumes meint, welches er scheinbar nicht mehr im Traum sieht, worauf die dritte Frage erst abzielt. Und, wenn das Ende außerhalb des Traumes liegt und nicht mit dem Erwachen gleichzusetzen ist, worauf die erste Frage abzielt, dann erscheint eine Einordnung doch schwierig. Vielleicht sieht er das Ende des Traumes wirklich im Schlafe, jedoch ist dann eine Enttäuschung erst recht völlig ausgeschlossen, weil der traumlose Schlaf einen Traum ausschließt und damit auch eine Traumenttäuschung.
Zur dritten Frage ist Leyendeckers „persönliche“ Antwort eindeutig. Er schließt dies aus, wenn er sagt:
Ferner scheint es ausgeschlossen, daß wir durch Enttäuschung oder Überlegung innerhalb des Traumes zur Einsicht kommen können, ,bloß zu träumen‘. Niemals jedenfalls, daß wir uns im Schlafe einmal beim träumen ,ertappt‘ hätten, wie dies beim Wachen vielleicht recht häufig ist.235
Interessanterweise erwähnt er kurzerhand später, „dass man sich [vielleicht, Anm. d. Verf.] dazu erziehen könnte, im Traume […] zu , erkennen [Hervorh. im Orig.]‘, dasswirbloßträumen [Hervorh. im Orig.]“236. Auch, wenn er leider diese Möglichkeit direkt im Anschluss verkennt, ist der Gedanke einer „Erziehung“ maßgeblich. Bspw. ist der „reality-check“ u.a. eine Technik, die zu vermehrter Luzidität führen kann.237
„Welcher Einstellungswechsel wird denn aber wesenhaft die Traumtäuschung enttäuschen [Hervorh. im Orig.] müssen, wenn es das Erwachen selbst nicht schafft, wenn auch ein allseitiges Betrachten nicht zur Enttäuschung führt?“238 Leyendecker wollte diese Frage erst in seinem zweiten Teil beantworten.
5.7. Zu Julia Valentina Iribarne und Hans Rainer Sepp
Abschließend sind Julia Valentina Iribarne und Hans Rainer Sepp zu erwähnen. Beide greifen die unterschiedlichen phänomenologischen Traumtheorien des 20. Jahrhunderts auf und denken diese weiter.
Iribarne leistet Ihren Beitrag in Form eines Essays, indem Sie Kritik an bisherigen Ansichten übt, und eine weitere Bewusstseinsweise aufführt, mit der Sie versucht den Traum zu verstehen. Hierbei nimmt Sie wesentlichen Bezug zu Sartre’s Esquissed’une théorie des émotions, weil die Emotion als emotionales Bewusstsein sich von den bisherigen Überlegungen, den Traum in Verbindung mit der Wahrnehmung und/oder der Vorstellung zu denken, unterscheidet, und fruchtbar für Überlegungen zum Traum sei.239 Hervorzuheben ist hierbei, dass das emotionale Bewusstsein ein zunächst unreflektiertes Bewusstsein ist, welches vom Glauben begleitet wird, der einer Erschütterung des Körpers entspringt.240 Diese Charakteristik ist wesentlich, damit die Emotion und der Traum zusammengedacht werden können.
Eine weitere Gemeinsamkeit sieht Iribarne bzgl. der Emotion und dem Traum in der Unterdrückung der Wahrnehmung: „the same suppression of perceptual consciousness takes place while dreaming“. Mit dem Ausschluss der Wahrnehmung erscheint jedoch die Beschreibung vom luziden Traum unmöglich.241
Im Hinblick auf Sepp soll insbesondere seine Überlegung von einem, im Traum entstehenden, „Realitätseindruck“ dargelegt werden, der als Bedingung für das Wachsein gelten könne, welche er in seiner Schrift Produktionvon Realität. Eine Antwort auf Julia Iribarnes Beitrag zur Phänomenologie des Traums ausführt. 242
Er beginnt mit der These, dass „,[f]rüher‘ als der Aufbau dieses Zusammenhangs [der imaginative Zusammenhang des Wirklichen, Anm. d. Verf.], ,früher‘ als Wahrnehmung und das Geflecht der Emotionen ist die schlichte, vor- und außersinnhafte Erfahrung des Realenals eines Widerständigen [Hervorh. im Orig.]“243. Als Beispiel für Widerständiges erwähnt Sepp, dass „Einwirkungen [im Traum] auf unsere Leiblichkeit höchst schmerzvoll erlebt werden“244 können. Dadurch, dass nun dieses Widerständige im Traum imaginiert werden kann, wirkt der Traum real. Auch hier findet sich der Gedanke eines Leibs als ein verbindendes Element zwischen der Realität und dem Traum wieder.
Ist wirklich klar geworden, was das Widerständige im Vergleich zur Wahrnehmung und Emotion bedeuten soll? Scheinbar geht Sepp vom Erlebnis selbst aus, welches durch die scheinbare Einschränkung unserer Freiheit durch Widerständiges entstehe, wenn hierbei gleichzeitig an Sartre gedacht wird. Nach Sartre würde nämlich das Widerständige uns stets die eigene Freiheit zeigen. Und das würde heißen, dass die Erfahrung des Realen mit der Erkenntnis unserer Freiheit gleichzustellen ist. Ausschließlich ein ungeborener Mensch müsste die bloße „Freiheits-Widerstands- Differenz“ erleben können. Aber kann wirklich bereits dort von Realem gesprochen werden, wo es keine Wirklichnehmung gibt? Reales muss doch stets als Reales erlebt werden, damit es als Reales erlebt werden kann. Muss nicht Sinn überhaupt erstmal „herangezogen“ werden, damit von dem Realen als etwas Widerständigen gesprochen werden kann? Sepp’s Ansatz kann sicherlich aufgenommen und in eine andere Richtung weitergedacht werden.
Der Ansatz eines Realitätseindrucks führt bei Sepp nun dazu, „dass sich im Traum das Bewusstsein selbst dem Realen überstellt, dem es sonst, im Wachzustand des wirklichen Weltbezugs, durch die Installation einer imaginativ ausgestatteten Welt zu entkommen sucht“245. Das Gegenüberstehen zum Realen markiere dann die Bedingung von Wachsein, wobei es gleichzeitig „kein ausreichendes Kriterium dafür liefert, zwischen Traum und Wirklichkeit zu unterscheiden“246.
Das eine Unterscheidung von Traum und Wirklichkeit nicht möglich ist, liegt an der ausgeführten Konstruktion. Wenn die Realität wahrhaftig einen Eindruck im Traum hinterlassen kann, dann wird eine Unterscheidung zunichte gemacht. Sinnvoll ist es hingegen darüber nachzudenken, welche Rolle das Reale im Hinblick auf das Wachsein im Traum übernehmen könne. Denn damit von einem luziden Traum gesprochen werden kann, muss eine Unterscheidung zwischen Traum und Wirklichkeit vorgenommen werden können. Wie im vorherigen Ansatz bereits angeklungen, kann die Rolle des Sinns in Form eines Widersinns zwischen dem Traum und der Wirklichkeit ein nützliches Instrument bieten. Dieser Widersinn muss jedoch zur Kenntnis gelangen. Dies erscheint in einem „widersinnigen Erlebnis“ vollkommen zur Geltung kommen zu können. Der Ausgangspunkt liegt dann in einer bestimmten Art von „Differenzgefühl“ als ein vollkommen „logisches Erlebnis“ zur Grundlegung von Weltauffassungen.
6. Überlegungen zur Grundlegung der Möglichkeit von Luzidität
6.1. Drei notwendige Differenzen für die
Konstruktion von Luzidität Rückblickend haben sich immer wieder die drei folgenden Differenzen, die bisher im Hinblick auf den Traum nicht im Fokus standen, als scheinbar nützliche Differenzen gezeigt. Erstens hat sich, neben den anerkannten Differenzen Träumen/Wachen und Schlafen/Wachen, die Differenz Träumen/Schlafen gezeigt. Zweitens hat sich eine Leib- Körper-Differenz beständig als ein mögliches Erklärungskonzept offenbart. Drittens hat sich die Differenz zwischen dem Bewusstsein und dem Wachsein als sinnvoll herausgestellt.
