Älteres Personal wird häufig für Weiterbildungsmaßnahmen ausgeschlossen, obwohl es für Arbeitgeber:innen in Zukunft immer wichtiger werden wird, sich sowohl mit der Arbeitsmotivation, der Arbeitszufriedenheit als auch mit dem Commitment der älteren Belegschaft zu beschäftigen. Aufgrund des Fachkräftemangels und des demografischen Wandels ist es notwendig, gerade diese Arbeitnehmer:innen möglichst lange und leistungsmotiviert in einem Unternehmen zu halten und sie zu binden.
Elena Rose untersucht, ob sich die Bedürfnisse der älteren Mitarbeiter:innen von denen der jüngeren unterscheiden und welche tatsächlichen Auswirkungen das Alter auf die Motivation, die Arbeitszufriedenheit und die Bindung an ein Unternehmen hat. Anhand ihrer Ergebnisse gibt sie Unternehmen konkrete Empfehlungen für die Praxis.
Aus dem Inhalt:
- Leistungsfähigkeit älterer Mitarbeiter;
- Arbeitsbedingungen;
- Organisationales Commitment;
- Kompetenzmotiv;
- Fachkräftemangel;
- Demografischer Wandel
Inhaltsverzeichnis
Abstract
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1 Einleitung
2 Theoretischer Hintergrund
2.1 Alter
2.2 Arbeitsmotivation
2.3 Arbeitszufriedenheit
2.4 Organisationales Commitment
2.5 Zusammenführung von Arbeitsmotivation, Arbeitszufriedenheit und Commitment mit dem Alter: aktueller Forschungsstand
3 Fragestellung und Hypothesen
3.1 Fragestellung der Arbeit
3.2 Zu untersuchende Hypothesen
4 Methode
4.1 Untersuchungsdesign
4.2 Stichprobe
4.3 Material
4.4 Durchführung der Befragung
5 Empirische Untersuchung
5.1 Datenbereinigung
5.2 Item- und Skalenanalyse
5.3 Deskriptive Statistik
5.4 Zusammenhänge der Variablen
5.5 Hypothesenprüfung
6 Diskussion
6.1 Interpretation der Ergebnisse und Beantwortung der Fragestellung
6.2 Bedeutung der Ergebnisse: Erkenntnisse für die Praxis
6.3 Grenzen der Studie
7 Fazit
Literatur
Anhang
Abstract
Die Verschiebung der Bevölkerungsstruktur in Deutschland zieht einen Wandel des Arbeitsmarktes nach sich. Künftig wird es immer mehr ältere Mitarbeiter geben (Statistisches Bundesamt, 2019a). Das ältere Personal wird jedoch aufgrund der oft unterstellten geringen Motivation häufig für Weiterbildungsmaßnahmen ausgeschlossen, obwohl es gerade in Zukunft immer wichtiger werden wird, sich sowohl mit der Arbeitsmotivation, der Arbeitszufriedenheit und dem Commitment der älteren Belegschaft zu beschäftigen, um sie aufgrund des Fachkräftemangels möglichst lange und leistungsmotiviert in einem Unternehmen zu halten und sie zu binden (Menges, 2000, S. 56).
Das Ziel dieser Arbeit ist es herauszufinden, ob sich die Bedürfnisse der älteren Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von denen der jüngeren unterscheiden und welche tatsächlichen Auswirkungen das Alter auf die Motivation, die Arbeitszufriedenheit und die Bindung an ein Unternehmen hat. Dazu wird für die empirische Untersuchung folgende Forschungsfrage gestellt: Welchen Zusammenhang gibt es zwischen dem Alter von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen hinsichtlich ihrer Motive und gibt es Unterschiede bei ihrer Arbeitszufriedenheit, Arbeitsmotivation und dem Commitment?
Diese Frage wurde durch eine online-Befragung überprüft, an der 139 berufstätige Personen aus dem deutschen Raum teilnahmen. Die Versuchspersonen wurden dabei in die zwei Vergleichsgruppen „alt“ und „jung“ aufgeteilt. Die Befragung ergab, dass das ältere Personal zwar weniger das Bedürfnis danach hat, sich in der Arbeit als kompetent zu erleben (r = -.215), jedoch selbstbestimmtes Handeln (r = .042) und soziale Kontakte (r = -.070) für beide Altersgruppen gleichbedeutende Bedürfnisse sind. Die Arbeitsmotivation nimmt mit dem Alter nicht ab. Ältere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sind mindestens genauso motiviert wie jüngere (r = .193). Auch hat das Alter keinen Einfluss auf die Arbeitszufriedenheit (r = .108) und das Commitment (r = .031) zu einer Organisation. Wegen diesen Erkenntnissen ist es empfehlenswert, sich mehr mit dem älteren Teil des Personals zu beschäftigen und alle Angestellten gleichwertig zu behandeln.
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1. Altersaufbau der Bevölkerung in Deutschland – 2060: Ergebnisse der 14. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung
Abbildung 2. Erwerbstätigenquote nach Alter - Anteil der Erwerbstätigen an der Bevölkerung in Prozent
Abbildung 3. Verlauf der fluiden- und kristallinen Intelligenz
Abbildung 4. Die Hierarchie der Bedürfnisse
Abbildung 5. Das Risiko-Wahlmodell
Abbildung 6. Die Wechselwirkung von Motiv und Anreiz
Abbildung 7. Die Arbeitsfaktoren nach Herzberg
Abbildung 8. Hygienefaktoren und Motivatoren nach Herzberg
Abbildung 9. Das Job-Characteristics-Modell
Abbildung 10. The Motivating Potential Score
Abbildung 11. Kongruenz von expliziten und impliziten Motiven
Abbildung 12. Das Kompensationsmodell von Motivation und Volition
Abbildung 13. Das Selbstbestimmungs-Kontinuum: Die Motivarten und Verhaltensregulationen
Abbildung 14. Zusammenhang von Motivation und Zufriedenheit
Abbildung 15. Das Zürcher Modell der Arbeitszufriedenheit
Abbildung 16. Das dreidimensionale Modell des Commitments
Abbildung 17. Die abhängigen und unabhängigen Variablen der empirischen Untersuchung
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1 Deskriptive Statistik aller erhobenen Variablen pro Altersgruppe
Tabelle 2 Interkorrelationsmatrix
1 Einleitung
„Die Menschen werden älter und die Gesellschaft wird vielfältiger“ (Bundesamt für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 2019). In den folgenden Jahren wird sich die Struktur der deutschen Bevölkerung drastisch verändern. Die immer höher werdende Lebenserwartung, sowie eine sehr niedrige Geburtenrate sind der Grund für ein alterndes und schrumpfendes Deutschland (Statistisches Bundesamt, 2019a). Trotz der hohen Zuwanderung gibt es nicht genug junge Menschen, um den Bedarf an Nachwuchskräften zu decken. Das deutsche Sozialversicherungssystem scheint am Rande seiner Belastbarkeit angekommen zu sein. Das Rentensystem steht kurz vor dem Kollaps, denn es gibt nicht mehr genug erwerbsfähige Einzahler1, um zum Beispiel die „Babyboomer-Generation“ durch die Rente zu finanzieren (Werding, 2013, S.8). Um diesem Schicksal entgegen zu wirken, versucht die Politik Wege zu finden, um die Anzahl der Erwerbstätigen zu maximieren. Eine Maßnahme dafür ist beispielsweise die Einführung des Renteneintrittsalters ab 67 Jahren, wodurch jedoch der Altersdurchschnitt der Arbeitnehmer im Allgemeinen steigt. Neben dem Kampf um die „Young Professionals“, also um die Nachwuchskräfte, sollten Unternehmen ein Bewusstsein dafür bekommen, dass es immer mehr ältere Mitarbeiter geben wird, auf die besonders eingegangen werden muss (Geyer, Hammerschmid, Kurz & Rowold, 2018, S.8). Trotz steigender Wichtigkeit des Themas Alter im Arbeitskontext, wird sich vergleichsweise wenig mit der Motivation und mit der Veränderung der Arbeitsmotivation der älteren Arbeitnehmer befasst. An genau diesem Punkt soll die vorliegende Arbeit anknüpfen und es wird untersucht, inwieweit sich ältere Mitarbeiter in Bezug auf ihre Bedürfnisse und ihrer Motivation, sowie der Zufriedenheit und der Bindung zum Unternehmen von jüngeren Kollegen unterscheiden. Die Fragestellung dieser Arbeit lautet also:
Welchen Zusammenhang gibt es zwischen dem Alter von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen hinsichtlich ihrer Motive und gibt es Unterschiede bei ihrer Arbeitszufriedenheit, Arbeitsmotivation und dem Commitment?
