Die Mitschrift mit dem Titel "Österreichische Kulturgeschichte" enthält folgende Vorlesungsmitschriften zur Prüfungsvorbereitung in Stichpunkten:
1. Vorlesung: Was ist Österreich? Was ist Kultur?
2. Vorlesung: Vom Sinn und Unsinn einer „österreichischen“ Literaturgeschichte des Mittelalters
3. Vorlesung: Renaissance und Humanismus: Paracelsus: Medizin, Astronomie
4. Vorlesung: Barock: Architektur – bildende Künste – Theater – Feste
5. Vorlesung: Experiment Aufklärung: Wolfgang Amadeus Mozart (1756 – 1791)
6. Vorlesung: Romantik: Schloss und Park: Schlösser und Park Laxenburg
7. Vorlesung: Biedermeier und Vormärz: Das Wiener Volkstheater
8. Vorlesung: Aufschwung der Naturwissenschaften: Gregor Mendel (Botanik, Biologie, Genetik)
9. Vorlesung: Wiener Moderne 1900-1930: Wittgensteins Wien/Philosophie – Literatur – Kunst – Architektur – Musik
10. Vorlesung: Der Heldenplatz als Gedächtnisort
11. Vorlesung: Gegenwartskunst seit 1968: Steirischer Herbst: Musik, Bildende Kunst, Architektur, Theater, Tanz, Literatur, Film, Neue Medien
VO Österreichische Kulturgeschichte
1. Vorlesung: Was ist Österreich? Was ist Kultur?
Was ist Österreich?
Außenwahrnehmung:
- Ein demokratischer und föderaler Bundesstaat (in Mitteleuropa)
- Eine semipräsidentielle Republik
- Besteht aus 9 Bundesländern
- Mitglied der EU seit 1995
- Österreich wird in einem Atemzug mit der Schweiz genannt
- Land der Berge
- Binnenland: wichtige Lage für den internationalen Verkehr und Verbindung zwischen Ost- und Westeuropa
- Blühende und musikalische Kultur
- Herausragende Architektur (vor allem Wien)
- Traditionsgebunden
- Politisch – soziale Konflikte sind weniger scharf als in anderen Ländern
- Österreich als ein Land der Mitte
- Erfolgsgeschichte Österreichs (ab 1945): im EU Vergleich steht Österreich politisch und ökonomisch sehr gut da (im OECD Vergleich im oberen Drittel)
- Historisch betrachtet: Ostarrichi, Habsburgermonarchie, Kaisertum Österreich, Österreich – Ungarn
Innenwahrnehmung:
- Negative Innensicht/-wahrnehmung: sinkende Zufriedenheit in Österreich, obwohl sich die Bürger im Vergleich zu anderen Staaten gut sehen à Insel der Seligen
Was wurde zu verschiedenen Zeiten mit Österreich verbunden?
- Österreich ist widersprüchlich und vielschichtig
- Österreich ist all das, was man damit verbindet
- Politische Figuren, die die Österreicher mit Österreich assoziieren: NICHT die Habsburger (die im Tourismus stark betont werden), Maria Theresia oder ein Kaiser SONDERN Bruno Kreisky
- Musikalische Figuren: Wolfgang Amadeus Mozart
Was ist Kultur?
- Gesamtheit aller Dinge, die nicht natürlich sind, sondern vom Menschen hervorgebracht werden
- Kommt aus der Landwirtschaft aus dem Bereich Bodenkultur und bedeutet den Boden bearbeiten à Bearbeitung der Natur à Kultur ist eine materielle Tätigkeit, die der Bearbeitung von etwas dient
- Kultur und Kult: Kultur ist abhängig von Sitten und Gebräuchen und beruht auf Traditionen
- Hat mit dem alltäglichen Leben zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort zu tun (z.B. Esskultur)
- Kultur ist tief in unserem Leben verankert
- Menge von Konzepten, die von Mitgliedern einer sozialen Gruppe geteilt werden
- Zusammensetzung und Charakter sind historisch variabel
- Genetische Vererbung und kulturelle Vorgaben der Gesellschaft (funktioniert schneller und synchron)
- Kommunikation, Verstehen sowie Speicherung und Weitergabe von Wissen
- Fähigkeit über Kultur nachdenken zu können und zu reflektieren
- Kultur berücksichtigt biologische und umweltspezifische Bedingungen
- Der Mensch prägt sein Umfeld und damit auch die Kultur
2. Vorlesung: Vom Sinn und Unsinn einer „österreichischen“ Literaturgeschichte des Mittelalters
Folie 4 – Raum:
- Österreich war im hohen Mittelalter das Herzogtum Österreich. Es gab auch andere Herzogtümer, die heute in Form von Bundesländern zu Österreich gehören: Herzogtum Steiermark, Herzogtum Kärnten, Grafschaft Tirol und Erzstift Salzburg.
