Diese Arbeit beschäftigt sich mit einen der wichtigsten Prinzipien des menschlichen Zusammenlebens, nämlich mit dem Reziprozitätprinzip. Dieses Prinzip fasziniert zahlreiche Wissenschaftler aus verschiedensten Bereichen – Soziologie, Anthropologie, Psychologie, aber auchWirtschaftswissenschaften, Mathematik, Biologie... Abhängig von der Disziplin ist die auch verschieden definierbar. Das Vorhaben dieser Arbeit ist zwei Perspektiven der Reziprozität, nämlich die spieltheoretische und die sozialpsychologische, zu Analysieren und sie miteinander zu konfrontieren. Warum gerade die beiden? Weil sich die beiden relativ jungen (beide sind erst in dem zweiten Viertel des zwanzigsten Jahrhundert entstanden) Disziplinen mit der Analyse menschlicher Entscheidungen beschäftigen und dabei von den ziemlich unterschiedlichen Menschenbilder ausgehen. Während wir in der Spieltheorie mit dem völlig rational handelnden, Nutzen maximierenden homo oeconomicus zu tun haben, ist er in der Sozialpsychologie animal sociale, nicht mehr so rational, empfänglich für Manipulation und Einfluss. Es ist also zu prüfen, ob sich dieser Verhaltensmuster auch auf den Umgang mit der Reziprozität übertragen lässt und welche sind dessen Konsequenzen.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Reziprozität in der Spieltheorie
2.1 Einführung
2.1.1 Der Inhalt der Spieltheorie
2.1.2 Allgemeines zur Reziprozität in der Spieltheorie
2.2 Das reinste Beispiel der Reziprozität in der Spieltheorie - TIT FOR TAT
2.2.1 Das Programm:
2.2.2 Das Auszahlungsmatrix:
2.3 Wann ist die Reziprozität unmöglich?
2.3.1 Einfache Zweipersonen-Nullsummenspiele
2.3.2 Einfache Diktatorspiele
2.4 Verschiedene Arten der Reziprozität in der Spieltheorie
2.4.1 Negative vs. positive Reziprozität
2.4.2 Direkte vs. indirekte Reziprozität
2.4.3 Informationenbasierte Reziprozität vs. vermutungsbasierte Reziprozität
2.5 Wann ist die Reziprozität unerwünscht?
3 Reziprozität in der Sozialpsychologie
3.1 Einführung
3.2 Reziprozität in der Sozialpsychologie
3.3 Manipulation dank der Reziprozitätprinzip und Abwehrstrategie
3.3.1 Erst ein Wohltäter dann Bettler
3.3.2 „Tür-ins-Gesicht-Taktik“
3.3.3 „Das-ist-noch-nicht-alles“
3.3.4 Abwehr
4 Reziprozität in der Spieltheorie vs. Reziprozität in der Sozialpsychologie
4.1 Annahme der Rationalität vs. Annahme der Einflussanfälligkeit
4.2 1 zu 1 vs. 1 zu ∞
4.3 Axiologische Neutralität vs. moralische Wertung
5 Fazit
6 Literaturverzeichnis:
1 Einleitung
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit einen der wichtigsten Prinzipien des menschlichen Zusammenlebens, nämlich mit dem Reziprozitätprinzip. Dieses Prinzip fasziniert zahlreiche Wissenschaftler aus verschiedensten Bereichen – Soziologie, Anthropologie, Psychologie, aber auch Wirtschaftswissenschaften, Mathematik, Biologie... Abhängig von der Disziplin ist die auch verschieden definierbar. Allgemein, kann die Reziprozität nach hyperdictionary.com als „a mode of exchange in which transactions take place between individuals who are symmetrically placed, i.e. they are exchanging as equals, neither being in a dominant position“ definiert werden
Das Vorhaben dieser Arbeit ist zwei (meines Erachtens interessanteste) Perspektiven der Reziprozität, nämlich die spieltheoretische und die sozialpsychologische, zu Analysieren und sie miteinander zu konfrontieren. Warum gerade die beiden? Weil sich die beiden relativ jungen (beide sind erst in dem zweiten Viertel des zwanzigsten Jahrhundert entstanden) Disziplinen mit der Analyse menschlicher Entscheidungen beschäftigen und dabei von den ziemlich unterschiedlichen Menschenbilder ausgehen. Während wir in der Spieltheorie mit dem völlig rational handelnden, Nutzen maximierenden homo oeconomicus zu tun haben, ist er in der Sozialpsychologie animal sociale, nicht mehr so rational, empfänglich für Manipulation und Einfluss. Es ist also zu prüfen, ob sich dieser Verhaltensmuster auch auf den Umgang mit der Reziprozität übertragen lässt und welche sind dessen Konsequenzen.
