In dieser Hausarbeit wird aufbauend erläutert, ob wir eine moralische Verantwortung für die zukünftigen Generationen tragen. Zunächst werden wichtige Begriffe definiert. Anschließend führen wir ein Gedankenexperiment durch: was würde mit der Welt geschehen, wenn wir als Menschen nichts unternehmen würden? Daraufhin werfen wir einen Blick auf Philosophen: Hans Jonas und Richard David Precht. Ihre Positionen werden näher beleuchtet, um im Anschluss zu einem Fazit zu kommen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Begriffsdefinitionen
Verantwortung
Intergenerationelle Gerechtigkeit
3. Gedankenexperiment: Wenn wir nichts machen
4. Positionen der Philosophen
Hans Jonas
Prinzip der Verantwortung
Verantwortungsethik
Richard David Precht
5. Beurteilung
6. Fazit
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Haben wir eine moralische Verantwortung gegenüber der zukünftigen Generation? Woran macht man Verantwortung fest und wie tief sollte diese gehen?
Wie nie zuvor kann der Mensch mit seinen Entscheidungen die Lebenswelt der Zukunft beeinflussen.
Wer Wind säht, wird Sturm ernten.1
Die Menschen von heute haben den Zepter für die Welt von morgen in der Hand. Egal, wofür wir uns entscheiden: Es wird Folgen haben, ob positiv oder negativ. Je nachdem wie kurz- oder langfristig diese sind, müssen die Nachkommen von morgen sich mit unseren heutigen, ungelösten Problemen auseinandersetzen.
In diesem Punkt stellt sich die Frage, ob wir der nachkommenden Generation diese Bürde auferlegen wollen und auch dürfen. Aktuelle Probleme wie die des Klimas sind langfristig zu lösen, die auch unsere Nachkommen beschäftigen werden. Doch wir sind die Generation, die die Grundbausteine dafür legen und den Stein ins Rollen bringen muss, wenn wir daran interessiert sind, die Welt auch noch für die zukünftigen Generationen bewohnbar zu lassen.
Viele Philosophen beschäftigen sich mit dem Thema der Verantwortung. Vor allem wird es im Bereich der intergenerationellen Gerechtigkeit kontrovers: kann man zukünftigen Generationen überhaupt schon einen Wert zuschreiben? Nach welchem Modell sollte der Mensch leben? Diese Fragen können bis heute nicht eindeutig geklärt werden, da die Meinungen vieler philosophischen Strömungen unterschiedliche Richtungen einschlagen.
Um der Frage der moralischen Verantwortung auf die Spur zu kommen, werden zunächst wichtige Begriffe definiert, um das Thema tiefer zu beleuchten. Anschließend tauchen wir mehr in die Sphäre der Umweltethik ein und vollziehen ein Gedankenexperiment: wie sähe die Welt aus, wenn wir nichts unternehmen würden? Daraufhin werden die philosophischen Standpunkte von Hans Jonas und Richard David Precht erläutert und beurteilt, um schließlich zu einer schlüssigen Konklusion zu kommen.
2. Begriffsdefinitionen
Verantwortung
Die Verantwortung ist ein breit gefächertes Wort mit vielen Bedeutungsebenen. Ursprünglich stammt es aus der Rechtsprechung, in der der Angeklagte sich zu verantworten hat.
Die rechtliche Form der Verantwortung geht vom Staat aus. Im strafrechtlichen Sinn wird man durch ein Gericht zur Verantwortung gezogen, da man ein Gesetz gebrochen hat, obwohl man sich auch für eine andere Verhaltensreaktion hätte entscheiden können. Zivilrechtlich ist jemand durch das eigene Verhalten zu Schaden gekommen, weshalb man Verantwortung übernehmen sollte, zum Beispiel in Form einer Wiedergutmachung.
Die soziale Form der Verantwortung geht von den Mitmenschen aus. Als Teil der Gesellschaft und von sozialen Gemeinschaften trägt man eine Verantwortung. Worin diese besteht ist situationsabhängig; diese wiederum ist abhängig von unseren Handlungsmöglichkeiten: je einflussreicher eine Person ist, desto mehr Verantwortung hat diese auch.
