Leistungsbeurteilung in der Schule - immer mehr wird die klassische Notengebung kritisch hinterfragt, da sie als zu kurz gegriffen gilt. Dies hängt auch zusammen mit neuen Lernparadigmen, die die alten ersetzen oder ergänzen. In dieser Hausarbeit werden die Lernparadigmen des Behaviorismus, des Kognitivismus und des Konstruktivismus vorgestellt. Die jeweils zugrunde liegenden Ideen der Leistungsbeurteilung werden analog erläutert. Es wird herausgearbeitet, welche Methoden der Leistungsbeurteilung in einer Neuen Lernkultur, wie sie sich aus den Ideen des Konstruktivismus ergibt, angebracht sind.
Inhaltsverzeichnis
1 EINLEITUNG
2 BEHAVIORISMUS
2.1 Merkmale und Art und Weise des Lernens
2.2 Kritische Würdigung des Behaviorismus
3 KOGNITIVISMUS
4 KONSTRUKTIVISMUS
4.1 Forschungsebenen und Formen
4.2 Daraus abgeleitete Grundannahmen
4.3 Kritische Würdigung des Konstruktivismus
5 LEISTUNGSBEURTEILUNG
5.1 Im Behaviorismus
5.1.1 Merkmal Ergebnisorientierung
5.1.2 Beispiel Medizinisches Staatsexamen
5.1.3 Beispiel IHK-Abschlussprüfung
5.2 Im Konstruktivismus
5.2.1 Der Begriff der „Neuen Lernkultur“ und daraus resultierende Forderungen
5.2.2 Schwierigkeiten und Chancen bei der Leistungsbeurteilung
5.2.3 Ausgewählte Beispiele der praktischen Umsetzung
6 SYNTHESE
Literaturverzeichnis
1 EINLEITUNG
Verschiedene Lernparadigmen prägen Lehrer und Lernende schon seit der Antike. Im alten Athen beispielsweise gab es keine Schulpflicht. Doch schickten die meist wohlhabenden Bürger ihre Kinder zur Schule, damit später die Karriere gesichert war. Die Schule war kein öffentliches Gebäude, es war das Haus des Lehrers. Der Schüler wurde während seiner Ausbildung von einem Sklaven des Hauses betreut. Der Sklave brachte den Schüler zur Schule und zurück und brachte ihm Benehmen bei, wobei er auch berechtigt war, seinen Schützling zu züchtigen. Die Lehrer waren zunächst schlecht bezahlt und angesehen. Das änderte sich erst ab 500 v. Chr. Heutzutage genießt ein Lehrer hohes Ansehen und wird zudem überdurchschnittlich gut bezahlt. Dennoch ist das Lehrerimage einem ständigen Wandel unterlegen. Politische Veränderungen greifen tief und verändern die Gesellschaft grundlegend. Ein letzter großer Einschnitt dieser Art waren wohl die 68er Jahre, die das Verhältnis Schüler – Lehrer stark in Frage stellten. Der Lehrer wurde nicht mehr als allmächtige Autoritätsperson angesehen, gegen den kein Widerspruch zu erheben war und der auch allumfassend strafen durfte. Stattdessen nähern sich Schüler und Lehrer immer mehr an. Dies erfordert selbstverständlich neue Unterrichtsmethoden und auch neue Formen der Leistungsbeurteilung. Die Verfasserin der vorliegenden wissenschaftlichen Arbeit hat sich zum Ziel gesetzt, verschiedene Lernparadigmen aufzuzeigen, nämlich den Behaviorismus, den Kognitivismus und den Konstruktivismus, diese zuerst zu erläutern und anschließend kritisch zu reflektieren, welche Formen der Leistungsbeurteilung sich für die jeweiligen Lernparadigmen am besten eignen. Insbesondere wird auf das eben beschriebene sich wandelnde Verhältnis zwischen Lehrer und Schüler sowie auf gesellschaftliche Veränderung eingegangen werden. Diese Faktoren machen es unabdingbar, sich von traditionellen Formen der Leistungsbeurteilung zu verabschieden. Die viel prophezeite „Neue Lernkultur“ (Winter 2004) hat bereits Einzug in vielen Klassenzimmern und sonstigen Lernumgebungen gehalten. Dies muss in neuen Formen der Schülerbewertung Beachtung finden.
