Das Ziel der Arbeit ist das Kennenlernen religiös konnotierter Künste und das Aufzeigen, wie man Kunst im islamischen Religionsunterricht nahbar machen kann. Der interkulturelle und interreligiöse Mehrwert der Kunst soll in dieser Arbeit dargestellt werden, denn Kunst verbindet Menschen. In der vorliegenden Masterarbeit wird zunächst für den historischen Kontext auf die bildende Kunst im Alten Orient eingegangen. Hierzu werden drei der einflussreichsten Völker des Alten Orient und ihre Bau- und Malkunst vorgestellt. Die bildende Kunst ist breitgefächert.
"Der Kompositionsgedanke [bzw. die Abstraktheit] islamischer Kunst spiegelt durch seine Raum- und Zeitlosigkeit die unzerbrechliche Ordnung eines geistigen Kosmos, einer in Gott gegründeten Ordnung und Schönheit."Mit diesem Zitat Hans-Günther Schwarz‘, welches die Spiritualität, Zeitlosigkeit und Schönheit der islamischen Kunst und ihre Beziehung zu Gott behandelt, möchte der Autor seine Masterarbeit beginnen, da er findet, dass dieses Zitat die perfekte Zusammenfassung seines Interesses an islamischer Ästhetik und der Thematik dieser Arbeit darstellt.
Das gewählte Thema dieser Masterarbeit ist durch die Zweiteilung in einen ersten Teil – die Literaturarbeit – und einen zweiten Teil – der pädagogische Teil – gegliedert. Der erste Teil befasst sich mit dem Einblick in das islamische Kunstwesen mit besonderer Berücksichtigung der bildenden Kunst. Dies wurde so gewählt, da die bildende Kunst im späteren Verlauf einen effizienten pädagogischen Mehrwert und einen Lebensweltbezug zu den SuS herstellen kann. Das erleichtert den Einstieg in den pädagogischen Teil und erweitert die religionspädagogischen Möglichkeiten durch islamische Ästhetik. Der zweite Teil der Arbeit soll einen didaktischen und pädagogischen Blick auf die Kunst unterschiedlicher Religionen gewähren. Sehr wichtig zu erwähnen ist, dass der erste Teil der Masterarbeit aus kunstgeschichtlicher und teils kulturpolitischer Sicht bearbeitet wird. In dieser Arbeit wird keine (ausführliche) Kunstanalyse durchgeführt. Diese Masterarbeit wird durch den Gedanken, religiös konnotierte Künste und Religionspädagogik zusammenzuführen, besonders.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Erläuterung zur Gliederung der Arbei
1.2 Begriffserklär
2. Bildende Kunst im Alten Orient
2.1 Die Sumerer und Babyloni
2.2 Die Assy
3. Bildende Kunst
3.1 Islamische Architektur (Moscheen und Medresen)
3.1.1 Das Minarett
3.1.2 Die Kuppel
3.1.3 Sinan, der Architekt
3.2 Islamische Malerei
3.2.1 Bilderverbot im Islam
3.2.2 Indisch-muslimische Malerei
3.2.3 Osmanische Malerei
3.2.4 Persische Malerei
3.2.5 Fresko Malerei
3.3 Islamische Teppichkunst und europäische Faszinatio
3.4 Bildhaue
3.5 Kalligraphi
4. Musik
4.1 Musik und Tanz der Su
4.2 Musik am Beispiel der Türken, Araber und Perser
5. Islamische Poesie am Beispiel der Perser
6. Darstellende Kunst am Beispiel Irans
6.1 Das Thea
6.2 Der Fil
7. Zwischenfazit
8. Exkurs: Die Poesie der Rap-Musik und ihr pädagogischer Einfluss auf Jugendliche
9. Kunstpädagogik und Ästhetik
10. Unterrichtsentwurf zur Erkundung einer Kirche und einer Moschee
10.1 Einleitung zum Unterrichtsentwu
10.2 Bedingungsanal
10.3 Theologische Reflexi
10.4 Die didaktisch-methodische Analy
10.5 Lernziele/Kompetenzerwartungen und Verortung des Themas im Lehrp
11. Fazit
Literaturverzeichnis
Internetquellen
Anhang
1. Einleitung
1.1 Erläuterung zur Gliederung der Arbeit
„Der Kompositionsgedanke [bzw. die Abstraktheit] islamischer Kunst spiegelt durch seine Raum- und Zeitlosigkeit die unzerbrechliche Ordnung eines geistigen Kosmos, einer in Gott gegründeten Ordnung und Schönheit.“1
Mit diesem Zitat Hans-Günther Schwarz‘, welches die Spiritualität, Zeitlosigkeit und Schönheit der islamischen Kunst und ihre Beziehung zu Gott behandelt, möchte ich meine Masterarbeit beginnen, da ich finde, dass dieses Zitat die perfekte Zusammenfassung meines Interesses an islamischer Ästhetik und der Thematik dieser Arbeit darstellt.
Das gewählte Thema dieser Masterarbeit ist durch die Zweiteilung in einen ersten Teil - die Literaturarbeit - und einen zweiten Teil - der pädagogische Teil - gegliedert. Der erste Teil befasst sich mit dem Einblick in das islamische Kunstwesen mit besonderer Berücksichtigung der bildenden Kunst. Dies wurde so gewählt, da die bildende Kunst im späteren Verlauf einen effizienten pädagogischen Mehrwert und einen Lebensweltbezug zu den SuS2 herstellen kann. Das erleichtert den Einstieg in den pädagogischen Teil und erweitert die religionspädagogischen Möglichkeiten durch islamische Ästhetik. Der zweite Teil der Arbeit soll einen didaktischen und pädagogischen Blick auf die Kunst unterschiedlicher Religionen gewähren. Sehr wichtig zu erwähnen ist, dass der erste Teil der Masterarbeit aus kunstgeschichtlicher und teils kulturpolitischer Sicht bearbeitet wird. In dieser Arbeit wird keine (ausführliche) Kunstanalyse durchgeführt. Diese Masterarbeit wird durch den Gedanken, religiös konnotierte Künste und Religionspädagogik zusammenzuführen, besonders. Das Ziel der Arbeit ist das Kennenlernen religiös konnotierter Künste und das Aufzeigen, wie man Kunst im islamischen Religionsunterricht nahbar machen kann. Der interkulturelle und interreligiöse Mehrwert der Kunst soll in dieser Arbeit dargestellt werden, denn Kunst verbindet Menschen.
In der vorliegenden Masterarbeit wird zunächst für den historischen Kontext auf die bildende Kunst im Alten Orient eingegangen. Hierzu werden drei der einflussreichsten Völker des Alten Orient und ihre Bau- und Malkunst vorgestellt.
Die bildende Kunst ist breitgefächert. In dieser Arbeit wird sie gegliedert in „Architektur“ mit dem Fokus auf „Moscheen und Medresen“, „Malerei“ und „Teppichkunst“. Außerdem zählt zur bildenden Kunst die „Bildhauerei“. Zu Letzt wird die „Kalligraphie“ aufgrund ihres Verwandtschaftsgrades mit der Malerei zur bildenden Kunst gezählt. Sicherlich gibt es noch mehr Felder der bildenden Kunst, jedoch würde das Behandeln aller Felder den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Die Unterkapitel „Minarett“ und „Kuppel“ wurden exemplarisch für die islamische Architektur ausgewählt. „Sinan, der Architekt“ findet als historische Persönlichkeit durch seine unübersehbare Präsenz in der Literaturarbeit zur islamischen bildenden Kunst seinen Platz in dieser Masterarbeit.
Ebenso hat die Malerei ihre ausführliche Daseinsberechtigung in der bildenden Kunst und ist somit Bestandteil dieser Arbeit. In jenem Kapitel wird eine geographische Gliederung (indische-, osmanische-, persische Malerei) vorgenommen, da dies in der Entwicklung der orientalischen Malerei durch seine Historie am sinnvollsten ist. Der theologische Charakter der Malerei in Form des Bilderverbots wird ebenfalls in diesem Kapitel behandelt, da dieser in der islamischen Tradition immer wieder ein wichtiges Thema war und einen erheblichen Einfluss auf die Kunst der Malerei des Orients nahm.
Die Musik, die den Weg in die religiösen Praktiken der Sufis gefunden hat und die Musik, die in verschiedenen Formen unter Arabern, Persern und Türken verbreitet wurde, wird im Kapitel „Musik“ behandelt.
Die Poesie nimmt ein riesiges künstlerisches Feld in der islamischen Geschichte ein. Aber auch hier wird, ähnlich wie bei den anderen Gattungen der Kunst, außer der bildenden Kunst, nur ein kleiner Einblick gewährt.
Die darstellende Kunst ist eine interessante Kunstform, da sie eine Methode für Menschen sein konnte, um eine Botschaft zu verbreiten. Der Film wurde genutzt, um Propaganda zu machen. Er hatte im Iran eine kulturverändernde Wirkung, die im Kapitel über die darstellende Kunst erläutert wird.