Die Gewissens-Verantwortung geht von einem selbst aus. In jedem Menschen haben sich Normen und Werte im Laufe des Lebens internalisiert. Wenn man gegen diese verstößt, hadert man mit seinem eigenen Gewissen. Daher gibt es auch die Art der Verantwortung, die man mit einem selbst ausmachen muss.
Des Weiteren gibt es auch andere Formen der Verantwortung, wie beispielsweise die transzendente: religiöse Menschen spüren eine Verantwortung gegenüber ihrer göttlichen Instanz und möchten die gesetzten Werte beachten.
Daneben gibt es auch verschiedene Ebenen der Verantwortung: zunächst einmal muss man sich die Frage stellen, wann man verantwortlich sein kann. Nach heutiger Auffassung ist es obligatorisch, frei in seiner Entscheidung sein zu können; das setzt voraus, dass man alternativen Entscheidungsmöglichkeiten folgen kann. Was Freiheit im Detail bedeutet, kann bisher noch nicht einheitlich beantwortet werden. Doch was man festhalten kann, ist: je mehr Freiheit, Einfluss und Wissen man hat, desto größter ist die Verantwortung.
Ein weiterer Punkt, der einen zum Verantwortungsträger qualifiziert, ist, dass man einsichtig und zurechnungsfähig sein muss. Dabei fallen Kinder, psychisch Erkrankte und geistig Behinderte weitgehend aus der Trägerschaft der Verantwortung heraus. So ist es nicht immer gewesen; bis heute noch werden Unzurechnungsfähige zur Rechenschaft gezogen: auch Tiere wurden strafrechtlich gleichbehandelt wie Menschen. Selbst Kindern geschieht in Teilen der Welt bis heute dasselbe.
Die Verantwortung birgt jedoch ein ungelöstes Problem: das der Mitverantwortung beziehungsweise der kollektiven Verantwortung. Inwieweit ist man verantwortlich, wenn es in Gruppen zu (gewaltsamen) Ausschreitungen kommt? Diese Frage stellt sich vor allem im aktuellen Problem der Konsumverantwortung und des Umweltschutzes.
Der Verantwortungsträger trägt die Verantwortung gegenüber dem sogenannten Verantwortungsobjekt. Diese sind zum Beispiel Tiere, aber auch die nicht-tierische Umwelt, wie die Natur. Auch gegenüber einem selbst trägt man Verantwortung, die nicht unterschätzt werden darf.2
Intergenerationelle Gerechtigkeit
Die „Generation" wird als Bezeichnung für die frühere, aber auch die jetzt und die in der Zukunft lebende Bevölkerung verwendet. Die „Gerechtigkeit" dabei ist der Wille, jedem Menschen, also auch allen Generationen, das zu gewähren, was ihnen zusteht.
Viele Themen fließen in die Generationengerechtigkeit ein: soziale Sicherungssysteme, Finanzierung und Verschuldung, Zukunftsinvestitionen, Erinnerungspolitik und- kultur, aber auch die Ökologie.
Damit die Menschenrechte weiterhin, auch für zukünftige Generationen, geschützt bleiben, sollen nach Edith Brown Weiss, einer amerikanischen Juristin, folgende Prinzipien gelten:
- Jede Generation soll die natürliche und kulturelle Vielfalt bewahren, damit die künftigen Generationen dieselbe Vielfalt vorfinden, wie sie die vorherige Generation vorfand.
- Jede Generation soll die Qualität der Erde und der Umwelt aufrechterhalten, damit sie sie genau so an die folgende Generation weitergeben kann, wie sie sie selbst empfangen hat.
- Jede Generation soll ihren Mitgliedern den Zugang zum Erbe der ihr vorangehenden Generationen ermöglichen und diese Zugangsmöglichkeit auch an die folgende Generation weitergeben.3
3. Gedankenexperiment: Wenn wir nichts machen
Wie würde die Welt aussehen, wenn wir Menschen nichts unternehmen würden? Wenn wir auf die heutigen Probleme, vor allem in Bezug auf den Klimawandel, einfach „pfeifen"?
Der Klimaforscher Stefan Rahmstorf beschreibt in einem Interview den Zustand der Welt gegen Ende dieses Jahrhunderts. Eine Erwärmung von etwa vier Grad Celcius gegenüber dem vorindustriellen Temperaturniveau würde vielerlei Probleme mit sich ziehen.