2 BEHAVIORISMUS
2.1 Merkmale und Art und Weise des Lernens
Der Begriff des Behaviorismus geht auf J. Watson zurück. Eine weitere theoretische Basis bilden Untersuchungen von E. Thorndike, die nahe legten, dass Belohnungen wirksamer seien als Bestrafungen. Bekannt geworden sind außerdem die um die Jahrhundertwende von I.P. Pawlow durchgeführten Experimente zu bedingten und unbedingten Reflexen bei Tieren. Die Erzeugung bedingter Reflexe wird als klassisches Konditionieren oder auch Signallernen, reaktives Lernen oder Reiz-Reaktions-Lernen bezeichnet.
Der einflussreichste Vertreter behavioristischer Positionen war der Psychologe B.F. Skinner. Er formulierte Mitte der fünfziger Jahre auf Grundlage von Laborexperimenten mit Tieren und Menschen die "Reinforcement Theory". Diese postuliert, dass Menschen sich am wahrscheinlichsten in einer gewünschten Art und Weise verhalten, wenn sie dafür eine Belohnung erhalten. Belohnungen sind am effektivsten, wenn sie unmittelbar auf das erwünschte Verhalten folgen. Verhalten, das nicht belohnt oder auch bestraft wird, wird wahrscheinlich nicht wiederholt. Skinner erweiterte damit das Reiz-Reaktions-Modell, bei dem lediglich vorausgehende Reize eine bestimmte Reaktion auslösen, um das operante Konditionieren. Dabei steht das Verhalten in Verbindung mit den Ereignissen, die ihm nachfolgen. Das Verhalten zieht bestimmte Konsequenzen nach sich, und diese entscheiden über das zukünftige Auftreten. Dies wird auch als instrumentelles Lernen bezeichnet (vgl. Blumstengel 1998).
Für die Lerntheorie ergibt sich hieraus eine Ausrichtung des Unterrichtens auf spezifische, beobachtbare Verhaltensweisen (Dubs 1995, S.23). Ein konkretes Verhalten wird von der Lehrkraft festgesetzt und dieses Verhalten dann durch Interventionen herbeigeführt. Komplexe Lernvorgänge werden in einfache Lernschritte aufgegliedert. Der Lernprozess wird laufend überwacht und gesteuert. Gewünschtes Verhalten wird dabei verstärkt. Der Lernende selbst wird dabei als "Black Box" betrachtet. Den internen Prozessen, die zum Lernen führen, wird keine Aufmerksamkeit geschenkt. Stattdessen geht man davon aus, dass Lernen im Wesentlichen durch Belohnung und Bestrafung gesteuert werden kann. Bei komplexeren Inhalten und Aufgaben werden diese in kleine Lernschritte zerlegt und in eine - nach Auffassung des Lehrenden optimale - Reihenfolge gebracht.
Im Jahr 1958 formulierte Skinner eine Reihe von Regeln für das von ihm entwickelte behavioristische Konzept der "Programmierten Instruktion". Dabei wird vorgeschlagen, den Unterrichtsstoff in einer Abfolge von Fragen und Antworten zu präsentieren. Beginnend mit einfacheren Themen wird der Schwierigkeitsgrad langsam gesteigert. Die Lernziele müssen möglichst objektiv und eindeutig formuliert sein, und die Lernenden können die Aufgaben in selbst gewähltem Tempo, aber vorgegebener Reihenfolge bearbeiten. Skinner sah es als besonders wichtig an, dass immer ein sofortiges Feedback gegeben wird. Außerdem sollen die Aufgaben so einfach gestellt werden, dass sie mit großer Wahrscheinlichkeit richtig gelöst werden können, so dass insgesamt mehr positive als negative Rückmeldungen gegeben werden. Für besonders ausdauerndes oder erfolgreiches Arbeiten sind zusätzliche Belohnungen vorgesehen. Skinner betonte außerdem, dass es wichtig sei, dass die Lernenden tatsächlich alle Aufgaben aktiv bearbeiten (vgl. Blumenthal 1998).
Nach diesen Prinzipien entwickelte Unterrichtsmaterialien nannte Skinner "Programme". Zunächst waren diese stark veränderten Lehrbücher, die in sehr kleine aufeinander aufbauende Informationsabschnitte unterteilt waren, auf die sofort Testfragen folgten. Außerdem wurden von Skinner und anderen mechanische Geräte entwickelt, die einerseits Inhalte darstellten und andererseits die zugehörigen Tests anboten. Die Geräte präsentierten nur bei richtiger Antwort den jeweils nächsten Abschnitt, dadurch war die Instruktionsreihenfolge (im Einklang mit den Prinzipien der programmierten Instruktion) vollständig systemgesteuert. Diese mechanischen Lehrmaschinen waren allerdings, auch wegen ihrer mangelnden Flexibilität, kommerziell nur beschränkt erfolgreich.
