Psychische Störungen sind in Deutschland ein aktuelles und viel diskutiertes Thema. Trotzdem sind die Forschungslage und die psychiatrische Versorgung immer noch unzureichend. Dies ist vor allem in der Schwangerschaft und Stillzeit eine besondere Herausforderung. Eine neue Behandlungsmethode ist die Kunsttherapie.
Welche Arten von psychischen Störungen können in der Schwangerschaft und Peripartalzeit auftreten und wo liegt deren Ursache? Welche Möglichkeiten der psychiatrischen Versorgung sind dann besonders sinnvoll? Und inwieweit kann die Kunsttherapie als Psychotherapie von Vorteil sein?
Die Autorin Sina Dorothee Blome klärt die wichtigsten Fragen zu psychischen Störungen in der Schwangerschaft und Peripartalzeit. Sie zeigt Behandlungsmöglichkeiten auf und vergleicht diese mit denen der klassischen Psychotherapie. Dabei geht Blome vor allem auf die Kunsttherapie ein, stellt Vor- und Nachteile dar und leitet Behandlungsempfehlungen ab.
Aus dem Inhalt:
- Depression;
- kognitive Verhaltenstherapie;
- Soziotherapie;
- Psychopharmakotherapie;
- Therapie-Resistenz
2.1 Schwangerschaft, Geburt und Stillzeit
4 Psychische Störungen in der Peripartalzeit
4.1 Schwangerschaftsassoziierte (psychische) Störungen
4.2 Angst- und Zwangsstörungen
4.4 Schizophrenie
4.5 Abhängigkeitserkrankungen
4.6 Postpartale psychische Erkrankungen
5 Therapiemaßnahmen
5.1 Psychotherapie
5.2 Klient-zentrierte Kunsttherapie als kreative Psychotherapie
5.2.1 Setting in der Kunsttherapie
5.2.2 Schwangerenkunsttherapie
6 Diskussion
7 Fazit
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
ÄZQ Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin
ANS autonomes Nervensystem
AU-Tage Arbeitsunfähigkeitstage
AWMF Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften
BAG Bundesamt für Statistik
BÄK Bundesärztekammer
DIMDI Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information
DGPPN Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde
EKT Elektrokonvulsionstherapie
FAS fetales Alkoholsyndrom
GKV gesetzliche Krankenversicherung
hCG humanes Choriongonadotropin
HELLP hemolysis, elevated liver enzyme levels, low platelet levels
HES Hypertensive Schwangerschaftserkrankungen
ICD-10-GM Die Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, 10. Revision, German Modification
IPT Interpersonelle Therapie
KBV Kassenärztliche Bundesvereinigung
KVT kognitive Verhaltenstherapie
RKI Robert Koch-Institut
SSW Schwangerschaftswoche
TMS transkranielle Magnetstimulation
ZNS zentrales Nervensystem
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1, "Einblick in eine fremde Welt - kein Hafen, in dem man leicht landen kann"
Abbildung 3, "Kunsttherapie mit schwangeren Frauen"
Abbildung 4, "Fisch im Wasser"
Abstract / Zusammenfassung
Hintergrund: Psychische Störungen sind in Deutschland ein aktuelles Themenfeld. Trotz eines hohen Aufkommens dieser, sind Forschungslage sowie Versorgung immer noch unzureichend. So ist hierzulande ein beachtlicher Teil der Todesfälle auf psychische und Verhaltensstörungen zurückzuführen. Gerade in der vulnerablen Zeit rund um die Schwangerschaft bedarf es einer angemessenen Therapie. Die psychiatrische Versorgung in der Peripartalzeit stellt allerdings eine besondere Herausforderung dar, hormonelle Umstellungen sowie Risiken für Ungeborenes, Schwangerschaftsverlauf und Frau müssen Berücksichtigung finden. Neben den traditionellen Therapieverfahren der Psychopharmakotherapie, der Psychotherapie und der Soziotherapie existieren auch neuere Behandlungsmethoden wie die Kunsttherapie.
Methodik: Bei vorliegender Arbeit handelt es sich um eine literaturbasierte wissenschaftliche Arbeit. Im Zuge dieser sollen die Fragen, welche psychiatrische Versorgung innerhalb der Peripartalzeit als besonders sinnvoll erscheint und ob die Kunsttherapie im Rahmen dieser von Vorteil sein kann, beantwortet werden. Zur Erstellung wurden insgesamt 94 Quellen, vorwiegend in den Datenbanken Katalog.plus! der Universität Bielefeld, Google Scholar, SowiPort sowie PubMed ermittelt, verwendet.
Diskussion: In der Peripartalzeit erweist sich die Behandlung einer psychischen Störung als besonders kompliziert. Dies ist u.a. zurückzuführen auf eine ungenügende Datenlage. Studien bzgl. der allgemeinen psychiatrischen Versorgung sind nur vereinzelt zu finden und auch in den S3-Leitlinien, welche aktuelle Empfehlungen zur Behandlung veröffentlichen, sind nur wenige Informationen für die genannte Zielgruppe aufgeführt. Ebenso fällt die Studienlage bzgl. der kunsttherapeutischen Versorgung bei psychischen Störungen äußerst gering aus. Betrachtet man hier die Wechselwirkung zwischen hohen Zahlen psychisch Erkrankter, einer mangelhaften Datenlage sowie einer unterversorgten Patientengruppe zeigt sich eine sehr hohe Public Health-Relevanz. Zukünftig muss weitere Forschung betrieben und eine flächendeckende Versorgung gewährleistet werden.
Ergebnisse: Ein multimodaler Behandlungsplan, zusammengesetzt aus verschiedenen Komponenten und Schwerpunkten scheint, nach aktueller Datenlage sowie den Darlegungen vorliegender Arbeit, als besonders sinnvoll. Diese kann sich z. B. aus Psychopharmakotherapie, Psychotherapie und Soziotherapie zusammensetzen. Auch der Einsatz der Kunsttherapie, als integrativer Bestandteil eines Gesamtbehandlungsplans, kann von Vorteil in der Behandlung psychisch erkrankter Frauen in der Peripartalzeit sein. Hinsichtlich der Medikamententherapie ist jedoch Vorsicht geboten.
1 Einleitung
Psychischen Störungen wurde hierzulande für eine geraume Zeit ein deutlich zu geringes Interesse gewidmet. Dabei ist die Zahl der Betroffenen in Deutschland, welche im Laufe eines Jahres eine psychische Störung erleiden, mit 37 Prozent bei den Frauen und 25 Prozent bei den Männern weit höher als bisher angenommen. Ein beträchtliches Aufkommen haben u.a. depressive Störungen, Angststörungen und auch die Schizophrenie (Robert Koch-Institut (RKI), 2008, S. 7). Die Folgen psychischer Störungen können schwerwiegend sein und führen nicht selten zum Tode (Jacobi & Müllender, 2017, S. 6). Allein im Jahre 2015 verstarben in Deutschland 44.590 Menschen in Folge psychischer und Verhaltensstörungen. Von den Jahren 2013 zu 2015 ist zudem ein Anstieg von ca. 8.000 Todesfällen dokumentiert (Statistisches Bundesamt (DESTATIS), 2017). Neben dem Suizid sind hier u.a. Ursachen wie die in Abhängigkeit zur psychischen Störung auftretenden körperlichen Erkrankungen zu nennen (Jacobi & Müllender, 2017, S. 6).
