In der Arbeit soll untersucht werden, in welchem Zusammenhang die Organisationskultur eines Unternehmens und die Entwicklung, Einführung, Herstellung und Veräußerung von Produkt-Service-Systems (PSS) stehen. Im Mittelpunkt sollen die Kernfragen stehen, welche spezifischen oder typischen Konfigurationen von PSS-orientierten Organisationskulturen sich identifizieren lassen und welchen Einfluss die Organisationskultur beim Servitizationprozess hat. Unter Konfigurationen soll das Zusammenspiel verschiedener Kulturelemente, welche nach Edward Schein im Weiteren definiert werden, verstanden werden.
Bei der Servitization entwickeln sich Geschäftsmodelle rund um das physische Produkt, wobei der Anbieter zusätzlich unterstützende Dienstleistungen in Form eines Produkt-Service-Systems (PSS) bietet. Allerdings können viele PSS-Anbieter die potenziellen Vorteile dieses hybriden Angebots aufgrund von Schwierigkeiten bei der Umsetzung nicht erreichen. Die Dienstleistungen erfordern grundlegend andere Operationen als die traditionelle Herstellung.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
1.1. Problemstellung und Forschungsfrage
1.2. Aufbau der Arbeit
2. Organisationskultur
2.1. Was ist Organisationskultur und was sind ihre Schlüsselkomponenten?
2.2. Wie wird Organisationskultur geformt?
2.2.1. Einfluss des Gründers
2.2.2. Industrielle Einflüsse
2.3. „Stärke“ der Organisationskultur
2.3.1. Vorteile einer starken Organisationskultur
2.3.2. Nachteile einer starken Organisationskultur
2.4. Kann Organisationskultur „geführt“ werden?
2.5. Wie beeinflusst Organisationskultur die Unternehmensperformance?
3. Product-Service Systems
3.1. Entwicklung und Merkmale von Product-Service Systems
3.1.1. Servitization
3.1.2. PSS-Kategorien
3.2. Die Vorteile eines PSS
3.3. Lebenszyklusphasen eines Product-Service Systems
4. PSS-orientierte Organisationskulturen
4.1. Methode
4.2. systematische Literaturanalyse
4.3. Ergebnisse
4.4. Methodendiskussion und Limitationen
5. Fazit
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Ebenen der Organisationskultur
Abbildung 2: Competing Values Framework (CVF)
Abbildung 3: Entwicklung des PSS-Konzeptes
Abbildung 4: PSS-Kategorisierung
Abbildung 5: Lebenszyklusphasen eines PSS
Abbildung 6: Path-agency-culture (PAC) framework
1. Einleitung
Bei der Servitization entwickeln sich Geschäftsmodelle rund um das physische Produkt, wobei der Anbieter zusätzlich unterstützende Dienstleistungen in Form eines Produkt-Service-Systems (PSS) bietet (Nemoto, Akasaka & Shimomura, 2015). Allerdings können viele PSS-Anbieter die potenziellen Vorteile dieses hybriden Angebots aufgrund von Schwierigkeiten bei der Umsetzung nicht erreichen. Die Dienstleistungen erfordern grundlegend andere Operationen als die traditionelle Herstellung (Alghisi & Saccani 2015; Peillon, Pellegrin & Burlat, 2015). Der Erfolg des PSS hängt stark von den einzelnen Mitarbeitern ab, da sie die Schnittschnelle zum Kunden und Vermittler der Kundenbeziehungen sind (Kreye, Newnes & Goh, 2014). Der einzelne Mitarbeiter spielt eine zentrale Rolle bei der Realisierung der Wertschöpfung zwischen Anbieter und Kunde (Smith, Ng & Maull, 2012) und ist damit der Kern für das Geschäft der PSS-Anbieter. Es sind die Unternehmen die ein PSS bereitstellen, aber es sind die Mitarbeiter, die mit einbezogen werden müssen um das gesamte PSS effizient zu unterstützen. Die Verhaltensweisen sowie die Einstellungen der einzelnen Mitarbeiter beeinflussen das Ergebnis des Unternehmens (Spector, 1997).
In den letzten Jahren hat das Verständnis der Servitization immer mehr zugenommen. Als eine der größten Herausforderungen für die Unternehmen wurde der Erwerb einer neuen Organisationskultur definiert (Olivia & Kallenberg, 2003; Baines et al., 2009). Forscher haben sich in jüngster Zeit mit den kulturellen Phänomenen auseinandergesetzt und sehen in der Organisationskultur den Überbegriff für alle immateriellen Prozesse innerhalb des Unternehmens. Die Bedeutung der Kultur bei der Servitization ist somit offensichtlich, aber es schein einerseits schwierig eine PSS-Kultur zu definieren und andererseits darauf Einfluss zu nehmen (Nuutinen & Lappalainen, 2012).
