Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit zwei Pionierunternehmen im Mikrofinanzsektor. Neben der Grameen Bank aus Bangladesh wird die Banco Solidario aus Bolivien betrachtet. So genannte Mikrofinanzinstitutionen haben eine klare soziale Mission, arme Bevölkerungsschichten zu bedienen, gleichzeitig streben sie aber auch Rentabilität an. Damit stellen sie ein Beispiel für Social Entrepreneurship dar. Muhammad Yunus, der Gründer der Grameen Bank, gilt als Vorbild für innovative profitorientiert denkende Unternehmer mit sozialer Mission. Jedoch ist Social Entrepreneurship kein Phänomen des 21. Jahrhunderts, wie die aktuell geführte Diskussion in der Öffentlichkeit vermuten lässt. Schon im 19. und frühen 20. Jahrhundert gab es unternehmerisch denkende „Wohltäter“. Doch was bedeutet es genau, wenn ein Unternehmen neben der Rendite einen positiven sozialen Effekt erzielen möchte? Kann jemand als Social Entrepreneur bezeichnet werden, weil er Arbeitsplätze schafft, Gewinne für Anteilseigner erwirtschaftet und damit einen positiven Einfluss auf einen Teil der Gesellschaft hat? Eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Social Entrepreneurship als alleiniges Forschungsfeld gibt es erst seit den 1990er Jahren. Ein Grund dafür, dass es keinen Konsens über Bedeutung, Wirkung und Rolle des Social Entrepreneurship für die Gesellschaft gibt. Oft werden die Social Entrepreneurs als „neue Helden“ überschwänglich gefeiert, doch eine empirische Evidenz über Erfolg und Misserfolg liegt nicht vor.
Die Arbeit hat in den ersten Kapiteln eine theoretische Herangehensweise. Abschließend werden die beiden untersuchten Unternehmen in ein herausgearbeitetes Social-Entrepreneurship-Schema eingeordnet, bevor ein Fazit gezogen und ein Ausblick in die Zukunft geworfen wird.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Relevanz
2 Aufbau der Arbeit
I. Konzeptionelle Grundlagen
3 Social Entrepreneurship
3.1 Stand der Forschung
3.2 Begriffsdefinitionen
3.2.1. Theoretische Einordnung der Begriffe Unternehmer/Unternehmertum
3.2.2. Wie kann Unternehmertum „sozial“ sein?
3.3 Systematisierung
3.3.1. Priorität sozialer Ziele für das Unternehmen
3.3.2. Wirtschaftlichkeit / Rentabilität
3.3.3. Positionierungsmatrix
3.4 Merkmale von Social Entrepreneurship
3.5 Handlungsfelder für Social Entrepreneurs
4 Mikrofinanzierung und Mikrofinanzinstitutionen
4.1 Begriffsdefinitionen
4.2 Entwicklung der Mikrokreditidee und Stand der Forschung
Exkurs 1: Entstehung der Mikrofinanzierung in Europa
4.3 Methoden von MFI bei der Kreditvergabe
4.3.1. Gruppenkredite und Selbsthilfegruppen
4.3.2. Village banking
4.3.3. Individualkredite
4.3.4. Vergleich der Methoden
4.4 Entstehung von MFI
4.4.1. Downscaling und Upgrading
4.4.2. Greenfield-Ansatz und Linkage
4.5 Effizienz und Effektivität von MFI
4.5.1. Soziale Auswirkungen und Effekte
4.5.2. Erreichung finanzieller Nachhaltigkeit
4.5.3. Auswirkungen auf das Finanzsystem und die Gesamtwirtschaft
4.6 Die Rolle von Stakeholdern
4.7 Ausblick: Zukünftige Entwicklung des Mikrofinanzsektors
5 Zwischenfazit: Sind alle MFI „Social Enterprises“?
II. Erfolgreiches Social Entrepreneurship am Beispiel von zwei Mikrofinanzinstitutionen
6 Grameen Bank, Bangladesh
6.1 Organisationsfaktoren
6.1.1. Vision und Mission
Exkurs 2: Frauen als besondere Zielgruppe der Grameen Bank
6.1.2. Struktur und Funktionsweise
6.1.3. Geschäftsentwicklung
6.2 Umweltfaktoren
6.2.1. Wirtschaftliche Situation des Landes
6.2.2. Externe Hindernisse und Impulse
6.3 Soziale Wirkung und finanzielle Nachhaltigkeit
6.4 Perspektiven und Herausforderungen
7 Banco Solidario, Bolivien
7.1 Organisationsfaktoren
7.1.1. Vision und Mission
7.1.2. Struktur und Funktionsweise
7.1.3. Geschäftsentwicklung
7.2 Umweltfaktoren
7.2.1. Wirtschaftliche Situation des Landes
7.2.2. Externe Hindernisse und Impulse
7.3 Soziale Wirkung und finanzielle Nachhaltigkeit
7.4 Perspektiven und Herausforderungen
8 Einordnung der untersuchten Institutionen in die Positionierungsmatrix
III. Schlussbetrachtung
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Positionierungsmatrix Social Entrepreneurship
Abbildung 2: Kritisches Dreieck von Mikrofinanzinstitutionen
Abbildung 3: Wirkung von Finanzsystementwicklung auf die Armutsreduzierung
Abbildung 4: Grameen Bank: Frauenanteil (1976-2005)
Abbildung 5: Einordnung der Grameen Bank und BancoSol in die SE-Positionierungsmatrix
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Geschäftentwicklung der Grameen Bank * 1997
Tabelle 2: Geschäftsentwicklung der BancoSol * PRODEM; ** 1995
Tabelle 3: Vergleich Grameen BancoSol
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
"You have not done enough,
you have never done enough,
as long as it is still possible that you have
something to contribute."
Dag Hammarskjöld (UN Generalsekretär 1952 – 1960)
1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Relevanz
Staatliche Entwicklungsfinanzierung hat in den 1960er und 1970er Jahren nicht dazu beitragen können, gerechtes Wachstum zu schaffen. Von dem dabei erfolgten massiven Kapitaltransfer profitierte nur ein geringer Teil der Bevölkerung. Ein Umdenkprozess war dementsprechend unumgänglich. Seit Mitte der 1980er Jahre ist die Idee der Mikrofinanzierung[1] – das Angebot von finanziellen Dienstleistungen (vornehmlich Kreditvergabe) an Personen, die bisher nicht als bankfähig bzw. kreditwürdig galten – ins Augenmerk von Entwicklungspolitikern und Wissenschaftlern gerückt und spielt heute eine immens wichtige Rolle in der internationalen Entwicklungszusammenarbeit. Befürworter sprechen dem Konzept eine entscheidende Funktion bei der Erreichung der Millennium Development Goals (MDGs) zu. Der Mikrofinanzansatz sieht keine Almosen vor, sondern soll vielmehr als Hilfe zur Selbsthilfe wirken und die arme Bevölkerung dabei unterstützen, sich selbst aus der Armut zu befreien. Dessen ungeachtet kommen vermehrt kritische Stimmen auf, die die positive Wirkung von Mikrofinanzen anzweifeln.
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit zwei Pionierunternehmen im Mikrofinanzsektor. Neben der Grameen Bank aus Bangladesh wird die Banco Solidario aus Bolivien betrachtet. So genannte Mikrofinanzinstitutionen haben eine klare soziale Mission, arme Bevölkerungsschichten zu bedienen, gleichzeitig streben sie aber auch Rentabilität an. Damit stellen sie ein Beispiel für Social Entrepreneurship dar. Muhammad Yunus, der Gründer der Grameen Bank, gilt als Vorbild für innovative profitorientiert denkende Unternehmer mit sozialer Mission. Jedoch ist Social Entrepreneurship kein Phänomen des 21. Jahrhunderts, wie die aktuell geführte Diskussion in der Öffentlichkeit vermuten lässt. Schon im 19. und frühen 20. Jahrhundert gab es unternehmerisch denkende „Wohltäter“.[2] Doch was bedeutet es genau, wenn ein Unternehmen neben der Rendite einen positiven sozialen Effekt erzielen möchte? Kann jemand als Social Entrepreneur bezeichnet werden, weil er Arbeitsplätze schafft, Gewinne für Anteilseigner erwirtschaftet und damit einen positiven Einfluss auf einen Teil der Gesellschaft hat? Eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Social Entrepreneurship als alleiniges Forschungsfeld gibt es erst seit den 1990er Jahren. Ein Grund dafür, dass es keinen Konsens über Bedeutung, Wirkung und Rolle des Social Entrepreneurship für die Gesellschaft gibt. Oft werden die Social Entrepreneurs als „neue Helden“[3] überschwänglich gefeiert, doch eine empirische Evidenz über Erfolg und Misserfolg liegt nicht vor.