Psychische Störungen erfordern, um drastischen Auswirkungen dieser entgegenzuwirken, einer rechtzeitigen und angemessenen Therapie. Gerade in Phasen hormoneller Veränderungen wie der Schwangerschaft ist diese unabdingbar (Surbek, 2012, S. 17). Sollte eine schwere psychische Erkrankung während der Schwangerschaft bestehen oder müssen Medikamente während dieser eingenommen werden, kann hier von einer Risikoschwangerschaft gesprochen werden (Oesterle, 2015; Rohde, Dorsch & Schaefer, 2015, S. 34). Im Jahre 2013 wurden in Deutschland circa 35 Prozent der Schwangerschaften als Risikoschwangerschaft diagnostiziert (RKI, 2015, S.102). Psychische Störungen und die Schwangerschaft stehen in Wechselwirkung zueinander. Eine psychische Erkrankung kann den Schwangerschaftsverlauf negativ beeinflussen und sich außerdem schädlich auf das Ungeborene auswirken. Andersherum kann aber auch die Schwangerschaft u.a. durch biologische Faktoren eine vorhandene psychische Störung begünstigen oder sogar neu hervorrufen. Für die Notwendigkeit einer Therapie psychisch erkrankter schwangerer Frauen spricht auch, dass die Anzahl der Todesfälle durch Selbstmord schwangerer Frauen die Anzahl der Todesfälle dieser durch Herz- sowie Gefäßerkrankungen übersteigt (Surbek, 2012, S. 17). Frauen in Schwangerschaft und Stillzeit stehen demnach vielen Hürden gegenüber und sollten, gerade im Falle einer Risikoschwangerschaft oder auch einer postpartalen Depression, besondere Aufmerksamkeit durch psychosoziale Organisationen gewidmet bekommen (Wimmer-Puchinger, 2013, S. 54). Erhebungen zufolge handelt es sich hier aber immer noch um eine unterversorgte Patientengruppe, welche einen auf sie individuell abgestimmten Behandlungsplan erfordert (Jordan, Bielau, Cohrs, Hauth, Hornstein, Marx, Reck & von Einsiedel, 2012, S. 205-210).
In der Mehrzahl der Fälle wirken sich früh angesetzte Therapiemaßnahmen in Form von Psychotherapie und Psychopharmakotherapie günstig auf den weiteren Werdegang der psychischen Störung aus (Jacobi & Müllender, 2017, S. 6). Hierzu existieren mittlerweile wissenschaftlich verifizierte Behandlungspfade zur Therapie derartiger Erkrankungen. Sowohl die Psychotherapie als auch die Psychopharmakotherapie verzeichnen in den letzten Jahren Behandlungserfolge, wobei die Psychotherapie langfristigere Behandlungschancen sowie mehr Compliance, also Bereitschaft zur Regeltreue seitens der Patientin / des Patienten[1], aufweist (Jacobi & Müllender, 2017, S. 6-7). Bezüglich der medikamentösen Behandlung der schwangeren Frau ist außerdem zu beachten, dass diese unerwünschte Konsequenzen für den Hergang der Schwangerschaft sowie für den Fetus bedeuten kann (Surbek, 2012, S. 18-19). Aber auch die klassische Psychotherapie kann von Hindernissen geprägt sein, diese erfordert von der Klientin / dem Klienten ein hohes Maß an verbaler Teilnahme und Offenheit sowie die Fähigkeit, die eigene Gefühlslage und vergangene Erlebnisse in Worte fassen zu können. Hier kann eine nonverbale Alternative, wie die Kunsttherapie, als bevorzugte Therapiemaßnahme anvisiert werden bzw. zusätzlich Anwendung finden (Oster, Poetsch, Danner-Weinberger & von Wietersheim, 2014, S. 70). Die Kunsttherapie hat sich bereits, in Kombination mit weiteren Therapiestrategien, in verschiedenen Studien als effektiv erwiesen. Es liegen positive Forschungsergebnisse bzgl. schizophrener Psychosen und demenzieller Erkrankungen, aus der Onkologie sowie aus psychosomatischen Kliniken vor (Oster et al., 2014; Plecity, Danner-Weinberger, Szkura & von Wietersheim, 2009; Ruddy & Milnes, 2014; Schmitt & Fröhlich, 2007; Wood, Molassiotis & Payne, 2011). In der Regel ist es sinnvoll, die Therapiemaßnahmen aus verschiedenen Behandlungsmethoden multimodal zusammenzusetzen (Steinbauer & Taucher, 1997, S. 5).
Aufgrund der, im vorherigen aufgeführten, hohen Public Health-Relevanz und eines bis dato wenig erforschten Themenfeldes als auch der unterversorgten Zielgruppe psychisch Erkrankter sowie speziell psychisch erkrankter schwangerer Frauen wird im Zuge dieser Arbeit folgende Fragestellung erörtert: „Welche psychiatrische Versorgung erscheint bei einer, in der Peripartalzeit[2] zu verortenden psychischen Störung als besonders sinnvoll?“. Weitergehend soll der Kunsttherapie unter dem Gesichtspunkt, dass es sich hier um ein neueres, aber vielversprechendes Phänomen handelt, da dieses, wie zuvor exploriert, niederschwelliger als die klassischen psychotherapeutischen Verfahren und sicherer als die Psychopharmakotherapie ist, besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Daher wird zusätzlich folgende Fragestellung erörtert: „Kann ein kunstpsychiatrischer Ansatz in der psychiatrischen Versorgung psychisch erkrankter schwangerer Frauen von Vorteil sein?“.
Zur Exploration genannter Fragestellungen werden zunächst einige wichtige Hintergrundinformationen zu den Themen ‚Peripartalzeit‘ und ‚psychische Störungen‘ gegeben. Hier werden einerseits die durch die Schwangerschaft hervorgerufenen Besonderheiten, u.a. bzgl. des weiblichen Hormonhaushalts beleuchtet, weitergehend wird näher auf den Zusammenhang zwischen aufgeführten Hormonen sowie der Psyche der Frau verwiesen. Auch wird hier das Phänomen ‚psychische Störung‘ definiert und u.a. auf Ursachen, Verlauf, Folgen und Behandlung psychischer Störungen eingegangen. Weiterführend werden Unterschiede zwischen Männern und Frauen bzgl. der Erkrankungsgefahr angeführt und Erklärungsansätze aufgezeigt. Daraufhin folgt eine Darlegung des, vorliegender Arbeit zugrundeliegenden, methodischen Vorgehens. Im Anschluss werden die zuvor im Hintergrundkapitel explorierten Themenblöcke miteinander verwoben. Hier wird auf den Zeitpunkt der Ersterscheinung der Erkrankung, als auch auf die wechselseitige Wirkung beider Komponenten aufeinander, eingegangen. Fortführend werden ausgesuchte Erkrankungen näher beleuchtet, diese existieren entweder ausschließlich in Schwangerschaft und Postpartal, haben während der Gravidität ein besonders hohes Aufkommen inne oder aber nehmen aufgrund ihrer Schwere und Behandlungsdringlichkeit einen besonderen Stellenwert ein. Zudem werden hier die Auswirkungen genannter Störungen auf Schwangerschaft, Frau und Fetus diskutiert und erste Therapievorschläge zu den individuellen Erkrankungen genannt. Hierauf aufbauend werden im zentralen Teil dieser Arbeit empfohlene Therapiemaßnahmen zur Behandlung psychisch Erkrankter, unter Bezugnahme auf die Peripartalzeit, aufgezeigt. Hier erfolgt zunächst eine Darstellung allgemeiner Bauteile, welche das Fundament einer jeden Therapie (in der Schwangerschaft) bilden sollten. Weitergehend wird kurz auf verschiedene Verfahren wie die Hirnstimulationsverfahren verwiesen. Darauffolgend wird ein Überblick über psychotherapeutische Interventionen gegeben, welche sowohl präventiv als auch begleitend zu weiteren Therapieverfahren Einsatz finden. Dann wird das Behandlungsfeld Psychopharmakotherapie durchleuchtet, Gefahren und Behandlungsempfehlungen werden aufgezeigt. Unter Bezugnahme auf die S3-Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) wird weitergehend auf die psychosozialen Therapiemöglichkeiten und -empfehlungen eingegangen. Die Unterkapitel sind weiterführend in Psychotherapie und in die Kunsttherapie als kreative Psychotherapie separiert. Zunächst werden hier die Psychotherapieverfahren, welche den derzeitig anerkannten Richtlinienverfahren entsprechen, aufgezeigt, anschließend werden diese durch weitere Methoden aus der Psychotherapie ergänzt. Der darauffolgende Teil, welcher sich auf die Kunsttherapie bei psychischen Störungen (in der Peripartalzeit) konzentriert, bildet den thematischen Schwerpunkt bzgl. der psychiatrischen Versorgung in dieser Arbeit. Es wird ein Vergleich zur klassischen Psychotherapie gezogen, Besonderheiten werden aufgezeigt, das Setting und dessen Rolle im Therapieprozess werden geschildert und es wird anschließend auf die Kunsttherapie speziell in der Schwangerschaft verwiesen. Weitergehend wird im Diskussionsteil die Wahl der Methodik vorliegender Arbeit begründet. Die Public Health-Relevanz des Themas wird offengelegt und die psychiatrische Versorgung in der Peripartalzeit wird im Kontext aktueller Forschung und Erkenntnisse betrachtet. Abschließend erfolgt im Fazit ein kurzes Resümee der in dieser Arbeit erörterten Tatsachen und es wird, soweit dies möglich ist, eine Antwort auf die Fragestellungen gegeben.
