Zu sprechen - das heißt: sich zu verständigen, zu kommunizieren, Gedanken zu formulieren und das auf mannigfaltige Weise. Anders als für den Sprachwissenschaftler Ferdinand de Saussure, der Sprache vorrangig als Zeichensystem verstand (vgl. Saussure 1931, S. 76 ff.), ist Sprache für den französischen Soziologen Pierre Bourdieu nicht nur ein Kommunikationsmittel, sondern auch ein Instrument sozialen Handelns – ein Mittel der Herrschaft. Bedeutend ist die praktische Aufgabe, die der Sprache zukommt, und ihre Umsetzung im sozialen Kontext. Denn mit Hilfe der Sprache können Machtverhältnisse erzeugt werden und sie kann sogar "als Mittel zu Nötigung und Zwang" (Thompson 1990, S. 1) verwendet werden. Aber kann Sprache tatsächlich den sozialen Status eines Jeden bestimmen? Inwiefern spielen Habitus und Erscheinung eine entscheidende Rolle bei der Einteilung in soziale Klassen? Und letztendlich könnte die Frage interessant sein, inwieweit schon Kinder ihre Positionen untereinander durch sprachliche Interaktion festlegen und wie erheblich und maßgeblich der Anteil der Sprache, als Teil des Habitus, an dieser Rollen- und Positionsverteilung ist. Pierre-Félix Bourdieu wurde am 01. August 1930 in Denguin in Frankreich als Sohn einer Hausfrau und eines Postangestellten geboren. Nach seinem Philosophiestudium an der Sorbonne und der École Normale Supérieure in Paris, einer der renommiertesten Ausbildungsstätten des französischen Erziehungswesens, arbeitete er zunächst als Lehrer, um dann von 1958 bis 1960 in Algerien erste Feldforschungen über das dortige Berbervolk der Kabylen zu unternehmen. Diese Forschungen begründeten seine Hinwendung zur Soziologie, da er bewußt die Verwandtschaftsverhältnisse, Rituale und die symbolischen Machtverhältnisse der Kabylen empirisch untersuchte und dabei feststellte, dass die Auseinandersetzung mit dem eigentlichen Land Algerien ein größeres Interesse bei ihm weckte, als die distanzierte Betrachtung aus philosophischer Sicht.
Bis 1960 lehrte Bourdieu an der Universität von Algier. Er widmete sich in seinen Studien besonders dem Alltagsleben von Algier und dem Algerienkrieg, der zu dieser Zeit das Leben in Algerien bestimmte.
Gliederung
Einleitung
1. Kurzbiografie: Pierre-Félix Bourdieu
2. Habitus, performative Magie, Einsetzungsriten
Habitus
Performative Magie und Einsetzungsriten
3. Zusammenfassung
Bibliografie
Einleitung
Zu sprechen - das heißt: sich zu verständigen, zu kommunizieren, Gedanken zu formulieren und das auf mannigfaltige Weise. Anders als für den Sprachwissenschaftler Ferdinand de Saussure, der Sprache vorrangig als Zeichensystem verstand (vgl. Saussure 1931, S. 76 ff.), ist Sprache für den französischen Soziologen Pierre Bourdieu nicht nur ein Kommunikationsmittel, sondern auch ein Instrument sozialen Handelns – ein Mittel der Herrschaft. Bedeutend ist die praktische Aufgabe, die der Sprache zukommt, und ihre Umsetzung im sozialen Kontext. Denn mit Hilfe der Sprache können Machtverhältnisse erzeugt werden und sie kann sogar "als Mittel zu Nötigung und Zwang" (Thompson 1990, S. 1) verwendet werden. Aber kann Sprache tatsächlich den sozialen Status eines Jeden bestimmen? Inwiefern spielen Habitus und Erscheinung eine entscheidende Rolle bei der Einteilung in soziale Klassen? Und letztendlich könnte die Frage interessant sein, inwieweit schon Kinder ihre Positionen untereinander durch sprachliche Interaktion festlegen und wie erheblich und maßgeblich der Anteil der Sprache, als Teil des Habitus, an dieser Rollen- und Positionsverteilung ist.
