Analyse und Impulse zum Thema Betriebliche Gesundheitsförderung in der stationären und ambulanten Krankenpflege. Auf verschiedene Art und Weise wird Gesundheit definiert, wahrgenommen und als ein wichtiger, persönlicher und gesellschaftlicher Wert gesehen.
1 Nach der World Health Organisation (WHO) definiert sich Gesundheit als „ein Zustand vollkommenen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens“.
2 Gesundheit wird als mehrdimensionales Phänomen verstanden und reicht über den „Zustand der Abwesenheit von Krankheit“ hinaus.
3 „Das Maß an Krankheit, das mir noch erlaubt, meinen wesentlichen Beschäftigungen nachzugehen“).
4 Gesundheit ist ein dynamischer Zustand von Wohlbefinden bestehend aus einem biopsychosozialen Potential, welches genügt, um die alters- und kulturspezifischen Ansprüche des Lebens in Eigenverantwortung zu befriedigen. Genügt das Potential nicht, um diese Ansprüche zu befriedigen, so besteht Krankheit.
Diese unterschiedlichen Definitionen zeigen die kontroversen Auffassungen von Gesundheit in ihren Besonderheiten. Einigkeit herrscht jedoch darüber, dass die Gewichtung des Wohlbefindens eines Menschen an oberster Stelle steht. Gerade deshalb gewann in den letzten Jahren das Gesundheitsmanagement in vielen Bereichen der Arbeitswelt immer mehr an Bedeutung. Jedoch gerade „die Pflege“ hat meiner Ansicht nach bezüglich betrieblicher Gesundheitsförderung erheblichen Nachholbedarf und hat noch nicht ausreichend realisiert, dass die Gesundheit aller an oberster Stelle zu sehen ist, insbesondere die Gesundheit der Menschen, die kranken, behinderten, hilfs- und pflegebedürftigen Menschen zur Seite stehen sollen. Schließlich handelt es sich hier um einen bedeutenden und wachsenden Bereich des Arbeitsmarktes. Im Interesse einer nachhaltigen Entwicklung und einer Verbesserung der Qualität der Dienstleistungen müssen die Arbeitsbedingungen „in der Pflege“ attraktiver gestaltet werden. Wir brauchen „in der Pflege“ nicht nur Personal, wir benötigen gesunde, motivierte, aktive Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter um die ohne Zweifel schwierigen Aufgaben im Gesundheitswesen und Wohlfahrtspflege meistern zu können.
Für ein erfolgreiches Unternehmen sind leistungsfähige, motivierte und gesunde Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine wichtige Voraussetzung für effizientes Arbeiten und Grundvorrausetzung für ihre Wettbewerbsfähigkeit. Gesundheit muss daher zum Thema werden, bevor sie an allen Ecken und Enden abhanden kommt.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1.Organisationen zum Thema BGF
1.1 Deutsches Netzwerk für betriebliche Gesundheitsförderung (DNBGF)
1.2 Initiative für eine neue Qualität der Arbeit (INQA)
2. Arbeitsunfähigkeitsdaten aus Gesundheitsreporten, Positionspapier (DNBGF)
2.1 Positionspapier für das Forum Gesundheitsversorgung und Freie Wohlfahrtspflege (DNBGF)
2.2 DAK-BGW Gesundheitsreport 2005 – Stationäre Krankenpflege
2.3 DAK-BGW Gesundheitsreport 2006 – Ambulante Krankenpflege
2.4 Gesundheitliche Belastung durch Arbeitszeiten und Dienstpläne
2.4.1 Gesundheitliche Belastung durch Arbeitszeiten und Dienstpläne – Stationäre Krankenpflege
2.4.2 Gesundheitliche Belastung durch Arbeitszeiten und Dienstpläne – Ambulante Pflege
2.5 Fazit der Arbeitsunfähigkeitsdaten aus Gesundheitsreporten
3. Darum betriebliche Gesundheitsförderung (BGF)!
4. Ziele der betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF)
5. Umsetzung und Maßnahmen zur betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF)
5.1 Arbeitskreis Gesundheit (AK- Gesundheit)
5.2. Betriebliche Gesundheitsförderung im Kreislauf
5.2.1 Analyse zur betrieblichen Gesundheitsförderung durch den AK- Gesundheit.
5.2.2 Planung der betrieblichen Gesundheitsförderung durch den AK- Gesundheit.
5.2.3 Umsetzung und Maßnahmen zur betrieblichen Gesundheitsförderung durch den AK- Gesundheit
5.2.3.1 Verhaltensprävention.
5.2.3.2 Verhältnisprävention
5.2.3.3 Einzelne Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung
5.2.4 Evaluation der betrieblichen Gesundheitsförderung durch den AK- Gesundheit
6. Gesetzliche Bestimmungen zur betrieblichen Gesundheit
6.1 Neuer Anlauf für die betriebliche Gesundheitsförderung.
6.2 Erweiterter Präventionsauftrag der Berufsgenossenschaften
6.3 Das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM)
6.4 Das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG).
6.5 Das Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG)
7. Schlussworte
Literaturverzeichnis
Anhang
Einleitung
Auf verschiedene Art und Weise wird Gesundheit definiert, wahrgenommen und als ein wichtiger, persönlicher und gesellschaftlicher Wert gesehen.
