Die zentrale Frage, die in dieser Arbeit beantwortet wird, lautet: Wie lässt sich das Konzept der antiindividualistischen Individualität charakterisieren? Eine damit eng verbundene Frage wird ebenfalls angeschnitten: Welche Kritik impliziert die antiindividualistische Individualität an der Dichotomie zwischen Individuum und Staat?
Ganz im Sinne der Cultural Studies, versucht die Arbeit einerseits interdisziplinär feministische, anarchistische und poststrukturalistische Ansätze und Theorien aufzugreifen, andererseits versucht sie das Individuum kulturell, also im Sinne des „magischen Dreieck“ von Identität, Macht und Kultur zu erfassen. Mit dieser Herangehensweise soll der vom österreichischen Philosophen Gabriel Kuhn (2007) geprägten Begriff „antiindividualistische Individualität“ näher zu durchleuchtet werden.
Wie viel (moralische) Individualität und individuelle Persönlichkeit darf die Gesellschaft dem Einzelnen zugestehen? Wie viel Raum soll dem Einzelnen gewährt werden und wie weit soll oder muss der/ die Einzelne sich in der Gesellschaft entfalten? Sollen die Interessen der Gesellschaft über die Interessen des Individuums gestellt werden? Oder ganz einfach gefragt: wie ist das Verhältnis von Individuum und Gesellschaft zu verstehen und welche realpolitische Implikationen wirft dies mit sich? Diese und ähnliche Fragen beschäftigen die SozialwissenschaftlerInnen und PhilosophInnen spätestens seit der Antike,
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung und Relevanz
1.1 Fragestellung und methodologische Vorgehensweise
2. Begriffsbestimmung und theoretische Rahmung
2.1 Der Staat
2.2 Das Individuum
3. Kritik und Abgrenzung der Antiindividualistischen Individualität
3.1 Selbst- oder Kollektivverantwortung (Rousseaus Problem)
3.2 Entfremdungsprozesse und die Notwendigkeit von Illusionen
4. Conclusio und Ausblick
1. Einleitung und Relevanz
Wie viel (moralische) Individualität und individuelle Persönlichkeit darf die Gesellschaft dem Einzelnen zugestehen? Wie viel Raum soll dem Einzelnen gewährt werden und wie weit soll oder muss der/ die Einzelne sich in der Gesellschaft entfalten? Sollen die Interessen der Gesellschaft über die Interessen des Individuums gestellt werden? Oder ganz einfach gefragt: wie ist das Verhältnis von Individuum und Gesellschaft zu verstehen und welche realpolitische Implikationen wirft dies mit sich? Diese und ähnliche Fragen beschäftigen die SozialwissenschaftlerInnen und PhilosophInnen spätestens seit der Antike (vgl. Etzioni 1994: 29ff, Kron 2001: 10). An der Dichotomie zwischen Individuum und Gesellschaft, zwischen dem Einzelnen und dem Kollektiv, spaltet sich die Debatte auch heute noch. Kommunitarismus und Liberalismus können in dieser Hinsicht als Gegenpole angesehen werden. Diese Trennlinie unterscheidet auch den Kommunismus vom Kapitalismus. Während beim Liberalismus und Kapitalismus das isolierte Individuum bzw. der „Besitzindividualismus“ (Macpherson 1962)1 im Vordergrund steht, betont der Kommunitarismus und Kommunismus kollektive Vorstellungen und die individuelle Verantwortung gegenüber der Gesellschaft (vgl. Haus 2003). Diese hier erwähnte wissenschaftliche Debatte geht von einer Dichotomie zwischen dem Einzelnen und dem Kollektiv, bzw. zwischen dem Individuum und der Gesellschaft aus. Doch muss es diese Trennung überhaupt geben? Schon Aristoteles erkannte in der griechischen Antike, dass der Mensch sich nur in der Gesellschaft (Polis) verwirklichen kann und somit ein soziales und politisches Wesen (zoon politikon) ist (vgl. Russel 2012: 206-216). Da die Antike jedoch nur ein mit der Gesellschaft verschmolzenes Individuum kannte, konnte auch Aristoteles diese Dichotomie nicht überwinden.2 Diese Überwindung gelingt nur in dem diese Dichotomie dekonstruiert und in Folge als ein von Macht und Herrschaft durchdrungener Diskurs aufgedeckt wird. Dies ist von Anbeginn ein grundlegendes Element der feministischen Theorie, nämlich das „liberale Trennungsdispositiv“ (Sauer 2001), also die Vergeschlechtlichung der Grenzziehung zwischen Öffentlichkeit (Gesellschaft) und Privatheit (Individuum) kritisch zu hinterfragen. In der feministischen Forderung, dass alles private auch politisch (gesellschaftlich) sei, zeigt sich die Notwendigkeit einer alteritären Individualitäts- bzw.