Der Exkurs über die Rap-Musik, der als Abschluss des Einblicks in die „islamischen Künste“ gewählt wurde, nimmt in dieser Arbeit eine Sonderstellung ein. Kunst ist Teil der Erziehung bzw. trägt zur Erziehung bei. Da aber kaum Künste mit islamischen Inhalten in Deutschland von muslimischen Jugendlichen rezipiert werden, kommt der Rap-Musik, die viele Werte vermittelt, ein hoher Stellenwert in der Kunst zu. Besonders ist, dass sehr viele bekannte Rapper einen muslimischen Hintergrund haben und sich in ihrer Musik gelegentlich zu ihrem Glauben bekennen.3 Aber ist Rap-Musik islamisch, weil sie von Muslimen praktiziert und konsumiert wird? Was „islamisch“ an den aufgezählten Künsten ist bzw. sein könnte, wird im Folgenden Kapitel beantwortet.
Als Übergang zum didaktischen bzw. pädagogischen Teil der Arbeit, also zum Unterrichtsentwurf, wird der Begriff der Ästhetik erläutert. Auch der Begriff der Kunstpädagogik spielt eine wichtige Rolle, denn diese ebnet den Weg für die Religionspädagogik bzw. Religionsdidaktik, wenn sie denn künstlerische Formen in den Unterricht integrieren möchte. Um einen Einstieg in den Unterrichtsentwurf zu gewähren, werden diese Begriffe vor dem Unterrichtsentwurf erläutert. Mit diesem Einstieg werden aber schon einige wesentliche Fragen zu den religionspädagogischen Möglichkeiten, die islamische Ästhetik bietet, beantwortet. Zuletzt wird ein Unterrichtsentwurf präsentiert, der aufzeigen soll, wie im Religionsunterricht mit Kunst umgegangen werden kann.
1.2 Begriffserklärung
Der Titel dieser Arbeit lässt einige Fragen offen: „Was ist islamisches Kunstwesen?“ „Was hat der Islam mit Kunst zu tun?“ „Was für religionspädagogische Möglichkeiten gibt es?“ „Was ist so islamisch an der Kunst?“ „Kann es überhaupt islamische Kunst geben?“
Mit diesen und weiteren Fragen wird sich in dieser Arbeit beschäftigt. Aber zunächst muss Folgendes beachtet werden: Beim Begriff „islamisch“ sollte reflektiert werden, was damit eigentlich genau gemeint ist. Ist islamisch, so wie es offensichtlich scheint, etwas, was mit der Religion Islam zu tun hat? Oder ist islamisch etwas, was von Muslimen praktiziert wird, aber nicht unbedingt eine theologische Grundlage bietet? Häufig ist, wenn man von Religion spricht, die Kultur der jeweiligen Menschen gemeint. Auch der Ausdruck „islamische Kultur“ ist sehr kritisch zu betrachten, denn was ist so islamisch an der sogenannten „islamischen Kultur“. Es ist ein häufig auftretender Widerspruch zwischen der „theologischen Religion“ und der „menschengemachten Kultur“, die sich von der „theologischen Religion“ bis zu einem gewissen Punkt beeinflussen lässt. Das führt zur nächsten Frage. Wenn es islamische Kunst gibt, was ist dann so islamisch daran? Häufig ist es nämlich so, dass die sogenannte islamische Kunst eigentlich eine säkulare Kunst ist.4
Das Verhältnis von Religion und Säkularismus ist in der islamischen Welt ein stets aktuelles Thema, da gelegentlich behauptet wird, dass es keine Trennung zwischen einer religiösislamischen und einer säkularen Sphäre gibt. Im Islam sei überhaupt nichts säkular, da alles vom Islam beeinflusst bzw. umschlossen sei. Das ist wohl eines der größten Vorurteile und Missverständnisse über den Islam. Zu jeder Zeit des Islam, seit Beginn der Entstehung dieser Religion, wusste man zwischen religiösen und weltlichen Dingen zu unterscheiden. Das Problem liegt in der Fremdwahrnehmung des Islam, denn mit dem Begriff „Islam“ werden fälschlicherweise die Bezeichnung einer Religion und die unterschiedlichen kulturellen Normen verschiedener Ethnien miteinander vermischt. Die „Kultur des Islam“ ist auch die Kultur vieler Angehöriger anderer Religionen. Dass es für Muslime auch ein säkulares Leben gibt und gab, zeigt die „islamische Kunst“, die sich mit dem weltlichen Leben beschäftigt, sei es eine Kanne mit figürlichen Darstellungen, die im Islam kritisch zu betrachten sind (vgl. Kap. 3.4), und „Weinpokalen“. Durch den Zusatz „islamisch“ wird etwas heiliggesprochen, wobei es vielleicht4 5 gar keine theologische Bedeutung hat.6 Deshalb sollte beim Lesen dieser Arbeit der Begriff der „islamischen Kunst“ stets reflektiert werden.
Dass beim Moscheebau keiner daran zweifelt, dass es sich dabei um eine „islamische Kunst“ handelt, ist klar. Hier wird der Mehrwert für die muslimische Gemeinde in der Religionsausübung deutlich. In einer Moschee üben Muslime religiöse Praktiken aus. Aber wie sieht es mit den bereits genannten syrischen „Weinpokalen“ aus dem 12. Jahrhundert aus, die mit christlichen Szenen und arabischer Schrift verziert sind, wobei doch der Konsum von Alkohol im Islam verboten ist? Die meisten muslimischen Gelehrten sind der Meinung, dass der Ausdruck „islamische Kunst“ eine Fehlbezeichnung ist, da dieser impliziert, dass die Kunstgegenstände eine religiöse Bedeutung haben und nur dort produziert werden, wo der Islam (bzw. die muslimische Bevölkerung) eine dominante Rolle spielt.7 Mit dem Ausdruck dieser Tatsache, wurde dennoch dieser eher fehlleitende Titel gewählt, um ihn im Laufe der Arbeit detaillierter zu behandeln.
Der Begriff „Kunst“ ist ein vielfältiger Begriff. Die alleinige Definition dieses Wortes könnte eine ganze Masterarbeit füllen. In dieser Arbeit wird jedoch auf die „vier schönen Künste seit der Aufklärung“ Bezug genommen. Diese sind die Folgenden:
1. Zur bildenden Kunst gehören klassische Gattungen wie beispielsweise die Malerei, Bildhauerei und die Architektur.
2. Die darstellende Kunst bezieht sich auf Theater, Tanz und Film.
3. Vokal- und Instrumentalmusik werden zusammenfassend für Musik als die dritte Form der schönen Künste komprimiert.
4. Die Literatur bzw. Poesie gehören mit Epik, Drama und Lyrik zu den vier schönen Künsten seit der Aufklärung.8
Auf alle Künste wird in dieser Arbeit vollständigkeitshalber eingegangen, wobei nicht jede Kunstform detailliert behandelt werden kann. Erst seit dem späten 19. Jahrhundert ist der Begriff Religionspädagogik geläufig. Er entsprang aus dem Begriff Katechetik, jedoch besitzt der Begriff Religionspädagogik eine nicht so enge bzw. dogmatische Auslegung wie die Katechetik. Religionspädagogik verweist auf die enge Bindung zur Pädagogik und zur konstitutiven Bezugswissenschaft der Theologie. Erst seit wenigen Jahren spricht man in Deutschland auch von islamischer und jüdischer Religionspädagogik. Religionspädagogik bezieht sich auf alle Bereiche der religiösen Erziehung, Bildung, Entwicklung und Sozialisation in Schule und Religionsgemeinschaften. Die Religionspädagogik muss sich in ihrer Entwicklung an die Generationen der Menschen anpassen (mit besonderem Fokus auf Kinder und Jugendliche), daraus erwächst die Notwendigkeit einer religionspädagogischen Praxis in Bezug auf die entsprechende Theorie und Wissenschaft. Aber auch die religiöse Entwicklung erwachsener Menschen gehört zum Teilgebiet der Religionspädagogik. Diese ist in dieser Arbeit jedoch kaum relevant, da vor allem Bezug auf Kinder und Jugendliche der Sekundarstufe I genommen wird. Religionspädagogik wird als theologische Disziplin gewertet, was aber eine gleichzeitige Zugehörigkeit zur Erziehungswissenschaft nicht ausschließt.9
Das „bilden“ in bildender Kunst bezeichnet Folgendes: „1a. [in bestimmter Weise] formend hervorbringen, ... 1b. in künstlerischer Weise plastisch gestalten; ... 2a. durch Sichgruppieren, Sichorganisieren formen, herstellen.“10 Also hat das „bilden“ in bildender Kunst nichts mit dem Wort „Bildung“ zu tun, sondern mit „bilden“ im Sinne des Bauens. Seit dem frühen 19. Jahrhundert hat sich der Begriff „bildende Kunst“ in Deutschland bzw. im deutschen Sprachraum als Sammelbegriff für visuell gestaltende Künste eingebürgert. Der Unterschied der bildenden Kunst zu den drei anderen „schönen Künste“ seit der Aufklärung ist, dass die bildende Kunst sich nicht auf einen zeitlichen Ablauf bezieht, sondern als ein räumlich-körperliches (bzw. haptisches) Gebilde existiert (häufig hat es einen praktischen und pragmatischen Nutzen). Sie wirkt durch sich selbst und ein Interpret ist lediglich optional bzw. es braucht keinen Interpreten, um vom Rezipienten wahrgenommen und ggf. interpretiert zu werden. Durch die Entwicklung neuer Medien im 20. Jahrhundert breitete sich die Bedeutung des Ausdrucks „bildende Kunst“ aus. Im Einzelfall ist die bildende Kunst nicht unbedingt von anderen Kunstformen abzugrenzen. Manchmal ist es ein flüssiger Übergang zwischen den verschiedenen Kunstformen. In Baden- Württemberg wird bildenden Kunst sogar als Schulfach unterrichtet.11
Eine weitere Kunstform, die in dieser Arbeit behandelt wird, ist die Musik. Sie vereint Töne in bestimmter Reihenfolge in musikalischen Kompositionen.12 Besonders im Exkurs dieser Arbeit, in dem es um Rap-Musik geht, wird dem Text innerhalb der Musik eine große Bedeutung zukommen.