1 Nach der World Health Organisation (WHO) definiert sich Gesundheit als „ein Zustand vollkommenen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens“.[1]
2 Gesundheit wird als mehrdimensionales Phänomen verstanden und reicht über den „Zustand der Abwesenheit von Krankheit“ hinaus.[2]
3 „Das Maß an Krankheit, das mir noch erlaubt, meinen wesentlichen Beschäftigungen nachzugehen“).[3]
4 Gesundheit ist ein dynamischer Zustand von Wohlbefinden bestehend aus einem biopsychosozialen Potential, welches genügt, um die alters- und kulturspezifischen Ansprüche des Lebens in Eigenverantwortung zu befriedigen. Genügt das Potential nicht, um diese Ansprüche zu befriedigen, so besteht Krankheit.[4]
Diese unterschiedlichen Definitionen zeigen die kontroversen Auffassungen von Gesundheit in ihren Besonderheiten. Einigkeit herrscht jedoch darüber, dass die Gewichtung des Wohlbefindens eines Menschen an oberster Stelle steht. Gerade deshalb gewann in den letzten Jahren das Gesundheitsmanagement in vielen Bereichen der Arbeitswelt immer mehr an Bedeutung. Jedoch gerade „die Pflege“ hat meiner Ansicht nach bezüglich betrieblicher Gesundheitsförderung erheblichen Nachholbedarf und hat noch nicht ausreichend realisiert, dass die Gesundheit aller an oberster Stelle zu sehen ist, insbesondere die Gesundheit der Menschen, die kranken, behinderten, hilfs- und pflegebedürftigen Menschen zur Seite stehen sollen. Schließlich handelt es sich hier um einen bedeutenden und wachsenden Bereich des Arbeitsmarktes. Im Interesse einer nachhaltigen Entwicklung und einer Verbesserung der Qualität der Dienstleistungen müssen die Arbeitsbedingungen „in der Pflege“ attraktiver gestaltet werden. Wir brauchen „in der Pflege“ nicht nur Personal, wir benötigen gesunde, motivierte, aktive Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter um die ohne Zweifel schwierigen Aufgaben im Gesundheitswesen und Wohlfahrtspflege meistern zu können.
Für ein erfolgreiches Unternehmen sind leistungsfähige, motivierte und gesunde Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine wichtige Voraussetzung für effizientes Arbeiten und Grundvorrausetzung für ihre Wettbewerbsfähigkeit. Gesundheit muss daher zum Thema werden, bevor sie an allen Ecken und Enden abhanden kommt.
Denn fehlendes Wohlbefinden bedeutet nicht nur eine Einschränkung der Lebensqualität jedes Einzelnen, sondern ist mit erheblichen Kosten für den Arbeitgeber verbunden. Dies gilt
letztendlich nicht nur dann, wenn Beschäftigte krank zu Hause bleiben müssen. Darüber hinaus leidet die Qualität der Arbeit, wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufgrund krankmachender Belastungen und daraus resultierender fehlender Motivation am Arbeitsplatz nicht ihre ganze Leistung bringen.
Meine Motivation mich diesem Thema in einer Hausarbeit zu widmen liegt zum einen eindeutig in der Wertschätzung zum Thema Gesundheit im Allgemeinen und dem Umgang mit meiner eigenen Gesundheit. Zum anderen verstehe ich betriebliche Gesundheitsförderung als Führungsaufgabe, und da es sich bei meiner Weiterbildung bei der F + U Rhein-Main-Neckar gGmbH zur Pflegedienstleitung AMB, bzw. zur Heimleitung eindeutig um Führungspositionen handelt möchte ich dieses Thema in dieser Hausarbeit recherchieren und meine Gedanken zu Papier bringen.
Auch aber in den Erfahrungen, die ich in meinem Arbeitsleben mit Kolleginnen und Kollegen im Gesundheitswesen in den letzten 15 Jahren machen konnte. Zum einen sind die Arbeitsbelastungen stetig angestiegen, parallel dazu die Belastbarkeit und Gesundheit vieler Arbeitnehmer gesunken.
Gerade in meinem jetzigen Tätigkeitsbereich, der Betreuung von mehrfachschwerstbehinderten, erwachsenen Menschen erlebe ich in den letzten Jahren einen exorbitanten Anstieg der Pflegebedürftigkeit der zu betreuenden Menschen. Ebenso beträchtlich steigt die Anzahl der gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Kolleginnen und Kollegen, vor allem auch eine große Anzahl von eher jüngeren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Rückenbeschwerden durch psychische und physische Überbelastungen, Dauerbelastung von Extremitäten, Hals- und Nackenmuskulatur durch einseitige Arbeitstechniken, muskuläre Überbeanspruchung durch statische Arbeitshaltungen sind größtenteils Ursachen der gesundheitlichen Problematiken und diese nehmen mehr und mehr zu. Ebenso ist sicherlich das Immunsystem vor allem bei körperlichen Dauerbeschweden zusätzlich beeinträchtigt, mit dem Ergebnis, auch durch dauerhaften Umgang mit infektiösen Menschen, eine überdurchschnittliche Häufung von Erkältungskrankheiten wie grippalen Infekten zu beobachten ist.
Mit kurzgedachten, mal eben angeordneten Gegenmaßnahem (z.B. Kinästhetik-Schnupperkursen, Aufforderung zum Einsatz, bzw. Bereitstellung von Hilfsmitteln wie Lifter, höhenverstellbare Pflegeliegen/Pflegebett) kann man diesen Problemen sicherlich nicht ausreichend begegnen. Durch meine Position und Aufgaben in der Dienststelle, unter anderem Mitglied der AG Arbeitssicherheit- Gesundheit- Pflege, ist es mir hier möglich anzusetzen, Mitstreiter bei den einzelnen Abteilungsleitungen und nicht zuletzt bei der Geschäftsführung zu finden.
