Die epidemische und pandemische Ausbreitung einer Infektionskrankheit stellt heute in Deutschland und der Welt ein natürliches Phänomen dar. Jedoch ist das Ausmaß der Auswirkungen auf unser Gesundheitssystem sehr unterschiedlich. Während bei der saisonalen Grippe die Arbeitsabläufe in den meisten Gesundheitseinrichtung unverändert bleiben und vollkommen ausreichend sind, zeigen sich bei der Ausbreitung des neuen Covid-19 Virus schnell Grenzen.
Es besteht dringender Handlungsbedarf, nicht nur in der Umgestaltung von Hygieneabläufen, sondern ebenfalls in der Personalplanung und im Vorhalten von Schutzausrüstung. Ziel dieser Veröffentlichung ist es, diese Probleme darzustellen, die Grenzen am aktuellen Beispiel der Covid-19- Erkrankungen aufzuzeigen und Handlungsempfehlungen abzuleiten. Der Kern der Arbeit ist die Ursachenforschung. Der Rettungsdienst als Organisation mit dem ersten Patientenkontakt und den oftmals eingeschränkten Möglichkeiten, steht dabei im Mittelpunkt der Betrachtung.
Infektionskrankheiten stellen weltweit die häufigste Todesursache dar. Gerade in den Entwicklungsländern sterben rund 40 Prozent der Bevölkerung an Infektionen auf Grund von schlechten sozioökonomischen und hygienischen Bedingungen. Im 20. Jahrhundert konnten viele Infektionskrankheiten in Mitteleuropa durch verbesserte Lebensbedingungen und medizinischen Fortschritt zurück gedrängt werden, so dass nur noch etwa ein Prozent der Bevölkerung an Infektionskrankheiten sterben.
Trotz Fortschritt in Diagnostik und Therapie steigt diese Zahl seit einigen Jahrzehnten wieder an. Neben bekannten Erkrankungen, die sich wieder vermehrt ausbreiten, treten regelmäßig neue Formen in Erscheinung. Ursache hierfür sind die Resistenzentwicklung gegen Antibiotika, Veränderungen in der Gesellschaft, Technik und Umwelt sowie die zunehmende Globalisierung. Die Ausbreitung von Infektionskrankheiten wird durch die Möglichkeit, binnen kürzester Zeit um die Welt zu reisen, begünstigt. Natürliche Barrieren gibt es so gut wie keine mehr, somit stellen Infektionskrankheiten trotz aller hygienischer, therapeutischer und diagnostischer Errungenschaften eine große Herausforderung für die Gesundheitspolitik und -versorgung im 21. Jahrhundert dar.
I Inhaltsverzeichnis
I Inhaltsverzeichnis
II Abkürzungsverzeichnis
III Verzeichnisse
1 Einleitung
1.1 Motivationsgedanken
1.2 Fragestellung und Zielsetzung
1.3 Stand der Forschung
1.4 Gliederungsansatz
2 Epidemiologie
2.1 Entstehung und Verbreitung von Infektionskrankheiten
2.2 Infektionsschutz
2.3 Abgrenzung der Begriffe der Ausbreitung
2.4 Rolle des RKI im Bevölkerungsschutz
3 Anforderungen an das Hygienemanagement
3.1 Rechtsbegriffe und Sollbestimmungen
3.2 auf Bundesebene
3.3 auf Länderebene
3.4 im Bayerischen Roten Kreuz
4 Hygienemanagement im Rettungsdienst
4.1 Gesamtüberblick
4.2 Risikoeinschätzung
4.3 Kosten- Nutzen von Hygienemanagement
4.4 Kernprobleme der rettungsdienstlichen Hygiene
5 Problemanalyse beim Umgang mit Hygienestandards
5.1 Umsetzung von Hygienestandards
5.2 Grenzen von Hygienestandards
5.3 Strukturelle Ursachen
5.4 Individuelle Ursachen
6 Mögliche Präventionsmaßnahmen für den Rettungsdienst
6.1 staatliche Ebene
6.2 im Bayerischen Roten Kreuz
6.3 auf individueller Ebene
6.4 Nachhaltigkeit der Maßnahmen
7 Zusammenfassung
7.1 Fazit
7.2 Ausblick
IV Anlagen
V Literaturverzeichnis
II Abkürzungsverzeichnis
ArbMedVV Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge
BÄK Bundesärztekammer
BAuA Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin
BayRDG Bayerisches Rettungsdienstgesetz
BBK Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe
BfArM Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte
BGM Bundesministerium für Gesundheit
BGW Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege
BpB Bundeszentrale für politische Bildung
BRK Bayerisches Rotes Kreuz
Destatis Statistisches Bundesamt
DGUV Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung
HIV Human immunodeficiency virus
IfSG Infektionsschutzgesetz
ITK Infektionstransportkategorie
KRINKO Richtlinie für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention
LARE Bayerische Landesarbeitsgemeinschaft Resistente Erreger
LGL Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit
LGST Landesgeschäftsstelle
MedHygV Verordnung zur Hygiene und Infektionsprävention in medizinischen Einrich-tungen
MPBetreibV Medizinprodukte-Betreiberverordnung
MPG Medizinproduktegesetz
MRSA Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus
NCBI National Center for Biotechnology Information
PSA Persönliche Schutzausrüstung
QM Qualitätsmanagement
RAPEX Generaldirektion Gesundheit und Verbraucherschutz der Europäischen Kommission
RKI Robert Koch-Institut
SARS Schweres Akutes Respiratorisches Syndrom
StMGP Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit und Pflege
TRBA 205 Teschnische Regel Bilogische Arbeitsstoffe
WHO Weltgesundheitsorganisation
III Verzeichnisse
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 Zeitlicher Verlauf der Publikationen
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1 Begriffe der Ausbreitung von Infektionskrankheiten
Tabelle 2 Einstufung des Übertragungsrisikos für den Patiententransport
Tabelle 3 Zuordnung der Schutzstufen nach TRBA 250
Tabelle 4 Aufwandsvergleich
Anlagenverzeichnis
Anlage 1 Chronologie Covid-19-Pandemie
Anlage 2 Beispielrechnung Bedarf an Schutzausrüstung
1 Einleitung
Infektionskrankheiten stellen weltweit die häufigste Todesursache dar. Gerade in den Entwicklungsländern sterben rund 40 Prozent der Bevölkerung an Infektionen auf Grund von schlechten sozioökonomischen und hygienischen Bedingungen. Im 20. Jahrhundert konnten viele Infektionskrankheiten in Mitteleuropa durch verbesserte Lebensbedingungen und medizinischen Fortschritt zurück gedrängt werden, so dass nur noch etwa ein Prozent der Bevölkerung an Infektionskrankheiten sterben (Hellenbrand, 2003: 7; Spors, 2009: 11).
