Coppola setzt in seinem Film über den Vietnamkrieg den Sound als eigenes, erweitertes stilistisches Mittel ein, der den Inhalt nicht nur unterstützt, sondern autonom als Inhaltsträger agiert. Aufwendige Kompositionen und eine an Intensität kaum zu übertreffende Sounddichte, setzen in dem 1979 erschienen Film neue Maßstäbe.
Der erste Teil der Arbeit enthält eine kurze Zusammenfassung des Films. Für eine Analyse der auditiven Ebene ist der Inhalt von immenser Bedeutung, da sie sich Gegenseitig bedingen. „Grundsätzlich kann Filmmusik zumeist als funktionale Musik klassifiziert werden, d.h., sie bezieht ihren Sinn nicht nur auf musikimmanenten Beziehungen, sondern hauptsächlich aus ihrer Funktion als einer der Gestaltungsfaktoren des Films.“ (Bullerjahn, Claudia 2001, S.59).
Damit dient sie sowohl dem Inhalt und der Repräsentation, der Narration und der Dramaturgie sowie der Darstellung von Figuren und Akteuren (Phillips, William H. 1999. S. 177 ff.)
Im zweiten Teil der Arbeit folgt eine Soundanalyse zweier ausgewählter Szenen des Films Apocalypse Now. Hier soll zum einen konkret die Wirkung des Sounds auf den Rezipienten gezeigt werden, zum anderen die Rolle des Tons als Inhaltsträger. Im nun Folgenden eine Zusammenfassung des Vietnamfilms von Francis Ford Coppola.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
Ton und Sound
2 Inhaltsangabe zu Apocalypse Now
3 Soundanalyse der Anfangszene von Apocalypse Now
3.1 Dramaturgische Funktion von The End
3.2 Narrative Funktion von The End
3.2.1 Narrative Funktion des Rotorengeräusches
3.3 Strukturelle Funktion von The End
3.4 Persuasive Funktion von The End
3.5 Metafunktion von The End
3.6 Fazit zur Anfangsszene von Apocalypse Now
4 Soundanalyse von Wagners Walkürenritt
4.1 Dramaturgische Funktion des Walkürenritts
4.2 Narrative Funktion des Walkürenritts
4.3 Strukturelle Funktion des Walkürenritts
4.4 Persuasive Funktion des Walkürenritts
5 Fazit
6 Literaturverzeichnis
Onlineliteratur:
7 Medienverzeichnis
1 Einleitung
Ton und Sound
„We begin to hear before we are born, four and a half months after conception. From then on, we develop in a continuous and luxurious bath of sounds: the song of our mother’s voice, the swash of her breathing, the trumpeting of her intestines, the timpani of her heart. Throughout the second four-and-a-half months, Sound rules as solitary Queen of our senses: the close and liquid world of uterine darkness makes Sight and Smell impossible, Taste monochromatic, and Touch a dim and generalized hint of what is to come. Birth brings with it the sudden and simultaneous ignition of the other four senses, and an intense competition for the throne that Sound had claimed as hers.“ (Chion, Michel 1994 S. 7, Foreword by Walter Murch)
Das Zitat des berühmten Cutters Walter Murch macht deutlich, welche Rolle unser auditiver Sinn in der Alltagswelt spielt. Schon in der pränatalen Phase ist unser Gehör sehr sensibel ausgebildet und lässt eine intensive Wahrnehmung der Umwelt zu. Folglich ist in dieser Phase, unser Gehör der einzige Zugang zur Außenwelt. Erst nach der Geburt kommen alle weiteren Sinne zum tragen. Wir nehmen unsere Umgebung visuell, olfaktorisch, auditiv, gustatorisch und haptisch wahr. (Psychrembel. S.694/1932). Die Summe unserer fünf Sinne bestimmt die Wahrnehmung und gleichzeitig die Grenzen unserer Welt. Dabei haben die Sinne keinesfalls gleichrangige Bedeutung. In einer sich ständig ändernden Umwelt, mit kontinuierlich wechselnden Einflüssen werden die einzelnen Elemente unsere Wahrnehmung unterschiedlich stark angesprochen. Es versteht sich von selbst, dass für ein Musikkonzert der auditive Sinn die entscheidende Rolle spielt, alle anderen Sinne werden in diesem Fall untergeordnet. Ähnlich ist es in der filmischen Darstellung, trotz unterschiedlicher Ansätze in der Wissenschaft, ist es offensichtlich, dass visuelle und auditive Wahrnehmung die entscheidenden Sinne zur Rezeption eines Filmes sind. Man stelle sich vor, man säße im Kino und könnte weder hören noch sehen. Es wäre unmöglich auch nur einen Bruchteil des Inhaltes aufzunehmen, da diese Form der „Kommunikation“ nur zwei unserer fünf Sinne anspricht. In der cineastischen Darstellung stehen Ton und Bild nebeneinander und ergeben einen komplexen Inhalt, eine Form der Kommunikation. Folgt man Walter Murch, so stehen die auditiven und visuellen Elemente sogar in direkter Konkurrenz zu einander: „Ever discreet, Sound pulls a veil of oblivion across her reign and withdraws into the shadows, keeping a watchful eye on the braggart Sight. If she gives up her throne, it is doubtful that she gives up her crown.” (Chion, Michel 1994 S. 8, Foreword by Walter Murch). Diese Konkurrenz zwischen beiden Ebenen der Kommunikation ist sogar in der Alltagswelt fest verankert, ein Großteil der Rezipienten hält das Bild für das wichtigste und entscheidenste Element der cineastischen Darstellung.