Um diese Frage zu klären, wird in Kapitel 2 zunächst der Theoretische Hintergrund betrachtet. Dazu wird im Punkt 2.1 als erstes das Thema Alter beleuchtet und definiert, ab wann ein Arbeitnehmer als „älterer Mitarbeiter“ gilt. Daraufhin wird sich mit dem demografischen Wandel in Deutschland und der damit einhergehenden Alterung der deutschen Bevölkerung auseinandergesetzt. Fokus liegt hier vor allem auf den Auswirkungen der alternden Gesellschaft auf den Arbeitsmarkt. Dieses Thema bringt viele Stereotypen über das Alter mit sich. In diesem Punkt wird daher erklärt, welche Vorurteile es über die Kompetenzen von älteren Mitarbeitern gibt und daraufhin wird die tatsächliche Leistungsfähigkeit aufgezeigt. Punkt 2.2 beschäftigt sich mit der Arbeitsmotivation. Es wird sich zunächst mit den Bedürfnissen und Motiven auseinandergesetzt, die hinter menschlichem Handeln stehen. Vor allem wird hier eingegangen auf die drei Hauptmotive Kompetenz, Autonomie und soziale Eingebundenheit nach Deci und Ryan (2000). Weiter wird gezeigt, dass es Anreizsysteme wie zum Beispiel Arbeitsbedingungen benötigt, damit ein Motiv angeregt werden kann. Letztendlich wird verdeutlicht, dass intrinsische Arbeitsmotivation als ein Zusammenspiel aus den Motiven eines Mitarbeiters und den dazu passenden Arbeitsbedingungen, sowie der dahinterstehenden Selbstbestimmung verstanden werden kann. Es werden zudem verschiedenen Messmethoden der Arbeitsmotivation vorgestellt. Punkt 2.3 widmet sich der Arbeitszufriedenheit. Zunächst wird das Konstrukt definiert und klargestellt, dass es sich ebenfalls um einen Effekt vom Wechselspiel zwischen Bedürfnissen und Arbeitsbedingungen handelt. Daraufhin werden verschiedene Formen der Arbeitszufriedenheit beziehungsweise Unzufriedenheit dargelegt und anschließend zwei Verfahren zur Messung vorgestellt. Punkt 2.4 greift einen dritten Effekt, das organisationale Commitment, auf. Dieses Konstrukt wird ebenfalls definiert, es werden die drei verschiedenen Formen von organisationaler Bindung- und schließlich Methoden zur Messung des Commitments aufgezeigt. Punkt 2.5 bildet die Zusammenführung aller Konstrukte und beschreibt anhand des aktuellen Forschungsstands, wie das Alter eines Mitarbeiters, die Arbeitsmotivation, die Arbeitszufriedenheit und das organisationale Commitment zusammenhängen. In Kapitel 3 wird die Forschungsfrage dieser Arbeit erneut aufgegriffen und es werden anschließend, anhand des theoretischen Hintergrunds, die sechs zu untersuchenden Hypothesen abgeleitet. Kapitel 4 beschreibt die Methode, sowie alle Erhebungsinstrumente der Studie und den Ablauf der Datenerhebung. In Kapitel 5 beginnt die empirische Untersuchung. Alle sechs Hypothesen werden auf Verifikation geprüft. Die Ergebnisse der Erhebung und die Erkenntnisse für die Praxis, sowie die Grenzen der Studie werden im Kapitel 6 dargestellt. Kapitel 7 schließt die Arbeit mit einem Fazit ab.
2 Theoretischer Hintergrund
2.1 Alter
Es gibt verschiedene Sichtweisen auf das Alter und verschiedene Kategorien, in die der Begriff „Alter“ eingeteilt werden kann. Dazu zählen das chronologische Alter, das biologische Alter, das soziale Alter, sowie das psychologische beziehungsweise subjektive Alter. Chronologisches Alter meint dabei die Lebensjahre eines Menschen ab seiner Geburt. Es ist also als reine Zeitangabe zu verstehen. Das biologische Alter ist durch den körperlichen Zustand definiert, die physiologischen Merkmale eines Individuums, die sich entweder entwickeln oder verfallen. Diese Veränderungen des Organismus führen mit zunehmendem Alter zu einer Verringerung der physiologischen Leistungsfähigkeit. Das soziale Alter ist bestimmt durch Lebenserfahrung und Ereignisse wie zum Beispiel die Geburt des eigenen Kindes oder eine Heirat, aber auch negative Erlebnisse wie der Verlust der Arbeit oder der Umgang mit dem Tod. Anhand dieser Erfahrungen, die jeder Mensch individuell erlebt, ergeben sich gesellschaftlich gegliederte Altersklassen. Psychologisches Alter meint die subjektive Selbsteinschätzung unter dem Motto „ein Mensch ist so alt wie er sich fühlt“ und drückt sich in der Fähigkeit eines Menschen aus, sich an Anforderungen der Umgebung anzupassen. Diese Fähigkeit kann zum Beispiel durch Bildung, das trainieren der körperlichen Fitness oder kulturellem Interesse gefördert werden und dem psychologischen Altern entgegensteuern. Das Alter ist also eine relative Größe, bei der die Umstände berücksichtigt werden müssen. Altern ist biologisch vorgegeben, kann aber durch das soziale Umfeld und die Gesellschaft bedingt und beeinflusst werden (Böhne, 2008, S.20).
2.1.1 Alter im Arbeitskontext: Definition des Begriffs älterer Mitarbeiter
Eine Frage, die es zunächst zu beantworten gilt ist, ab welchem Alter ein Arbeitnehmer überhaupt in die Kategorie „älterer Mitarbeiter“ einzustufen ist. In der Theorie wird meist von 40 bis 75 Jahren von älteren Mitarbeitern gesprochen, jedoch gibt es verschiedene Abgrenzungen zum Altersbegriff. In englischer Fachliteratur wird die Belegschaft häufig in drei Altersgruppen unterteilt: „young“, „middleaged“ und „older workers“ (zum Beispiel Keith & Malone, 2005, S.224). So wird auch im deutschsprachigen Raum der ältere Teil der Arbeitnehmer in „alternde Mitarbeiter“ (40 bis 55 Jahre) und „ältere Mitarbeiter“ (ab 55 Jahren bis Renteneintritt) eingeteilt (Menges, 2000, S.31). Jedoch existiert in der Literatur keine universale Definition des Begriffs „älterer Mitarbeiter“. In der Arbeitswelt werden Mitarbeiter so zum Beispiel je nach Berufsfeld und Geschlecht etwas eher oder später als „alt“ deklariert (Menges, 2000, S.32f). So gilt ein Model mit 25 Jahren bereits als alt, während die meisten 25-jährigen in anderen Branchen Berufseinsteiger sind. Das Alter ist also auch im Arbeitskontext keine feste Größe, sondern von Faktoren wie Kultur, Branchenzugehörigkeit und Stellenbeschreibung abhängig. Die Gruppe „älterer Mitarbeiter“ ist nicht homogen, dennoch ist es notwendig für diese Arbeit und die empirische Untersuchung, eine kalendarische Abgrenzung vorzunehmen und festzulegen, ab wann ein Mitarbeiter „alt“ ist. Hierbei soll sich an der Altersdefinition von Kooij und van de Voorde (2011) orientiert werden, wonach alle Mitarbeiter unter 35 Jahren als jung-, alle über 35 bis 49 Jahre als mittelalt gelten und Arbeitnehmer als „älter“ definiert werden, die im Alter über 50 sind, also den zweiten Abschnitt des Berufslebens-, jedoch nicht das Rentenalter erreicht haben (Kooij & van de Voorde, 2011, S.234).
