In den traditionellen Preisfindungsmethoden der Betriebswirtschaftslehre werden wichtige Sachverhalte, welche die Nachhaltigkeit von Unternehmen betreffen, nicht einbezogen. Dadurch kommt es zu Marktpreisen, die den gesellschaftlichen Nutzen und die gesellschaftlichen Kosten von Produkten nicht korrekt widerspiegeln. In der folgenden Arbeit wird nach einem kurzen Abriss der drei konventionellen Preisbestimmungsansätze, die auf die Kosten, die Konkurrenz oder die Kunden eines Unternehmens abzielen, auf das Wesen von Externalitäten eingegangen. Anschließend wird gezeigt, welche Ziele das Projekt "Richtig Rechnen" der Regionalwert AG verfolgt und wie versucht wird, soziale und ökologische Kosten in die Unternehmensbilanz zu integrieren. Zum Abschluss werden die Stärken und Schwächen des Ansatzes aus preispolitischer Sicht aufgezeigt.
Unternehmen verfolgen im Rahmen der Preispolitik das Ziel, den Preis für ihre Produkte zu finden, der zu Gewinnmaximierung führt. Dabei sind sie in der Preisfestsetzung nicht autonom, sondern müssen verschiedene unternehmensinterne und –externe Einflussfaktoren beachten. Daraus haben sich im Wesentlichen drei Ansätze herausgebildet: kostenorientierte, wettbewerbsorientierte und wertorientierte Preisbestimmung.
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Theoretische Grundlagen
2.1 Konventionelle Preisbestimmungsansätze
2.2 Externalitäten
3 Projekt „Richtig Rechnen“ der Regionalwert AG
3.1 Zielsetzung
3.2 Methodischer Ansatz
3.3 Bewertung aus preispolitischer Sicht
4 Schlussbetrachtung
Literaturverzeichnis
1 Einleitung
„Die landwirtschaftliche Produktion wird von besonders vielen positiven und negativen Wirkungen und Effekten auf die Natur, Umwelt, Region, Landwirtschaft und Gesellschaft begleitet. Bisher wurde ihnen in der Betriebswirtschaft zu wenig Beachtung geschenkt.“ (Regionalwert AG online (2019a: 7)).
Die Aussage des Leiters des Projekts „Richtig Rechnen“ der Regionalwert AG macht deutlich, dass in den traditionellen Preisfindungsmethoden der Betriebswirtschaftslehre wichtige Sachverhalte, welche die Nachhaltigkeit von Unternehmen betreffen, nicht einbezogen werden. Dadurch kommt es zu Marktpreisen, die den gesellschaftlichen Nutzen und die gesellschaftlichen Kosten von Produkten nicht korrekt wiederspiegeln.
In der folgenden Arbeit wird nach einem kurzen Abriss der drei konventionellen Preisbestimmungsansätze, die auf die Kosten, die Konkurrenz oder die Kunden eines Unternehmens abzielen, auf das Wesen von Externalitäten eingegangen.
Anschließend wird gezeigt, welche Ziele das Projekt der Regionalwert AG verfolgt und wie versucht wird, soziale und ökologische Kosten in die Unternehmensbilanz zu integrieren. Zum Abschluss werden die Stärken und Schwächen des Ansatzes aus preispolitischer Sicht aufgezeigt.
2 Theoretische Grundlagen
2.1 Konventionelle Preisbestimmungsansätze
Unternehmen verfolgen im Rahmen der Preispolitik das Ziel, den Preis für ihre Produkte zu finden, der zu Gewinnmaximierung führt (Wöhe/Döring/Brösel (2016)). Dabei sind sie in der Preisfestsetzung nicht autonom, sondern müssen verschiedene unternehmensinterne und –externe Einflussfaktoren beachten (Walsh/Deseniss/Kilian (2013)). Daraus haben sich im Wesentlichen drei Ansätze herausgebildet: kostenorientierte, wettbewerbsorientierte und wertorientierte Preisbestimmung.