Im Rahmen der Diskussion über Social Entrepreneurship stellen sich folgende Fragen, die wissenschaftlich bisher noch nicht endgültig erforscht sind. Ist es möglich, neben dem Gewinnstreben eine soziale Absicht zu haben oder schließt eine Zielsetzung die andere aus? Kann eine gemeinnützige Organisation kosteneffizient geführt werden und trotzdem ihrer sozialen Mission gerecht werden? Ist es sozial verantwortbar, für gemeinnützige Leistungen ein Entgelt zu verlangen? Neben ihnen wird in der vorliegenden Arbeit die zentrale Frage geklärt werden, ob und unter welchen Voraussetzungen es möglich ist, eine soziale Mission zu erfüllen und dabei gleichzeitig wirtschaftlichen Erfolg bzw. finanzielle Nachhaltigkeit zu erreichen.
2 Aufbau der Arbeit
Die Arbeit ist in zwei Hauptteile aufgegliedert, wobei der erste Abschnitt „Konzeptionelle Grundlagen“ sowohl theoretisch fundiert ist, als auch einige empirische Daten enthält. Der zweite Hauptteil beinhaltet die Untersuchung der beiden zuvor genannten MFI auf ihre Eignung als Beispiele für Social Entrepreneurship.
In Kapitel 1 wird auf die Begriffe Social Entrepreneurs, Social Entrepreneurship und Social Enterprise eingegangen werden. Dabei soll nach einem Überblick über die im letzten Jahrzehnt erschienene Literatur eine Abgrenzung der Begriffe und eine Systematisierung vorgenommen werden. Es wird anhand der Dimensionen „Wichtigkeit der sozialen Mission“ und „Erreichungsgrad der Rentabilität“ eine Matrix zur Einordnung von Social Entrepreneurship herausgearbeitet (Kapitel 3.3.3). Anschließend werden Erfolgsfaktoren und unterschiedliche Formen von Social Entrepreneurship aufgeführt.
Die Entstehung, verschiedene Methoden und Zielgruppen sowie die sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen von Mikrofinanzierung werden im Kapitel 4 dargestellt. Anschließend wird näher auf die Anbieter von Mikrofinanzdienstleistungen – Mikrofinanzinstitutionen – eingegangen. Vor allem gilt es, zwei Fragen nachzugehen: Welche Wirkung haben MFI auf das Finanzsystem des jeweiligen Landes? Wie können sie wirtschaftliche Nachhaltigkeit erreichen und dabei „sozial“ bleiben (4.5). Anschließend wird ein Zwischenfazit gezogen, in dem erörtert wird, ob und warum MFI ein Beispiel für Social Entrepreneurship sein können.
Die Kapitel 6 und 7 bilden Fallstudien über zwei Pioniere im Bereich der Mikrofinanzen. Es wird aufgezeigt wie die Grameen Bank und die BancoSol erfolgreich wirtschaften und somit ihre soziale Mission bereits über einen langen Zeitraum hinweg erfüllen können. Zunächst werden die Entstehung, die Mission und Vision sowie die Funktionsweise der betrachteten Institutionen beschrieben, um anschließend aufzuzeigen, welche soziale Wirkung sie haben, finanziell nachhaltig wirtschaften und damit ein Exempel für erfolgreiches Social Entrepreneurship sind. Abschließend werden in Kapitel die beiden Unternehmen in das in Kapitel 3.3.3 herausgearbeitete Schema eingeordnet, bevor ein Fazit gezogen und ein Ausblick in die Zukunft geworfen wird.
I. Konzeptionelle Grundlagen
„ Social entrepreneurs are not content
just to give a fish or teach how to fish.
They will not rest until they have
revolutionized the fishing industry.”
― Bill Drayton[4]
3 Social Entrepreneurship
Immer öfter treten Akteure auf, die mit renditeorientierter Herangehensweise einen sozialen Missstand beseitigen wollen und mit der Gründung eines Unternehmens nicht nur einen ökonomischen, sondern auch einen sozialen Mehrwert schaffen wollen. Diese Herangehensweise wird Social Entrepreneurship genannt. Im folgenden Kapitel soll geklärt werden, wo Social Entrepreneurship seine Ursprünge hat und wie der Terminus wie der Terminus in der Literatur und im Rahmen dieser Arbeit interpretiert wird.
3.1 Stand der Forschung
Die Social–Entrepreneurship –Forschung basierte ursprünglich auf der Erforschung von privaten Nonprofit–Organisationen in den USA, die in den 1970er und 1980er Jahren aufgrund von sinkenden staatlichen Ausgaben vermehrt betrieben wurde.[5] Der Begriff Social Entrepreneur wurde erstmals 1977 von Chambarlain verwendet,[6] der von einer neuen Art von Führungskräften spricht, „who would be encouraged to commit themselves and their corporations to constructive attacks on social problems by changing the rules under which the corporations operate.“[7]
Als eigenständiges Forschungsfeld rückte das Thema Social Entrepreneurship jedoch erst Mitte der 1990er Jahre ins Blickfeld von Wissenschaftlern.[8] Durch die Anwendung eines neuen Ansatzes, gesellschaftliche Probleme zu lösen, zog das Phänomen Social Entrepreneurship und vor allem die Personen, die Social Entrepreneurs, das Interesse von Wissenschaft und Praxis auf sich. Dennoch betonen Austin et al. bspw. „Its [social entrepreneurship’s] theoretical underpinnings have not been adequately explored, and the need for contributions to theory and practice are pressing“[9], wobei die Praxis der Theorie weit voraus ist.[10] Auch die empirische Evidenz beschränkt sich auf wenige Fallbeispiele und liefert lediglich einige Analysen und best – practice – Fälle.[11] Trotz des relativ schnellen Anstiegs des Interesses, ist die Anzahl der Quellen nach wie vor gering, besonders deutschsprachige Literatur ist kaum vorhanden.
Die meisten Autoren ordnen Social Entrepreneurship in den Nonprofit–Sektor ein[12] und bezeichnen mit dem Begriff zumeist unternehmerisches Denken in Wohltätigkeitsorganisationen. Jedoch weist Thomson darauf hin, dass Social Entrepreneurship sowohl in profitorientierten Unternehmen mit sozialer und ökologischer Verantwortung, als auch in Unternehmen, die trotz des primären sozialen Zweckes gewinnorientiert bleiben, vorkommen kann.[13] Beide Formen können als Social Enterprise bezeichnet werden. Thompson betont dennoch: „the main world of the social entrepreneur is the voluntary sector”[14]. Dem gegenüber gibt es vermehrt wissenschaftliche Arbeiten, die den Wohltätigkeitssektor vernachlässigen und Social Entrepreneurship auf Gewinn orientierte Unternehmen beziehen.[15]
Die wissenschaftliche Forschung konzentriert sich zwar darauf, Social Entrepreneurship abzugrenzen und den Unterschied zum kommerziellen Entrepreneurship zu erklären,[16] dennoch fehlt es nach wie vor an einem einheitlichen Verständnis des Begriffes und an einem Konsens bezüglich einer allgemeingültigen Definition.[17] Johnson bemerkt, dass „in part because the concept is inherently complex and in part because the literature is so new [..] little consensus has emerged on the topic.“[18] Die Auffassungen gehen dabei von sehr engen bis hin zu sehr weit gefassten Definitionen stark auseinander. Ansätze der Konzeptionalisierung[19], bleiben unzureichend und bauen nicht aufeinander auf bzw. werden nicht von anderen Autoren aufgegriffen. So vernachlässigt Dees, der als ein Pioneer in der Social–Entrepreneurship –Forschung gilt, bei seiner weit verbreiteten Definition[20] die Notwendigkeit, Einkommen zu generieren. Diese Voraussetzung wird jedoch von vielen Autoren als essenziell für den Erfolg von Social Entrepreneurship angesehen.[21] Uneinigkeit herrscht vor allem darüber, ob der Social Entrepreneur eher wohltätig oder eher gewinnorientiert handeln soll.
