Die Privatisierung öffentlich-rechtlich organisierter Einrichtungen hat sich in den letzten Jahrzehnten zu einem wichtigen Instrument struktureller Reformen entwickelt, das dadurch gekennzeichnet ist, dass der Gesetzgeber die Verwaltung von der Verwirklichung öffentlicher Aufgaben entbindet und diese stattdessen in den privaten Sektor der Volkwirtschaft verlagert werden. Ein solcher „Paradigmenwechsel“ zeigt sich in nahezu allen Bereichen staatlichen Handelns, u. a. im Post- und Kommunikationssektor, bei der Flugsicherheit und Bahn, in der Energieversorgung, in der Abwasser- und Abfallentsorgung, im Sozial- und Polizeirecht, bei Kurbädern und im Bestattungswesen. Mit dem Reformvorhaben einer Privatisierung des Gerichtsvollzieherwesens steht nun ein öffentlicher Aufgabenbereich der Hoheitsverwaltung auf der Privatisierungsagenda. Dazu hat die am 16.10.2006 im Zuge der 74. Justizministerkonferenz des Bundes und der Länder eingesetzte Bund- Länder- Arbeitsgruppe „Organisation des Gerichtsvollzieherwesens / Privatisierung“ einen Gesetzentwurf vorgelegt, der das Ziel verfolgt, die Effizienz der Zwangsvollstreckung zu verbessern und zugleich für eine Entlastung der öffentlichen Haushalte zu sorgen. Dabei sollen nach Durchführung eines Systemwechsels die Aufgaben der Gerichtsvollzieher nicht mehr durch justizeigene Beamte, sondern durch beliehene Private, die auf eigene Rechung tätig werden, erfüllt werden.
Inhaltsverzeichnis
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Eidesstattliche Versicherung
Einleitung: Problemstellung und Gang der Untersuchung
A. Grundlagen der Privatisierung
I. Terminologische und typologische Grundlagen der Privatisierungsdebatte
1. Die Terminologie des Privatisierungsbegriffs
2. Die Privatisierungstypen und ihre Klassifizierung
2.1 Formelle Privatisierung
2.1.1 Handlungsformprivatisierung
2.1.2 Organisationsprivatisierung
2.2 Materielle Privatisierung
2.2.1 Vermögensprivatisierung
2.2.2 Aufgabenprivatisierung
2.2.3 Funktionale Privatisierung
II. Das Rechtsinstitut der Beleihung
1. Der Begriff der Beleihung
2. Anwendungsbereiche von Beleihungsmaßnahmen
3. Abgrenzung vom Privatisierungstatbestand
III. Zwischenergebnis
B. Der normative Hintergrund des Zwangsvollstreckungsrechts in Deutschland
I. Grundlagen des Zwangsvollstreckungsrechts
1. Begriff und Funktion der Zwangsvollstreckung
2. Abgrenzung zur behördlichen Zwangsvollstreckung
II. Organe der Zwangsvollstreckung
1. Das Vollstreckungsgericht
2. Das Prozessgericht
3. Das Grundbuchamt
III. Der Gerichtsvollzieher als Organ der Zwangsvollstreckung: Aufgaben, Kompetenzen und Reformbemühungen
1. Die historische Entwicklung des Gerichtsvollziehersystems
1.1 Die historische Entwicklung im 19. Jahrhundert
1.2 Die historische Entwicklung im 20. Jahrhundert
2. Die Rechtsstellung des Gerichtsvollziehers
2.1 § 154 GVG: Die rechtliche Grundlage des Gerichtsvollziehersystems
2.2 Die Beamtenrechtliche Stellung
3. Die Zuständigkeit des Gerichtsvollziehers
3.1 Sachliche Zuständigkeit
3.2 Örtliche Zuständigkeit
3.3 Umfang der hoheitlichen Gewalt des Gerichtsvollziehers
3.4 Wirtschaftliche Daten
4. Das Vollstreckungsrecht in den Staaten der EU
4.1 Bestandsaufnahme der gegenwärtigen Vollstreckungssysteme
4.2 Einbettung des deutschen Vollstreckungssystems in den europäischen Kontext
IV. Zwischenergebnis
C. Der Gesetzentwurf zur Privatisierung des Gerichtsvollzieherwesens
I. Die Konzeption des Gesetzes zur Reform des Gerichtsvollzieherwesens
1. Problem und Ziel
2. Der Wechsel zum Beleihungssystem
3. Anpassung des Gerichtsvollzieherkostenrechts
4. Die Grundgesetzänderung durch Einfügung des Artikels 98a GG-E
II. Verfassungsrechtliche Grenzen des Reformvorhabens
1. Der allgemeine Justizgewährleistungsanspruch
1.1 Die Bedeutung der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 IV GG und ihr Verhältnis zum allgemeinen Justizgewährleistungsanspruch
1.2 Begriff und Anwendungsbereich von Art. 19 IV GG
1.3 Begriff und Anwendungsbereich des allgemeinen Justizgewährleistungsanspruchs
1.3.1 Offenstehen des Rechtswegs
1.3.2 Effektivität des Rechtsschutzes
1.4 Auswirkungen einer Reform des Gerichtsvollzieherwesens auf Statute des Justizgewährleistungsanspruchs
1.4.1 Offenstehen des Rechtswegs
1.4.2 Effektivität des Rechtsschutzes
1.5 Ergebnis
2. Der Funktionsvorbehalt des Art. 33 IV GG
2.1 Allgemeine Bedeutung des Funktionsvorbehalts
2.2 Die Tatbestandsseite des Funktionsvorbehalts
2.2.1 „Angehörige des öffentlichen Dienstes, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen“
2.2.2 „Ausübung hoheitlicher Befugnisse“
2.2.3 „als ständige Aufgabe“
2.3 Rechtsfolgen des Funktionsvorbehalts
2.3.1 Das Regel-Ausnahme-Verhältnis
2.3.2 Das Vorliegen eines sachlichen Grundes
2.4 Ergebnis
3. Die Rechtmäßigkeit von Art. 98 a GG-E
III. Zwischenergebnis
D. Die Folgen der Reform: Effizienzsteigerungen oder Erosion des Rechtsstaats?
E. Zusammenfassung und Ergebnisse
Anhang
Anlage 1
A. Auszug aus dem Gerichtsverfassungsgesetz
B. Auszug aus der Gerichtsvollzieherordnung
C. Auszug aus der Geschäftsanweisung für Gerichtsvollzieher
D. Auszug aus dem Bundesbesoldungsgesetz
E. Auszug aus der Thüringer Verordnung zur Abgeltung der Bürokosten des Gerichtsvollziehers
F. Auszug aus dem Gesetz über Kosten der Gerichtsvollzieher
Anlage 2: Auszug über den Personalbestand und die Geschäftstätigkeit der Gerichtsvollzieher in Deutschland in den Jahren 1996 bis 2006
Anlage 3
A. Auszug aus dem Entwurf eines Gerichtsvollziehergesetzes
B. Auszug aus der Anlage zu (§ 9) Kostenverzeichnis des Gesetz-
entwurfs über die Kosten der Gerichtsvollzieher
Anlage 4: Phasenmodell
Anlage 5: Fallbeispiele
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Finger, Matthias (Hrsg.)