Die erste Differenz zwischen dem Träumen und Schlafen als potentiell gleichzeitig- seiende und unterschiedliche Bewusstseine kann auf der Basis eines Erlebnisgehalts des Traums vorgenommen werden, welcher im Schlaf nicht vorhanden wäre. Dies hat zur Folge, dass dann aber auch nicht mehr vom Traum im oder als Teil des Schlafes gesprochen werden kann, sondern immer vom Traumbewusstsein und einem von diesem gleichzeitig vorliegendem und differenten Schlafbewusstsein. Wenn der Traum und der Schlaf systematisch getrennt werden, dann besteht jetzt nicht nur eine Möglichkeit von Wachsein, sondern zwei unterschiedliche Möglichkeiten. Zum einen kann aus dem bloßen Bewusstsein des Traums ein Wachsein entspringen und zum anderen kann aus dem bloßen Bewusstsein des Schlafs ein Wachsein entspringen. Dies letztere Wachsein ist das Wachsein in der Realität als die Wirklichkeit. Das andere Wachsein ist das Wachsein im Traum als die psychische oder eine alternative Wirklichkeit.
Durch die Unterscheidung vom Traum und Schlaf darf jedoch nicht ausgegangen werden, dass in dem einen Zeitraum das Bewusstsein schläft und dann genau das gleiche Bewusstsein in einem anderen Zeitraum träumt. Vielmehr sind es unterschiedliche Bewusstseine, von denen eines immer schläft und das andere gleichzeitig zu träumen vermag.
Diese Theorie soll mit dem Ansatz einer Leib-Körper-Differenz durchdacht werden, wobei hier der Leib als „corps vitale“ das Erlebende oder die Erlebnispotentialität und das Körperbewusstsein als „reiner corps“ als das nicht Erlebende zugrundliegen sollen.
Das Körperbewusstsein selbst kann nun schlafen, wenngleich das Leibbewusstsein zu träumen vermag. Das Leibbewusstsein muss jedoch nicht träumen. Diese Differenz zwischen einem Leib- und Körperbewusstsein scheint ausschließlich für diesen Fall geeignet zu sein, weil im Wachsein in Realität diese Differenz eine gewisse Einheit bildet. Erst der luzide Traum lässt eine Anwendung sinnvoll erscheinen, wenn der eigentliche Körper – hier ist es ein transphänomenaler – im Bett liegt und der Leib träumt, und genau diese Differenz in Form von Luzidität erscheint. Die Luzidität ist dann als ein spezifisches „Leib-Körper-Differenzbewusstsein“ zu verstehen. Anhand des spezifisch vorliegenden Leib-Körper-Differenzbewusstseins kann dann die aktuell- virtuelle Wirklichkeit begriffen werden. Dabei sind derzeit die wirkliche Wirklichkeit und die virtuellen Wirklichkeiten, wie z.B. die „ simulierte [Hervorh. im Orig.] Wirklichkeit oder alternative [Hervorh. im Orig.] Wirklichkeit: virtuelle Realität im engeren Sinn [denkbar]. Beide fordern vom Beobachter die Aufmerksamkeit auf den Kontext der jeweils wirklichen Wirklichkeit, die sie in Anspruch nehmen.“247 All diese Wirklichkeiten können sich dann anhand ihres spezifisch- eigenen Leib-Körper- Differenzverhältnisses durch das jeweils spezifische Leib-Körper-Differenzbewusstsein beschreiben lassen, welches dem Wachsein entsprechen soll.
Mit dem entstandenen Leib-Körper-Differenzbewusstsein liegt ein spezifisches Leib- Körper-Differenzbewusstsein vor, welches für den Fall des luziden Traums gilt. Mit dem entstandenen Differenzbewusstsein ist das träumende Wachsein gegeben, welches sich über die Situation sich im Klaren ist: Es gibt einen Körper, der höchstwahrscheinlich schläft, und gleichzeitig mich als Träumenden. Bei einem Schlafwandler dürfte nicht mehr von einem schlafenden Körper gesprochen werden. Es geht hierbei aber auch nur um das Wissen über eine Differenz zwischen dem Leib, der gerade träumt und dem Körper, der im Bett schläft. Wenn der Leib aufhört zu träumen und der Körper aus dem Schlaf erwacht, dann kann von einem wirklichen/realen Wachsein gesprochen werden.
Rudolf Ruzicka vertritt in seinem Werk Wachsein. Ein phänomenologischer Versuch hingegen die These, dass es sich irgendwie anfühlt wach zu sein.248 Auch das Phänomen des Traums untersucht Ruzicka, welches Markus Wild kritisiert. Diese Diskussion soll hier jedoch nicht reproduziert werden, weil sie sich mit einem gänzlich anderen Ansatz des Wachseins auseinandersetzt, welcher zudem nicht fruchtbar erscheint, was sich auch an der grundlegenden Kritik von Wild zeigt.249
Wachsein versteht sich in dieser Arbeit nicht als eine „Eigenschaft“ jedweden Bewusstseins. Die bloßen Bewusstseinszustände 1. Ordnung sind allesamt nicht wach. Sie sind ausschließlich Bewusstsein von etwas und nicht mehr. Bewusstsein von etwas kann ohne wach zu sein gedacht werden, weil Intentionalität nicht durch Wachsein bedingt sein muss. Dies führt zu einem möglichen Begriff von Wachsein, der für die zukünftige Erkenntnistheorie bedeutend sein kann.
Erst durch das Wachsein als ein spezifisches Leib-Körper-Differenzbewusstsein kann zwischen Wirklichkeiten wirklich unterschieden werden. Die Unterscheidung zwischen diesen, ist eine notwendige Bedingung für die Erkenntnis, weil Erkenntnis immer Erkenntnisobjekte benötigt, die wiederum in unterschiedlichen Wirklichkeiten integriert sein können. Daraus können sich wiederum andere Erkenntnismöglichkeiten ergeben.
6.2. Zur Sichtbarkeit
Die Sichtbarkeit des Traums wurde von den bisherigen Philosophen nicht explizit berücksichtigt. Eine sichtbare Traumumwelt wurde stets angenommen. In dieser sichtbaren Traumumwelt konnte eine Art Unbeständigkeit des Traums hervorgehoben werden, weil sich das Sichtbare sichtbar verwandeln kann. Es wäre wohl einer Untersuchung wert, ob sich dieser Verwandlungscharakter auch auf andere Sinne übertragen lässt, wenn gleichzeitig die Sichtbarkeit nicht gegeben ist.
Welchen Rang die Sichtbarkeit für den Traum haben kann, zeigen nach Ernst Pöppel bereits einige Studien, die nachweisen, dass ein Neugeborenes sofort in der Lage ist visuelle Reize zu verarbeiten.250
Diese Möglichkeit ist, das Gehirn in einen Zustand zu bringen, als ob es Informationen verarbeiten würde. Alle Schaltkreise werden ausprobiert, und die Nervenbahnen werden überprüft. Was bei dieser notwendigen Überprüfung fehlt, das sind nur die Sinnesinformationen, insbesondere die von den Augen kommenden. Aus den anderen Sinneskanälen gibt es auch schon im Mutterleib gewisse Informationen. In den REM-Phasen wird das Gehirn des Ungeborenen gleichsam ,eingefahren‘. Gleich nach der Geburt steht dann ein funktionsfähiges Gehirn bereit, das Information, vor allem aus den Augen, aufnehmen und verarbeiten kann.