2.1.2 Das Altern der Gesellschaft und die Auswirkungen auf die Arbeitswelt
Der demografische Wandel und die daraus folgenden Auswirkungen auf Unternehmen werden heute mehr diskutiert denn je. Eine niedrige Geburtenrate und gleichzeitig niedrige Sterberate verschieben den Aufbau der Bevölkerung in Deutschland drastisch (Statistisches Bundesamt, 2020a). Grund hierfür ist vor allem die steigende Lebenserwartung aufgrund von verbesserter medizinischer Pflege, entwickelten Arbeitsbedingungen und gewachsem Wohlstand. Laut den neusten Berechnungen beträgt die Lebenserwartung heutzutage bei Männern 78,4 Jahre, wobei Frauen durchschnittlich 83,2 Jahre alt werden. Die Lebenserwartung hat sich also seit Ende des 19. Jahrhunderts verdoppelt. Gleichzeitig gibt das Statistische Bundesamt jedoch an, dass heute das Durchschnittsalter einer deutschen Frau bei Geburt ihres ersten Kindes 30 Jahre beträgt und sogar circa ein Fünftel aller deutschen Frauen eines Jahrgangs kinderlos bleibt (Statistisches Bundesamt, 2020b). Abbildung 1 zeigt den Altersaufbau der deutschen Bevölkerung ab 1910 bis 2060. Wie zu erkennen ist, handelt es sich beim Bevölkerungsaufbau in Deutschland vor rund hundert Jahren, also um 1910, noch um eine „Alterspyramide“. Diese Alterspyramide entwickelt sich im Laufe der Jahre immer mehr zu einer „Tanne“ und stellt laut Berechnungen des Statistischen Bundesamtes im Jahr 2060 bereits ein „auf dem Kopf stehendes Dreieck“ dar. Das heißt also, der Anteil der jüngeren Menschen in Deutschland sinkt drastisch, wobei der Anteil der älteren Bürger erheblich zunimmt. Es gibt seit 1973 mehr Menschen die sterben, als Menschen die geboren werden.
Für die Bevölkerungsgröße in Deutschland zieht das, trotz steigendem Wanderungssaldo, also der Bilanz von Zuzügen und Auswanderung, die Auswirkung einer schrumpfenden Gesellschaft nach sich (Statistisches Bundesamt, 2019b).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1. Altersaufbau der Bevölkerung in Deutschland – 2060: Ergebnisse der 14. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung (Statistisches Bundesamt, 2019b, S.20).
Die nächsten Jahrgänge, die für Nachwuchs in Deutschland sorgen, sind die Frauen, die ab 1990 geborgen sind. Da 1990 jedoch die Geburtenrate sehr gering ist, sinkt auch in Zukunft die Zahl der potentiellen Geburten. Laut dem Statistischen Bundesamt wird die Schere zwischen Geburten- und Sterberate also auch in Zukunft immer weiter auseinandergehen (Statistisches Bundesamt, 2020c). Heute ist bereits jeder zweite Bürger in Deutschland im Alter über 45 Jahren, jeder Fünfte sogar schon älter als 66 Jahre. Wie in Abbildung 1 zu erkennen, befinden sich die geburtenreichsten Jahre zwischen 1955 bis 1970. Diese Jahrgänge werden deshalb als „Babyboomer-Generation“ bezeichnet. Die Babyboomer Generation macht den größten Anteil der deutschen Bevölkerung aus. Doch was 1990 noch von Vorteil ist, sieht heute ganz anders aus. Im Jahr 1990 machen die 20 bis 35 jährigen den größten Anteil der Gesellschaft aus. Heute ist die Babyboomer Generation gealtert, kommt in den nächsten Jahren nach und nach ins Rentenalter und scheidet somit aus der Arbeitswelt aus. Somit erhöht sich die Zahl der Deutschen über 70-jährigen von 8 Millionen im Jahr 1990 auf 13 Millionen im Jahr 2018 und auch die Personen im hohen Alter, ab 80 Jahren, stellen einen immer größer werdenden Anteil der Bevölkerungsstruktur dar. Laut der aktuellen 14. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamts fällt somit bis 2035 die Zahl der Erwerbsfähigen vermutlich um 4 bis 6 Millionen. Der Trend in Deutschland zieht also in den nächsten 20 Jahren einen Rückgang der erwerbstätigen Menschen und einen Anstieg der Menschen im Rentenalter nach sich (Statistisches Bundesamt, 2019b).
Die Alterung der deutschen Gesellschaft verändert somit auch die Arbeitswelt. Die Verschiebung der Bevölkerungsstruktur bedeutet auch eine Änderung des Erwerbstätigenquotienten. Da immer weniger junge Menschen nachkommen, versucht die Politik zu reagieren und strebt im nationalen Reformprogramm eine höhere Beteiligung der Älteren am Arbeitsmarkt an. Abbildung 2 bildet den Anteil der Erwerbstätigen an der Bevölkerung im Vergleich zwischen 2008 und 2018 ab. In diesen vergangenen 10 Jahren steigt der Anteil der Erwerbstätigkeit von Menschen im Alter zwischen 60 bis 64 im Vergleich zu anderen Altersgruppen so sehr wie nie. 2008 macht diese Gruppe noch 35 Prozent aus, im Jahr 2018 sind es schon 60 Prozent. Das Ziel der Bundesreform von 2016, im Jahr 2020 einen Anteil von 60 Prozent älterer Arbeitnehmer zu erreichen, gelingt also schon früher als gedacht. Wie in Abbildung 2 zu erkennen ist, gibt es auch eine Veränderung der Erwerbstätigkeit von Senioren. Ihr Anteil hat sich in zehn Jahren, von anfangs 8 Prozent bis 17 Prozent im Jahr 2018 sogar verdoppelt (Statistisches Bundesamt, 2020d).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2. Erwerbstätigenquote nach Alter - Anteil der Erwerbstätigen an der Bevölkerung in Prozent (Statistisches Bundesamt, 2020d).
Wegen der Anhebung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre wird der Trend von arbeitenden Menschen im Alter über 65 Jahren auch künftig steigen. Zudem macht es die Gesetzgebung schwerer Frührente zu beanspruchen. Auch die Bildung hat sich entwickelt und immer mehr Menschen haben einen höheren Bildungsabschluss. Laut Statistik sind Menschen mit einem hohen Bildungsniveau länger erwerbstätig als weniger qualifizierte, was auch eine Erklärung für den hohen Anteil an älteren Mitarbeitern liefert. Für Unternehmen bedeutet das eine ältere Belegschaft. Die Rekrutierung von qualifizierten Nachwuchskräften erschwert sich und die geburtenreichen Generationen scheiden auf dem Arbeitsmarkt nach und nach aus. Der dadurch entstehende Mangel an Arbeitskräften zwingt Unternehmen, sich mit den altersbedingten Veränderungen auseinanderzusetzen, die älteren Mitarbeiter im Unternehmen zu halten und zu fördern. Herausforderung dabei ist es zum einen, die Erfahrung der älteren Generationen mit dem neuen Wissen der Jüngeren zu vereinen. Das Thema „lebenslanges Lernen“ wird heute immer wichtiger. Die älteren Arbeitnehmer, deren Ausbildung mehrere Jahre in der Vergangenheit liegt, sind in Zeiten der Globalisierung und Innovation gezwungen sich weiter zu bilden, da die Technologien sich ebenfalls ständig entwickeln und das früher erlernte Wissen heute oft unbrauchbar wird. Das Personalmanagement beschäftigt sich verstärkt mit Themen wie Mitarbeitermotivation, -bindung und -zufriedenheit. Aufgabe der Unternehmen ist es also, ihre Mitarbeiter weiterzubilden und zu fördern, um die Qualifikation, Motivation, Leistungsfähigkeit und vor allem Produktivität möglichst lange, auch bis ins hohe Alter zu erhalten (Statistisches Bundesamt, 2019b).