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Einleitung: Problemstellung und Gang der Untersuchung
Die Privatisierung öffentlich-rechtlich organisierter Einrichtungen hat sich in den letzten Jahrzehnten zu einem wichtigen Instrument struktureller Reformen entwickelt, das dadurch gekennzeichnet ist, dass der Gesetzgeber die Verwaltung von der Verwirklichung öffentlicher Aufgaben entbindet und diese stattdessen in den privaten Sektor der Volkswirtschaft verlagert werden. Ein solcher „Paradigmenwechsel“[1] zeigt sich in nahezu allen Bereichen staatlichen Handelns, u. a. im Post- und Kommunikationssektor, bei der Flugsicherheit und Bahn, in der Energieversorgung, in der Abwasser- und Abfallentsorgung, im Sozial- und Polizeirecht, bei Kurbädern und im Bestattungswesen. Mit dem Reformvorhaben einer Privatisierung des Gerichtsvollzieherwesens steht nun ein öffentlicher Aufgabenbereich der Hoheitsverwaltung auf der Privatisierungsagenda. Dazu hat die am 16.10.2006 im Zuge der 74. Justizministerkonferenz des Bundes und der Länder eingesetzte Bund- Länder- Arbeitsgruppe „Organisation des Gerichtsvollzieherwesens / Privatisierung“ einen Gesetzentwurf vorgelegt, der das Ziel verfolgt, die Effizienz der Zwangsvollstreckung zu verbessern und zugleich für eine Entlastung der öffentlichen Haushalte zu sorgen. Dabei sollen nach Durchführung eines Systemwechsels die Aufgaben der Gerichtsvollzieher nicht mehr durch justizeigene Beamte, sondern durch beliehene Private, die auf eigene Rechung tätig werden, erfüllt werden.[2]
Infolge der Diskussion des Gesetzesentwurfs im Bundesrat vom 09. März 2007 und der Einbringung in den Bundestag zum 20. Juni 2007 sind die Meinungen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft geteilt. Insbesondere der Deutsche Gerichtsvollzieher Bund (DGVB) steht der angestrebten Reform grundsätzlich positiv gegenüber und verweist auf die strukturellen Defizite des bestehenden Systems und den zunehmenden grenzüberschreitenden Warenverkehr innerhalb Europas, der eine Harmonisierung der europäischen Vollstreckungsstrukturen notwendig mache.[3] Demgegenüber äußerte sich die Bundesjustizministerin Brigitte Zypries kritisch zu einer Reform des Gerichtsvollzieherwesens, da das staatliche Gewaltmonopol einer Übertragung staatlicher Zwangsgewalt entgegenstehe.[4] Auch die Bundesregierung äußerte sich in einer Stellungnahme besorgt und hält das Vorhaben für nicht sachgerecht, da die Ausübung unmittelbarer Zwangsgewalt der staatlichen Verantwortung durch staatliche Organe vorbehalten werden müsse.[5] In gleicher Weise argumentieren die Neue Richtervereinigung (NRV) und die Deutsche Justizgewerkschaft (DJG), die darüber hinaus die Verlagerung der Kosten vom Staat auf den Bürger, verbunden mit einem Anwachsen der Vollstreckungskosten kritisieren und eine Steigerung der Effizienz anzweifeln.[6] Ferner wird befürchtet, dass der Gerichtsvollzieher infolge des Leistungswettbewerbs seine Loyalität und Ungebundenheit gegenüber dem Staat verliere.[7]
Angesichts der vorgebrachten Einwände gegen eine Reform des Gerichtsvollzieherwesens soll im Rahmen dieser Arbeit der Frage nachgegangen werden, ob ein Wechsel des bestehenden Systems verfassungsrechtlich überhaupt möglich ist und ob durch das Reformvorhaben der effektive Rechtsschutz des Gläubigers untergraben wird. Anschließend soll untersucht werden, ob eventuell auftretende Bedenken gegen eine Reform des Gerichtsvollzieherwesens durch die im Rahmen einer Grundgesetzänderung eingefügte Sonderregelung des Art. 98a GG-E überwunden werden. Ferner ist zu erörtern, ob die Privatisierung zu einer Steigerung der Effizienz führt.
Die Untersuchung gliedert sich in vier Teile. Der Ausgangspunkt der Betrachtung widmet sich der Darstellung der Grundlagen der Privatisierungsproblematik. Hier werden die terminologischen und typologischen Grundlagen der Privatisierung gelegt und erörtert, wie die Beleihung innerhalb der Privatisierungstypologie eingeordnet werden muss (A.). Anschließend erfolgt die abstrakte Darstellung des normativen Hintergrunds des Zwangsvollstreckungsrechts in Deutschland und die Fokussierung auf den Gerichtsvollzieher als Organ im Vollstreckungsverfahren. Dabei soll vor allem auf die wesentlichen Kernpunkte eingegangen werden, die von der angestrebten Reform betroffen wären (B.). Auf dieser Basis soll anschließend eine Betrachtung des Gesetzentwurfes zur Reform des Gerichtsvollzieherwesens hinsichtlich seiner Konzeption und Realisierung vorgenommen werden. Anhand des allgemeinen Justizgewährungsanspruchs und des Funktionsvorbehalts des Art. 33 IV GG soll die Verfassungsmäßigkeit des Vorhabens geprüft werden (C.). Abschließend soll hinterfragt werden, ob das Reformmodell zu einer Steigerung der Effizienz der Zwangsvollstreckung beitragen kann (D.).
A. Grundlagen der Privatisierung
I. Terminologische und typologische Grundlagen der Privatisierungsdebatte
1. Die Terminologie des Privatisierungsbegriffs
Der Versuch, den Privatisierungsbegriff eindeutig juristisch zu erfassen, ist mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden. Zwar wird die Privatisierung als politisches Instrument häufig angewendet, jedoch ohne juristische Konturen aufzuweisen. Die Ursachen dafür ergeben sich vor allem aus der Tatsache, dass eine Privatisierung nicht nur ein rein juristischer Vorgang ist, sondern auch unter finanz-, wirtschafts- und sozialpolitischen Gesichtspunkten betrachtet werden muss. Einen eindeutigen rechtsdogmatischen Privatisierungsbegriff gibt es bisher noch nicht[8] und auch als Gesetzesbegriff findet er lediglich in § 7 I BHO Verwendung. Aus dieser Bestimmung geht hervor:
„Bei Aufstellung und Ausführung des Haushaltsplans sind die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten. Diese Grundsätze verpflichten zur Prüfung, inwieweit staatliche Aufgaben oder öffentlichen Zwecken dienende wirtschaftliche Tätigkeiten durch Ausgliederung und Entstaatlichung oder Privatisierung erfüllt werden können.“
Aus § 7 I BHO lässt sich keine Legaldefinition des Privatisierungsbegriffs herleiten, da die Bestimmung lediglich eine Konkretisierung des haushaltsrechtlichen Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit darstellt und somit nicht als Privatisierungsgebot verstanden werden darf. § 7 I BHO ist allein fiskalpolitisch motiviert,[9] d. h. es wird nicht die staatsfernste Lösung gesucht, sondern die kostengünstigste[10].
Neben einer Legaldefinition im Gesetz sucht man auch im juristischen Schrifttum vergebens nach einer Definition des Begriffs „Privatisierung“. Auffällig ist lediglich, dass es sich bei der Privatisierung um ein Phänomen handelt, das in vielfältigen Formen die Entstaatlichung eines ehemals hoheitlichen Bereichs betreibt.
Aufgrund dieser insgesamt zerfaserten Privatisierungstypik[11] kann man sich dem Privatisierungsbegriff nur über einige gemeinsame Charakteristika annähern. Demnach versteht man unter dem Terminus „Privatisierung“ (a) einen Prozess, einen dynamisch gestaltenden Vorgang, der (b) wegführt vom Staat bzw. Staatlichkeit und sich stattdessen (c) auf Private bzw. „Privatheit“ zubewegt.[12] Aus diesen Charakteristika hat Kämmerer[13] eine eigene Definition aufgestellt, die versucht, dem Gesamtphänomen Rechnung zu tragen. Nach dieser handelt es sich bei einer Privatisierung um „jede Form der Abgabe von Rechtsmacht durch den Staat zugunsten von Personen des Privatrechts, wobei unter diese natürliche Personen und jede Art von privatrechtlich organisierten Rechtssubjekten ohne Rücksicht auf den Anteilseigner fallen“. Trotz dieser allgemeingültigen Definition ist die Vielschichtigkeit des Privatisierungsphänomens nur schwer darstellbar, ohne die verschiedenen Typisierungsansätze genauer betrachtet zu haben.