Trotz Fortschritt in Diagnostik und Therapie steigt diese Zahl seit einigen Jahrzehnten wieder an. Neben bekannten Erkrankungen, die sich wieder vermehrt ausbreiten, treten regelmäßig neue Formen in Erscheinung. Ursache hierfür ist die Resistenzentwicklung gegen Antibiotika, Veränderungen in der Gesellschaft, Technik und Umwelt, sowie die zunehmende Globalisierung. Die Ausbreitung von Infektionskrankheiten wird durch die Möglichkeit binnen kürzester Zeit um die Welt zu reisen begünstigt. Natürliche Barrieren gibt es so gut wie keine mehr, somit stellen Infektionskrankheiten trotz aller hygienischer, therapeutischer und diagnostischer Errungenschaften eine große Herausforderung für die Gesundheitspolitik- und -versorgung im 21. Jahrhundert dar (Hellenbrand, 2003: 7; LGL, 2020a: o.S.).
Eine länder- und kontinentübergreifende Ausbreitung einer Infektionskrankheit ist somit heute ein natürliches Phänomen. Diese pandemischen Ausbreitungen sind im Vorfeld auf Grund ihrer Ursachen und Auswirkungen mit großen Unsicherheiten behaftet. Um Gegenmaßnahmen zu treffen werden historische Denkweisen, Statistiken und Analysen vorangegangener Epidemien und Pandemien, sowie bereits gemachte Erfahrungen herangezogen. Der zeitliche Forschungsschwerpunkt liegt daher retroperspektiv im 18. und 19. Jahrhundert (LGL, 2020a: o.S., 2020b: o.S.; Vögele et. al, 2016: 3 f.).
Großschadensfälle und Katastrophen sind für die meisten Unternehmen eine möglichst seltene Ausnahme. Dennoch müssen sich Unternehmen auf solche Fälle vorbereiten. Ziel ist es nicht nur den Produktionsprozess am Laufen zu halten, sondern auch die Mitarbeiter vor Schaden zu bewahren. Die rasante Ausbreitung einer Infektionskrankheit ist im Grunde nichts anderes als ein Großschadensfall, trotz einiger Unterschiede. Der Ausbruch einer Influenzaepidemie beispielsweise, hat auf die gesamte Bevölkerung Auswirkungen und erfordert koordinierte örtliche Maßnahmen (BBK, 2010a: 9 f.; LGL, 2020b: o.S.)
Besondere Bedeutung kommt dabei den Organisationen im Gesundheitswesen zu. Unter dem Aspekt des Krisenmanagements kann die epidemische Ausbreitung einer Infektionskrankheit dazu führen, dass das übliche Hygienemanagement überfordert ist und zusätzliche Strukturen geschaffen werden müssen. Mit dem Pandemic Preparedness Project legte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bereits einen internationalen Pandemieplan vor. Dieser Plan ist Bestandteil und Grundlage der Nationalen Katastrophenversorgungsplanung und wird in Deutschland laufend aktualisiert (RKI, 2015: 99).
Die aktuelle Ausbreitung der Infektionskrankheit Covid-191 zeigt nicht nur in Deutschland allgemein, sondern auch insbesondere im Rettungsdienst Bayern deutliche Schwachstellen im Umgang mit dieser. Die Herausforderung besteht darin die Balance zwischen rettungsdienstlicher Versorgung der Bevölkerung und dem gebotenen Eigenschutz des Rettungsdienstpersonals zu gewährleisten.
1.1 Motivationsgedanken
In den letzten Jahren lassen sich im Rettungsdienst steigende Anforderungen in vielfältigen Bereichen beobachten. Nicht nur das stetig steigende Einsatzaufkommen beeinflusst den Arbeitsalltag der Rettungsdienstmitarbeiter, auch zunehmende Anforderungen an Einheitlichkeit und Qualität nehmen zu. Nicht zu Letzt hat der demographische Wandel und die Bevölkerungsentwicklung einen starken Einfluss auf die Arbeit der Rettungskräfte. Patienten haben wachsende Anforderungen an ihre Behandlung und Notärzte sind nicht mehr flächendeckend vorhanden. Diese Versorgungslücke müssen Rettungsassistenten mit erweiterten Kompetenzen nun schließen. Der Gesetzgeber erkannte den dringenden Handlungsbedarf und novellierte das Rettungsdienstgesetz 2014 neu. Die bisher höchste Qualifikation des Rettungsassistenten wurde durch den Notfallsanitäter mit erweiterter Ausbildung und neuen Kompetenzen ersetzt.