Obwohl es wenig Konsens über die Form, den Sektor und die notwendige Gewinnorientierung gibt, so ist allen Definitionen gemein, dass Social Entrepreneurship mit sozialem Wandel in Verbindung gebracht wird. Oft stehen bei den Untersuchungen die persönlichen Charakteristika des Unternehmers (Social Entrepreneur) im Mittelpunkt.[22]
Anzumerken ist zudem, dass immer mehr Universitäten Programme und Kurse zum Social Entrepreneurship anbieten. Nachdem vor allem in den US-amerikanischen Hochschulen die Forschung des neuen Feldes Interesse entgegengebracht wurde, gibt es nun auch vermehrt in Europa Lehrprogramme, die sich mit dem Phänomen beschäftigen. Zunehmend gibt es auch Netzwerke von und für Social Entrepreneurs, in denen sie sich unter Gleichgesinnten gedanklich austauschen können und von Stiftungen fachlich und finanziell unterstützt werden.[23]
Es gilt festzuhalten, dass die Social–Entrepreneurship –Forschung noch in den Kinderschuhen steckt. Die zukünftige Forschung sollte sich darauf konzentrieren, ein einheitliches Verständnis für den Begriff zu schaffen. Aber auch empirische Arbeiten, die die Wirkung von so genannten Social Enterprises untersuchen[24], sollten vermehrt betrieben werden, um Handlungsempfehlungen geben zu können.
3.2 Begriffsdefinitionen
Im alltäglichen Sprachgebrauch wird das Wort „Unternehmer“ mit der Eröffnung eines beliebigen Betriebes in Verbindung gebracht. Eine solche Verwendung verkennt aber die geschichtliche Entwicklung des Begriffes, der im wissenschaftlichen Sinn eine weitaus tiefere Bedeutung hat, als der Inhaber eines Geschäftes zu sein. Im Folgenden wird nach der Erläuterung der geschichtlichen Entwicklung der Begriffe Unternehmer und Unternehmertum bzw. entrepreneur und entrepreneurship zunächst geklärt, was unter dem Begriff sozial im Zusammenhang mit Unternehmertum verstanden wird und wann die unternehmerische Leistung als sozial bezeichnet werden kann.
3.2.1. Theoretische Einordnung der Begriffe Unternehmer/Unternehmertum
Ungeachtet der rund 200jährigen Tradition der Ökonomie müsse nach Auffassung von Ripsas die Funktion des Unternehmers, über die es immer noch keine einheitliche Auffassung gibt, als vernachlässigt bezeichnet werden.[25]
Das Wort „Unternehmer“ geht auf das französische entrepreneur zurück, welches zunächst von den Ökonomen Richard Cantillon (1680 – 1734) und Jean-Baptist Say (1767 – 1832) verwendet wurde.[26] Say definierte den entrepreneur als jemanden, der ökonomische Ressourcen so anzuordnen weiß, dass diese zu einer höheren Produktivität und zum größeren Ertrag führen.[27] Dabei stimuliere er wirtschaftlichen Fortschritt, indem er neue Wege findet, Sachen besser zu machen und damit eine Wertschöpfung generiert.[28]
Josef Schumpeter (1883 – 1950) genießt nach wie vor eine besondere Stellung in der Unternehmerforschung, die er als Pionier stark beeinflusst hat. Für ihn waren es vor allem die Innovationen, die einen Unternehmer auszeichneten. Er sah die Funktion eines Unternehmers in der „schöpferischen Zerstörung“, die die bisherigen Produktionsprozesse reformieren oder revolutionieren könnten.[29] Unternehmer seien demnach dafür verantwortlich, die Wirtschaft voranzutreiben, weil sie mit ihren Innovationen entweder neue Produkte auf den Markt bringen oder ganz neue Märkte schaffen.[30]
Im sayschen und schumpeterschen Sinne erfüllten viele Unternehmer ihre Funktion durch Gründung eines Betriebes, womit Gewinne realisiert werden. Die Eröffnung eines Geschäfts ist allerdings nicht essenziell für das Unternehmertum. Im Gegenteil: Nicht bei jeder Geschäftseröffnung handelt es sich auch gleichzeitig um eine unternehmerische Tätigkeit.[31] Deswegen beschreiben Definitionen wie bspw. “[an entrepreneur is] one who organizes, manages, and assumes the risks of a business or enterprise”[32] nicht die ganze Bandbreite des Phänomens. Vielmehr muss der Begriff als ein dynamisches Konstrukt aufgefasst werden, da er sich seit Schumpters Definition gewandelt hat und auch in Zukunft wandeln wird.
Während in der Forschung früher die Person des Unternehmers und seine Eigenschaften in den Mittelpunkt stand, konzentrieren sich neuere Untersuchungen weniger auf die Charakteristika des Unternehmers als vielmehr auf die Merkmale der unternehmerischen Prozesse.[33] Das letztendliche Ziel des Prozesses, Mehrwert zu schaffen und ökonomischen Fortschritt zu erreichen, kann nur unter der Voraussetzung erfüllt werden, ein Wertschöpfungspotenzial zu entdecken und schließlich zu nutzen,[34] also Gelegenheiten zu erkennen. Dieser Prozess kann als Entrepreneurship bezeichnet werden.
Faltin bemerkt, dass der Begriff nicht einfach dem deutschen Unternehmertum gleichgesetzt werden kann. Denn dieses verbinde er mit einem „Verbandstreffen der Mittelstandsvereinigung, nicht gerade [mit] kreativen Ideen und Neuanfang“[35]. Er betont, dass es sich bei Entrepreneurship um „unternehmerische Initiative“ und die „Entwicklung einer unternehmerischen Idee und ihre Umsetzung im Markt“ handele[36]. Der Vorschlag von Ripsas, die Begriffe Unternehmertum und Entrepreneurship synonym zu verwenden,[37] erscheint zu vereinfachend. Seine Definition liefert aber wichtige Bestandteile für das Verständnis von Entrepreneurship. Nach ihm ist Entrepreneurship / Unternehmertum
„das Erkennen, Schaffen und Nutzen von Marktchancen durch die Gründung von Unternehmen. Innovatives Entrepreneurship/Unternehmertum bedeutet, den Markt genau zu beobachten, quer zu denken, Bestehendes zu hinterfragen und neue Produkte zur Befriedigung von Kundenbedürfnissen zu entwickeln und dadurch Wert zu schaffen.“[38]
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass Entrepreneurship sowohl den Unternehmergeist, als auch den unternehmerischen Prozess, der Handlungen und Aktivitäten von der Entstehung einer Idee bis hin zu ihrer Verwirklichung meint, und durch Wertschöpfung einen Fortschritt herbeiführt.
3.2.2. Wie kann Unternehmertum „sozial“ sein?
Der Begriff „sozial“ hat seinen Ursprung im Lateinischen „socius“, was soviel wie gemeinsam, verbunden oder verbündet bedeutet. Der Encyclopædia Britannica nach ist die aktuelle Bedeutung von social: “relating to human society” oder “the welfare of human beings as members of society”[39].