2. Die Privatisierungstypen und ihre Klassifizierung
Seit den 70er und 80er Jahren des 19. Jahrhunderts haben sich die Klassifizierungsversuche auf die Dichotomie von formeller und materieller Privatisierung beschränkt, ehe die Konzeption in den 90er Jahren als unzureichend verworfen wurde.[14] Um das gesamte Spektrum der Privatisierungswirklichkeit zu erfassen, wurde das zweigliedrige Grundschema durch Einbindung der Vermögensprivatisierung zur Trias erweitert.[15] Da auch die funktionale Privatisierung zunehmend als eigenständiger Privatisierungstyp angesehen wird[16], kann man auch von einer Tetralogie der Typen sprechen. Nachfolgend sollen nun die Privatisierungstypen vorgestellt werden, die in der Praxis die größte Bedeutung erlangt haben.[17]
2.1 Formelle Privatisierung
Wenn der Staat eine Tätigkeit als öffentliche Aufgabe wahrnimmt, diese aber in einer Form des Privatrechts ausgestaltet, ist stets von einer formellen Privatisierung die Rede.[18] Wesentliches Charakteristikum der formellen Privatisierung ist die Tatsache, dass kein Privater in den Privatisierungsvorgang einbezogen wird und die Aufgabe weiterhin in staatlicher Verantwortung verbleibt.[19] Hierzu zählen die Handlungsformprivatisierung und die Organisationsformprivatisierung. In beiden Fällen bedient sich die Verwaltung lediglich privatrechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten.
2.1.1 Handlungsformprivatisierung
Bei der Privatisierung der Handlungsform bleibt die Organisationsform unberührt, d. h. weiter öffentlich-rechtlich. Allerdings wird die Handlungsform von einer öffentlich-rechtlichen in eine privatrechtliche gewechselt. Grundsätzlich wird diese Variante der formellen Privatisierung nur in den Verwaltungsbereichen vorgenommen, in denen das Rechtsverhältnis zwischen Verwaltung und Bürger nur einmal betroffen ist.[20] Dies ist i. d. R. bei der Benutzung öffentlicher Einrichtungen der Fall: Ein als kommunaler Eigenbetrieb geführtes Schwimmbad wird öffentlich-rechtlich organisiert, aber im Benutzungsverhältnis mit den Kunden, durch die Schließung privater Dienstverträge, privatrechtlich ausgestaltet.[21] Die Entscheidung zu einer privatrechtlichen Ausgestaltung erfolgt unter dem Aspekt der Zweckmäßigkeit. So gewährleistet die privatrechtliche Handlungsform ein optimales Erwerbsstreben und eine größere finanzielle Flexibilität, während dazu im öffentlichen Recht entweder keine Alternativen bestehen, die Voraussetzungen dafür nicht vorliegen oder die Gestaltungsmöglichkeiten des Privatrechts umfangreicher sind.[22] Hinsichtlich des angeführten „Schwimmbad-Beispiels“ könnte neben einer privatrechtlichen Ausgestaltung des Benutzungsverhältnisses durch einen Dienstvertrag, auch der öffentlich-rechtliche Vertrag zur Ausgestaltung herangezogen werden. Jedoch wäre diese öffentlich-rechtliche Alternative unzweckmäßig, da der öffentlich-rechtliche Vertrag der Schriftform bedarf. Ein schriftlicher Vertrag im Vorfeld des Schwimmbadbesuchs wäre unpraktisch und würde sich negativ auf den Kundenverkehr auswirken.
2.1.2 Organisationsprivatisierung
Die Organisationsprivatisierung ist die bedeutendere Variante der formellen Privatisierung und wird in der Literatur auch häufig mit ihr gleichgesetzt.[23] Wie bei der Handlungsformprivatisierung behält sich auch hier der Verwaltungsträger eine Tätigkeit als öffentliche Aufgabe vor. Jedoch nimmt er sie nicht mehr als kommunaler Eigenbetrieb wahr, sondern übt sie in den Formen des Privatrechts mittels Schaffung einer Eigengesellschaft, die in Form einer AG, GmbH, KG, OHG, e.V. oder privatrechtlichen Stiftung organisiert sein kann, aus.[24] Ausschlaggebend für die Wahl der Rechtsform sind die Kriterien der Beherrschbarkeit und der Geeignetheit, da die gewählte Rechtsform Einflussmöglichkeiten gewährleisten und zur Umsetzung politischer Ziele geeignet sein muss.[25] In diesem Zusammenhang ist z.B. die Organisation des öffentlichen Verkehrsunternehmens der Stadt Erfurt in der Erfurter Verkehrsbetriebe AG (EVAG) zu nennen.
Durch diese Variante der formellen Privatisierung eröffnen sich größere Gestaltungsspielräume hinsichtlich der Personalakquisition und -verwendung, der Ausgestaltung des Haushalts und hinsichtlich des Aufbaus und Ablaufs der inneren Struktur.[26] Der Verwaltungsträger ist durch die privatrechtlichen Instrumente in der Lage, die Aufgabenerledigung flexibler zu gestalten, da er aufgrund des Wegfalls der Beamtenbesoldung einen größeren Spielraum hinsichtlich des Personaleinsatzes und dessen Finanzierungsmöglichkeiten hat.[27] Es bedeutet weiterhin, dass die Erledigung bestimmter Aufgaben nun juristisch der Privatrechtsordnung und ökonomisch den Gesetzen des Marktes unterworfen sind, wo Eigenverantwortung und Effizienz eine dominierende Rolle spielen.[28] Darüber hinaus verbessert eine gerichtliche Inhaltskontrolle bezüglich der Angemessenheit Allgemeiner Geschäftsbedingungen den Rechtsschutz des Bürgers.[29]
Im Rahmen der Privatisierungsdebatte wird der öffentlichen Hand dabei häufig unterstellt, eine „Flucht ins Privatrecht“[30] zu unternehmen.[31] Dem ist im Ergebnis nicht zuzustimmen, da im Fall der Organisationsprivatisierung, die öffentliche Verwaltung durch das Verwaltungsprivatrecht weiterhin an die Grundrechte und das Übermaßverbot gebunden ist.[32] So stehen der Verwaltung bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben die Rechtsformen des Privatrechts zur Verfügung, allerdings nicht die Freiheiten und Möglichkeiten der Privatautonomie.[33]
2.2 Materielle Privatisierung
Die materielle Privatisierung ist dadurch gekennzeichnet, dass ein Tätigkeitsbereich der öffentlichen Hand ausnahmslos an „echte“ private Wirtschaftssubjekte abgegeben wird[34] und der Staat sich vollständig aus seiner Erfüllungsverantwortung zurückzieht.[35] Im Gegensatz zur formellen Privatisierung verzichtet der Hoheitsträger dabei auf die Wahrnehmung einer öffentlichen Aufgabe und überlässt stattdessen die Herstellung und Darbietung von Gütern und Leistungen privaten Wirtschaftssubjekten.[36] Auch wenn bei der materiellen Privatisierung die Letztverantwortung grundsätzlich in die Hände natürlicher oder juristischer Personen des Privatrechts gelegt wird, behält die öffentliche Hand in bestimmten Bereichen der Daseinsvorsorge die Verantwortung dafür, dass die Leistung überhaupt angeboten wird. So spricht man in diesem Zusammenhang häufig vom gewährleistenden Staat, der die Leistungserbringung auf dem privaten Sektor überwacht und reguliert.[37]
Im Folgenden sollen nun die Vermögensprivatisierung, die Aufgabenprivatisierung und die funktionale Privatisierung vorgestellt werden, die als klassische Formen der materiellen Privatisierung bezeichnet werden können.