Kollektivkonzeption. Genau hier knüpft diese Arbeit an und intendiert nun die Individualität als sozialer Wert und als dynamischen und gesellschaftlichen Prozess, also als eine „antiindividualistische Individualität“ (vgl. Kuhn 2007: 90ff) zu beschreiben. Vor allem in Zeiten wie diesen in denen rechtspopulistische und nationalistische Parteien und Bewegungen im Aufwind sind, ist eine autonome Kollektivität gegenüber einer totalitären Kollektivität gefragter den je. Dies führt mich auch schon zur konkreten Fragestellung.
1.1 Fragestellung und methodologische Vorgehensweise
Die zentrale Frage, die in dieser Arbeit beantwortet wird, lautet: Wie lässt sich das Konzept der antiindividualistischen Individualität charakterisieren? Eine damit eng verbundene Frage wird ebenfalls angeschnitten: Welche Kritik impliziert die antiindividualistische Individualität an der Dichotomie zwischen Individuum und Staat?
Ganz im Sinne der Cultural Studies, versuche ich einerseits interdisziplinär feministische, anarchistische und poststrukturalistische Ansätze und Theorien aufzugreifen, andererseits versuche ich das Individuum kulturell, also im Sinne des „magischen Dreieck“ (Marchart 2008) von Identität, Macht und Kultur zu erfassen. Mit dieser Herangehensweise versuche ich den vom österreichischen Philosophen Gabriel Kuhn (2007) geprägten Begriff „antiindividualistische Individualität“ näher zu durchleuchten.
2. Begriffsbestimmung und theoretische Rahmung
Dem Konzept „antiindividualistische Individualität“ liegt ein begriffliches Vorverständnis voraus, dass es hier in diesem Kapitel zu erörtern gilt. Deshalb werden die Begriffe „Staat“ und „Individuum“ ganz im Sinne von Kuhn (2007) dekonstruiert. Dekonstruktion meint hierbei, dass „die Bedeutung von Begriffen sich nicht endgültig bestimmen lässt, weil die Verweise, die Bedeutungen konstituieren, vielfältig und unabgeschlossen sind“ (Villa 2006: 95, in Zapf 2013: 80). Die Bedeutung von Begriffen ist nicht nur im diskursanalytischen Kontext von „Wissen ist Macht“ (Foucault 2013: 471-701; 1021-1151) verankert3, sondern Begriffe konstituieren sich erst in der Wiederholung. Jede Wiederholung jedoch führt unausweichlich zu Verrückungen, Veränderungen und Abweichungen und diese hier beschriebene Iterabilität führt laut Derrida (vgl. 1988: 76-113) zur différance. Um es mit einer abgewandelten Metapher von Heraklit abzurunden: Man steigt nicht zweimal in denselben Fluss an Bedeutung in einer Konversation (vgl. Russel 2012: 66). Mit diesem soeben beschriebenen theoretischen Werkzeug der Dekonstruktion werde ich nun die folgenden Begriffe definieren.