Wendet man diese Deutung nun in Kombination mit Entrepreneurship an, kann etwas als sozial bezeichnet werden, wenn der Zweck eines innovativen Prozess im Endeffekt der Gesellschaft dient. Diese Erklärung wirft Fragen auf und erscheint nicht weitgreifend genug: Erfüllt ein nach Gewinnmaximierung strebendes Unternehmen nicht bereits einen sozialen Zweck, indem es Arbeitsplätze schafft und wirtschaftliches Wachstum vorantreibt? Diese Frage kann nicht verneint werden, jedoch würden damit sämtliche unternehmerische Leistungen eines Geschäftsbetriebes unter den Begriff sozial fallen. Insofern ist eine strengere Eingrenzung vorzunehmen. Zu beachten ist, dass ein Unternehmer nur dann als sozial charakterisiert werden kann, wenn seine Innovation vordergründig der Schaffung eines sozialen Nutzens dient und nicht dazu, Profit zu generieren.[40] Eine Unternehmung kann also dann als sozial bezeichnet werden kann, wenn die Schaffung von sozialem Mehrwert (social value) wirtschaftlicher Wertschöpfung mindestens gleichgestellt ist.[41] Soziale Ziele können überall entlang der Wertschöpfungskette verfolgt werden. Diese ist für einen Betrieb üblicherweise ein Konzept, um festzustellen, an welcher Stelle des Produktionsprozesses Wettbewerbsvorteile erlangt werden können. Eine soziale Wertschöpfungskette hilft im Gegensatz dabei, zu ermitteln, wo ein sozialer Wert generiert werden kann.[42]
Um als Social Entrepreneur bezeichnet zu werden, reicht es also nicht, wenn der Unternehmer bei den Prozessen auf soziale Konformität achtet und einen sozialen Unternehmenskodex befolgt. Die alltägliche verwendete Bedeutung des Wortes sozial kann nicht ohne weiteres auf die Unternehmerwelt übertragen werden. Aufgrund ihrer Grundhaltung unterscheiden sich also Social Entrepreneurs von anderen Formen der Unternehmer. Eine genaue Betrachtung der Charakteristika soll in den nächsten beiden Kapiteln erfolgen.
3.3 Systematisierung
In seiner viel zitierten Definition schreibt Dees:
„Social entrepreneurs play the role of change agents in the social sector, by:
- Adopting a mission to create and sustain social value (not just private value),
- Recognizing and relentlessly pursuing new opportunities to serve that mission,
- Engaging in a process of continuous innovation, adaptation, and learning,
- Acting boldly without being limited by resources currently in hand, and
- Exhibiting heightened accountability to the constituencies served and for the outcomes created.”[43]
Damit lässt sich keine klare Grenze zu ähnlichen Disziplinen, wie den traditionellen Nonprofit-Organisationen und dem gewinnmaximierenden Unternehmen mit sozialer Verantwortung ziehen. Daher erscheint es für den weiteren Verlauf der Arbeit zweckmäßig, vor der Herleitung einer Arbeitsdefinition den Begriff Social Entrepreneur zunächst abzugrenzen. Dieses soll anhand einer Matrix geschehen, in der die Dimensionen „Priorität sozialer Ziele“ und „Rentabilität“ berücksichtigt werden. Selbstverständlich ist eine Abgrenzung anhand von anderen Kriterien möglich, bspw. „Erreichte soziale Wirkung“, „Marktorientierung“ oder „Grad der Innovation“[44], jedoch erscheinen die beiden vorgeschlagenen Dimensionen für die Abgrenzung zu „Nachbarschaftsdisziplinen“ am effektivsten und für den weiteren Verlauf der Arbeit am sinnvollsten, da sie am leichtesten greifbar und messbar sind. Vor allem die Dimension der tatsächlich erreichten sozialen Wirkung wäre von Interesse. Da die Methoden zu Messung in diesem Falle allerdings noch nicht weit erforscht sind, ist die Einordnung anhand dieser Definition nur schwer zu bewerkstelligen.
Wie bereits erwähnt, sind Social Entrepreneurs als ein besonderes Genre des Entrepreneur einzuordnen.[45] Man könnte vereinfacht sagen, sie seien Unternehmer mit einer sozialen Mission. Zentral ist aber nicht nur das Vorhandensein einer sozialen Mission, sondern ihre Stellung in der Unternehmensstrategie. Ein Social Entrepreneur zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass er nicht die Gewinnmaximierung in den Vordergrund stellt, sondern vielmehr von der Erfüllung eines sozialen Zieles – einer Mission – getrieben wird. Damit das Unternehmen, das den sozialen Fortschritt bringen soll, auch langfristig bestehen bleibt, muss auch wirtschaftlicher Erfolg im Fokus bleiben. Im Idealfall bedeutet Social Entrepreneurship vollständige finanzielle Unabhängigkeit bei gleichzeitiger oberster Priorität in der Verfolgung von sozialen Zielen.
Die beiden Dimensionen lassen sich in je zwei Ausprägungen untergliedern. So kann die Priorität sozialer Ziele (1) als Ergänzung zu Geschäftszielen oder (2) als zentrale Geschäftsstrategie eingestuft werden.[46] Das Kontinuum der Rentabilitätsdimension reicht von der (1) Abhängigkeit von Drittmitteln bis (2) vollständiger finanzieller Unabhängigkeit.
3.3.1. Priorität sozialer Ziele für das Unternehmen
Die Verankerung von sozialen Zielen in der Organisationsstrategie ist essenziell für Social Entrepreneurship. Die Priorität dieser variiert jedoch von einer Verwaltungsaufgabe bis hin zu zentralen Stellung in der Strategie. Im Folgenden wird näher auf die Wichtigkeit sozialer Ziele innerhalb der Unternehmensstrategie eingegangen.
(1) Soziale Ziele als Ergänzung zur Strategie
Auch wenn mit der Gründung einer Unternehmung vor allem die Erzielung von Gewinn beabsichtigt wird, können Ziele in der Strategie enthalten sein, die darauf ausgerichtet sind, einen sozialen Missstand zu verbessern. Die sozialen Ziele können die Profitverwendung (bspw. die Selbstverpflichtung, einen Anteil des Ertrages einem karitativen Zweck zu spenden), die Prozesse (bspw. die Verwendung von sozial fair hergestellten Materialien) oder die Beachtung eines Kodexes (bspw. bei der Arbeitszeit oder bei Einstellungskriterien) betreffen. Aber auch die Produkte/Dienstleistungen eines gewinnorientierten Unternehmens können einen sozialen Zweck erfüllen, bspw. die Herstellung oder der Vertrieb von Ökostrom, oder das Angebot von karitativen Hilfsleistungen.
(2) Soziale Ziele als zentrale Strategie
Im Gegensatz dazu können unternehmerische Organisationen mit dem vorrangigen Ziel gegründet werden, einen sozialen Nutzen zu erbringen. Zu nennen sind hier Entwicklungshilfeorganisationen, oder karitative Einrichtungen wie Pflegeheime oder Krankenhäuser, aber auch kulturelle Einrichtungen wie Theater oder Museen. Klassischerweise spielen Renditeziele bei diesen Organisationen keine Rolle, da sie entweder vom Staat getragen oder zumindest teilweise subventioniert werden. Sie können aber auch dann entstehen, wenn der Staat seinen sozialen Verpflichtungen nicht nachkommen kann und die Bereiche durch private Initiative abgedeckt werden müssen.
3.3.2. Wirtschaftlichkeit / Rentabilität
Die zweite Dimension ist die Erreichung von Rentabilität bzw. Wirtschaftlichkeit. Dabei kann eine Unternehmung entweder von Drittmitteln abhängig sein oder so wirtschaften, dass die operativen Geschäfte genügend Erträge erwirtschaften, um die finanzielle Unabhängigkeit und damit Nachhaltigkeit zu sichern.
(1) Abhängigkeit von Drittmitteln
Wenn Unternehmungen nicht in der Lage dazu sind, kostendeckend zu arbeiten, sind sie auf Subventionen vom Staat, private Spenden oder Stiftungsgelder angewiesen. Hinzu kommt, dass sie in Zeiten sinkender staatlicher Mittelzuschüsse zunehmend von Privatspenden abhängig werden. Um finanzielle Unabhängigkeit zu erreichen, müssten Strukturen in der Organisation angepasst werden, um Erträge aus den operativen Geschäften zu erwirtschaften oder sonstige Drittmittelquellen zu sichern. Das Weiterbestehen des Betriebes kann sonst nicht gesichert werden, denn das Spendenaufkommen ist nur schwer von dem Unternehmen beeinflussbar und vielmehr mit der persönlichen Situation des Spendengebers verbunden.