Extreme Hitzewellen könnten das Leben vieler Menschen nehmen. Starke Dürren gefährden die Lebensmittelversorgung. Buschfeuer könnten außer Kontrolle geraten und ganze Wälder abbrennen. Aber auch extreme Niederschläge würden ebenso Menschenleben gefährden.
Neben dem Extremwetter steige auch der Meeresspiegel an: je wärmer, desto schneller. Das Meer würde große Küstenstädte und ganze Inselstaaten verschlingen. Durch das Abschmelzen von Grönland könnte der globale Meeresspiegel um sieben Meter steigen. Die Folgen des Klimawandels sind schon sichtbar, dennoch handeln wir noch nicht entsprechend.
Des Weiteren erklärt der Klimaforscher, dass wir heute schon die Möglichkeiten hätten, weltweit komplett auf erneuerbare Energien umzusteigen. Außerdem sei es so, dass es kein Zurück mehr von den erreichten Temperaturen gäbe. Die CO2-Emissionen bleiben mehrere Jahrhunderte in der Atmosphäre, sodass wir für eine grünere Zukunft gezwungen wären, die Emissionen so schnell wie möglich zu vermindern.4
Wahrscheinlich wollen wir Menschen die Erde nicht auf diese Weise unseren Nachkommen überlassen. Dieses Interesse zeigen auch Statistiken aus dem Jahre 2019 des UmweltBundesamtes: das Umweltbewusstsein der Deutschen hat weiter zugenommen. Viele der Befragten sehen den Umweltschutz als nötig an, um die Aufgaben der Zukunft zu bewältigen.
Die hohe Bedeutung, die dem Klimaschutz beigemessen wird, zeigt sich auch im Konsumverhalten der Befragten: die Anzahl der Menschen, die Ökostrom beziehen, steigt. Auch werden häufiger auf die energieeffizienteren Geräte zurückgegriffen. Außerdem nehmen einige Fluggäste die Kompensationszahlung in Kauf, um die CO2-Emission auszugleichen.5
Neben diesen Maßnahmen steigt das Bewusstsein für Umweltschutz allgemein: immer mehr Menschen hinterfragen ihre Lebensweise und entscheiden sich für umweltschonendere Alternativen. Auch die Anzahl der vegetarisch und vegan lebenden Menschen steigt von Jahr zu Jahr: die Auswirkungen auf die Umwelt der landwirtschaftlichen Tierhaltung sind einer der Hauptgründe für den Denkumschwung. Schätzungsweise 17 Prozent der vom Menschen verursachten Treibhausgasemissionen stammen aus der Tierhaltung; eine Halbierung des Konsums von Tierprodukten könnte ein bedeutender Fortschritt bei dem Erreichen der EU- Ziele sein.6
4. Positionen der Philosophen
Hans Jonas
Der schlechten Prognose den Vorrang zu geben gegenüber der guten, ist verantwortungsbewusstes Handeln im Hinblick auf zukünftige Generationen. 7
Der deutsch-amerikanische Philosoph Hans Jonas beeinflusst die Frage der Verantwortung bis heute noch mit seinem Werk „Das Prinzip der Verantwortung".
Prinzip der Verantwortung
Die moderne Technik habe das menschliche Handeln verändert: die klassische Ethik könnte den veränderten Bedingungen nicht mehr gerecht werden. Die bisherigen Ethiken seien auf den unmittelbaren Nahbereich fokussiert. Die „Nächstenliebe" müsse zur „Fernstenliebe" umfunktioniert werden, da ersteres die Verantwortung gegenüber fremden und entfernten Kulturen oder vergangenen und zukünftigen Generationen ausschließe. Ähnlich wie Kant formuliert Hans Jonas einen Imperativ:
„Handle so, dass die Wirkungen deiner Handlung verträglich sind mit der Permanenz echten menschlichen Lebens auf Erden."
Durch negative Zukunftsvisionen solle der Mensch erfahren, was bei einem ungehemmten technischen Fortschritt geschehen kann, um das Menschliche zu erkennen, das bewahrt werden müsse.