Die Poesie lässt sich ebenfalls in viele Kategorien unterteilen, jedoch wird sich in dieser Arbeit auf die Liebesdichtung konzentriert. Die Liebesdichtung ist schon in der vorislamischen Zeit entstanden und nahm unter der Herrschaft der Muslime eine ganz eigene Entwicklung an.13 Sie wurde vorwiegend von Persern mit Hang zum mystischen praktiziert. Umso unspektakulärer, dass der Deutsche Duden bei der Begriffserklärung der Poesie von „Zauber“14 spricht.
Die darstellende Kunst (Tanz und Film) ist stark verknüpft mit Theater- und Filmarbeit. Das Theater ist ein „zur Aufführung von Bühnenwerken bestimmtes“15 Gebäude, welches Menschen zeigt, die unterschiedliche Szenarien darstellen.
2. Bildende Kunst im Alten Orient
Dieses Kapitel soll die möglichen Vorurteile, dass es in der vorchristlichen Zeit im Alten Orient nur kleine Lehmhütten und Nomaden gegeben hat, entkräften. Die bildende Kunst im Alten Orient in der vorchristlichen Zeit war sehr fortgeschritten. Um zu verstehen, warum die orientalische Kunst eine Blütezeit erlebte, muss man zunächst die Geschichte der Kunst Mesopotamiens betrachten. Im Folgenden werden drei vorchristliche Völker aus dem Alten Orient und ihre bildende Kunst vorgestellt. Da diese Völker jeweils unterteilt sind in verschiedene Dynastien und eine klare chronologische Reihenfolge wenig Sinn macht, sind diese drei Völker, die auch ethnisch schwer trennbar sind, verallgemeinernd für alle Dynastien ihres Reiches zusammengefasst (z.B. Die Sumerer; sie beinhalten die Frühsumerer, die Altsumerer etc.). Die Kunst des Alten Orients ist nicht homogen, weder in seinen Kunstformen, noch geographisch. Auch die Ethnien im Alten Orient sind unterschiedlich.16 Da es sich bei den Völkern des Alten Orients geographisch und ethnisch um die Vorfahren vieler Muslime handelt, ist es für den historischen und künstlerischen Kontext wichtig, diese Völker und ihre Künste kennenzulernen.
Diese drei Völker wurden exemplarisch ausgewählt, da sie alle in Mesopotamien existierten, eine lange Zeit herrschten und die bildende Kunst im Alten Orient weitestgehend geprägt haben. Dieses Kapitel soll nur einen minimalen Einblick in die bildende Kunst des Alten Orients gewährleisten. Die Entwicklung des Menschen bis hin zu den ersten Hochkulturen ist dadurch gezeichnet, dass der Mensch die Schwelle des Bewusstseins überschritten hat. Das bezieht den künstlerischen Schaffensprozess hinsichtlich seiner Thematiken, seiner Stilmittel und seiner Ausdrucksgestaltung, in Kombination mit dem geistigen Reifevorgang, mit ein. Man kann das Erreichen des Status einer Hochkultur in der bildenden Kunst erkennen, wenn man auf figürliche Darstellungen stößt. Damit ist das Abbilden des Menschenbildes gemeint.17
„Die Kunst der Großreiche des Alten Orients zwischen 1000 und 332 v. Chr. gehört zum größten Erbe, das die orientalischen Zivilisationen unserer Welt hinterlassen haben.“18 So beschreibt Paolo Matthiae das Erbe des Alten Orients. In diesem Zitat wird offensichtlich, dass auch Kunstformen bis heute, besonders im orientalisch-islamischen Bereich, von der Kunst des Alten Orients geprägt wurden. Große künstlerische Meisterwerke im Bereich der Architektur aus diesen Zeiten sind heute noch erhalten geblieben.
2.1 Die Sumerer und Babylonier
Es ist erstaunlich, dass aus den Zeiten der Sumerer (3000 v. Chr.) noch nachweisbar bildende Kunst gefunden wurde. Interessant ist dies, weil im babylonischen Schwemmlande nicht einmal feststehendes Felsgestein als Baumaterial zur Verfügung stand. Setzt man dies zum Vergleich der europäischen Baukunst, dann stellt man fest, dass viel jüngere Bauten auf europäischem Boden nicht so gut erhalten sind, wie die Sumerischen. Bestimmte Faktoren begünstigen jedoch das babylonische Überdauern der Architekturreste. Nach dem Verlust der Eigenstaatlichkeit (539 v. Chr.) der Städte Babyloniens durch Umlegung von Handelsrouten und durch Gründungen von neuen Handelsmetropolen, verloren sie an wirtschaftlicher Bedeutung. Die Städte Babylons wurden aufgegeben, weil sie sich ökonomisch nicht mehr als Handelsorte rentiert hatten. Die Bauten wurden Stück für Stück unbewohnt zurückgelassen. Bis in die Gegenwart blieben die Städte unbesiedelt. In Babylon war der Hauptbaustoff Lehm. Bei dem trockenen und heißen Klima des Landes ließen sich leicht luftgetrocknete Ziegel fabrizieren. Damit konnten die Wände gewöhnlicher Bauten schnell und unkompliziert renoviert werden. Ein großer Nachteil, der mit diesem Baustoff einherging, war, dass der Lehm nicht besonders widerstandsfähig gegenüber ausgiebigeren Regenfällen war. So geschah es regelmäßig, dass luftgetrocknete Ziegel, aus denen die Häuser hauptsächlich bestanden, weich wurden und zerfielen. Jedoch war der Schaden nicht hoch, da die Holzteile des Altbaus verwendbar blieben. Das ist die Eigenheit des babylonisch profanen Bauens gewesen. Es wurde dort soviel gebaut, bzw. repariert und renoviert, dass es zu einer ungewöhnlich schnellen Aufhöhung des Grundes der Städte Babylons kam. Bauschutt wurde nur selten abgetragen. Auf diesem Bauschutt-Fundament errichtete man unverzüglich den Neubau. Ordentlicher wurde bei den Tempeln der Babylonier gearbeitet. Aus Ehrfurcht vor Gottheiten hatte man die Außenfronten mit gebrannten Ziegeln - teils mit importierten Kalksteinen - verbaut, oder man verputzte die Außenfassade mit Asphalt. Dies würde erklären, warum die Tempel des Babylonischen Reiches eine längere Lebensdauer hatten als die privaten Behausungen. Da jedoch die Wohnviertel auf dem eigenen Bauschutt standen, kam es dazu, dass die Wohnviertel irgendwann höher gebaut wurden als die Tempel. Die Tempel wurden dann jedoch erneuert, da es als anmaßend empfunden wurde, dass die Wohnviertel der einfachen Bevölkerung höher standen als die Tempel.19
In der frühsumerischen Kunst kam die Malerei gemeinsam mit der Architektur vor. Es gab Stiftmosaiken. Sie wurden dicht an dicht nebeneinander in einen dicken Putz eingelassen und in einem gebrannten Tonkegel mit Farben verarbeitet, sodass ein kompliziertes geometrisches Muster entstand. Der dadurch resultierende Effekt bzw. das ästhetische Aussehen dieser Stiftmosaike waren Vorgänger der Mosaike, wie sie heute bekannt sind. Die Besonderheit der Stiftmosaike ist, dass die kräftige Versenkung der einzelnen Ornamentstückchen im Putz platziert sind. Das hat eine massive Verankerung der Stiftmosaike im Lehm-Putz zur Folge.20
Den Sumerern waren ihre Tempel heilig. Deshalb ist es kein Wunder, dass sie den Tempelbau weiterentwickelt haben, sei es durch architektonische oder malerische Fortschritte. Die Hochkunst entwickelte sich im sumerischen Volk. Die bekannteste älteste Kunstübung ist die Wandmalerei. Die Sumerer wandten die Al-Fresko-Technik an. Das entwickelte sich so weiter, dass vor dem Bemalen der Wände, die Wände mit geschlämmtem Gipsauftrag grundiert wurden.21
Die figürliche Malerei wurde bei den Frühsumerern in Form von Kult- und Gottesbildern praktiziert. Als die frühsumerische Kunst sich mit dem Abbilden von weltlichen Sachen beschäftigte, begann das Verlangen nach dem Ausdruck des übersinnlichen. In ihren Tempeln haben die Frühsumerer zum ersten Mal Gottesabbildungen an die Wand gemalt. Man bedenke, dass dies die Anfänge der Gottesabbildungen waren, die in großem Ausmaß an aufwendiger Architektur angebracht wurden. Die Namen der Gottheiten wurden in ihre Gesichter geschrieben. Ihre Proportionen und Konturen wurden mit den akzentuierten Interpretationen des Künstlers versehen.22
In der altsumerischen Kleinkunst bedachte man sich viel weniger auf Formen des informativen Ausdrucks in der Kunst, sondern auf dekorative Ornamente. Wegen der Verschiedenartigkeit, Quantität und Qualität aller Abbildungen der Altsumerer kann man die Schmuckfreude dieser Epoche feststellen. Abgebildet wurden Naturwesen wie Tiere, besonders Stiere, da sie seit Anbeginn der sumerischen Kunst als bevorzugtes Sujet galten.23
Die Architektur unter dem neubabylonischen König Nebukadrezer (605-562 v. Chr.) hatte ihre Blütezeit erfahren. Durch die lange Dauer einer erfolgreichen Herrschaft, kam es zu umfangreichen architektonischen Meisterleistungen. In gewaltigem Ausmaß sind weiträumige Palastanlagen errichtet worden. Tempelanlagen wurden regelmäßig erneuert. Hier wurde Architektur genutzt um Nachbarländern Macht und Größe zu präsentieren. Als Beispiel sei der Bezirk um den Tempelberg „Etemenanki“ (Turm von Babel) genannt, der 90 Meter hoch war und eine Seitenerstreckung von 400 Metern zu verzeichnen hatte.24
Das nächste Kapitel befasst sich mit den Assyrern, welche über eine sehr lange Herrschaftszeit die Kunst des Alten Orients beeinflusste. Ihren künstlerischen Einflüssen ist wohl das Fundament des architektonischen Wissens und das Interesse für die Ornamentik der Araber zu verdanken.