Sicherlich ein weiterer Aspekt in Bezug auf das Thema Gesundheit ist der Umgang mit meiner eigenen Gesundheit, mit meinem Körper und meinem Geist. Ich selber, wie auch meine Ehefrau treiben regelmäßig leistungsorientiert Sport, ich betreibe unterschiedlich gewichtet verschieden Sportarten: Laufsport, Radsport, Schwimmen. 5-6-mal wöchentlich gehe ich meinem Bewegungsdrang nach, organisiere mein sportliches Engagement mit meinem Familienleben (3 Kinder und Hund) und entsprechender Einsatzbereitschaft im Berufsleben, aktuell parallel dazu noch eine qualifizierte Weiterbildung berufsbegleitend. Das alles wäre womöglich nicht leistbar ohne eine gesunde Einstellung zu dem Thema. Maßgeblich trägt bei dieser positiven Belastung eine gesunde Ernährung zum Gelingen meiner tagtäglichen Herausforderungen bei, ein gesundes, ganzheitliches Ernährungskonzept ist somit unumgänglich.
Dies führe ich an dieser Stelle an, um meinen Umgang zu meinem Körper und der persönlichen Gesundheit zu erläutern, was dann auch den Bezug zur betrieblichen Gesundheitsförderung herstellt.
Des Weiteren hatte ich einen guten Einblick in das Thema Gesundheitsförderung bei einer Fortbildung von ver.di b+b in Frankfurt Anfang November 2007, im Rahmen meiner Personalratstätigkeit. Das Seminar mit dem Thema < Gesundheit fordern – Gesundheit fördern. Impulse zur betrieblichen Gesundheitsförderung >[5] brachte mir weitere Erkenntnisse und verinnerlichte mir zudem die dringende Notwendigkeit sich der Thematik zu widmen. Wichtige Erkenntnisse und Ideen Gesundheit zu fördern erlangte ich außerdem dadurch, wie Betriebe im Öffentlichen Dienst außerhalb des Gesundheitswesens mit dem Thema beschäftigt sind. Seminarteilnehmer aus den verschiedenen Branchen berichteten von ihren betrieblichen Konzepten und wir erhielten im Seminar Einblicke in Maßnahmen von großen Wirtschaftsunternehmen (z.B. Daimler AG, ehem. Daimler Chrysler AG). Hier wurde mir unter anderem bewusst, wie „die Pflege“ auch hier wieder ein paar Schritte hinterher hinkt.
Sicherlich ist die Auffassung zu meiner individuellen Gesundheit eher eine Ausnahme zu den meisten Arbeitnehmern im Land, jedoch ist dieser Ansatz für mich maßgebend und so lassen sich für mich beispielhaft Parallelen ziehen zu Arbeitsbereichen im Gesundheitswesen, um gesündere, motivierendere Arbeitsbedingungen vor allem „in der Pflege“ zu schaffen. Natürlich will ich hiermit nicht die Arbeitswelt zum Bodyworkout, intensiven Sporttreiben auffordern, auch die Arbeitgeber sollen sich keine Athletinnen oder Athleten heranziehen. Jedoch möchte ich den einen oder anderen Weg hin zu gesunden Rahmenbedingungen im Gesundheitswesen und der Wohlfahrtspflege aufzeigen.
Vielleicht kann man meine Dienststelle, mit den steigenden pflegerischen Belastungen, exemplarisch als Vergleich zum Gesundheitswesen etwa der letzten 20 Jahre sehen. Und gerade hier liegt natürlich meine Hauptmotivation Veränderungen im Umgang mit der betrieblichen Gesundheitsförderung zu forcieren. Gesundheit fördern – Gesundheit fordern, vielleicht ein Grundsatz den ich mir auf meine imaginäre Fahne geschrieben habe.
Das Ziel dieser Arbeit ist es, aufzuzeigen wie verschiedene Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF) durch Führungskräfte und Entscheidungsträger in Pflegeeinrichtungen beispielhaft analysiert, geplant, umgesetzt und evaluiert werden können. Diese Hausarbeit soll durch die Analyse des Themengebiets beschreiben wie Gesundheitsförderung in Stationären und Ambulanten Pflegeeinrichtungen durch verschiedene Maßnahmen Verbesserungen der Arbeitszufriedenheit und Motivation von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Pflege auf den Weg gebracht werden können. Entsprechende Beispiele werde ich in dieser Hausarbeit darstellen.
1. Organisationen zum Thema BGF
An dieser Stelle möchte ich kurz zwei Organisationen vorstellen, deren Arbeit mir sehr wichtig erscheinen, insbesondere wurde mir deren bedeutende Initiative bei der Recherchenarbeit zu dieser Hausarbeit noch näher gebracht. Bei vielen Artikeln, Gesundheitsreporten, Krankenkassenberichten, Positionspapieren usw. zum Thema Gesundheitsförderung sind mir hauptsächlich diese zwei Initiativen begegnet.
1.1 Initiative für eine neue Qualität der Arbeit (INQA)
INQA ist eine Gemeinschaftsinitiative von Sozialpartnern, Sozialversicherungsträgern,
Bund, Ländern, Stiftungen und Unternehmen, die im Jahr 2002 vom Bundesministerium für Arbeit ins Leben gerufen wurde. INQA ist Teil der europaweiten Aktivitäten im Rahmen der Sozialpolitischen Agenda mit dem Ziel der Schaffung von mehr und besseren Arbeitsplätzen. INQA initiiert Gemeinschaftsprojekte und organisiert Tagungen und Zukunftswerkstätten unter der Fragestellung „Wie wollen wir künftig arbeiten?“.
Die Geschäftsstelle von INQA ist bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BauA) in Dortmund angesiedelt. Der BKK Bundesverband ist Mitglied des Initiatorenkreises von INQA.
Neues Denken für eine neue Arbeitswelt
Sichere, gesunde und zugleich wettbewerbsfähige Arbeitsplätze sind die Vision der Initiative Neue Qualität der Arbeit (INQA). Gemeinsame Projekte des Bündnisses aus Sozialpartnern, Sozialversicherungsträgern, Bund, Ländern, Stiftungen und Unternehmen machen deutlich: Wer in Humankapital investiert, profitiert von motivierteren Mitarbeitern, sinkenden Krankenständen und einem fortschrittlichen Unternehmensimage. Im Jahr 2002 gestartet, sind Eigendynamik und Überzeugungskraft der Initiative inzwischen weithin sichtbar.
