Nach Valerius Maximus soll der Zensor des Jahres 142 v. Chr., P. Cornelius Scipio Aemilianus, das von den Zensoren alle vier Jahre verrichtete Gebet, „die Götter möchten den römischen Staat besser und größer machen“, dahingehend geändert haben, dass er dem das Gebet Vortragenden zurief: „Er ist mächtig und groß genug. So bitte ich die Götter nur darum, ihn für immer unversehrt zu erhalten“ (Val. Max. 4,1,10). In dieser neuen Formulierung wird deutlich, woran die römische Republik knapp 100 Jahre später scheitern wird: an ihrer Unreformierbarkeit. Denn in dem Bestreben, den Staat zu erhalten oder vielmehr: den Staat so zu erhalten wie er ist, werden alle Möglichkeiten zur Reform verbaut, wird jeder, der an den bestehenden Verhältnissen rüttelt, als Zerstörer des Staates angesehen. Nicht die großen Kriege gegen Karthago oder gegen die hellenistischen Großmächte, nicht die inneren Probleme Roms und auch nicht der Bundesgenossenkrieg sind die Ursachen für den Untergang der Republik gewesen. Sie waren eher Faktoren, die die Eroberung der Weltherrschaft, wie die Expansion des römischen Reiches zwischen 241 und 100 v. Chr. häufig genannt wird, mit sich brachte und die es erforderten, den Stadtstaat Rom an die gegebenen Verhältnisse anzupassen. So sind vor allem seit 133 v. Chr. immer wieder Reformer auf der politischen Bühne erschienen, die versuchten, den römischen Staat umzugestalten. Jedoch scheiterten fast alle Reformvorhaben bzw. verschärften die Krise derart, dass am Ende dieser Epoche die Republik scheiterte und seit Pompeius und konkret dann unter Caesar und Augustus die Herrschaft im Staat sich auf eine einzelne Person zentrierte und sich die Errichtung einer Monarchie im republikanischen Rom abzeichnete.
Im Rahmen dieser Arbeit wird zuerst auf die Hauptkonflikte im 2. Jahrhundert v. Chr. eingegangen, danach einzelne Reformer und Reformvorhaben genauer betrachtet und die Gründe für ihr scheitern analysiert. Beginnen wird diese Übersicht mit dem Volkstribunat des Tiberius Gracchus. Auch wenn in der neueren Forschung das Jahr 133 v. Chr. nicht mehr wie noch bei Mommsen als Epochenjahr angesehen, sondern vielmehr die Zeit nach dem 2. Pu-nischen Krieg gemeinsam betrachtet wird , scheint mir dieses Jahr für den Beginn der Betrachtung angemessen zu sein, da mit dem Volkstribunat des Tiberius die großen Reformen beginnen und die Zuspitzung der Missstände im Bereich der Agrarwirtschaft, der Eigentumsverhältnisse und des Militärapparates in den Mittelpunkt rückten. Enden wird die Darstellung mit der Diktatur Sullas und der „Wiederherstellung“ der Republik. Denn, und nun folgt die Betrachtung erneut der Epocheneinteilung Mommsens , nach Sulla war die republikanische Ordnung schon so weit gestört, dass von einem funktionierendem Staatsgebilde keine Rede mehr sein konnte und man von der „Begründung der Militärmonarchie“ sprechen kann.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die Hauptkonflikte im 2. Jahrhundert vor Christi
3. Die Reformer und ihre Reformvorhaben
3. 1. Tiberius Sempronius Gracchus
3. 2. Gaius Sempronius Gracchus
3. 3. Gaius Marius
3. 4. Livius Drusus
3. 5. Lucius Cornelius Sulla
3. 6. abschließende Betrachtung der Reformen
4. Zusammenfassung und Ausblick
5. Literaturverzeichnis
Sekundärliteratur
Quellenverzeichnis
1. Einleitung
Nach Valerius Maximus soll der Zensor des Jahres 142 v. Chr., P. Cornelius Scipio Aemilianus, das von den Zensoren alle vier Jahre verrichtete Gebet, „die Götter möchten den römischen Staat besser und größer machen“, dahingehend geändert haben, dass er dem das Gebet Vortragenden zurief: „Er ist mächtig und groß genug. So bitte ich die Götter nur darum, ihn für immer unversehrt zu erhalten“ (Val. Max. 4,1,10). In dieser neuen Formulierung wird deutlich, woran die römische Republik knapp 100 Jahre später scheitern wird: an ihrer Unreformierbarkeit. Denn in dem Bestreben, den Staat zu erhalten oder vielmehr: den Staat so zu erhalten wie er ist, werden alle Möglichkeiten zur Reform verbaut, wird jeder, der an den bestehenden Verhältnissen rüttelt, als Zerstörer des Staates angesehen. Nicht die großen Kriege gegen Karthago oder gegen die hellenistischen Großmächte, nicht die inneren Probleme Roms und auch nicht der Bundesgenossenkrieg sind die Ursachen für den Untergang der Republik gewesen. Sie waren eher Faktoren, die die Eroberung der Weltherrschaft, wie die Expansion des römischen Reiches zwischen 241 und 100 v. Chr. häufig genannt wird, mit sich brachte und die es erforderten, den Stadtstaat Rom an die gegebenen Verhältnisse anzupassen. So sind vor allem seit 133 v. Chr. immer wieder Reformer auf der politischen Bühne erschienen, die versuchten, den römischen Staat umzugestalten. Jedoch scheiterten fast alle Reformvorhaben bzw. verschärften die Krise derart, dass am Ende dieser Epoche die Republik scheiterte und seit Pompeius und konkret dann unter Caesar und Augustus die Herrschaft im Staat sich auf eine einzelne Person zentrierte und sich die Errichtung einer Monarchie im republikanischen Rom abzeichnete.
