Das Mittelalter wird gemeinhin als das dunkle Zeitalter bezeichnet, geprägt von einer tiefen Religiosität, einer Jenseitsbezogenheit des Lebens, einer Weltverachtung. Doch wird man mit dieser Vorstellung der Zeit zwischen Antike und Neuzeit auch gerecht, sind die „dark ages“ nicht viel mehr als das? Eine Untersuchung der Wissenschaft und Bildung im Mittelalter könnte auf diese Vorstellungen möglicherweise ein ganz neues Licht werfen. Zuerst wird man mit großer Wahrscheinlichkeit auf Karl den Großen zurückgreifen, der innerhalb der sogenannten „Karolingische Renaissance“ der Bildung in seinem Reich einen ganz neuen Stellenwert verschafft hat. Dass es auch andere Herrscher gab, die sich den Wissenschaften zugewandt haben, zeigt die vorliegende Arbeit anhand der Person Heinrichs II. Zuerst sollen aber hier die geschichtlichen Voraussetzungen erörtert werden, natürlich wird auch Karl der Große in nicht geringem Maße auftauchen. Ferner wird uns Heinrich II. selbst noch interessieren, seine Ausbildung und das spätere Interesse an Wissenschaft, das sich in verschiedenen Ausprägungen darstellt. Darüber hinaus soll noch dargestellt werden, inwieweit sich Heinrichs Vorliebe auf die Großen des Reichs auswirkte, insbesondere die Rolle der Bischöfe soll hier von Interesse sein. Der letzte Punkt der Arbeit soll am ausführlichsten beschrieben werden. Heinrichs Zuwendung zu Wissenschaft und Bildung gipfelte in seiner Bistumsgründung Bamberg, das unter ihm zu einem Zentrum der Wissenschaften aufsteigen sollte. Eine Untersuchung der Bibliotheken, der Domschule und der Skriptorien wird zeigen, ob Bamberg diesen Erwartungen gerecht werden konnte. Bevor wir uns mit der Förderung der Wissenschaft unter Heinrich II. befassen, ist es nötig, zuerst einmal die Arbeit seiner Vorgänger und die Rahmenbedingungen für Wissenschaft im Mittelalter zu erörtern.
Die Schulbildung an Dom- und Klosterschulen verfügt über eine lange Tradition, die bis in die christliche Spätantike zurückreicht, in der schon Augustin bischöfliche Schulen
zur Ausbildung des Diözesanklerus forderte. In der Merowingerzeit fand aber wohl kaum mehr als Elementarunterricht statt. Dies änderte sich mit den Reformen von Chrodegang von Metz in der Mitte der 40er Jahre des 8. Jahrhunderts. Er reformierte die Liturgie für den Kathedralklerus und die ersten Ausbildungsordnungen wurden sichtbar.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1. Die geschichtlichen Voraussetzungen