2 Reziprozität in der Spieltheorie
2.1 Einführung
2.1.1 Der Inhalt der Spieltheorie
Spieltheorie gehört zu den relativ neuen Wissenschaftsbereichen. Als ihr „Geburtsjahr“ gilt Jahr 1944, das Jahr der Veröffentlichung des Werkes John von Neumanns und Oskar Morgensterns Theory of Games and Economic Behaviour, wobei von Neumanns schon im Jahr 1928 zu diesem Thema publizierte und entdeckte, dass „es gibt wohl kaum eine Frage des täglichen Lebens, in die dieses Problem nicht hineinspielt“[1].
Eine am meisten befriedigende Definition der Spieltheorie habe ich in dem Buch Mathematical Psychology. An Elementary Introduction gefunden: „The theory of games is an abstract analysis of conflict of interests among parties who interact according to rules“[2] Diese Disziplin ist so faszinierend, weil sie keiner der übergeordneten Wissenschaften eindeutig zugeschrieben sein kann. Sie benutzt die mathematische Methode, ihre Inspirationen schöpft sie aber aus der Beobachtung den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Phänomenen.
2.1.2 Allgemeines zur Reziprozität in der Spieltheorie
Spieltheorie mag eine relativ junge Disziplin sein, nicht desto trotz fehlt ihr nicht an Komplexität und Multidimensionalität. Die Spielarten können nach verschiedensten Kriterien kategorisiert werden und werden oft von verschiedenen Autoren auch unterschiedlich genannt. In beinahe jeder dieser Spiele könnte man versuchen das Problem der Reziprozität zu analysieren. Es ist schwer die Rahmen für das Eintreten dieses Phänomens zu bestimmen, deswegen hat diese Arbeit keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es werden hier erstens die bekanntesten und demonstrativsten Beispiele, sowohl der Existenz als auch Nichtexistenz der Reziprozität, behandelt, zweitens es wird ein Versuch unternommen verschiedene Ausprägungen der Reziprozität zu differenzieren.
2.2 Das reinste Beispiel der Reziprozität in der Spieltheorie - TIT FOR TAT
Das Gefangenendilemma ist der einfachste und bekannteste Begriff in der Spieltheorie, deswegen kann auch die Reziprozität in dem wiederholten Gefangenendilemma - TIT FOR TAT Strategie - als Standartbeispiel der Reziprozität in der Spieltheorie gelten. Diese Strategie kann als einfache Übersetzung des allgemein bekannten Spruchs „wie du mir, so ich dir“ in die Bedingungen der Spieltheorie verstanden werden und wurde vor allem dank Robert Axelrods Buches Die Evolution der Kooperation[3] bekannt. Axelrod organisierte ein Computer-Turnier für ein Programm, der sich im iterierten Gefangenendilemma am erfolgreichsten verhalten wird. Im Turnier nahmen die Vertreter verschiedener Disziplinen teil, die sich bereits intensiv mit dem Thema des Gefangenendilemmas beschäftigt haben. Jedes Programm wurde mit jedem konfrontiert, wie auch mit eigenem Gegenstück und mit RANDOM – dem Programm, der mit der gleichen Wahrscheinlichkeit defektiert und kooperiert. Das Turnier wurde von dem einfachsten, auf der reinen Reziprozität basierten Programm (zu erst Kooperation und dann Wiederholung der Entscheidung des Gegners aus dem vorherigen Zug) gewonnen – TIT FOR TAT, geschriebenen von dem Professor Anatol Rapoport.[4][5]
2.2.1 Das Programm:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2.2.2 Das Auszahlungsmatrix:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2.3 Wann ist die Reziprozität unmöglich?
2.3.1 Einfache Zweipersonen-Nullsummenspiele
Jedes Spiel, in der die Summe der Auszahlungen der Spieler immer Null ergibt – der Gewinner erhält genau so viel wie der Verlierer abgeben muss – werden Nullsummenspiele genannt. Diese Definition des Nullsumenspiels bedeutet also, dass in einem Bimatrix-Fall die Interessen jedes Spielers sind komplett konträr, deswegen werden die Zweipersonen (Zweiakteuren)-Nullsummenspiele auch als antagonistische oder streng kompetitive Spiele bezeichnet.
Der einfachste Auszahlungsmatrix würde beispielsweise wie folgend aussehen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die beste lebensnahe Exemplifizierung solches Nullsummenspiels wäre eine sportliche Rivalisierung zwischen zwei Personen oder Mannschaften. Auf solchem Beispiel ist es am deutlichsten zu sehen, dass es in solcher Interaktion keinerlei Reziprozität entstehen kann. Der Gewinn einer Seite ist immer gleich dem Verlust anderer. Es gibt keinen Spielausgang der für beide Seiten mindestens annährend zufrieden stellend wäre.