Bei der kostenorientierten Preisbestimmung orientiert sich das Unternehmen an den entstandenen Kosten. Dabei bilden die Gesamtkosten des Unternehmens langfristig die Preisuntergrenze, unter der es sich nicht lohnen würde, im Markt aktiv zu werden (Walsh/Deseniss/Kilian (2013)). In diesem Zusammenhang ist darauf zu achten, dass die hohen Entwicklungskosten für Produkte nicht sofort nach der Einführung, sondern erst im Laufe des Produktlebenszyklus gedeckt werden können (Walsh/Deseniss/Kilian (2013)). Aus diesem Grund stellen kurzfristig die variablen Stückkosten die Preisuntergrenze dar, da die Fixkosten kurzfristig nicht verändert werden können und damit nicht entscheidungsrelevant sind (Wöhe/Döring/Brösel (2016)). Langfristig sollte auch ein gewisser Gewinnbeitrag erwirtschaftet werden (Walsh/Deseniss/Kilian (2013)). Im Rahmen dieser Methode kommt das sog. Target Pricing zum Einsatz, bei dem das Unternehmen versucht, denjenigen Preis zu finden, „der bei einer geschätzten Absatzmenge und geschätzten Kosten zu einem Erlös führt, der gleich den Gesamtkosten plus dem gewünschten Gewinn ist“ (Weber/Kirchgeorg online (2018)).
Im Rahmen der wettbewerbs - oder konkurrenzorientierten Preisbestimmung orientiert sich das Unternehmen an den Angeboten von Wettbewerbern. Dabei wird das Ziel verfolgt, die Konkurrenzprodukte durch eine bessere Qualität oder einen günstigen Absatzpreis zu übertreffen (Wöhe/Döring/Brösel (2016)). Als Referenzpunkt für die Orientierung wird häufig der stärkste Wettbewerber bzw. Marktführer gewählt, mit dessen Preis-Leistungs-Verhältnis die eigenen Produkte abgestimmt werden (Wöhe/Döring/Brösel (2016)). Bei dieser Form der Preisfestlegung ist jedoch zu beachten, dass die Konkurrenz als Reaktion darauf eigene Preisänderungen durchführen könnte (Walsh/Deseniss/Kilian (2013)).
Bei der wert - bzw. nachfrageorientierten Preisbestimmung ist die Wahrnehmung des Nutzens eines Produkts oder einer Dienstleistung für den Kunden und seine damit einhergehende Preisbereitschaft der Ausgangspunkt für die Preisfindung (Walsh/Deseniss/Kilian (2013)). Ziel des Ansatzes ist es, einen am Markt akzeptierten Preis zu bestimmen, da die nutzenmaximierenden Konsumenten über Kauf oder Nichtkauf allein aufgrund der Höhe des individuellen Nutzens und nicht aufgrund der Höhe der Herstellungskosten des produzierenden Unternehmens entscheiden (Wöhe/Döring/Brösel (2016)). Da im Rahmen des Value-Based-Pricings angenommen wird, dass Kunden bereit sind, mehr für ein Produkt zu bezahlen, wenn sie dadurch einen höheren Nutzen haben, kann das Unternehmen seine angebotenen Produkte und Dienstleistungen mit weiteren werterhöhenden Attributen anreichern (Walsh/Deseniss/Kilian (2013)). Die Herstellungskosten, die das Unternehmen für diese zusätzlichen Produktattribute aufwenden muss, sollten niedriger sein als der vom Kunden wahrgenommene Nutzen (Walsh/Deseniss/Kilian (2013)).
2.2 Externalitäten
Unter Externalitäten versteht man „Kosten oder Nutzen, die bei einem Dritten entstehen, der nicht direkt an der ökonomischen Transaktion beteiligt ist“ (Goolsbee/Levitt/Syverson (2014: 830)). Dabei werden diese negativen oder positiven Externalitäten nicht im Marktpreis des Produkts oder der Dienstleistung berücksichtigt (Pindyck/Rubinfeld (2018)). Dies führt dazu, dass der Preis eines Gutes nicht dessen gesellschaftlichen Wert wiederspiegelt (Pindyck/Rubinfeld (2018)). So leitet ein Industrieunternehmen beispielsweise giftige Chemikalien in einen Fluss, ohne die Anwohner bzw. die Gesellschaft als Ganzes zu entschädigen und ohne die Kosten für die Reinigung des Wassers in ihre Produktpreise einzubeziehen.