2.2.1 Vermögensprivatisierung
Die Vermögensprivatisierung stellt eine Form der materiellen Privatisierung dar, bei der staatliches und kommunales Vermögen auf private Wirtschaftssubjekte übertragen bzw. veräußert wird.[38] Dieser Vorgang gilt seit dem „Volkswagenurteil“[39] des Bundesverfassungsgerichts als unproblematisch. Die Veräußerungen von Liegenschaften und Beteiligungen an Wirtschaftsunternehmen stehen bei der Vermögensprivatisierung im Mittelpunkt. Da sie meist aus fiskalpolitischen Beweggründen erfolgt, spricht man in diesem Zusammenhang auch von der „Veräußerung von Familiensilber“[40]. Spitzenreiter in der Betreibung solcher Ausverkäufe ist die Stadt Berlin, die in den 90er Jahren die drei Kernbereiche Gas, Wasser und Strom ganz oder teilweise an Private veräußerte und schließlich in den Jahren 2000-2004 mit weiteren 1,5 Mrd. Euro aus dem Verkauf von Unternehmensbeteiligungen zum Abbau seiner Verbindlichkeiten beitragen konnte.[41] Aber auch andere deutsche Großstädte suchen den Ausweg aus der Schuldenfalle in millionenschweren Vermögensprivatisierungen. So erwirtschaftete die Stadt Dresden Anfang des Jahres 2006 durch die Veräußerung von 48.000 Wohnungen und 1.300 Gewerbeeinheiten der kommunalen Wohnungsbaugenossenschaft an den amerikanischen Finanzinvestor Fortress einen Reinerlös von 982 Mio. Euro und wurde dadurch mit einem Schlag schuldenfrei.[42]
Neben der Sanierung des Haushalts wird die Vermögensprivatisierung auch zum Abbau personeller Überbesetzung im öffentlichen Bereich genutzt, der sich innerhalb der Privatwirtschaft schneller und besser vollziehen lässt, als im öffentlichen Bereich.[43] Darüber hinaus wird durch den Rückzug des Staates aus Wirtschaftsunternehmen auch die Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs gewährleistet.[44]
Der Vollzug der Vermögensprivatisierung erfolgt einerseits in Form einer Vermögensprivatisierung mit Eigentumsänderung, d. h. dass öffentliches Eigentum an Private veräußert wird und zum anderen durch eine Vermögensprivatisierung, die nur eine Rechtsänderung der Nutzungs- und Verfügungsrechte nach sich zieht. Die Eigentumsprivatisierung, welche die gebräuchlichste Form der Vermögensprivatisierung darstellt, sieht eine Veräußerung von Unternehmen oder Unternehmensbeteiligungen vor und erfolgt i. d. R. durch Aktienverkauf auf dem Börsenmarkt. Vorreiter hinsichtlich der Veräußerung von Unternehmen der öffentlichen Hand bzw. Unternehmensbeteiligungen war die im Zuge der Wiedervereinigung Deutschlands agierende Treuhandanstalt, welche die Staatsunternehmen der fünf neuen Bundesländer in private Hände übertragen sollte.[45] Im Gegensatz dazu kann die Vermögensprivatisierung auch ohne eine Eigentumsänderung erfolgen und stattdessen durch die bloße Veräußerung von Nutzungs- und Verfügungsrechten vollzogen werden.[46] Bei der Privatisierung von Nutzungsrechten erfolgt die Übertragung des Nutzungsrechts an öffentlichem Eigentum durch Vermietung und Verpachtung an Private.[47] Insbesondere die Nutzung an öffentlichen Vorrechten, Gebäuden, Einrichtungen, Gerätschaften etc. werden darunter subsumiert. Die Privatisierung von Verfügungsrechten erfolgt durch Konzession, Verwaltungsakt oder Vertrag und hat zur Folge, dass der Private die öffentliche Sache nicht nur nutzen sondern auch verändern und verwerten darf, ohne dass dabei die öffentliche Hand das Eigentumsrecht verliert. Darunter fallen bspw. die Abbaurechte von Bodenschätzen.[48]
2.2.2 Aufgabenprivatisierung
Unter dem Begriff der Aufgabenprivatisierung versteht man den vollständigen Rückzug des Staates aus seiner Erfüllungsverantwortung,[49] da er seine Präsenz in einem bestimmten Bereich aufgibt und diesen stattdessen den natürlichen oder juristischen Personen des Privatrechts überlässt.[50] Gerade wegen der vollständigen Aufgabe staatlicher Tätigkeit und der Übertragung der Letztverantwortung in die private Hand, ist in der Literatur vielfach von einer „echten“ Privatisierung die Rede.[51]
Im Rahmen der Aufgabenprivatisierung wird häufig kritisch angemerkt, dass es sich dabei um einen eher unglücklich gewählten Terminus handelt, da Staatsaufgaben als solche, kraft gesetzlicher und verfassungsrechtlicher Schranken, nicht privatisierungsfähig sind und somit von einer Aufgabenprivatisierung gar keine Rede sein kann.[52] Allerdings sind nicht alle öffentlichen Aufgaben grundsätzlich privatisierungsfest, da der Staat im politischen Diskurs entscheiden kann, ob er eine Aufgabe als öffentliche Aufgabe wahrnehmen möchte oder nicht.[53] Entscheidet sich der Staat zur Überlassung einer ehemaligen öffentlichen Aufgabe in die gesellschaftliche Sphäre, so handelt es sich dabei um die Entstaatlichung eines Sachgebietes und damit um eine reine Aufgabenprivatisierung.[54]
Aufgrund verfassungsrechtlicher oder einfachgesetzlicher Bestimmungen ist eine Aufgabenprivatisierung in einigen Bereichen nur unter der Gewährleistungsverantwortung des Staates möglich. Dieser Verantwortung wird er durch die Schaffung neuer Organisationsstrukturen gerecht, welche die Aufgabe haben, die Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs zu etablieren und zu gewährleisten, dass die ehemals staatlichen Leistungen, die nun von Privaten erbracht werden, ein Mindestversorgungsniveau erfüllen.[55] Erinnert sei hierbei an die Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahn, die den Wettbewerb überwacht und strukturiert.[56]
2.2.3 Funktionale Privatisierung
Die funktionale Privatisierung ist ein vor allem auf kommunaler Ebene verbreiteter Privatisierungstyp und gilt als Alternative zur Aufgabenprivatisierung.[57] Da die öffentliche Hand aufgrund verfassungsrechtlicher Strukturprinzipien nicht alle Aufgaben vollständig privatisieren kann, wird die funktionale Privatisierung immer öfter als Alternative herangezogen, da hierbei die Zuständigkeit und Verantwortung bei der Verwaltung verbleibt und nur der Vollzug einem privaten Wirtschaftssubjekt übertragen wird.[58] Die Konsequenz dieser Kooperation ist somit die Trennung der staatlichen Gewährleistungs- und Durchführungsverantwortung, da die öffentliche Hand die Durchführung der Aufgabe nicht mehr selbst übernimmt, sondern nur noch gewährleistet, dass die Aufgabe tatsächlich wahrgenommen wird. Die Übertragung des Aufgabenvollzugs an sog. private Verwaltungshelfer spiegelt den Funktionswandel der Verwaltung wieder, der sich von der Leistungs-, Erfüllungs- bzw. Vollzugsverantwortung zur Gewährleistungs- und Regulierungsverantwortung wandelt.[59]
Der Vorteil der funktionalen Privatisierung für den Staat liegt in der Möglichkeit, die Steuerungsvorteile der privaten Marktwirtschaft zu nutzen, da diese Form der Privatisierung einen Weg ebnet, auf dem die Funktionslogik des Marktes in die Sphäre der öffentlichen Aufgabenerfüllung Einzug halten kann.[60] So wird die Kooperation mit einem Privatisierungssubjekt immer dann in Anspruch genommen, wenn eine Aufgabe durch die Mechanismen der freien Marktwirtschaft effizienter erfüllt wird, als dies im engen Korsett des öffentlichen Dienstes möglich ist.