Das neuronale Einfahren scheint besonders wichtig für das visuelle System, da nur dieses über keine Vor-Information verfügt, gleich nach der Geburt aber funktionieren soll. Deshalb spielt sich vermutlich auch die meiste Aktivität in den Bereichen des Gehirns ab, in denen künftig das Sehen verarbeitet wird, was mit der Tatsache korreliert, dass das Träumen hauptsächlich visuell ist.251
Lars Jacob folgert daraus, dass der Traum somit „die unvordenkliche Motivation des Sehens erbringt“252. Der Traum in diesem Entwicklungsstadium kann folglich als eine absolute Sichtbarkeitspossibilität verstanden werden. Diese absolute Possibilität wird mit der Geburt zum ersten Mal aktualisiert, wodurch die Possibilität ihre Absolutheit verliert. Ab diesem Zeitpunkt entsteht dann mit den zunehmenden Realitätszeiträumen eine relative Sichtbarkeitspossibilität des Traums. Der Traum ist jetzt auch durch die Realität als Possibilität einer Aktualität mit-„motiviert“.
Grundsätzlich führt die unvoreingenommene Annahme von der Sichtbarkeit des Traums nicht in die Irre. Aber die Berücksichtigung ihrer kann zu einer Erweiterung der Erkenntnisse führen. Die Besonderheit der Sichtbarkeit für das Zustandekommen der Luzidität scheint in diesem Zusammenhang von Bedeutung zu sein. Deshalb ist auch die Frage, ob es für einen blinden Menschen etwas gibt, dass er einen luziden Traum nennen würde, für weitere Untersuchungen zu bedenken.
6.3. Zur Konstruktion von Luzidität
Das alleinige Ziel der folgenden Konstruktion besteht darin, das Zustandekommen eines luziden Traums sinnvoll zu ermöglichen. Sie ist eine bloße Konstruktion, die funktionieren soll, und nicht mehr. Dabei können einige Überlegungen der bisherigen Theorien zur Phänomenologie des bloßen Traums in modifizierter und nicht modifizierter Weise integriert werden.
Maßgeblich für das Zustandekommen eines luziden Traums ist die These, dass zumindest zwei bestimmte Erlebnis formen zur Luzidität beitragen. Hierbei ist es von wesentlicher Bedeutung, dass die Herleitung dieser Erlebnisformen sinnvoll ist. Dies stringent durchzuhalten ist womöglich nicht immer gelungen, weshalb an dieser Stelle der Leser explizit aufgefordert ist, mitzudenken.
6.3.1. Die erste Erlebnisform: Das widersinnige Erlebnis
Die erste Erlebnisform soll „widersinniges Erlebnis“ genannt werden. Die Aufgabe ist es nun zu zeigen, wie ein Erlebnis widersinnig sein kann, und wie dies zur Luzidität führt. Dazu muss der Blick zunächst auf eine passende Theorie zur Phänomenologie des Traums gerichtet werden.
Es ist entscheidend für die Theoriebildung, ein widersinniges Erlebnis herbeizuführen. Dazu soll der Erlebnisbegriff von Conrad verwendet werden. Conrad betrachtet den Traum als eine bestimmte Art von Erlebnis. Dieses Erlebnis besteht aus drei wesentlichen Teilen: 1. dem träumenden Bewusstsein, 2. dem Traumwelt-Ich und 3. der Traumumwelt. Für eine sinnvolle Erlebnisganzheit müssen diese drei Teile im Ganzen konsistent sein. In der Realität tun sie das immer. Im Traum muss dies nicht der Fall sein.
Dies kann daran liegen, dass der Traum unteranderem durch eine modifizierte Wissensstruktur fundiert sein kann, was einen Teil von Sartres Überlegungen zur Vorstellung darstellt. Eine Modifikation des Wissens könnte, wenn von einer Leib- Körper-Differenz ausgegangen wird, durch eine sich verändernde Leib-Körper- Differenz entstehen. Es liegt nahe, dass das träumende Bewusstsein ein träumendes Leibbewusstsein ist, welches sein Verhältnis zum Körper und damit auch sein Differenzbewusstsein „verliert“. Dies könnte erklären, dass der Träumende nichts von seiner „richtigen“ Identität weiß, weil mit dem fehlenden Differenzbewusstsein auch ein bestimmter Teil des Gedächtnisses nicht abrufbar ist. In diesem Fall kann das Körpergedächtnis nicht abgerufen werden, sondern nur das Leibgedächtnis. Vielleicht kann man auch sagen, dass das Differenzgedächtnis fehlt, wodurch gleichzeitig das Körpergedächtnis für das Selbstmodell nicht vorhanden ist. Im bloß schlafenden Zustand liegt wiederum der Fall vor, dass ausschließlich das Körperbewusstsein aktiv ist. Das Erlebnisgedächtnis ist nicht zugänglich, wodurch unser Selbst in diesem Zustand auch nur ein Teil von seinem wachen Selbst ist.
Wenn der Leib nun träumt, dann liegt der gegebenen Selbstkonstruktion nur ein Erlebnisgedächtnis vor. Gleichzeitig liegt damit auch ein Mangel an Körperwissen vor. Das entscheidende hierbei ist, dass das Erlebnisgedächtnis auch ein Realitätsgedächtnis in Bezug auf die Erlebnisse hat. D.h., dass das Erlebnis als Erlebnisfluss vereinend auf die Realität und den Traum wirkt, wodurch es dem Traum gelingt, Einfluss auf die Realität zu nehmen, und der Realität Einfluss auf den Traum zu nehmen. Es gilt zu zeigen, wie eine Möglichkeit aussieht, die diese Einflussnahme zu denken vermag.
Es liegen drei notwendige Komponenten vor: 1. eine Traumumwelt, die in ihrer modifizierten Wissensstruktur von der Realität abweicht, 2. ein durchgängiges/unverändertes Erlebnisgedächtnis, welches immer auch eine kohärente Umwelt vom Erlebenden aus miteinschließt, und 3. ein b est i mm t e r Wille. Dieser Wille ist nicht der Wille zum luziden Träumen, sondern der Wille etwas praktisch durchzuführen, was in der Realität durch seine Gesetzmäßigkeiten nicht verwirklicht werden kann. Die These lautet nun, dass es mit diesen drei Komponenten möglich ist, dass eine real - praktische präreflexive Traumumwelt-Traumwelt-Ich Interaktion entsteht, die ein Erlebnis herbeiführt, welches in seiner praktischen Erlebnisganzheit widersinnig sein kann. Und dieser Widersinn kann nur in Form von Luzidität anschlussfähig gemacht werden.
Die Traumumwelt ist eine rein-phänomenale Umwelt, wodurch körperliche oder transphänomenale Gesetzmäßigkeiten nicht ihre „Wirkung“ zeigen müssen, d.h., dass die strenge Kausalität des körperlichen im Traum aufgehoben ist. Da die Kausalität einer bestimmten Ursache eine bestimmte Wirkung zuweist und dieser Zusammenhang als strenger Zusammenhang aufgehoben ist, kann auf eine Handlung das Ergebnis fundamental anders sein, wenn diese Handlung den imaginären „Traumkörper“ betrifft.
Am Fallbeispiel der Atmung kann ein wiedersinniges Erlebnis veranschaulicht werden. Es ist zugleich eine Methode des reality-checks für Menschen, die luzide Träumen möchten. Bei dieser Methode geht es darum, sich tagsüber die Nase immer wieder mal mit der Hand zu zuhalten und dabei gleichzeitig zu versuchen durch die Nase zu atmen. Bei diesem realen „Experiment“ ist das Ergebnis immer das gleiche: Bei zugehaltener Nase kann nicht gleichzeitig durch diese geatmet werden. Dieses Experiment soll mehrmals über mehrere Tage durchgeführt werden, damit es ins Gedächtnis „gelangt“. Wenn nun ein träumender Mensch präreflexiv dieses Experiment im Traum durchführt, dann kommt es dazu, dass trotz zugehaltener Nase, die Atmung möglich ist. Dieses Ergebnis widerspricht dem bisherigen Erlebnisgedächtnis in einer Weise, dass der Träumende sich des Träumens bewusst wird. Das neue Erlebnis kann nur als Widersinn aktualisiert werden, wodurch eine Differenz aufgemacht wird, die das Leib-Körper- Differenzbewusstsein entstehen lässt.