Eine ähnliche Sichtweise wird auch in der wissenschaftlichen Literatur deutlich, da sich ein Großteil der Publikationen ausschließlich auf die Visualität im Film bezieht.
Themen wie Bild, Mise-en-scéne, Cutting und Bilddramaturgie überschatten die kleine Ansammlung wissenschaftlicher Literatur zum Filmsound:
„It is symptomatic of the elusive and shadowy nature of film sound that Chion´s four books stand relatively alone in the landscape of film criticism, representing as they do a significant portion of everything that has ever been published about film sound from a theoretical point of view. “ (Chion, Michel 1994 S. 8, Foreword by Walter Murch)
In seinem berühmten Buch Film- und Fernsehanalyse widmet Lothar Mikos der Rubrik Ton und Sound ganze vier Seiten, schon hier wird die Unterrepräsentation der auditiven Ebene mehr als deutlich. Walter Murch kommt zu einer gänzlich gegenteiligen Erkenntnis, seiner Ansicht nach, brauch sich der Ton keinesfalls „verstecken“. „Such self-effacement seems at first paradoxical, given the power of sound and the undeniable technical progress it has made in the last sixty-five years.” (Chion, Michel 1994 S. 8, Foreword by Walter Murch)
Versucht man eine objektive Wichtung von Ton und Bild im Film vorzunehmen, erscheint die starke Bevorzugung der visuellen Ebene auch gänzlich unlogisch. Man stelle sich vor, ein aktueller Kinofilm, würde vollkommen stumm aufgeführt werden, der Inhalt ließe sich an vielen Stellen nur schwer erschließen. Daneben ist der Sound hochgradig Komplex, im Gegensatz zu den einzeln hintereinander ablaufenden Bildern, besteht die auditive Ebene oftmals aus einer ganzen Reihe von verschiedenen Tonspuren, die parallel ablaufen:
„Die auditive Ebene kann als Figur im Vordergrund stehen. Das ist immer der Fall, wenn sie eine eigenständige Funktion in der diegetischen Welt des Film – oder Fernsehtextes einnimmt. Sie kann in den Hintergrund treten, indem sie z.B. über Geräusche und Musik die Handlung unterstützt und eine Stimmung schafft, ohne das dies immer bewusst wahrgenommen wird. Dann leitet die auditive Ebene die Zuschauer emotional durch den Film oder die Fernsehsendung.“ (Mikos Lothar, 2003. S. 228-229)
Wie Mikos im vorangegangenen Zitat zeigt, kann vor allem die Filmmusik starke Emotionen beim Rezipienten wecken. Was wäre der Klassiker Dirty Dancing ohne die legendäre Musik von Patrick Swayze oder Jennifer Warnes. Die entscheidenden und mitreißenden Szenen des Filmes werden hauptsächlich von der Musik getragen.
Dabei kann besonders das Zusammenspiel von Inhalt und Ton intensiv genutzt werden, so wie in Francis Ford Coppolas: Apocalypse Now.
Selten hat ein Film die Möglichkeiten der auditiven Vielfalt und Tiefe so genutzt, wie diese Produktion. Es wäre im obigen Teil sicher nicht so intensiv angeklungen, wenn nicht Walter Murch für Soundmontage und Sounddesign von Apocalypse Now zuständig gewesen wäre. Gerade hier bietet es sich an, dass Zusammenspiel von Ton und Filmmusik genauer zu untersuchen.