Innerhalb der Privatisierungsdebatte spielt die funktionale Privatisierung eine immer wichtigere Rolle, weil sie einen Mittelweg zwischen vollständigem Rückzug und vollständiger Beibehaltung der Aufgabenverantwortung darstellt.[61] Dass die funktionale Privatisierung in nahezu allen Bereichen staatlichen Handelns Anwendung gefunden hat, zeigt sich an der Vielzahl von Subkategorien, die alle auf diesen Privatisierungstyp zurückzuführen sind. Gemeinhin werden typologisch die Planungsprivatisierung, die Durchführungsprivatisierung, die Finanzierungsprivatisierung, die Kontrollprivatisierung und die Verfahrensprivatisierung als Unterformen der funktionalen Privatisierung differenziert.[62]
II. Das Rechtsinstitut der Beleihung
1. Der Begriff der Beleihung und die Rechtsstellung des Beliehenen
Bei dem Rechtsinstitut der Beleihung handelt es sich um eine Organisationsform, die in Deutschland häufig als Alternative zur Privatisierung herangezogen wird. Nach der Rechtsstellungstheorie[63] handelt es sich bei der Beleihung um die organisatorische Eingliederung einer natürlichen oder juristischen Person des Privatrechts in das System einer Verwaltungskörperschaft, um bestimmte hoheitliche Aufgaben im eigenen Namen auszuüben.[64] Dazu bedarf es eines organisatorisch-institutionellen Gesetzesvorbehalts, aus dem Art und Umfang der übertragenen Befugnisse eindeutig hervorgehen. Erfolgt die Beleihung ohne gesetzliche Grundlage handelt es sich um eine rechtswidrige „faktische“ Beleihung.[65]
Das wesentliche Abgrenzungskriterium der Beleihung zu anderen Formen privater Mitwirkung in staatlichen Verwaltungsverfahren, ist die Berechtigung des Beliehenen zum Einsatz der von Rechtswegen nur dem Staat zustehenden öffentlich-rechtlichen Instrumentarien.[66] Daher zählen die Beliehenen zur mittelbaren Staatsverwaltung und sind Bestandteil der vollziehenden Gewalt i. S. v. Art. 1 III GG.[67]
Die Gründe für die Einschaltung Beliehener zur Erfüllung staatlicher Aufgaben ähnelt derer, die für die Vornahme von Privatisierungsmaßnahmen angeführt werden: die zunehmende Komplexität der zu erfüllenden Aufgaben, die wachsende Finanznot bei Bund, Ländern und Kommunen, sowie ein sich wandelndes Staatsbild.[68] Durch die Indienstnahme Privater erhofft sich der Staat einen Zugewinn an Initiative und Sachkunde, sowie Zugang zu den technischen und betrieblichen Möglichkeiten des privaten Sektors. Diese stellen schließlich die Grundlage für effizientere Entscheidungsprozesse dar, die innerhalb der bürokratischen und hierarchischen Strukturen des öffentlichen Dienstes nicht möglich wären.[69] Durch die Beleihung will der Staat das private Potenzial des Privatrechtssubjekts „anzapfen“ und diese den staatlichen Institutionen „teilweise überlegene Energiequelle […] für staatliche Zwecke kultivieren“.[70] Weiterhin ist mit der Beleihung Privater eine Entlastung des Verwaltungsapparats verbunden[71], da nicht regelmäßig benötigtes Personal eingespart werden kann.[72]
Infolge der Beleihung bleibt die privatrechtliche Organisationsform des Beleihungsadressaten bestehen, d. h. der Beliehene bleibt bei der Ausübung hoheitlicher Kompetenzen nach wie vor ein Privatrechtssubjekt und wird nicht zu einer juristischen Person des öffentlichen Rechts.[73] Dies bedeutet jedoch nicht, dass die wahrzunehmende Aufgabe aus dem Bereich der Staatsaufgaben entlassen wird. Vielmehr ist die Aufgabenwahrnehmung durch beliehene Private Ausdruck der Tätigkeit des kompetenzwahrnehmenden Staates, da die Handlungen des Privatrechtssubjektes eindeutig dem Staat zugerechnet werden muss.[74] Der Beliehene ist folglich bei der Wahrnehmung staatlicher Aufgaben an das gesamte öffentliche Recht gebunden. Ferner ist er dabei Verwaltungsträger in den Grenzen der durch die Beleihung übertragenen Kompetenzen.
Im Ergebnis bewegt sich der Beliehene im Rahmen seiner Tätigkeit einerseits in der Sphäre des Privatrechts, andererseits aber auch in der des öffentlichen Rechts. Seine Rechtsstellung hat also eine „janusköpfige Natur“.[75]
2. Anwendungsbereiche von Beleihungsmaßnahmen
Der Beliehene ist eine der schillerndsten Figuren im Allgemeinen Verwaltungsrecht, da er in nahezu jedem staatlichen Aufgabenfeld eingesetzt wird. Insbesondere im Bereich der Infrastrukturverwaltung und im Sicherheits- und Ordnungsrecht liegen die Tätigkeitsschwerpunkte von Beliehenen. Als Beispiele lassen sich dabei der Mauteintreiber, der TÜV-Sachverständige, der Jagdaufseher, der freiberufliche Fleischbeschauer, der Bezirksschornsteinfeger, der Öko-Audit-Gutachter, der Flug- und Schiffskapitän, sowie das mit der Bewachung militärischer Anlagen betraute private Sicherheitspersonal anführen.
3. Abgrenzung vom Privatisierungstatbestand
Die Zuordnung des Rechtsinstituts der Beleihung in eine der verschiedenen Privatisierungstypen hat sich innerhalb der Privatisierungsdiskussion als schwierig erwiesen. So könnte man zwar argumentieren, dass es sich bei der Beleihung um eine Form funktionaler Privatisierung handelt, da die Wahrnehmung bestimmter Aufgaben auf eine natürliche oder juristische Person des Privatrechts übertragen wird. Dessen ungeachtet werden bei einer funktionalen Privatisierung keine hoheitlichen Befugnisse, also dem Staat vorbehaltene öffentlich-rechtliche Instrumentarien, übertragen. Ebenso ist der Versuch, die Beleihung als eine Form der Aufgabenprivatisierung zu klassifizieren, abzulehnen[76], da trotz der selbständigen Ausübung hoheitlicher Befugnisse durch den Beliehenen, die Aufgabe als solche bei der öffentlichen Hand verbleibt und diese als Aufgabenträger den Beliehenen beaufsichtigen darf. Auch die Annahme von Burgi[77] und Peine,[78] die von der Beleihung als einer Form der Organisationsprivatisierung sprechen, da die Aufgabe an sich beim Staat verbleibt, die Erfüllung allerdings von einer privaten „Organisationseinheit“ übernommen wird,[79] ist im Ergebnis zu verneinen. Zum einen handelt es sich bei der Organisationsprivatisierung um einen Wechsel der Organisations- bzw. Handlungsform, weswegen die Einbeziehung eines privaten Rechtssubjektes dieser Definition schon widerspricht. Zum anderen ist auch die Begründung abzulehnen, man bediene sich bei der Beleihung durch die private Organisationseinheit einem Rechtsinstitut des Privatrechts. Auch wenn der Private mit Aufgaben betraut wird, handelt es sich dabei nicht um eine Privatisierung, da er kraft gesetzlicher Grundlage hoheitliche Rechte übertragen bekommt und damit der staatlichen Organisation angegliedert wird. Er wird zum verlängerten Teil der Staatsorganisation.[80] Damit läuft die Annahme, die Beleihung sei eine Form der Organisationsprivatisierung sogar jeglicher Form von Privatisierung entgegen, da unter Rückgriff auf den eingangs aufgestellten abstrakten Privatisierungsbegriff kein Prozess aus der Staatlichkeit in die Privatheit ersichtlich ist, sondern vielmehr der Private „verstaatlicht“ wird.[81]
Durch die Übertragung hoheitlicher Befugnisse ist der Beliehene zugleich Behörde i. S. v. § 1 IV BVwVfG[82], Beamter im staatshaftungsrechtlichen Sinne und Amtsträger im strafrechtlichen Sinne[83]. Zwar nutzt der Staat bei diesem Modell die Sachkunde und Flexibilität privater Personen, dennoch handelt es sich dabei um eine klassische Figur des Allgemeinen Verwaltungsrechts.
III. Zwischenergebnis
Die vorangegangenen Darlegungen haben gezeigt, dass es sich bei der Privatisierung um die Verlagerung der Rechtsmacht vom Staat in Richtung „privat“ handelt und meist eine Neustrukturierung der Mechanismen zur arbeitsteiligen Aufgabenerledigung zwischen Staat und Privaten, durch Erhöhung des Anteils privater Eigenverantwortung, zur Folge hat. Dabei lassen sich zwei wesentliche Grundformen der Privatisierung unterscheiden: die formelle und die materielle Privatisierung. Bei der formellen Privatisierung wird innerhalb der Verwaltung eine privatrechtliche Form angenommen oder eingeführt, ohne dass dabei ein Privater in den Vorgang einbezogen wird. Demgegenüber wird bei der materiellen Privatisierung ein Privater in den Privatisierungsvorgang durch die Übertragung von Vermögen, Aufgaben oder der Aufgabendurchführung einbezogen.