Ausgeschlossen müssten jedoch eigentlich solche Spiele wo es die Möglichkeit des Ausgangs „Unentschieden“ gibt (im Fall solcher Spiele könne unter bestimmten Umständen die Eventualität gewisser reziproken Handlungen bestehen).
2.3.2 Einfache Diktatorspiele
Eine weitere Situation in der Reziprozität unmöglich ist, ist ein einfaches Diktatorspiel. Diese Schlussfolgerung ergibt sich eigentlich schon aus der buchstäblichen Bedeutung der Worten „Diktator“ und „Reziprozität“. Der in der Einleitung zu dieser Arbeit angeführten Definition der Reziprozität nach, kann keine der Seiten in einer dominanten Position stehen, in der Definition des Diktators dagegen, ist die Dominanz ziemlich explizit.[6]
Analog sieht es auch in dem Diktatorspiel aus. Sie gehört, zusammen mit dem Ultimatumspiel, zu einer wichtigen Kategorie in der Spieltheorie, nämlich zu den „bargaining games“. In der Diktatorversion der bargaining game, eine Person (der Diktator) entscheidet unilateral wie sie eine gewisse Geldsumme oder anderes Gut zwischen sich selbst und dem Spielpartner (dem Rezipienten). Der Rezipient hat in dem Fall keine Handlungsfreiheit, muss also die Entscheidung des Diktators akzeptieren. Logischerweise wird der Diktator eher mehr als weniger Geld bevorzugen und die ganze Summe für sich behalten. Auch wenn er trotz der Logik Teil des Geldes abgibt, wird es weiter nichts mit der Reziprozität nichts zu tun haben, sondern eher mit Fairness oder Altruismus, die aber meiner Meinung nach in dem Fall den Prinzipien der Spieltheorie widersprechen.
Anders wäre es in der anderen Variante des bargaining game, nämlich im Ultimatumspiel. Parallel zu dem Diktatorspiel entscheidet eine Person über die Aufteilung einer Geldsumme. Der Unterschied liegt bei den Handlungsmöglichkeiten der Rezipienten. In dieser Variante kann er das Geld annehmen, wenn er die Aufteilung akzeptiert, kann es aber auch ablehnen. Im Fall der Ablehnung verliert auch der Entscheidende sein Anteil. Hier ist also mit der Reziprozität zu rechnen.
2.4 Verschiedene Arten der Reziprozität in der Spieltheorie
2.4.1 Negative vs. positive Reziprozität
Diese Unterscheidung gehört zu den elementaren Unterscheidungen in der Analyse der Reziprozität. Eigentlich ist sie sogar selbst in der Definition der Reziprozität als negativer oder positiver Reaktion auf entsprechende Aktionen der Anderen enthalten. Diese Reaktivität unterscheidet das positive reziproke Handeln von dem altruistischen. Sie findet nur statt als eine freundliche Antwort auf ein freundliches Verhalten. Parallel sieht es bei der negativen Reziprozität aus. Sie erfolg wenn auf eine Aktion die negative Folgen für einen Spieler hat mit der Aktion die genauso negative Folgen für den anderen Spieler hat. In meisten Spielen ist das parallele Auftreten beider Dimensionen zu beobachten. Dies ist am besten auf dem schon angeführten Beispiel von TIT FOR TAT zu beobachten. Eine Iniziierung des kooperativen Handelns wird sofort mir der Kooperation belohnt und eine Defektion mit der Defektion bestraft. In TIT FOR TAT ist am deutlichsten der Unterschied zwischen der negativen Reziprozität und der Rache zu sehen. TIT FOR TAT ist nicht nachtragend. Sofort nachdem der Partner wieder kooperiert (auch wenn er vorher 100 mal defektiert hat), kooperiert er wieder. Eben dadurch, dass TIT FOR TAT ein Komputerprogramm ist, ist es möglich jeden Zug genau 1 zu 1 zu erwidern, also idealreziprok zu handeln.
[...]
[1] J. von Neumann, Zur Theorie der Gesellschaftsspiele. Mathematische Annalen 100
[2] C.H. Coombs, R.M. Dawes, A. Tversky Mathematical Psychology. An Elementary Introduction, 1970
[3] R. Axelrod, Die Evolution der Kooperation, München 2005
[4] http://www.dbg.rt.bw.schule.de/lehrer/ritters/info/gedil/steuer.htm
[5] Ibidem.
[6] Begrifflichkeit nach: A. Ockenfels Fairness, Reziprozität und Eigennutz, 1999
- Arbeit zitieren
- Agnieszka Walorska (Autor:in), 2007, Reziprozitätprinzip, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/92943
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