Dieser Essay gibt eine Übersicht über arbeitende Frauen im Deutschland des 16. Jahrhunderts anhand von drei Textquellen. Quelle 1 ist bezeichnet als „Woman's petition to be allowed to practice medicine, Germany sixteenth century“. Quelle 2 trägt den Titel „Oaths of staff members in city hospitals, Germany sixteenth century“ und Quelle 3 ist das „Besitzverzeichnis einer Frau (als Fürkeuflin/Taxatorin tätig), das nach ihrem Tod erstellt wurde (Nürnberg 1537)“. Alle Quellen liegen in englischer Sprache vor, sind jedoch wahrscheinlich aus dem deutschen Original übersetzt worden.
Bei den Quellen handelt es sich um schriftliche Überrestquellen, die faktisch-normativem Realitätsbezug zuzuordnen sind. Wissenschaftstheoretisch gehören diese eher in den wirtschafts- und sozialgeschichtlichen Rahmen, da hier in erster Linie der Arbeitsbereich und dann die damit verbundene Lebenssituation der Frauen angesprochen wird.
Essay „Frauen im Mittelalter“
Die drei vorliegenden Quellen beziehen sich alle auf das 16. Jahrhundert und gehen inhaltlich grob auf die verschiedenen Berufsausübungen von Frauen ein.
Quelle 1 ist bezeichnet als „Woman`s petition to be allowed to practice medicine, Germany sixteenth century“. Quelle 2 trägt den Titel „Oaths of staff members in city hospitals, Germany sixteenth century“ und Quelle 3 ist das „Besitzverzeichnis einer Frau (als Fürkeuflin/Taxatorin tätig), das nach ihrem Tod erstellt wurde (Nürnberg 1537)“. Alle Quellen liegen in englischer Sprache vor, sind jedoch wahrscheinlich aus dem deutschen Original übersetzt worden.
Bei den Quellen handelt es sich um schriftliche Überrestquellen, die ich faktisch-normativem Realitätsbezug zuordnen würde. Wissenschaftstheoretisch gehören diese eher in den wirtschafts- und sozialgeschichtlichen Rahmen, da hier in erster Linie der Arbeitsbereich und dann die damit verbundene Lebenssituation der Frauen angesprochen wird.
Quelle 1
Der äußeren Form nach handelt es sich bei der ersten Quelle um eine Petition, in diesem Fall um einen Antwortbrief an die zuständigen Behörden (Bürgermeister und Stadtrat) von München. Die Verfasserin heißt Katherina Plumanerin Carberinerin, die einen medizinischen Beruf ausübt. Der Brief ist einen Reaktion auf ein zuvor geschehenes Ereignis und scheint vollständig zu sein. Das Datum des Schreibens ist aus der Quelle nicht ersichtlich, man erkennt nur, dass es im Münchner Stadtarchiv im Gewerbeamt unter der Nr. 1020 und den Namen „Medizinalia Pfuscher“ aufbewahrt wird.
Wenn man sich der inneren Quellenkritik zuwendet, erkennt man direkt den klar strukturierten Aufbau sowie die auffällige sprachliche Umsetzung des Schreibens. Die Petition besteht aus einer Einleitung mit sehr höflicher Anrede, Hauptteil mit der Schilderung des Anliegens sowie Argumentation und dem Schlussteil mit hoffnungsvollem Appell bzw. einer Bitte.
Allein im Einleitungssatz verwendet die Medizinerin sieben höfliche Adjektive, um die zuständigen Herren der Stadtverwaltung anzusprechen: „honorable, just, careful, highly educated, wise, gracious, serving“. Im gesamten Verlauf des Briefes weicht sie nicht von dieser „Formel“ ab. Zudem benutzt die Verfasserin mehrmals Bezüge zu Gott/ dem christlichen Glauben. Sich selbst zeigt sie dabei als bescheiden und gehorsam.