(2) Finanzielle Unabhängigkeit
Im Gegensatz dazu steht die finanzielle Unabhängigkeit einer Unternehmung. Finanzielle Unabhängigkeit ist eine der Voraussetzungen für Nachhaltigkeit und damit das Fortbestehen der Organisation.[47] Unter dem Begriff soll die Fähigkeit der Unternehmung verstanden werden, so viel Ertrag aus den Tätigkeiten zu generieren, dass mindestens die operativen Kosten gedeckt werden können.
Innerhalb der wissenschaftlichen Auseinandersetzung wird einerseits die Meinung vertreten, dass ein Unternehmen nur dann finanziell nachhaltig ist, wenn es mit seinen Aktivitäten so viel Gewinn erwirtschaftet, dass es seine operativen Kosten selbst decken kann und auf keine Subventionen oder Drittmittel angewiesen ist. Dieses wird mit self-sufficiency bezeichnet.[48] Demgegenüber behaupten andere Wissenschaftler, dass der durch das Unternehmen generierte Ertrag lediglich eine Alternative zu Drittmitteln darstellt. Die Konzentration auf die Ertragserzielung könne das Unternehmen von seiner Mission sogar ablenken.[49] Als weiteres Argument bringen sie hervor, dass die Sicherstellung von kontinuierlichem Drittmittelzufluss ebenso zur finanziellen Nachhaltigkeit führen könne, wie selbst erwirtschafteter Gewinn.[50]
Für den weiteren Verlauf der Arbeit ist das Self–Sufficiency –Konzept relevant, da es am plausibelsten erscheint. D.h. im Verständnis des Autors ist die finanzielle Unabhängigkeit von Drittmitteln die Voraussetzung für die finanzielle Nachhaltigkeit.
3.3.3. Positionierungsmatrix
Aus der Kombination der Dimensionen ergeben sich vier Positionen, von denen außer der „unrentablen Unternehmung“ die verbleibenden drei als Social Entrepreneur im weiteren Sinne verstanden werden können. So betonen einige Wissenschaftler, dass allein die Existenz von sozialen Zielen in der Unternehmensstrategie ausreicht, um als Social Entrepreneur bezeichnet werden. Des Weiteren weisen einige Autoren darauf hin, dass finanzielle Nachhaltigkeit bei der Erfüllung einer sozialen Mission kein Kriterium für Social Entrepreneurship ist.[51]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Positionierungsmatrix Social Entrepreneurship
(Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Schaltegger/Petersen (2000))
Folgend wird nun näher auf die einzelnen Positionen eingegangen.
(1) Unrentable Unternehmung
Für die weitere Arbeit nicht von Bedeutung sind Organisationen, bei denen die Ausprägung der sozialen Ziele gering ist und die unrentabel wirtschaften, so dass sie Abhängig von Drittmittelzufluss sind. Sie seien nur der Ordnung halber erwähnt. Als Beispiel seien bspw. Arbeitgeberverbände angeführt.
(2) „Klassische“ Nonprofit-Organisation (NPO)
Die meisten NPO haben einen gemeinnützigen Zweck und daher einen klar definierten sozialen Auftrag. Sie dienen dem Gemeinwohl und sind vor allem in gemeinnützigen Tätigkeitsbereichen wie der Interessenvertretung von sozial Benachteiligten, Umweltschutz, Wohltätigkeit, Bildung etc. anzutreffen. Diese Unternehmen werden nicht aufgrund von Gewinnerzielungsmotiven gegründet, sondern dienen der Befriedigung öffentlicher Bedürfnisse.[52] Damit zählen sowohl weltweit agierende Organisationen wie Greenpeace oder Oxfam, als auch private Universitäten, Sportvereine oder Stiftungen zu Nonprofit-Organisationen.[53]
Der Zusatz „klassisch“ bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Organisationen entweder aufgrund ihrer eigenen Satzungen oder gesetzlicher Bestimmungen in einigen Ländern keinen Gewinn erwirtschaften dürfen.[54] Es gibt allerdings durchaus NPO, die eine Rendite erzielen und damit ihre Existenz sichern, wobei eine Ausschüttung an Mitglieder oder Mitarbeiter nicht erfolgt, sondern der erwirtschaftete Ertrag in die Organisation reinvistiert wird.[55] Nonprofit bedeutet in diesem Falle, dass es ist nicht der Zweck der Organisation, Profit zu machen und nicht, dass die Aktivitäten nicht profitabel sind. Der Ausdruck „Not-for-Profit Organisation“ erscheint hier zutreffender. Allerdings wird der Ertrag bei profitablen NPO als Mittel zum Zweck angesehen. Das Sachziel bleibt der soziale Nutzen.[56] Ferner sind die meisten NPO nicht in der Lage, genügend Rendite zu erwirtschaften, um ihre Kosten decken zu können und sind daher auf Subventionen, Spenden oder Fördergelder angewiesen.
(3) Soziale Verantwortung (Corporate Social Responsibility / CSR)
Sind soziale Ziele bei einer profitorientierten Unternehmung in der Uternehmensstrategie festgelegt, aber nicht zentral für die Geschäftsführung, wird von sozialer Verantwortung gesprochen.[57] Die Festschreibung sozialer Ziele als strategisch wichtig kann zwei Ursachen haben: Einerseits sind gewinnmaximierende Unternehmen oft mit Ansprüchen aus der Öffentlichkeit konfrontiert, d.h. sie werden in die Verantwortung gezogen, in ihrem Handeln sozial verträglich zu agieren. Andererseits werden direkte Marktvorteile durch soziale Innovationen und Optimierungen von Massenprodukten angestrebt, die auf Anhieb breite Akzeptanz bei den Kunden finden. Die sozialen Ziele bleiben damit nur ein Mittel zum Zweck der Profitsteigerung.
(4) Social Entrepreneurship
Im Unterschied dazu handelt es sich um Social Entrepreneurship, wenn die sozialen Ziele eine zentrale Rolle in der Unternehmensstrategie spielen und finanzielle Unabhängigkeit erreicht wird. Die Grenzen zu den zuvor vorgestellten Organisationsformen sind fließend. Es können jedoch Unterschiede festgemacht werden: Der wichtigste Unterschied zu CSR ist, dass soziale Ziele bei dem letzteren nur eine Managementaufgabe darstellen und diese vielmehr mit dem Zweck verfolgt werden, einen Marktvorteil zu erlangen.[58]
Als deutlicher Unterschied zu der klassischen NPO kann die Erreichung finanzieller Unabhängigkeit durch die Generierung von Ertrag durch eigene Aktivitäten aufgeführt werden. Somit ist eine Social Enterprise im engeren Sinne von Geldgebern (wie Staat und Privatspendern) unabhängig.
Als erste Definition, die im Verlauf der Arbeit noch zu erweitern sein wird, kann bereits an dieser Stelle konstatiert werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Definition 1: Social Entrepreneurship ist unternehmerisches Handeln, bei dem eine wirtschaftlich stabile Einheit (Social Enterprise) einen sozialen Zweck verfolgt, der zentral in der Strategie verankert ist.
Definition 1: Social Entrepreneurship
3.4 Merkmale von Social Entrepreneurship
Es bleibt festzuhalten, dass ein Social Entrepreneur seinen Erfolg sowohl an der Wirkung seiner sozialen Mission als auch am wirtschaftlichen Erfolg messen muss.[59] Hier spricht man von der double bottom line. Zwar kann die soziale Mission nicht erfüllt werden, wenn das Unternehmen nicht wirtschaftlich handelt, der wirtschaftliche Erfolg bleibt jedoch Mittel zum Zweck. Damit Social Entrepreneurship als erfolgreich bezeichnet werden kann, bedarf es der Erfüllung einiger Faktoren. Diese Faktoren sollen im folgenden Kapitel herausgearbeitet und später zur Bewertung der vorgestellten Institutionen verwendet werden. Sie umfassen sowohl die Organisationsstruktur, persönliche Charakteristika als auch das wirtschaftliche und soziale Umfeld.