Die Autorin ist seit 2007, seit 2017 als Notfallsanitäterin, im Rettungsdienst in Bayern tätig. Zum Einsatzgebiet gehört das eher ländlich geprägte Gebiet rund um Kulmbach. Das Bayerische Rote Kreuz (BRK) Kulmbach ist hier auf drei Rettungswachen mit rund 60 Mitarbeitern stationiert. In der täglichen Praxis konnte der Wandel im Rettungsdienst beobachtet und spürbar nachvollzogen werden. Ebenfalls wurde von der Autorin beobachtet, dass der zunehmende Anspruch von allen Seiten auf die Mitarbeiter des Rettungsdienstes nicht nur positive Entwicklungen fördert, sondern ebenfalls negative Auswirkungen zeigt. Oftmals geht im Wirrwarr der geforderten Maßnahmen der Blick für wesentliche Basismaßnahmen verloren. Bestes Beispiel sind die regelmäßigen, wöchentlichen Standardhygienemaßnahmen für die Fahrzeugpflege die von einigen Mitarbeitern eher halbherzig ausgeführt werden.
In der jüngsten Entwicklung der Covid-19 Infektion, sind aber gerade die häufig vernachlässigten Hygienemaßnahmen von größter Bedeutung. Nicht nur Mitarbeiter sind durch Mängel in den Hygienemaßnahmen gefährdet, sondern auch Patienten, Angehörige und Dritte. Die Motivation der Autorin ist es, die auftretenden Mängel im Umgang mit Hygiene und deren Ursachen im Zusammenhang mit der rasanten Ausbreitungen von Infektionen, am aktuellen Beispiel Covid-19 zu untersuchen. Aus den gewonnenen Ergebnissen sollen Handlungsempfehlungen entwickelt werden um den Mitarbeiter zu schützen, Patienten bestmöglich zu versorgen und die Weiterverbreitung der Erreger durch den Rettungsdienst zu minimieren. Eine Chronologie der Covid-19-Pandemie zur weiteren Information, befindet sich in Anlage 1.
1.2 Fragestellung und Zielsetzung
Die epidemische und pandemische Ausbreitung einer Infektionskrankheit stellt heute in Deutschland und der Welt ein natürliches Phänomen dar. Jedoch ist das Ausmaß der Auswirkungen auf unser Gesundheitssystem sehr unterschiedlich. Während bei der saisonalen Grippe die Arbeitsabläufe in den meisten Gesundheitseinrichtung unverändert bleiben und vollkommen ausreichend sind, zeigen sich bei der Ausbreitung des neuen Covid-19 Virus schnell Grenzen. Es besteht dringender Handlungsbedarf, nicht nur in der Umgestaltung von Hygieneabläufen, sondern ebenfalls in der Personalplanung und in der Vorhaltung von Schutzausrüstung.
Ziel der Arbeit ist es diese Probleme zu erkennen und die Grenzen am aktuellen Beispiel der Covid-19 Erkrankungen aufzuzeigen, sowie mögliche Handlungsempfehlungen zu erstellen. Der Kern der Arbeit ist die Ursachenforschung. Gerade der Rettungsdienst als Organisation mit dem ersten Patientenkontakt und den oftmals eingeschränkten Möglichkeiten, steht besonders im Mittelpunkt der Betrachtung.
Im Verlauf der weiteren Arbeit wird auf die unterschiedlichen Begrifflichkeiten der Pandemie und Epidemie genauer eingegangen. An dieser Stelle möchte die Autorin jedoch anmerken, dass für den nationalen Umgang im Hygienemanagement diese Unterscheidung keine große Rolle spielt. Der Kern der Problematik liegt in der rasanten Ausbreitung einer noch unbekannten Infektionskrankheit, das globale Verbreitungsgebiet oder die regionalen Eingrenzungen, spielen bei der Betrachtung einer nationalen Ausbreitung keine Rolle.
1.3 Stand der Forschung
Die durchgeführte Literaturrecherche hat ergeben, dass der epidemiologische Forschungsschwerpunkt im 18. und 19. Jahrhundert liegt. Die Forschungsausrichtung erfolgt retroperspektiv und versucht Ursachen und Wirkungen aufzudecken und Präventionsmaßnahmen für die Zukunft abzuleiten. Ein weiterer Forschungsschwerpunkt beschäftigt sich mit der Frage nach den kollektiven Ängsten die Seuchen auslösen und dem Bedürfnis nach Erklärungen und Kontrolle (Axelsson, 2009: 23 ff.).
Das Robert Koch-Institut (RKI) führt eine Liste mit 127 bekannten Erregern, gruppiert nach ihrer Bedeutung für die Forschung. Erreger der bedeutsamsten Gruppe sind unter anderem HIV, Influenza, Legionellen, Masern und Tuberkulose (Thießen, 2014: 34; Vögele et. al, 2016: 21). Anhand dieser Liste werden heutige Forschungen ausgerichtet. Die Forschungsgebiete des 19. und frühen 20. Jahrhunderts waren die Cholera, Typhus oder die Pocken (Vögele et. al, 2016: 21). All diese Erreger waren bereits Ursache für epidemische oder pandemische Ausbreitungen von Infektionskrankheiten. Trotz dieser zahlreichen Forschungen bleiben noch viele Fragen offen und es besteht weiterhin ein hoher Forschungsbedarf.
Die WHO forderte schon längst, bei künftigen Studien den Zusammenhang zwischen Wetter, Klima und der Gesundheit mehr zu beachten (BfArM, 1999: 422 ff.). Während der aktuellen Ausbreitung von Covid-19 rückt besonders der Forschungsbedarf von Vorerkrankungen und deren Einfluss auf Krankheitsverläufe und Todeszahlen in den Vordergrund der Betrachtung (Beispielstudie: „CoViD-19 e malattie croniche: conoscenze attuali, passi futuri e il progetto MaCroScopio“ (Martini et. al, 2020: o.S.)), aber auch die geforderte Wechselwirkung zwischen Erkrankung und Umwelt wird mehr untersucht (Beispielstudie: „Development of an Assessment Method for Investigating the Impact of Climate and Urban Parameters in Confirmed Cases of COVID-19: A New Challenge in Sustainable Development“ (Pirouz et. al, 2020: o.S.)).