Mit ihrem Schreiben reagiert Katherina auf einen Beschluss vom „17. Dezember letzten Jahres“, dessen Auszug der Stadtrat ihr vorbeigebracht hatte. (Sie hält es für notwendig, die unhöfliche Wortwahl des Mannes zu erwähnen.) Sie schildert den Inhalt des besagten Beschlusses sowie ihre Meinung darüber. Es wurde ihr nämlich das Praktizieren als Medizinerin verboten. Diese Entscheidung hält sie für einen böswilligen Vorsatz, da keine Schuld auf ihr selbst laste. Ferner empfindet sie den Beschluss als „seltsam und absolut bedauerlich“. Danach folgt Katherinas Darstellung der Situation, ihre „Verteidigung“ und Argumentation. Sie versichert, dass sie ihre von Gott gegebenen Fähigkeiten zur Behandlung von Menschen nur dann nutzt, wenn sie ausdrücklich darum gebeten wird. Sie macht für sich keine „Werbung“, zwingt niemandem ihre Dienste auf. Noch einmal betont sie die christliche Nächstenliebe, aus welcher sie handelt und niemandem, der um Hilfe ersucht, diese verweigern könnte. Außerdem habe sich noch keiner der von ihr Behandelten sich jemals über die Medizinerin beschwert. Ferner vermutet Katherina, jemand von den Ärzten, Apothekern oder Feldscherern könnte sich aus purem Neid über sie beschwert haben. Als einen der möglichen Gründe dafür nennt sie das Vertrauen, das Frauen schon immer zu anderen Frauen, vor allem in solchen Angelegenheiten wie Gesundheit, hatten. Sie betont, dass Ehemänner in Notsituationen ihre Ehefrauen auch Medizinerinnen anvertrauen würden, wenn die geliebte Person dringend Hilfe benötigen sollte. Zum Schluss des Hauptteils versichert sie, dass sie durch ihre Fähigkeiten und Kenntnisse den um Hilfe Ersuchenden diese auch gewähren wird und verweist wiederum auf das Zitat aus dem Evangelium nach Lukas: „we should help pull an ox out of a well it has fallen into on Sunday.“
Am Ende der Petition erklärt Katherina, dass sie, wie auch bisher immer der Fall war, allen Anweisungen und Verordnungen folgen wird und für ihr Praktizieren als Medizinerin nicht werben wird. Der christlichen Tradition entsprechend wird sie weiterhin Kranke behandeln, wenn sie sie darum bitten, denn die Fähigkeit zur Heilung betrachtet sie als Geschenk Gottes an sie. Im Schlusssatz appelliert die Verfasserin noch einmal an die zuständigen Herren, nicht auf die böswilligen Gerüchte, die aus Neid entstanden sind, zu hören und diesen keinen Glauben zu schenken. Sie hofft auf die Vernunft und Weisheit der Adressaten bei der Entscheidung in dieser Angelegenheit.
Was könnte der Grund dafür sein, dass Katherina Plumanerin Carberinerin beim Stadtrat angezeigt wurde? Wie man aus der Quelle schlussfolgern kann, durfte eine Frau nicht öffentlich verkünden, dass sie Medizin praktiziert und, wenn man es mit heute vergleichen würde, eine Art Praxis für Patienten haben durfte. Es ist nicht eindeutig klar, ob die männlichen „Kollegen“ der Frau sie tatsächlich aus Neid angezeigt oder Gerüchte über sie verbreitet haben, doch es deutet schon darauf hin. Sie sahen sie als direkte Konkurrenz an. Sie behandelt Menschen, die sie darum bitten, und laut ihrer Aussage gab es noch keine Beschwerden. Wie Katherina einleuchtend argumentiert, vertrauen Frauen unter sich, von allem was die weibliche Gesundheit angeht, viel mehr als Männern. Dies sehen wir selbst in der heutigen Zeit noch, und die vorliegende Quelle stammt aus dem 16. Jahrhundert. Vielleicht wurde damals eine Frau, die als Heilerin tätig war, als eine Hexe angesehen, oder das Praktizieren als Medizinerin war verpönt. Jedoch könnte sich noch ein Grund hinter der ganzen Angelegenheit verstecken. Apotheker, Ärzte und Andere, die einen medizinischen Beruf gelernt und offiziell erworben haben, bestanden in „Ärztevereinigungen“ oder Zünften. Und wenn sie herausfanden, dass jemand (vor allem eine Frau) ungelernt und ohne in diesen Organisationen Mitglied zu sein, Medizin praktizierte, wurde diese Person angezeigt.
Quelle 2
Die zweite Quelle stellt Verordnungen/ Richtlinien für das Personal, das in Krankenhäusern und Hospitälern innerhalb und außerhalb der Stadtmauern arbeitete. Die Quelle ist den Amts- und Standbüchern des Archivs von Nürnberg entnommen. Dem Erklärungstext entnimmt man, dass die Krankenhäuser sowohl von der Kirche als auch säkulär unterhalten wurden. Dabei wurden Patienten mit Ansteckungsgefahr, z.B. durch die Pest, in Krankenhäusern außerhalb der Stadt versorgt. Hierzu wurden spezielle Verordnungen festgelegt, indem das betreuende Personal eigens für jedes Aufgabenfeld Eide ablegen musste. Die vorliegende Quelle stellt also ein Beispiel für so eine Auflistung dar. Möglicherweise ist es ein Ausschnitt, denn die Liste sieht nicht vollständig aus. Das lässt sich nicht anhand der Quelle feststellen. Als Erstes sind hier die Vorschriften für das zuständige Paar, Hofmeister und Hofmeisterin, des Krankenhauses für unheilbar Kranke zu sehen. Danach folgen gesondert drei Eidesverordnungen für das weibliche Personal der Stadtkrankenhäuser: Custorin, Meisterin und Schauerin. Die Custorin und die Meisterin scheinen am meisten Aufgaben und Pflichten zu haben.
Das Hofmeister-Paar soll gewissenhaft zum Wohle des Lazaretthauses arbeiten und, was als Erstes genannt wird, dieses immer, besonders nachts, verschlossen halten. Außerdem dürfen keine Sachen, wie Bettzeug und andere Utensilien aus den Räumen entfernt werden. Über alles soll ein Aufseher bzw. Zuständiger für alle Krankenhäuser in Kenntnis gesetzt werden. Mindestens einmal im Jahr soll eine Inspektion durgeführt werden, kaputte oder nicht mehr zu gebrauchende Gegenstände sollen dabei repariert oder ersetzt werden. Falls die Pest wieder ausbrechen sollte, sollen der Hofmeister und die Hofmeisterin in ihren Räumlichkeiten bleiben und den Anweisungen des zuständigen Aufsehers folgen.