2.2 Die Assyrer
In der Neuassyrischen Kunst hat sich unter fast jedem neuen Herrscher ein neuer Stil bzw. eine neue künstlerische Aktivität entwickelt. Im Laufe der Zeit hat die assyrische Kunst eine evolutionäre Entwicklung gemacht.25
In Assyrien wurde keine Bildnis-Kunst betrieben, in der die Menschenabbildungen idealisiert wurden. Menschen wurden in der Regel in gleicher Form abgebildet. Der Herrscher wurde lediglich in überragender Größe und erhabenen Gesten, sowie mit schöner Haarpracht und schmuckhaltigen Kleidern dargestellt. Das Gesicht dagegen unterschied sich nicht von dem eines Soldaten. Wenn fremde Völker dargestellt wurden, konnte man dies an anderen Frisuren und der Kleidung erkennen.26
Unter dem Herrscher Assurnasirpal II. (883-859 v. Chr.) wird die materielle Kultur, besonders in Bezug auf die Architektur und figürliche Darstellungen, so umfangreich, dass sie es erlaubte, monumentale (Infra-) Strukturen zu errichten. Assurnasirpal II. machte aus der kleinen mittelassyrischen Stadt Kalchu, indem er sie neu strukturierte und vergrößerte, eine große Hauptstadt und errichtete dort Paläste.27
Die bedeutendsten Fortschritte unter Assurnasirpal II. war die Erfindung eines umfangreichen figürlichen Steinreliefs, das monumentale Größe erlangte und mythisch-symbolische Themen umfasste. Es gab auch Themen mit Kriegs- und Jagddarstellungen, die die Wände seines Thronsaals schmückten.28
Als das neuassyrische Reich von 883-626 v. Chr. die Vormacht des Orients war, 1200-1400 Jahre nach seiner Gründung, haben sich entweder alle orientalischen Völker diesem Reich unterworfen oder sie waren von ihm politisch abhängig. Die assyrische Kunst, die Vorzeigekunst der Schöpfungen der altmesopotamischen Welt, hatte großen Einfluss auf die Kunst der anderen Völker. Großartige Bildwerke, die in den assyrischen Palästen zu finden waren, wurden zum klassischen Stil des Orients. Diese wurden von den Nachbarvölkern bestaunt und nachgeahmt. Kein Volk, welches zu den orientalischen Kunstzentren gehörte, war frei von Elementen der assyrischen Kunst.29
Die Bildhauer der neuassyrischen Kunst haben die narrative Kunst erfunden. Zwar haben die Ägypter auch berichtende Kunst gekannt, aber ihre Wandreliefs haben nur vereinzelte Szenen dargestellt bzw. ihre Szenen gaben keine aufeinanderfolgenden Momente einer Aktion wieder. Auch sumerische Siegestelen schildern eine Anzahl von Geschehnissen, aber sie geben keine genaue Abfolge des gesamten Vorganges wieder. Der Unterschied sind die fortlaufenden und zusammenhängenden Schilderungen.30
3. Bildende Kunst
3.1 Islamische Architektur (Moscheen und Medresen)
Obwohl Muslime weltweit architektonische Bauten errichtet haben, darf man nicht vergessen, dass der Islam in einer Region entstand, in der trockene Sandwüsten weit verbreitet waren. Das hatte zur Folge, dass das Errichten von monumentaler Architektur in diesen Gebieten - aufgrund der Bodenbeschaffenheit - erst viel später möglich war, als auf anderen Teilen der Erde. Während der Expansion des islamischen Herrschaftsgebietes, machten die Muslime Bekanntschaften mit der antiken Steinbaukunst, der mesopotamischen Verwendung von Ziegelmauerwerk und Stuck. Die islamischen Bauten wurden mit der Zeit immer dekorativer aufgezogen. Verschiedene geometrische Muster wurden für den Bau von Moscheen verwendet, die meist das dekorative Bedürfnis und nicht unbedingt die statische Notwendigkeit erfüllten.31 Demnach wird deutlich, dass die dekorative Ausschmückung der Moscheen von enormer Bedeutung war.
Es war üblich, Kirchen in eroberten Ländern zu Moscheen umzubauen. Beispielsweise haben die Araber im Jahr 711 teilweise europäische Gebiete besetzt und angegriffen. Im Jahr 756 wurde Cordoba zur Residenzstadt der Araber- es entwickelte sich eine islamische Gemeinde. Die eine Hälfte der Kirche San Vincente wurde in eine Moschee bzw. einen islamischen Gebetssaal umfunktioniert und die andere Hälfte den spanischen Christen überlassen. Die Vereinnahmung der Kirche war jedoch keinesfalls ein erzwungener oder gar barbarischer Akt der Muslime, denn unter dem Herrscher ‘ Abd ar-Rahmän kaufte die islamische Gemeinde in Cordoba die christliche Hälfte der Kirche auf. Im Gegenzug dazu durften die Christen in Spanien weitere Kirchen ausbauen. So entstand ein ganz neues Gotteshaus. Im Laufe der Zeit entstand eine Hallenmoschee, neue Minarette, prachtvolle geschmückte Bauteile mit Mosaiken (z.B. der Mihrab), eine neue Kuppel, sowie ein zusätzlich abgetrennter Raum innerhalb der Moschee (Maqsura). Byzantinisch- christliche Handwerker waren maßgeblich an der künstlerischen Ausgestaltung dieser Moschee beteiligt.32
Im Zuge der Reconquista geschah aber auch das Umgekehrte: bestehende Moscheen wurden zu Kirchen umgewandelt. Das hatte den Vorteil, dass den Historikern bis heute noch Relikte der islamischen Herrschaft in Spanien geblieben sind. So ist beispielsweise der Glockenturm der Kirche von San Juan de los Reyes in Granada ursprünglich ein Minarett einer Moschee aus dem 13. Jahrhundert gewesen.33
In der Quwwat-ul-Islam-Moschee in Delhi haben die Hindusäulen der Halle und die Hoffassaden einen stilistischen Kontrast zum Rest der Moschee dargestellt. Dies wurde aber von den muslimischen Architekten so beabsichtigt. Hier stehen zwei grundverschiedene künstlerische Arbeiten beieinander und ergeben eine Neue.34 Es wird deutlich, dass, ähnlich wie bei den Kirchen, immer wieder künstlerische Elemente von anderen Religionen in den Moscheebau miteinflossen. Die Anhänger der Umayyaden35 haben in Cordoba den Islam manifestiert, indem sie prächtige Bauten wie Moscheen, Paläste und Festungsanlagen errichteten. Die Bauten dienten zur Machtdemonstration. Seit dem Jahre 936 sollen unter dem Herrscher 'Abd ar-Rahmän III . eine Vielzahl von Künstlern und Handwerkern beschäftigt gewesen sein. Über 16 Jahre seiner Herrschaft sollen nur für die Architektur im islamischen Einflussbereich in Cordoba 1,8 Millionen Golddinare aufgewendet und 4313 Säulen herangeschafft worden sein.36 Man bedenke den finanziellen und logistischen Aufwand, der betrieben wurde, um die Architektur in besetzen Ländern auszubauen. Architektur war ein Ausdruck von Macht und Stärke.
Die Kunst der Umayyaden zeichnet sich durch übermäßiges Selbstvertrauen aus. Dieses Selbstvertrauen wurde geschöpft aus überwältigendem militärischem Erfolg. Die militärische Erfolgssträhne blieb sehr lange Zeit ununterbrochen. Des Weiteren haben die Umayyaden ihr Selbstvertrauen durch die erfolgreiche Bewältigung innerpolitischer Herausforderungen erlangt. Das Gefühl der Muslime zur Zeit der Umayyaden ist gezeichnet durch die Klarheit, dass die eroberten Gebiete gesichert sind und man die Stärke besaß, jene Gebiete zu verteidigen.37 Dies spiegelt sich in der Architektur wider. Denn hätten sie sich nicht sicher bzw. heimisch gefühlt, hätten sie nicht so viel Aufwand in die Architektur investiert.