Außerdem habe der Mensch auch die Verantwortung für das Vorhandensein von Wesen mit der Verantwortungsfähigkeit. Auch nicht selbstständige Wesen sollen nach ihm Subjekt von Verantwortung sein, auch die Natur, die einen intrinsischen Wert erhalte.
Damit plädiert Hans Jonas für das Verantwortungsgefühl vergangener und zukünftiger Generationen. Allerdings vertritt er mit der Meinung der Werthaftigkeit der Natur eine Außenseiterposition zu seiner Zeit.8
Verantwortungsethik
Hans Jonas verbindet mit seiner Verantwortungsethik Kants ethische Theorie mit den Ideen des Utilitarismus zu einer zeitgenössischen Form. Man bezeichnet ihn gelegentlich auch als „philosophischer Stammvater der grünen Bewegung in der Politik: Besinne dich darauf, mit der Erde verantwortungsbewusst umzugehen".
Für ihn war es von Wichtigkeit, die Idee einer moralischen Handlung auf die globalen Folgen der menschlichen Handlungen zu beziehen, ansonsten sei die Erde nicht zu retten.9
Richard David Precht
An dieser Stelle der Ethik von Hans Jonas wendet der deutsche Philosoph Richard David Precht ein, dass wir Menschen ein Motivationsproblem hätten. Sie würden das Problem erkennen, aber zum Lösen käme es nicht, da es zu anstrengend sei. Es fehle die Motivation des Einzelnen, global verantwortlich zu handeln.
Zwar wissen wir Menschen von all den Problemen der Welt, da es die wissenschaftliche Datenlage dazu gibt, doch solange uns ein Problem nicht direkt beträfe, seien wir nicht motiviert genug, zu handeln.
„Was das Gefühl nicht färbt, bleibt dem Verstand blass“
Verantwortung sei nach ihm nicht nur eine rationale Erkenntnis, sondern auch eine Frage der Motivation. Dieses wiederum hinge vom Erkenntnisweg ab.
[...]
1 Hoffmann, Solvejg: Wer Wind sät, wird Sturm ernten, https://www.geo.de/geolino/redewendungen/1347-rtkl-redewendung-wer-wind-saet-wird-sturm- ernten#, abgerufen am 28.06.2020.
2 PuP und Ethik: ethische Grundbegriffe: Verantwortung, https://www.brgdomath.com/ethik/grundbegriffe-verantwortung/begriff-verantwortung/, abgerufen am 27.06.2020.
3 Korbiwiki: Intergenerationelle Gerechtigkeit, 16.03.2020, https://www.korbiwiki.de/index.php?title=Intergenerationelle_Gerechtigkeit#Die_Menschenrechte_z uk.C3.BCnftiger_Generationen, abgerufen am 27.06.2020.
4 t-online: Wie die Welt in 100 Jahren aussehen könnte, 29.11.2013, https://www.t- online.de/nachrichten/wissen/id_66730034/klimawandel-wie-saehe-die-welt-in-100-jahren-aus- wenn-beim-klimaschutz-nichts-passiert-.html, abgerufen am 27.06.2020.
5 Umwelt Bundesamt: Umweltbewusstsein und Umweltverhalten, 19.02.2020, https://www.umweltbundesamt.de/daten/private-haushalte-konsum/umweltbewusstsein- umweltverhalten#infografiken-mit-weiteren-umfrage-ergebnissen, abgerufen am 28.06.2020.
6 Vou, Andreas: Europas vegetarische Revolution, 12.03.2019, https://www.europeandatajournalism.eu/ger/Nachrichten/Daten-Nachrichten/Europas- vegetarische-Revolution, abgerufen am 28.06.2020.
7 Wikipedia: Hans Jonas, 19.05.2020, https://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Jonas, abgerufen am 27.09.2020.
8 Wikipedia: Das Prinzip der Verantwortung, 17.01.2020, https://de.wikipedia.org/wiki/Das_Prinzip_Verantwortung., abgerufen am 27.06.2020.
9 Planet Schule: Hintergrund: Verantwortung, https://www.planet-schule.de/wissenspool/ich-denke- also-bin-ich/inhalt/hintergrund/verantwortung.html, abgerufen am 27.06.2020.
- Citar trabajo
- Anónimo,, 2020, Verantwortung. Haben wir eine moralische Verantwortung für die zukünftigen Generationen?, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/922992
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