Das Differenzbewusstsein entsteht somit in diesem Fall durch eine Reflexion des Leibbewusstseins. Diese Reflexion ist jedoch keine freie Reflexion, weil das bloße Leibbewusstsein nach vorliegendem Begriffsverständnis hier nicht wach sein kann. Vielmehr ist es eine durch den Widersinn in gewisser Weise „selbsterzwungene“ Reflexion auf die Erlebnisgesamtheit als Traum. Vielleicht ist an dieser Stelle sogar der freie Selbstzwang nach Kant sinnvoll einzubringen, weil der entstandene Selbstzwang nach der hier vorliegenden Theorie auf einem vorherigen Willen beruhen muss, der etwas praktisch umzusetzen möchte.
Die Reflexion ist bloß insofern erzwungen, weil eine freie Reflexion von einem wachen Selbst ausgeht, welches nach dieser Theorie erst mit dem Differenzbewusstsein entsteht. Vielleicht kann begrifflich auch von einer logischen Reflexion des Leibbewusstseins gesprochen werden und nicht von einer erzwungenen. Jede Reflexion, die nicht frei ist, ist dann selbst eine logische. Die Reflexion ist logisch, in der Weise, dass sie durch eine Inkohärenz zweier Erlebnisganzheiten ausgelöst wird.
Ebenso kann sich dies beim Einatmen unter Wasser vorgestellt werden. In der Realität ist nur das Aufnehmen von Wasser ohne Luft möglich. Daraus resultiert, dass ein Ausatmen nicht realistisch ist. Im Traum kann trotz des aufgenommenen „Wassers“ ausgeatmet werden, wobei hierfür bereits das Wissen über Traum eine Bedingung darstellt, weil die „Todesangst“ – wenn sie denn vorhanden sein sollte – vom Ertrinken den Menschen „sofort“ aufwecken würde, wenn Sartre’s Gedanken zur Angst bedacht werden.
Mit der vorliegenden Argumentation können viele Fälle im Traum ausgeschlossen werden, die nicht zur Luzidität führen können. Das populäre Beispiel vom Fliegen im Traum löst somit keinen Widersinn aus, weil es in der Realität nicht praktisch umsetzbar ist, wodurch kein Widerstreit mit dem Fliegen im Traum entstehen kann.
6.3.2. Die zweite Erlebnisform: Die Erinnerung an einen identischen Traum
Der zweiten Erlebnisform liegt die Annahme zugrunde, dass wenn sich ein vergangener Traum identisch wiederholt und als dieser aufgefasst wird, dies dann unweigerlich zum Zustandekommen von Luzidität führt. Ob ein identischer Traum immer auch notwendigerweise als ein solcher aufgefasst werden kann, kann an dieser Stelle nicht geklärt werden. Die Annahme bleibt davon jedoch unberührt.
Es ist wahrscheinlich nicht ohne weiteres vorstellbar, dass ein Traum identisch mit einem vergangenen Traum sein kann, weil Träume aufgrund ihrer „Unbeständigkeit“ und „bunten“ Bizarrheit kaum vollständig zu erfassen sind. Wenn demnach gesagt werden kann, dass die vollständige Beschreibbarkeit eines Traums aufgrund seiner „Komplexität“ nahezu immer ausgeschlossen ist, dann muss für eine vollständige Beschreibung ein Traum vorliegen, der möglichst einfach ist. Ein einfacher Traum ist ein Traum, der aus einer minimalen Anzahl von Qualitäten besteht.
Dabei ist die von Sartre angenommene modifizierte Wissensstruktur zuträglich. Diese geht mit einer Beziehungsarmut einher, welche z.B. in der Perspektivlosigkeit des Traums beim Träumer zum Ausdruck kommt: Es gibt auf die Vorstellung oder den Traum immer nur einen „Blickwinkel“. Dieser eine Blickwinkel ist durchaus anhand dessen zu erklären, dass der Traum nie etwas Neues zeigt, weil er eben auf einer vorhandenen Wissensstruktur basiert. Das Kriterium der Perspektivlosigkeit gilt aber für jeden Traum, weshalb es nicht entscheidend für den einfachen Traumtyp sein kann, der gesucht wird.
Wenn am Kriterium der Sichtbarkeit festgehalten wird, dann bedeutet minimale Sichtbarkeit das Nichtvorhandensein von „Licht“. Ein gänzlich dunkler oder schwarzer Traum würde dementsprechend am naheliegendsten sein. Wenn nicht an Sichtbarkeit gedacht wird, sondern an Formlosigkeit, dann sind alle Farben für sich genommen genauso relevant wie die Farbe schwarz selbst. Ein Traum, der nur aus bspw. der Farbe Grün besteht, ist genauso formlos wie ein schwarzer Traum, wenngleich mit einer Farbe immer auch Licht gedanklich verbunden sein muss. Und durch Licht werden Abstufungen der Farbe im Hinblick auf ihre Helligkeit oder Dunkelheit möglich. Vielleicht ist im Traum aber auch ein gleichstarkes Licht vorstellbar, wodurch eine durchgehende gleiche Farbe zum Vorschein kommt. Diese Fragen müssen jedoch beim Schwarz nicht gestellt werden. Deshalb soll an der Vorstellung von einem „reinen“ Schwarz an dieser Stelle festgehalten werden.
Jetzt liegt eine minimale Traumumwelt vor, die formlos ist und nur einen Inhalt besitzt. Was bedeutet dies für das Traum-Ich bzw. den imaginären Körper im Traum? Im Fall eines Traums maximaler Einfachheit kann der imaginäre Körper als solcher nicht vorhanden bzw. erkennbar sein, gleich wenn ein Traum-Ich besteht. Das sind die Träume, die „bodiless dreams“ genannt werden. Auch Saint-Denys hatte von der Dame berichtet, die sich in einer leeren schwarzen Umgebung wiedergefunden hat. In einer solchen Umgebung ist der eigene Körper nicht sichtbar, wenngleich eine Ich-Präsenz vorhanden ist. Daraus lässt sich ableiten, dass die Ich-Präsenz nicht direkt von der Sichtbarkeit, oder während eines bodiless dreams, von der Wahrnehmbarkeit, des eigenen Körpers bedingt ist.
Die vorherigen Beschreibungen dienten der Feststellung maximaler Einfachheit im Traum, damit Traumidentität möglich und auffassbar ist. Inwieweit von dieser maximalen Einfachheit abgewichen werden kann, ohne dass eine Erfassung von Identität verunmöglicht wird, bleibt offen.
Wenn nun der Gedanke klarer vor Augen liegt, dass die Identität zwischen zwei Träumen durch erhöhte Einfachheit begünstigt wird und durch maximale Einfachheit notwendigerweise als solche auch aufgefasst wird, dann ist der nächste Schritt diese Auffassung durch eine Erinnerung möglich zu machen. D.h., dass ich mir des Träumens bewusstwerde, weil ich diese Erlebnisganzheit als Traum bereits schonmal erlebt habe. Weitere Untersuchungen könnten mit dem Husserlschen Begriffsrepertoire versuchen diesen Weg nachzuvollziehen.
7. Zusammenfassung, Fazit und Ausblick
Das Ziel der Masterarbeit war es, eine philosophische Grundlegung zur Möglichkeit des luziden Traums zu erarbeiten. Das methodische Vorgehen beruht hierbei im Wesentlichen auf einer beständigen Begriffsanalyse in Kombination mit phänomenologischen Untersuchungen, die in einer Konstruktion zusammenfinden. Außerdem ist die Suche nach einer disziplinübergreifenden Kohärenz im Hinblick auf die Überlegungen in der Psychologie, den Neurowissenschaften und der Philosophie bzgl. des luziden Traums von Bedeutung gewesen. Vervollständigend wirkte der Wille zur Umsetzung von nützlichen Differenzen während des sämtlichen Vorgehens.