Auch propagandistische Intentionen wurden mit dem Errichten großer Bauwerke deutlich. Bei den umayyadischen Kalifen 'Abd al-Malik, al-Walid I. und al-Walid II. war das ehrgeizige Bauvorhaben Ausdruck des Familienstolzes. Die umayyadischen Kalifen und Prinzen Sulaymän, Hishäm, Al-'Abbäs ibn und al-Walid haben die Tradition des Bauens innerhalb der umayyadischen Dynastie fortgeführt. Die Architektur wurde schnell zur großen Aufgabe der umayyadischen Dynastie. Hieran lässt sich die Menge der religiösen und säkularen Gebäude, die unter den Umayyaden errichtet wurden, erkennen. Bezahlt wurden die Bauwerke durch die Beute aus kriegerischen Auseinandersetzungen und Steuereinnahmen, sodass die Umayyaden jahrelang Steuereinnahmen der islamischen Gebiete nur für den Bau islamischer Architektur ausgeben konnten. Die Umayyaden hatten die Mittel und den Willen große Bauwerke über die gesamte islamische Welt hinweg zu errichten.38
Als die Umayyaden ihre Macht in der islamischen Welt konsolidiert hatten, fand ein enormer Kreativitätsschub statt. Dieser äußerte sich durch den Bau des ersten großen islamischen Monuments in Jerusalem - des Felsendoms. Dieser ist eine majestätische, achteckige, von einer Kuppel bedeckte Moschee. Die architektonische Struktur entstand in Anlehnung an die Gedenkbauten der byzantinischen Periode. Konkrete Beispiele für die architektonische byzantinische Anlehnung des Felsendoms sind die Grabes- und Himmelfahrtskirche, die beide in Jerusalem liegen - Hieran kann man erkennen, dass die Inspiration architektonischer Werke für islamische Bauten nicht erst von sehr weit hergenommen werden mussten, sondern tatsächlich schon in derselben Stadt vorkamen. Der Kalif Abu l-Walid 'Abd al-Malik ibn Marwän förderte architektonische Projekte gemeinsam mit seinem Sohn. Der Kalif ordnete den Bau der großen Moschee von Damaskus und al-Masgid al-‘Aqsä an. Diese Moscheen zeichneten sich durch ihre charakteristischen Formen aus, die sie vier Jahrhunderte lang behielten. Diese Moscheetypen werden u.a. „Stütz-Säulen Moscheen“ genannt. Die Moscheen dieser Art werden durch Säulen oder Pfeiler getragen und sind äußerst anpassungsfähig. Der Vorteil liegt darin, dass man die Moscheen in jede Richtung erweitern kann, indem man die tragenden Elemente vervielfacht. Das macht Moscheen dieser Art sehr anpassungsfähig.39
Die Mosaiken des Felsendoms und der großen Moschee von Damaskus sind nicht gekennzeichnet durch Lebewesen, sondern durch non-figurative Elemente. Diese Elemente stammen aus byzantinischer und sassanidischer Tradition und hatten bloß einen dekorativen Charakter. In der großen Moschee von Damaskus sind die Wände sogar mit Glasmosaiken verziert. Diese bilden Flüsse, Bäume und architektonische Motive ab. Aber nicht nur Motive und architektonische Strukturen wurden unter den Umayyaden kopiert, sondern auch ganz speziell Elemente der Architektur der großen Moschee in Syrien und des Felsendoms. Dies hatte den Zweck, Kirchen aus Syrien und Palästina Paroli zu bieten, da man versuchte, noch prachtvollere Gebäudekomplexe zu errichten. In den darauffolgenden Jahrzehnten erbauten Umayyaden in den Steppen Syriens und Jordaniens luxuriöse Palastresidenzen, die im Inneren mit farbigen Mosaiken, Freskomalereien, fein ziselierten Stuckarbeiten und marmornen Fassaden ausgeschmückt waren. Diese Bauten, die eher abseits der islamischen Metropolen erbaut wurden, geben heute eine besondere Vorstellung der islamischen bildenden Kunst. Diese Paläste sind gekennzeichnet durch eine Reihe separater Elemente, so z.B. einer kleinen Moschee, einem Badehaus und einem Audienzsaal. Einige größere Paläste besaßen zudem noch Wasserspeichersysteme wie Zisternen, Dämme und Aquädukte. Die Ornamente dieser Paläste haben sich wesentlich an der byzantinischen Ästhetik orientiert. Besonders hervorzuheben ist die Dekoration der Paläste. Diese ist geprägt von halb entblößten Frauen und teilweise sogar erotischen Szenen.40 Hier wird die säkulare Kunst der Muslime deutlich, die jedoch unbedacht als islamische Kunst deklariert wird.
„Die rasante arabisch-muslimische Eroberung des Nordwestens in den 630er- und 640er- Jahren beseitigte die Barrieren zwischen Iran und Mesopotamien auf der einen Seite und der Mittelmeerregion auf der anderen.“41
Dies hatte zur Folge, dass sich kulturelle Reichtümer zweier grundverschiedenerer Zivilisationen vermischten - die griechisch-römische und die sassanidische Zivilisation. Hier ergab sich seit Langem eine Möglichkeit, eine politische, kulturelle und künstlerische Symbiose von Ost und West einzugehen. Die Umayyaden-Dynastie wurde in Syrien errichtet, während die sassanidische Zivilisation aus dem heutigen persischen Gebiet entstammte. Die Umayyaden-Dynastie war hellenistisch geprägt, was zur Folge hatte, dass die wichtigsten künstlerischen Einflüsse klassisch waren.42
Die umayyadische Kunst orientierte sich an den Formen und Ideen der griechisch-römischen Klassik. Diese Entwicklung konnte beispielsweise in Syrien aufgrund ihrer Historie besser hingenommen und verwertet werden als in anderen Teilen der islamischen Welt. Viele Bauwerke in der islamischen Welt kommen westlichen Betrachtern sehr vertraut vor, da es Ähnlichkeiten zu christlichen Gebäuden gibt, vor allem hinsichtlich des Aufbaus des Gebäudes (Säulen, Kapitell, Spitzbogen, Kuppel, Rippe und Gewölbe). Erwähnenswert ist, dass unter der umayyadischen Dynastie Syrien als Zentrum der islamischen Welt ernannt wurde43 und „die islamische Kunst hätte sich hätte sich in völlig anderer Weise entwickelt, wenn sich die Umaiyaden beispielsweise in Arabien, Spanien oder Indien niedergelassen hätten. Dennoch darf man die Kunst jener Epoche auch nicht überbewerten. Man sollte nicht vergessen, dass manche der Künste, die später für die islamische Kunst so besonders typisch werden sollten [...] in der umaiyadischen Zeit ganz oder fast gänzlich fehlten.“44
Die Gründung der Medresen geht einher mit der Machtentfaltung der Seldschuken, die türkische Elemente im islamischen Orient weitestgehend mitbeeinflusst haben.45 „Der substantivische Begriff مدرسة= Madrasa, Plural: مدارس= Madäris, leitet sich als eine genuine arabische Bildung von dem Verbum دَرَسَ= darasa, ,lesen‘, ,lernen‘, ,studieren‘, ab [...]. Madrasa bzw. türk. Medrese bedeutet schlechthin ,Schule‘ oder ,Lehranstalt‘ [...]. Im engeren Sinne bezeichnet sie eine „Lehranstalt, in der die islamischen Wissenschaften gepflegt werden‘, d.h. eine islamische ,Hochschule‘, ,Akademie‘ oder ,Universität‘. Im Hinblick auf ihren baukünstlerischen Typus ist die Madrasa einerseits eine ,Moschee- Hochschule‘, andererseits eine , Internatsschule‘, mit den dieser kombinierten Form entsprechenden baulichen Anlagen und Einrichtungen.“46
Bis heute sind in den Medresen verschiedene Disziplinen verfügbar, die erlernt werden können. Dazu gehören Fächer wie Geschichte, Geographie, Mathematik und Stillehre. Des Weiteren gibt es noch Disziplinen wie z.B. Formenlehre und Syntax, Rhetorik, Logik, Vers- und Reimlehre (Metrik), Algebra, Arithmetik, Terminologie der Traditionswissenschaften, Dogmatik, Ethik, Jurisprudenz, Koranerklärung und Traditionen.47
Die großen Medresen der Mameluken orientierten sich an den Medresen der Syrer und Iraker. Hauptsächlich wurden sie aus Stein gebaut, aber auch Ziegel wurden, ähnlich wie bei den Moscheen, für Gewölbe, Bögen und Kuppeln benutzt. Die Medresen der Mameluken sind so besonders, da sie unter ihrer Herrschaft (u.a. in Ägypten und Syrien) monumentale Größe erlangten. Sie sind in ihrer Form auffallend, wirken aber gleichzeitig düster, denn sie haben große, glatte und schmucklose Wände mit tief eingeschnittenen Inschriften. An anderen Stellen wiederum waren die Wände der Medresen durch abstrakte, lineare Ornamente und ausgehöhlte Nischen verziert. Der Wanddekor aus farbigem Marmor und Stein kam vermutlich aus Syrien. Dieser Wanddekor war zu finden an Tor- und Fensterumrahmungen.48
Die Medrese al-Mustansiriya im Irak, die das erste Mal alle vier Rechtsschulen im 13. Jahrhundert in einer Medrese vereinte, hat durch ihre bauliche Gesamterscheinung zu allen Zeiten Bewunderung gefunden. Im 14. Jahrhundert benannten Perser die Medrese im Irak als das schönste Bauwerk Bagdads. Das Gebäude ist monumental hergerichtet, sodass die sichtbare äußere Ordnung die innere Ordnung der Anlage widerspiegelt, was es sehr einheitlich wirken lässt.49
Die Entwicklung des Medresen-Baus zeigt, dass ein Hof in der Mitte des Sakralbaus nicht erforderlich war. Anfangs hatten die bereits erwähnten Seldschuken Medresen in iranischem Stil mit vier liwäri50 um einen Hof erbaut. Medresen waren typischerweise ein- oder zweistöckig. Zur Zeit der kleinasiatischen Kleinstaaten hatte man Medresen gebaut, die entweder einen offenen oder geschlossenen Hof hatten. Im Osmanischen Reich wurde die Tradition beider Formen (geschlossener und bedeckter Hof) der Medresen weitergeführt. Das Modell mit vier liwön wird völlig aufgegeben. Die Osmanen haben im 15. Jahrhundert Medresen erbaut, die in ihrer Anordnung hellenistisch und griechisch-römischen Bauten und nicht mehr den iranischen Medresen ähnlich sahen.51
3.1.1 Das Minarett
Das Minarett ist häufig mit der Moschee verbunden. Es ist auf den Wachturm bzw. Leuchtturm zurückzuführen. Häufig hat es lediglich eine dekorative Funktion. Die frühen Minarette wurden in einer der Ecken der Moscheen errichtet. Es waren feste Türme mit quadratischem Grundriss und runder Bekrönung. Die Seldschuken bauten später zylindrische Minarette, die mit keramischer Dekoration geschmückt wurden. Unter der Mogulherrschaft und den Osmanen nahm die Anzahl der Minarette zu. Meistens wurden auf eine Moschee nicht mehr nur ein Minarett, sondern vier, teilweise sogar sechs Minarette gesetzt. Im Kontrast dazu standen die Mameluken, die für ihre Moscheen lediglich ein Minarett nutzten.52
Der Bau eines Minarettes war mit viel Aufwand verbunden, besonders, wenn die Minarette zusätzlich verziert wurden. Der pragmatische Sinn eines Minarettes bestand darin, aus der Höhe zum Gebet zu rufen. Heutzutage sind Minarette eher dekorativ, da die meisten Moscheen Lautsprecher verwenden, um zum Gebet zu rufen.