Trotz dieser Vielzahl von Forschungen, bleiben die Auswirkungen von Epidemien oder Pandemien auf den Rettungsdienst stets unbeachtet. Finsterer et. al und Kaden haben die geringe wissenschaftliche Daten- und Empfehlungslage für die rettungsdienstliche Hygiene als sehr eingeschränkt beschrieben (Finsterer et. al, 2015: 289; Kaden, 2016: 20). Die Autorin konnte die mangelhafte Datenlage bei ihrer Recherche bestätigen. Als Beispiel sollen die Ergebnisse der Datenbanksuche [Stand 05.05.2020], in einer der größten medizinischen Internetdatenbanken „PubMed“ dienen. Während bei der Eingabe der Suchbegriffe „research, epidemic, impact“ immerhin 5932 Treffer zu verzeichnen waren, reduzierte sich deren Anzahl auf 8 bei der Suche nach „research, epidemic, rescue service“. Der Begriff „epidemic“ wurde bei einer weiteren Suche durch den Begriff „pandemic“ ersetzt und es zeigten sich noch weniger Treffer. Ohne den Begriff „rescue service“ wurden 1648 Beiträge gemeldet und mit „rescue service“ lediglich 8.
Abbildung 1 zeigt dabei den gekürzten zeitlichen Verlauf der Publikationen. Dies lässt auf ein steigendes Interesse an Forschungen und Daten zu Infektionskrankheiten schließen. (NCBI, 2020: o.S.). Eine ähnliche Datenlage ergab die Suche in anderen Datenbanken.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1 Zeitlicher Verlauf der Publikationen (eigene Darstellung nach (NCBI, 2020: o.S.) )
Somit lässt sich festhalten, trotz ständiger und zum Teil umfangreicher Studien zum Thema Infektionskrankheiten, ihrer Ausbreitung und Wirkung bleiben Forschungslücken offen. Vergleichsweise kleine Organisationen im Gegensatz zu den Kliniken, wie der Rettungsdienst oder präklinischen Versorgungseinrichtungen bleiben in den meisten Fällen unbeachtet. Nach Ansicht der Autorin müssen zukünftige Forschungen die Auswirkungen in diesen kleineren Bereichen, der Bevölkerungsversorgung ebenso untersuchen wie im klinischen Bereich, da gerade Rettungsdienste und Hausärzte einen engen Kontakt zu ihren Patienten und einen hohen Patientendurchlauf haben und so Erreger schnell unter der Bevölkerung verteilen können.
1.4 Gliederungsansatz
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit den Grenzen bestehender Hygienestandards in Zeiten von pandemischer Ausbreitung einer Infektionskrankheit. In Kapitel 2 erfolgt eine kurze Einführung zur Entstehung und Verbreitung von Infektionskrankheiten, sowie die begriffliche Abgrenzung von Pandemie und Epidemie. Desweiteren wird die Rolle des Robert Koch Institutes im Bevölkerungsschutz betrachtet. Die gesetzlichen Anforderungen an das Hygienemanagement werden in Kapitel 3 vorgestellt. In Kapitel 4 soll insbesondere auf das Hygienemanagement im Rettungsdienst eingegangen werden. Nach einem kurzen Gesamtüberblick über Standardhygienemaßnahmen im Rettungsdienst, wird die Risikoeinschätzung vorgenommen. Es folgt eine kritische Untersuchung der Kosten und des Nutzen von Hygienemanagement. Im Anschluss erfolgt ein Abriss über die Kernprobleme der rettungsdienstlichen Hygiene in Abgrenzung zu anderen Gesundheitseinrichtungen. Kapitel 5 analysiert Probleme beim Umgang mit Hygienestandards und dessen Ursachen. Mögliche Präventionsmaßnahmen für den Rettungsdienst auf Bundeseben, im Bayerischen Roten Kreuz und auf individueller Ebene und dessen Nachhaltigkeit bilden den Kerninhalt von Kapitel 6. Den Abschluss der Arbeit bilden eine kurze Zusammenfassung, ein Fazit der Ergebnisse und ein Ausblick auf zukünftige Handlungsoptionen.
2 Epidemiologie
Epidemiologie ist ein Teilgebiet der Gesundheitswissenschaften und hat einen engen Bezug zum Public Health. Während Hygiene das Auftreten von Krankheiten in ihrer Umwelt verfolgt, befasst sich Epidemiologie mit der Verteilung von Krankheiten und deren physikalischen, chemischen, psychischen und sozialen Faktoren. Ebenso werden die Folgen von Krankheiten in der Bevölkerung untersucht (RKI, 2015: 36).
Epidemiologen untersuchen demnach drei epidemiologische Fragen:
1. Wer erkrankt?
2. Wo treten die Erkrankungen auf?
3. Wann tritt eine Erkrankung auf?
Die Infektionsepidemiologie dient der Überwachung von Infektionskrankheiten und legt fest welche davon meldepflichtig sind (LGL, 2020a: o.S.). Damit ist sie Teilgebiet der Epidemiologie und befasst sich im Gegensatz zu dieser ausschließlich mit Infektionskrankheiten. Desweitern werden Faktoren welche die Entstehung von Infektionskrankheiten beeinflussen und das Ausmaß der Verbreitung untersucht. Die gewonnen Erkenntnisse dienen der Bekämpfung und Verhütung von Infektionskrankheiten (RKI, 2015: 36).