INQA bündelt Kräfte!
<Gemeinsam handeln, jeder in seiner Verantwortung> – dieser Grundsatz von INQA hat sich in der Praxis bewährt. Unter dem Dach der Initiative haben sich mit den Thematischen Initiativkreisen (TIK) spezialisierte Arbeitsgruppen gebildet. Ihr inhaltliches Spektrum reicht vom <Netzwerk Baustelle> über <Älterwerden in Beschäftigung> bis zu <Neue Qualität der Büroarbeit>. Bürokratie oder verkrustete Strukturen sucht man hier vergebens. Die TIK erarbeiten zielführende Aktivitäten zu einzelnen Schwerpunktthemen und setzen sie in Eigenregie um. Das gewonnene Wissen dient dem Transfer in die betriebliche Praxis. Ob als Unternehmer, Arbeitnehmervertreter oder Gesundheitsexperte – jeder INQA-Initiativkreis ist offen für Menschen, die etwas bewegen wollen.[6]
1.2 Deutsches Netzwerk für betriebliche Gesundheitsförderung (DNBGF)
Das DNBGF geht auf eine Initiative des Europäischen Netzwerks für betriebliche
Gesundheitsförderung (ENWHP) zurück. Vor dem Hintergrund einer noch zu geringen Verbreitung von BGF in Deutschland soll die Kooperation zwischen allen nationalen Akteuren der BGF verbessert werden. Das DNBGF unterscheidet sich deutlich von vorangegangenen Projekten. Mit dem Netzwerk wird der Versuch unternommen, BGF in allen Bereichen der Arbeitswelt in Deutschland zu verbreiten. Im Gegensatz zu anderen Initiativen beschränkt sich das Netzwerk zudem weder regional noch auf ein einzelnes Handlungsfeld. Vielmehr bündelt und vernetzt das DNBGF die bestehenden Aktivitäten und regt die Berücksichtigung bislang vernachlässigter Bereiche an. Die Geschäftsstelle des DNBGF ist beim BKK Bundesverband angesiedelt und wird im Rahmen der Initiative Gesundheit und Arbeit (IGA) gemeinsam mit dem Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften (HVBG) getragen.
Um den unterschiedlichen Bedingungen in der Arbeitswelt Rechnung zu tragen, ist das DNBGF in sechs Foren organisiert:
- Großunternehmen
- kleine mittlere Unternehmen
- Öffentlicher Dienst
- Gesundheitsversorgung und Wohlfahrtspflege
- Bildung und Erziehung
- Arbeitsmarktintegration und Gesundheitsförderung
Der Vorteil der Arbeit in den Foren besteht in erster Linie darin, dass der Erfahrungsaustausch leichter sei, da die Beteiligten sich in der gleichen „Kultur“ bewegen. Rahmenbedingungen und Besonderheiten in den jeweiligen Bereichen können gründlicher betrachtet und die relevanten Akteure, die betriebliche Gesundheitsförderung unterstützen können, leichter identifiziert werden.
Gesundheitswesen und Wohlfahrtspflege
Das Gesundheitswesen und die Wohlfahrtspflege bilden ein Handlungsfeld, das sich nicht nur durch seine Größe auszeichnet. Immerhin sind hier fast 6 Mio. Menschen beschäftigt. Der Bereich umfasst außer den Einrichtungen der Gesundheitsversorgung noch über 93.000 Einrichtungen aus dem Bereich der Freien Wohlfahrtspflege. In keinem anderen Sektor in Deutschland ist der Krankenstand so hoch wie hier.[7]
2. Arbeitsunfähigkeitsdaten aus Gesundheitsreporten, Positionspapier (DNBGF)
In diesem Abschnitt möchte ich mich verschiedenen Arbeitsunfähigkeitsdaten, Daten und Fakten aus Gesundheitsreporten der gesetzlichen Krankenkassen, Berufsgenossenschaft (BGW) und vom Positionspapier des Deutsches Netzwerk für Betriebliche Gesundheitsförderung (DNBGF) widmen und diese darstellen.
Exemplarisch für die gesetzlichen Krankenkassen habe ich mich für diese Hausarbeit detailliert Daten und Fakten von den Gesundheitsreporten der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) und der Deutschen Angestellten Krankenkasse (DAK) bedient, die gemeinsam an verschiedenen Gesundheitsreporten in den letzten Jahren zusammengearbeitet haben.
Den gesetzlichen Krankenkassen, wie BARMER Ersatzkasse (BEK) und Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) liegen ähnliche Zahlen zugrunde, auffällig sind aber auch hier die hohen Arbeitsunfähigkeittage, bzw. der hohe Krankenstand von Beschäftigten in Pflegeberufen.
Beispiel für die BARMER Ersatzkasse: siehe Abbildung 1 – Anhang.
Aus dem Gesundheitsreport 2007 der BARMER ergibt sich, dass vor allem durch einseitige Tätigkeiten, sowie infolge psychosozialer und physischer Belastungen Krankenpflegepersonal, Sozialarbeiter/innen und Verkäufer/innen einen hohen Krankenstand aufweisen. Die Berufsgruppe der Pflegenden liegt sogar bei den Versicherten der BEK an der Spitze bei den Arbeitsunfähigkeitstagen und Krankenstand.
Ähnlich hoch sind die Zahlen bezüglich Arbeitsunfähigkeitstage nach ausgewählten Berufsgruppen 2006 bei der AOK. Die Berufsgruppe der Krankenpflege befindet sich mit 22,1 AU-Tagen auch hier weit über dem Durchschnitt (15,4 AU-Tage) und wird nur noch von schwerst körperlich arbeitenden, so genannten Männerberufen übertroffen (Waldarbeiter, Straßenreiniger, Abfallbeseitiger).