Oft entstehen Social Enterprises aufgrund von Markt– oder Staatsversagen. Ein Social Entrepreneur muss in diesem Versagen eine Chance sehen, das Potenzial erkennen und einen innovativen unternehmerischen Prozess anstoßen, mit dem er sowohl wirtschaftlichen als auch sozialen Wert schaffen kann. Eine Innovation ist zwar eine notwendige, jedoch keine ausreichende Voraussetzung dafür, dass sich die unternehmerisch handelnde Person mit der Vision identifiziert und eventuelle politische und wirtschaftliche Hindernisse erfolgreich überwinden kann, um seine Unternehmung zum Erfolg zu führen. Hier sind die gleichen Eigenschaften gefragt, die alle Arten von Entrepreneurs aufweisen müssen. Des Weiteren muss es eine ständige Leistungskontrolle geben – sowohl in sozialer als auch finanzieller Hinsicht. An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass Messung und Quantifizierung der sozialen Wirkung nicht nur äußerst schwierig, sondern auch umstritten ist.[60] Generell stellt sich die Frage, ob die Verbesserung eines gesellschaftlichen Umstandes (bspw. geringere Kriminalitätsquote) einer bestimmten Maßnahme zugerechnet werden kann (sourcing problem).[61]
Social Entrepreneurship bedeutet also nicht nur die Lösung von sozialen bzw. gesellschaftlichen Problemen oder das Angebot von sozialen Diensten, sondern einen ganzheitlichen Ansatz, der zum sozialen Wandel führt.[62] Damit werden sowohl kulturelle und karitative Einrichtungen (bspw. Museen, Krankenhäuser, Pflegeheime) ausgeschlossen, die ihre Dienste entgeltlich anbieten, als auch gewinnmaximierende Firmen. Denn obwohl letztere aufgrund des Angebotes von Arbeitsplätzen durchaus eine gesellschaftliche Bedeutung haben, stellt dies kein explizites soziales Ziel dar.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Nach der Vorstellung der Charakteristika ist die Erweiterung der Definition 1 aus Kapitel 3.3.3 sinnvoll.
Definition 2: Social Entrepreneurship ist unternehmerisches Handeln, bei dem ein wirtschaftlich stabiler Geschäftsbetrieb mit einem sozialen Zweck (social enterprise) dazu beiträgt, soziale Missstände zu beseitigen und sozialen Wandel herbeizuführen.
Definition 2: Social Entrepreneurship (erweitert)
3.5 Handlungsfelder für Social Entrepreneurs
Die Handlungsfelder von Social Entrepreneurs ergeben sich aus unterschiedlichen nationalen und internationalen gesellschaftlichen Defiziten und ungenutzten Chancen. Überall dort, wo ein gesellschaftlicher oder sozialer Bedarf erkennbar ist, kann ein Social Entrepreneur unternehmerisch aktiv werden und ein Projekt ins Leben rufen , also einen Prozess anstoßen, der letztendlich dazu führt, die gesellschaftlichen Defizite zu besetigen. Er unternimmt etwas u. a. gegen Diskriminierung, Armut oder Rassismus. Aber auch das Gesundheitswesen, Kultur– und Bildungseinrichtungen sind Handlungsfelder für Social Entrepreneurs. Sie sind bspw. in der Förderung von Museen, in der wissenschaftlichen Forschungsarbeit, im Naturschutz, in der Fürsorge und in den kommunalen Bereichen vorzufinden.
Die Handlungsfelder für Social Entrepreneurs sind nicht auf bestimmte sozialpolitische Bereiche begrenzt. Insbesondere bei Schnittstellenthemen zwischen strukturell und institutionell abgegrenzten Themenfeldern, die besondere Aufmerksamkeit verdienen und zur Vernetzung gesellschaftlicher Teilbereiche führen können, kann Social Entrepreneurship angewendet werden.
In dieser Arbeit geht es um zwei Organisationen, die sich der Aufgabe angenommen haben, die Armut in ihren Ländern zu bekämpfen. Sie gelten als Pioniere und verdienen aufgrund dessen eine besondere Beachtung in ihrem Handlungssektor – der Mikrofinanzierung.
„The poor continue to be poor
not because they don´t want to work
but because they don´t have access to capital“
Milton Friedman[63]
4 Mikrofinanzierung und Mikrofinanzinstitutionen
Das folgende Kapitel liefert zunächst Definitionen der Begriffe Mikrofinanzen und Mikrofinanzinstitutionen (MFI). Darauf aufbauend wird im Kapitel 2.2 ein Überblick über Entstehung und Entwicklung des Mikrokreditkonzeptes und die damit verbunden Erwartungen gegeben. Die Kapitel 2.3 und 2.4 beschäftigen sich mit den unterschiedlichen Vergabemethoden der MFI und den Entstehungsformen der Institutionen, bevor Kapitel 2.5 darstellt, ob und wie MFI effizient wirtschaften können, ohne dabei ihre sozialen Zielsetzungen zu vernachlässigen. Anschließend (Kapitel 2.5) wird ein werden die verschiedenen Stakeholdergruppen und ihre Rolle dargestellt, bevor ein Ausblick auf die Entwicklung des Mikrofinanzsektors skizziert wird.
4.1 Begriffsdefinitionen
Als Mikrofinanzen (microfinance) bezeichnet man allgemein Finanzdienstleistungen für arme Bevölkerungsschichten. Seit den 1980er Jahren wurde eine Reihe von Mikrofinanzierungsprogrammen, sowohl in Entwicklungs- als auch in Industrieländern aufgelegt.[64] Während diese Programme sich zunächst auf Mikrokredite – also Darlehen mit geringen Beträgen– beschränkten, umfasst der Begriff microfinance auch andere Dienstleistungen wie Mikroversicherungen, Mikrosparen, etc.[65] Dennoch bleibt der Mikrokredit das wichtigste Instrument, Menschen, die bisher keinen Zugang zum formellen Bankensystem hatten, die Möglichkeit zu geben, wirtschaftlich aktiv zu werden.
Mikrofinanzinstitutionen sind Anbieter von Mikrofinanzdienstleistungen, die formale Strukturen aufweisen. Damit werden etwa private Geldverleiher aus der Definition ausgeschlossen, da sie trotz des Angebotes von Finanzdienstleistungen keinerlei Strukturen haben oder formalisiert sind. Manche MFI verbinden mit dem Angebot von Finanzdienstleistungen Programme zur Bildung, Ernährung, Familienplanung und Gesundheit.[66] Die Institutionen können unterschiedliche Rechtsformen haben, so bspw. Genossenschaften, private gemeinnützige Nichtregierungsorganisationen, registrierte Banken, aber auch Abeilungen oder Projekte von staatlichen Entwicklungsbanken.[67] Auch konventionelle Banken bieten armen Bevölkerungsschichten vermehrt Kleinkredite an.
4.2 Entwicklung der Mikrokreditidee und Stand der Forschung
Gruppensparen und auf die Gruppentechnologie basierte Darlehen sind keine Erfindung der Neuzeit. So haben Forscher herausgefunden, dass es im westlichen Afrika bereits im 15. Jahrhundert Spar– und Kreditgruppen gab. Auch in anderen Regionen und Ländern wurde das Prinzip unter verschiedenen Bezeichnungen, bspw. „tandas“ in Mexico, „arisan“ in Indonesien, „pasanaku“ in Bolivia u. a.,[68] insbesondere von der ländlichen Bevölkerung angewendet, um an notwendiges Kapital zu kommen.
Allerdings bestehen zum deutschen System[69], das im 18. Jahrhundert entstand, offensichtliche Unterschiede hinsichtlich Formalität und Institutionalisierung. Beide Attribute scheinen wesentlich zu sein, damit Mikrofinanzierung nachhaltig wirken kann. Die Schaffung rechtlicher Rahmenbedingungen, die auch die Aufsicht der Institutionen regelt, ist demnach von hoher Wichtigkeit für die Entwicklung eines Mikrofinanzsystems, das zur Entwicklung der Gesamtwirtschaft beiträgt.
Exkurs 1: Entstehung der Mikrofinanzierung in Europa
Mikrofinanzierung und die Regulierung und Aufsicht von Mikrofinanzinstitutionen und ist keine aktuelle Entwicklung. Seibel weist sogar darauf hin, dass jedes Industrieland “its own history of microfinance“[70] habe. Als besonders wichtig für die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes sei an dieser Stelle auf die Bewegungen in Irland und Deutschland im 18. Jahrhundert hinzuweisen.