Die drei nächsten Eide sind für die Mitarbeiterinnen im Stadtkrankenhaus.
Die Custorin hat die Aufgabe einer Überwacherin und untersteht direkt dem Krankenhausleiter, von dem sie Anweisungen bekommt und dem sie Bericht erstatten soll. In erster Linie sind das reibungslose Funktionieren das Hospitals und das Wohlergehen der Patienten ihr Zuständigkeitsbereich. Außerdem sind ihr die Pflegerinnen unterstellt. Diese sollen nach bestem Wissen und Gewissen die armen Patienten behandeln und verpflegen, bei Verstößen soll die Custorin sie beim Direktor melden.
Einen großen Teil der Aufgaben und Pflichten betrifft das Essen. Die Speisen, die die Custorin in ihrer Küche zubereitet, steht ausschließlich den armen und kranken Menschen zu, und dürfen nicht, auch nicht gegen Bezahlung, an Andere verteilt werden. Das Geld, das sie wöchentlich zum Einkauf von Lebensmitteln bekommt, darf nur zu diesem Zweck verwendet werden. Darüber muss sie anhand der Kaufbelege Bericht erstatten. Außerdem muss sie kontrollieren, ob die Ware in Ordnung ist und ob der Händler alles richtig abgewogen hat. Unstimmigkeiten sollen sofort gemeldet werden.
Zu den Aufgaben der Custorin gehört auch das Entlassen der Patienten; sie schaut, wer noch bleibt und wer schon gesund genug ist. Es ist geregelt, was mit den Sachen der Verstorbenen geschieht: alles, was der Patient bei sich hatte, steht im Todesfall dem Krankenhaus zu. Der Direktor soll unverzüglich über den Tod des Patienten informiert werden. Die Custorin samt Pflegerinnen sollen weitere Schritte abwarten und sie dann gewissenhaft durchführen.
Die nächste Stelle im Krankenhaus ist die der Meisterin. Es fällt auf, dass der Anfangstext des Eides im Wortlaut dem der Custorin gleicht. Danach werden die Aufgabenbereich aufgezählt, wobei der Erste die Küche sowie deren Aufsicht betrifft. Die Meisterin ist für das Küchenpersonal, die angemessene Essenszubereitung, Bestand an Küchenutensilien und Vorräten sowie für die Qualität der Lebensmittel verantwortlich. Zusammen mit der Custorin ist sie für die Mahlzeitenverabreichung zuständig. Die Meisterin soll darauf achten, dass die Menge an Speisen angemessen ist: es soll nichts verschwendet werden, aber vor allem soll es ausreichend für die Kranken da sein. Daher bekommt auch die Meisterin (wie die Custorin) Geld vom Direktor, damit sie auf dem Markt Lebensmittel nachkaufen kann. Sie ist auch für die Qualität des Fleisches verantwortlich. Zusammen mit der Custorin soll sie montags einen Rundgang machen und beurteilen, wer schon entlassen werden kann und wer nicht. Ihre Aufgabe schließt die administrative Verwaltung mit ein, denn sie ist für den Zustand der Möbel und anderer beweglichen Güter zuständig. Zum Schluss des Eides für die Meisterin stehen auch ähnliche Vorschriften bezüglich der Essensausgabe wie die von der Custorin. Auch die Meisterin darf niemandem Mahlzeiten ausgeben, außer den Patienten, die diese benötigen. Verwandte oder Bekannte darf auch sie nicht ins Krankenhaus bringen und soll sich mit ihrem Lohn zufriedengeben (auch wie bei der Custorin).
Die Hauptaufgabe der Schauerin, die in der Liste als Letzte aufgeführt wird, ist die Aufnahme der Patienten. Wenn die kranken Menschen zum Hospital kommen und um Hilfe ersuchen, darf sie niemanden ohne Untersuchung abweisen. Ist die Person nicht ansteckend und die Krankheit in diesem Krankenhaus behandelt werden kann, so darf er/sie aufgenommen werden. Wichtig zu erwähnen ist, dass die Patienten ausschließlich Bürger der Stadt sein dürfen, deren Kinder, Bedienstete oder Wanderarbeiter, die für eine längere Zeit bei einem Meister tätig waren.
Des Weiteren besteht die Aufgabe der Schauerin darin, Wein und Bier den Alten und Kranken zu geben, wobei sie sehr vorsichtig sein soll. Zusätzlich verteilt sie auch Brot, welches sie (wie den Alkohol) sonst niemandem verkaufen oder schenken darf, dem es nicht zusteht. Probleme oder Unstimmigkeiten soll sie der Meisterin, der sie direkt untersteht, oder dem Direktor melden.
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- Quote paper
- Katharina Kogan (Author), 2020, Arbeitende Frauen im Mittelalter, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/916914
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