Schon in der Seldschuken-Zeit haben die Minarette ihren eigentlichen pragmatischen Sinn übertroffen. Die Minarette wurden nämlich so hoch gebaut, dass der Gebetsruf die Menschen auf der Erde kaum erreichte. Ähnlich wie in der Zeit der Umayyaden waren die Gebäude Ausdruck von Macht und ein Zeichen des siegreichen Islam. Die muslimischen Herrscher der ganzen islamischen Welt wetteiferten darum, die prächtigsten und gewaltigsten Minarette bzw. Gebäude zu errichten, um ihre Macht nach außen zu demonstrieren.53
Im Westen der islamischen Welt entstanden ähnlich gewaltige Minarette. Dort hatten die Minarette einen Kubus (Würfelform) als Grundriss. Die Oberfläche der mächtigen Türme wurde in rechteckige Felder gegliedert, die durch Fensteröffnungen oder Blendarkaden durchbrochen wurde. Die arabisch-spanischen Minarette wurden, wie fast alle Minarette der islamischen Welt, ebenfalls verziert. Rautenförmig geordnete, geometrische Musterungen wurden für das Verzieren der Minarette benutzt. Das bekannteste Beispiel dafür ist das über 50 Meter hohe Minarett der großen Moschee von Sevilla, auch „Giralda“ genannt. Es wurde in der zweiten Hälfte des 12.
Jahrhunderts unter den Muwahhidün54 erbaut. Daraus ergibt sich auch, dass Minarette in Nordafrika mit dem Giralda-Minarett aus Spanien verwandt sind, z.B. die Minarette der großen Moschee in Marrakesch (1184-99) und Rabat (1191-99).55
Das typisch iranische Minarett bestand aus einem schlanken Zylinder. Er ging gewöhnlich von einer quadratischen oder oktogonalen Basis aus. In Zentralasien war es üblich, dass die Moscheen vier Eckminarette hatten. Im Verhältnis zu den zentralasiatischen Minaretten wirken die iranischen Minarette nicht hoch. In Zentralasien waren die Minarette dekoriert durch Ziegelmuster und glasierte Fliesen. Außerdem besaßen diese Minarette eine Rundung und mosaikartige Verkleidungen. Ganz anders waren die Minarette, die unter Mas'üd III. von Gazna56 errichtet wurden. Die Grundrisse der Minarette waren vielzackig und sternförmig. Diese Minarette wurden ebenso vollständig von einer sehr raffinierten Ziegelmosaikdekoration überzogen. Es wird vermutet, dass über dem polygonalen (vieleckigen) Teil des Minaretts noch ein zylindrisches Stockwerk verbaut war.57
Unter den Fatimiden58 wurden Minarette in Etagen und aufsteigend verziert, häufig mit Bogennischen und Fenstern. Muschelnischen kamen zu der Zeit dieser Dynastien ebenfalls häufig vor.59
3.1.2 Die Kuppel
Kuppeln sind wohl mit den Minaretten das bekannteste Merkmal einer Moschee. Viele Kirchen ähneln mit ihrem Aussehen - Kuppeln und Kirchtürmen - den Moscheen, wie sie bekannt sind. Jedoch gibt es in der islamischen Welt nicht nur Kuppeln für Moscheen, sondern auch für Paläste, säkulare Gebäude, Mausoleen, Medresen und Grabbauten. Die Kuppelbauten sind keineswegs muslimische oder arabische Erfindungen. Muslime haben sich in ihrer architektonischen Entwicklung an hellenistischen oder byzantinischen Vorbildern orientiert. Dennoch verbinden die meisten Menschen Kuppeln eher mit der Umwelt des islamischen Herrschaftsgebietes, als mit europäischen Kirchen. Auf einige Verwendungen von wird im Folgenden eingegangen:
Eine Sonderform der Kuppelkonstruktion stellt die Stalaktiten-Kuppel dar. Diese Stalaktiten- Kuppel60 kommt in Syrien und im Irak im Kontext mit Grabbauten auf. Al-Malik al-'Ädil Abu l- Qäsim Nur ad-Din Mahmud b. 'Imäd ad-Din Zangiyy61 ließ sich zu Lebzeiten ein Mausoleum in Damaskus mit einer solchen Stalaktiten-Kuppel errichten. Noch im selben Jahrhundert entstand eine Mischform von Turm- und Kuppelgrab in Mittelasien. In Kunya Urgentsch, heutiges Turkmenistan, sind die Grabbauten der Hvärazm-Säh, Choresm-Schahs - ein iranischer Titel, der seinen Ursprung schon in der vorchristlichen Zeit hat, erhalten. Darunter die Grabbauten des Choresm-Schahs Täg ad-Dunyä wa-’d-Din Abu ’l-Fath Il-Arslan (1156-1172) und seines Sohnes Alä’ ad-Dunyä wa-’d-Din Abu ’l-Muzaffar Tekis b. Il-Arslan (1172-1199). Das besondere an den Grabbauten der Hvärazm-Sähs ist, dass hier aus einem massigen Sockelbau heraus Grabtürme ragen, die reich profiliert sind und die mit einem Kegel- bzw. Zeltdach bekrönt sind. Beide Grabbauten besitzen einen aufwendigen Portalbau. Eine Portalfront wird von drei Kielbogenformen gegliedert und in einer anderen Portalfront wölbt sich eine Stalaktitennische.62
Die Kuppeln vieler Moscheen sind halbkreisförmig, weil sich die Muslime von den Sassaniden63 und von den Byzantinern haben inspirieren lassen. Nach zentralasiatischen Vorbildern haben sich Kuppeln entwickelt, die auf einem Tambour aufruhen und innere Trompen aufweisen.64
Die Grabbauten der Osmanen hingegen standen im Kontrast zu den persischen Grabbauten, denn die osmanischen Sultane ließen ihre Grabbauten sehr bescheiden errichten. Die Grabstätte war nur ein Kuppelbau, der an eine Moschee angebaut wurde.65
Die frühsten Entdeckungen zu den Muqarnas wurden im 10. Jahrhundert bei den Grabungen in Nischapur66 gemacht. Muqarnas wurden verwendet, um am Bau Übergangszonen zu überbrücken. Überbrückt wurden beispielsweise Übergänge von Gewölben in den Halbkuppeln über Portalen mit den Gebetsnischen. Die Zwickel67 wurden durch Muqarnas in den Übergängen vom Sockelgeschoß zur Kuppel verbunden. Übergänge von den Gesimsen68 zu den Kapitellen69 der Säulen wurden ebenfalls durch die Muqarnas verbunden. Ursprünglich waren die Muqarnas strukturell bedingt, jedoch entwickelten sie sich schnell zu einem Dekorationselement. Das hatte zur Folge, dass die Muqarnas in den verschiedenen prismatischen Formen immer feinteiliger ausgebildet wurden. Die Muqarnas erfreuten sich in der islamischen Architektur solcher Beliebtheit, dass sie sich in schnell von Nordindien bis nach Spanien - über fast alle islamischen Gebiete hinweg - verbreiteten.70
Verschiedene islamische Völker standen demnach unter unterschiedlichen künstlerischen Einflüssen, denn „Die Turkmenen bedeckten ihre Kuppeln mit konischen Dächern, während die Mongolen kräftige und gerippte Zwiebelformen auf hohem Tambour bevorzugten. Die Safaviden setzten die charakteristische Grundform der mongolischen Jurte, des Nomadenzeltes, um. Die indisch-islamische Architektur tendierte zu baldachinartig leichten Aufbauten über zierlichen Säulenarkaden.“71
Istanbul wurde durch die Einnahme der Osmanen zu einem sehr wichtigen architektonischen Zentrum. Die Osmanen schlossen sich den byzantinischen Vorbildern an. Sie orientierten sich zum Beispiel an der Hagia Sophia, sodass große Moscheen mit komplizierten Kuppelaufbauten entstanden. Sinan, der größte Baumeister der Osmanen, hatte seit dem Jahr 1534 unzählige Gebäude zwischen Mekka und dem Balkan errichtet. Bis heute setzen Sinans Kuppelmoscheen einen entscheidenden Akzent in den Stadtbildern der Türkei.72