2.1.3 Das Altersbild und seine Vorurteile: weg vom Defizit- hin zum Kompetenzmodell
Älteren Mitarbeitern und auch jüngeren Arbeitnehmern eilt ein Bild voraus, das oft mit Vorurteilen behaftet ist. So wird Jüngeren eine höhere Produktivität als auch mehr innovatives Denken zugeschrieben. Älteren Mitarbeitern werden jedoch diskriminierende Stigmata wie zum Beispiel geringere Leistungsbereitschaft und sinkende Motivation unterstellt. Als Erklärung hierfür scheinen eine lang zurückliegende Ausbildung und veraltete Bildungsabschlüsse logisch, weshalb sich Arbeitgeber eher für einen „Young Professional“ entscheiden. Jedoch gehen die Vorteile, die durch die Erfahrung und das Wissen älterer Mitarbeiter erzielt werden können, dadurch verloren. Die Einstellung gegenüber Älteren ist in der Alltagspsychologie weitestgehend immer noch vom Defizitmodell geprägt, obwohl dies schon längst als überholt gilt (Sickendiek, Engel & Nestmann, 2008, S.38). Das Defizitmodell beschreibt einen kontinuierlichen Rückgang kognitiver Fähigkeiten mit dem Alter. Dieser Schwund ist unaufhaltbar, unabhängig von Person und sozialem Milieu. Fähigkeiten und Fertigkeiten bilden sich laut frühen gerontopsychologischen Forschungen (zum Beispiel Miles, 1933; Yerkes, 1921) demnach bis zum 50. Lebensjahr aus. Dieser Lernprozess ist danach beendet und körperliche, geistige und soziale Fähigkeiten können nur noch abfallen. Dieses Denken entwickelt sich nach dem ersten Weltkrieg und erlebt seinen Zenit in den 1960er Jahren. Auf dem Arbeitsmarkt dieser Zeit werden älteren Arbeitnehmern vor allem die Attribute „mangelnde Produktivität“, „körperliche Eingeschränktheit“ und „gesundheitliche Probleme“ zugeschrieben. Sie gelten als eingefahren, langsam und verschlossen gegenüber neuen Arbeitsweisen. Der Fokus der Personalpolitik nach dem Defizitmodell, liegt also auf der Förderung und Akquise von jungen, leistungsstarken und aktiven Arbeitnehmern.
Die Ansichten des Defizitmodells sind heutzutage nicht mehr aktuell. Es wird schon in den 80er Jahren nach starker Kritik wiederrufen. Die frühen Forschungen werden vor allem auf Grund ihrer einseitigen Erhebung kritisiert. Sie setzen nur einfache, für die damalige Zeit mit Arbeit in Verbindung stehende Faktoren, mit Intelligenz in Verbindung und untersuchen den Zusammenhang mit Alter. Dabei verwenden sie leicht messbare Intelligenzfaktoren, wie zum Beispiel Reaktionszeit und körperliche Belastbarkeit. Natürlich schneiden Jüngere in diesem Vergleich besser ab. Miles (1933) nimmt den Vergleich der Mittelwerte als Anlass den Prozess des Alterns als generelle Norm zu verstehen, und lässt dabei die Ausreißer der Mittelwerts-Verteilung vollkommen außer Acht. Diese sind jedoch ein Indiz dafür, dass es sehr wohl Unterschiede zwischen Individuen gleichen Alters gibt und das der Alterungsprozess personenspezifisch unterschiedlich verläuft. Das Defizitmodell wird von dem Kompetenzmodell abgelöst, trotzdem sind die alten Denkweisen bis heute noch weit verbreitet. Altern ist jedoch kein Abbauprozess, sondern ein individueller Veränderungsprozess (Lehr & Thomae, 1987, S.324). Genau hier knüpft das Kompetenzmodell an, das eine andere Sichtweise auf den Alterungsprozess aufzeigt. Das Schwinden von Kompetenzen oder Fähigkeiten hat weniger mit dem Alter, sondern mit der Bildung zu tun. Jeder Mensch besitzt Fähigkeiten die durch das Alter eher verbessert werden können, oder mit dem Alter gar neu erlernt werden (lebenslanges Lernen). Das Sinken von Fähigkeiten ist stark durch Umwelteinflüsse geprägt, zum Beispiel durch private oder berufliche Last. Das negativ behaftete Altersbild ist also unbegründet (Maintz, 2003, S. 44).
2.1.4 Leistungsfähigkeit älterer Mitarbeiter
Der Begriff „Alter“ wird oft negativ assoziiert. Der älteren Belegschaft wird häufig ein verringertes Leistungsniveau unterstellt. Dieser Stereotyp des älteren Mitarbeiters als „Problemfall“ führt oftmals zur Diskriminierung in der Personalpolitik. So werden ältere Mitarbeiter zum Beispiel bei Weiterbildungsmaßnahmen häufig nicht berücksichtigt (Menges, 2000, S. 56). Diese Denkweisen sind jedoch unbegründet. Mehrere Studien kommen zur Erkenntnis, dass Leistungsfähigkeit und -wille, sich mit dem Alter zwar verändern, jedoch nicht zwingend abnehmen. Fähigkeiten können auch gleichbleiben oder sich sogar erhöhen (Böhne, 2008, S.50). Ältere Mitarbeiter haben lediglich ein anderes Leistungsspektrum als jüngere. Die wohl auffälligste Veränderung ist bei der physischen Leistungsfähigkeit zu erkennen. Tatsächlich nimmt die körperliche Belastbarkeit, die Muskelkraft und die Flexibilität im hohen Alter ab. Ausschlaggebend ist dafür jedoch weniger das kalendarische Alter, sondern die individuelle Lebens- und Erwerbsgeschichte, sowie die damit verbundene körperliche Betätigung (Veen, 2008, S. 40). Hinsichtlich der Motorik sind die ersten Einbußen ab in etwa dem 40. Lebensjahr zu erkennen. Die Beweglichkeit und Reaktionsfähigkeit nehmen ab und die Muskulatur verliert ihre Leistungsfähigkeit um circa 30 Prozent. Für die Durchführung einer Tätigkeit benötigt es jedoch, über das gesamte Arbeitsleben eines Menschen, nur etwa 50 Prozent der Muskelkraft (Hess-Gräfenberg, 2004, S. 162). Auch die Ausdauer geht erst ab dem Alter von 50 Jahren allmählich zurück. Ein echter Verlust ist aber erst ab 70 Jahren, also erst im Rentenalter zu sehen. Die körperliche Leistungsfähigkeit baut sich zwar mit dem Alter ab, im Zeitalter der Technologisierung verliert sie jedoch in der Arbeitswelt immer mehr an Wichtigkeit (Menges, 2000, S. 151 ff). Die älteren Mitarbeiter sind daher sehr wohl fähig, im Arbeitsalltag, mit den üblichen Anforderungen mitzuhalten (Herrmann, 2008, S. 20f). Die kognitive Leistungsfähigkeit, also die geistigen Fähigkeiten, können anders als die physischen Fähigkeiten, im Laufe des Alterungsprozesses sowohl zu- als auch abnehmen. Ältere Mitarbeiter können somit Defizite, die sie in manchen Bereichen haben, durch andere geistige Fähigkeiten, wie Erfahrungswissen, ausgleichen und dadurch auch im Alter immer noch eine hohe kognitive Leistungsfähigkeit besitzen. Geistige Fähigkeit wird zum einen von der Intelligenz bestimmt, wobei Carroll (1993) in der „Three-Stratum-Theory“ zwei Dimensionen beschreibt, die sich aus den Intelligenzforschungen von Cattell (1923) und Horn (1966) ableiten. Die „kristalline“- und die „fluide Intelligenz". Die Forschung belegt heute, dass fluide Intelligenz mit dem Alter zurückgeht, kristalline Intelligenz jedoch zunimmt (Korrf, Biemann & Voelpel, 2009, S.44). Kristalline Intelligenz meint dabei Leistungen wie logisches Denken, Rechenfertigkeit oder Wortverständnis. Diese Form von Intelligenz kann also als pragmatisches Wissen bezeichnet werden, das von Kultur und Bildung bedingt ist und durch Üben verbessert werden kann. Ältere Mitarbeiter können ihre kristalline Intelligenz also nicht nur bewahren, sie kann sogar gesteigert werden. Als fluide Intelligenz wird das flexible Verarbeiten von Informationen bezeichnet. Dazu zählen Bereiche wie Genauigkeit, Geschwindigkeit und Koordination. Durch fluide Intelligenz wird die Aufnahme von neuen Aspekten, abstraktes Denken und eine schnelle Lösungsfindung möglich, wobei das Rückgreifen auf Erfahrungen nicht nötig ist. Fluide Leistung erreicht, wie in Abbildung 3 zu sehen, mit dem 20. Lebensjahr ihren Höhepunkt, nimmt dann ab und verlangsamt. Mit dem Alter sinkt die Fähigkeit viele Informationen gleichzeitig zu verarbeiten (Bruch & Kunze, 2007, S. 73ff).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3. Verlauf der fluiden- und kristallinen Intelligenz (eigene Darstellung, nach Bieling, 2011, S.42).