Das Kulturkonzept, das entwickelt wurde um die Vielfältigkeit der Menschheit zu konzeptualisieren, behauptet dass wir aufgrund von sozialen Gegebenheiten unterschiedliche Auffassungen von der Natur und damit von der uns umgebenden Realität konstruieren. Kultur ist allgegenwärtig, existiert überall und hat einen bedeutenden Einfluss. Es betrifft nicht nur die sichtbaren Teile von Individuen (Verhalten und Handeln), sondern auch die unsichtbaren (Überzeugungen und Werte) (Buchanan & Huczynski, 2004). Diese komplexe Interaktion, die auf verschiedenen Ebenen zwischen Individuen und Gruppen innerhalb und mit anderen Organisationen stattfindet, kann als die primäre Determinante des Verhaltens am Arbeitsplatz angesehen werden. Die Interaktionsmuster zwischen Menschen und der äußeren Umgebung stellen eine komplexe Umgebung dar, die das Verhalten in Unternehmen beeinflusst. Aus diesem Grund sprechen immer mehr Manager davon, ihre Kultur zu ändern, eine neue Kultur zu schaffen, die Auswirkungen ihrer Kultur herauszufinden oder ihre Kultur zu bewahren (Schein, 2010).
1.1. Problemstellung und Forschungsfrage
Vor diesem Hintergrund soll in meiner Masterarbeit untersucht werden, in welchem Zusammenhang die Organisationskultur eines Unternehmens und die Entwicklung, Einführung, Herstellung und Veräußerung von PSS stehen. Im Mittelpunkt sollen die Kernfragen stehen welche spezifischen oder typischen Konfigurationen von PSS-orientierten Organisationskulturen sich identifizieren lassen und welchen Einfluss die Organisationskultur beim Servitizationprozess hat. Unter Konfigurationen soll das Zusammenspiel verschiedener Kulturelemente, welche nach Edward Schein im Weiteren definiert werden, verstanden werden.
Diese Fragestellung ist in vielerlei Hinsicht für die wirtschaftswissenschaftliche Forschung bedeutend. Organisationskultur betrifft sämtliche Ebenen des betriebswirtschaftlichen Managements. Jeder Prozess einer Organisation ist auf Basis ihrer Kultur entstanden und dadurch kulturell beeinflusst. Das Selbstverständnis der Organisationskultur erlaubt es Organisationsmitgliedern Ziele besser verwirklichen zu können. Außenstehende können durch diese Kenntnis der Kultur die Organisation besser verstehen. Das Thema PSS gewinnt ebenfalls stetig an Bedeutsamkeit. Viele Unternehmen setzen zunehmend auch integrierte Sach- und Dienstleistungsanteile. Dies gilt sowohl für den B2B, als auch für den B2C Markt. Aufgrund der weitreichenden Relevanz dieser Fragestellung besteht meinerseits ein besonderes Interesse und ein großer Anreiz in meiner Masterarbeit eine Antwort auf diese Frage zu finden.
1.2. Aufbau der Arbeit
Die vorliegende Arbeit umfasst insgesamt fünf Kapitel, sowie ein Verzeichnis mit den verwendeten Abbildungen und den genutzten Literaturquellen. Die einzelnen Kapitel werden im Folgenden kurz näher erläutert.
Im ersten Kapitel, welches auch dieses Unterkapitel umfasst, wird eine kurze Einleitung in das Themengebiet geben, die Forschungsfrage erläutert und der Aufbau der Arbeit präsentiert.
Im zweiten Kapitel werden die Grundlagen des theoretischen Bezugsrahmens -der Organisationskultur- vermittelt. Dabei werden Schlüsselkomponenten der Organisationskultur nach Edgar Schein definiert. Des Weiteren wird auf die Einflüsse bei der Gestaltung der Organisationskultur eingegangen und beschrieben was unter einer „starken“ Organisationskultur verstanden wird.
Im dritten Kapitel werden die wichtigsten theoretischen Grundlagen zum Thema PSS nach dem aktuellen Stand der Forschung präsentiert. Es werden wichtige Merkmale von PSS gezeigt, sowie auf den Prozess der Servitization und unterschiedliche PSS-Kategorien eingegangen. Außerdem werden die Vorteile und der Lebenszyklus von PSS beleuchtet.