Siehe auch hier: Abbildung 2 – Anhang .
2.1 Positionspapier für das Forum Gesundheitsversorgung und Freie Wohlfahrtspflege (DNBGF)
Im Gesundheitswesen arbeitet etwa jeder Zehnte Beschäftigte. 4,1 Millionen Personen waren am 31. Dezember 2001 im Gesundheitswesen tätig,
- davon ca. 70% Frauen.
- 832.530 arbeiten in den 2.240 Krankenhäusern und in den
- 1.380 Vorsorge- und Reha- Einrichtungen sind 120.000 Personen beschäftigt.
Jeder Vierte – das sind rund eine Million Personen – war teilzeitbeschäftigt.
Nach der Statistik der BAG FW aus dem Jahr 2000 unterhält die Freie Wohlfahrtspflege in Deutschland Krankenhäuser, Hilfeeinrichtungen für Jugendliche, Familien, alte Menschen, und Menschen mit Behinderungen, Aus-, Fort- und Weiterbildungsstätten für soziale und pflegerische Berufe sowie sonstige Einrichtungen und Dienste.
Diese sind:
- insgesamt 93.566 Einrichtungen mit 686.676 Betten bzw. Plätzen.
In diesen Einrichtungen sind:
- 1.164.329 Vollzeitbeschäftigte und 477.653 Teilzeitbeschäftigte tätig.
Der Gesundheitsreport 2003 der "Deutschen Angestellten Krankenkasse" (DAK) verdeutlicht, dass das Gesundheitswesen in Deutschland (zusammen mit der öffentlichen Verwaltung) den höchsten Krankenstand aufweist: Eine wichtige Ursache für den überdurchschnittlich hohen Krankenstand im Gesundheitswesen ist dabei insbesondere die lange Falldauer. Sie umfasst im Durchschnitt 12,7 Tage und fällt damit um 1,4 Tage höher aus als z. B. in der öffentlichen Verwaltung. Dabei ist von Bedeutung, dass Beschäftigte im Gesundheitswesen mit Abstand die meisten Ausfalltage aufgrund von Rückenerkrankungen haben (noch vor dem Baugewerbe). Der Krankenstand wegen Rückenschmerzen ist im Gesundheitswesen gegenüber dem Bevölkerungsschnitt um 25 % erhöht (im Baugewerbe um 20 %).[8]
2.2 DAK-BGW Gesundheitsreport 2005 – Stationäre Krankenpflege
Hoher Krankenstand der in stationären Einrichtungen beschäftigen Pflegekräfte
Insgesamt belief sich 2003 der Krankenstand der DAK-Versicherten Beschäftigten in der stationären Pflege auf 3,9 Prozent. Der Krankenstand der Pflegekräfte lag damit über dem Gesamtwert aller DAK-Versicherten von 3,5 Prozent für das Jahr 2003. Hierfür sind zwei Faktoren ausschlaggebend ( Abbildung 3 - Anhang ).
Einerseits erkrankten insgesamt mehr Personen. Im Jahr 2003 waren 53,8 Prozent der DAK-Versicherten Krankenpflegenden ein oder mehrere Male arbeitsunfähig. Im DAK-Durchschnitt waren es dagegen nur 45,8 Prozent ( Abbildung 4 - Anhang ).
Andererseits dauerten die einzelnen Erkrankungen länger als bei den übrigen DAK-Versicherten. So betrug die durchschnittliche Dauer einer Erkrankung von Pflegekräften in stationären Einrichtungen 2003 12,5 Tage, während der DAK-Durchschnitt bei 11,5 Tagen lag. (Abbildung 5 - Anhang).
Die DAK-Zahlen zur Arbeitsunfähigkeit zeigen, dass Pflegekräfte in stationären Einrichtungen überdurchschnittlich stark von Krankheiten und Gesundheitsstörungen betroffen sind. (Abbildung 6 - Anhang).
Dabei machen Muskel- und Skeletterkrankungen allein ein Viertel des Krankenstandes aus (25,5 Prozent), während der Durchschnitt aller DAK-Durchschnitt bei 22,4 Prozent liegt. Sie sind somit Hauptursache für Krankmeldungen. An zweiter Stelle stehen mit rund 17,4 Prozent Atemwegserkrankungen, die übrigen DAK-Versicherten Durchschnitt liegen hier bei 17,0 Prozent. Während bei den Muskel- und Skeletterkrankungen vor allem die lange Krankheitsdauer von durchschnittlich knapp 20 Tagen zum hohen Krankenstand beiträgt, ist es bei den Atemwegserkrankungen die hohe Zahl der Fälle (13,3 Prozent).
Auch bei den Psychischen Erkrankungen liegt die Zahl bei den Pflegekräften mit 9,3 Prozent höher als bei dem DAK-Durchschnitt (8,8 Prozent).[9]
2.3 DAK-BGW Gesundheitsreport 2006 – Ambulante Pflege.
Ambulante Pflegekräfte werden häufiger krank
Rückenleiden und psychische Krankheiten auf den vorderen Rängen
Pflegekräfte aus ambulanten Diensten leiden häufiger als andere Berufsgruppen an gesundheitlichen Problemen. Sie sind hohen körperlichen und psychischen Belastungen ausgesetzt und mehr als andere von Rückenschmerzen und psychischen Erkrankungen betroffen. Aber: Beschäftigte in der ambulanten Pflege sind deutlich zufriedener als ihre Kollegen im Krankenhaus. Sehen in der ambulanten Pflege knapp 68 Prozent ihre Arbeit positiv, traf dies nur auf 53 Prozent der Pflegenden im Krankenhaus zu. Immerhin 92 Prozent der Pflegerinnen und Pfleger in ambulanten Diensten finden, dass sie mit ihrem Beruf etwas Sinnvolles tun.