2.1 Der Staat
Das deutsche Wort „Staat“ kommt aus dem lateinischen „status“ und heißt so viel wie: „Stand“, „Zustand“, „Stellung“. Es beschreibt den „Stand der Macht, bzw. der Herrschaft“ (status regalis), ein an die Macht gelangter Herrscher - auch wenn dies oftmals nicht legitim und nicht im Sinne des öffentlich-sozialen Konsens (bzw. Willens) war. So begann schon sehr früh in der Geschichte eine „Trennlinie“ zwischen Staatsmacht und der Gesellschaft. Den Staat kann man also, wenn man vom Status Quo ausgeht statisch, bzw. wenn man sich die geschichtliche Entwicklung ansieht, auch dynamisch vorstellen. Dynamisch ist der Staat, weil er ständig sozialen Veränderungen unterliegt (Revolutionen; Bündnisse; Kriege; Übernahmen; Auflösungen...) und kein „vollendetes Projekt“, sondern ein „Prozess des Werdens“ darstellt. Anhand dieser soziologischen Aspekte ist eine genaue Definition des Staates immer in einem historischen Kontext eingebunden (vgl. Hochgerner 2010: 19ff). In dieser Arbeit fokussiere ich mich auf den modernen Staat. Die Entstehung des modernen Staates in Europa war eng verbunden mit dem Kapitalismus4, sowie mit den politischen Revolutionen, die den Feudalismus beseitigten und zugleich Konstitutionen und damit verbunden diverse Formen parlamentarisch-demokratische Systeme etablierten. Die Folge: die Vernichtung von Ständeversammlungen und Ansätzen von Verfassungen und Volksrepräsentation; Schaffung neuer Formen der Königsherrschaft (Absolutismus), welche sich auf die militärische Gewalt stützen. Die Französische Revolution (1789), bzw. Februarrevolution (1848), der englische Bürgerkrieg (1642) und die amerikanische Unabhängigkeitserklärung von 1776 waren Eckpfeiler der Vorstellung von der individuellen Freiheit und Eigentumssicherung. Diese „Freiheit“ galt im Grunde nur für weiße, privilegierte, angelsächsische, besitzende, überwiegend heterosexuelle Männer - da Frauen, Besitzlose, Farbige und Sklaven nicht zur „offenen und freien Gesellschaft“ der Wähler zählten. Die Idee des Privateigentums ist also nicht nur für unser modernes Demokratieverständnis von großer Bedeutung, sondern auch ausschlaggebend für die Entwicklung des modernen Staates: da die „BürgerInnen-Schicht“ (Bourgeoisie) die Notwendigkeit eines „Gewaltmonopols“, also eines Staates darin sah, ihr Eigentum sowohl von den Gefahren der Demokratie („Volksherrschaft“), als auch vor den Gefahren des Absolutismus („bzw. Totalitarismus“) zu schützen. Der Historiker Johann Dvorak bringt es diesbezüglich auf dem Punkt:
„Das zentrale Problem und die (buchstäbliche) Begründung des modernen Staates ist die Sicherung des Eigentums. Die Frage des Eigentums im Zusammenhang mit dem Staat, musste in der Sphäre der Ökonomie zunehmend verborgen und verschleiert werden“ (Dvorak 2011: 32).
Bis heute liegt das Prinzip des Eigentums5 und die neuzeitliche Autonomisierung des Einzelnen als Individuen verankert in den Vertragstheorien. Die Vertragstheoretiker angefangen von Hobbes, Locke, über Rousseau und den Philosophen Rawls oder Nozick, den Ökonomen Schumpeter oder Hayek, bis hin zu den Rechtstheoretikern Kelsen oder Böckenförde erklären, dass sich das Individuum im Staat zusammenfinden muss, weil nur dort ihre individuellen Interessen (z.B. Schutz ihres Eigentums) verwirklicht werden können (vgl. Kuhn 2007: 38f). Dies führt mich auch schon zum zweiten Begriff welcher näher bestimmt werden muss.
2.2 Das Individuum
„ Die Manifestierung des neuzeitlichen Individuums fällt zusammen mit der Geburtsstunde des modernen Staates“ (Kuhn 2007: 41).