Trotz der sinkenden Leistungsfähigkeit im Bereich der fluiden Intelligenz, gibt es Möglichkeiten, die individuell vorhandenen Kompetenzen der älteren Mitarbeiter einzusetzen. Dabei sollten sie eher für Tätigkeiten verantwortlich sein, bei denen sie auf ihre Erfahrungen zurückgreifen- und jüngere Mitarbeiter von ihrem Wissen profitieren können. Im Gegensatz dazu überfordern ältere Arbeitnehmer oft Aufgaben, bei denen sie in kürzester Zeit eine Flut von neuen Fähigkeiten erlernen müssen. In der Praxis stoßen diese, in der Theorie einfach erscheinenden Empfehlungen, jedoch oftmals an die Grenzen der Unternehmen. Organisationen sind meist nicht flexibel genug, durch die Unternehmensgröße oder mangelnde Vielfalt der vorhandenen Arbeitsplätze, ihre Mitarbeiter dem Alter entsprechend einzusetzen. Grundsätzlich ist jedoch festzustellen, dass ältere Mitarbeiter die Nachteile von sinkender fluider Intelligenz durch ihren Erfahrungsschatz kompensieren können (Korff et al., 2009, S.45). Ausschlaggebend für Leistungsfähigkeit sind zudem auch die Arbeitsbedingungen. Eine sinkende Leistungsfähigkeit ist nicht nur auf das Alter zurückzuführen, auch das Umfeld spielt eine Rolle. Laut der „Disuse-Hypothese“, gehen Fähigkeiten zurück oder gar verloren, wenn sie nicht benutzt werden. Sind Arbeitsbedingungen also so gestaltet, dass über mehrere Jahre nur bestimmte Kompetenzen gebraucht werden, also nur eine Tätigkeit ausgeübt wird, so verkümmern die anderen Kompetenzen mit der Zeit (Böhne, 2008, S.52). Vor allem bei körperlicher Betätigung führt eine Übernutzung durch jahrelange monotone Arbeit, zu körperlicher Abnutzung und der Nichtgebrauch von Fähigkeiten ebenfalls zu einem Rückgang (Korff et al., 2009, S.45). Verlieren Mitarbeiter also in manchen Bereichen ihre Fähigkeiten, so bietet sich an, genau diese fehlenden Kompetenzen zu fördern.
Mit dem Alter geht die Leistungsfähigkeit letztendlich nicht zurück, es verändert sich bloß die Leistungsspanne. Die Einsatzfähigkeit verschiebt sich, aber nicht das Leistungsniveau. Jung und Alt sind also gleichermaßen leistungsfähig. Es muss nur die Arbeitsgestaltung an die, sich mit dem Alter veränderten Fähigkeiten angepasst werden. Deshalb ist es notwendig, sich auch dem älteren Teil der Arbeitnehmer zu widmen, sich mit ihrer Motivation, ihrer Arbeitszufriedenheit und Anreizsystemen zu beschäftigen (Wolff, 2001, S.21f).
2.2 Arbeitsmotivation
Die Arbeitsmotivation bildet wohl den wichtigsten Teil der Arbeits- und Organisationspsychologie, da sie in einem direkten Zusammenhang mit Leistung steht (Weinert, 2004, S. 188). Motivation kann auf das lateinische Wort „movere“ zurückgeführt werden und bedeutet so viel wie antreiben oder bewegen (Rosenstiel, 2015, S. 6). Dieses Konstrukt kann als die nicht beobachtbare Bereitschaft (Disposition) eines Individuums verstanden werden, ein Ziel mit Hilfe von eigener Kraft und Zeit zu erreichen. Diese Dispositionen werden auch Handlungstendenzen genannt, nach denen Situationen von jedem Individuum auf eigene Art und Weise wahrgenommen werden und nach diesen sich das Handeln formt. Diese geformten und über Situationen und Zeit hinweg bestehenden Handlungstendenzen sind das, was in der Literatur als Motiv bezeichnet wird. Motivation entwickelt sich aus einem Motiv heraus und entsteht nur dann, wenn eine zum Motiv passende Situation erlebt wird. Heckhausen definiert den Begriff Motiv „als ein Selbstbekräftigungssystem, in dem das Individuum eine einmal entwickelte, Voreingenommenheit des Bewertens und Handelns immer wieder selbst konditioniert“ (Heckhausen, 1975, S.109). Theorien der Arbeitsmotivation versuchen Erklärungsansätze zu liefern, um Beweggründe des Arbeitsverhaltens aufzuzeigen. Es soll zum Beispiel geklärt werden, warum Menschen überhaupt Arbeiten, welche Anreizsysteme es gibt und warum Individuen bei unterschiedlichen Bedingungen besser oder schlechter Arbeiten und vor allem wie leistungsorientiertes Handeln aktiviert werden kann (Scheffer & Heckhausen, 2010, S. 43). Arbeitsmotivation ist also als die Kraft zu verstehen, die das Arbeitsverhalten hinsichtlich der Stärke des Engagements steuert (Heckhausen & Heckhausen, 2010, S.3).
2.2.1 Bedürfnisse und Motive
Die Inhaltstheorien der Arbeitsmotivation versuchen die Ursache von Motivation zu erklären und gehen davon aus, dass Motivation determiniert von Bedürfnisbefriedigung ist. Ein Bedürfnis entsteht aus einem empfundenen Defizit heraus und beschreibt den Wunsch einer Behebung dieses Mangels. Heckhausen und Heckhausen (2006) definieren ein Bedürfnis als Missverhältnis zwischen einem aktuellen „Ist-Wert“ und einem gewünschten „Soll-Wert“. Diese Diskrepanz zwischen „Soll“ und „Ist“ erzeugt Spannungen, weshalb das Handeln eines Individuums in Richtung der Bedürfnisbefriedigung ausgelegt ist. Die Bedürfnistheorie geht also davon aus, dass solche nicht befriedigten Bedürfnisse den Anreiz für Verhalten geben, also Motivation erzeugen (Heckhausen & Heckhausen, 2006, S. 54f).
2.2.1.1 Grundlegende Motivationstheorien
Murray beschreibt in seiner „needs and press Theorie“ aus dem Jahr 1938 , ein selbstständig handelndes, aber auch umweltgeprägtes Individuum. Um das Verhalten einer Person zu verstehen, müssen laut Murray also die inneren Antriebe („needs“), sowie die Situation an sich („press“) beleuchtet werden. „Needs“ und „press“ interagieren ständig miteinander, wobei situative Reize als Bedrohung, Anziehung oder Ablenkung wirken können. Die „needs“, also individuelle Bedürfnisse, geben dann Ausschlag darüber, ob Situationen aufgesucht oder erzeugt werden. Menschliches Verhalten ist demnach von Befriedigung von Bedürfnissen bestimmt (Murray, 1938, S.208,387,505). Das wohl meist verbreitete Modell zur Kategorisierung der Bedürfnisse stellt die „Hierarchie der Bedürfnisse“ von Maslow (1954) dar. In dieser Pyramide, die in Abbildung 4 dargestellt ist, werden die Bedürfnisse hierarchisch in fünf Stufen klassifiziert. Die einzelnen Stufen bauen aufeinander auf, wobei eine obere Stufe erst durch die Befriedigung der unteren Stufen erreicht werden kann. Die grundlegende Stufe der Hierarchie, auf die alle weiteren Ebenen aufbauen, bilden dabei die physiologischen Bedürfnisse. Es handelt sich hier um die sogenannten Grundbedürfnisse, wie Nahrung oder Obdach. Die nächsthöhere Stufe stellt den Wunsch nach Sicherheit dar, gefolgt von sozialen Bedürfnissen wie zum Beispiel den Wunsch nach Bindung und das Streben nach positiver Beachtung. Die vierte Kategorie beinhaltet das Bedürfnis nach Wertschätzung, Status und Prestige. Selbstverwirklichung stellt nach Maslow die höchste Stufe in der Hierarchie der Bedürfnisse dar (Maslow, 1954, S.35ff).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4. Die Hierarchie der Bedürfnisse (eigene Darstellung, nach Maslow, 1954, S.35).