Höherer Krankenstand, mehr psychische Erkrankungen
Der Krankenstand der bei der DAK versicherten Pflegekräfte in ambulanten Diensten lag knapp zehn Prozent über dem Wert aller DAK-Versicherten. Eine Erkrankung von Pflegekräften in ambulanten Diensten dauerte im Schnitt 12,2 Tage, während der DAK-Durchschnitt bei 11,5 Tagen lag. Muskel- und Skeletterkrankungen machen mehr als ein Fünftel des Krankenstandes aus. Es folgen Verletzungen (17 Prozent) und Atemwegserkrankungen (16 Prozent). Psychische Erkrankungen hatten bei Pflegekräften mit einem Anteil von elf Prozent am Krankenstand ein höheres Gewicht als beim DAK-Durchschnitt (zehn Prozent). Auffällig: Der Anteil psychischer Erkrankungen an den krankheitsbedingten Fehltagen lag bei den Männern mit 11,4 Prozent etwas höher als bei den Frauen (10,5 Prozent). Im DAK-Durchschnitt haben weibliche Versicherte einen größeren Anteil an Ausfalltagen (11,6 Prozent) aufgrund psychischer Erkrankungen als die männlichen Versicherten (8,4 Prozent).
Hohe Arbeitszufriedenheit trotz schwieriger Rahmenbedingungen
Trotz hoher körperlicher und psychischer Belastungen ist die Arbeitszufriedenheit in ambulanten Diensten höher als bei Pflegekräften im Krankenhaus. Zwar empfinden 67,7 Prozent der Befragten in der ambulanten Pflege Zeitdruck als Belastung, im stationären Bereich sind es jedoch 82,5 Prozent. Auch bei Belastungen durch Leistungsdruck (ambulant: 40,7 Prozent, stationär: 51,8 Prozent), zu hohe Verantwortung (15,5 zu 39,2 Prozent) und Unterbrechungen bei der Arbeit (18,3 zu 69,2 Prozent) liegen die stationären Krankenpflegekräfte vorn.
Für die hohe Arbeitszufriedenheit sind mehrere Faktoren ausschlaggebend: Die große Mehrheit (90 Prozent) schätzt vor allem die Möglichkeit, selbstständig zu arbeiten. Knapp zwei von drei Befragten (61 Prozent) nehmen die Tätigkeit als abwechslungsreich und interessant wahr. Etwas mehr (62 Prozent) sind der Meinung, dass sie mitbestimmen können und ihre Verbesserungsvorschläge Gehör finden. Die Zusammenarbeit mit den Vorgesetzten gehört nach Aussagen der Befragten ebenfalls eher zu den positiven Aspekten ihrer Arbeit. Über die Hälfte findet, dass die Unterstützung durch die Vorgesetzten ihre Arbeit erleichtert. In der stationären Pflege sind das nur knapp 40 Prozent.
Hohe körperliche Arbeitsbelastung – Wohnungen nicht pflegegerecht ausgestattet
Kranken- und Altenpflege ist körperliche Schwerstarbeit: Gut 46 Prozent der Befragten führen häufiger als sechs Mal am Tag Tätigkeiten mit dem Schwerpunkt „Heben und Tragen“ aus. Dabei kommt erschwerend hinzu, dass die Pflegekraft meistens allein in der Wohnung tätig ist. Schwere Hebe- und Tragetätigkeiten müssen ohne Unterstützung ausgeführt werden. Daher ist der Einsatz von Hebehilfen und anderen Hilfsmitteln in der ambulanten Pflege umso wichtiger. Immerhin fast 15 Prozent der Pflegekräfte stehen jedoch nur selten Hebehilfen oder kleine Hilfsmittel zur Verfügung. Knapp 40 Prozent müssen aufgrund beengter Räumlichkeiten in den Wohnungen der Pflegebedürftigen auf den Einsatz von Hebehilfen verzichten.
Charakteristisches Merkmal der ambulanten Pflege ist die Tätigkeit in der Privatwohnung des Klienten. Aus dieser Arbeitsumgebung erwachsen häufig vermeidbare Arbeitsbelastungen und Unfallgefahren. Ein hoher Anteil von Stolper-, Sturz-, und Rutschunfälle dominieren das Unfallgeschehen bei den Arbeitsunfällen.
Hoher Zeitdruck erhöht Unfallgefahr bei Dienstfahrten
Die häufigsten psychischen Belastungen sind Zeitdruck, fehlende Pausen und Leistungsdruck. Diese Faktoren können auch die Fahrtätigkeit der Pflegenden auf Wegen zwischen den Wohnungen der Kunden beeinträchtigen. Immerhin macht sie einen beträchtlichen Teil der Arbeitszeit aus: Im Durchschnitt wurden 227 Kilometer pro Arbeitswoche zurückgelegt. Bedenklich stimmt, dass dabei die Anschnallpflicht von 16 Prozent oft vergessen wird und jeder Dritte gibt zu, häufig die Geschwindigkeitsbegrenzung zu missachten. Das Gefährdungspotenzial wird durch die Resultate unterstrichen, dass fast jeder Zehnte innerhalb der letzten zwölf Monate einen Autounfall auf Arbeitswegen hatte, und mehr als die Hälfte (52 Prozent) der Meinung ist, für die Fahrtätigkeiten nicht hinreichend geschult worden zu sein.
Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten
Die Auswertung der Unfallzahlen der BGW für den Zeitraum von 1998 bis 2004 dokumentiert einen Rückgang der meldepflichtigen Arbeits- und Wegeunfälle um acht Prozent auf 15,5 Unfälle je 1.000 Versicherte in 2004. Zwar ist die absolute Zahl der Unfälle gestiegen, dem steht aber ein deutlicher Anstieg um elf Prozent auf 321.000 Beschäftige in Einrichtungen der ambulanten Pflege gegenüber. Die meisten Arbeitsunfälle passieren durch Stolpern, Stürzen oder Rutschen. Fast die Hälfte aller Wege- und Dienstwegeunfälle sind Unfälle mit dem Pkw. Die Anzahl der angezeigten Berufskrankheiten ist von 590 (1998) auf 512 (2004) zurückgegangen. An erster Stelle der Berufskrankheiten liegen die Hauterkrankungen (2004: 28 Prozent). Neben der Prävention von Hauterkrankungen besteht weiterer Handlungsbedarf auch bei Erkrankungen der Lendenwirbelsäule und Infektionskrankheiten.