2. Heinrich II.
2.1 Seine eigene Ausbildung
2.2 Sein Interesse an Wissenschaft
3. Gebildete Bischöfe unter Heinrich II.
4. Bamberg – Zentrum der Wissenschaften
4.1 Preisgedicht auf Bamberg von Gerhard von Seeon
4.2 Die Bibliotheken Bambergs
4.3 Die Domschule von Bamberg
4.4 Skriptorien in Bamberg
4.5 Leistungen Bambergs
Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
Quellenverzeichnis
Einleitung
Das Mittelalter wird gemeinhin als das dunkle Zeitalter bezeichnet, geprägt von einer tiefen Religiosität, einer Jenseitsbezogenheit des Lebens, einer Weltverachtung. Doch wird man mit dieser Vorstellung der Zeit zwischen Antike und Neuzeit auch gerecht, sind die „dark ages“ nicht viel mehr als das? Eine Untersuchung der Wissenschaft und Bildung im Mittelalter könnte auf diese Vorstellungen möglicherweise ein ganz neues Licht werfen. Zuerst wird man mit großer Wahrscheinlichkeit auf Karl den Großen zurückgreifen, der innerhalb der sogenannten „Karolingische Renaissance“ der Bildung in seinem Reich einen ganz neuen Stellenwert verschafft hat. Dass es auch andere Herrscher gab, die sich den Wissenschaften zugewandt haben, zeigt die vorliegende Arbeit anhand der Person Heinrichs II. Zuerst sollen aber hier die geschichtlichen Voraussetzungen erörtert werden, natürlich wird auch Karl der Große in nicht geringem Maße auftauchen. Ferner wird uns Heinrich II. selbst noch interessieren, seine Ausbildung und das spätere Interesse an Wissenschaft, das sich in verschiedenen Ausprägungen darstellt. Darüber hinaus soll noch dargestellt werden, inwieweit sich Heinrichs Vorliebe auf die Großen des Reichs auswirkte, insbesondere die Rolle der Bischöfe soll hier von Interesse sein. Der letzte Punkt der Arbeit soll am ausführlichsten beschrieben werden. Heinrichs Zuwendung zu Wissenschaft und Bildung gipfelte in seiner Bistumsgründung Bamberg, das unter ihm zu einem Zentrum der Wissenschaften aufsteigen sollte. Eine Untersuchung der Bibliotheken, der Domschule und der Skriptorien wird zeigen, ob Bamberg diesen Erwartungen gerecht werden konnte.
1. Die geschichtlichen Voraussetzungen
Bevor wir uns mit der Förderung der Wissenschaft unter Heinrich II. befassen, ist es nötig, zuerst einmal die Arbeit seiner Vorgänger und die Rahmenbedingungen für Wissenschaft im Mittelalter zu erörtern.
Die Schulbildung an Dom- und Klosterschulen verfügt über eine lange Tradition, die bis in die christliche Spätantike zurückreicht, in der schon Augustin bischöfliche Schulen
zur Ausbildung des Diözesanklerus forderte.[1] In der Merowingerzeit fand aber wohl kaum mehr als Elementarunterricht statt. Dies änderte sich mit den Reformen von Chrodegang von Metz in der Mitte der 40er Jahre des 8. Jahrhunderts. Er reformierte die Liturgie für den Kathedralklerus und die ersten Ausbildungsordnungen wurden sichtbar.
Ein halbes Jahrhundert später tritt der wohl wichtigste Vorgänger Heinrichs II. in den Bereichen Bildung und Wissenschaft hervor: Karl der Große. Er berief den Westgoten Theodulf von Orléans und den Angelsachsen Alkuin von York an seine Hofschule in Aachen und brachte damit die hervorragende Bildungstradition des westgotischen Spanien und die Englands in sein Herrschaftsgebiet. An seiner berühmten Hofschule wurde in Verbindung mit der Vita communis lateinisches Wissen gelehrt und vermehrt.
Schließlich erhob Karl der Große Metz zur Musterschule und führte damit die Vorarbeit des Chrodegang zu Ende. Fortan wurde die Klerikerausbildung an dieser Domschule zum Standard für andere Domschulen erhoben. Eine weitere Folge war, dass Bildung nur in Verbindung mit der Vita communis erworben werden konnte, und es tritt deutlich hervor, dass Studien nicht um ihrer selbst willen betrieben wurden, sondern allein als Hilfswissenschaften für die Bibelexegese galten. Darauf ist auch der Umstand zurückzuführen, dass selten Wissenschaft vertieft oder weitergeführt wurde. Die Einteilung der Wissenschaften und somit auch der Studiendisziplinen im Mittelalter geht auf die sieben freien Künste (septem artes liberales) der Antike zurück. Die septem artes liberales wurden in einen Dreiweg (Trivium) und einen Vierweg (Quadrivium) eingeteilt. Die Disziplinen des Triviums waren Grammatik, Rhetorik und Dialektik, die Elementarwissenschaften; zum Quadrivium zählten die mathematischen Fächer Arithmetik, Geometrie, Musik und Astronomie.[2]
Karl der Große forderte auf einer Synode in Aachen im Jahre 789 jeden Bischof auf, in seiner Stadt eine Schule für den Elementarunterricht einzurichten. Dies hatte weitreichende Folgen. Man begann antikes Wissen zu übernehmen und weiterzugeben, vor allem durch die Lektüre und Kommentierung des Boethius[3], die Grammatik wurde zum wichtigsten Studienfach und man versuchte durch das Studium klassischer lateinischer Texte die Beherrschung der lateinischen Sprache zu verbessern. Es wurden sowohl heidnische – Terenz, Vergil, Horaz, Lucan, Statius, Martial, Juvenal – als auch christliche – Juvencus, Sedulius – Autoren gelesen.