Bei dem Rechtsinstitut der Beleihung handelt es sich dagegen um eine „Zwischenkategorie“:[84] Einerseits weist die Beleihung Charakteristika verschiedener Privatisierungstypen auf und stellt eine sinnvolle Alternative zur vollständigen Privatisierung dar. Andererseits ist die Beleihung keine Form der Privatisierung, da eine natürliche oder juristische Person des Privatrechts einem Bereich der Staatsorganisation angegliedert und somit der Beliehene aufgrund seiner Nähe zur öffentlich rechtlichen Verwaltung eher als „ein Stück juristische Person des öffentlichen Rechts“[85] bezeichnet werden kann.
Obgleich die geschilderten Ausführungen zum Rechtsinstitut der Beleihung eindeutig belegt haben, dass die Beleihung keine Form von Privatisierung darstellt, gehen die Meinungen im Schrifttum noch immer weit auseinander. Da auch hinsichtlich der Reform des Gerichtsvollzieherwesens von einer „Privatisierung in der Form der Beleihung“[86] die Rede ist und der Kern der vorliegenden Untersuchung der Frage der Verfassungsmäßigkeit des Reformvorhabens nachgehen soll, wird der Einfachheit halber im Verlauf der weiteren Arbeit an dieser Terminologie festgehalten.
B. Der normative Hintergrund des Zwangsvollstreckungsrechts in Deutschland
Das aktuelle Reformvorhaben hinsichtlich einer Privatisierung des Gerichtsvollzieherwesens kann nur angemessen gewürdigt werden, wenn der normative Hintergrund des deutschen Zwangsvollstreckungsrechts in die Betrachtung einbezogen wird. Deshalb ist es unverzichtbar, zunächst die Grundlagen des Zwangsvollstreckungsrechts zu erörtern und anschließend den Gerichtsvollzieher als Organ der Zwangsvollstreckung vorzustellen.
I. Grundlagen des Zwangsvollstreckungsrechts
1. Begriff und Funktion der Zwangsvollstreckung
Die Zwangsvollstreckung ist ein staatliches Verfahren zur zwangsweisen Durchsetzung oder Sicherung von privatrechtlichen Leistungsansprüchen des Gläubigers gegen den Schuldner.[87] Die Durchsetzung obliegt ausschließlich hoheitlich handelnden staatlichen Vollstreckungsorganen.[88] Die wichtigste Rechtsquelle der Zwangsvollstreckung ist das 8. Buch der ZPO.
Das staatliche Zwangsvollstreckungsverfahren ist sowohl das Ergebnis der Justizgewährungspflicht als auch des Zwangs- und Gewaltmonopols des Staates. Die Justizgewährungspflicht des Staates umfasst die Schaffung wirkungsvoller rechtsstaatlicher Verfahren.[89] Sie wirkt korrespondierend mit dem Selbsthilfeverbot des Gläubigers, dem es von einigen Ausnahmen (§§ 229 f., 859 BGB) abgesehen, verboten ist, sein Recht durch Selbstjustiz durchzusetzen. Der Staat hat dagegen das Zwangs- und Gewaltmonopol, das den Rechtsschutz des Einzelnen gewährleisten soll. Der Gläubiger hat deshalb unter bestimmten Voraussetzungen aufgrund des Selbsthilfeverbots einerseits und dem Justizmonopol des Staates andererseits, einen verfassungsrechtlich geschützten Anspruch gegen den Staat auf die Durchsetzung seines Vollstreckungsanspruchs gegen den Schuldner. Hergeleitet wird der Justizgewährungsanspruch aus der Rechtsschutzgarantie einzelner Grundrechte (wichtigster Fall: Art. 14 GG) und dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 III, 28 I 1 GG).[90]
2. Abgrenzung zur behördlichen Zwangsvollstreckung
Die Feststellung und Durchsetzung privater Rechte sind Teile des Zivilprozesses und damit Bestandteil der ZPO. Obgleich zwei natürliche Personen des Privatrechts das Bestehen ihrer Ansprüche vor Gericht in einem Erkenntnisverfahren festgestellt und im Rahmen der Zwangsvollstreckung durchgesetzt haben wollen, regelt das Zivilprozessrecht nicht Streitigkeiten zwischen zwei gleichgestellten Parteien, sondern das Verhältnis zwischen dem Gericht und den Streitparteien. Das Zivilprozessrecht ist somit Teil des öffentlichen Rechts.[91]
Neben der ZPO enthalten weitere Gesetze des Bundes und der Länder Vorschriften der Zwangsvollstreckung. Diese regeln allerdings nicht die Beziehung zwischen zwei Privatrechtssubjekten, sondern die Vollstreckung öffentlich-rechtlicher Titel der Behörden. Obgleich die Vollstreckungsgesetze der Behörden an das 8. Buch der ZPO angelehnt sind, stehen die Ansprüche der Finanz-, Justiz-, Sozial- und Zollbehörden außerhalb der ZPO und werden nach eigenen, teilweise abweichenden Regeln vollstreckt.[92] Ein wesentlicher Unterschied zur Zwangsvollstreckung aus privatrechtlichen Titeln liegt vor allem im Prinzip der Selbsttitulierung.[93] Demnach ist das Erkenntnisverfahren der ZPO entbehrlich, da sich die Verwaltungsbehörden den Vollstreckungstitel selbst schaffen können. Der in Form eines Verwaltungsaktes geschaffene Titel wird durch eigene Vollziehungsbeamte der verschiedenen Behörden durchgesetzt.
II. Organe der Zwangsvollstreckung
Im Gegensatz zu anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union[94] ist das deutsche Zwangsvollstreckungsverfahren dezentral strukturiert, d. h. für die verschiedenen Vollstreckungsarten wird die Zuständigkeit und Verantwortung auf mehrere Organe verteilt.[95] Dazu zählen der Gerichtsvollzieher, das Vollstreckungsgericht, das Prozessgericht und das Grundbuchamt.
1. Das Vollstreckungsgericht
Das Vollstreckungsgericht ist ein Organ der Zwangsvollstreckung. Dabei handelt es sich gem. § 764 I, II ZPO um das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Zwangsvollstreckung stattfinden soll oder stattgefunden hat. Es ist ausschließlich i. S. v. § 802 ZPO zuständig, d. h. es kann nicht durch eine Parteivereinbarung außer Kraft gesetzt werden.
Das Vollstreckungsgericht ist eine der tragenden Säulen im System der Zwangsvollstreckung, da es einerseits Vollstreckungsmaßnahmen erlässt und Entscheidungen über Rechtsbehelfe fällt, andererseits aber auch Vollstreckungsmaßnahmen vornehmen kann.[96]
Das Vollstreckungsgericht wird weitestgehend durch den Rechtspfleger, z. T. aber auch durch den Richter tätig. Die Übertragung der Geschäfte im Vollstreckungsverfahren auf den Rechtspfleger erfolgt über §§ 3 Nr. 1 i, 20 Nr. 15-17 RPflG. Er ist zuständig für die Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen in Forderungen und andere Vermögensrechte (§§ 828 ff., 857 f. ZPO), die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen (§§ 1, 163 ZVG) und das Verteilungsverfahren (§§ 872 ff. ZPO). Der Richter ist dagegen nur für die Anordnung einer Durchsuchung der Wohnung des Schuldners gem. § 758a ZPO, sowie für Entscheidungen über Rechtsbehelfe gem. § 766 ZPO zuständig.
