Der Psychiater Alfred Hoche und der Rechtswissenschaftler Karl Binding veröffentlichten 1920 die Schrift über die "Freigabe zur Vernichtung unwerten Lebens". Wie kommen Hoche und Binding zu solch einer Radikalisierung - 13 Jahre vor der NS-Zeit? Die Veröffentlichung ihrer Schrift wird als Legitimierung des Tötungsprogramms der Nazis angesehen.
Die Zeit der Weimarer Republik erscheint viel zu kurz, um eine NS-Schreckensherrschaft hervorbringen zu können, in der auch Hilfsbedürftige und psychisch Kranke dem Vernichtungsprogramm der Euthanasie zum Opfer fielen. Gerade der Umgang mit den Schwachen und Kranken wirkt aber wie ein gesellschaftlicher Fingerabdruck, dem im Allgemeinen ein längerer, zumeist begrifflicher Prozess vorausgeht.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Psychiatrie im 18./19. Jahrhundert: Ein kurzer Überblick
- Alfred Hoche und Karl Binding: Tendenzen und Radikalisierungen
- Tendenzen zur Eugenik – Publikationen zwischen 1870-1900
- Radikalisierung zur Euthanasie – Schriften und Vorträge zwischen 1900-1920
- Eugenik / Euthanasie – Entwicklungen, Einflüsse und Sozialisierung
- Euthanasie – Ein Typus von Hoche oder Binding?
- Schlussbetrachtungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Entwicklung der Gedanken von Alfred Hoche und Karl Binding hin zur „Vernichtungsschrift“ von 1920. Sie untersucht, wie sich ihre Ansichten im Laufe der Zeit radikalisierten und welche Einflüsse auf diese Radikalisierung wirkten. Die Arbeit strebt eine umfassende Analyse der Schriften beider Autoren an, insbesondere im Zeitraum zwischen 1870 und 1920.
- Die Entstehung und Entwicklung des eugenischen Gedankens bei Hoche und Binding
- Die Radikalisierung des eugenischen Gedankens zur Euthanasie
- Die Rolle der Psychiatrie und des Bildungsbürgertums in der Entwicklung der Euthanasie-Ideologie
- Die Analyse der Schriften Hoches und Bindings auf der Suche nach Gemeinsamkeiten und Unterschieden in ihrer Argumentation
- Die sozial- und institutionellen Einflüsse auf die Entwicklung der Euthanasie-Ideologie
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel führt in die Thematik ein und stellt die Forschungsfrage nach der Radikalisierung der Gedanken Hoches und Bindings hin zur Freigabeschrift von 1920. Es beleuchtet verschiedene Interpretationsansätze, insbesondere den Einfluss des Ersten Weltkriegs. Das zweite Kapitel bietet einen kurzen Überblick über die Entwicklung der Psychiatrie im 18. und 19. Jahrhundert. Es skizziert die gesellschaftlichen und institutionellen Rahmenbedingungen, die die Entstehung der Psychiatrie prägten. Kapitel 3 steht im Mittelpunkt der Arbeit und analysiert die Schriften von Alfred Hoche und Karl Binding im Zeitraum zwischen 1870 und 1920. Es untersucht ihre Ansichten zur Eugenik, zur Euthanasie und zu den damit verbundenen Begriffsfeldern. Das vierte Kapitel enthält Schlussbetrachtungen und diskutiert die Ergebnisse der Arbeit im Kontext des Forschungsstands.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den zentralen Begriffen Eugenik, Euthanasie, Psychiatrie, Sozialwert, Degeneration, Rassenhygiene, Staat, Bildungsbürgertum, Alfred Hoche, Karl Binding und „Freigabe zur Vernichtung unwerten Lebens“. Sie untersucht die Entwicklung dieser Begriffe und deren Einfluss auf die Gedankenwelt von Hoche und Binding im Kontext ihrer Zeit.
- Quote paper
- Andreas Strege (Author), 2019, Eugenik und Euthanasie in "Freigabe zur Vernichtung unwerten Lebens" von Alfred Hoche und Karl Binding, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/922117