Sprache:
- Alle mittelalterlichen Dialekte, die mit Österreich in Verbindung gebracht werden, sind bairische Dialekte. Auf dem bairischen Dialekt beruht unsere heutige Sprache.
- In allen Herzogtümern, Grafschaften und Erzstiften wurde ein anderer Dialekt des Mittelhochdeutsch gesprochen. Es gab keinen einheitlichen Dialekt.
- Die damals dominierende Sprache war Latein à Sprache der „literati“. Die Sprache der niederen Leute bzw. die des Volkes war Mittelhochdeutsch à Sprache der „illiterati“.
Schriftlichkeit:
- Der Minnesang (sehr vielfältige Formen à Mouvance) und das Nibelungenlied zeichneten sich durch die Mündlichkeit aus
- Handschriften auf Pergament (extrem teuer! à nur Reiche konnten sich diese leisten)
Zentren der Literatur:
- Bis zum Jahr 1000: Klöster (Folie 11)
- Ab dem Jahr 1000: Fürstenhof (Folie 34)
- Spätmittelalter: Städte (Folie 40)
Folie 9 und 10:
- Fürbitte für Hunde
- Christliche Verankerung
- Appel an Christ und Martin
- Gebrauchstext (nicht zu abstrakt)
- Bezug zu Österreich: Bairischer Dialekt und liegt in ÖNB auf
Folie 12 bis 17 – Wiener Genesis:
- Genesis im Allgemeinen: Erklärung für Schöpfungsvorgänge geben
- Wiener Genesis: Luzifer und die anderen gefallenen Engel werden aus dem Himmel gestoßen à Lücke im Himmel à man soll fruchtbar sein und sich mehren, bis diese Lücke gefüllt ist
- Qualität und Tugend Gottes ist im Menschen
- Muster der Schönheitsbeschreibung: Beschreibung des Menschen von oben nach unten (z.B. ausführliche Beschreibung der Funktionen der einzelnen Finger)
- Gebrauchstext (nicht zu abstrakt)
- Bezug zu Österreich: Stammt aus Wiener Neustadt
Folie 18 bis 22 – Nibelungenlied:
- Spielt in Passau/entlang der Donau
- Mouvance: mehrere unterschiedliche Textsorten bestehen nebeneinander
- Bezug zu Österreich: Etzel kommt bei Pöchlarn (einem Ort in Niederösterreich) vorbei à entstand im Erzherzogtum Österreich wegen der Ortskenntnisse
Folie 23 bis 24 – Walther von der Vogelweide:
- Österreichbezug fraglich, da es keine Aufzeichnungen über Stand und Herkunft gibt. Es existiert lediglich eine Reiserechnung über einen gekauften Pelzrock über 5 Schilling bei Zeiselmauer als biografischer Beleg.
3. Vorlesung: Renaissance und Humanismus: Paracelsus: Medizin, Astronomie
Biographie:
- Theophrastus Bombastus von Hohenheim
- Paracelsus (aus dem Griechischen) à Para: bei, Celsus: hochragend
- Geboren 1493 in Einsiedeln in der Schweiz (obwohl der Vater in Villach lebte) – gestorben 1541 in Salzburg
- Lebte in Österreich während der Zeit der Habsburger (z.B. 1493 – 1519 Kaiser Maximilian I.)
