Die vorliegende Arbeit behandelt die recht junge Theorie des Radikalen Konstruktivismus. Diese spezielle Art des konstruktivistischen Denkens entstand Mitte der 70er Jahre des 20. Jh. und schlug „große Wellen“, die über die Scientific Community hinaus bis in die Alltagsvorstellungen der Menschen reichten.
Im wissenschaftlichen Bereich bedeuteten die neuen, skeptisch geprägten, Überlegungen und Postulate der Anhänger des Radikalen Konstruktivismus (RK) zwar keinen Paradigmenwechsel, sie sorgten allerdings gerade in den Medien- und Kommunikationswissenschaften nachhaltig für große Veränderungen in Bezug auf Theorien- und Modellbildungen. Der RK lieferte beispielsweise die Grundlagen für die Entwicklung eines komplett neuen Konzepts zur Bestimmung und Analyse von Kommunikations- und Medienereignissen. In wie weit beeinflussen Medien das Erkennen und die Vorstellung der Wirklichkeit? Für diese und ähnliche zentrale Fragen in den Medienwissenschaften gab der RK neue Antwortmöglichkeiten, die klassische, behavioristische Erklärungen (scheinbar) obsolet machten.
Ziel der Arbeit ist es, die wichtigsten Kritikpunkte am RK aufzuzeigen und daraus Ansätze zu entwickeln, die sich auf die zukünftige Entwicklung dieses Diskurses beziehen.
Da ich der Auffassung bin, dass man sich im Zuge von wissenschaftlichen Diskursen durchaus einer objektiven Wahrheit (zumindest) annähern kann und ich diesen Anspruch auch in den folgenden Ausführungen vertrete, lässt sich die Position, die ich in dieser Arbeit einnehme, als realistisch bezeichnen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Wurzeln des Radikalen Konstruktivismus
- Die Vorsokratiker
- Giambattista Vico
- Jean Piaget
- Kybernetik und Systemtheorie
- Hirnforschung
- Der Radikale Konstruktivismus — Viabilität als Maßstab des Handelns
- Wissenschaft verläuft in Kontroversen — Kritik am Radikalen Konstruktivismus
- Das Problem der Viabilität als Maßstab des Handelns
- Das Argument des ethischen Vorteils
- Selbstanwendung und Selbstwiderlegung
- Zukunftskonstruktionen
- Solide Grundlage schaffen
- Realen Gegner benennen
- Entglorifizierung von Trivialem
- Zentrale Begriffe und Sachverhalte klären
- Mehr Homogenität
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit befasst sich mit der Entstehung, Gegenwart und Zukunft des Radikalen Konstruktivismus (RK) aus realistischer Sicht. Sie analysiert die wichtigsten Kritikpunkte am RK und entwickelt daraus Ansätze für die zukünftige Entwicklung des Diskurses.
- Die Wurzeln des Radikalen Konstruktivismus in verschiedenen Disziplinen (Philosophie, Biologie, Kybernetik)
- Die zentrale Rolle der Viabilität als Maßstab des Handelns im RK
- Kritik am RK, insbesondere in Bezug auf die Selbstanwendung und Selbstwiderlegung der Theorie
- Vorschläge für die zukünftige Entwicklung des RK, wie z.B. die Klärung zentraler Begriffe und die Suche nach einem realen Gegner
- Die Frage nach der Homogenität und Einheitlichkeit des RK-Diskurses
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 2 beleuchtet die Ursprünge des Radikalen Konstruktivismus und zeichnet die Entwicklung des Diskurses nach. Es werden die wichtigsten Einflüsse auf Ernst von Glasersfelds Formulierung des RK dargestellt, darunter die Vorsokratiker, Giambattista Vico, Jean Piaget, die Kybernetik und die Hirnforschung. Die Interdisziplinarität des RK wird hervorgehoben, die ihn zu einem komplexen und vielschichtigen Diskurs macht.
Kapitel 3 beschreibt den RK als eine Wissenstheorie, die sich mit menschlichem Wissen befasst und die Viabilität als Maßstab des Handelns einsetzt. Die Annahme, dass Wirklichkeit subjektspezifisch und von Menschen selbst erzeugt wird, wird erläutert. Das Prinzip der Undifferenzierten Codierung und die kognitive Autonomie des Menschen werden als zentrale Elemente des RK vorgestellt. Die Beziehung zwischen Wissen und Sein im RK wird im Vergleich zum Realismus dargestellt.
Kapitel 4 analysiert die Kritik am RK, die sich aus der Abschaffung des Wahrheitsbegriffs und der Einführung der Viabilität ergibt. Es werden die Probleme der Viabilität als Maßstab des Handelns, das Argument des ethischen Vorteils und die Selbstanwendung und Selbstwiderlegung des RK diskutiert. Die Kritik zeigt, dass der RK bei der Übertragung von objekttheoretischen Erkenntnissen auf die Metaebene in Widersprüche gerät.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen den Radikalen Konstruktivismus, Viabilität, Wahrheit, Erkenntnis, Selbstreferenz, Selbstwiderlegung, Realismus, Kritik, Zukunft, Entwicklung, Homogenität, Wissenschaftstheorie, Erkenntnistheorie. Die Arbeit analysiert die Entstehung und Entwicklung des Radikalen Konstruktivismus, seine zentralen Annahmen und die Kritik an seiner Gültigkeit. Sie beleuchtet die Schwierigkeiten der Selbstanwendung und Selbstwiderlegung der Theorie und entwickelt Vorschläge für eine zukünftige Entwicklung des Diskurses.
- Quote paper
- Fabian Kockartz (Author), 2002, Entstehung, Gegenwart und Zukunft des Radikalen Konstruktivismus, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/9160
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