Die Ergebnisse dieser Arbeit sind stets im Hinblick auf die Erreichung des Ziels dieser Arbeit zu verstehen, wodurch die Ergebnisse im Wesentlichen funktionale Ergebnisse sind. Eine Begriffsanalyse führt dazu, dass eine Differenz zwischen dem Schlafen und dem Träumen notwendig erscheint, wenn der luzide Traum näher bestimmt werden soll. Eine Differenz zwischen dem Schlafen und Wachen, und dem Träumen und Wachen genügt nicht. Durch die „neue“ Differenz ist das Schlafen vom Träumen geschieden, wodurch der Träumer nicht gleichzeitig schläft, weshalb die Möglichkeit zum Wachsein gegeben ist. Mit dieser neuen Differenz ergeben sich jedoch Fragen bzgl. dieser Differenz selbst. Ein weiteres Ergebnis ist der Gedanke einer sich über die gesamte Arbeit hindurchziehenden „Leib-Körper-Differenz“, welche zu erklären vermag, warum der bloße Träumer sich in einer Situation befindet, die einem Glauben an die Realität gleicht. Hierzu muss die Leib-Körper-Differenz jedoch bewusstseinstheoretisch zu einer Bewusstseinsdifferenz als „Leibbewusstsein- Körperbewusstsein-Differenz“ modifiziert werden. Es ergeben sich somit zunächst zwei notwendige, gleichzeitige Bewusstseine. Diese Differenz kann dann die Differenz zwischen dem Träumen und Schlafen stützen, wenn dem Traum das Erlebnis wesentlich ist, und dem Schlaf nicht. Abschließend ermöglicht die Differenz zwischen diesen zwei Bewusstseinen Luzidität als „Leib-Körper-Differenzbewusstsein“. Dies kann jedoch nicht durch eine freie Reflexion entstehen, wenn eine Reflexion der Schlüssel sein soll. Ob die Konsistenz bei der, in dieser Arbeit, vorliegenden Konstruktion beständig eingehalten ist, bleibt fraglich. Zudem bleibt offen, welche anderen Wege für das Zustandekommen von Luzidität möglich sind. Das letzte Ergebnis dieser Arbeit ist eine begriffliche Unterscheidung zwischen dem Bewusstsein und dem Wachsein insofern, dass das Bewusstsein immer nur Bewusstsein von etwas ist, und welches dabei nicht gleichzeitig wach sein muss, und das Wachsein als Differenzbewusstsein von etwas differentem, welches dann wach wäre.
All diese Überlegungen führen notwendigerweise zu einem veränderten Begriffsverständnis von Schlafen, Träumen und Wachen. Vielleicht ist an dieser Stelle für die Philosophie auch ein verstärkter Blick auf andere Wissenschaften sinnvoll, welche bereits von mehreren gleichzeitigen Bewusstseinen ausgehen, was auch die Ergebnisse dieser Arbeit nahelegen. Grundsätzlich kann es jedoch noch andere „Wege“ zur Ermöglichung eines luziden Traums geben. Bspw. wurde die Rolle der Affektivität kaum behandelt. Weitere Untersuchungen des luziden Traums sind zumindest aus erkenntnistheoretischen Gründen unausweichlich. Zuletzt liegt im luziden Traum das Potential einer global psychologischen Kulturtechnik, die gerade ihren Anfang macht.
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[...]
1 Vgl. Hervey de Saint-Denys und Morton Schatzman (Hg.): Dreams and how to guide them. London: Gerald Duckworth 1982, S. 166.
2 Vgl. Hervey de Saint-Denys: Les Rêves et les moyens de les diriger. Observations pratiques. Paris: Amyot 1867, S. 12 f.
3 Hervey de Saint-Denys: Les Rêves et les moyens de les diriger, S. 5.
4 Siehe Abschnitt 4.3.
5 Hervey de Saint-Denys: Les Rêves et les moyens de les diriger, S. 475.
6 Ebd., S. 286.
7 Vgl. Hervey de Saint-Denys und Morton Schatzman (Hg.): Dreams and how to guide them, S. 5.
8 Ebd., S. 5.
9 Vgl. ebd., S. 5.
10 Auf dieses „Bild“ oder Erlebnis, greift das Kapitel 6 im Rahmen der Konstruktion für das Zustandekommen von Luzidität noch zurück.
11 Ein „letterkundige en zenuwarts (Haarlem 3-4-1860 - Bussum 16-6-1932)“ mit „belangstelling en aanleg voor psychische therapie“. Siehe H. W. van Tricht: Eeden, Frederik Willem van. In: Biografisch woordenboek van Nederland. Eerste Deel, hg. v. Charité, Johannes. 's-Gravenhage: Martinus Nijhoff 1979, S. 163.
12 Vgl. Frederik Van Eeden: A Study of Dreams. In: Proceedings of the Society of Psychical Research 26.
13 Ebd., S. 431 f.
14 Ebd., S. 435.
15 Ebd., S. 439 f.
16 Vgl. Maurice Merleau-Ponty: Le visible et l'invisible. Suivi de Notes de travail. Unter Mitarbeit von Claude Lefort. Paris: Gallimard 2016 (Tel, 36), S. 316.
17 Ebd., S. 316.
18 Vgl. Marc Richir: Phénoménologie en esquisses. Nouvelles fondations. Grenoble: Jérôme Millon 2000 (Collection Krisis), S. 291.
19 Marc Richir: Phénoménologie en esquisses, S. 291 f.
20 Frederik van Eeden: A Study of Dreams, S. 446 f.
21 Ebd., S. 440.
22 Ebd., S. 441.
23 Ebd., S. 441.
24 Ebd., S. 446.
25 Ernst Mach und Gereon Wolters: Die Analyse der Empfindungen und das Verhältnis des Physischen zum Psychischen. Nachdr. d. 9. Aufl. 1922. Darmstadt: Wiss. Buchges. 1991 (Bibliothek klassischer Texte), S. 207.
26 Ebd., S. 207.
27 Frederik van Eeden: A Study of Dreams, S. 449.
28 Ebd., S. 448.
29 Ebd., S. 449.
30 Dante Alighieri: The Divine Comedy. Übers. v. Norton, Charles Eliot, vollst. Ausg. Boston/New York/Chicago/Dallas/San Francisco: Houghton Mifflin 1920, https://archive.org/details/divinecomedyctra00dantuoft/page/n337 (Zugriff 11.11.2019), S. 65.
31 Siehe Kapitel 4.3.
32 Der Begriff des luziden Traums ist an dieser Stelle in Anführungszeichen gesetzt, weil es diesen Begriff als solchen noch nicht für alle in diesem Kapitel zu erwähnenden Philosophen gibt.
33 Aristoteles et al.: De insomniis. De divinatione per somnum. Übers. u. erläutert v. van der Eijk/Philip J. Lizenzausg. des Akad.-Verl., Berlin. Darmstadt: Wiss. Buchges. 1994 (Werke in deutscher Übersetzung Parva naturalia, Teil 3 Bd. 14), S. 23, 462a 6-9.
34 Saint Thomas Aquinas: The Summa Theologica. Vol.1. Übers. v. Fathers of the English Dominican Province. Chicago/London/Toronto: William Benton, Encyclopædia Britannica 1923, https://archive.org/details/in.ernet.dli.2015.126741/page/n1 (Zugriff 11.11.2019), S. 451.
35 Diese zeitliche Situierung nimmt auch Van Eeden vor.
36 Dass Besonnenheit oder auch Unerschütterbarkeit wichtige Eigenschaften für das Zustandekommen von stabiler Luzidität für bestimmte Traumsituationen zu sein scheinen, zeigt sich noch im Abschnitt 5.3.