- Verweigerung gegenüber Tradition
- Im Spannungsfeld von Religion/Wissenschaften
- Neuerer im Bereich Medizin à angewandte/theoretische Wissenschaft
- Finanziell beengte Lage
- Ab 1509 Wanderarzt
- 1512 Promotion in Ferrara à Viele Wanderungen ab dann
- Gilt als Forschungs- und Entdeckungsreisender in Zentraleuropa
- Sammelte als Militärarzt wichtige Erfahrungen
- 1524 Versuch sich in Salzburg niederzulassen à hegte aber Sympathie für das Volk/niedere Leute à Vorwurf der Verwicklung in Bauernkriegen à soziale Hemmung und Sprachfehler à schlechtes Auftreten und kaum eine Möglichkeit sich zu wehren à verließ Salzburg
- 1526 Strassburg
- 1527 Basel à Stadtarzt und Universitätsprofessor à verbrannte ein Lehrbuch als Symbol des Aufstandes à benutzte die Volkssprache statt der Gelehrtensprache Latein à 1528 fluchtartiges Verlassen
- 1529 Nürnberg à Druckverbot gegen seine Schriften
- Arbeitete an medizinischen (Paragranum und Paramirum à Lateinische Namen als Huldigung an Latein) und theologischen Büchern
- Pionier im Gebiet unsichtbare/psychosomatische Krankheiten
- Untersuchte Krankheitszusammenhänge
- 1937/38 Wien à Audienz bei König Ferdinand I. ?
- Verfasste 3 dem Land Kärnten gewidmete Schriften: u.a. Die sieben Verteidigungen, Das Labyrinth medizinischer Irrtümer
- Ab 1540 Salzburg à 1541 Tod
Nachwirkung:
- Zahlreiche anonyme Schriften wurden ihm im Nachhinein zugeschrieben
- In der Romantik: Genialer Einzelgänger und Vorgänger der Moderne
- Faust: Homunkulus/Beschwörung der Geister à auf Paracelsus berufen
- Nationalistische Deutung: Paracelsus als Inbegriff des Deutschen à unruhige, suchende Deutsche
- Nationalsozialisten: Neue deutsche Heilkunde à Paracelsus als Vorbild à 1941 Höhepunkt an seinem 400. Todestag
- Egon Friedell: Oszillierende Mischfigur
Zwischen Erfahrungswissenschaft und Spekulation:
- Heilkunde vs. Magie
- Erfahrung schließt Spekulation nicht aus
- Begründer der neuzeitlich experimentellen Medizin
- Verbindung von Theologie und Medizin
- Lebenskunst eingebettet in Todeskunst
- Sorgte sich um den Körper (kein Einfluss auf Spiritualität) und das seelische Heil
Uomo universale:
- Universal Gelehrter
- Ideal der Allgemeinbildung (in Renaissance/Humanismus)
- Aber die Harmonie mit der Natur fehlt à war getrieben
- Keine einzige theologische Schrift wurde zu Lebzeiten gedruckt, medizinische einige wenige à erst in der Romantik wegen der Vorliebe für Fragmente
- Mensch als Mikrokosmos
- Welt als Makrokosmos
- Arthur Schnitzler: Paracelsus als Abenteurer und Einzelgänger à hob dessen Nähe zum Traum/Unbewusstsein hervor
Paracelsus als Mediziner:
- 4 Wissensbereiche der Medizin:
- Naturkunde und -philosophie,
- Astronomie (Lehre von den inneren Gestirnen à Kenntnis der Kräfte des Himmels und deren Auswirkung auf den Körper)
- Alchemie (als Vollendung der Natur)
- Glaubwürdigkeiteit/Verantwortungsbewusstsein/Redlichkeit à soziale Kompetenz
- Die fünf Entien (= Ursachen der Krankheit):
- Natürliche Ursachen:
- Ens astrale: Gestirnseinfluss à Ausdünstungen der Planeten
- Ens veneni: Aufnahme von Gift in den Körper
- Ens naturale: Vorherbestimmung, genetische Vererbung
- Ens spirituale: Einfluss des Geistes
- Strafe Gottes:
- Ens deale: Einfluss Gottes
- Pinoierleistung:
- Laborexperimente à Chemiatrie à Verwendung von im Labor hergestellter Medizin/Arzneien
- Richtige Anwendung gefährlicher Arzneien
- Gift zu Heilmitteln machen
- Naturprodukte alchemistisch bearbeiten
- Drei Urstoffe:
- Merkur: Quecksilber (das Flüchtige)
- Sulfur: Schwefel (das Brennende)
- Sul: Salz (das Feste)