Während die Arbeitsbedingungen und die Gesundheit von Pflegekräften in Einrichtungen der stationären Pflege bereits Mitte der 80-er Jahre Gegenstand zahlreicher wissenschaftlicher Untersuchungen geworden sind, wurde die Arbeitssituation von Pflegenden in der ambulanten Pflege in den Arbeits- und Gesundheitswissenschaften lange Zeit vernachlässigt.
Tiefgreifende Veränderungen in der ambulanten Pflege
Durch den Vorrang der ambulanten Pflege und der damit verbundenen Verlagerung stationärer Leistungen auf den ambulanten Sektor hat sich die Arbeitssituation in der ambulanten Pflege in den vergangenen Jahren nachhaltig verändert.
Jeder Zehnte hat Zusammenlegungen des eigenen Dienstes mit einem anderen Pflegedienst erlebt und acht Prozent einen Trägerwechsel. Für die Pflegenden macht sich dies in einer deutlichen Zunahme des Arbeitstempos und der Arbeitsverdichtung bemerkbar. Gleichzeitig ist die Intensität der Pflege gestiegen.[10]
2.4 Gesundheitliche Belastung durch Arbeitszeiten, Schichtarbeit und Dienstpläne - Stationär und Ambulant
Pflege ist eine Dienstleistung, die 24 Stunden am Tag an 365 Tagen im Jahr erbracht werden muss. Sie muss dann zur Verfügung stehen, wenn sie gebraucht wird. Auch wenn der Schichtdienst zu den Arbeitsformen gehört, die gesundheitlich am meisten belasten, lässt er sich in der Pflege nicht vermeiden. Nach Paragraf 6 des Arbeitszeitgesetzes ist die Arbeitszeit nach gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen menschengerecht und belastungsarm zu gestalten. Und hier ist wohl die besondere Herausforderung für Dienstplangestaltung in Pflegeeinrichtungen zu sehen, diese nicht krank machend zu gestalten.
Die gesundheitlichen Auswirkungen von Schichtarbeit
Man kann sich an Schichtarbeit nicht gewöhnen. Die innere Uhr des Menschen lässt sich nicht verstellen und das Schlafen auf Vorrat funktioniert nicht. Der Mensch ist als tagaktives Wesen in der Nacht auf „Ruhe“ eingestellt. Auch wenn wir ohne Uhr leben, werden wir durch Helligkeit und Dunkelheit und unsere chronobiologische Uhr gesteuert. Jeder Mensch „tickt“ zwar etwas anders, es gibt sowohl Früh- als auch Nachtmenschen, doch kann auf den Nachtschlaf nicht dauerhaft verzichtet werden. Der menschliche Rhythmus ist darauf eingestellt, dass in der Nacht die Leistungsfähigkeit und bestimmte Körperfunktionen heruntergefahren werden. Wer nachts arbeitet, muss sozusagen gegen die innere Uhr anarbeiten, sodass die gleichen Tätigkeiten 56 Prozent anstrengender sind als zur Normalarbeitszeit. Bei sehr frühen Frühdiensten, vor 7.00 Uhr morgens, und bei späten Spätdiensten, nach 23.00 Uhr abends, gibt es ähnliche Effekte.
Die Folge:
Ein chronisches Schlafdefizit, das zu Leistungsminderung, Gereiztheit, Appetitlosigkeit und einem erhöhten Unfallrisiko führen kann. Wie sehr der Mensch auf den üblichen Hell-Dunkel- und Schlaf-Wach-Rhythmus eingestellt ist, zeigt sich daran, dass bestimmte Hormone, wie zum Beispiel das Melatonin, unter dem Einfluss von Dunkelheit vermehrt ausgeschüttet werden, während bei Helligkeit deren Produktion gehemmt wird. Häufige Nachtdienste führen – wenn keine Gegenmaßnahmen ergriffen werden – dazu, dass durch zu kurze Phasen der Dunkelheit im Körper ein Melatoninmangel entsteht.
Dazu belasten auch psychosoziale Auswirkungen Schicht- und Nachtarbeiter/innen. Die Teilnahme am sozialen Leben und das Familienleben sind durch Schichtarbeit stark eingeschränkt. Soziale Isolation und familiäre Schwierigkeiten können die Folge sein.
Ein weiterer gesundheitlich relevanter Aspekt sind die veränderten Essenszeiten und Essgewohnheiten im Schichtdienst. Häufig verzichten Schichtarbeiter auf das Mittagessen und führen sich nachts anregende Getränke in großen Mengen zu. Nicht unerwähnt bleiben soll die Suchtgefährdung, die von Alkoholika oder Schlaftabletten ausgeht, die zur Überwindung von Einschlaf- oder Durchschlafstörungen konsumiert werden.[11]
Im Anhang habe ich ergänzend Gesundheitsfördernde Gestaltung von Schichtarbeit dargestellt. (Anhang 7)
2.4.1 Gesundheitliche Belastung durch Arbeitszeiten , Schichtarbeit und Dienstpläne - Stationäre Krankenpflege
Im Folgenden werden Ergebnisse von Befragungen bei der DAK versicherte Pflegekräfte in der Stationären Krankenpflege aus dem Jahr 2004 dargestellt:
Über die Hälfte arbeitet in Wechselschicht mit Nachtdienst
23,0 Prozent der Pflegekräfte arbeiten in Wechselschicht ohne Nachtdienst, 57 Prozent in Wechselschichten mit Nachtdienst. Dauernachtdienste leisten 8,6 Prozent und die übrigen 11,4 Prozent arbeiten im Tagdienst.