Im vierten Kapitel - dem Hauptteil der Arbeit - wird mithilfe einer systematischen Literaturanalyse untersucht, welche typischen Konfigurationen der Organisationskultur sich in PSS-orientierten Unternehmen wiederfinden und welchen Einfluss die Organisationskultur bei dem Prozess der Servitization hat. Die Ergebnisse werden zusammenfassend dargestellt und es wird kurz die Methode der systematischen Literaturanalyse diskutiert.
Die Masterarbeit schließt mit dem fünften Kapitel in dem ein Fazit gezogen wird.
2. Organisationskultur
Die Organisationskultur hat ihre Anfänge bereits im 18. Jahrhundert. Damals wurde in den Fabriken beispielsweise der „Esprit de Corps“ beschworen, womit die Verbrüderung der Arbeiter in den Manufakturen gefördert werden sollte. Der nächste Schritt zur Klärung des Phänomens Organisationskultur unternahmen die Nationalökonomen. Sie prägten im 19. Jahrhundert den Begriff „Wirtschaftsstil, bei dem ebenso wie ein „Esprit de Corps“ die gemeinsamen Verhaltensweisen und geistige Orientierung von Menschen in einem Wirtschaftssystem in den Vordergrund stellten. Die Kultur erfasste nun alle Bereiche des Unternehmens: den Führungsstil der Unternehmensleitung, das Wissen der Mitarbeiter und die Methoden der Produktion. Grundsätzlich fasste man unter dem Begriff Organisationskultur alle spezifischen Wertevorstellungen, Normen, Denkweisen und Strukturen zusammen, welche sich in einem Unternehmen entwickelten. Durch die bewusste Gestaltung der Organisationskultur erhoffte man sich einen Vorteil für das Fortbestehen des Unternehmens (Popplow, 2005).
Unternehmen wurden in der Betriebswirtschaftslehre lange Zeit als zweckrationalisierte Organisationen interpretiert. Max Weber predigt 1921: „ Unternehmen sind zweckrationalisierte Organisationen, die bewusst und geplant bei Berücksichtigung der Kriterien von Wirtschaftlichkeit Menschen und Mittel so einsetzen, dass die klar definierten Ziele der Unternehmung in wirtschaftlicher Weise erreicht werden.“ Revolutionär waren die Überlegungen von Jacques, welcher in seinem Werk „The Changing Culture of a Factory“ (1952) die Kultur eines Unternehmens als die gewohnte und tradierte Weise des Denkens und Handels im Unternehmen bezeichnet, wie sie mehr oder minder von allen Mitgliedern geteilt wird. Auch wenn die meisten modernen Beschreibungen der Organisationskultur kaum davon abweichen, hat das Interesse am Thema Organisationskulturkultur stetig zugenommen. Vor allem der „Japan-Schock“ zu Beginn der achtziger Jahre hat in den USA zahlreiche Veröffentlichungen zum Begriff „Corporate Culture“ hervorgebracht. Der geradezu phänomenale Aufstieg der japanischen Wirtschaft hat die führende Industrienation USA besonders schmerzlich getroffen und Zweifel an den herkömmlichen amerikanischen Managementmethoden ausgelöst (Dill, 1987).
In dieser Masterarbeit soll die Organisationskultur als theoretischer Bezugsrahmen für die Beantwortung der Forschungsfrage dienen. Als Kern soll das theoretische Modell nach Edgar Schein (2010) fungieren, Organisationskultur als Muster gemeinsamer Werte und Überzeugungen über die Zeit zu definieren, welche Verhaltensnormen hervorbringen die bei der Lösung von Problemen übernommen werden. Folgend wird die Organisationskultur von ihrem aktuellen Stand der Forschung präsentiert.
2.1. Was ist Organisationskultur und was sind ihre Schlüsselkomponenten?
Die Organisationskultur ist durch Komplexität und Vielschichtigkeit gekennzeichnet. Sie ist größtenteils unsichtbar und immer weniger interpretierbar je mehr Subkulturen existieren (Glöckler, 1995).
Schein (2010) hat festgestellt, dass Organisationskultur ein Lösungskörper für Probleme ist an dem konsequent gearbeitet werden muss und der neuen Mitgliedern in der Organisation als der richtige Weg gelehrt werden muss Probleme wahrzunehmen, darüber nachzudenken und zu lösen. Gemeinsame Philosophien, Annahmen, Werte, Erwartungen, Einstellungen und Normen verbinden eine Organisation (Kilman et al., 1985). Dieses Konzept wird zur Art und Weise mit der eine Organisation ihre spezifischen Ziele erreicht. Es kann daher angenommen werden, dass die kollektive Kultur einer Organisation sowohl die Einstellungen und das spätere Verhalten ihrer Mitarbeiter als auch das Leistungsniveau der Organisation beeinflusst.