Irland wird als Geburtsort der Mikrofinanzidee genannt, wo 1720 die ersten “loan funds“ (in etwa: Kreditfonds) aus Spendengeldern entstanden und zinslose Kleinkredite an Gruppen vergeben wurden. Die Rückzahlung erfolgte wöchentlich und wurde durch die Gruppe kontrolliert. Nach einem Gesetz im Jahre 1823, welches erlaubte, die Wohltätigkeitseinrichtungen in Finanzintermediäre umzuwandeln und Zinsen zu erheben, stieg die Anzahl dieser rasant an und 1849 zählte man in Irland ca. 300 “self–reliant and sustainable [formal] institutions“[71], die ihr Einkommen durch das Einsammeln von Kundeneinlagen und Kleinkreditvergabe an die Armen generierten.[72]
Sie erreichten schließlich schätzungsweise 20 Prozent aller irischen Haushalte, wobei die Zinsen die der kommerziellen Banken um das Dreifache überstiegen,[73] wobei nicht ganz deutlich wird, warum sie einen solch hohen Zinssatz anbieten konnten. Als die Regierung 1843 auf Druck von kommerziellen Privatbanken einen Höchstzinssatz festlegte, gab es einen starken Rückgang der loan funds, die in den 1950ern schließlich ganz verschwanden.[74]
In Deutschland entstand seit dem Ende des 18. Jahrhunderts das größte Kredit– und Bankensystem für die arme Bevölkerungsschicht, das nach wie vor besteht. Mehrere Entwicklungen haben zur Entstehung des Systems beigetragen, das zunächst informell war. In ländlichen Gemeinden begannen Bewohner, sich in Sparvereinen zusammenzuschließen; gleichzeitig kam das Genossenschaftswesen auf, wobei hier zwischen dem ländlichen und dem städtischen zu unterscheiden ist.
Die ersten Sparkassen entstanden Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts und sollten der ärmeren Bevölkerungsschichten die Möglichkeit eröffnen, eine langfristige, sichere und verzinsliche Rücklage zu bilden und Kredite aufzunehmen. Dabei waren diese Institutionen Eigentum der Gemeinde. Mit der Ausbreitung der Bewegung vergrößerte sich der Zufluss von Spareinlagen. Daraufhin wurde das Darlehensgeschäft ausgeweitet, wobei landwirtschaftliche Kredite im Fokus der Aufmerksamkeit standen. Auf das stete Wachstum folgte 1838 das Sparkassen-Reglement, das der preußische Staat 1838 erließ und einer stärkeren Institutionalisierung den Weg ebnete.[75]
Die Entwicklung des Genossenschaftswesens begann nach der Hungerkatastrophe 1846/47. Friedrich Wilhelm Raiffeisen, der Bürgermeister von Weyerbusch und Flammersfeld, und Dr. Hermann Schulze-Delitzsch, Richter und Reichstagsabgeordneter waren die treibenden Kräfte bei der Entstehung des Kleinkreditwesens. F. W. Raiffeisen gründete ländliche Spar– und Darlehensgenossenschaften, die die Bezeichnung „Vereine“ trugen und dann zunächst als Raiffeisenkassen und später als Raiffeisenbanken bekannt wurden.[76] Schulze-Delitzsch begründete dagegen Spar– und Darlehensgenossenschaften für die städtische Bevölkerung, vor allem aber für Handwerker. Diese wurden später Volksbanken genannt und entstanden erstmals um 1850. Sie basierten von Anfang an auf der Basis von gegenseitiger Selbsthilfe und nicht auf Wohltätigkeit.[77] Dem Beispiel von Schulze-Delitzsch folgend gründete Raiffeisen 1864 den ersten so genannten „Darlehnskassen-Verein“, nachdem die zuvor gegründeten Vereine den Zweck hatten, die arme Bevölkerungsschicht unter finanzieller Unterstützung der wohlhabenden Bevölkerung hatten mit Getreide zu versorgen.
In den nächsten 20 Jahren wies die Bewegung nur ein langsames Wachstum auf, so dass es Mitte der 1880 Jahre nur 245 ländliche Genossenschaften gab.[78] Die Wende kam 1889 mit dem Erlass des Genossenschaftsgesetzes, das beide Netzwerke unter einen Hut brachte. Unter anderem wurde die gesamtschuldnerische durch die beschränkte Haftung ersetzt, was das Wachstum der neuen Institutionen ankurbelte. Im Jahr 1914 gab es in Deutschland mehr als 15.000 ländliche Darlehensgenossenschaften.[79]
Für den anfänglichen Erfolg von Mikrofinanzen in Deutschland, der die meisten Geldverleiher und Privatbanken vom Markt getrieben hat, waren folgende Faktoren entscheidend: Die Prämisse von Selbsthilfe und Eigenständigkeit, basierend auf Aktivierung von Spareinlage und das Erreichen der armen Bevölkerung. Für die weitere Entwicklung und das Fortbestehen dieser Institutionen war jedoch die Institutionalisierung essentiell: Einerseits wurde ein rechtlicher Rahmen geschaffen. Hier seien das Sparkassen–Reglement von 1838 und das Genossenschaftsgesetz von 1889 sowie das im Jahr 1934 erlassene deutsche Bankengesetz genannt, da alle Finanzinstitutionen, also auch Sparkassen und Genossenschaftsbanken erfasste. Andererseits spielte die Entwicklung von Dachverbänden eine wesentliche Rolle. Diese fungieren auch als Revisionsbehörden der einzelnen Geldinstitute und werden von einer Bundesbehörde, dem Bundesaufsichtsamt für Finanzdienstleistungen beaufsichtigt.
Auch wenn der Begriff Mikrofinanzen für diese Institutionen mittlerweile nicht ganz angebracht ist, machten private Kleinkredite 53 Prozent des gesamten Kreditvolumens aus, 57 Prozent entfielen auf kleine und mittlere Unternehmen.[80]
Das Beispiel in Deutschland zeigt, dass bei adäquater Gesetzgebung und effektiver Regulierung und Aufsicht Mikrofinanzinstitutionen ein geeignetes Mittel dafür sein können, der wirtschaftlich aktiven armen Bevölkerung, wie Kleinunternehmern und Kleinbauern, zur Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Lage beitragen kann.
Die Entstehung der modernen Mikrokreditidee ist eng mit der Geschichte der Entwicklungsökonomie verknüpft. Nach dem Zweiten Weltkrieg versuchte man, mit groß angelegten staatlichen Programmen, vor allem die zerstörten Landwirtschaften der Entwicklungsländer wieder aufzubauen. Die Industrieländer erhofften sich, dass die Empfängerländer durch das transferierte Kapital wirtschaftlich erstarken und dass die Hilfe über den trickle – down –Effekt auch die armen Bevölkerungsschichten erreichen würde. Marktunvollkommenheiten wie rigide Preisbildung, Informationsasymmetrien, aber auch Korruption und Bürokratie verhinderten, dass der Mechanismus die gewünschte Wirkung entfalten konnte.[81]
In den 1980er Jahren war Entwicklungsfinanzierung von staatlichen Eingriffen, Höchstzinssätzen, Zinssubventionen und gelenkter Kreditvergabe geprägt, was dazu führte, dass die Finanzsysteme geschwächt wurden und an Effizienz verloren.[82] Seit Anfang der 1990er Jahre spielt Mikrofinanzierung eine immer größere Rolle in der Entwicklungszusammenarbeit.[83] So wurde das Jahr 2005 zum „Internationalen Jahr der Mikrokredite“ ausgerufen.[84] Dieser Umstand verdeutlicht die Hoffnungen der Befürworter, dieses Instrument könnte einen großen Beitrag zur weltweiten Armutsbekämpfung leisten.[85] Mikrofinanzierung hat zum Ziel, vor allem durch das Angebot von Finanzdienstleistungen für arme Bevölkerungsschichten zur Armutsbekämpfung beizutragen. Dabei soll nicht nur die Lebenssituation einzelner Personen und Familien verbessert werden, sondern vielmehr die gesamtwirtschaftliche Entwicklung vorangetrieben werden. Der Aufbau von stabilen Mikrofinanzinstitutionen kann dabei die Stärkung des Finanzsystems und damit Wirtschaftswachstum als Folge haben.