2. Das Prozessgericht
Das Prozessgericht wird nur in wenigen Fällen als Vollstreckungsorgan tätig. Als Prozessgericht wird i. d. R. das Amtsgericht oder das erstinstanzliche Landgericht gerufen und ist funktionell für die Zwangsvollstreckung zur Erwirkung von Handlungen und Unterlassungen (§§ 887 ZPO) zuständig. Zudem ist es zuständig für die Erteilung und Umschreibung der Vollstreckungsklausel (§§ 725 – 749 ZPO), sowie zur Durchführung der Prozesse, die sich aus den Rechtsbehelfen der Zwangsvollstreckung ergeben.[97] Im Gegensatz zum Vollstreckungsgericht entscheidet im Prozessgericht stets der Richter und nie der Rechtspfleger (§ 20 Nr. 17 RPflG).[98]
3. Das Grundbuchamt
Das Grundbuchamt kann ebenfalls als Organ der Zwangsvollstreckung tätig werden. Die funktionelle Zuständigkeit ist dabei allerdings auf die Eintragung von Zwangshypotheken i. S. v. §§ 866 ff. ZPO beschränkt, sowie einige Hilfstätigkeiten im Rahmen der Zwangsvollstreckung in Rechte an Grundstücken (§§ 830 I 3, 857 VI ZPO).[99] Die Eintragung erfolgt durch den Rechtspfleger (§ 3 Nr. 1 h RPflG). Das Grundbuchamt handelt als Vollstreckungsbehörde und als Organ der freiwilligen Gerichtsbarkeit.[100]
III. Der Gerichtsvollzieher als Organ der Zwangsvollstreckung: Aufgaben, Kompetenzen und Reformbemühungen
Neben den bereits vorgestellten Organen ist es der Gerichtsvollzieher, der als das zentrale Organ der Zwangsvollstreckung bezeichnet werden kann, da er i. S. v. § 753 I ZPO grundsätzlich für alle Vollstreckungsmaßnahmen zuständig ist, sofern diese nicht den Gerichten zugewiesen sind. Da die Arbeit des Gerichtsvollziehers im Falle einer erfolgreichen Reform von tiefgreifenden Veränderungen betroffen wäre, sollen im Folgenden seine gegenwärtigen Aufgaben und Kompetenzen dargelegt und anschließend anhand eines Vergleichs mit anderen europäischen Gerichtsvollzieherstrukturen hinsichtlich ihres Reformbedarfs diskutiert werden. Als Ausgangspunkt der Betrachtung soll die historische Entwicklung des Gerichtsvollziehersystems dienen.
1. Die historische Entwicklung des Gerichtsvollziehersystems
Die historische Entwicklung im 19. Jahrhundert
Den Gerichtsvollzieher als Organ der Zwangsvollstreckung gibt es in Deutschland seit Verabschiedung der Reichsjustizgesetze, die für die Gebiete der Gerichtsverfassung, des Konkursrechts, des Straf- und Zivilprozesses beschlossen und am 1.10.1879 in Kraft getreten sind.[101] Diese waren nach der Reichsgründung von 1871 notwendig geworden, da sich die politisch und wirtschaftlich geeinten deutschen Länder einer Rechtssplitterung ausgesetzt sahen und es an einer einheitlichen Rechtsordnung mangelte.[102]
Bis zu diesem Zeitpunkt war in einigen Landesteilen der Fronbote als Unterbeamter des Vollstreckungsgerichts mit Vollstreckungsaufgaben betraut. Zu seinen Aufgaben zählten u. a. der Vollzug des Arrestes, die Inhaftnahme des Schuldners, die Beschlagnahmung des Vermögens und die Überlassung an den Gläubiger.[103] Er erhielt keine festen Bezüge und war aufgrund der Machtbefugnisse des Richters in der Freiheit seines Handelns stark eingeschränkt.[104] Neben dem Fronboten war in anderen Ländern des deutschen Reiches der Huissier das zuständige Vollstreckungsorgan. Der Huissier hat seinen Ursprung im Napoleonischen CPC. Der CPC wurde 1806 in den preußischen Rheinländern eingeführt und bestand dort auch nach der Herrschaft Napoleons fort, allerdings wurde die Bezeichnung „Huissier“ 1813 in „Gerichtsvollzieher“ umbenannt.[105] Der Huissier war ein staatlich beliehenes freies Vollstreckungsorgan[106], der mit der Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Urkunden, der Sach- und Forderungspfändung, sowie mit der Beschlagnahme von Immobilien betraut war[107]. Er handelte als selbständiges, mit eigener Amtsgewalt ausgerüstetes Rechtspflegeorgan[108], der anstelle eines festen Gehalts auf die von ihm vereinnahmten Gebühren angewiesen war[109]. Das Napoleonische Modell beeinflusste auch die Vollstreckungsordnungen in Nassau (1848), Hannover (1850) und Bayern (1869).[110]
Mit dem Inkrafttreten der Zivilprozessordnung und dem Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) am 01. Oktober 1879 sollte eine schnellere und effektivere Zwangsvollstreckung geschaffen werden. Um den unterschiedlichen Statusverhältnissen der Gerichtsvollzieher in den einzelnen Ländern des deutschen Reiches umfassend Rechnung zu tragen, verzichtete der Gesetzgeber auf eine einheitliche gesetzliche Regelung des Gerichtsvollziehersystems und schuf dagegen mit § 154 GVG lediglich einen rechtlichen Rahmen, der es den einzelnen Ländern ermöglichen sollte, unter Bezugnahme auf die jeweiligen territorialen Verhältnisse, das Gerichtsvollziehersystem auszugestalten.[111]
Die historische Entwicklung im 20. Jahrhundert
Trotz der einheitlichen Rahmenbedingungen, die mit der ZPO und dem GVG in Deutschland geschaffen wurden, war die Arbeit des Gerichtsvollziehers in den einzelnen Ländern nach wie vor unterschiedlich organisiert. So arbeitete bis 1900 in Preußen der vom Gläubiger frei wählbare Gerichtsvollzieher mit eigenem Dienstzimmer, der neben einem garantierten Mindestgehalt von 1.800 Mark auch den Ersatz seiner Auslagen, sowie einen Anteil an den vereinnahmten Gebühren erhielt.[112] Als Folge des Wettbewerbs zwischen den Gerichtsvollziehern waren Korruption, Härte und sehr unterschiedliche Einkünfte der Gerichtsvollzieher Bestandteile des Vollstreckungssystems. Um dem entgegenzuwirken, erfolgte in vielen Ländern eine Umgestaltung des Gerichtsvollziehersystems, das die Abschaffung des frei wählbaren Gerichtsvollziehers vorsah.[113] Während einige Länder, wie Preußen, Thüringen und Bremen, den Bezirksgerichtsvollzieher mit eigenem Dienstzimmer einführten, der neben einem Festgehalt auch den Ersatz seiner Auslagen und anteilig die vereinnahmten Gebühren erhielt, installierten die Länder Hamburg, Sachsen, Lübeck, Württemberg, Bayern und Baden das Amts-System, das in den einzelnen Ländern allerdings unterschiedlich ausgestaltet war. Zwar waren die Gerichtsvollzieher grundsätzlich räumlich in einem Amt organisiert und erhielten ein festes Gehalt, jedoch waren sie in einigen Ländern für ihre Auslagen selbst verantwortlich bzw. stand ihnen in Lübeck und Württemberg ein Geschäftszimmer nach preußischem Vorbild zu.[114]
Ungeachtet der Kritik am frei wählbaren preußischen Gebührengerichtsvollzieher hielten Hessen und Mecklenburg bis 1938 an diesem Modell fest. So konnten die Gläubiger unter mehreren Gerichtsvollziehern eines Amtsbezirks frei wählen. Die Gerichtsvollzieher bezogen kein festes Gehalt oder erhielten eine Unterhaltsentschädigung für ein Dienstzimmer, sondern waren stattdessen auf die vereinnahmten Gebühren angewiesen.[115] Ein rechtseinheitliches Gerichtsvollziehersystem wurde schließlich mit dem Erlass neuer Dienstvorschriften im Jahre 1954 angestrebt und 1964 mit den Umstellungen in Baden-Württemberg und Bayern auch erreicht.[116] Die bundeseinheitliche Regelung sieht ein System des Bezirksgerichtsvollziehers vor, das dem Gerichtsvollzieher ein eigenes Dienstzimmer, einen festen Bezirk und neben einem festen Gehalt auch einen Gebührenanteil, sowie die Erstattung seiner Auslagen zusichert.[117] Dieses einheitliche Modell hat in Deutschland auch heute noch Bestand.
[...]
[1] Schulze-Fielitz, in: Grundlagen des Verwaltungsrechts, § 12 Rn 91
[2] BT-Drs. 16/5727, S. 1
[3] Stellungnahme des DGVB
[4] Stellungnahme des BMJ
[5] BT-Drs. 16/5727, S. 110
[6] Stellungnahme der NRV
[7] Stellungnahme der DJG
[8] Dazu ausführlich Kämmerer, JZ 1996, S. 1043
[9] Ders., Privatisierung, S. 9
[10] Ders., JZ 1996, S. 1043
[11] Ders., Privatisierung, S. 17
[12] Ders., JZ 1996, S. 1043
[13] Ders., Privatisierung, S. 37
[14] Schuppert, in: Der integrierte Staat, S. 44
[15] Kämmerer, Privatisierung, S. 24
[16] Vgl. Di Fabio, JZ 1999, S. 588 f.;
Schulze-Fielitz, in: Grundlagen des Verwaltungsrechts § 12 Rn 108 ff.