Überstunden
Bei den Überstunden zeigt sich, dass etwa ein Viertel der Pflegekräfte durchschnittlich mehr als 10 Überstunden pro Monat leistet.[12]
(Siehe Abbildung 8 - Anhang).
2.4.2 Gesundheitliche Belastung durch Arbeitszeiten , Schichtarbeit und Dienstpläne - Ambulante Pflege
In der Ambulanten Pflege wurden durch Befragungen von DAK versicherten Pflegekräften in der Ambulanten Pflege folgende Ergebnisse ausgewertet:
67% arbeiten in Wechselschicht oder geteiltem Dienst.
Die meisten Beschäftigten in der ambulanten Pflege arbeiten in geteiltem Dienst (34,5
Prozent) oder Wechselschicht (32,9 Prozent). Beide Arbeitsformen stellen besonders hohe Anforderungen an die Pflegekräfte. 27,9 Prozent arbeiten ausschließlich im Frühdienst. Die untypischste Form der Arbeitszeitorganisation ist der reine Spätdienst (4,7 Prozent).
Überwiegende Mehrheit leistet regelmäßig Überstunden
Die überwiegende Mehrheit der Beschäftigten in ambulanten Pflegediensten (73,8 Prozent) leistet regelmäßig Überstunden, wobei die Anzahl der Überstunden nur selten im Bereich bis zu 5 Stunden pro Monat liegt (7,4 Prozent von allen Befragten). 22,5 Prozent leisten monatlich zwischen 5 und 10 Überstunden, die meisten Beschäftigten (30,2 Prozent) leisten mehr als 10 und 20 Überstunden im Monat an. 13,6 Prozent leiten sogar regelmäßig mehr als 20 Überstunden. (Siehe Abbildung 8 - Anhang).
Befragte in leitenden Positionen sind am stärksten durch Überstunden belastet
Die Anzahl der Überstunden ist abhängig vom beruflichen Status in der Ambulanten Pflege. Die Situation für Beschäftigte mit Leitungsfunktion zeigt einen deutlichen Anstieg der Überstunden gegenüber der anderen Beschäftigten. Auffällig deutlich wird dies in den Überstundenbereichen - über 10 bis 20 Stunden.[13] (Siehe Abbildung 9 - Anhang).
2.5 Fazit der Arbeitsunfähigkeitsdaten aus Gesundheitsreporten
Diese oben sowohl in der Stationären Pflege als auch in der Ambulanten Pflege erzielten Überstundendaten und belastende Arbeitszeiten sind ein eindeutiger Hinweis auf die zusätzlichen Gesundheitsbelastungen, denen Beschäftigte in der ambulanten Pflege und der stationären Krankenpflege zusätzlich zu den ohnehin schwierigen Arbeitsbedingungen ausgesetzt sind.
- Für die stationäre Krankenpflege wirkt sich sicherlich negativ belastend für die Gesundheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der hohe Anteil an Wechselschichten mit Nachtdienst aus.
- Dagegen sehe ich die extrem hohe Zahl der zu leistenden Wechselschichten mit geteilten Diensten für die Beschäftigten in der Ambulanten Pflege als besonders belastend und gesundheitsgefährdend an, ohne die negativen sozialen Aspekte genauer zu beleuchten.
[...]
[1] Nach der Weltgesundheitsdefinition (WHO) 1946 http://de.wikipedia.org/wiki/Gesundheit (23.01.2008)
[2] Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie 1997, http://de.wikipedia.org/wiki/Gesundheit (23.01.2008)
[3] Friedrich Nietzsche, http://www.medhost.de/ (21.01.2008)
[4] Meikirch-Modell (Johannes Bircher, Karl-H. Wehkamp, http://de.wikipedia.org/wiki/Gesundheit (23.01.2008)
[5] Fortbildung <Gesundheit fordern – Gesundheit fördern>, ver.di b+b Bildung + Beratung gGmbH, Nadja Gabriel November 2007
[6] http://www.inqa.de/Inqa/Navigation/root.html (23.01.2008)
[7] http://www.dnbgf.org/ (23.01.2008)
[8] Positionspapier für das Forum Gesundheitsversorgung und Freie Wohlfahrtspflege
http://www.dnbgf.de/index.php?id=10 (30.01.2008)
[9] DAK-BGW Gesundheitsreport 2005 – Stationäre Krankenpflege, Seite 123-125 http://www.presse.dak.de/ps.nsf/sbl/B9F48873A7D34732C12570C100454782 (01.02.2008)
[10] DAK-BGW Gesundheitsreport 2006 – Ambulante Pflege, Seiten 17-19 http://www.presse.dak.de/ps.nsf/ShowByLevel/A09FE362C1CF4C39C12571DF003283CD (01.02.2008)
[11] bgw Forum 2007 Gesundheitsschutz und Altenpflege, Tagungsband, Stand 09/2007, Seite 74
Barbara Flöder, Beraterin für Organisations- und Personalentwicklung im Gesundheitswesen, Aachen
[12] DAK-BGW Gesundheitsreport 2005 – Stationäre Krankenpflege, Seite 28 http://www.presse.dak.de/ps.nsf/sbl/B9F48873A7D34732C12570C100454782 (01.02.2008)
[13] DAK-BGW Gesundheitsreport 2006 – Ambulante Pflege , Seite 38 http://www.presse.dak.de/ps.nsf/ShowByLevel/A09FE362C1CF4C39C12571DF003283CD (01.02.2008)
- Quote paper
- Andreas Becker (Author), 2008, Betriebliche Gesundheitsförderung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/93278
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