- Nur qualitativ darstellbar
- Bauen die Welt auf und sind in jedem Menschen als Grundsubstanz enthalten
- Ausgewogenes Verhältnis à Gesundheit
- Ungleichgewicht à Beginn der Krankheit
- Sympathisches Heilen: Arznei muss einen Einfluss auf die Krankheit gewinnen und gesünder als jene sein à z.B. Merkur Krankheit wird mit Merkur Mittel behandelt
- Signaturenlehre:
- Lehre von den Zeichen
- Walnuss hat die Form des Gehirns, Bohne die Form der Leber à jene Sachen zur Heilung jener Körperteile einsetzen
- Vier Arten der Zubereitung – Essenz des Wissens und Könnens:
- Magisterium: Höchste Wissenschaft à zueinander passende Stoffe mischen
- Quintessenz: Die Essenz aus etwas ziehen à den Kern bzw. den reinsten Bestandteil erhalten
- Arkanum (=Geheimnis): Substanz zerstören und dann neuartig wieder herstellen/beleben
- Elixier: Integration aller vorangegangen Zubereitungsarten à Auszug aus verschiedenen Heilpflanzen mit verschiedenen Zusätzen à der daraus resultierende Stoff verhindert Verschlechterungen im Inneren
Paracelsus als Astrologe:
- Mensch als irdisch/himmlischen Kompositum
- Astronomia magna: Zusammensetzung des Menschen
- Mensch im Mittelpunkt des Kosmos
- Natürlicher Teil:
- Mensch ist aus Limus (Himmel und Erde), der Urmaterie, gemacht
- Firmamentischer Teil: Sinne
- Elementischer Teil: Fleisch, Blut
- Übernatürlicher Teil: Weisheit
- Formen der Naturkenntnisse:
- Magie
- Erkenntnis der Geister und Toten
- Kunst der Sterndeutung
- Erkenntnis der Zeichen in der Natur (übernatürlich!)
Kirchen- und Gesellschaftskritik:
- Aufbegehren gegen Autoritäten
- Wie Luther: Wort Gottes als einzige Offenbarung
- Sah Kirchen als überflüssig an à Forderte die Abschaffung der Klerus
- Züge neuzeitlicher Subjektivität à Rückte das Individuum ins Zentrum
- Setzte sich für soziale Gerechtigkeit und gegen Armut ein à „Alle Menschen sind vor dem Tod gleich.“
- Schlechte Welt der Menschen als Bedingung für Astrologie
- Vollkommenheit des Jenseits
- Prinzip der personenbezogenen Arbeit
- Galt als Luther der Medizin
- War ein Symbol für die Zeit der Umbrüche
4. Vorlesung: Barock: Architektur – bildende Künste – Theater – Feste
Barock:
- 17. und frühes 18. Jahrhunderts
- Kulturhistorische Bezeichnung
- Epoche
- Stil
- Denkart
- Ästhetische Repräsentation
- Markenzeichen der katholischen Kultur der frühen Neuzeit
- Wichtigste Förderer: Kirche, Aristokratie
- Förderung von Neuausstattung der Kirchen und deren Umgestaltung (Barockisierung der gotischen Kirchen)
- Wiederstand gegen Effizienzgedanken, Rationalisierung und Disziplinierung (waren die Folge der ersten Moderne)
- Entfaltung im politischer Rahmen der Gegenreformation (Vertreibung der Juden)
- 1658 – 1715: Josef: stark klerikal ausgerichtet à Verhinderte die Einrichtung einer Akademie
- Heiligenverehrung à Errichtung von Pestsäulen (z.B. Wiener Pestsäule 1693 von Johann Bernhard Fischer von Erlach, Paul Strudel und Lodovico Ottavio Burnacini)
- Flugblätter als wichtigstes Kommunikationsmittel à Türkenflugblätter zur Propaganda gegen die Türken à Disziplinierung des Volkes
- Wiener Zeitung: Älteste Zeitung (erscheint seit 1703), Umbenennung im Jahr 1780
- Architektur, Bildende Kunst, Malerei, Bildhauerei
- Musik (nicht an Nationalsprachen gebunden und daher verbindendes Element) und Theater von großer Betreuung
- Zeit der Gegensätzlichkeit in einer Zeit von Pest und Krieg: Tod und Leben, Sinnesfreude
- Starkes Bewusstsein wie man Macht massenmedial inszeniert
Barock als Gedächtnisort für das Nationalbewusstsein:
- Benennung erst nachträglich à 1789 (Französische Revolution)
- War zuerst negativ gemeint
- Begriff kommt aus dem Portugiesischen und bedeutet schiefe, merkwürdige Perle
- Ab 19. Jahrhundert: Zentraler Bestandteil des Österreichbewusstseins
- Buch „Mein Österreich“: Barock ist die Art wie der Österreicher lebt
- Gehört zum Hochkulturellen und dadurch zur Stadt (Wien)
- Man hat aus Rom die gute Kunst nach Wien gebracht
- Übernahme anderer Kulturen (spanisch, französisch, englisch) als Stärke der mitteleuropäischen Kultur
- Vielvölkerstaat als Dauerproblem à Kulturelle Umdeutung zur Tugend
- Karlskirche (Johann Bernhard und Joseph Emanuel Fischer von Erlach):
- 1716 – 1739
- Pestvotiv
- Symbol der Zusammengehörigkeit der habsburgischen Erblande
- Säulen des Herkules sollten Devise von Karl V. repräsentieren
- Wichtigste habsburgische Gedächtnisorte: Sakralbauten
- In den päpstlichen Kirchen kommt es mehr auf das Sehen als auf das Wort an à Kirchen als steinernen Bibeln mit prunkvoller Ausstattung (Macht sollte auch für Analphabeten ersichtlich sein)
- Das österreichische Wesen ist die Barockfassade: Frisch, lächelnd, heiter, Sinnesfreude
- Vor 1945: Betonung, dass Österreicher die besseren Deutschen seien
- Nach 1945: Das Übernationale des Barocks wurde betont: Österreich als glänzender Spiegel des Abendlandes und Vereinigung der Gegensätze in einem vielstimmigen Konzert à Gegenrealität schaffen
- Ende der Türkenbelagerung gleichgesetzt mit Ende der Wehrmacht in Österreich à Ende des Fremden
- Gründung der zweiten Republik im Schloss Belvedere als Betonung des Barocks à Politischer Mythos: Österreich als Opfer
- „Austriae“ (1980): Wien als Ort der Gegensätze und Ort der Versöhnung
- Barocksynthese: Betonung des Weiblichen, Mütterlichen à Maria Theresia (hat Mitleid, ist offen, geht auf andere zu)
- Barock als Selbstbild von Österreich und Betonung im Tourismus
Historische Voraussetzungen:
- Strömung der europäischen Architektur und Kunst
- Von 1572 bis 1770
- Verbreitete sich zuerst in katholischen Gebieten, dann auch in protestantischen
- Manifestiert sich in Kirchenbauten
- Viele italienische Architekten: Santino Solari, Giovanni Pietro de Pomis, Carlo Antonio Carlone, Domenico Martinelli,…
- Frankreich à Wettstreit der Prachtbauten à Schloss Schönbrunn
- Zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts (1740 – 1780): Stillstand der Bautätigkeit à Spätbarock à Einleitung des Rokokos und Klassizismus
Schloss Schönbrunn:
- DAS Beispiel für barocke Kunst in Österreich
- Architekt: Johann Bernhard Fischer (von Erlach)
- Ziel: Großartigkeit von Versailles übertreffen
- Schloss sollte ursprünglich auf Anhöhe der Gloriette stehen
- Park: Wasserspiele, ausladende Kolonnaden
- Kulisse des Welttheaters
- Mehrstufige Annäherung an den Herrscher: Langer Weg zum Schloss à Herrscher sollte (wie Gott) weit vom Volk weg sein
- Ursprünglicher Plan scheiterte am Geldmangel
- 1696 bis 1701 Bau des Jagdschlosses Schönbrunn am Fuß des Berges und gleichzeitige Erweiterung der Hofburg
- Schönbrunn eine Schrumpfform größerer Pläne
- Wurde nicht in einem erbaut sondern ist ein Patchworkergebnis verschiedener Baumeister
- Kaiserlicher Sommersitzt
- Material stammte vom Kaisersteinbruch am Leithagebirge
- Innenausstattung: Musterbeispiel des Rokoko
- Schlosstheater: Joseph Hayden, Wolfgang Amadeus Mozart
- Unter Maria Theresia: Viele Erweiterungen, Ausbauten und Umbauarbeiten und Errichtung des Barockparks
- Barockpark:
- Strenge symmetrische Ordnung (wie für Barockparks üblich)
- Zierparterres
- Zurecht gestutzte Wäldchen