Externalitäten führen daher zu ökonomischer Ineffizienz und Marktversagen, da der private Nutzen von Transaktionen vom gesellschaftlichen Nutzen abweicht, wodurch es zu Wohlfahrtsverlusten kommt (Goolsbee/Levitt/Syverson (2014)). Durch die Vernachlässigung negativer Externalitäten in der Preispolitik kommt es zu einer Überschussproduktion und unnötigen gesellschaftlichen Kosten (Pyndyck/Rubinfeld (2018)). Der Grund dafür ist, dass Konsumenten Produkte kaufen, bei denen ihre Zahlungsbereitschaft nicht ausreichen würde, wenn die externen Kosten im Preis berücksichtigt worden wären (Goolsbee/Levitt/Syverson (2014)).
3 Projekt „Richtig Rechnen“ der Regionalwert AG
3.1 Zielsetzung
Das Forschungsprojekt „Richtig Rechnen“ der Regionalwert AG und der Forschungsgesellschaft Die Agronaten e.V. hat das Ziel, die Buchhaltung landwirtschaftlicher Betriebe um ökologische und soziale Werte und Nachhaltigkeitsleistungen zu erweitern (Regionalwert AG online (2020)). In der konventionellen Rechnungslegung der Landwirtschaft sind nach den Regelungen des Handelsgesetzbuchs nur ökonomische Größen zu berücksichtigen; Natur- und Sozialkapital fanden bisher keine Berücksichtigung (Beckmann/Hiß online (2017)).
Das Projekt soll dazu beitragen, die Leistung nachhaltiger Betriebe, die durch ihr Handeln negative externe Effekte vermeiden und dadurch Mehrkosten und zusätzlichen Aufwand in Kauf nehmen, sichtbar zu machen (Regionalwert AG online (2020)). Bisher waren solche Betriebe im Nachteil, da zwar die Kosten für die Vermeidung negativer externer Effekte, z.B. durch Nichtnutzung von Feldern mit dem Ziel der Regeneration, betriebswirtschaftlich zu berücksichtigen waren, nicht jedoch die positiven Effekte auf Umwelt und Gesellschaft (Beckmann/Hiß online (2017)). Damit hätten Betriebe, die keine Aufwendungen zum Schutze der Umwelt betreiben, kurzfristige Vorteile, wobei die Kosten nur in die Zukunft verlagert bzw. auf die Gesellschaft übertragen werden (Beckmann/Hiß online (2017)).
Im Rahmen des Projekts soll eine spezielle „Regionalwert-Nachhaltigkeitsbilanz“ erstellt werden, die über die handelsrechtliche Bilanz hinausgeht und die Externalitäten in die Bilanz integriert. Diese Bilanz kann für vielfältige Zwecke wie die Nachhaltigkeitsbewertung und Unternehmenssteuerung verwendet werden. Darüber hinaus soll die erweiterte Bilanz als Grundlage für die Preiskalkulation von Produkten dienen um sicherzustellen, dass deren Preise auch die gesellschaftlichen Kosten decken. (Regionalwert AG online (2020))
3.2 Methodischer Ansatz
Grundlage der Nachhaltigkeitsbilanz, die zur Preiskalkulation dienen soll, ist die „verursachungsgerechte Zuordnung von Aufwendungen und Erträgen“ (Regionalwert AG online (2019a: 3). Es soll genau aufgezeigt werden können, wie der entsprechende Betrieb zu einer nachhaltigeren Landwirtschaft beiträgt (Beckmann/Hiß (2017)). Damit dies gelingt, wurde eine eigene Methode entwickelt.