Epidemiologische Daten bilden die Grundlage des Bevölkerungsschutzes und sind eine wichtige Grundlage für die gesundheitspolitische Planung, die Qualitätssicherung der Versorgung und die Gesundheitsberichterstattung (LARE, 2019: o.S.; Suttorp, Berg, 2004: 2).
2.1 Entstehung und Verbreitung von Infektionskrankheiten
Unter einer Infektion versteht man die Ansiedelung eines pathogenen Erregers im Körper eines Wirts, mit der Anschließenden Vermehrung und der daraus resultierenden Erkrankung. Pathogen ist ein Erreger immer dann, wenn er eine Krankheit verursachen kann (LARE, 2019: o.S.; Wiedenmann et. al, 2011: 1 f.).
Grundlage der Infektion bildet die Möglichkeit des Eindringens von Erregern in den Organismus. Wichtige Eintrittspforten sind dabei die Haut und Schleimhäute, Wunden, Punktionsstellen und Insektenstiche.
Voraussetzungen für das Entstehen von Infektionskrankheiten sind; ein pathogener Erreger mit seinen spezifischen Eigenschaften, ein Übertragungsweg und ein Wirtsorganismus mit der Eigenschaft der Empfänglichkeit (Suttorp, Berg, 2004: 3). Nachdem ein Mensch infiziert ist bestehen verschiedene Möglichkeiten der Infektionsübertragung. Erreger können direkt von Mensch zu Mensch, als auch indirekt über Zwischenwirte oder Oberflächen erfolgen. Unterschieden werden dabei verschiedene Übertragungswege. Durch Tröpfcheninfektionen werden Erreger durch Aerosole über die Luft übertragen. Die Übertragung erfolgt dabei fast ausschließlich über die Inhalation und die Besiedelung der Schleimhäute der Atemwege. Eine Infektion über Hautverletzungen ist möglich, jedoch selten. Kontakt- und Schmierinfektionen entstehen in Folge von Berührung mit erregerhaltigem Material. Dies kann direkt durch Blut, Kot, Eiter, oder Ähnlichem, als auch indirekt über Wasser, Staub und Aerosolfilm erfolgen. Zu diesen Übertragungswegen gehört ebenso die Fäkal-orale Übertragung als auch die Sexuelle Übertragung . Weitere Übertragungswege sind die Parenterale Übertragung durch direktes einbringen der Erreger in den Organismus (Impfungen, Transfusionen, Akkupunktur), die Vektorielle Übertragung durch einen Zwischenwirt (Insektenstiche und -bisse) und die Übertragung von der Mutter auf das Kind meist während oder nach der Geburt (Gruber et. al, 2012: 44; LGL, 2020a: o.S.; Pschyremble, 2017: 862; Wiedenmann et. al, 2011: 23 f.).
2.2 Infektionsschutz
Infektionsschutz soll der Übertragung von Infektionskrankheiten beim Menschen vorbeugen oder bereits bestehende Infektionskrankheiten frühzeitig erkennen und bekämpfen (IfSG 2020: 5). Medizinische, administrative, organisatorisch-technische und rechtliche Maßnahmen, sowie Verhaltensempfehlungen haben das Ziel den einzelnen Menschen und die gesamte Bevölkerung vor Infektionen zu schützen. Ebenso wie die Epidemiologie ist der Infektionsschutz eine interdisziplinäre Teilaufgabe der Gesundheitswissenschaften. Die Infektionsepidemiologie bildet hierfür eine wichtige theoretische Grundlage. Ebenso müssen Erkenntnisse aus der Infektiologie, der Mikrobiologie und der Hygiene beachtet werden (RKI, 2015: 74).
Maßnahmen des Infektionsschutzes
Maßnahmen der Bekämpfung haben das Ziel bereits bestehende Krankheitsfälle zu erfassen, zu bekämpfen und die von ihnen ausgehende Infektionsgefahr zu beseitigen. Maßnahmen der Prävention unterscheiden sich in Infektionsprävention und Infektionsprophylaxe. Bei der Ersten wird das Ziel verfolgt Maßnahmen zu ergreifen, die ein Zustandekommen von Infektionen und deren Krankheiten zu verhindern, Infektionsverläufe günstig zu beeinflussen und schädliche Folgen abzumildern oder ihnen entgegen zu wirken. Auch die Vorbereitung auf mögliche Epidemien fällt in den Bereich der Infektionsprävention (RKI, 2015: 74). Gezielte vorbeugende, medizinische Maßnahmen werden als Infektionsprophylaxe bezeichnet. Das Ziel ist Infektionen am Menschen zu verhindern (RKI, 2015: 73).
Zuständigkeiten
Die Bevölkerung vor dem Gefährdungspotenzial durch Infektionserreger zu schützen ist die zentrale Aufgabe des öffentlichen Gesundheitsdienstes. Voraussetzung dafür sind geeignete und zuverlässige Meldeverfahren, optimale Kommunikationssysteme und eine gute Zusammenarbeit der staatlichen Behörden, Forschungseinrichtungen, Zentren der Diagnostik und den Akteuren der Patientenversorgung. Die Verantwortung im Speziellen tragen der Staat (für die Allgemeinheit), die Leiter von Betrieben und Einrichtungen (für ihren Verantwortungsbereich) und jeder einzelne Bürger (im Sinne der Eigenverantwortung). Alle Beteiligten sollen nach dem aktuellsten Stand der medizinischen und epidemiologischen Wissenschaft, unter Einsatz und mit Unterstützung der neusten Technik handeln (LGL, 2020a: o.S.; IfSG 2020: o.S.; RKI, 2015: 74).
Nach dem Infektionsschutzgesetz ist das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) die für Bayern zuständige zentrale Meldestelle, mit der Aufgabe der Erstellung epidemiologischer Auswertung über das Auftreten und die Verteilung von Infektionskrankheiten in Bayern (LGL, 2020a: o.S.).