37 René Descartes und Artur Buchenau (Hg.): Meditationen über die Grundlagen der Philosophie. Mit den sämtlichen Einwänden und Erwiderungen. Unveränd. Nachdr. der 1. Aufl. 1915 mit neuer Vorbemerkung. Hamburg: Meiner 1994 (Philosophische Bibliothek Bd. 27), S. 12 f.
38 René Descartes und Artur Buchenau (Hg.): Meditationen über die Grundlagen der Philosophie, S. 77.
39 Peter Bernhard: Luzide Träume und analytische Philosophie. In: Zeitschriftfür Anomalistik 5, 2005, S. 165.
40 René Descartes und Artur Buchenau (Hg.): Meditationen über die Grundlagen der Philosophie, S. 78.
41 Van Eeden: A study of Dreams, S. 459.
42 René Descartes und Artur Buchenau (Hg.): Meditationen über die Grundlagen der Philosophie, S. 176.
43 Owen Flanagan: Hirnforschung und Träume. Geistestätigkeit und Selbstausdruck im Schlaf. In: Bewußtsein. Beiträge aus der Gegenwartsphilosophie, hg. v. Metzinger, Thomas, 5., erw. Aufl., Paderborn: Mentis 2005, S. 498.
44 Peter Bernhard: Luzide Träume und analytische Philosophie, S. 170.
45 Stephen LaBerge: Reply to Foulkes. In: Lucidity Letter 4 (1), 1985, S. 120.
46 Peter Bernhard: Luzide Träume und analytische Philosophie, S. 171. Ein Vorschlag, diese Konsistenz herzustellen, befindet sich im Kapitel 6.
47 Vgl. Norman Malcolm: Dreaming. London: Routledge & Kegan Paul 1959; Peter Bernhard: Luzide Träume und analytische Philosophie, S. 170 und Jennifer M. Windt: Kognitionswissenschaften und Philosophie des Geistes, in: Traum und Schlaf. Ein interdisziplinäres Handbuch, hg. v. Krovoza, Alfred/Walde, Christine. Stuttgart: J. B. Metzler 2018, S. 237.
48 Siehe Kapitel 4.
49 Norman Malcolm: Dreaming, S. 120.
50 Vgl. ebd., S. 115 f.
51 Ebd., S. 120.
52 Hans Berger: Über das Elektroenkephalogramm des Menschen. In: Archiv für Psychiatrie und Nervenkrankheiten, Bd. 94, 1931, S. 16–60.
53 Die Non-REM-Phase besteht aus einer leichten, mitteltiefen und tiefen Schlafphase.
54 Siehe Abb. 19.1 in Michael H. Wiegand: Neurobiologie von Schlaf und Traum, in: Traum und Schlaf. Ein interdisziplinäres Handbuch, hg. v. Krovoza, Alfred/Walde, Christine. Stuttgart: J. B. Metzler 2018, S. 225; und Jennifer M. Windt: Kognitionswissenschaften und Philosophie des Geistes, S. 236.
55 Michael H. Wiegand: Neurobiologie von Schlaf und Traum, S. 226.
56 Jennifer M. Windt: Kognitionswissenschaften und Philosophie des Geistes, S. 237.
57 Michael H. Wiegand: Neurobiologie von Schlaf und Traum, S. 229.
58 In Abschnitt 5.3. zeigt Sartre dies am Beispiel der Angst im Hinblick auf den Traum.
59 Owen Flanagan: Hirnforschung und Träume, S. 492.
60 Vgl. Celia Elizabeth Green: Lucid dreams. Oxford: Institute of Psychophysical Research 1968 (Proceedings of the Institute of Psychophysical Research Bd. 1), S. 128.
61 Vgl. Stephen LaBerge: Lucid dreaming: Psychophysiological studies of consciousness during REM sleep. In: Sleep and Cognition, hg. v. Bootzin, Richard Ronald/Kihlstrom, John F./Schacter, Daniel L. Washington 1990, D.C.: APA Press, S. 110.
62 Daniel Erlacher et al.: Time for Actions in Lucid Dreams: Effects of Task Modality, Length, and Complexity. In: F r o nt i e r s in Psychology 4 (1013), 2014, S. 2.
63 Vgl. ebd., S. 12.
64 Vgl. Tadas Stumbrys et al.: Effectiveness of motor practice in lucid dreams: a comparison with physical and mental practice. In: Journal of Sports Sciences 34 (1), 2015, S. 27-34.
65 Ursula Voss et al.: Lucid dreaming: A State of Consciousness with Features of Both Waking and Non- Lucid Dreaming. In: S L E E P 32 (9), 2009, S. 1191.
66 Ursula Voss et al.: Lucid dreaming: A State of Consciousness with Features of Both Waking and Non- Lucid Dreaming, S. 1197.
67 Ebd., S. 1198.
68 Ursula Voss et al.: Induction of self awareness in dreams through frontal low current stimulation of gamma activity. In: Nature Neuroscience 17 (6), 2014, S. 810-814.
69 Ebd., S. 810.
70 Vgl. Stephen LaBerge: Signal-verfied lucid dreaming proves that REM sleep can support reflective consciousness. Commentary on „The neurobiology of consciousness: Lucid dreaming wakes up“ by J. Allan Hobson. In: International Journal of Dream Research 3 (1), 2010, S. 26.
71 Ebd., S. 26.
72 Spezifisches Bewusstsein, weil es später notwendig erscheint zwischen einem Körper- und Leibbewusstsein zu unterscheiden.
73 Eine Untersuchung dieser Differenz findet im Kapitel 6 statt.
74 Vgl. Sophie Dyck et al.: Lucid dream induction using three different cognitive methods. In: International Journal of Dream Research 10 (2), 2017, S. 151-156.
75 Ebd., S. 151 f.
76 Ebd., S. 151.
77 Ebd., S. 151.
78 Vgl. ebd., S. 151.
79 Vgl. Melanie Schädlich und Daniel Erlacher: Applications of lucid dreams: An online study. In: International Journal of Dream Research, 5 (2), 2012, 134-138.
80 Sophie Dyck et al.: Lucid dream induction using three different cognitive methods, S. 151.
81 Vgl. Garma C. C. Chang: Teachings of Tibetan Yoga. New Hyde Park/NY: University Books 1963, S. 88- 94.
82 Vgl. Kukharenko, Sergei: The difference of modern lucid dreamers. In: International Journal of Dream Research 10 (1), 2017, S. 10-14.
83 Vgl. Thomas Metzinger: Subjekt und Selbstmodell. Die Perspektivität phänomenalen Bewusstseins vor dem Hintergrund einer naturalistischen Theorie mentaler Repräsentation. 2., durchges. Aufl. Paderborn: Mentis 1999., S. 195.
84 Thomas Metzinger: Being No One. The self-model theory of subjectivity. 1. paperback ed. Cambridge, Mass.: MIT Press 2003 (A Bradford book), S. 537.
85 Thomas Metzinger und Jennifer Michelle Windt: The Philosophy of Dreaming and Self-Consciousness: What Happens to the Experiential Subject during the Dream State? In: Cultural and Theoretical Perspectives, hg. v. Barrett, Deirdre/McNamara Patrick. Westport, Connecticut: Praeger 2007 (The New Science of Dreaming Bd. 3), S. 212.
86 Thomas Metzinger: Subjekt und Selbstmodell, S. 200.
87 Ebd., S. 197.
88 Vgl. Thomas Metzinger: Being No One, S. 532.
89 Thomas Metzinger und Jennifer Michelle Windt: The Philosophy of Dreaming and Self-Consciousness, S. 212.
90 Vgl. Thomas Metzinger: Being No One, S. 538.
91 Thomas Metzinger: Why are dreams interesting for philosophers? The example of minimal phenomenal selfhood, plus an agenda for future research. In: Frontiers in Psychology 4 (746), 2013, S. 10.