Der Kuppelbau war, ähnlich wie bei den Minaretten, sehr unterschiedlich. In der Türkei findet die Entwicklung der Kuppelmoschee im 16. Jahrhundert jedoch ihre Vollendung. Für die Kuppelmoschee hat sich ein Schema entwickelt, das in weiten Teilen der islamischen Welt als Vorbild galt. Klassisch war, dass die Osmanen, die den Moschee- bzw. Kuppelbau revolutionierten, einen Hof vor den Kuppelbau des Gebetsraumes errichteten. In der Mitte des Hofes ist ein Brunnen platziert, damit die Muslime ihre rituelle Gebetswaschung (Wudü’) vornehmen können. Die schlanken Minarette stehen im Kontrast zu dem gewaltigen Moschee- Komplex.73
Diese Entwicklung des Kuppel- und des Moscheebaus generell hat die islamische Welt - besonders die Osmanen des 16. Jahrhunderts - dem zuvor erwähnten Architekten Sinan74 zu verdanken. Eine von vielen architektonischen Herausforderungen bestand darin, die Kuppeln durch Säulen so zu tragen, dass sie den Raum nicht einschränken. In der osmanischen Moschee-Architektur kann man eine konsequente Entwicklung feststellen. Jeder Schritt war, unter Berücksichtigung aller Probleme, sorgfältig ausgeklügelt. Nur bei wenigen Moscheen, die die Osmanen errichteten, wurde auf primitivere Wölbungsformen und Unterteilung des Raumes zurückgegriffen. Die endgültige Lösung dieses architektonischen Problems fand man bei der Moschee in Edirne. Dort hatte man die Säulen, die die riesige Hauptkuppel tragen, so dicht an die Wand und sehr weit an das linke und rechte Ende der Haupthalle gerückt, dass die Säulen als Teile der Wand erscheinen. Das Ziel war es, neben dem logistischen Problem der Säulen, die den Raum unterteilten, den Eindruck einer schwebenden Kuppel über einem vereinheitlichten und lichterfüllten Raum zu erwecken. Dies schaffte man, indem man zusätzlich zahllose große Fenster verbaute, die die Wände und Stützelemente in ein luftiges Gitterwerk verwandeln sollten.75
Auch die Kuppeln per sé sind eigenständige Kunstwerke. Die Alhambra-Kuppel ist eine Holzdecke aus dem 14. Jahrhundert. Ursprünglich stammt sie aus einem Gebäude des islamischen Palastes in Granada. Die Kuppel ist so besonders, weil sie aus Hunderten von Holzteilen besteht, die mit größter Sorgfalt geschnitzt und bemalt wurde. Sie gehört zu den frühsten und schönsten Decken der spanischen Nasriden-Dynastie.76 Das Besondere dabei ist, dass diese Kuppel, in Kombination mit der Schnitzkunst, gefertigt wurde. Das war der Höhepunkt der islamischen Holzschnitzkunst.77
Die Kuppeln und die Minarette, die als wesentliche Merkmale der islamischen Bauten zu bezeichnen sind, wurden in verschiedenen Regionen unterschiedlich erbaut und verziert. Die Kuppeln und Minarette waren aber auch politisches Symbol und Ausdruck von Macht. Die Architektur der islamischen Bauten verrät dementsprechend auch viel über politische und konfessionelle Hierarchie und gesellschaftliche Ordnung der damaligen Zeit.
3.1.3 Sinan, der Architekt
„Die Ehre, eine neue Raumgestaltung versucht zu haben, indem die der Qibla-Wand gegenüberliegende Halbkuppel angefügt wurde, gebührt dem größten türkischen Architekten Koca Sinan.“78 Als ehrbar beschreibt der Autor Yetkin die Arbeit des Architekten Sinan und so wird auch der Architekt Sinan selbst von vielen Menschen bewundert.
Sinan war ein Janitschar - ein Elitesoldat - mit griechischen Wurzeln. Er machte eine erfolgreiche Karriere in der Armee, bevor er sich seiner Leidenschaft, der Architektur, voll und ganz hingab. Sinan zeichnete sich dadurch aus, dass er keine bereits vorhandenen Gebäude unreflektiert nachahmte, sondern eigene wichtige Ideen in seine Planung einverleibte. Seine Entwicklung kann man an seinen drei bekanntesten Moscheebauten erkennen.79
Wie bereits erwähnt, ist die Entwicklung der Kuppelmoschee und das Umsetzen der verschiedensten Lösungsansätze, die bei solch großen architektonischen Herausforderungen im Osmanischen Reich händeringend gesucht wurden, größtenteils dem Architekten Sinan zu verdanken. Er diente dem Sultan Süleyman I.80 und seinem Nachfolger Selim II.81 und baute unter ihrer Herrschaft 300 verschiedene Bauten, darunter: Moscheen, Grabbauten, Karawansereien, Hospitale und Brücken. Die klassische Ausgewogenheit der Bauten des Architekten Sinan erinnern an den Baustil der Italiener. Wie andere Architekten vor ihm, stand auch Sinan vor der großen Herausforderung, Kuppelmoscheen auf mächtigen Pfeilern zu bauen und jene befriedigend mit dem Sockelbau zu verbinden. In der Prinzen Moschee (Sehzäde) in Istanbul errichtete der Architekt Sinan in den Hauptachsen vier Halbkugeln an der Zentralkuppel. Ein Jahrhundert später wurde diese Methode als Mustermodell für den Bau weiterer Moscheen genutzt. Beim Bau der Moschee des Suleymän I.82 beschränkte sich der Architekt Sinan auf lediglich zwei Halbkuppeln, die in der Längsachse vor die Mittelkuppel gelegt wurden. Zu beiden Seiten des Hauptraumes begleiten fünf kleinere Kuppeln die Längsachse. Die Moschee in Edirne83, die bereits angesprochen wurde, ist die Vollendung der Entwicklung der Kuppelmoscheen, denn sie ist das wohl größte Werk Sinans. Die Kuppel der Selimiye-Moschee ruht auf acht Pfeilern. Ihre Spannweite beträgt 31 Meter. Die Diagonalen sind mit vier Halbkuppeln besetzt. Dies wurde in der Selimiye-Moschee so umgesetzt, damit ein weiterer offener Raum geschaffen werden konnte.84
Erwähnenswert ist auch, dass sich Sinan ebenfalls mit der Innenarchitektur seiner Bauten intensiv beschäftigte. Dazu gehört „das unter der gewaltigen Kuppel geschaffene Volumen, die schönen Bögen, die mit alternierenden Wölbsteinen die Pfeiler verbinden, die fensterdurchbrochenen Fassadenbögen, der Mitteltambour und die mit Mosaik und Keramik reichgeschmückte Kuppel, die Wölbungen der vier Halbkuppeln mit ihrem mit Fenstern versehenen Tambour und ihrem Schmuck, und darunter der Rhythmus der Säulengänge unter den Seitengalerien, die prachtvolle Keramik, die die Mauern um Mihrab und Minbar bedeckt, die Giebel der Fenster im Erdgeschoss und die Mauern der dem Sultan vorbehaltenen Tribüne.“85
Alle genannten Eigenschaften der Innenausstattung schaffen eine Einheit der immer wiederkehrenden Motive (z.B. Bögen mit alternierenden Wölbsteinen an den Fenstern). Die Harmonie der Innenarchitektur gepaart mit den maßvollen Farben lassen Geist und Auge erfreuen. Die Innengestaltung der Moscheen des Sinan sollen wohl etwas Paradiesisches symbolisieren. Auch Sinan orientierte sich - wie viele andere vor ihm auch - an den Bauten der Byzantiner. Nachdem sich intensiv mit dem Außenleben der islamischen Architektur beschäftigt wurde, wird sich der Innenausstattung, sprich der Malerei, Teppichkunst, dekorativen Kalligraphie etc. gewidmet.