2.3 Abgrenzung der Begriffe der Ausbreitung
Folgende epidemiologische Begriffe tragen zur Charakterisierung der Ausbreitung von Infektionskrankheiten bei. Merkmale der Ausbreitung sind immer das räumliche, zeitliche und quantitative Auftreten von Krankheiten.
Treten Krankheiten in allen drei Kategorien nur als Einzelfälle, auf spricht man von einem sporadischen Auftreten . Von einer Endemie wird ausgegangen, wenn in einem bestimmten Gebiet oder einer bestimmten Bevölkerungsgruppe eine Erkrankung gehäuft aber zeitlich unbegrenzt, im Vergleich zu anderen Regionen oder Bevölkerungsgruppen auftritt (die ständige Bedrohung). Dabei muss das Maß der Ausbreitung und Anzahl der Erkrankten nicht immer gleich bleiben (RKI, 2015: 32). Beide Begriffe stellen eine Ausbreitungsform von Infektionskrankheiten dar, die keine gesonderten Hygienemaßnahmen im Sinne eines Pandemieplans bedürfen.
Tritt die Erkrankung zwar gehäuft, aber zeitlich und örtlich begrenzt auf handelt es sich um eine Epidemie . Obwohl früher als Seuchengeschehen bezeichnet, ist das Vorliegen einer Infektionskrankheit keine zwingende Bedingung einer Epidemie. Ebenfalls ist es nicht entscheidend wie viele Menschen erkranken oder ob bestimmte Bevölkerungsgruppen besonders gefährdet sind. Charakteristisch ist jedoch, dass ein hoher oder überdurchschnittlich hoher Anteil der Bevölkerung betroffen ist (RKI, 2015: 34; Wiedenmann et. al, 2011: 25).
Die Pandemie bezeichnet das weltweite Auftreten einer Infektionskrankheit innerhalb eines begrenzten Zeitraumes. Charakteristisch ist das neu Auftreten in Verbindung mit einer starken Ausbreitung und einer hohen Zahl von Erkrankten. In der Regel ist mit schweren Krankheitsverläufen zu rechnen. Die Deklaration als Pandemie erfolgt durch die WHO (RKI, 2015: 99).
Tabelle 1 Begriffe der Ausbreitung von Infektionskrankheiten (eigene Darstellung)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Folgende Tabelle 1 soll nochmals die Unterscheidungsmerkmale der verschieden Begriffe verdeutlichen und mit einem Beispiel versehen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2.4 Rolle des RKI im Bevölkerungsschutz
Das RKI ist ein Bundesinstitut des Bundesministeriums für Gesundheit. Im Gegensatz zur WHO, welche als weltweit anerkannte Institution gilt, ist das RKI das zentrale, nationale Institut für Infektionskrankheiten (RKI, 2020b: o.S.).
Im § 4 Infektionsschutzgesetz (IfSG) sind die Aufgaben des RKI festgelegt. Hauptaufgabe ist die Vorbeugung übertragbarer Krankheiten durch frühzeitiges Erkennen und Verhinderung der Weiterverbreitung von Infektionskrankheiten. Das RKI führt epidemiologische und laborgestützte Analysen und Forschungen zu Ursache, Diagnostik und Prävention durch um dieses Ziel zu erreichen. Dabei arbeitet das RKI eng mit den jeweils zuständigen Behörden und anderen Einrichtungen zusammen. Auf Ersuchen dieser Behörden leistet das RKI Amtshilfe und stellt Forschungsdaten und Studien zur Verfügung (IfSG 2020: o.S.; RKI, 2020b: o.S.).
Das RKI erstellt gemeinsam mit den Fachkreisen der Bundesbehörden als Maßnahme der Infektionsprävention Richtlinien, Empfehlungen, Merkblätter oder sonstiges Informationsmaterial zur Vorbeugung, Erkennung und Verhinderung von Infektionskrankheiten. Dies stellt den generellen gesetzlichen Auftrag des RKI dar. Desweiteren werden Daten von meldepflichtigen Krankheiten nach dem IfSG ausgewertet und die Ergebnisse den Behörden und Institutionen zur Verfügung gestellt. Die Daten werden ebenfalls regelmäßig veröffentlicht und zunehmend der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Im Rahmen der erstellten Richtlinien und Gesetzen kommt dem RKI eine Überwachungsfunktion zu (IfSG 2020: o.S.; RKI, 2020b: o.S.).
Das RKI arbeitet eng mit ausländischen Stellen und internationalen Organisationen, sowie der WHO zusammen. Im Rahmen der Zusammenarbeit soll die grenzüberschreitende Ausbreitung von Infektionen möglichst verhindert werden. Um Gefahren abzuwehren und im Rahmen der frühzeitigen Erkennung und Verhinderung der Weiterverbreitung von schweren Infektionskrankheiten darf das RKI personenbezogene Daten verarbeiten, zum Beispiel bei der Kontaktpersonennachverfolgung (IfSG 2020: o.S.; RKI, 2020b: o.S.).
Das RKI nimmt eine zentrale Rolle bei der Früherkennung von gesundheitlichen Gefährdungen und Risiken ein. Die Richtlinien und Empfehlungen geben den aktuellen Stand der Forschung wieder und sind in betrieblichen Hygienemanagements verbindend umzusetzen.
Kritische Betrachtung auf Grund der aktuellen Entwicklung
Seit seinem langen Bestehen stand das RKI noch nie so im Fokus der Öffentlichkeit wie in der aktuellen Covid-19-Krise. Nicht nur die Entscheidungen der Politik hängen von den vom RKI veröffentlichten Daten und Fakten ab, auch das Interesse der Öffentlichkeit steigt zunehmend. Doch die Kritik am RKI und dem System der politischen Beeinflussung wird immer lauter.