Coppola setzt in seinem Film über den Vietnamkrieg den Sound als eigenes, erweitertes stilistisches Mittel ein, der den Inhalt nicht nur unterstützt, sondern autonom als Inhaltsträger agiert. Aufwendige Kompositionen und eine an Intensität kaum zu übertreffende Sounddichte, setzen in dem 1979 erschienen Film neue Maßstäbe.
Der erste Teil der Arbeit enthält eine kurze Zusammenfassung des Films. Für eine Analyse der auditiven Ebene ist der Inhalt von immenser Bedeutung, da sie sich Gegenseitig bedingen. „Grundsätzlich kann Filmmusik zumeist als funktionale Musik klassifiziert werden, d.h., sie bezieht ihren Sinn nicht nur auf musikimmanenten Beziehungen, sondern hauptsächlich aus ihrer Funktion als einer der Gestaltungsfaktoren des Films.“ (Bullerjahn, Claudia 2001, S.59).
Damit dient sie sowohl dem Inhalt und der Repräsentation, der Narration und der Dramaturgie sowie der Darstellung von Figuren und Akteuren (Phillips, William H. 1999. S. 177 ff.)
Im zweiten Teil der Arbeit folgt eine Soundanalyse zweier ausgewählter Szenen des Films Apocalypse Now. Hier soll zum einen konkret die Wirkung des Sounds auf den Rezipienten gezeigt werden, zum anderen die Rolle des Tons als Inhaltsträger. Im nun Folgenden eine Zusammenfassung des Vietnamfilms von Francis Ford Coppola.
2 Inhaltsangabe zu Apocalypse Now
Francis Ford Coppolas Apocalypse Now zählt zu den absoluten Klassikern der Filmgeschichte. Das Werk, welches den Vietnamkrieg thematisiert und erstmals im Oktober 1979 Premiere (http://www.schnittberichte.com) feierte, gilt als eines der größten und aufwendigsten Filmprojekte aller Zeiten.
Inhaltlich orientiert sich Apocalypse Now stark an der Geschichte Heart of Darkness von Joseph Conrads aus dem Jahre 1899: (Merten, Jessica 2001. S. 435)
Der im Auftrag der belgischen Handelsgesellschaft stehende Flussdampferkapitän Marlow, reist mit seiner Crew tief in den Kongo. Vom schrecken der Kolonialzeit geprägt, erlebt er Horrorszenarien, Morde und die unglaubliche Repression der schwarzen Ureinwohner.
Die Grundzüge der Geschichte projiziert Coppola auf sein Vietnamkriegsszenario.
Ende der sechziger Jahre befindet sich der Vietnamkrieg auf seinem Höhepunkt. Der amerikanische Offizier Captain Willard (Martin Sheen) vegetiert desillusioniert und betrunken in einem dunklen Saigoner Hotelzimmer vor sich hin. Von den Wirrungen und Erfahrungen des Krieges gezeichnet, brachte seine letzte Rückkehr in die amerikanische Zivilisation das Ende seiner Ehe. Perspektivlos und ohne Ausweg, warte er auf einen Geheimauftrag vom Militär, der ihn zurück in den Dschungel führen wird.
Willard soll den „durchgedrehten“ Colonel Walther E. Kurtz (Marlon Brando) aufspüren und liquidieren. Kurtz, ein ehemaliger Elitesoldat des amerikanischen Militärs, ist durch einen dubiosen und verwirrenden Funkspruch in Erscheinung getreten. Er hat sich von der Befehlsgewalt der Amerikaner losgesagt und führt nun ein autonomes Schreckenregime im kambodschanischen Dschungel. Als eine Art Protest gegen amerikanische Kriegsführung, aber ohne konkret erkennbares Ziel, tötet Kurtz zahlreiche Menschen.
Daraufhin begibt sich Willard auf einem kleinen Patrouillenboot, den Nam-Fluß hinauf zur kambodschanischen Grenze. Begleitet wird er von einer eigenwilligen Crew: Chief Phillips, ein erfahrener Kapitän und Befehlshaber des Bootes, daneben Chef, ein Koch aus New Orleans, mit wenig Begeisterung für den Krieg. Lance Johnson, ein Surfprofi aus Kalifornien, sowie Clean, ein 17 jähriger Schwarzer aus der New Yorker Bronx.