Im Rahmen dieser Arbeit wird zuerst auf die Hauptkonflikte im 2. Jahrhundert v. Chr. eingegangen, danach einzelne Reformer und Reformvorhaben genauer betrachtet und die Gründe für ihr scheitern analysiert. Beginnen wird diese Übersicht mit dem Volkstribunat des Tiberius Gracchus. Auch wenn in der neueren Forschung das Jahr 133 v. Chr. nicht mehr wie noch bei Mommsen[1] als Epochenjahr angesehen, sondern vielmehr die Zeit nach dem 2. Pu-nischen Krieg gemeinsam betrachtet wird[2], scheint mir dieses Jahr für den Beginn der Betrachtung angemessen zu sein, da mit dem Volkstribunat des Tiberius die großen Reformen beginnen und die Zuspitzung der Missstände im Bereich der Agrarwirtschaft, der Eigentumsverhältnisse und des Militärapparates in den Mittelpunkt rückten. Enden wird die Darstellung mit der Diktatur Sullas und der „Wiederherstellung“ der Republik. Denn, und nun folgt die Betrachtung erneut der Epocheneinteilung Mommsens[3], nach Sulla war die republikanische Ordnung schon so weit gestört, dass von einem funktionierendem Staatsgebilde keine Rede mehr sein konnte und man von der „Begründung der Militärmonarchie“[4] sprechen kann.
2. Die Hauptkonflikte im 2. Jahrhundert vor Christi
Der 2. Punische Krieg, den Rom nur unter größten Anstrengungen für sich entscheiden konnte, hatte langwirkende Folgen für die römische Wirtschaft und als Folge daraus auch auf die römische Gesellschaft. Denn in den 17 Kriegsjahren haben hunderttausende Römer und Italiker ihr Leben gelassen, weite Landschaften waren ausgebrannt, geplündert und vernichtet[5]. Ein in griechischer und punischer Sprache abgefasster Tatenbericht des Hannibal (Livius 28,46) feiert die Zerstörung 400 Städte Italiens und dass sein Heer 300.000 Menschen auf den Schlachtfeldern getötet habe (App. Karthagisches Buch 134). Die direkte Folge des wirtschaftlichen Totalschadens Italiens war ein rapider Verfall der römischen Währung. Davon betroffen waren vor allem die Bauern, die den Krieg zwar physisch überlebt hatten, denen jetzt aber ihre Existenzgrundlage entzogen war. Denn das Geld, welches kaum noch das Metall wert war, aus dem es gemacht wurde, reichte nur selten zur Restaurierung des durch den Krieg zerstörten Hofs aus[6]. Im Gegensatz dazu war die wirtschaftliche Position der Nobilität nach dem 2. Punischen Krieg und besonders nach der Eroberung des hellenistischen Ostens eine ganz andere. Als Feldherren nutzten viele Senatoren die Möglichkeit, sich an der Kriegsbeute zu bereichern und konnten so ihr Vermögen drastisch vermehren[7]. Diese wirtschaftliche Konstellation und ein Gesetzt des Jahres 218, die lex Claudia[8], führte zu der Häufung von Land in den Händen weniger Großgrundbesitzer senatorischen Ranges. Denn da die folgenden Kriege meist in Übersee und wie am Beispiel Spaniens überaus verlustreich waren, konnten die römischen Bauern oft ihr Gut nicht mehr bestellen und mussten, um den finanziellen Ruin zu vermeiden, ihr Land an immer bereitwillige Käufer abgeben. Die am Handel gehinderten Senatoren brachten in den folgenden Jahrzehnten all ihre wirtschaftliche Energie auf, ihre eigenen Güter zu vergrößern[9]. Das riesige Angebot an „sprachfähiger… Gutsausstattung“ (Varro 17,1), so wurden Sklaven nach römischer Mundart genannt, ließ die landlosen, freien Bauern in der Regel auch nicht als Arbeiter auf den Großgütern in Frage kommen, da die Sklaven nicht bezahlt werden brauchten, man mit ihnen härter Verfahren konnte als mit römischen Bürgern und sie auch nicht zum Kriegsdienst verpflichtet waren und somit das ganze Jahr arbeiten