Im Zentrum der Kritik steht dabei nicht nur die Verwirrung um die Zahlen der Covid-19-Infizierten, sondern auch das politische Vorgehen in der Krise. Noch im Januar 2020 wurden durch das RKI, unterstützt von Gesundheitsminister Spahn, beruhigende Botschaften an die Bevölkerung gesendet. Infektionsrisiko und -verbreitung wurden als unwahrscheinlich und gering eingestuft. Vergleiche mit der saisonalen Grippe wurden vollzogen und frühzeitige Maßnahmen, mit dem Verweis auf das gute Gesundheitssystem in Deutschland, abgetan. Bis Mitte März wurde das Risiko für Deutschland immer noch als gering bis mäßig eingeschätzt. Erst nachdem einzelne Bundesländer bereits begonnen hatten die Schulen zu schließen, wurde das Risiko von Seiten des RKI als hoch eingestuft (Feldhof, Pontzen, 2020: o.S.; Lippl, Greil, 2020: o.S.; Tillack, 2020: o.S.). Kritisch ist dieses Vorgehen deshalb zu betrachten, da die WHO bereits Ende Januar die neuartige Covid-19-Erkrankung zur gesundheitlichen Notlage von internationaler Tragweite erklärt hat. Es wurden in eben diesem Zeitraum bereits Empfehlungen zum frühzeitigen Handeln herausgegeben und alle Staaten aufgefordert diese Umzusetzen. Im März als das Risiko in Deutschland noch als gering eingestuft wurde, hatte die WHO Covid-19 bereits zur Pandemie erklärt (WHO, 2020a: o.S.).
Druck kam vor allem aus den Ministerien der einzelnen Bundesländer. Die Minister forderten Spahn und das RKI auf endlich Maßnahmen gegen die beginnende Epidemie in Deutschland zu ergreifen. Doch nun stand ganz Deutschland unter den geforderten und umgesetzten Einschränkungen des öffentlichen Lebens. Wieder gerät das RKI unter Druck. Das anfängliche Zögern beim sogenannten »Lockdown» setzte sich bei den gewünschten Lockerungen dieser Maßnahmen fort. Klare Aussagen zu Infektions- und Reproduktionszahlen liefert das RKI nicht, im Gegenteil, den Rufen nach Lockerung wird die Androhung einer zweiten oder dritten Infektionswelle entgegen gestellt. Politik und RKI streiten in allen Tagesmedien um diese Zahlen und um Verantwortungen (Feldhof, Pontzen, 2020: o.S.; Tillack, 2020: o.S.). Kritik kommt vor allem von Experten die das methodische Vorgehen des RKI nun in Zweifel ziehen und die Feststellung, dass lange Zeit Experten gegenteiliger Meinung in den Medien unterdrückt wurden um die Position des RKI in der Krise zu stärken (Schrappe et. al, 2020: 4 f.).
Bei der Bevölkerung löst dies indes konträres Verhalten aus. Demonstrationen gegen die Maßnahmen werden organisiert und in den sozialen Medien spalten sich die Meinungen der deutschen Bevölkerung in »Dafür« und »Dagegen« (Giebel et. al, 2020: o.S.). Bundesgesundheitsminister Spahn fordert:
„Es geht um die richtige Balance von öffentlichem Leben, Gesundheitsschutz, Wirtschaft, den Interessen des Einzelnen und denen der Gesellschaft. All das verdient eine grundsätzliche und kontroverse Debatte.“ (BGM, 2020a: o.S.)
Beim Blick in die sozialen Medien geht diese Forderung jedoch unter. Es wird der Eindruck erweckt, dass gegenteilige Meinungen nicht akzeptiert und unerwünscht sind.
Martin Voss, Risikoforscher in Berlin, kritisierte bereits Ende Februar:
"Keiner will der Alarmierer sein, stattdessen warnen lieber alle vor Panik, als ob diese das eigentliche Problem sei […] die Forschung zeige sehr deutlich, dass die Menschen durch eine offene Informationspolitik viel weniger verunsichert werden, als wenn immer wieder gemeldet wird, man habe alles im Griff - obwohl die Bilder längst eine andere Sprache sprechen". (Tillack, 2020: o.S.).
Zum gleichen Schluss der dysfunktionalen Äußerungen kommt das Expertengremium von Schrappe et. al in ihrem Thesenpapier 2.0. Sie werfen dem RKI-Präsidenten Wieler vor, unbelegbare Voraussagen als Fakten darzustellen und dem Gesundheitsminister Spahn, zu lange nichts oder nichts ausreichendes getan zu haben (Schrappe et. al, 2020: 61).
Fazit
Eine genaue Betrachtung inwieweit Maßnahmen angemessen und gerechtfertigt sind, kann zum momentanen Zeitpunkt nicht erfolgen. Die wissenschaftliche Datenlage ist nicht nur gering, sondern aktuell nicht vorhanden. Erst nach dem Ende der Krise kann und muss eine wissenschaftliche Aufarbeitung erfolgen. Stimmungen und Meinungsabbilder können zwar der Tagespresse entnommen werden, sie bilden jedoch keine Grundlage auf Grund derer wissenschaftliche Erkenntnisse gewonnen werden können. Die Krise zeigt jedoch; keiner möchte die Verantwortung für fehlerhaftes Handeln tragen. Aus Angst davor werden Maßnahmen beschlossen mit dem Verweis auf die vom RKI gelieferte Datenlage ohne weitere Experten zu hören oder die Datenerhebung kritisch zu hinterfragen. Dies lässt den Eindruck entstehen, das RKI hat in Deutschland eine uneingeschränkte politische Macht. Aufgabe und Tätigkeit des RKI ist und bleibt jedoch die Beratung der Regierung in Gesundheitsfragen. Politische Entscheidungen werden auf anderer Ebene getroffen.