Jonathan Morduch lenkte 1999 mit seinem Aufsatz „The Promise of Microfinance“[86] das Augenmerk des wirtschaftswissenschaftlichen Fachpublikums auf das Thema. Zuvor gab es zwar andere weitreichende Studien,[87] die allerdings außerhalb des Mikrofinanzsektors wenig beachtet wurden. Mittlerweile besteht eine Bandbreite an wissenschaftlicher Literatur, wobei es sich größtenteils um Aufsätze in Fachzeitschriften handelt. Seit 1998 gibt es die Zeitschriften Microfinance Journal und das Microfinance Bulletin, wobei letztere mehr für Praktiker als für Wissenschaftler gedacht ist.
[...]
[1] Auf frühere Formen des Gruppenkredites (u. a. das deutsche Sparkassen- und Genossenschaftswesen) wird in Kapitel 4.2 eingegangen.
[2] Vgl. Bornstein (2007): 3.
[3] Müller (2006): 62.
[4] Ashoka (2007).
[5] Vgl. Huber (2004): 11; vgl. Johnson (2002): 3.
[6] Vgl. Lübbering (2004): 13; vgl. Nicholls (2006): 7.
[7] Chambarlain (1977), zitiert nach Nicholls (2006): 7.
[8] Vgl. Gentile (2002): 3.
[9] Austin et al. (2006a): 1.
[10] Vgl. Alvord et al. (2002): 3; vgl. Johnson (2000): 2.
[11] Vgl. Nicholls/Cho (2006): 99; für anschauliche Fallbeispiele vgl. Alter (2004); vgl. Alvord et al. (2002); vgl. Huber (2004); vgl. Leadbeater (1997); vgl. Seelos/Mair (2005); vgl. Spear (2006); vgl. Thompson/Doherty (2006).
[12] Vgl. Weerawerdana/Sullivan Mort (2006): .
[13] Vgl. Thomson (2002): 413.
[14] Ebd.
[15] Vgl. Alter (2004); Austin et al. (2006a, b, 2007).
[16] Vgl. Aufsätze von Austin et al. (2006b); Boschee/McClurg (2003); Dees (2001); Sullivan Mort et al. (2003); Brinckerhoff (2000); Thompson (2002).
[17] Vgl. Bloom (2007): 306; vgl. Weerawerdana/Sullivan Mort (2006): 23f.; vgl. Perrini (2006): 9f. u. a.
[18] Johnson (2000): 5; auch wenn die Aussage im Jahre 2000 getroffen wurde, kann sie aus heutiger Sicht als aktuell eingestuft werden.
[19] Vgl. hierzu Aufsätze von Weerawerdana/Sullivan Mort (2006); Austin et al. (2006b); Nicholls/Cho (2007); Peredo/Mclean (2006).
[20] Vgl. Kapitel 3.3.
[21] Vgl. Boschee/McClurg (2003): 2.
[22] Vgl. bspw. Drayton (2002); vgl. Dees (2003); vgl. Mair/Martí (2004).
[23] Vgl. Schwertfeger (2007): 122; vgl. Nicholls (2006): 8ff.
[24] Vgl. Armstrong (2006).
[25] Vgl. Ripsas (1997): 3.
[26] Vgl. Kuratko (1996): 1223
[27] Vgl. Drucker (1986): 21, zitiert nach Huber (2004): 14.
[28] Vgl. Dees (2001): 1.
[29] Vgl. ebd.: 2.
[30] Vgl. ebd.: 5.
[31] Vgl. Dees (2003); vgl. Drucker (1986), zitiert nach Lübbering (2004): 20.
[32] Kuratko (1996): 1223.
[33] Vgl. ebd. 1227.
[34] Vgl. Huber (2004): 14.
[35] Vgl. Faltin (1998): 3.
[36] Vgl. ebd.
[37] Vgl. Ripsas (1997): 71.
[38] Ebd.
[39] Encyclopedia Britannica (2007). Da im Verlauf der englische Begriff verwendet wird, wurde an dieser Stelle auch eine englische Definition ausgewählt
[40] Vgl. Dees (2003): 1.
[41] Vgl. Dees (2001); vgl. Dees/Anderson (2003); vgl.Thompson (2002): 416.
[42] Vgl. Dees/Anderson (2003): 3ff.
[43] Dees (2001): 4.
[44] Diese Dimensionen werden angewendet bei: Peredo/McLean (2006) und Nicholls/Cho (2006).
[45] Vgl. Dees (2001): 1.
[46] Selbstverständlich gibt es auch Unternehmen, bei denen soziale Ziele keine Rolle in der Unternehmensstrategie spielen, da die Matrix sich jedoch bereits auf einen erweiterten Social Entrepreneurship-Begriff bezieht, werden solche Unternehmen nicht betrachtet.
[47] Vgl. Sherman (2005b): 10.
[48] Vgl. Armstrong (2006): 5, vgl. Boschee / McClurg (2003): 3.
[49] Vgl. Weisbrod (1998), zitiert nach Sherman (2005b): 11.
[50] Vgl. Emerson & Carttar (2003), zitiert nach Sherman (2005b): 11.
[51] Vgl. Dees (2003); vgl. Leadbeater (1997): 21ff.
[52] Zur detaillierten Diskussion um NPO Vgl. z.B. Huber (2004): 13ff; Lübbering (2004): 5ff; Schulze (1997).
[53] Die große Bandbreite von Organisationen, die unter dem Begriff NPO gefasst werden, kann zu Verwirrungen führen. So ist die National Rifle Organisation, eine der größten Lobbyvereinigungen für den Waffenhandel in den USA als Nonprofit-Organisation eingetragen, vgl. Lübbering (2004): 5.
[54] Vgl. Lübbering (2004): 4.
[55] Vgl. ebd: 5.
[56] Vgl. Schulze (1997): 37ff.
[57] In der frühen Vergangenheit hat sich der englische Begriff Coroprate Social Responsibility (CSR) etabliert. Eine ausführliche Diskussion um CSR liefert Baron (2005).
[58] Eine Ausnahme bildet bspw. Ben & Jerry´s (vgl. Peredo/McLean (2006): 61ff.
[59] Vgl. Boschee (2006): 361.
[60] Vgl. Dees (2001): 4; vgl. Mair/Martí (2006): 42.
[61] Vgl. Lübberng (2004): 27.
[62] Vgl. Alvord et al. (2002): 4.
[63] BancoSol (o.J.): 7.
[64] Vgl. Morduch (1999): 1569.
[65] Im weiteren Verlauf der Arbeit wird auf diesen Unterschied kein großer Wert gelegt. Zur detaillierten Beschreibung des Unterschiedes zwischen Mikrokredit und Mikrofinanzen, Vgl. Armendariz de Aghion/Morduch (2005): 15f.
[66] Vgl. Zeller/Meyer (2002): 1.
[67] Ebd.: 3.
[68] Vgl. Global Envision (2006).
[69] vgl. Exkurs 1.
[70] Vgl. Seibel (2003): 10.
[71] Vgl. Seibel (2003): 11.
[72] Vgl. Global Envision (2006).
[73] Vgl. ebd.
[74] Vgl. Seibel (2003): 12, vgl. Global Envision (2006).
[75] Vgl. Seibel (2003): 11.
[76] Vgl.ebd: 13.
[77] Vgl. Seibel (2005): 11.
[78] Vgl. ebd: 12.
[79] Vgl. ebd.
[80] Vgl. Engerer/Schrooten (2004): 31.
[81] Vgl. Illing (2004): 5.
[82] Vgl. ebd, 8 ff.
[83] Vgl. BMZ (2004a, b); Weltbank (2000).
[84] Vgl. Annan (2006): 1.
[85] Vgl. Dunford (2006): 3f.
[86] Vgl. Morduch (1999).
[87] Vgl. bspw. Hulme/Mosley (1996); Schreiner (1997).
- Arbeit zitieren
- Artjom Wolf (Autor:in), 2007, Social Entrepreneurship. Mikrofinanzinstitutionen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/92114
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