- Gloriette (Johann Ferdinand Hetzendorf von Hohenberg):
- 1775
- Letzter bedeutender Ausbau
- Schließt den Schlossgarten ab
- Denkmal für den gerechten Krieg
- dritter Entwurf
- Material aus Schlossneugebäude des 16. Jahrhunderts
- Bau bis kurz vor Maria Theresias Tod in Gange
- Öffnung des Parks mit Vollendung des Bautes
- Von Balkon aus Blick auf Obelisk und Gloriette à Erinnerung an Glanzzeit der Habsburger
Gesamtkunstwerk:
- Fresken gewannen an großer Bedeutung in Österreich
- Georg Raphael Donner: Höhepunkt der Barockplastik
- Abwechselnd höfische/alpenländische Strömung
- Umfasste sämtliche Bereiche und Gebiete Österreichs à kein rein urbanes Phänomen
- Paläste und Kirchen dienten der Verbreitung und Repräsentation der göttlichen Ordnung à Gesamtkunstwerk als Ergebnis einer göttlichen Ordnung
- Absolutismus, Kirche und Tradition der Antike spielen zusammen
- Barockes Schloss als Ausdruck des Absolutismus à Macht soll erkennbar sein à Schloss Belvedere als Beispiel für Repräsentation
Schloss Belvedere:
- Prinz Eugen von Savoyen war ein Kunstförderer und ließ Schloss Belvedere erbauen
- Architekt: Johann Lucas von Hildebrandt
- Belvedere damals außerhalb des Stadtgebietes
- 1714 – 1716: Unteres Belvedere
- 1721 – 1723: Oberes Belvedere
- Zwischen unterem und oberem Belvedere ein prächtiger Garten
- Statuen im Garten sind allegorisch lesbar
- 1919 im Besitz der Republik Österreich und als Museum verwendet
- Im Krieg schwer beschädigt und wieder aufgebaut
- Unterzeichnung des Staatsvertrages à Anknüpfung an barocke Tradition
Oper, Theater und Fest:
- Gesellschaftliche und politische Rahmenbedingungen prägten Kunstform
- Höfisches Theater als Ort der repräsentativen Öffentlichkeit
- Publikum als reale/passive Sphäre und Theater als fiktive Sphäre stark verschmolzen
- Verherrlichung des Herrscherhauses und Wiederspiegelung der höfischen Hierarchie im Theater
5. Vorlesung: Experiment Aufklärung: Wolfgang Amadeus Mozart (1756 – 1791)
Mozarts Bedeutung für das Österreichbewusstsein:
- Mozart bekommt heutzutage viel Zustimmung in Österreich, jedoch kaum jemand hat Kenntnis von seinen Werken
- Mozart wirkt heute als Gedächtnisort
- „Der Künstler als Held“ à Heroisierung der Figur Mozart nach seinem Tod
- 1837 erste Aktivitäten zu Mozarts Gedenken in Prag: erste Mozartbibliothek à von Deutschen in Prag für sich vereinnahmt
- 1842 erstes Mozart Denkmal in Salzburg:
- Errichtung von Deutschland unterstützt
- Wladislaw Pyrker schrieb ein Loblied anlässlich der Enthüllung des Denkmals à beinhaltet Mozart, Hayden und Beethoven, die mit Österreich in Verbindung gebracht werden sollen
- Macht der Musik und Zeitlosigkeit der Musik sollte damals mit dem Habsburgerherrscherreich in Verbindung gebracht werden à Mozart war das Bindeglied (Mozart auf den Schoss von Maria Theresia)
- Wiener Staatsoper:
- 1869 mit einer Premiere von Don Giovanni von Mozart eröffnet
- Erste Opernaufführung nach 1955 war die Mozartoper Die Hochzeit des Figaros
- 1896 Errichtung des Mozartdenkmals in Wien, weil ein Wagner Denkmal errichtet werden sollte, was Österreich wieder an Mozart erinnerte
- Anlässlich des 150.Geburtstags Mozarts: Mozartfest als Vorläufer der Salzburger Festspiele à Markierte die Kommerzialisierung Mozarts (Mozartmesser, Mozartschuhcreme)
- 1925 Eröffnung des Salzburger Festspielhaus à Mozart im Mittelpunkt
- Hugo von Hofmannsthal verwendete Mozart zur Allegorie des Begriffs des mittleren Europa
- Beethoven galt als kämpferischer Titan, Schubert als der Gefühlsvolle à so etwas gelang Mozart nicht!