Im ersten Schritt kommt es zur Erfassung von Nachhaltigkeitsleistungen. Dazu wurden verschiedene Kategorien und Unterkategorien aus den drei Bereichen Soziales, Ökologie und Regionalökonomie definiert. Die Erfassung einzelner Indikatoren, die auf eine besondere Leistung des Unternehmens in den genannten Bereichen hinweisen, erfolgt anhand definierter Indikatoren wie beispielsweise der Anzahl der Auszubildenden bzw. der Ausbildungsquote im Bereich Soziales. Dabei gibt es unterschiedliche Erfassungsintervalle, z.B. jährlich oder monatlich. Bei der Auswahl der Indikatoren wird darauf geachtet, dass einerseits das Betriebsgeschehen möglichst vollständig dargestellt wird und andererseits der Erfassungsaufwand in Grenzen gehalten wird. (Regionalwert AG online (2019b))
Im zweiten Schritt kommt es zur Bewertung der erfassten Aufwendungen und Leistungen anhand eines Interpretationsrahmens. In diesem werden Zielwerte definiert, die nach einem Ampelsystem in drei Kategorien entsprechend ihres Nachhaltigkeitsbeitrags eingeteilt sind. Die Zielwerte wurden von der Regionalwert AG im Vorfeld anhand verschiedener Ist-Werte aus der Praxis festgelegt. (Regionalwert AG online (2019b))
Der darauffolgende dritte Schritt dient der Monetarisierung der nachhaltigen Leistungen, also der Berechnung des Wertes der Externalitäten in Euro. Dabei hängt die Art der monetären Erfassung von den erfassten Eingabewerten ab: Sachkosten können beispielsweise direkt monetarisiert werden, wohingegen andere Werte wie der Anteil organischer Dünger erst als Verhältniskennzahl Aussagekraft erhalten und dann im Rahmen des Ampelsystems eingeordnet und in Geldeinheiten ausgedrückt werden können. (Regionalwert AG online (2019b))
Im abschließenden vierten Schritt kommt es zur Erstellung der Nachhaltigkeitsbilanz. Dazu wird die traditionelle Gewinn- und Verlustrechnung um weitere Ertragskonten erweitert, in welche die erfassten monetarisierten Werte eingebucht werden. Zusätzlich wird in der Unternehmensbilanz ein eigener Aktivposten namens „Sozial-ökonomische Leistungen“ geschaffen. Zur besseren Vergleichbarkeit verschiedener Betriebe hat die Regionalwert AG dazu einen eigenen Musterkontorahmen eingeführt. (Regionalwert AG online (2019b))
3.3 Bewertung aus preispolitischer Sicht
Die Nachhaltigkeitsbilanz soll die Grundlage für die Preisfindung des landwirtschaftlichen Betriebs darstellen (Regionalwert AG online (2020)) und damit die konventionellen Preisfindungsformen erweitern bzw. teilweise ersetzen.
Dabei liegt der Vorteil des Richtig-Rechnen-Ansatzes darin, dass sämtliche positiven sowie negativen Externalitäten in die Produkte eingepreist werden sollen (Beckmann/Hiß online (2017)), was dazu führt, dass die Gütermenge produziert wird, die nicht das Wohl des Einzelnen, sondern das Wohl der Gesellschaft maximiert (Pindyck/Rubinfeld (2018)).
Wird der Ansatz von vielen Betrieben angewendet, führt dies dazu, dass ein gemeinsames Selbstverständnis für nachhaltige Aspekte geschaffen wird und die Beziehungen zwischen den einzelnen Betrieben aufgrund der höheren Transparenz in Bezug auf Nachhaltigkeit gestärkt werden (Regionalwert AG online (2019b)). Dies bewirkt auch, dass die Betriebe die erstrebenswerte „Vision einer fair bezahlten und nachhaltigen Produktion von Lebensmitteln“ (Regionalwert AG online (2019b: 21) mittragen.
Bei der Entwicklung des Ansatzes hat die Regionalwert AG zudem darauf geachtet, dass die Datenerfassung weitgehend automatisiert und kostengünstig erfolgen kann, da den landwirtschaftlichen Betrieben der geringe Zeitaufwand sehr wichtig war (Regionalwert AG online (2019b)). So muss das bestehende Buchhaltungssystem nicht geändert werden; es müssen lediglich einige wenige neue Konten hinzugefügt werden (Regionalwert AG online (2020)), wodurch die Akzeptanz des Systems bei zahlreichen Betrieben gewährleistet ist.
Allerdings ist auch zu beachten, dass die Anwendung der durch den Richtig-Rechnen-Ansatz ermittelten „korrekten“ Preise zu einer Verteuerung der Produkte führt. Deswegen müssen die landwirtschaftlichen Betriebe neben der Monetarisierung der externen Effekte auch den nachfrageorientierten Preisbestimmungsansatz und damit die Preisbereitschaft der Kunden beachten.
Des Weiteren führt der Ansatz nur zum Erfolg, wenn er von einer großen Anzahl von Betrieben angewandt wird, da dann für den Kunden eine Vergleichbarkeit der nachhaltigen Leistungen der einzelnen Betriebe gewährleistet ist.
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- Arbeit zitieren
- Adrian Bayer (Autor:in), 2020, Nachhaltige Preispolitik. Das Projekt "Richtig Rechnen" der Regionalwert AG, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/924898
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