2 Hintergrund
„Frauen sind im Lauf[e] ihres Lebens zahlreichen Schwankungen ihres Sexualhormonspiegels unterworfen – etwa (…) während der Schwangerschaft und postpartal (…). In diesen Lebensphasen werden häufig auch Veränderungen des psychischen Befindens beobachtet.“ (Riecher-Rössler, 2015, S. 414).
Im weiteren Verlauf dieser Arbeit wird daher zunächst auf Schwangerschaft, Geburt und Stillzeit und diesbezüglich auf die hormonellen Veränderungen während dieser Phase eingegangen. Weitergehend wird der Bezug zu psychischen Störungen während der Peripartalzeit angeschnitten. Zudem wird ein grundlegendes Verständnis zu psychischen Störungen, deren Verlauf, Ursachen und Behandlung gegeben.
2.1 Schwangerschaft, Geburt und Stillzeit
Die Schwangerschaft bedeutet eine enorme Veränderung im Leben einer Frau und geht, auch bei psychisch stabilen Frauen, mit physischen als auch psychischen Beschwerden einher. Zu den psychischen Symptomen gehören Ängste und Unsicherheiten, welche sich in der Regel aber in Vorfreude wandeln (Stoppard, 1998, S. 47). Als Ursache sind hier u.a. vergangene (traumatische) Erfahrungen sowie die Ausschüttung von schwangerschaftsassoziierten Hormonen, welche sich auf die Gefühlslage der Frau auswirken, zu nennen (Rohde & Dorn, 2007, S. 132-133). Zudem sind auch die körperlichen Wandlungen wie bspw. die Vergrößerung der Brust auf eine erhöhte Hormonproduktion während der Schwangerschaft zurückzuführen (Stoppard, 1998, S.96). Die Schwangerschaft, die postpartale Phase und auch die Stillzeit können demnach zu den körperlich endokrin[3] instabilen Lebensabschnitten gezählt werden (Birkhäuser, Kuhl, Hausmann & Alfermann, 2005, S. 32).
„Das endokrinologische System, das Immunsystem sowie das zentrale Nervensystem und die Psyche beeinflussen sich wechselseitig. Somit kann jede endokrine Störung zu körperlichen und psychischen Veränderungen führen (…). Hormone können als Bestandteil dieses Gleichgewichtes den Gesundheitszustand daher wesentlich beeinflussen.“ (Birkhäuser et al., 2005, S. 31). Die Aufgabe von Hormonen im Organismus, welche durch die endokrinen Drüsen gebildet werden, ist die gezielte Aktivierung von Gewebezellen zu präzisen Aufträgen.
Bereits eine sehr geringe Menge eines Hormons ist ausreichend, um einen Prozess in Bewegung zu setzen. Daher können schon kleinste Abweichungen in Anzahl oder Kombination verschiedener Hormone zu normwidrigen und schädlichen Reaktionen des Körpers führen (Dalton, 2003, S. 25). In der Schwangerschaft bspw. erfahren primär die Steroide ‚Östradiol‘ und ‚Progesteron‘ einen enormen Anstieg (Birkhäuser et al., 2005, S. 60). Während das Hormon Östrogen während der Schwangerschaft einen 20 bis 30-fachen Anstieg erfährt, kommt das Hormon Progesteron sogar auf die 50 bis 60-fache Ausschüttungsmenge im Vergleich zu nicht schwangeren Frauen (Stoppard, 1998, S. 96). Diese Sexualsteroide, welche zu der Gruppe der ‚Östrogene‘ und ‚Gestagene‘ gehören, existieren u.a. zusammen mit dem Schwangerschaftshormon ‚humanes Choriongonadotropin‘ (hCG) und der Hormongruppe der ‚Androgene‘ (Birkhäuser et al., 2005, S. 51). Das Hormon hCG existiert ausschließlich in der Schwangerschaft und dient hier der Entwicklung der Plazenta (Dalton, 2003, S. 29). Besonders aber den weiblichen Geschlechtshormonen ‚Östrogen‘ sowie ‚Gestagen‘ kommt eine besondere Bedeutung bzgl. der psychischen Gesundheit der Frau zu. Neben der Regulierung der Fortpflanzung haben diese auch einen beträchtlichen Einfluss auf das zentrale Nervensystem (ZNS) und damit auf die Psyche. Demzufolge können sich Hormonschwankungen auf das Verhalten und Denken der Frau auswirken. „Dabei stellt die jeweilige Prädisposition, die möglicherweise von der hormonalen Ausprägung des ZNS während der Fetalzeit abhängt, einen wichtigen Einflussfaktor dar.“ (Birkhäuser et al., 2005, S. 53-54). Eine sich während dieser Zeit in einem hohen Maße entwickelte Hormonsensitivität kann während des Zeitraumes zwischen der ersten und der letzten Menstruationsblutung einer Frau, in welchen auch die Peripartalzeit fällt, den Grundstein einer mentalen Instabilität darstellen. Diese ist dem Einfluss steigender und fallender Mengen von Östrogen und Progesteron unterworfen (Birkhäuser et al., 2005, S. 54). Östrogene nehmen für gewöhnlich schützende Charakteristika in Bezug auf neurologische und psychische Funktionalitäten des Menschen ein. So treten genannte Hormone in spezifischen Phasen des weiblichen Lebens mehr oder minder stark auf und beeinflussen in Folge dessen die Hirnaktivitäten der Frau (Riecher-Rössler, 2015, S. 414). Das Hormon Progesteron wirkt dabei ergänzend zum Hormon Östrogen (Birkhäuser et al., 2005, S. 54). Dieses kann einen beruhigenden Einfluss auf die schwangere Frau haben (Stoppard, 1998, S. 47). Neben den Sexualhormonen bestehen aber auch die, die Hormone nicht beeinflussenden, Metaboliten, welche die Vorgänge einiger Neurotransmitter steuern (Birkhäuser et al., 2005, S. 54). Um die Auswirkungen von Stress zu minimieren und somit einer krankhaften Reaktion von Körper und Psyche vorzubeugen, folgt jedem einzelnen Inkrafttreten eines neurochemischen Vorganges i.d.R. eine gegenwirkende und schützende Adaption des Organismus. Bei einem Ungleichgewicht dieser Funktion kann es zu einer psychischen Erkrankung der betroffenen Frau kommen (Birkhäuser et al., 2005, S. 54). Normalerweise aber gilt das Hormon Östrogen, hier vor allem Estradiol-17-ß, als Schutzmechanismus bzgl. psychischer Störungen. Man vermutet „unter anderem eine antipsychotische Wirkung, eine Verbesserung affektiver Symptome, die Reduktion aggressiven und suizidalen Verhaltens, eine stressprotektive Wirkung sowie eine Verbesserung kognitiver Funktionen“, eine Verminderung dieses Hormons würde demnach gegensätzliche Wirkungen hervorrufen (Bergemann & Riecher-Rössler, 2005; Riecher-Rössler & de Greyter, 2007; Riecher-Rössler, Kuhl & Bitzer, 2006, zitiert nach Riecher-Rössler, 2015, S. 415). Hier ist zu beachten, falls genanntes Hormon zur Therapie einer psychischen Störung eingesetzt werden soll, dass dieses nur in Komposition mit einem Gestagen Anwendung finden darf, um der Entstehung einer ‚Endometrium-hyperplasie‘[4] sowie eines ‚Endometriumkarzinoms‘[5] vorzubeugen. Dieses Vorhaben ist für die Ärztin / den Arzt jedoch kein anspruchsloses, da das ‚Gestagen‘ als Antagonist zum ‚Östrogen‘ auftritt und somit dessen wünschenswerte Wirkung bzgl. des mentalen Zustandes der Patientin hemmen kann (Bergemann & Riecher-Rössler, 2005, zitiert nach Riecher-Rössler, 2015, S. 422). Außerdem führt ein Hormonmangel, welcher eine unzureichende Entwicklung der Uterusschleimhaut zur Folge hat, nicht selten zu einer Fehlgeburt (Stoppard, 1998, S. 164). Die Fehlgeburt hat starke Auswirkungen auf die Psyche der Frau und kann zu starken depressiven Störungen führen. Grund hierfür ist neben dem Verlust des Fetus auch der plötzliche sowie starke Abfall der Hormone (Stoppard, 1998, S. 166).