- Erst zur Nazizeit kamen die ersten Filme über Mozart auf den Markt, die vom Volk angenommen wurden und wodurch Mozart populär wurde à starke Wirkung Mozarts, die erst später wieder aufgriffen wurde
- Bücherverbrennung 1937: „Frei und Deutsch sei die Stadt Mozarts!“
- 1946 Schaffung der Verbindung von internationaler Hochkunst und Volksverbundenheit
- 1946/47 reiste die Wiener Staatsoper als „Botschafter“ mit Mozartopern nach London und Paris
- Zweiter Mozartfilm von Karl Hartl 1955 mit einer großen Bedeutung
- 1955 Beschluss des Salzburger Gesetzes zum Schutz des Namen Mozarts
- 1956 nannte Oskar Fritz Schuh Mozart Person, die auf Kafka, Einstein, Picasso wirkte
- 1973 wurde ein jugendlicher Mozart auf dem Motorrad in der Tourismuswerbung eingesetzt à dionysischer Mozart wurde propagiert, indem das Fremde, Exzentrische und Rätselhafte betont wurde
- 1979 Erstaufführung des Theaterstück Amadeus, welches große Erfolge feierte
- 1984 wurde der Film „Amadeus“ wurde mit 8 Oscars ausgezeichnet
- Neurotisch überdrehter Mozart à hat nichts mit Identifikationsfigur gemeinsam die in Österreich profiliert wurde
- Sorgte für steigende Bekanntheit Mozarts
- Bild wurde maßgeblich von massenidealer Fiktion verändert
- Auch im Lied Rock Me Amadeus von Falco wird Mozarts komplett anders dargestellt als bisher propagiert: Spielschulden, locker, bunter Hund, Frauenliebling, charmant à Parallelen zwischen Falco und Mozart
- Zweiter Name Amadeus häufiger verwendet als der erste Name Wolfgang, weil Amadeus ungewöhnlich und international ist und „das göttliche Kind“ bzw. „der Auserwählte“ bedeutet
- Mozart wurde einerseits als ehrwürdiger Wiener Klassiker und andererseits als Rockideal propagiert
- Mehr als 350 verschieden Mozartartikel am Markt
- Mozartkugeln gelten in Japan und den USA als DAS österreichische Produkt, wobei diese Fremdwahrnehmung die Eigenwahrnehmung der Österreicher beeinflusste
- Im Tourismus wird Mozart sehr häufig verwendet
- Deutschen beanspruchen Mozart immer wieder für sich, was problematisch ist
- Gerhard Ruhm: Mozartlitanei mit Meinungsumfragen zum Mozartjahr 1991 à Mozart wurde zur kulturfördernden Marke und Delikatesse (Mozartkugeln, Mozartknödeln,…)
- Mozartbild wird seit seinem Tod so oft übermalt, bis es verschwunden sein wird
- Oft wird behauptet, dass nicht der Mozart der Biographen, sondern der andere Mozart, der Eigentliche sei
- „Mozarts Kunst spricht für sich selbst, sie braucht keine Legitimation von außen“ oder „Mozart braucht keine Schützenhilfe durch Mozartkugeln“
Mozart und der aufgeklärte Absolutismus in Österreich:
- Feudale Strukturen wurden zu Mozarts Zeit durch marktwirtschaftliche ersetzt
- Aufklärung in Maria – theresianischer Zeit als neues Ordnungsdenken, um den Staat handlungsfähiger zu machen und die Kompetenzen zu bündeln
- Freimaurer:
- Beginn der Entwicklung
- Mozart gehörte ihnen bis zu seinem Tod an
- Viele stammten aus privilegierter Schicht
- Josephinische Hochzeit führte zu blühender Freimaurerei in Wien
- Mozart galt als aufgeklärter Rokoko Mensch