1. Kurzbiografie: Pierre-Félix Bourdieu
Pierre-Félix Bourdieu wurde am 01. August 1930 in Denguin in Frankreich als Sohn einer Hausfrau und eines Postangestellten geboren. Nach seinem Philosophiestudium an der Sorbonne und der École Normale Supérieure in Paris, einer der renommiertesten Ausbildungsstätten des französischen Erziehungswesens, arbeitete er zunächst als Lehrer, um dann von 1958 bis 1960 in Algerien erste Feldforschungen über das dortige Berbervolk der Kabylen zu unternehmen. Diese Forschungen begründeten seine Hinwendung zur Soziologie, da er bewußt die Verwandtschaftsverhältnisse, Rituale und die symbolischen Machtverhältnisse der Kabylen empirisch untersuchte und dabei feststellte, dass die Auseinandersetzung mit dem eigentlichen Land Algerien ein größeres Interesse bei ihm weckte, als die distanzierte Betrachtung aus philosophischer Sicht.
Bis 1960 lehrte Bourdieu an der Universität von Algier. Er widmete sich in seinen Studien besonders dem Alltagsleben von Algier und dem Algerienkrieg, der zu dieser Zeit das Leben in Algerien bestimmte.
Nach seiner Lehrtätigkeit in Algier ging Bourdieu zurück nach Frankreich. Bourdieu war unter anderem tätig als Lehrer, Professor, Dozent und Studiendirektor, widmete sich aber dennoch intensiv seinen empirischen Forschungen, die hauptsächlich das gesellschaftliche Alltagsleben untersuchten. Er analysierte in dieser Zeit besonders die sozial ungleichen Strukturen innerhalb der Gesellschaft, wobei ihm immer wieder eine Nähe zu dem Klassenmodell von Marx nachgesagt wird (vgl. Tieben 2003). Von großer Bedeutung ist seine 'Theorie der Praxis', in der er die Begriffe Habitus, sozialer Raum, soziales Feld und Kapital weiterentwickelt und somit neu definiert.
1985 wurde er Direktor des Centre de Sociologie Européenne am Collège de France in Paris, an welchem er bereits seit drei Jahren eine Professur für Soziologie besaß.
Am 23. Januar 2002 verstarb Bourdieu in Paris an einem Krebsleiden.
2. Habitus, performative Magie, Einsetzungsriten
Die subtilen Vorgänge zwischenmenschlichen Zusammenlebens wurden von Bourdieu mehrfach hinterfragt und empirisch untersucht und sind Gegenstand seines Buches "Was heisst sprechen?" (vgl. Bourdieu 1990). Er analysiert hierin Kommunikation und Sprache unter dem Aspekt der Rentabilität, indem er untersucht, wieviel Macht der Sprechende oder das Gesprochene besitzt und inwiefern so eine erfolgreiche Handlung vollzogen werden kann. Er fasst seine Untersuchung unter dem Titel "Zur Ökonomie sprachlichen Tausches" zusammen. Besondere Aufmerksamkeit gilt den Begrifflichkeiten Habitus, performative Magie und Einsetzungsriten. Anhand dieser veranschaulicht Bourdieu seine Theorie der Sprache als Machtinstrument.
Habitus
Der Habitus drückt sich nach Bourdieu im gesamten Auftreten, Verhalten und Benehmen einer Person, zum Beispiel im Lebensstil, in der Kleidung und der Art und Weise des sprachlichen Ausdrucks aus. Damit wird er zu einem unbewussten System der Differenzierung (vgl. Ebrecht 2004, S. 229). Der Habitus ist Bestandteil dreier analytischer Ebenen im sozialen Raum, die in der Realität nicht voneinander zu trennen sind. "[D]ie Strukturebene der objektiv-materialen sozialen Beziehungen" (Audehm 2001, S. 104) ist der erste Bestandteil. Hierzu zählt u.a. das Kapital, wobei Bourdieu vier verschiedene Typen unterscheidet: ökonomisches, kulturelles, soziales und symbolisches Kapital. Die Strukturebene ist also durch ihre objektiv bewertbaren Lebensbedingungen charakterisiert, wie Vermögen oder materieller Besitz im Allgemeinen, wodurch sie sich grundsätzlich von der zweiten analytischen Ebene - der Ebene sozialer Praxis - unterscheidet, da diese sich durch subjektive Manifestationen auszeichnet: Hier finden die Bedingungen ihren Ausdruck in bestimmten Lebensstilen, wie etwa der Besuch der Oper in manchen sozialen Kreisen selbstverständlich ist bzw. als Unterstreichung der eigenen individuellen kulturellen Bildung gilt und in anderen Klassen als fremd empfunden und ganz trivial als spießiges Monotonieerlebnis bezeichnet wird. Beide Ebenen werden "als System von Dispositionen transformiert" (Audehm 2001, S. 104) und bilden somit den Habitus, die dritte analytische Ebene.
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- Citation du texte
- Anne Kuhnert (Auteur), 2006, Die Macht der Sprache, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/91397
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