Bibliotheken und Skriptorien wurden auf- und ausgebaut, dies führte zu Leihverkehr und Kopistentätigkeit. Und nicht zuletzt wurde Bildung zu einem Auswahlkriterium für die Besetzung von Bischofsämtern.[4]
Diese im 9. Jahrhundert geschaffene Bildungsreform lebte bis in ottonische Zeit und darüber hinaus weiter und legte den Grundstein für Lehre und Wissenschaft im Hoch- und Spätmittelalter. Darüber hinaus bildeten die Grundsätze der Hofschule Karls des Großen in Aachen die Grundlage für das geistige Leben in Bamberg.[5]
2. Heinrich II.
2.1 Seine eigene Ausbildung
Heinrich II. hatte schon früh Zugang zu den wichtigsten der damaligen Wissenschaften. Von seiner Familie für ein geistliches Amt bestimmt, genoss er in seiner Jugend eine intensive Ausbildung an der Domschule von Hildesheim. Dort wurde er vor allem in Rhetorik, Grammatik, Theologie und kanonischem Recht ausgebildet[6] ; seine Ausbildung bezeichnet R. Schieffer als „Unterweisung in der canonicatus regula“[7]. Als Lehrer von Heinrich II. ist uns Thangmar überliefert, der von Bischof Osdag in Hildesheim eingesetzt wurde.[8] Thangmar war in Hildesheim für den Elementarunterricht zuständig. Ferner ist uns der Heilige Wolfgang als Lehrer Heinrichs II. bekannt.[9]
Von dieser Ausbildung in Hildesheim erfahren wir auch aus der 1147 verfassten Vita sancti Heinrici.[10]
2.2 Sein Interesse an Wissenschaft
Dieser frühe Kontakt mit den Wissenschaften könnte als Grundlage für sein späteres Verhältnis zu Bildung und Wissenschaft angesehen werden.
Schon seinen Zeitgenossen war wohl die hohe Bildung von Heinrich II. bekannt, bezeichneten sie ihn doch als litteratus.[11] Er konnte nachweislich lesen und sehr wahrscheinlich auch schreiben.[12] Josef Kirmeier bezeichnet ihn als „einen vergleichsweise intellektuellen Kaiser“.[13]
Bücher waren für Heinrich II. sehr wichtig; dies zeigt sich nicht nur an seinen Bemühungen, die Bamberger Bibliothek aufzubauen. Mehrere Werke enthalten Widmungen an ihn. Codices wurden mit Versen geschmückt, die direkt an Heinrich II. gerichtet waren oder aber ihn als Stifter nennen. Auch die Brieftraktate des Diakons Bebo sowie die jüngere Mathildenvita enthalten Widmungen an ihn. Außerdem erfahren wir vom Verfasser der jüngeren Mathildenvita, dass Heinrich viele Bände mit Heiligenleben gelesen habe und die „freimütige Rede und die Sittenreinheit“ des Ambrosius schätzte. Diese Angabe legt nahe, dass er wohl auch selbst Werke des Ambrosius gelesen hat. Ferner kann man aus Arengen von Urkunden herauslesen, dass Heinrich II. mit den Moralia Gregors des Großen vertraut war, einem theologischen Kommentarwerk, welches in ottonischer Zeit sehr populär war.