Die Organisationskultur ermutigt die Mitarbeiter die Ziele und Werte der Führungskräfte der Organisation zu akzeptieren und gleichzeitig ein Zugehörigkeitsgefühl zu fördern. Mit der Verbindung von Organisationskultur und Persönlichkeit setzt ein Unternehmen die Handlungs- und Entscheidungsgrundlagen für seine Angestellten. Die Kultur beeinflusst die Motivation des Angestellten durch die Wahl eines Reizes an dem der Angestellte teilnimmt (Lee et al., 2016).
Schein (2010) formuliert, dass die Kultur der Organisation auf mindestens drei grundlegenden Ebenen durchdringt (vgl. Abb.1). An der Oberfläche kann man sichtbare Artefakte der Organisation sehen, nämlich ihre Struktur, Technologie, Verhaltensregeln, Kleiderordnung, Aufzeichnungen, physische Gestaltung und Rituale. Unterhalb dieser Dimension befindet sich die zweite Ebene organisatorischer Werte. Auf dieser Ebene geht es darum, wie die Organisation Strategien, Ziele und Philosophien definiert und diese nach außen hin publik macht. Schließlich befinden sich auf der dritten Ebene zugrunde liegende Annahmen über die Art der organisatorischen Realität, welche als tiefere Manifestationen von Werten gelten. Natürlich ist die Untersuchung von Kulturprozessen auf letzterer Ebene schwieriger, da sie nicht direkt beobachtet und gemessen werden können.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung. 1: Ebenen der Organisationskultur
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Schein (2010).
Die Bausteine der Organisationskultur lassen sich nach Schein (2010) folgendermaßen definieren. „Werte“ stellen die Grundlage jeder Unternehmenskultur dar. Sie werden als Auffassungen vom Wünschenswerten betrachtet, die explizit oder implizit sowohl für ein Individuum oder eine Gruppe kennzeichnend sind. Das Verhalten der Mitarbeiter wird in erheblichem Maße von den allgemeinen geteilten Wertehaltungen in der Organisation gesteuert. Ebenso prägen „Normen“ im Sinne von Regeln, moralischen Prinzipien etc. quasi als ungeschriebene Gebote das Verhalten der Mitarbeiter. Zum Beispiel herrscht in vielen Unternehmen die Meinung vor: „Fleißige Mitarbeiter arbeiten lange.“ „Artefakte“ sind Objekte, Taten, Beziehungen oder sprachliche Formulierungen, die nicht eindeutig für eine Vielzahl von Bedeutungen stehen, Emotionen hervorrufen und Menschen zu Taten anleiten. Sie dienen als Bindemittel zwischen Gruppen- und Organisationsvorstellungen. Artefakte sind wahrnehmbar und umfassen die Architektur, Logos, Plakate, Slogans, Kleidung, Mythen, Geschichten, Feierlichkeiten, Zeremonien, Rituale, Sprache. Die Architektur festigt kulturelle Botschaften im Bewusstsein der Organisationsmitglieder und erzeugt zugleich einen kulturtragenden Rahmen in der Organisation.
Zwischen den drei Elementen der Unternehmenskultur bestehen enge wechselseitige Beziehungen. So sind die von den Unternehmensträgern geteilten Grundannahmen Basis für Werte und Normen. Werte und Normen müssen mit den Grundannahmen übereinstimmen, um im Unternehmen akzeptiert zu werden. Umgekehrt können Werte sich in stabile und unbewusste Grundannahmen wandeln, wenn sie dauerhaft im Unternehmen verankert sind. Ähnliches gilt für die Artefakte: Sie sind sichtbarer Ausdruck der ihnen zugrunde liegenden Werte und Normen; umgekehrt können Verhaltensweisen und Symbole Werte und Normen prägen. Die einzelnen Kulturebenen stehen also nicht isoliert nebeneinander, sondern in Beziehung zueinander (Schein, 2010).