Des Weiteren kann es nach der Entbindung zu depressiven Verstimmungen der Frau kommen, was jedoch nicht gleich auf eine depressive Störung verweisen muss. Sollte diese jedoch zwei Wochen überdauern, sollte möglichst zügig fachmännischer Rat hinzugezogen werden, um schwerwiegende Schäden vorzubeugen (Stoppard, 1998, S. 230). Dass nach der Geburt ein Stimmungstief zu beobachten ist, kann auch auf das Ausscheiden der Plazenta, welche während der Schwangerschaft zusätzlich für die Hormonproduktion zuständig ist, zurückgeführt werden. Ein rapider Abfall von Progesteron und Östrogen ist die Folge (Dalton, 2003, S. 33). Zudem gelten Frauen, welche während der Schwangerschaft positive oder negative Stimmungsveränderungen in einem sehr ausgeprägten Maß aufweisen, als Risikogruppe bzgl. postpartal auftretender psychischer Störungen (Rohde & Dorn, 2007, S. 133).
Häufig werden derartige Anzeichen einer psychischen Störung während der Peripartalzeit auf die natürlichen biologischen Prozesse während dieser herabgestuft und erfahren so zu geringe Beachtung. Bleibt die Störung während Schwangerschaft oder nach der Geburt also zu lange unentdeckt, kann sich diese chronifizieren, die Behandlung wird erschwert (Rohde, 2004, S. 25-26). Hier ist zudem zu beachten, dass eine psychische Störung, welche erst nach der Entbindung diagnostiziert wird, nicht zwangsläufig hier ihren Ursprung haben muss. Häufig sind die Anfänge der Erkrankung bereits während der Schwangerschaft zu verorten (Rohde, 2004, S. 71).
2.2 Psychische Störungen
Die Bedeutung, welche psychischen Störungen heutzutage beigemessen wird, hat in den letzten Jahrzehnten einen drastischen Anstieg erfahren. Dennoch kann nicht von einem allgemeinen Anstieg psychischer Störungen gesprochen werden, diese werden lediglich häufiger von Ärztinnen / Ärzten und / oder Patientinnen / Patienten als solche erkannt bzw. diagnostiziert und genießen zudem einen partiellen Rückgang der Stigmatisierung. So erkrankt jede zweite Person innerhalb ihres Lebens geringstenfalls an einer psychischen Störung. Zu den psychischen Störungen mit besonders hohem Aufkommen zählen Angststörungen, depressive Störungen, somatoforme Störungen, aber auch Suchterkrankungen. Zu den gegenüber diesen weniger häufig auftretenden, aber dafür weitaus komplexeren und weitreichenderen psychischen Störungen zählen Psychosen, bipolare Störungen, aber auch Essstörungen. Auffallend ist, dass bei allen Erkrankungen, mit Ausnahme der Abhängigkeitserkrankungen, die Frauen eine höhere Prävalenz aufweisen. Die Gründe hierfür sind vielfältig und können sich von der unterschiedlichen Wahrnehmung sowie Übermittlung des eigenen Befindens, über Benachteiligungen der Lebenssituation seitens der Frauen bspw. aufgrund eines geringeren Einkommens, bis hin zu biologischen Faktoren erstrecken (Jacobi & Müllender, 2017, S. 2-4). Auf sozialer und gesellschaftlicher Ebene zeigt sich in Bezug auf Beruf und Entlohnung, dass der Mann im Gegensatz zur Frau für die gleiche Arbeit mehr Anerkennung u.a. in Form einer höheren Bezahlung zugesprochen bekommt. Des Weiteren dominiert noch immer, trotz fortscheitender Forderung nach Gleichstellung, der Gedanke, die Frau habe sich um Kinder und Haushalt zu kümmern. Die Frau steht in der modernen Gesellschaft nunmehr einer zweifachen Bürde, durch Familie und Beruf, gegenüber. Auch gegen die Ehefrau gerichtete häusliche Gewalt ist noch immer ein Thema (Wagner-Link, 2009, S. 12, S. 24). In Bezug auf die körperlichen Prozesse der Frau spielen Gehirn und Sexualhormone eine herausragende Rolle. Aus neurologischer Sicht begründet sich dieses Phänomen durch die unterschiedlichen Wirkmechanismen des weiblichen und männlichen Gehirns (Jacobi & Müllender, 2017, S. 4; Wagner-Link, 2009, S. 29-30). Hier sind auf Seiten der Frau bspw. die Sexualhormone zu nennen, welche einen erheblichen Einflussfaktor auf die, mit dem psychischen Befinden verknüpften, Neurotransmittersysteme bilden (Jacobi & Müllender, 2017, S. 4). Zudem unterscheidet sich das Gehirn der Frau im Aufbau von dem des Mannes. Während bei einem Jungen bereits mit zehn Jahren im Gehirn das Gebiet namens Amygdala im Volumen abnimmt, wächst dieses bei Mädchen bis hin zum zwanzigsten Lebensjahr. Hier wird eine Relation zwischen Volumen der Amygdala-Region und spezifischen psychischen Erkrankungen vermutet (Wagner-Link, 2009, S. 29-30).
Von psychischen Störungen spricht man dann, wenn bei einem Menschen „Störungen im Erleben, Befinden und Verhalten (…), die von psycho-neurobiologischen und somatischen Befundanomalien begleitet sein können“ in Erscheinung treten (Gaebel & Müller-Spahn, 2002, S. 3). Die Quelle psychischer Störungen ist geprägt durch ihre Vielfältigkeit und wird zumeist durch das Zusammenwirken unterschiedlicher Einflussgrößen gebildet. Genannte Faktoren unterteilen sich in individuelle Vorbelastungen, wie genetische Dispositionen oder eine negative Anamnese und in persönliche Erfahrungen, wie posttraumatische Belastungsstörungen oder auch Verlusterlebnisse bspw. im Zusammenhang mit einer Fehlgeburt. Diese Belastungsfaktoren stehen oppositionell den sogenannten Schutzfaktoren, wie bspw. einem funktionierenden sozialen Umfeld entgegen. Entsteht hier ein Ungleichgewicht zugunsten der Gefahren erhöht sich das Risiko, einer psychischen Störung zu verfallen, immens (Jacobi & Müllender, 2017, S. 4-5). Psychische Störungen äußern sich durch einen unvorhersehbaren und wechselhaften Verlauf, welcher möglicherweise die gesamte Lebenszeit überdauert (Gaebel & Müller-Spahn, 2002, S. 3). Dieser Verlauf wird durch verschiedene Einflussgrößen, welche auf die betroffene Person einwirken, darunter bspw. der individuelle Umgang mit der Erkrankung oder auch dessen soziale Lebenswelt, gelenkt (Gaebel & Zielasek, 2011, S. 96). Weitere, den Krankheitsprozess beeinflussende Faktoren, sind z. B. die Regelkonformität der / des Erkrankten bspw. bzgl. regelmäßiger Arzneimitteleinnahme oder auch Komorbiditäten (Jacobi & Müllender, 2017, S. 6).