Neben seiner Lesebegeisterung ist von Heinrich II. auch ein Schreibauftrag überliefert, der sehr wahrscheinlich an ein Mitglied seiner Hofkapelle gerichtet war. Der Beauftragte wird als discipulus bezeichnet und sollte eine Schrift gegen den jüdischen Konvertiten Wecelin verfassen. Trotz der Bezeichnung als „Schüler“ gab es unter Heinrich II. keine Hofschule; dennoch wirkte er stark auf die Geistlichen an seinem Hofe ein, formte und beeinflusste sie.[14]
Nun liegt der Gedanke nahe, dass Heinrich II. eine bedeutende Hofbibliothek unterhielt, wie es zum Beispiel Karl der Große an seinem Hof tat. Tatsächlich aber entstand unter ihm ebenso keine Hofbibliothek wie auch unter seinem Vorgänger Otto III., obwohl beide als Literaturliebhaber bekannt waren. Dieser Umstand ist allerdings relativ leicht zu erklären. Eine Hofbibliothek setzt eine Herrscherresidenz voraus, da aber die Zeit der Ottonen die Zeit des Reisekönigtums darstellte, war die Unterhaltung einer Hofbibliothek nicht möglich. Aber Heinrich II. fand einen Ausweg und errichtete eine großartige Dombibliothek in Bamberg, davon soll später noch die Rede sein.[15]
[...]
[1] Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf: Joachim Ehlers: Dom- und Klosterschulen in Deutschland und Frankreich des 10. und 11. Jahrhunderts, in: Schule und Schüler im Mittelalter, hrsg. von M. Kitziner, S. Lorentz, M. Walter, Köln 1996, S.29-52; S. 29-33
[2] Josef Kirmeier: Heinrich II. – Katalog zur Bayerischen Landesausstellung 2002, Kapitel 10: Bildung und Wissenschaft, Bamberg 2002, S. 313-326; S. 313
[3] seine Werke werden beschrieben in Michael Bernhard: Boethius im mittelalterlichen Schulunterricht, in: Schule und Schüler im Mittelalter, hrsg. von Martin Kintzinger (Beiheft zum Archiv für Kulturgeschichte 42), Köln 1996, S. 11-29; als Hauptwerk des Boethius gilt Consolatio philosophiae
[4] Ehlers: Dom- und Klosterschulen und Bernd Schneidmüller: Gelehrte Bildung im hochmittelalterlichen Bamberg, in: Haus der Weisheit. Von der Academia Ottoniana zur Otto-Friedrich-Universität Bamberg (Katalog der Ausstellungen aus Anlass der 350-Jahrfeier), hrsg. von Franz Machilek, Bamberg 1998,
S. 46-56; S. 48
[5] siehe Anmerkung 1
[6] Stefan Weinfurter: Heinrich II. (1002-1024). Herrscher am Ende der Zeiten, Regensburg 199, S.26
[7] Rudolf Schieffer: Die Entstehung von Domkapiteln in Deutschland (Bonner historische Forschungen, 43), Bonn 1976, S. 256
[8] Ehlers: Dom- und Klosterschulen, S. 49
[9] Ehlers: Dom- und Klosterschulen, S. 42
[10] Sedes autem episcopalis, Hiltensheim, ubi a puero enutritus et litteras edoctus fuit… in: Marcus Stumpf: Die Vita sancti Heinrici regis et confessoris und ihre Bearbeitung durch den Bamberger Diakon Adelbert, Hannover 1999, S. 267
[11] Hartmut Hoffmann: Mönchskönig und rex idiota. Studien zur Kirchenpolitik Heinrichs II. und Konrads II. (Studien und Texte / MGH Bd. 8), Hannover 1993, S. 118
[12] allg. zur Schreibfähigkeit der Herrscher im Mittelalter siehe: Alfred Wendehorst: Wer konnte im Mittelalter lesen und schreiben?, in: Schulen und Studium im sozialen Wandel des hohen und späten Mittelalters, hrsg. von Johannes Fried (Vorträge und Forschungen. Herausgegeben vom Konstanzer Arbeitskreis für mittelalterliche Geschichte, Band 30), Sigmaringen 1986, S. 9-35
[13] Kirmeier: Heinrich II., S. 314
[14] Hoffmann: Mönchskönig, S. 118f
[15] Hartmut Hoffmann: Bamberger Handschriften des 10. und 11. Jahrhunderts (MGH Schriften 39), Hannover 1995, S. 104
- Quote paper
- Stefanie Leisentritt (Author), 2007, Die Förderung der Wissenschaft unter Heinrich II., Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/91730
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