Im Zentrum steht für ein Individuum also, Fähigkeiten zu erlernen und Lebensziele zu erreichen. Laut Maslow wirkt das Gelangen auf eine nächsthöhere Stufe als Motivation hinter Handlungen, wobei erst die Befriedigung höherer Bedürfnisse als leistungsmotivierend bezeichnet werden kann (Maslow, 1959, S.35ff). Maslow gilt zwar als Pionier der Bedürfnisforschung, jedoch wird sein Modell heute als überholt angesehen. Die Einteilung in die Hierarchie der Bedürfnisse ist unpräzise und kann nicht empirisch belegt werden. Unterschiedliche Meinungen gibt es auch darüber, ob Motive beziehungsweise Bedürfnisse erst erlernt werden oder gar angeboren sind (Semmer & Udris, 2007, S.163).
McClelland ist der Ansicht, dass Bedürfnisse nicht angeboren sind, sondern erst durch die soziale Umwelt und die Interaktion mit dieser erlernt werden. Zur Klassifizierung von Motivation kategorisiert McClelland in seiner „Theorie der erlernten Motivation“ (1961) im Gegensatz zu Maslow, die Motive nicht in einer Hierarchie, sondern beschränkt sich auf drei Bedürfnisarten: „need for affiliation“ (Anschlussmotiv), „need for power” (Machtmotiv) und „need for achievement” (Leistungsmotiv). Die Ausprägung dieser drei Schlüsselbedürfnisse ist für jedes Individuum anders und auch die Priorisierung unterscheidet sich. Das Anschlussmotiv beschreibt das Bedürfnis nach zwischenmenschlichen Beziehungen und Zugehörigkeit, also den Wunsch des Aufrechterhaltens oder Herstellens sozialer Kontakte, weshalb im beruflichen Kontext vor allem Wertschätzung durch Kollegen und Führungskräfte motivationsfördernd sind. Unter dem Machtmotiv ist der Wunsch zu verstehen, Einfluss über Andere zu erlangen. Das Leistungsmotiv, also die Erlangung eines Ziels durch eigene Kraft, wird vor allem durch den Wusch auf Erfolg beziehungsweise die Angst zu Versagen gesteuert (McClelland, 1961, S.37-61).
Ziele werden nicht immer erreicht, sie können bekanntlich auch verfehlt werden. Die Hoffnung auf Erflog und die Angst zu scheitern existieren nicht nur bei dem Leistungsmotiv. Im Hinblick auf soziale Beziehungen zum Beispiel, kann ein wiederholtes Scheitern beim Aufbau von Beziehungen und häufige Zurückweisung zu chronischer Angst vor sozialer Interaktion führen. Motive können also auch hinsichtlich ihrer Orientierung betrachtet werden. Ist ein Individuum auf Erfolg orientiert, so motiviert ihn das Erreichen eines für ihn positiven Ziels. Anderseits gibt es auch die Motivation durch Vermeidung, also einem Schaden entgegenzuwirken und Misserfolge zu umgehen (Semmer & Meier, 2004, S.601). Atkinson (1964) beschreibt in seinem „Risiko-Wahlmodell“ das Hoffen auf Erfolg und die Angst vor Misserfolg in Bezug auf das Leistungsmotiv. Er stellt die Zusammenhänge, dass die Zielsetzung von der Erfolgswahrscheinlichkeit, sowie von einem Anreiz (Freude, Stolz, Ärger, Scham) abhängt, graphisch in einem Modell dar. Mit dem Risiko- Wahlmodell wird es möglich, Vorhersagen über die Auswahl verschiedener Leistungsalternativen in spezifischen Situationen zu treffen. In Abbildung 5 wird die Leistungsmotivation mit der subjektiven Aufgabenschwierigkeit in Zusammenhang gebracht. Die Erfolgswahrscheinlichkeit ist umso größer, je leichter die Aufgabe ist.
Der Anreiz auf Erfolg steigt jedoch mit Schwierigkeit der Aufgabe. Die Motivation ist dann am größten, wenn die Erfolgswahrscheinlichkeit und der Anreiz auf Erfolg in etwa gleich sind (Atkinson, 1964, S. 168).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5. Das Risiko-Wahlmodell (Atkinson, 1964, S.168).
Atkinson stellt also dar, dass Individuen, die sich am Erfolg orientieren, am stärksten durch Aufgaben von mittlerem Schwierigkeitsgrad motiviert werden. Im Gegensatz dazu wählen misserfolgsorientierte Personen meist sehr einfache oder sehr schwierige Aufgaben aus, da es so nicht möglich ist, Feedback über ihre tatsächliche Leistungsfähigkeit zu erhalten. Das Scheitern bei relativ einfachen Aufgaben ist sehr unwahrscheinlich, wohingegen der Misserfolg bei sehr schwierigen Aufgaben als weniger schlimm erachtet wird (Atkinson, 1975, S.360). McClelland und Kollegen (1953) berichten anfänglich sogar von einem vierten Hauptmotiv, „motive to avoid failure“, also der Angst zu versagen, verwerfen dieses Motiv jedoch später wegen unzureichender empirischer Belegbarkeit und es bleibt bei den drei Hauptmotiven (McClelland, Atkinson, Clark & Lowell, 1953, S.214). Kehr (2002) befasst sich ebenfalls mit der Orientierung an Erfolg und Vermeidung und ergänzt die drei Bedürfniskategorien von McClelland (1961) auf sechs Motivklassen. Das soziale Motiv wird hier als die Hoffnung auf Zugehörigkeit und die Angst vor Abweisung verstanden. Das Machtmotiv definiert er als Hoffnung auf Kontrolle und Angst vor Verlust dieser Kontrolle. Ist ein Individuum vom Leistungsmotiv geleitet, so treibt es die Hoffnung auf Erfolg, sowie im Gegensatz dazu die Angst vor Misserfolgen. (Kehr, 2002, S.57).
Neben der Orientierung gibt es noch eine weitere Sichtweise auf Motive. Motive können als „implizit“ oder „explizit“ verstanden werden. Implizite Motive werden schon früh erlernt und entwickeln sich durch emotionale Erfahrungen. Sie können somit als langfristige Verhaltensmuster verstanden werden. Implizite Motive, ihre Anreize, sowie die daraus folgenden Handlungen, werden nicht bewusst wahrgenommen. Die Prozesse geschehen weitestgehend automatisch, ohne Selbstreflexion oder Verhaltenskontrolle. Explizite Motive prägen sich erst später heraus. Sie beruhen auf kognitiven Erfahrungen eines Individuums mit der eigenen Person, dem Umfeld und den vermittelten Werten (McClelland, Koestner & Weinberger, 1989, S.697). Explizite Motive sind also Selbstbilder, mit denen sich eine Person identifizieren kann. Diese Vorstellungen über die eigenen Motive, sind jedoch nicht immer auch die tatsächlichen Auslöser von Handlungen. Während implizite Motive eher für spontanes Verhalten oder dauerhafte Handlungsroutinen sorgen, treten explizite Motive meist bei kurzfristigen Urteilen über Situationen auf. Individuen können diese Bewertungen bewusst wahrnehmen und kontrollieren, sie also auf ihr Selbstbild, sowie darauf, wie sie von der Umwelt wahrgenommen werden wollen, abstimmen. Diese Trennung zwischen inneren- und äußeren Motiven sieht das Forscherteam um McClelland besonders deshalb als notwendig, da empirische Untersuchungen bei indirekter Motivmessung (Bilder-Geschichten-Tests) und direkter Motivmessung (Selbstbericht durch Fragebogen) zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen, obwohl beide Messinstrumente dasselbe Motiv abprüfen sollen (McClelland et al., 1989, S.691). Bei direkter, also expliziter Befragung ist die Ausprägung der Motive dann am stärksten, wenn die Person kurze Zeit zuvor eine zum Motiv passende Handlung ausgeführt hat. So ist es zum Beispiel denkbar, dass ein Mitarbeiter, der gegenwärtig Leistung erbracht hat, sich bei einer Befragung ein hohes Leistungsmotiv unterstellt (McClelland et al., 1989, S.692). Implizite- und explizite Motivsysteme unterscheiden sich also nicht nur, sie stimmen häufig nicht überein und widersprechen sich sogar manchmal. Implizite Motive beziehen sich auf die eigene Person, weshalb von einem Wettkampf mit sich selbst gesprochen werden kann. Explizite Motive entstehen eher aus einem Wettkampf mit anderen Personen, also den Normen und Werten aus der Umwelt und dem Erhalt des Konzepts über sich selbst. Hier entsteht meist eine Diskrepanz, die sowohl positiv als auch negativ wirken kann. Ist eine Person zum Beispiel extrovertiert, so wird die Befriedigung von sozialen Bedürfnissen leichter realisierbar. Andersherum wirkt das implizite Motiv der Introversion wahrscheinlich gegen das explizite Macht- oder das Anschlussmotiv. Wegen dieser oft fehlenden Kongruenz ist es so zum Beispiel möglich, dass Führungskräfte, obwohl sie von sich selbst behaupten würden, Menschen gerne zu leiten, feststellen, dass ihnen die Position und die damit verbundene Pflicht Einfluss auf andere auszuüben, gar nicht gefällt. Die mangelnde Übereinstimmung verlangt ein hohes Maß an Selbstkontrolle und führt zu Motivationskonflikten, die auf Dauer chronisch und emotional stark belastend werden können. Um beide Motivsysteme in Einklang zu bringen, empfiehlt sich Training oder Therapie (McClelland et al. 1989, S.700).