Anders als bei körperlichen Erkrankungen besteht das Ziel der Behandlung psychischer Störungen nicht in der Beseitigung der Ursache und dem Erlangen des Ausgangszustandes, sondern in der Remission der Patientin / des Patienten, also der kurz- oder langfristigen Rekonstruktion der mentalen Gesundheit oder der Symptomlosigkeit. Grund hierfür kann der Komplexitätsgrad der Krankheitsauslöser bzw. deren Undurchsichtigkeit sein oder aber die Ursachen, wie psychosoziale, soziokulturelle oder biologische Risikofaktoren, lassen keine komplette Eliminierung zu (Jacobi & Müllender, 2017, S. 5).
Folgen psychischer Störungen können sowohl individueller, als auch gesellschaftlicher Natur sein oder sich in körperlichen Erkrankungen und Beschwerden äußern. Auf individueller Ebene sind psychische Störungen „immer mit substanziellem Leiden und Beeinträchtigung verbunden, entweder für die betroffene Person selbst, oder zumindest für die Umwelt bzw. es besteht eine Gefährdung der Umwelt aufgrund der psychischen Störung“. Dieses individuelle Leiden äußert sich u.a. in sozialer Isolation oder verminderter Leistungsfähigkeit, was eine Gefährdung des Arbeitsplatzes mit sich ziehen kann. Weitergehend mündet dies nicht selten in Depressionen und auch Selbstmord bzw. Selbstmordversuchen (Jacobi & Müllender, 2017, S. 7). Gesellschaftliche Folgen zeigen sich hauptsächlich in der Wirtschaft in Form von direkten und indirekten Krankheitskosten bzgl. Präventions- und Behandlungskosten aber auch in Bezug auf Arbeitsunfähigkeitstage (AU-Tage) und Frühberentungen (Jacobi & Müllender, 2017, S. 8-10; Wagner-Link, 2009, S. 48). Einen Zusammenhang von psychischen und physischen Erkrankungen gibt es z. B. bei somatoformen Störungen (Jacobi & Müllender, 2017, S. 9). Diese sind in der ICD-10-GM-2017 unter der Kategorie psychische und Verhaltensstörungen unter der Ziffer F45.- vermerkt. Sie bezeichnen Erkrankungen, welche sich durch körperliche Beschwerden äußern, jedoch keine physische Krankheitsursache aufweisen. Zudem ersucht die / der Betroffene trotz Befundlosigkeit weiterhin medizinische Einrichtungen (Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI), 2017). Des Weiteren können psychische Störungen das Risiko des Erscheinens körperlicher Erkrankungen verstärken, ebenso können sich körperliche Erkrankungen negativ auf die psychische Gesundheit auswirken bzw. die psychische Störung zusätzlich verstärken. Neben erhöhten Morbiditäts- und Mortalitätsraten und einer Verschlechterung der Lebensqualität führt diese Komorbidität zusätzlich zu erhöhten Kosten in der Versorgung (Jacobi & Müllender, 2017, S. 8-10).
Bezüglich der Behandlung psychischer Störungen bestehen wissenschaftlich verifizierte Leitlinien zu spezifischen Erkrankungen, darunter Depressionen, Schizophrenie, bipolare Störungen sowie Zwangserkrankungen. Diese sind bekannt unter dem Titel ‚S3-Leitlinien‘. Veröffentlicht werden genannte Leitlinien von der Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) sowie der dazugehörigen deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde. Diese Leitlinien sind für die behandelnde Ärztin / den behandelnden Arzt jedoch nicht verpflichtend, sie stellen lediglich eine Hilfestellung dar (AWMF, o.J.; Rohde, Dorsch & Schaefer, 2015, S. 110). Des Weiteren ist in der ‚Deklaration von Madrid‘ aus dem Jahre 1996 festgelegt worden, dass eine Behandlung nur in Einverständnis mit der Patientin / dem Patienten erfolgen darf und dass diese zu ihrem / seinem Besten ausgelegt sein muss. Ausgenommen sind davon Patientinnen / Patienten, welche durch Nichtbehandlung eine Lebensgefahr für sich selbst oder andere darstellen würden (Hinterhuber, 2011, S. 61).
Im Folgenden wird das methodische Vorgehen zur Erstellung der vorliegenden wissenschaftlichen Arbeit dargelegt.
3 Methodisches Vorgehen
In vorliegender wissenschaftlicher Arbeit wurden insgesamt 94 Quellen, vorwiegend in den Datenbanken Katalogplus! der Universität Bielefeld, Google Scholar, SowiPort, sowie PubMed ermittelt, verwendet.
Zur Erlangung der, das Fundament dieser Arbeit bildenden Literatur, wurde zunächst in den Datenbanken Katalogplus! der Universität Bielefeld als auch Google Scholar nach den Themen der Schwangerschaft, psychischen Störungen, deren Behandlung, hier insbesondere der Kunsttherapie und auch der Kombination genannter Komponenten geforscht. Hierzu wurde nach Begriffen wie „Schwangerschaft“, „pregnancy“, „psychiatrische Versorgung“, „psychiatrische Versorgung Schwangerschaft“, „psychisch* krank* schwanger*“, „mental disorder“, „Therapie* Schwangerschaft“, „art therapy“, „psychisch krank schwanger Unterversorgung“, „schwanger* Depression*“, „pränatal* Depression“ sowie „peripartal* Depression“ recherchiert. Auf diese Weise konnte erste, in das Thema einführende Literatur gefunden werden. Zur weiteren Eingrenzung der Themen wurde weiterführend gezielt zu den einzelnen Kapiteln nachgeschlagen. So wurde in genannten Datenbanken für das Hintergrundkapitel u.a. nach den Begrifflichkeiten „psychische Störung“, „mental disorder“, Schwangerschaft Hormon*“, „Hormone“, „psych*“ recherchiert. Für das Kapitel der Zusammenführung beider Themenblöcke sowie der Exploration einzelner Krankheitsbilder wurde in den Datenbanken Katalog.plus!, PubMed und Sowiport nach den Termini „schizophrenia“, „depression“, „substance use disorder women“, „alcohol and drug use disorder“ und „cannabis abuse“ gesucht. Auch in der Datenbank des Robert Koch-Instituts wurde nach einzelnen Krankheitsbildern und Versorgungsformen, darunter die Angststörung, die Depression und die Schizophrenie, als auch die Psychotherapeutische Versorgung, recherchiert. Bzgl. der Therapiemaßnahmen wurde in erster Linie in den vier zu Anfang genannten Datenbanken u.a. folgenden Begriffen nachgegangen: „Kunsttherapie Setting“, „art therapy schizophrenia“, „Kunsttherapie“, „Psychotherapie“, „Psychopharmakotherapie Schwanger*“, „psychopharmacotherapy pregnancy“, „Kunsttherapie psych*“, „Hirnstimulationsverfahren“, „Soziotherapie“, „S3-Leitlinien“ als auch „psychiatrische Versorgung“. Speziell zum Kapitel bzgl. der Psychotherapie wurde weitergehend bei Google Scholar nach den Begriffen „Gesprächspsychotherapie“ und „Interpersonelle Psychotherapie“ gesucht. Für die Diskussion, zur Erlangung aktueller Daten bzgl. der Behandlung psychischer Störungen (in der Schwangerschaft) wurde in der Datenbank der DGPPN nach den Behandlungsleitlinien recherchiert. Des Weiteren wurde, überwiegend in den Datenbanken PubMed und Sowiport mit Termini wie „Versorgung Schwangerschaft“, „psychiatrische Versorgung Schwangerschaft“ oder auch „pregnancy art therapy“, nach aktuellen Studien bzgl. der Effektivität verschiedener Therapieformen sowie spezifisch der Wirksamkeit der Kunsttherapie geforscht. Weitere Literatur wurden in allen Bereichen durch das Schneeballverfahren ermittelt.