Mit der zunehmenden Verfügbarkeit von Computern lag der Versuch nahe, diese als "universelle" Lehrmaschinen einzusetzen. Damit wurde die behavioristische Sichtweise auch auf Lernsoftware übertragen. Die ersten computerbasierten Lernprogramme waren entweder reine Präsentationen von Lehrbuchmaterialien, in denen man bestenfalls blättern konnte, oder sie folgten den Prinzipien der programmierten Instruktion. Aufgrund der streng linearen Struktur der typischen programmierten Instruktion erschienen die meisten frühen Computer-Lernprogramme auch in Buchform.
Vor allem der Einsatz der auf der programmierten Instruktion basierenden Lernprogramme erlebte in den 60er Jahren zunächst einen Boom, stagnierte danach aber. Es zeigte sich, dass die Programme relativ unflexibel waren und oft zu Langeweile führten, da die Aufgabe der Lernenden lediglich darin bestand, auf Basis auswendig gelernten Wissens zur richtigen Zeit den richtigen Knopf zu drücken. Getestet wurde die Wiedergabe, aber nicht die Anwendung von Konzepten. Außerdem waren die Darstellungsmöglichkeiten auf den verfügbaren Computern stark eingeschränkt.
2.2 Kritische Würdigung des Behaviorismus
Mit der Entwicklung alternativer Sichtweisen des Lernens ist der Behaviorismus vor allem von wissenschaftlicher Seite zunehmender Kritik ausgesetzt. Trotzdem ist auch heute noch die Mehrzahl verfügbarer Lernmethoden überwiegend nach behavioristischen Prinzipien gestaltet. Als Beispiel sei das Fremdsprachenlernen genannt:
„Obwohl sich (...) dort kaum jemand zur behavioristischen Lerntheorie bekennen würde, wird der Wert kleinschrittiger Wiederholungsübungen mit anschließender Rückmeldung ohne weiteres anerkannt. Als Begründung wird (...) herangezogen, dass die Lernenden auf diese Art und Weise üben wollen und subjektiv den Eindruck haben, erfolgreich damit zu sein.“ (Mitschian 2000, S.2)
Im Folgenden werden die Hauptkritikpunkte am Behaviorismus erläutert werden. So reicht er nicht aus, um anspruchsvolle kognitive Lernprozesse zu erklären (Dubs 1995, S.24). Die Metakognition wird hierbei völlig vernachlässigt. Eine so beschränkte Sichtweise ist unvollständig und eher zur Erreichung sehr einfacher Lernziele geeignet. Geprüft wird lediglich die Wiedergabe von Informationen, Problemlösungsfähigkeit kann dagegen kaum getestet werden. Lernprozesse, bei denen kein beobachtbares Verhalten auftritt, können durch behavioristische Theorien nicht erklärt werden. Eine streng lineare Präsentation lässt wenig Raum für individuelle Schwerpunktsetzungen. Die Aufgabe des Lernenden ist überwiegend passiv und auf die Rezeption der dargestellten Materialien beschränkt. Der Lernende nimmt die Inhalte auf und muss sie bei Befragung wiedergeben können. Dieses rezeptive, passive Lernen ist auf reine Wiedergabe vorgegebener Lerninhalte konzentriert. Typische Probleme bei behavioristischer Instruktion sind die starke Atomisierung von Lehrinhalten, die oft für Prüfungen auswendig gelernt und anschließend vergessen werden. Dies kommt in zusammenhanglosem trägen Wissen und mangelndem Transfer zum Ausdruck. Die Lernenden verfügen nicht über ausreichende Fähigkeiten, um komplexe realistische Probleme zu lösen. Sie erhalten zu wenige Möglichkeiten, sich Strategien zum selbst gesteuerten, eigenverantwortlichen Lernen und Problemlösen anzueignen. Gerade diese sind aber, zusammen mit der Fähigkeit zur kritischen Auseinandersetzung mit Konzepten und Denkmustern und dem erfolgreichen Agieren im sozialen Kontext in einer immer dynamischeren Gesellschaft essentiell.
Innerhalb des behavioristischen Paradigmas lässt sich eine Weiterentwicklung zum kognitiven Behaviorismus feststellen, welcher kognitionspsychologische Elemente bewusst einbaut und Metakognition fördert. Somit ist der Weg geebnet für eine neue Lerntheorie, nämlich die des Kognitivismus, auf den sich das folgende Kapitel bezieht.
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- Citation du texte
- Katharina Waldmüller (Auteur), 2006, Möglichkeiten und Grenzen von Leistungsbeurteilung im Licht behavioristischer und konstruktivistischer Lernannahmen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/93082
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