Um das Werden des neuzeitlichen Individuums besser zu verstehen, müssen wir einen Blick auf den geschichtlichen Entwicklungsprozess werfen. Mit dem 15. und 16. Jahrhundert setzt laut Elias der „Zivilisationsprozess“6 ein, der „ uns bis zum 19 Jahrhundert eigenes Essbesteck, Einzelbetten, Einzelzimmer oder Eigennamen brachte“ (Kuhn 2007: 29, Elias 1976). Durch die zunehmende Mobilität im Bereich der Arbeit, Ausbildung und des Wissenstransfers, begann schrittweise die Auflösung vorneuzeitlicher Kollektivverbände (vgl. ebd.). Ab dem 16. Jahrhundert tritt der Einzelne und das Interesse an Individuen immer mehr ins Zentrum der Romane, Porträts oder aber Studien (vgl. Taylor 1996). Zentral für die Neuzeit war nun die neuartige Vorstellung, dass der Mensch (also jede Persönlichkeit) einmalig ist (vgl. Gurjewitsch 1994). Mit diesem Transformationsprozess, also mit dieser „Demokratisierung des Ichs“ löste sich gleichzeitig das einzelne Individuum von seiner soziokulturellen und im weitesten Sinne von seiner ökologischen Einbettung (vgl. Kuhn 2007: 30-33). Die Losung „cogito ergo sum“, also das cartesianische Weltbild versichert uns durch Rationalität (Gebrauch der Vernunft) unsere eigene Existenz. Somit wird der lebenspraktische Austausch mit der sozialen Umwelt welche uns hervorgebracht hat und uns umgibt nicht nur nebensächlich, sondern als (mögliche) Illusion angesehen (vgl. Descartes 1986: 99ff). Dieses „ich-zentrierte Weltbild“, das Ulrich Beck 300 Jahre nach Descartes als gesellschaftlichen Motor ausmacht, ist im neuzeitlichen Individualismus fundiert (Kuhn 2007: 34, vgl. Beck 1991). Bei Beck schwingt jedoch eine gewisse Kritik an diesem neu entstandenen Individualismus, wenn er meint dass es zu einem „Tanz um das goldene Selbst“ gekommen ist (Beck 1991: 58). Kuhn (2007: 34) bringt es auf den philosophischen Punkt:
„ Dem neuzeitlichen Individualismus entspricht eine ontologische Isolierung des Menschen als Einzelwesen.“
Dies ebnete den Weg für den „neuen Menschen“7, nämlich dem homo oeconomicus. Im Zuge der Reformation Luthers entstand eine „protestantische Ethik“ welche das Selbstwertgefühl am Eigennutz, also an der Anhäufung von Besitz und Wohlstand durch taktisches agieren am Markt bemisst (vgl. Weber 2014). Nicht zufällig ist heutzutage die meist zitierte politikwissenschaftliche Theorie der Rational Choice Ansatz („methodologischer bzw. ontologischer Individualismus), mit seiner anthropologischen Annahme, dass Individuen nur rational ihren Eigennutz verfolgen, also nutzenmaximierend (am Markt) agieren (vgl. Dylla 2008). Wie wir noch im Kap. 3 sehen werden, führen diese Prozesse zu einer Entfremdung und zu einer individuellen Sehnsucht nach Gemeinschaft, welche allzu oft ins totalitäre münden.
Nun komme ich zum letzten Schritt, nämlich zum Konzept der antiindividualistischen Individualität, welche sich stark von der Dichotomie „Individuum und Gesellschaft“ abgrenzt und sich auch um Autonomie gegenüber dem Staat bemüht. Genau in dieser Abgrenzung und Kritik wird deutlich wofür das Konzept eintritt.
3. Kritik und Abgrenzung der Antiindividualistischen Individualität
Nobert Elias meint, dass man von Individuen und Gesellschaft in der gleichen Weise spricht, in der man von Pfeffer und Salz spricht (Elias 1991: 126, Kuhn 2007: 43). Genau daran übt Kuhn (2007) mit seiner antiindividualistischen Individualität Kritik, da er dies als falsche Dichotomie ansieht. Konkret sind nun folgende Kritikpunkte relevant, die gleichzeitig das Charakteristikum der antiindividualistischen Individualität aufzeigen:
3.1 Selbst- oder Kollektivverantwortung (Rousseaus Problem)
Die neuzeitliche Autonomisierung des Einzelnen ging einher mit dem Bedürfnis nach Schutz (des Eigentums) und somit mit der schrittweisen Herausbildung einer kapitalistischen Produktionsweise und des modernen Staates (Kap 2). Einerseits ist also das Individuum frei weil es gewisse abstrakte (staatliche) Rechten „besitzt“, andererseits ist es unfrei weil es gleichzeitig staatlichen Pflichten (z.B. Steuern) nachkommen muss.8 Das einzige soziale Bindeglied bleibt somit auf der Ebene des Vertrages. Bookchin (1985) äußert hierzu eine Kritik:
„Kooperation ist (...) mehr als bloßer Kitt zwischen den Mitgliedern einer Gruppe, sie ist eine organische Verschmelzung von Identitäten, die, ohne ihre individuelle Einzigartigkeit zu verlieren, die Einheit des Bundes erhalten und pflegen. Der Vertrag dient, wenn er in diese Ganzheit eindringt, dazu, sie zu untergraben. Er verwandelt ein unbewusstes Verantwortungsgefühl in eine abwägende (vernunftbasierte) Hilfe auf Gegenseitigkeit.“ (hervorgehoben durch Kuhn 2007: 39, Bookchin 1985: 79).