4 Psychische Störungen in der Peripartalzeit
Wie bereits im Hintergrundkapitel erörtert, stehen Frauen gerade in einer vulnerablen Lebensphase wie der Schwangerschaft und Postpartal einer Menge an biologischen Veränderungen und damit einhergehend psychischen Gefahren gegenüber. Diese können sich z. B. in depressiven Störungen oder Angststörungen, in schweren akuten oder chronischen Psychosen, aber auch im Suchtmittelmissbrauch äußern (Brockington, 2001, S. 15-16). Der Grat zwischen normalen negativen Verstimmungen und einer psychischen Störung ist jedoch schmal und kann nur für und mit der jeweiligen Frau individuell bestimmt werden (Rohde, 2004, S. 155). Allgemein wird davon ausgegangen, dass psychische Erkrankungen häufiger postpartal als während der Schwangerschaft auftreten, u.a. aufgrund der erhöhten Progesteron- und Östrogenwerte während dieser und dem plötzlichen sowie drastischen Abfall der Hormone nach der Entbindung. Wird eine psychische Störung aber doch während der Schwangerschaft diagnostiziert, kann in vielen Fällen davon ausgegangen werden, dass schon vor dem Umstand der Schwangerschaft eine psychische Erkrankung bestanden hat bzw. dass es sich hierbei nicht um eine Erstmanifestation der Erkrankung handelt. Sollte schon vorher z. B. eine Schizophrenie bestanden haben, welche medikamentös behandelt wurde und die Medikamente zum Wohle des Ungeborenen abgesetzt werden, ist die Wahrscheinlichkeit einer Wiedererkrankung immens. Des Weiteren kann bei einer bereits vor der Schwangerschaft bestehenden psychischen Störung nicht sicher gesagt werden, ob sich der psychische Zustand der Frau durch die Schwangerschaft verschlechtern wird, dieser kann ebenso konstant bleiben oder sogar zu einer Besserung führen (Rohde, 2004, S. 71-72). Psychische Störungen können sich in vielerlei Hinsicht auf eine bestehende Schwangerschaft auswirken, hier kann zwischen direkten und indirekten Folgen separiert werden. Direkte Auswirkungen sind bspw. Schlaf- und Essstörungen. Zu den indirekten Auswirkungen können zum einen die negativen Konsequenzen für die Entwicklung des Fetus in Folge der Psychopharmakotherapie gezählt werden, zum anderen ist, im Falle einer Suchterkrankung, für den Verlauf der Schwangerschaft und das ungeborene Kind, mit schwerwiegenden Konsequenzen durch Alkohol- und / oder Substanzmissbrauch zu rechnen (Surbek, 2012, S. 18-19).
In der Schwangerschaft treten einige psychische Störungen häufiger in Erscheinung als andere. Neben den auch unabhängig von der Peripartalzeit auftretenden Störungen, existieren außerdem solche psychischen Erkrankungen, welche ausschließlich in Schwangerschaft und Postpartal zu verorten sind (Rohde & Dorn, 2007, S. 134). Im Zuge der Krankheitsdiagnostik steht kein Krankheitszeichen alleine zur Bestimmung einer spezifischen psychischen Störung bereit. Welche psychische Erkrankung vorliegt, kann in Folge der Erhebung von Anzahl und Art der unterschiedlichen Symptome bestimmt werden (Rohde, 2004, S. 155-156).
Im Folgenden wird zunächst ein kurzer Überblick über die speziell schwangerschaftsbezogenen psychischen Erkrankungen geschaffen. Darauffolgend werden einige Krankheitsbilder mit einem besonders hohen Aufkommen und / oder mit einem besonderen Maß an Therapiebedürftigkeit, u.a. aufgrund ihrer Schwere, während der Schwangerschaft, exploriert. Abschließend wird ein kurzer Überblick über mögliche nach der Entbindung auftretende psychische Störungen gegeben.
4.1 Schwangerschaftsassoziierte (psychische) Störungen
Bei dem Krankheitsbild ‚Hyperemesis gravidarum‘ sowie bei hypertensiven Schwangerschaftserkrankungen handelt es sich um sog. ‚Gestosen‘. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass sie ausnahmslos in der Schwangerschaft existieren und ihre Ursachen nicht eindeutig geklärt sind. Die Quelle dieser Störungen ist meist multifaktoriell zu bestimmen. Demzufolge handelt es sich nicht zwingend um psychische Erkrankungen, es ist aber nicht auszuschließen, dass auch psychosoziale Aspekte bei der Krankheitsanamnese eine Rolle spielen (Berufsverband der Frauenärzte e.V., o.J.; Leeners, Sauer & Rath, 2000, S. 128; Rohde & Dorn, 2007, S. 135-139).
Bei der Krankheit ‚Hyperemesis gravidarum‘ kann, wie zuvor exploriert, nicht zwangsläufig von einer psychischen Erkrankung gesprochen werden, sie kann aber durch psychosomatische Aspekte, wie die Negierung einer Schwangerschaft, ausgelöst werden. Die Krankheit äußert sich durch chronische Übelkeit sowie Erbrechen und führt u.a. zu Flüssigkeitsmangel, Gewichtsverlust, Organschädigungen bis hin zur Notwendigkeit der künstlichen Ernährung. Bei einer Nichtbehandlung kann die Krankheit, aufgrund der permanenten Übelkeit, in psychischen Beschwerden, dem Schwangerschaftsabbruch und sogar im Suizid münden (Rohde & Dorn, 2007, S. 134-137). Zur Therapie kann hier z. B. das Antidepressivum Mirtazapin verabreicht werden, dieses definiert sich durch seine schlaffördernde und vor allem antiemetische, d.h. brechreizhemmende Wirkung. Dieses sollte allerdings nur dann Anwendung finden, wenn andere Therapiemethoden oder weitere Psychopharmaka in der Therapie keinen Erfolg zeigen, da bei dem Antidepressivum Mirtazapin zwar keine Gefahr zur Teratogenität, also zu kongenitalen Fehlbildungen oder Fehlfunktionen des Embryos nachgewiesen wurde, aber noch nicht viele Studien bzgl. der Anwendung in Schwangerschaft und Stillzeit vorzufinden sind (Rohde & Schaefer, 2010, S. 59 & S. 103). Weitere Behandlungsstrategien sind die Akupunktur, elektrische Reizbehandlung sowie unterschiedliche psychotherapeutische Verfahren. Zudem kann der Lebenspartner in die Therapie integriert werden, speziell dann, wenn der Ursprung der Erkrankung in psychosozialen Faktoren bzgl. einer konfliktreichen Beziehungskonstellation vermutet wird (Anke & Rohe, 2007, S. 135; Leeners, Sauer & Rath, 2000, S. 128).