[...]
1 Schwarz H.-G., Orient-Okzident, Der orientalische Teppich in der westlichen Literatur, Ästhetik und Kunst, S. 26.
2 SuS ist eine Abkürzung für den Ausdruck „Schülerinnen und Schüler“ und wird fortlaufend in dieser Arbeit benutzt.
3 Siehe Tabelle im Anhang.
4 Vgl. Shabab A., What is Islam?, The Importance of being Islamic, S. 46.
5 Vgl Bauer T., Die Kultur der Ambiguität, Eine andere Geschichte des Islams, S. 192 ff.
6 Vgl Bauer T., Die Kultur der Ambiguität, Eine andere Geschichte des Islams, S. 192 ff.
7 Vgl. Blair S., Bloom J.M., The Mirage of Islamic Art: Reflections on the Study of an Unwieldy Field, S. 152 f.
8 Vgl. Brockhaus - Die Enzyklopädie, 20. Aufl., Bd. 12., in: Brockhaus (Hrsg.), Bd. 16, 21. Aufl., BrockhausEnzyklopädie. S. 93-94.
9 Vgl. Schweitzer F., Religionspädagogik, abrufbar unter: https://www.bibelwissenschaft.de/wirelex/das- wissenschaftlich-religionspaedagogische- lexikon/wirelex/sachwort/anzeigen/details/religionspaedagogik/ch/bc882cd8681943bb87352bd6b3f74e1a/.
10 Deutscher Duden, abrufbar unter: https://www.duden.de/suchen/dudenonhne/bildende+Kunst.
11 Vgl. Walter P., Bildende Kunst, Erläuterung des Begriffs, abrufbar unter: https://www.leben-im- holz. eu/kontakt/%C3%BCber-mich/bildende-kunst/.
12 Vgl. Deutscher Duden, abrufbar unter: https://www.duden.de/suchen/dudenonline/musik.
13 Vgl. Bauer T., Warum es kein islamisches Mittelalter gab, Das Erbe der Antike und der Orient, S. 54.
14 Deutscher Duden, abrufbar unter: https://www.duden.de/suchen/dudenonline/poesie.
15 Deutscher Duden, abrufbar unter: https://www.duden.de/suchen/dudenonline/darstellende%20kunst.
16 Vgl. Potratz J.A.H., Die Kunst des Alten Orient, Babylonien und Assyrien, Alt-Syrien/ Alt Anatolien und das Alte Persien, S. 1.
17 Vgl. Ebd., S. 22.
18 Matthiae P., Geschichte der Kunst im Alten Orient, S. 9.
19 Vgl. Potratz J.A.H., Die Kunst des Alten Orient, Babylonien und Assyrien, Alt-Syrien/ Alt Anatolien und das Alte Persien, S. 26 ff.
20 Vgl. Potratz J.A.H., Die Kunst des Alten Orient, Babylonien und Assyrien, Alt-Syrien/ Alt Anatolien und das Alte Persien, S. 33.
21 Vgl. Ebd., S. 35.
22 Vgl. Ebd., S. 37 f
23 Vgl. Ebd., S. 125.
24 Vgl. Potratz J.A.H., Die Kunst des Alten Orient, Babylonien und Assyrien, Alt-Syrien/ Alt Anatolien und das Alte Persien, S. 215 f.
25 Vgl. Akgural E., Orient und Okzident, Die Geburt der griechischen Kunst, S. 9.
26 Vgl. Ebd., S. 10 f
27 Vgl. Matthiae P., Geschichte der Kunst im Alten Orient, S. 11 f.
28 Vgl. Ebd., S. 13.
29 Vgl. Akgural E., Orient und Okzident, Die Geburt der griechischen Kunst, S. 19.
30 Vgl. Ebd., S. 21.
31 Vgl. Conti F., Wie erkenne ich islamische Kunst? Architektur, Skulptur, Malerei, S. 5 f.
32 Vgl. Brentjes B. Die Kunst der Mauren, S. 148.
33 Vgl. Ebd., S. 162.
34 Vgl. Heinrich G.F., Hinduistische und islamische Kunst Indiens, in: Prof. Dr. Mode H., Martin-Luther-Universität Halle (Hrsg.), Der indische Kunstkreis in Gesamtschau und Einzeldarstellungen, S. 159.
35 Umayyaden- die erste islamische Dynastie.
36 Vgl. Brentjes B. Die Kunst der Mauren, S. 156 f.
37 Vgl. Hillenbrand R., Kunst und Architektur des Islam, S. 12.
38 Vgl. Hillenbrand R., Kunst und Architektur des Islam, S. 12 f.
39 Vgl. Bisheh G., Damaskus, die erste Hauptstadt, in: Schubert E. (Hrsg.), Islamische Kunst am Mittelmeer, Faszinierende Entdeckungen, S. 42.
40 Vgl. Bisheh G., Damaskus, die erste Hauptstadt, in: Schubert E. (Hrsg.), Islamische Kunst am Mittelmeer, Faszinierende Entdeckungen, S. 42 f.
41 Ebd., S. 46.
42 Vgl. Ebd., S. 46.
43 Vgl. Hillenbrand R., Kunst und Architektur des Islam, S. 16 f.
44 Ebd., S. 17.
45 Vgl. Brandenburg D., Die Madrasa, Ursprung, Entwicklung, Ausbreitung und künstlerische Gestaltung der islamischen Moschee-Hochschule, S. 13.
46 Ebd., S. 1.
47 Vgl. Ebd., S. 8.
48 Vgl. Grube E., Welt des Islam, Architektur, Keramik, Malerei, Teppiche, Metallarbeiten, Schnitzkunst, S. 106 f.
49 Vgl. Schmid H., Die Madrasa des Kalifen Al-Mutansir in Baghdad, in: Deutsches Archäologisches Institut Abteilung Baghdad (Hrsg.), Baghdader Forschungen, Bd. 3., S. 32.
50 Iwane sind Audienzhallen von Medresen oder Moscheen.
51 Vgl. Papadopoulo A., Islamische Kunst, S. 277 f.
52 Vgl. Conti F., Wie erkenne ich islamische Kunst? Architektur, Skulptur, Malerei, S. 24 ff.
53 Vgl. Enderlein V., Islamische Kunst, S. 93.
54 Auch Almohaden genannt; eine berbisch-islamische Dynastie.
55 Vgl. Enderlein V., Islamische Kunst, S. 95.
56 Ein persischer Sultan aus dem 12. Jahrhundert.
57 Vgl. Papadopoulo A., Islamische Kunst, S. 264.
58 Eine schiitisch-islamische Dynastie, die ein Gegenkalifat zu den gleichzeitig herrschenden Abbasiden, einer sunnitisch-islamischen Dynastie, bildete.
59 Vgl. Brentjes B. Die Kunst der Mauren, S. 187.
60 Auch Muqarnas genannt, auf die im Folgenden überschaubar eingegangen wird.
61 Oberhaupt der türkischen Zengiden-Dynastie von 1146-74.
62 Vgl. Enderlein V., Islamische Kunst, S. 98 f.
63 Die Sassaniden waren eine schiitisch-islamische Dynastie.
64 Vgl. Conti F., Wie erkenne ich islamische Kunst? Architektur, Skulptur, Malerei, S. 10.
65 Vgl. Enderlein V., Islamische Kunst, S. 216.
66 Nischapur liegt im heutigen Iran.
67 Teil des Gewölbes, der den Übergang von einem mehreckigen Grundriss zu einer Kuppel bildet.
68 Horizontales Bauteil, welches aus einer Wand hervorgeht.
69 Das obere Ende einer Säule.
70 Vgl. Enderlein V., Islamische Kunst, S. 85.
71 Conti F., Wie erkenne ich islamische Kunst? Architektur, Skulptur, Malerei, S. 12.
72 Vgl. Ebd., S. 12.
73 Vgl. Enderlein V., Islamische Kunst, S. 211.
74 Besser bekannt unter seinem türkischen Ehrentitel Koca Mimar Sinan Aga.
75 Vgl. Grube E., Welt des Islam, Architektur, Keramik, Malerei, Teppiche, Metallarbeiten, Schnitzkunst, S. 138.
76 Die Nasriden, oder auch Banu Nasr, sind eine sunnitisch-maurische Dynastie.
77 Vgl. McSweeney A., Arthur von Gwinner und die Alhambra-Kuppel, in: Gonnella J., Kröger J., (Hrsg.), Wie die islamische Kunst nach Berlin kam, S. 89 f.
78 Yetkin S.K. L'Architecture en Turquie, S. 33.
79 Vgl. Papadopoulo A., Islamische Kunst, S. 281.
80 Suleymän I ., genannt „der Prächtige“ 1520-1566.
81 Auch bekannt als „Selim der Blonde“ 1566-1574.
82 Türk. Süleymaniye Camii.
83 Selimiye-Moschee; türkisch Edirne Selimiye Camii - erbaut für Sultan Selim II.
84 Vgl. Enderlein V., Islamische Kunst, S. 211.
85 Papadopoulo A., Islamische Kunst, S. 281.
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- Deniz Mikail Barut (Autor), 2020, Religionspädagogische Möglichkeiten durch islamische Ästhetik. Ein Einblick in das islamische Kunstwesen mit besonderer Berücksichtigung der bildenden Kunst, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/934526
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