92 Thomas Metzinger: Subjekt und Selbstmodell, S. 197.
93 Vgl. Thomas Metzinger: Being No One, S. 543.
94 Ebd., S. 543 f.
95 Vgl. teilweise Thomas Metzinger und Jennifer Michelle Windt: The Philosophy of Dreaming and Self- Consciousness, S. 200 f.
96 Alle gennanten Verständnismöglichkeiten werden in dem Kapitel 5 aufgegriffen. 96 Siehe Abschnitt 5.3.
97 Thomas Metzinger: Being No One, S. 534.
98 Thomas Metzinger: Why are dreams interesting for philosophers?, S. 6 f.
99 Ebd., S. 7.
100 Vgl. Edmund Husserl: Briefwechsel III: Die Göttinger Schule. Dordrecht/Boston/London: Kluwer 1993 (Husserliana Dokumente, Bd. 3, hg. v. Schuhmann, Elisabeth u. Karl), S. 117-121.
101 Edmund Husserl: Phantasie, Bildbewusstsein, Erinnerung. Zur Phänomenologie der anschaulichen Vergegenwärtigungen; Texte aus dem Nachlaß (1898 - 1925). hg. von Marbach, Eduard. Dordrecht: Kluwer 1980 (Husserliana Bd. 23), S. 5 f.
102 Vgl. Edmund Husserl: Briefwechsel III, S. 120.
103 Vgl. Edmund Husserl: Leben in der „Existenz“. (Ungedrucktes Manuskript im Nachlass Husserls. Husserl-Archiv Leuven, Sign.: Ms. E III 6, Bl. 5a-8b; Juni 1933). In der zur Verfügung stehenden Fassung mit drei Seiten, S. 1.
104 Ebd., S. 2 f.
105 Conrad wird diese Unterscheidung aufheben.
106 Edmund Husserl: Briefwechsel III, S. 119 f.
107 Vgl. ebd., S. 120.
108 Edmund Husserl: Zur Phänomenologie der Intersubjektivität. Texte aus dem Nachlaß; erster Teil: 1905 - 1920. hg. von Kern, Iso. Dordrecht: Kluwer 1973 (Husserliana Bd. 13), S. 314.
109 Siehe Abschnitt 5.5.
110 Edmund Husserl: Briefwechsel III, S. 119.
111 Siehe Abschnitt 5.3 und 5.5.
112 Edmund Husserl: Briefwechsel III, S. 120.
113 Dazu findet sich ein Vorschlag im Kapitel 6.
114 Vgl. Eugen Fink: Vergegenwärtigung und Bild. Beiträge zur Phänomenologie der Unwirklichkeit. In: Jahrbuch für Philosophie und phänomenologische Forschung 11, hg. v. Edmund Husserl. Halle (Saale): Max Niemeyer 1930, S. 239-309.
115 Ebd., S. 239.
116 Ebd., S. 240.
117 Ebd., S. 240.
118 Ebd., S. 240.
119 Dazu jedoch in Kapitel 6 ausführlicheres.
120 Edmund Husserl: Leben in der „Existenz“, S. 1.
121 Eugen Fink: Vergegenwärtigung und Bild, S. 240.
122 Psychologie phénoménologique de l’imagination. Paris: Gallimard 1940.
123 Eugen Fink: Vergegenwärtigung und Bild, S. 240.
124 Psychologie phénoménologique de l’imagination. Paris: Gallimard 1940.
125 Vgl. Jean-Paul Sartre: L’imaginaire. Psychologie phénoménologique de l’imagination. Paris: Gallimard 1940.
126 Vgl. ebd., S. 225.
127 Wir werden den Begriff des modifizierten Wissens anstelle des Begriffs des degradierten Wissens verwenden, damit ein wertneutraler Begriff entsteht, weil das degradierte Wissen dem nicht degradierten Wissen in nichts nachsteht, wenn es um das Zustandekommen eines reflexiven Bewusstseins „im“ Traum geht.
128 Jean-Paul Sartre: L’imaginaire, S. 232.
129 Vgl. ebd., S. 233-236.
130 Ebd., S. 237.
131 Ebd., S. 245.
132 Jean-Paul Sartre et al.: Jean-Paul Sartre: Gesammelte Werke. Autobiographische Schriften. Briefe, Tagebücher. Tagebücher: November 1939 - März 1940. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 1988, S. 57.
133 Was dies bedeutet, wird hoffentlich im Kapitel 6 klar.
134 Jean-Paul Sartre: L’imaginaire, S. 218.
135 Ebd., S. 224.
136 Ebd., S. 225.
137 Ebd., S. 225.
138 Wie dieser Unterschied konkret zu denken ist, wird in dem Kapitel 6 versucht aufzuzeigen.
139 Jean-Paul Sartre: L’imaginaire, S. 79.
140 Ebd., S. 79.
141 Ebd., S. 80.
142 Ebd., S. 81.
143 Ebd., S. 82.
144 Ebd., S. 91.
145 Ebd., S. 91.
146 Ebd., S. 90.
147 Ebd., S. 91.
148 Ebd., S. 92.
149 Ebd., S. 93.
150 Ebd., S. 94.
151 Ebd., S. 95.
152 Ebd., S. 96.
153 Ebd., S. 97.
154 Ebd., S. 98.
155 Vgl. Christian Y. Dupont: Jean Héring and the Introduction of Husserl’s Phenomenology to France, in: Studia Phænomenologica 15, 2015, S. 129.
156 Vgl. Jean Hering: La Représentation et le Rêve. In: Revued' histoireet de philosophie religieuses, 1946, S. 193-206; Jean Hering: Concerning Image, Idea, and Dream, in: Philosophy and Phenomenological Research, 8 (2), 1947, S. 188–205; Jean Hering: Quelques Thèmes d’une Phénoménologie du Rêve, in: Tymieniecka, Anna-Teresa (Hg.): For Roman Ingarden . Nine Essays in Phenomenology, ’s-Gravenhage: Martinus Nijhoff 1959, S. 75-89.
157 Vgl. Hans Rainer Sepp: Phänomen Traum, S. 110.
158 Vgl. Hans Rainer Sepp: Phänomen Traum, S. 110.
159 Edmund Husserl: Briefwechsel III, S. 118.
160 Edmund Husserl: Briefwechsel III, S. 118.
161 Jean Hering: La Représentation et le Rêve, S. 193.
162 Ebd., S. 195.
163 Vgl. ebd., S. 195 u. S. 205 f.
164 Ebd., S. 195.
165 Ebd., S. 195.
166 Ebd., S. 195.
167 Vgl. ebd., S. 195.
168 Ebd., S. 195.
169 Ebd., S. 195.
170 Ebd., S. 196.
171 Vgl. Hans Rainer Sepp: Phänomen Traum, S. 117 f.
172 Jean Hering: La Représentation et le Rêve, S. 203.
173 Ebd., S. 199.
174 Vgl. Jean Hering: La Représentation et le Rêve, S. 199 f. und Jean Hering: Quelques Thèmes d’une Phénoménologie du Rêve, S. 80.
175 Jean Hering: La Représentation et le Rêve, S. 199.
176 Vgl. Abschnitt 5.5.
177 Vgl. Abschnitt 5.5.
178 Vgl. Kapitel 6.
179 Vgl. Jean Hering: La Représentation et le Rêve, S. 200.
180 Jean Hering: Concerning Image, Idea, and Dream, S. 200.
181 Ebd., S. 201.
182 Ebd., S. 203.
183 Jean Hering: La Représentation et le Rêve, S. 202.
184 Siehe Abschnitt 2.
185 Jean Hering: Quelques Thèmes d’une Phénoménologie du Rêve, S. 78.
186 Siehe Abschnitt 5.5.
187 Jean Hering: Quelques Thèmes d’une Phénoménologie du Rêve, S. 78.
188 Jean Hering: La Représentation et le Rêve, S. 202.
189 Ebd., S. 202.
190 Jean Hering: Quelques Thèmes d’une Phénoménologie du Rêve, S. 82.
191 Ebd., S. 87.
192 Jean Hering: Concerning Image, Idea, and Dream, S. 197.
193 Dies wird im Kapitel 6 erläutert.
194 Vgl. Eberhard Avé-Lallemant: Die Nachlässe der Münchener Phänomenologen in der Bayerischen Staatsbibliothek. Wiesbaden: Harrassowitz 1975 (Catalogus codicum manu scriptorum Bibliothecae Monacensis T. 10, Ps. 1), S. 160.