[...]
1 Macpherson (1962) sieht im Besitz und am Besitz orientierten Individualismus die theoretische Grundlage für den liberal-demokratischen Staat. Individuen handeln demnach in der Gesellschaft als isolierter Eigentümer, welche vertragliche Bindungen eingehen. Somit ist die Gesellschaft nur eine Kette von Marktbeziehungen.
2 „Als Aristoteles den Menschen als politisches Wesen definierte, meinte er damit, der Mensch gehöre untrennbar zu seinem jeweiligen sozialen Ganzen, er sei in der Gesellschaft eingebettet. Er sah ihn nicht als privates Ich, fähig und berechtigt, es selbst zu sein“ (Sartori 1997: 281f).
3 Für Foucault ist Macht immer auch produktiv und ermöglicht Subjektivierung und stellt gewisse Denkweisen und Wahrheiten her. Für ihn ist Wissen daher nie neutral, sondern ein umkämpftes Feld und Machtpotential. Demzufolge muss auch die Analyse von Wissen, also die Art und Weise der Produktion und Reproduktion von Wissen in den jeweiligen diskursiven Formationen, stets mit Macht- und Herrschaftsverhältnisse verbunden betrachtet werden (vgl. Foucault 2013: 1021-1151).
4 Die staatliche Gesellschaftsformation die ich hier beschreiben möchte kann man auch mit den Typenbegriffen „Kapitalismus“, „Moderne“, „Industriegesellschaft“ oder „bürgerliche Gesellschaft“ besser verstehen (vgl. Ritsert 2009: 33f). Diese Typenbegriffe bedingen sich wechselseitig und der Ursprung der bürgerlichen (kapitalistischen) Gesellschaft und der sozialen Ungleichheit ist laut Rousseau im Eigentum zu suchen (Russel 2012: 696).
5 Eigentum meint hier nicht nur die Praxen eines Individuums und/oder eines Kollektivs, sich begehrte Sachen, Produkte oder Leistungen zueigen zu machen (faktischer Besitz), im Sinne eines gesellschaftlich anerkannten und somit legitimes (meist persönliches) Eigentum. Eigentum schließt hier die Appropriation, also die auf Gewalt und Macht gestützte Chance sich Produkte und Leistungen anderer gegen deren Willen zueigen zu machen mit ein. Ideologisch legitimierter Besitz (z.B. durch Nationalismus oder Religionen) stellt den Traum aller Herren bis auf den heutigen Tag dar. Ihre Privilegien erweisen sich als umso sicherer, je mehr es ihnen gelingt, Herrschaftslegenden zu verbreiten, die von den Knechten selbst geglaubt werden. Auch in der Rechtsordnung kann ein „latenter Bias“ eingebaut sein, so dass das Regelwerk den Interessen der Herren und ihr Eigentum schützt. (vgl. Ritsert 2009: 168f). Kaum verwunderlich also, dass der französische Soziologe Proudhon (2018) das Gesetz zum Schutze des Eigentums als ein „Wert der Zwietracht, der Lüge und des Mordes“ ansieht (S. 57ff).
6 Kritik erhielt die Zivilisationsthese von Elias von Hans Peter Duerr mit seinem vierbändigen Werk „Mythos vom Zivilisationsprozess“. Elias wird dabei eine eurozentrische Überheblichkeit vorgeworfen, da er außereuropäische Kulturen nicht zur Gänze erfasst (vgl. Duerr 1988).
7 Mit neuer Mensch meine ich die Veränderung grundlegender anthropologischer Annahmen und die damit einhergehende Veränderung des Weltbildes. Tawney (1920) zufolge änderte sich das Weltbild mit dem Übergang von einer feudalen zur marktwirtschaftlichen Ökonomie, von einem theokratischen zu einem ökonomischen Weltbild.
8 Zum diesbezüglichen Thema Freiheit schrieb Marx und Engels (1990: 136): „In der Vorstellung sind daher die Individuen unter der Bourgeoisieherrschaft freier als früher (Feudalismus), weil ihnen ihre Lebensbedingungen zufällig sind; in der Wirklichkeit sind sie natürlich unfreier, weil mehr unter sachlicher Gewalt subsumiert wird“ Eine ähnliche Tendenz sieht auch Boli in seinem Werk „Human Rights or State Expansion“. Hervorgehoben sind diese Bemerkungen durch Kuhn 2007: 42ff.
-
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X.