Zu den Hypertensiven Schwangerschaftserkrankungen (HES) können u.a. die Präeklampsie sowie das HELLP-Syndrom[6] und die Eklampsie gezählt werden, Sonderformen dieser Erkrankung. HES sind in Deutschland einer der führenden Gründe für die Müttersterblichkeit, zudem können 20 Prozent aller Früh- und Fehlgeburten auf dieses Krankheitsbild zurückgeführt werden. Auch bei der Präeklampsie kann nicht von einer primär psychischen Erkrankung ausgegangen werden, die Ursachen sind neben genetischen und immunologischen Faktoren aber auch hier auf psychosoziale Aspekte zurückzuverfolgen. Ebenso kann eine Beeinträchtigung der Durchblutung der Plazenta als Krankheitsauslöser in Frage kommen. Des Weiteren erlegen die Angst vor möglichen Schwangerschaftskomplikationen sowie das permanente Monitoring im Krankenhaus der betroffenen Frau eine erhebliche mentale Bürde auf. Die Symptome einer Präeklampsie sind Hypertonie, Wassereinlagerungen in Gesicht, Händen und Füßen sowie eine übermäßige Eiweißausscheidung. Sollten zusätzlich Schmerzen im Oberbauch sowie Übelkeit und Erbrechen auftreten, kann dies ein Hinweis auf das, auf einer Leberinsuffizienz basierende, HELLP-Syndrom sein. Sowohl dieses als auch im besonderen Maße die Eklampsie, welche sich durch Beeinträchtigungen im neurologischen System äußert, sind weitaus gefährlicher als die Präeklampsie und können als lebensbedrohlich eingestuft werden. Im Falle einer Eklampsie kann es u.a. zu Wassereinlagerungen im Gehirn, akuter Niereninsuffizienz sowie einer Plazentainsuffizienz kommen (Anke & Rohde, 2007, S. 138-139; Berufsverband der Frauenärzte e.V., o.J. a; Leeners, Neumaier-Wagner, Kuse, Neises & Rath, 2002, S. 26-31).
4.2 Angst- und Zwangsstörungen
Angsterkrankungen haben in Deutschland ein sehr hohes Vorkommen inne, bei Frauen sind diese mit 15 Prozent besonders häufig vertreten (Rohde & Dorn, 2007, S. 298). Die Angst ist die natürliche Reaktion auf Bedrohung, diese kann von außen oder aber von innen, durch die reine Imagination einer Gefahr, entstehen. Die Angst, welche ihren Ursprung in inneren Vorgängen hat, ist zumeist mit (frühen) Erfahrungen verbunden. Durch die physiologischen Prozesse der Stressverarbeitung hat die Angst sowohl auf Körper als auch auf Psyche Einfluss. So reagiert der Mensch, je nach Ausmaß der Situation sowie des personalen Ressourcenrepertoires, entweder mit kognitiver Problemlösungsaktivität, Vermeidung, Konfrontation und in grenzwertigen Situation auch mit psychomotorischen Störungen wie der Katatonie. Der Übergang einer natürlichen Angstreaktion des Menschen zu einer Angststörung wird dann erreicht, wenn die individuellen Ressourcen der persönlich empfundenen Angst nicht mehr standhalten können, weitergehend kommt es zu Einschränkungen im Leben genannter Person aufgrund des nicht zu bewältigenden Ausmaßes der Angst. Die Angst ist nicht nur Hauptsymptom der Angsterkrankungen, sondern tritt auch bei vielen weiteren psychischen sowie physischen Erkrankungen als sekundäres Phänomen in Erscheinung (Bolle, 2005, S. 207-208).
Bei den Angsterkrankungen wird zwischen drei verschiedenen klinischen Formen unterschieden, darunter die Phobien, die Panikstörung sowie die generalisierte Angsterkrankung. Phobische Ängste äußern sich in der Meidung bestimmter Situationen, Orte oder Dinge. Klinisch bedeutsam wird diese Angst dann, wenn sie zu Einschränkungen in Alltag und Leben führt. Die der Störung zugrundeliegende Ursache kann nicht immer exakt ausgemacht werden, mögliche Auslöser der Krankheit können ein negatives Erlebnis aus der Vergangenheit oder eine während der Kindheit z. B. durch ein Elternteil weitergegebene Angst sein. Problematisch wird eine Phobie im Rahmen der Peripartalzeit dann, wenn die spezifische Angst sich auf die Gesundheit der betroffenen Frau oder ihres Ungeborenen auswirkt. Dies kann bspw. bei einer bestehenden Krankheits-, Spritzen- oder Krankenhausphobie der Fall sein. Besonders häufig treten auch übermäßige Ängste bzgl. der Geburt und der damit einhergehenden Schmerzen auf. Hier ist das Empathievermögen der behandelnden Ärztin / des behandelnden Arztes obligat, zudem sollte es zu keinem Wechsel der Betreuungsperson kommen. Besonders hilfreich zur Therapie einer Phobie ist eine verhaltenstherapeutische Methode wie die stufenweise Desensibilisierung, diese setzt jedoch die Compliance der Patientin / des Patienten voraus. Gerade in einer akuten Situation wie der (Risiko-)Schwangerschaft kann aber von einer zu kurzen Zeitspanne bzgl. dieser Behandlungsmethode ausgegangen werden. Die zweite klinisch bedeutsame Form der Angsterkrankung ist die Panikstörung. Panikattacken werden bei erstem Auftreten zumeist aufgrund der sich überschneidenden Symptome als Herzinfarkt fehlinterpretiert. Die Symptome erstrecken sich von Herzrasen, Hitzeattacken, einem Tremor bis hin zu Todesängsten. Hier ist von keiner reinen Neurose auszugehen, auch das Serotonin-System des ZNS ist verantwortlich bzw. kann verantwortlich sein. Des Weiteren bildet sich bei Patientinnen / Patienten mit einer Panikstörung häufig eine sekundäre Angsterscheinung heraus, welche sich durch die Angst vor der Panikattacke definiert. Dies hat i.d.R. soziale Einbußen und Schwierigkeiten in der Alltagsbewältigung zur Folge. Als langfristige Therapiemethode kann hier wieder ein verhaltenstherapeutischer Ansatz, wie z. B. die Reizexposition, anvisiert werden. Weitere Möglichkeiten sind in der medikamentösen Therapie zu verorten, was im Rahmen der Schwangerschaft aber einer Abwägung erfordert (Rohde & Dorn, 2007, S. 298-301). Weitergehend handelt es sich bei Patientinnen / Patienten mit einer generalisierten Angsterkrankung zumeist um Personen, welche von einer sensiblen und labilen Persönlichkeitsstruktur zeugen. Die Gedanken der / des Betroffenen sind geprägt von einer permanenten Angst, es könne z. B. einem Nahestehenden etwas zustoßen. Es handelt sich hier um eine Besorgnis, welche sich auf die eigene Lebensumwelt bezieht, diese nimmt jedoch ein realitätsfernes Ausmaß an. Des Weiteren empfindet die / der Betroffene permanenten inneren Aufruhr. Zur Behandlung sind einige Antidepressiva zugelassen (Bolle, 2005, S. 210; Rohde & Dorn, 2007, S. 301).
Zwangsstörungen definieren sich durch Zwangsgedanken und / oder Zwangshandlungen. Diese werden von der / dem Betroffenen als nicht zu der eigenen Person gehörig erlebt. Zwangsgedanken gehen einher mit zwanghaften Vorstellungen, welche sich für gewöhnlich mit Dreck oder mit dem Gedanken, jemandem Gewalt zuzufügen, beschäftigen. Da genannte Gedanken auf Ablehnung durch die Betroffenen stoßen, wird hier häufig der Versuch des Verdrängens angestrebt, was von diesen i.d.R. aber nicht erfolgreich umgesetzt werden kann. Dies führt wiederum zu einer Verstärkung der zwanghaften Gedanken. Zwangshandlungen sind zumeist im Bereich von Sauberkeit oder auch ritualisierten Vorgängen zu beobachten. Können diese Abläufe z. B. aufgrund eines stationären Aufenthalts nicht vollzogen werden, kommt es zu Ruhelosigkeit und Angstgefühlen. Genannte Zwänge können als Hauptmerkmal einer Zwangsstörung auftreten, aber auch sekundäre Erscheinungen bzgl. einer anderen psychischen Störung wie der Depression sein. So treten diese auch bei postpartalen Depressionen auf. Dieser Zusammenhang wird in Kapitel 4.7 näher betrachtet (Rohde & Dorn, 2007).
4.3 Depression
In den Industrienationen werden Depressionen derzeit als die psychische Störung mit dem höchsten Aufkommen betrachtet, Frauen weisen dabei eine höhere Erkrankungsprävalenz auf als Männer (Quindeau, 2013, S. 95). Weltweit sind mehr als 300 Millionen Menschen betroffen (World Health Organization, 2017).