195 Eberhard Avé-Lallemant und Karl Schuhmann: Ein Zeitzeuge über die Anfänge der phänomenologischen Bewegung: Theodor Conrads Bericht aus dem Jahre 1954. In: Husserl Studies 9, Kluwer Academic 1992, S. 81.
196 Vgl. Eberhard Avé-Lallemant: Die Nachlässe der Münchener Phänomenologen in der Bayerischen Staatsbibliothek, S. 160.
197 Vgl. Theodor Conrad: Zur Wesenslehre des psychischen Lebens und Erlebens. Den Haag: Martinus Nijhoff 1968 (Phaenomenologica, Collection Publiée Sous Le Patronage Des Centres D’Archives- Husserl Bd. 27), http://dx.doi.org/10.1007/978-94-010-3440-1 (Zugriff 11.11.2019), S. 56-72.
198 Theodor Conrad: Über Wahrnehmung und Vorstellung. (Ein Wesensvergleich.). In: Münchener philosophische Abhandlungen. Theodor Lipps zu seinem sechzigsten Geburtstag gewidmet von früheren Schülern, hg. v. Pfänder, Alexander. Leipzig: Johann Ambrosius Barth 1911, S. 51.
199 Ebd., S. 52.
200 Ebd., S. 52.
201 Ebd., S. 53.
202 Ebd., S. 57.
203 Ebd., S. 57.
204 Ebd., S. 56.
205 Vgl., ebd., S. 57.
206 Ebd., S. 56.
207 Vgl. Adolf Reinach: Zur Theorie des negativen Urteils. In: Münchener philosophische Abhandlungen. Theodor Lipps zu seinem sechzigsten Geburtstag gewidmet von früheren Schülern, hg. v. Pfänder, Alexander. Leipzig: Johann Ambrosius Barth 1911, S. 204 f.
208 Theodor Conrad: Über Wahrnehmung und Vorstellung, S. 60.
209 Ebd., S. 60.
210 Ebd., S. 60 f.
211 Ebd., S. 63.
212 Ebd., S. 63.
213 Vgl. ebd., S. 64 f.
214 Ebd., S. 65.
215 Vgl. ebd., S. 66 f.
216 Ebd., S. 67.
217 Theodor Conrad: Zur Wesenslehre des psychischen Lebens und Erlebens, S. 56.
218 Ebd., S. 56.
219 Ebd., S. 57.
220 Ebd., S. 57.
221 Ebd., S. 57 f.
222 Ebd., S. 63.
223 Ebd., S. 62 f.
224 Ebd., S. 64.
225 Ebd., S. 65.
226 Ebd., S. 65.
227 Ebd., S. XIV.
228 Ebd., S. 71.
229 Ebd., S. 71.
230 Herbert Leyendecker (1885-1958): Nachlass von Herbert Leyendecker (1885-1958) - BSB Ana 375, Köln: Köln. Online verfügbar unter https://zeptools.bsb- muenchen.de/bereitstellung/pdf/web/viewer.html?file=..%2F..%2F206_Nachlassverzeichnis_Leyendec ker,%20Herbert_Ana%20375.pdf, zuletzt geprüft am 05.11.2019, siehe Seite mit dem Titel „Zum Nachlass Herbert Leyendecker ANA 375)“.
231 Ebd., S. 225.
232 Herbert Leyendecker: Zur Phänomenologie der Täuschungen. Teil 1. Halle: Max Niemeyer 1913, S. 180.
233 Vgl. ebd., S. 180.
234 Vgl., ebd., S. 141 f.
235 Ebd., S. 182.
236 Ebd., S. 183.
237 Siehe Abschnitt 4.3.
238 Herbert Leyendecker: Zur Phänomenologie der Täuschungen, S. 183.
239 Vgl. Julia Valentina Iribarne: Contributions to the Phenomenology of Dreams. Essay 28. In: Essays in Celebration of the Founding of the Organization of Phenomenological Organizations, hg. v. Chan- Fai, CHEUNG/Chvatik, Ivan/Copoeru, Ion/Embree, Lester/Iribarne, Julia/Sepp, Hans Rainer. Web- Published at www.o-p-o.net, 2003, S. 1-8.
240 Vgl. ebd, S. 2.
241 Der Essay von Iribarne blieb nicht an dieser Stelle stehen. Sie hat auch weitere Aspekte der Traumtheorien aufgegriffen, die an dieser Stelle nicht weiter behandelt werden, weil ihre Grundüberlegung für eine Konstruktion des luziden Traums nicht zuträglich erscheint.
242 Vgl. Hans Rainer Sepp: Produktion von Realität. Eine Antwort auf Julia Iribarnes Beitrag zur Phänomenologie des Traums. (Bisher unveröffentlichte Schrift). Diese mir vorliegende fünfzehnseitige deutsche Fassung wird im Folgenden zitiert. Außerdem wird die Zitation der bereits veröffentlichten spanischen Fassung „Hans Rainer Sepp: La producción de realidad. Una respuesta al artículo de Julia Iribarne sobre la fenomenología del sueño. In: Investigaciones Fenomenológicas, Madrid 2015 (Escritos de Filosofía-Segunda Serie 3, Bd. Monográfico 6), S. 313-328“ mit angegeben.
243 Ebd., S. 12 der deutschen Fassung und S. 325 der spanischen Fassung.
244 Ebd., S. 12 der deutschen Fassung und S. 325 der spanischen Fassung.
245 Ebd., S. 12 der deutschen Fassung und S. 325 der spanischen Fassung.
246 Ebd., S. 12 der deutschen Fassung und S. 325 der spanischen Fassung.
247 Claus-Artur Scheier: „Wunder von Ferne oder Traum“ - Überlegungen zur virtuellen Realität. (Bisher unveröffentlichte Schrift mit 11 Seiten; Vortrag im Graduiertenkolleg„ Europäische Traumkulturen“ der Universität des Saarlandes am 08.01.2019), S. 11.
248 Vgl. Rudolf Ruzicka: Wachsein. Ein phänomenologischer Versuch. Freiburg/München: Karl Alber 2015.
249 Vgl. die Buchbesprechung von Markus Wild: Rudolf Ruzicka: Wachsein. Ein phänomenologischer Versuch, Freiburg, München, Karl Alber, 2015 (Markus Wild). In: StudiaPhilosophica 75, 2016, S. 254- 258; und die Antwort von Ruzicka Rudolf: Wachsein. Eine Entgegnung auf Markus Wilds Rezension von „Wachsein. Ein phänomenologischer Versuch“ (2015). In: Studiaphilosophica 76, 2017, S. 273-279.
250 Vgl. Ernst Pöppel: Grenzen des Bewußtseins. Über Wirklichkeit und Welterfahrung. Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt 1985, S. 113.
251 Ebd., S. 113 f.
252 Lars Jacob: Bildschrift – Schriftbild. Zu einer eidetischen Fundierung von Erkenntnistheorie im modernen Roman. Würzburg: Königshausen & Neumann 2000 (Epistemata Reihe Literaturwissenschaft Bd. 266) [Zugl.: Köln, Univ., Diss., 1997], S. 42.
- Quote paper
- Johan Maximilian Dietz (Author), 2020, Zum luziden Traum. Mit Überlegungen zur Grundlegung seiner Möglichkeit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/935272
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