Johnson (1988) entwickelt Scheins Ansatz weiter um bestehende Organisationskulturen und deren Auswirkungen besser zu analysieren. Er beschreibt Organisationskultur als ein Netzwerk interner Strukturen und Prozesse, das kontinuierlich das Selbstverständnis einer Organisation schafft und fördert. Der Kern seines Konzeptes der kulturellen Netze sind die übernommenen Annahmen und Überzeugungen einer bestimmten Organisationskultur die sich aus einer Reihe von Elementen zusammensetzt, welche zur Beschreibung oder Beeinflussung der Kultur verwendet werden können. Diese sind Routineverhalten, organisatorisch Rituale, Geschichten, Organisationssymbole, Machtstrukturen, Organisationsstrukturen und Kontroll- und Belohnungssysteme
2.2. Wie wird Organisationskultur geformt?
Um zu analysieren welche spezifischen oder typischen Konfigurationen von PSS-orientierten Organisationskulturen sich identifizieren lassen, ist es wichtig zu verstehen, wo kommt die Organisationskultur überhaupt her?
Die Faktoren, welche die wichtigsten Aspekte bei der Schaffung von Organisationskultur bilden sind die Werte und Normen der Gründer, aber auch die industriellen Gegebenheiten.
2.2.1. Einfluss des Gründers
Die Kultur einer Organisation ist besonders in den Anfangsjahren untrennbar mit der Persönlichkeit, dem Hintergrund und den Werten seines Gründers, sowie seiner Vision für die Zukunft der Organisation verbunden. Wenn Unternehmer ihr eigenes Unternehmen gründen, bestimmen die Gründer die Art und Weise in der sie Geschäfte machen wollen, die Regeln der Organisation, die zu errichtenden Strukturen und die Personen die sie einstellen um mit ihnen zu arbeiten. (Schein, 2010).
Dieser Prozess läuft natürlicherweise bei jeder Unternehmensgründung etwas anders ab aber die wesentlichen Schritte sind sich sehr ähnlich und werden von Schein (1983) wie folgt beschrieben:
1. Eine einzelne Person (Gründer) hat eine Idee für ein neues Unternehmen.
2. Eine Gründungsgruppe wird auf Basis eines anfänglichen Konsens erstellt, dass die Idee gut und praktikabel ist und es Wert ist ein gewisses Risiko einzugehen.
3. Die Gründergruppe beginnt damit gemeinsam zu handeln und damit die Organisation zu kreieren. Dies geschieht durch das Einholen von finanziellen Mitteln, dem beantragen von Patenten etc.
4. Neue Mitarbeiter werden der Organisation zugeführt. Der Gründer beziehungsweise die Gründergruppe überlegt welche Fähigkeiten die neuen Mitarbeiter besitzen müssen und wählt gemäß diesen Kriterien aus. So beginnt die Organisation zu funktionieren und ihre eigene Geschichte zu schreiben.
In diesem Prozess haben die Gründer den Haupteinfluss darauf wie die Gruppe sowohl externe als auch interne Probleme löst um zu überleben. Da die Gründer die Idee hatten, werden Sie auch aufgrund von vorheriger kultureller Erfahrung oder persönlichen Zügen Vorurteile haben wie Sie die Idee verwirklicht bekommen.
Schein hat über Jahrzehnte mehr als ein Dutzend Unternehmen beobachtet und herausgefunden dass alle sehr genau wissen sind was zu machen ist und wie es zu machen ist. Typischerweise haben die Gründer bereits starke Annahmen über die Natur der Welt, welche Rolle ihre Organisation in dieser Welt spielen soll, über die Natur des Menschen und über Wahrheiten, Beziehungen, Zeit und Raum.