Die Flussfahrt entwickelt sich für Willlard zu einem Trip in die Irre. Geprägt von bitterer Selbsterkenntnis und den makaberen Schattenseiten des Vietnamkrieges, spitzt sich die Situation weiter zu. Je mehr Zeit er in der Enge des Bootes verbringt, desto mehr scheint er die Sinnlosigkeit dieses Krieges zu realisieren, der in aller Deutlichkeit dargestellt wird, und teilweise perverse Züge annimmt. Dies zeigt sich besonders, als Willard über seinen Auftrag nachdenkt und dessen Absurdität begreift: „Einen Mann an so einem Ort wegen Mordes zu belangen, ist wie eine Verwarnung wegen überhöhter Geschwindigkeit beim Autorennen“ (Apocalypse Now! Redux by Francis Ford Coppola). Er setzt sich intensiv mit den Skripten zu Kurtz Person auseinander und beginnt allmählich ein Verständnis für dessen Umstände aufzubauen. Mit dem Verlauf des Nam-Flusses und der dichter werdenden Atmosphäre, taucht Captain Willard mehr und mehr in die abgründe seine eigenen Ichs ab. Der Krieg und die schrecklichen Erfahrungen, sowie die ständige Ungewissheit zehren an der gesamten Crew. Um die Mission weiter verfolgen zu können, sind Willard und seien Leute auf die Hilfe des Hubschrauberkommandanten Leutnant Colonel Kilgore (Robert Duvall) angewiesen, der das Boot mit Hilfe eines Helikopters in einen neuen Flussabschnitt transportieren soll. Anfangs steht Kilgore dem Vorhaben eher ablehnend gegenüber. Als er jedoch hört, dass Willard einen Surfprofi an Bord hat und das sich das Flussgebiet hervorragend zum Surfen eignet, beschließt er dem Auftrag nachzukommen. Zu den Klängen von Wagners Walkürenritt, fliegt die Hubschrauberstaffel einen verheerenden Angriff auf ein Vietnamesisches Zivilistendorf. Noch während der Kampfhandlungen will Kilgore surfen, fordert jedoch kurz zuvor noch einen Flugzeugnapalmangriff an, der das Dorf komplett vernichtet. Auch hier zeigt sich die Sinnlosigkeit der amerikanischen Kriegshandlung, die sich in der Person des Colonel Kilgore symbolisch wieder findet. Für ihn scheint alles nur ein Spaß zu sein, ohne ein Gefühl von Reue, ordnet er die Tötung hunderter Menschen an. Die Vernichtung von Zivilisten wird schamlos bagatellisiert und verharmlost, inmitten der Angriffshandlung ist Kilgore darüber besorgt ob er noch surfen kann: „Die Wellen gehen kaputt durch das Napalm“ (Colonel Kilgore in Apocalypse Now! by Francis Ford Coppola).
Nach der Zerstörung des Dorfes setzt die Crew ihre Reise flussaufwärts fort. Sie treffen auf ein riesiges amerikanisches Versorgungslager, inmitten des vietnamesischen Dschungels. Vom Krieg ist hier nur wenig zu spüren. Zur Belustigung der amerikanischen Soldaten, findet eine groß angelegte Playmate-show statt, die extra mit dem Helikopter eingeflogen wurden. Der nächste Stützpunkt, den Willard und seine Truppe erreichen, bietet ein komplett gegenteiliges Szenario. Mit Drogen vollgepumpt und führungslos vegetieren die letzten verbleibenden Soldaten in Ihren Zelten vor sich hin. Die enge des Bootes treibt die Crew allmählich in den Wahnsinn. Bei der Routineuntersuchung einer vietnamesischen Dschunke auf dem Nam-Fluss, töten sie grundlos die gesamte Besatzung. Als sie feststellen, dass eine der Frauen noch am Leben ist, tötet Willard sie umgehend, um die Fahrt möglichst schnell fortsetzen zu können. Je mehr sie sich der Grenze nähern, desto verwirrender wird die Situation, besonders als die Truppe den letzten amerikanischen Posten vor der Kambodschanischen Grenze erreicht, die Do-Lung Brücke. Es scheint als wäre die Umgebung surreal, gerade wie im Drogenrausch. Die Nacht wird von menschlichem Geschrei, Bombemeinschlägen und Lichtblitzen durchzogen. Dabei kann man den Kampfhandlungen kein Ziel zuordnen, es gibt weder einen Feind noch irgendeine Stoßrichtung, es wirkt ziellos und verzweifelt: „Hier gibt es keinen befehlshabenden Offizier“ (Willard in Apocalypse Now! by Francis Ford Coppola)
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- Arbeit zitieren
- Felix Till (Autor:in), 2008, Apocalypse Now - Der Sound und seine Wirkung auf den Rezipienten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/93488
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