2.2.1.2 Die Hauptmotive nach Deci und Ryan (1985): Kompetenz, Autonomie und soziale Eingebundenheit
Die Limitierung der Bedürfnisse auf nur wenige Kategorien dient dazu, die psychologischen Vorgänge nachvollziehbar zu machen und menschliches Verhalten einfacher zu erklären. Deci und Ryan (1985) identifizieren die Schwachstelle der frühen Motivationsforschungstheorien in der Auflistung einer Vielzahl an unübersichtlichen Bedürfnissen und definieren daher in ihrer „Self-Determination-Theory“ (SDT) aus dem Jahr 1993, die auch in dieser Studie im Fokus stehen soll, ebenfalls drei universelle und übergreifende Bedürfnisse (Deci & Ryan, 2000a, S.324). Laut Ihnen sind die psychologischen Bedürfnisse die Treibende Kraft eines Individuums, seine Triebe und Emotionen selbstbestimmt zu steuern (Deci & Ryan, 1993, S.229). Der Zentrale Begriff in ihrer Theorie ist dabei das „Selbst“ eines Individuums, das sich fortlaufend weiterentwickelt und entsteht. Vor allem untersuchen sie den Grad der Selbstbestimmtheit bei motivationalen Handlungen, also ob und inwiefern Verhaltensweisen „[…] vom Selbst und nicht von äußeren und inneren Zwängen hervorgerufen werden […]“ (Deci & Ryan, 1993, S.223).
Deci und Ryan ziehen eine Grenze zwischen angeborenen Grundbedürfnissen und allen weiteren Motiven, die auf diesen Grundstein zurückzuführen sind, jedoch erst durch ein soziales Umfeld entwickelt und geprägt werden (Deci & Ryan, 2000a, S.229). Die drei Hauptbedürfnisse benennen Deci und Ryan als „Kompetenz“, „Autonomie“ und „soziale Eingebundenheit“, wobei alle dieser drei angeborenen Grundbedürfnisse sowohl für implizite als auch für explizite Motive von Bedeutung sind (Deci & Ryan, 2000a, S.231). Kompetenz in diesem Zusammenhang bedeutet, dass jedes Individuum den Wunsch besitzt, Aufgaben mit Erfolg zu bewältigen. Autonomes Handeln meint die freie Wahl von Aufgaben und selbstbestimmte Gestaltung von Aktivitäten. Das Motiv nach sozialer Eingebundenheit beinhaltet das Bedürfnis nach zwischenmenschlicher Interaktion, sowie den Wunsch von seinen Mitmenschen geachtet und geschätzt zu werden. Das Bedürfnis zu einer Gruppe zu gehören steht hier im Fokus (Deci & Ryan, 2000a, S.231 und 252f). Deci und Ryan beschreiben, dass eine Umwelt, in der die Möglichkeit gegeben ist, die drei Grundbedürfnisse zu befriedigen, die Motivation fördert und andersherum bei Nicht-Befriedigung die Motivation gehemmt wird (Deci & Ryan, 1993, S.229). Der Fokus liegt nicht auf der Messung der Ausprägung von Bedürfnissen, sondern auf der Stärke der Befriedigung dieser. Denn laut Deci und Ryan (2000) entsteht ein Motiv aus Situationen und Erfahrungen heraus, die ein Grundbedürfnis unterdrückt haben. Die Unterdrückung eines der Grundbedürfnisse und das Streben nach ausreichender Befriedigung bezeichnet somit die Stärke eines Motivs (Deci & Ryan, 2000a, S. 232).
Für die Arbeitsmotivation ist die Befriedigung des Bedürfnisses nach Autonomie deshalb so wichtig, da selbstbestimmtes Handeln der essentielle Indikator für die Motivation aus dem Inneren heraus ist (siehe Punkt 2.2.3). Dies bewiesen unter anderem Deci, Conell und Ryan (1989) in ihren Feldstudien. Die Experimente unter echten Bedingungen bestätigten, dass die Beachtung des Autonomiemotivs zu einer Verbesserung der Arbeitsergebnisse, sowie zu hoher Motivation und verbesserter Zufriedenheit der Mitarbeiter führt. Die Testpersonen erzielten in der Studie bessere Ergebnisse, wenn ihnen das Gefühl gegeben wurde, sie könnten autonom handeln, im Vergleich zu Kontrolle. Ebenso gibt es einige Studien über den Zusammenhang zwischen dem Kompetenzmotiv und der Motivation. So untersuchen zum Beispiel Deci und Cascio (1972) die Auswirkungen von Feedback. Bekommt ein Mitarbeiter negatives Feedback, so wird seine Kompetenz in Frage gestellt. Die Ergebnisse des Tests belegen, dass die Motivation der Mitarbeiter stärker bei negativem Feedback sinkt, als bekämen sie überhaupt kein Feedback. Auf der anderen Seite steigt die Motivation bei positivem Feedback. Das Bedürfnis sich selbst als kompetent zu erleben ist also direkt mit der Motivation verbunden. Deci und Ryan sehen die Befriedigung der Bedürfnisse nach Autonomie und Kompetenz als die wichtigsten Indikatoren an, damit Motivation entstehen kann. Dennoch spielt auch das Motiv der sozialen Eingebundenheit eine große Rolle. Die Ausprägung der Motive wird durch das soziale Umfeld geformt. Das Forscherteam trifft die Aussage, dass soziale Bindungen ein notwendiges Fundament und Unterstützung für die Motivation aus sich selbst heraus darstellen. Sie bieten ein Gefühl von Sicherheit, das die Entstehung von Motivation wahrscheinlicher und stärker macht. Die drei grundlegenden Motive sind also bei jedem Menschen vorhanden, sie unterscheiden sich lediglich individuell in der empfundenen Stärke. Die Motive werden über die Zeit durch Erfahrungen beeinflusst, wodurch verschiedene Ausprägungen betrachtet werden können (Deci & Ryan, 2000a, S.234ff).