[17] Die Darstellung der formellen und materiellen Privatisierung war bereits Gegenstand einer Seminararbeit im Wintersemester 2006/07 und ist z. T. in die Bearbeitung mit eingeflossen. Vgl. daher Pilz, Formen, Grundlagen und Determinanten der Privatisierung, S. 6 - 13. Aus: Seminar Wandlungen des Staatlichen, Seminarleiter: Prof. Dr. A. Scherzberg.
[18] Schmidt, in: Grundfragen des Verwaltungsrechts und der Privatisierung, S. 213
[19] Burgi, in: Allgemeines Verwaltungsrecht, § 9 Rn 11
[20] Lee, Privatisierung als Rechtsproblem, S. 57
[21] Möschel, JZ 1988, S. 886
[22] Lee, Privatisierung als Rechtsproblem, S. 150
[23] So Di Fabio, JZ 1999, S. 588 f.; Schulze-Fielitz, in: Grundlagen des Verwaltungsrechts, § 12 Rn 109.
[24] Schmidt, ZGR 1996, S. 347
[25] Lee, Privatisierung als Rechtsproblem, S. 152 f.
[26] Schmidt, ZGR 1996, S. 348
[27] Weizsäcker, Grenzen der Privatisierung, S. 18
[28] Lee, Privatisierung als Rechtsproblem, S. 150
[29] Möschel, JZ 1988, S. 886
[30] Schulze-Fielitz, in: Grundlagen des Verwaltungsrechts, § 12 Rn 132
[31] Vgl. statt vieler Kämmerer, Privatisierung, S. 21
[32] Vitzthum, AÖR 1979, S. 589
[33] Sterzel, in: Handbuch Privatisierung, S. 137 Rn 163
[34] S chulze-Fielitz, in: Grundlagen des Verwaltungsrechts, § 12 Rn 112
[35] Burgi, in: Allgemeines Verwaltungsrecht, § 9 Rn 35
[36] Schuppert, in: Der integrierte Staat, S. 44
[37] Ders., WZB 2004, S. 7 f.
[38] Lee, Privatisierung als Rechtsproblem, S. 158
[39] BVerfGE 12, 354
[40] Möschel, JZ 1988, S. 887
[41] Vgl. Schmid, Die Zeit v. 22.06.2006
[42] Vgl. Jost, Die Zeit v. 16.03.2006
[43] Möschel, JZ 1988, S. 887
[44] Ebenda, S. 887 f.
[45] Ders., in: FS Gernhuber, S. 905
[46] Lee, Privatisierung als Rechtsproblem, S. 159
[47] Ebenda, S. 160
[48] Ebenda
[49] Burgi, in: Allgemeines Verwaltungsrecht, § 9 Rn 35
[50] Schulze-Fielitz, in: Grundlagen des Verwaltungsrechts, § 12 Rn 112
[51] statt vieler: Mackeben, Grenzen der Privatisierung der Staatsaufgabe Sicherheit,
S. 18 f.; Schuppert, in: Der integrierte Staat, S. 44
[52] dazu u.a. Kämmerer, JZ 1996, S. 1045, der die Bezeichnung aufgabenbezogene
Privatisierung vorzieht
[53] Lee, Privatisierung als Rechtsproblem, S. 163
[54] Mackeben, Grenzen der Privatisierung der Staatsaufgabe Sicherheit, S. 20
[55] Schulze-Fielitz, in: Grundlagen des Verwaltungsrechts, § 12 Rn 58
[56] Burgi, in: Allgemeines Verwaltungsrecht, § 9 Rn 38
[57] Schuppert, in: Der integrierte Staat, S. 45
[58] Sterzel, in: Handbuch Privatisierung, S. 140 Rn 168
[59] Lee, Privatisierung als Rechtsproblem, S. 166
[60] Di Fabio, JZ 1999, S. 589
[61] Burgi, in: Allgemeines Verwaltungsrecht, § 9 Rn 31
[62] Vgl. Lee, Privatisierung als Rechtsproblem, S. 24
[63] Vgl. von Heimburg, Verwaltungsaufgaben und Private, S. 33 ff.
[64] Vgl. Ebenda, S. 112; außerdem Remmert, Private Dienstleistungen in staatlichen
Verwaltungsverfahren, S. 255
[65] Burgi, in: FS Maurer, S. 588
[66] Ebenda, S. 585
[67] Schachtschneider, Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 240
[68] Burgi, in: FS Maurer, S. 584
[69] Peine, DÖV 1997, S. 361
[70] Freitag, Das Beleihungsrechtsverhältnis, S. 17
[71] Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 79
[72] von Heimburg, Verwaltungsaufgaben und Private, S. 114
[73] Freitag, Das Beleihungsrechtsverhältnis, S. 23 f.
[74] Remmert, Private Dienstleistungen in staatlichen Verwaltungsverfahren, S. 255
[75] Freitag, Das Beleihungsrechtsverhältnis, S. 26
[76] Vgl. dazu von Arnim, Rechtsfragen der Privatisierung, S. 17 f.
[77] Burgi, in: Allgemeines Verwaltungsrecht, § 9 Rn 25
[78] Peine, DÖV 1997, S. 361
[79] Burgi, Funktionale Privatisierung, S. 79
[80] Schachtschneider, Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 240
[81] Ähnlich Scherzberg, NVwZ 2006, S. 383
[82] Schachtschneider, Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 240
[83] Lee, Privatisierung als Rechtsproblem, S. 178
[84] Von Arnim, Rechtsfragen der Privatisierung, S. 18
[85] Remmert, Private Dienstleistungen in staatlichen Verwaltungsverfahren, S. 258
[86] Hess, Die Neuorganisation des Gerichtsvollzieherwesens in Deutschland, S. 13
[87] Brox / Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, § 1 Rn 1
[88] Gottwald, Zwangsvollstreckung, Rn 2
[89] Baur / Stürner / Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht, § 1 Rn 1.3
[90] u.a. Hess, Study JAI A3/2002/02, S. 13, Baur / Stürner / Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht, § 1 Rn 1.3
[91] Lüke, Zivilprozessrecht, § 1 Rn 2
[92] Gottwald, Zwangsvollstreckung, Rn 5
[93] Hess, Die Neuorganisation des Gerichtsvollzieherwesens in Deutschland, S. 20
[94] So befürworten bspw. Spanien und Schweden ein zentralisiertes System mit nur
einem zuständigen Organ (Vollstreckungsgericht oder Vollstreckungsbehörde).
[95] Hess, Study JAI A3/2002/02, S. 13
[96] Lüke, Zivilprozessrecht, § 54 Rn 516
[97] Gottwald, Zwangsvollstreckung, Rn 24 f.
[98] Brox / Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, § 1 Rn 15
[99] Lackmann, Zwangsvollstreckungsrecht, § 3 Rn 15
[100] Baur / Stürner / Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht, § 8 Rn 8.35
[101] Meder, Rechtsgeschichte, S. 317
[102] Gottwald, Insolvenzrechtshandbuch, S. 7
[103] Becker, Insolvenzrecht, S.18
[104] Seip, DGVZ 1997, S. 104
[105] Deutsch, DGVZ 2007, S. 1
[106] Mroß, DGVZ 2005, S. 56
[107] Zum Huissiers in Frankreich und seiner Bedeutung für Deutschland: Deutsch, DGVZ 2007, S. 1 ff.
[108] Eich, DGVZ 1985, S. 16
[109] Seip, DGVZ 1997, S. 104
[110] Ebenda
[111] Eich, DGVZ 1985, S. 17
[112] Mroß, DGVZ 2005, S. 56
[113] Eich, DGVZ 1985, S. 17
[114] Seip, DGVZ 1997, S. 105 f.
[115] Eich, DGVZ 1985, S. 17
[116] Ebenda, S. 18
[117] Seip, DGVZ 1997, S. 106
- Quote paper
- M.A. Stefan Pilz (Author), 2008, Die Privatisierung des Gerichtsvollzieherwesens, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/91492
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