3 Anforderungen an das Hygienemanagement
Die Hygiene oder Gesundheitslehre beschäftigt sich mit den Wechselbeziehungen zwischen Mensch und Umwelt und deren Einflüsse auf die Gesundheit. Infektionserreger sind in diesem Sinne störende Umweltfaktoren. Ziel von Hygiene ist Prävention, um die Entstehung und Ausbreitung von Infektionskrankheiten zu verhüten und Gesundheitsförderung, um die Gesundheit oder Leistungsfähigkeit des Menschen zu erhalten oder zu steigern. Dabei geht es nicht nur um die Gesundheit des Einzelnen, sondern auch um die Gesundheit der Allgemeinheit (Pschyremble, 2017: 804; RKI, 2015: 52).
Hygienemanagement wird definiert als „Organisation, Leitung und praktische Durchsetzung der zur Wahrung der Hygiene […] erforderlichen Maßnahmen.“ (RKI, 2015: 53)
Insbesondere in medizinischen Einrichtungen gehören sowohl betriebliche Regelungen zur Hygiene, als auch die laufende Umsetzung der Maßnahmen und deren Kontrolle dazu. Das Hygienemanagement ist in Gesundheitseinrichtungen eng mit dem Qualitätsmanagement verbunden und wird ebenso in regelmäßigen Audits auf Effektivität kontrolliert (RKI, 2015: 53).
Das Ziel des Hygienemanagements im Rettungsdienst ist es den Patienten, die Mitarbeiter und Dritte vor Infektionen zu schützen. Im Gesundheitswesen und vor allem im Rettungsdienst sind Mitarbeiter einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt, da Gefahren am Einsatzort, Erkrankungen von Patienten oder Angehörigen im Vorfeld unbekannt sind und ein erhöhtes Verletzungsrisiko an kontaminierten, infektiösen Arbeitsmaterial besteht. Durch die Anwendung von Hygiene- und Arbeitsschutzvorschriften soll dieses Ziel erreicht werden. Der Gesetzgeber hat diesbezüglich eine Reihe von Gesetzen, Vorschriften und technische Regeln erlassen und den Organisationen die regelmäßige Untersuchung und Belehrung im Sinne dieser Vorschriften auferlegt um Mitarbeiter, Patienten und Dritte zu schützen (Thierbach, Veith, 2005: 236). Für den Rettungsdienst im Einzelnen existieren jedoch nur wenige spezifische Vorschriften, jedoch können relevante Regelungen aus anderen Bereichen sinngemäß übertragen und angewendet werden (Adams et. al, 2013: 7; NCBI, 2020: 7).
3.1 Rechtsbegriffe und Sollbestimmungen
Zu Beginn sollen wichtige Rechtsbegriffe und Sollbestimmungen definiert werden, um deren Unterschiede in der Rechtsverbindlichkeit darzustellen. Um ein korrektes Hygienemanagement zu betreiben ist es nicht nur wichtig zu wissen wo etwas geregelt ist, sondern auch in welchem Umfang diesen Anordnungen Folge zu leisten ist.
Gesetze stellen rechtsverbindliche Vorschriften dar und werden vom Parlament der Legislative erlassen. Genaue Ausführungsbestimmungen finden sich in ihnen allerdings nicht. Diese werden in den Verordnungen beschrieben. Verordnungen haben den gleichen rechtsverbindlichen Charakter wie Gesetze und eignen sich gut als verständliche Rechtsgrundlage. Verordnungen werden im Gegensatz zu Gesetzen jedoch nicht von der Legislative, sondern von der Exekutive, der ausführenden Gewalt erlassen (BpB, 2020: o.S.). Vereinfacht dargestellt legen Gesetze fest »was« gemacht werden soll und Verordnungen legen das »wie« fest. Technische Regeln und Berufsgenossenschaftlichen Veröffentlichungen hingegen stellen keine gesetzliche Vorschrift im Sinne der Rechtsnorm dar. Diese Regeln sind technische Empfehlungen und Vorschläge zur Einhaltung eines Gesetzes. Die Einhaltung empfiehlt sich dennoch dringend, da dadurch der Stand der Technik nachgewiesen werden kann und dass im Falle eines Unfalls keine Fahrlässigkeit begangen wurde. (Jura Forum, 2020: o.S.; Leibinger et. al, 2008: 17).
Normen definieren ähnlich wie technische Regeln den Stand der Technik und eine Abweichung muss gut begründet werden, da sie ein Handeln außerhalb der anerkannten Regeln darstellt (Leibinger et. al, 2008: 17). Richtlinien basieren auf einer gesetzlichen Grundlage, im Gegensatz zu Leitlinien , beiden stellen jedoch abstrakte Handlungsanweisungen dar und spiegeln den Stand der Wissenschaft wieder. Richtlinien und Leitlinien sollen zwingend befolgt werden, da sich auch hier ein unbegründetes Abweichen negativ auf die Ausführenden auswirken kann. Empfehlungen und Stellungnahmen lenken die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf bestimmte Themen und Sachverhalte und beziehen sich meist auf ein ausgewähltes Thema (BÄK, 2020: o.S.).
Als letztes zu erwähnen sind Dienstvereinbarungen und Verfahrensanweisungen , als Bestandteil des lokalen Qualitätsmanagements. Beide werden innerhalb des Betriebes erlassen und stellen sicher, dass alle Mitarbeiter nach dem gleichen Ablauf arbeiten (Flake, Peters, 2016: 1014).
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1 Berücksichtigt wurden Informationen die bis zum 25.05.2020 öffentlich bekannt waren.
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