- Freiheitsdrang sollte gegen Absolutismus aufrechterhalten werden ABER aufgeklärter Absolutismus beinhaltet trotz allem noch Absolutismus
- Vater Mozarts:
- Aufgeklärter Rationalist
- Fungierte als Produzent und Manager des Sohnes à wollte Mozarts Namen zu einem klingenden Markennamen machen
- Beachtet stets den Stand aber wollte innerhalb des Stammes das Beste für Mozart machen
- Betrieb mit Mozart gemeinsam Networking, weshalb es zu langen Konzertreisen und vielen Auftritten kam
- Mozart bewahrte stetes eine innere Distanz zum Adel:
- Reichtum sei im Kopf, er braucht keine reiche Frau
- Mozart verwendete nie den Titel „von Mozart“, was er dabei hätte tun dürfen
- Mozart konnte sich selbst gut inszenieren, was zu jener Zeit ungewöhnlich war
- Mozart verblüffte durch Fingerfertigkeit, blindes Spielen, Spielen auf verdeckten Tasten, vom Blattspielen, Improvisation
- Maria Theresia warnte ihre Söhne vor der Anstellung Mozarts
- Mozart wollte künstlerische Qualität erkunden aber musste Aufträge erfüllen à Schere der beschränkten Welt des geistlichen Künstlertums und der Selbstproduktion
- Konzerte von und Unterricht bei Mozart kosteten sehr viel, was jedoch enorme Einnahmen brachte
- Mozart komponierte Kammermusik und später auch Opern à Trend von italienischen zu deutschen Opern
- Kaiser Joseph II. förderte Mozarts Opernaktivitäten
- Triumph mit seiner Oper Don Giovanni in Prag
- Mozart geriet wegen seines auffälligen Lebens in Schuldenlast
- Mozart zwischen Konflikt zwischen Sein und Schein
- Mozarts Leben wurde immer mehr von Wunschträumen geprägt
- 1791 kehrte der Erfolg Mozarts zurück
- Mozart war am Ende NICHT verstoßen oder arm
- Zauberflöte in Freimaurertheater war ein anhaltender Erfolg
- Nach seinem Tod begann die Faszination für ihn à er wurde dann als Genie gesehen à Genies galten als Götter des 19. und 20. Jahrhunderts
- 3 Merkmale eines Genies:
- Seltenheit
- Zusammengehörigkeit aller Genies
- Unsterblichkeit
- 2 Typen von Genies:
- Märtyrer (Beethoven)
- Tragischer Held, der in jungen Jahren stirbt
- Mozart passte in keinen Typus, weil er vielschichtiger wirkte
- Mozart galt nicht als Gottheit der Geniereligion, sondern als verspieltes Götterkind
- Schoppenhauer sagte, dass Wunderkinder dazu neigen Flach- und Kindsköpfe zu sein
- Mozart galt als Wahnsinniger in Beautiful Mind
- Mozart setzte sich kritisch mit seiner Zeit auseinander: Er verspottete beispielsweise die Willkürherrschaft
- Joseph II. verteidigte Mozarts kritische Oper à was nicht erlaubt zu sagen ist, wird gesungen
- Oper als paradigmatische Bühne: sehr individuelle Figuren in Oper
- Brücke zwischen Hoch- und Populärkultur mit der Zauberflöte:
- Vermischung der Volkskomödie mit freimaurerischen Inhalten
- Sehnsüchte des Volkes reflektieren und Humor aufgreifen
- Parodie der Hochkultur begann
Aktualität:
- Mozart geht niemals im Horizont der Aufklärung auf
- Der Heilige und der Narr (Mozart) sind einander ähnlich
- Mozart als aufklärungskritische Figur
- Experiment spielt bei Mozart eine zentrale Rolle
- Zeit der anthropolischen Experimente in vielen Romanen
[...]
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