Laut der ICD-10-GM-2017 gehören Depressionen zu der Gruppe der Affektstörungen. Affektstörungen bezeichnen solche psychischen Erkrankungen, welche mit einer Veränderung der Stimmungslage einhergehen und somit entweder in einer Depression, einer Manie, also einem Stimmungshoch, oder aber in einer Kombination beider münden (ICD-10-GM, 2017). Während bei einer bipolaren affektiven Störung die depressiven und manischen Phasen abwechselnd auftreten, sind bei einer unipolaren Depression nur die depressiven Episoden vorzufinden. Im Folgenden wird sich auf die unipolare Depression bezogen (DIMDI, 2016): Typische Krankheitszeichen einer solchen Depression können Niedergeschlagenheit, Antriebs-, Freud- und Lustlosigkeit, eine Verminderung der Leistungsfähigkeit, permanente Müdigkeit, Schlaf- sowie Essstörungen, eine Minderung des Selbstwertgefühls, Gewichtsverlust oder auch der Verlust der sexuellen Lust sein. Depressive Episoden lassen sich in verschiedene Schweregrade unterscheiden, je mehr der zuvor genannten Symptome in Erscheinung treten, desto schwerwiegender die Erkrankung. Depressionen erstrecken sich somit von der leichten und mittelgradigen depressiven Episode über die schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome bis hin zur schweren depressiven Episode mit psychotischen Symptomen. Des Weiteren sind hier sonstige depressive sowie nicht näher bezeichnete depressive Episoden genannt. Während sich sowohl die leichten als auch die mittelgradig depressiven Episoden meist nur in einer Beeinträchtigung bzgl. der Bewältigung des Alltags äußern, kommt es bei den schweren depressiven Störungen zudem zu einer deutlichen Reduktion des Selbstwertgefühls sowie zu suizidalen Gedanken. Darüber hinaus treten hier nicht selten begleitende körperliche Erkrankungen auf. Bei den schweren depressiven Episoden, bei welchen zusätzlich psychotische Symptome in Erscheinung treten, kommt es aufgrund von u.a. Wahnzuständen und Stupor, also der Erstarrung des gesamten Körpers, nicht selten zum Selbstmord oder Tod durch nicht ausreichende Flüssigkeits- und Nahrungszufuhr. Alltagsbeschäftigungen sind bei diesem Krankheitsbild nicht mehr zu bewältigen (ICD-10-GM, 2017).
Depressionen treten für gewöhnlich in Folge eines Verlusterlebnisses auf. Dieses „lässt sich (…) inhaltlich näher charakterisieren als verlorene Befriedigungsmöglichkeiten sowie als Verlust des Anderen, von dem diese Befriedigung ausgeht“, wobei es sich hierbei nicht zwangsläufig um den wirklichen Verlust eines Menschen handeln muss, sondern viel mehr das Wegfallen oder die Veränderung einer bis dato im Leben der Person befindlichen Konstante meint (Quindeau, 2013, S. 97-98). Demnach kann auch die Entwicklung an sich immer als ein Verlust betrachtet werden, da die Entwicklung, selbst wenn diese ein höheres Maß an Selbstbestimmung als Outcome hat, immer eine Ablösung von bisher vertrauten Strukturen bedeutet. Diese Abhängigkeit von Gewohntem und der, durch die Entwicklung, immer fortwährende Verlust dieser, erfordert mentaler Verarbeitung. Diese Verarbeitung geschieht i.d.R. entweder durch Trauer oder durch Depression. Im Zuge der Depression wird der Verlust negiert, seine Existenz wird nicht wahrgenommen, bei der Trauer dagegen wird die Abhängigkeit durch fortwährendes Verlangen nach dieser aufrechterhalten. Sollten Trauer oder Depression während unvorteilhaften Voraussetzungen auftreten, können sich diese in einer Erkrankung verfestigen (Quindeau, 2013, S. 98). In Bezugnahme zu vorherigen Überlegungen kann demnach die Veränderung durch die Entbindung und damit einhergehend das neue Familienmitglied, als ein Verlust des bisherigen Lebens oder auch als ein Verlust der bisherigen Unabhängigkeit betrachtet werden, welcher der Verarbeitung bedarf. Auch eine Fehlgeburt ist als ein Verlusterlebnis einzuordnen.
Wie bereits zu Beginn dieses Kapitels erwähnt, verfallen mehr Frauen als Männer einer Depression. Die Ursachen hierfür sind weitreichend und werden u.a. in Kapitel 2 diskutiert. Konzentriert man sich aber auf den Zusammenhang von zuvor genannten Verlusterlebnissen durch das Phänomen ‚Entwicklung‘ und den Geschlechtsunterschied an sich, so sieht man, dass sowohl Frauen als auch Männer in ihrer frühesten Kindheit solch ein Verlusterlebnis durchleben müssen. Dieses äußert sich dadurch, dass durch das Älterwerden und somit das Bewusstwerden die zuvor gegebene Identität beider Geschlechter sich aufspaltet und nur noch eine Identität, nämlich die des Jungen oder die des Mädchens, übrigbleibt. Dieses geschieht jedoch auf unbewusster Ebene, sie verarbeiten diese Erfahrung also im depressiven Modus. Frauen sind im Gegensatz zu den Männern während dieser Zeit einer Doppelbelastung ausgesetzt. Neben dem Verlust einer der zwei Identitäten, stehen sie während dieser Zeit auch dem Verlust der „primäre[n] Liebe zur Mutter“ gegenüber, da die Gesellschaft nach heterosexueller Begierde fordert (Quindeau, 2013, S. 99-101).
In der Behandlung depressiver Patientinnen / Patienten ist es wichtig, diese zu festen Strukturen zurückzuführen und ihnen einen geregelten Tagesablauf zu bieten. In der Interaktion zwischen Therapeut/in und Patient/in muss diese/r Nachsicht und Toleranz gegenüber der Klientin / dem Klienten walten lassen. Zudem sollte dieser / diesem eine positive Prognose bzgl. des zukünftigen Genesungsweges gestellt werden. Auch wenn diese/r darauf i.d.R. mit Ablehnung und Negierung reagiert, ist geschilderte Einstellung der Therapeutin / des Therapeuten von hoher Bedeutung. Auch der Einbezug der Angehörigen kann von Vorteil sein, einerseits als Beistand, anderseits um den, von den Angehörigen ausgehenden Druck zur schnellen Genesung, zu mindern. Bzgl. der Psychopharmakotherapie existieren Behandlungsleitlinien hinsichtlich Anwendung, Dosierung und Komposition der verschiedenen Antidepressiva. Natürliche Therapiemethoden sind der therapeutische Schlafentzug, die Lichttherapie sowie die Elektrokrampftherapie, welche vor allem bei schweren bzw. therapieresistenten depressiven Psychosen Einsatz findet. Bei den psychotherapeutischen Verfahren finden zumeist die Verhaltenstherapie, die Interpersonelle Psychotherapie als auch die Tiefenpsychologie, je nach vermuteten Krankheitsauslösern, Anwendung. Um die körperliche Gefangenheit zu lösen, werden zudem Entspannungsverfahren, Bewegungstherapie und weitere sportliche Aktivitäten empfohlen. Auch die Kunsttherapie kann helfen, hier soll ein sicheres Umfeld geschaffen und die Befähigung, den eigenen Gefühlen Ausdruck zu verleihen, gefördert werden. Innerhalb dieser Therapieform ist es wichtig, der Patientin / dem Patienten einen klaren Arbeitsauftrag zu geben, um dieser / diesem die Angst vor dem Versagen zu nehmen (Fuchs, 2005, S. 84-85).
- Arbeit zitieren
- Sina Dorothee Blome (Autor:in), 2021, Psychische Störungen in der Schwangerschaft. Kunsttheorie als kreative Psychotherapie?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/923299
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