konnten[10]. So blieb vielen Landlosen nur eines: sie zogen nach Rom, um dort Land vom Senat zu erhalten, welches sie jedoch meist nicht bekamen. Dieser Zustrom verarmter Bauern bewirkte die Herausbildung einer breiten Schicht von Proletariern in Rom, welche durch die Masse der Freigelassenen noch verstärkt wurde[11]. Am deutlichsten wurden die veränderten Verhältnisse bei der Aushebung von Truppen. Das römische Heerwesen kannte kein stehendes oder Berufsheer, es war ein Milizheer, d.h. jeder römischer Bürger war wehrpflichtig[12]. Da jedoch jeder Legionär die Ausrüstung ursprünglich selbst mitbrachte, setzte der Wehrdienst ein gewissen Einkommen voraus[13]. Aber die ersten beiden Punischen Kriege und die Kriege gegen die östlichen Monarchien überforderten das Milizwesen. Kriegsdienstverweigerungen und der Ruin beträchtlicher Teile des Bauernstandes führten zu der Erkenntnis, dass das Rekrutierungssystem geändert werden musste[14]. Ähnliche Probleme wie Rom selbst hatten auch seine Bundesgenossen. „Die Wechselwirkung von Kriegsdienst und `Bauernsterben` war eine gesamtitalische Erscheinung.“[15] Die Italiker, die viele der Pflichten, aber kaum Rechte der römischen Bürger genossen[16], wollten an der Macht Roms partizipieren. Sie mussten Kriegsdienste leisten, waren jedoch nicht vor Übergriffen von Magistraten geschützt[17] und wurden häufig bei der Verteilung von Kriegsbeute übergangen[18]. Das führte zu wachsenden Unruhen unter den socii und schließlich am Beginn des 1. Jahrhunderts v. Chr. zum Bundesgenossenkrieg, an dessen Ende Italien südlich des Po ein einheitliches Gebiet römischer Bürger darstellte, jedoch weiterhin wie ein Stadtstaat regiert wurde[19].
[...]
[1] Theodor Mommsen, Römische Geschichte 1. – 3. Band. 1854 – 1856 Leipzig, besonders Bd. 3, der unter dem Titel „Die Revolution“ erschien und die Zeit von Ti. Gracchus bis Cinna/Sulla umfasst.
[2] Dazu ausführlich: K. Christ, Krise und Untergang der römischen Republik. 1996 3Darmstadt S. 1 – 12.
[3] Mommsens 3. Buch endet mit der Niederlegung der Diktatur Sullas.
[4] Titel des 4. Buches von Mommsens Römischer Geschichte.
[5] Vgl. K. Christ, Krise S. 18.
[6] Vgl. G. Alföldy, Römische Sozialgeschichte, 1984 3Wiesbaden S. 52.
[7] Vgl. H. Bellen, Grundzüge der römischen Geschichte Bd. 1, 1995 2Darmstadt S. 87.
[8] „…ein Gesetzt, das die Senatoren und die Nachkommen von Senatoren … an die ländliche Lebensweise dadurch zu binden beabsichtigte, dass es ihnen einfach alle Handelsgeschäfte verbot und lediglich gestattete, die Früchte der eigenen Güter auf den Markt zu bringen.“ Zit. J. Bleicken, Die Verfassung der römischen Republik, 1989 5Paderborn u. a. S. 51.
[9] Vgl. J. Bleicken, Geschichte der römischen Republik, 1999 5München S. 60.
[10] Vgl. Bellen, Grundzüge S. 87f.
[11] Vgl. Alföldy, Sozialgeschichte S. 45.
[12] Vgl. Bleicken, Verfassung S. 152.
[13] Vgl. ders. S. 154.
[14] Vgl. ders. S. 155.
[15] Zit. Bellen, Grundzüge S. 90.
[16] Da es für die Fragestellung nicht erforderlich ist, das Bundesgenossensystem Italiens genauer zu betrachten, wird dies im Rahmen dieser Arbeit auch nicht getan. Es sei jedoch an dieser Stelle auf Bleicken, Verfassung S. 197 – S. 211 und Christ, Krise S. 102 – S. 109 verwiesen, die ausführlich auf die Strukturen der römischen Bundesgenossenschaft eingehen.
[17] Vgl. C. Meier, Res publica amissa. Eine Studie zur Verfassung und Geschichte der späten römischen Republik, 1988 2Wiesbaden S. 211.
[18] Vgl. Christ, Krise S. 108.
[19] Vgl. ders. S. 184.
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