2.2.1.3 Messung von Motiven
Da es verschiedene Motivausprägungen gibt, ist es sinnvoll diese zu Messen, um im Arbeitskontext neue Handlungsspielräume zu schaffen (Schmalt, Langens & Sokolowski, 2005, S.8). Motive sind jedoch nicht direkt beobachtbar und werden von einer Person meist nicht bewusst wahrgenommen, was die Messung erschwert. Neben Fremdbeurteilung und Verhaltensbeobachtung hat sich die Methode der Selbstbeurteilung durchgesetzt. Dabei kann zwischen direkter- und indirekter Befragung unterschieden werden, wobei die indirekte Methode sich eher auf implizite Motive bezieht und die direkte Methode eher explizite Motive misst (McClelland et al., 1989, S.691). Bei direkter Befragung gibt die Testperson mit Hilfe eines Fragebogens an, inwieweit eine dem Motiv entsprechende Verhaltensweise oder ein Erlebnis auf sie zutrifft. Um die Motive durch Fragebögen zu erfassen, können zwei Arten von Verfahren herangezogen werden. Rankingverfahren lassen die Befragten Behauptungen bezüglich Motive hierarchisch anordnen, wohingegen bei Ratingverfahren diese Behauptungen auf einer Skala bewertet werden (Grube, 2009, S.13). Trotz der weiten Verbreitung dieser Messmethode, wird der Selbstbericht häufig kritisiert. Schumacher (2002) bezweifelt, dass Menschen ihre wirklichen Bewegründe hinter Handlungen selbst einschätzen können. Auch besteht die Gefahr, dass die Antworten aufgrund von sozialer Erwünschtheit getroffen werden, also die Aussagen über die eigenen Motive einer kulturell geprägten Gesellschaft angepasst werden (Schumacher, 2002, S. 97). Das Rankingverfahren hat jedoch den Vorteil, dass die Gefahr von sozial erwünschten Tendenzen bei der Bearbeitung des Fragebogens verringert wird. Es bezieht sich allerdings eher auf die intraindividuellen Unterschiede der Motivausprägungen und lässt weniger den Vergleich von Motiven verschiedener Personen zu (Grube, 2009, S.13). Außerdem wird kritisiert, dass Individuen oft ihre Leistungsfähigkeit bewerten und nicht das Motiv das hinter dem Verhalten steht (Heckhausen & Heckhausen, 2006, S.145). Um implizite, unbewusste Motive zu messen, werden projektive Tests angewendet. Eine weit verbreitete Methode ist der „Thematische Apperzeption Test“ (TAT). Bei diesem Verfahren werden den Versuchspersonen Bildergeschichten gezeigt, wobei sie ihre Assoziationen mit den mehrdeutigen Abbildungen schildern sollen. Sie beschreiben, was ihrer Meinung nach auf dem Bild passiert, wer die Personen in der Geschichte sind, was diese Personen wohl denken und fühlen und was ihr Ziel sein mag. Zudem sollen die Probanden vermuten, wie die Situation auf dem Bild entstanden ist und wie die Geschichte wohlmöglich endet. Den eigentlichen Grund der Befragung kennen sie dabei nicht. Es ist somit möglich, dass die Versuchsteilnehmer ihre unbewussten Motive in die, von ihnen erfundene, Geschichte übertragen. Als Murray (1938) den Test entwickelt, ist er der Auffassung, dass Personen, bei einer Einschätzung von mehrdeutigen Situationen, nicht nur Aussagen über das Geschehen, sondern ungewollt auch über ihre eigene Persönlichkeit machen (Rudolph, 2007, S.92). McClelland, Atkinson, Clark und Lowell (1953) belegen diesen Zusammenhang und entwickeln ein standardisiertes Verfahren zur Auswertung des TAT. Dennoch ist der Aufwand der Auswertung sehr hoch und nur von qualifizierten Versuchsleitern durchführbar (McClelland, 1987, S.190). Zudem gilt der TAT auch bezüglich der Objektivität, der Validität und der Reliabilität als umstritten. Vor allem kritisiert wird die geringe Retest-Reliabilität, da bei erneuter Befragung kaum dieselben Geschichten erläutert werden, wie bei erstmaligem Betrachten der dazu gehörigen Bilder (Schneider & Schmalt, 1994, S.33f). Auf Grundlage dieser Kritik werden mehrere neue Messmethoden entwickelt, wie zum Beispiel die Gitter- Methode. Das „Multi-Motiv-Gitter“ (MMG) nach Solokowski, Schmalt, Langens & Puca (2000) zeigt Versuchspersonen, ähnlich wie der TAT, verschiedene, uneindeutige Bilder. Anders als beim TAT soll hier jedoch keine Geschichte erfunden werden, sondern zwischen mehreren vorgegebenen Aussagen über das Bild entschieden werden. Die Probanden werden gebeten die Aussage anzukreuzen, von der sie der Meinung sind, sie würde am besten zu dem gezeigten Bild passen. Beim MMG werden den Teilnehmern 14 Bilder sowie verschiedene Aussagen, die sich jeweils auf andere Motive beziehen, dargelegt. Die Motivausprägung ergibt sich dann aus der Häufigkeit der zu einem Motiv passenden, gewählten Aussage. Das Muli-Motiv-Gitter ist also eine Kombination aus motivanregenden Bildern und einem Fragebogen, und vereint somit Merkmale von impliziten und expliziten Methoden (Schmalt et al., 2005, S.9f).
2.2.2 Anreizsystem Arbeitsbedingungen
Die arbeitszentrierten Theorien der Motivation beschäftigen sich mit den Einflussfaktoren der Motivation als Prozess und untersuchen, wie Mitarbeiter die verschiedenen Faktoren der Arbeit wahrnehmen. Für die Entstehung von Motivation braucht es einerseits ein Motiv und anderseits eine zum Motiv passende Situation, damit dieses Motiv in Handlung umgesetzt werden kann (Heckhausen, 1975, S.109). In Bezug auf Arbeitsmotivation sind also Anreize nötig, die die Motive der Mitarbeiter zur Ausführung der jeweiligen Tätigkeit anregen. Heckhausen und Heckhausen (2006) definieren einen Anreiz als einen situativen Reiz, der den Zustand von Motivation auslösen kann, wobei affektive Reaktionen im Vordergrund stehen. Ob ein Reiz also zu einem Anreiz wird, hängt davon ab welche positiven oder negativen Erfahrungen und Affekte ein Individuum mit diesem Reiz verknüpft (Heckhausen & Heckhausen, 2006, S. 106). Im Arbeitskontext werden solche Anreize durch das Arbeitsumfeld und die jeweiligen Arbeitsbedingungen geschaffen. Kleinbeck und Kleinbeck (2009) beschreiben am Beispiel des Anschlussmotivs, wie unterschiedlich Arbeitsbedingungen auf die Motivation von verschiedenen Menschen wirken können. Wie in Abbildung 6 ersichtlich wird, steigt die Arbeitsmotivation bei den Mitarbeitern, die ein hohes Bedürfnis nach sozialer Eingebundenheit haben, wenn die Arbeitsbedingungen diesem Bedürfnis gerecht werden. Anderseits führt ein Arbeitsumfeld, das den Anreiz für das Anschlussmotiv bietet, bei Personen die keine hohe Ausprägung dieses Motivs besitzen, nicht zu einer Erhöhung der Motivation (Kleinbeck & Kleinbeck, 2009, S.45).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 6. Die Wechselwirkung von Motiv und Anreiz (eigene Darstellung, nach Kleinbeck & Kleinbeck, 2009, S. 45).
Arbeitsbedingungen können als betriebliche Anreizsysteme verstanden werden, um die Mitarbeiter eines Unternehmens zur Erbringung von Leistung zu motivieren. Um die verschiedenen Bedürfnisse zu befriedigen, bedarf es unterschiedlicher Anreizsysteme. Anreize können im beruflichen Kontext von materieller oder immaterieller Art sein. Mit materiellen Anreizen sind hier monetäre Zahlungen, wie zum Beispiel das Gehalt gemeint. Diese monetären Anreize sind die direkte Vergütung für die erbrachte Leistung und stellen somit den wohl wichtigsten materiellen Reiz dar. Auch soziale Zusatzleistungen, wie die Altersvorsorge oder die Gewinnbeteiligung, wie Boni oder Provisionen, zählen zu den materiellen Anreizen. Ein immaterieller Anreiz ist hingegen gegeben durch die Möglichkeit soziale Beziehungen aufzubauen, oder sich selbst im Beruf verwirklichen zu können. Karrierechancen, sowie die Beteiligung an Entscheidungsprozessen oder Anerkennung sind ebenso Faktoren, die einen Mitarbeiter dazu veranlassen können das gewünschte Verhalten zu zeigen (Jung, 2008, S.562). Arbeitsbedingungen können sowohl motivierend als auch demotivierend wirken. Herzberg (1959) ist einer der ersten Forscher, der sich mit dieser Thematik auseinandersetzt und die Wirkung von Arbeitsbedingungen untersucht (Semmer & Udris, 2007, S. 164).
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1 Für die gesamte Arbeit wird der generische Maskulin verwendet, um einen besseren Lesefluss zu gewähren. Selbstverständlich sind hier alle Personen (männlich, weiblich, divers) gemeint.
- Citation du texte
- Elena Rose (Auteur), 2021, Arbeitsmotivation, Arbeitszufriedenheit und Commitment im Alter. Warum Führungskräfte ältere und jüngere Mitarbeiter gleichwertig behandeln sollten, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/918032
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