Zum Beispiel können einige der bestehenden Unternehmenswerte der Eiscremefirma Ben & Jerry's Homemade Holdings Inc. leicht auf die Persönlichkeiten ihrer Gründer Ben Cohen und Jerry Greenfield zurückgeführt werden. 1978 eröffneten die beiden High-School-Freunde ihre erste Eisdiele in einer renovierten Tankstelle in Burlington, Vermont. Ihre starken sozialen Überzeugungen führten dazu, dass sie nur von den örtlichen Bauern kauften und einen bestimmten Prozentsatz ihres Gewinns für wohltätige Zwecke aufwenden. Die Grundwerte, die sie in ihrem Geschäft verankert haben, sind immer noch in der Hingabe des aktuellen Unternehmens zu sozialem Engagement und Nachhaltigkeit, seinen kontinuierlichen Beiträgen zu Wohltätigkeitsorganisationen, der Verwendung umweltfreundlicher Materialien und dem Engagement für die Schaffung von Arbeitsplätzen in einkommensschwachen Gebieten zu beobachten. Obwohl Unilever das Unternehmen im Jahr 2000 erworben hat, bleibt die Komponente des sozialen Engagements unverändert, und Unilever hat sich verpflichtet, diese zu erhalten (Kiger, 2005; Smalley, 2007)
2.2.2. Industrielle Einflüsse
Zweifelsohne üben die Gründer und die Unternehmensgröße einen starken Einfluss auf die Organisationskultur aus, aber auch die Eigenschaften der Branche spielen eine große Rolle. Innerhalb der Branche können Organisation völlig unterschiedliche Kulturen aufweisen. Gleichzeitig wirken allerding die industriellen Merkmale und Anforderungen einer Branche als eine Kraft auf die Organisationen ein, die Ähnlichkeiten in den Kulturen schaffen. Zum Beispiel sind trotz einiger Unterschiede viele Organisationen in der Versicherungs- und Bankenbrache stabil und regelorientiert, viele Organisationen in der Hightech-Industrie haben innovative Kulturen und Non-Profit Organisationen sind häufig personenorientiert. Wenn die Branche mit einer Vielzahl von regulatorischen Anforderungen konfrontiert ist - beispielsweise im Banken-, Gesundheits- und Hochzuverlässigkeitsbereich (wie zum Beispiel Kernkraftwerke)- ist davon auszugehen, dass die Organisationskultur von vielen Regeln und Vorschriften geprägt ist. Der Effekt der industriellen Gegebenheiten auf die Organisationskultur ist auch deshalb von großer Bedeutung da er zeigt, dass es nicht möglich ist die Kultur einer Organisation einer anderen Branche zu imitieren, auch wenn dies für Außenstehende erstrebenswert erscheint (Gordon, 1991).
Organisationskulturen, die aus weit verbreiteten Annahmen und Werten bestehen, sind teilweise durch die Anforderungen der Industrie in der sie tätig sind, bestimmt. Drei Dimensionen, ein wettbewerbsorientiertes Umfeld, die Kundenanforderungen und die gesellschaftlichen Erwartungen, haben sich als wichtige Elemente entwickelt, welche rund um die industrielenkenden Annahmen entwickelt werden. Die Organisationskultur, als Produkt der erfolgreichen Anpassung des Unternehmens an ihre Umwelt wird den Veränderungen widerstehen, aber Veränderungen in seiner Umgebung können einen kulturellen Wandel erfordern, um auf dem Markt überleben zu können. Dieser Wandel wird entweder neues Lernen oder neue Mitarbeiter erfordern. Die Natur der Branche ist ein wichtiger Einfluss auf die Organisationskultur (Gordon, 1991).
2.3. „Stärke“ der Organisationskultur
Buchanan und Huczynski (2004) zeigen auf, dass die Stärke der Organisationskultur sowohl von der Homogenität der Organisationsmitglieder, als auch von der Dauer und Intensität der gemeinsamen Zusammenarbeit abhängt. Des Weiteren kommt dem Prozess der Organisationssozialisation für neue Mitarbeiter eine große Bedeutung zu. Organisationssozialisation ist der Prozess durch den das Verhalten der Individuen so beeinflusst werden soll, dass Werte, Einstellung und Motive denen der Organisation entsprechen. Neu eingestellte Kollegen müssen unterrichtet werden um die Welt der Organisation so zu sehen wie es ihre erfahrenen Kollegen tun. Erreicht wird dies durch die sorgfältige Auswahl von Firmenmitgliedern und deren Einweisung und Verstärkung in die von der Organisation gewünschten Denk- und Verhaltensweisen.
Nach Schreyögg (1992) wird die Stärke einer Organisationskultur dabei vor allem an drei Merkmalen festgemacht, nämlich ihrer Prägnanz, ihrem Verbreitungsgrad und ihrer Verankerungstiefe:
- Prägnanz:
Eine starke Organisationskultur ist durch große Prägnanz gekennzeichnet. Werte und Normen sind so deutlich ausgeprägt, dass der Einzelne sein Verhalten daran ausrichten kann. Innerhalb des Unternehmens besteht eine klare Vorstellung darüber, was erwünscht ist und was nicht. Um eine solche klare Orientierung vorgeben zu können, müssen Werte und Normen eindeutig und umfassend definiert sein, sodass sie in allen möglichen Situationen als Leitlinie des Handelns dienen können. Insbesondere Geschichten und Anekdoten können die Prägnanz der Organisationskultur fördern. Ihre Pointen und Lehren geben nämlich eine klare Orientierung für aktuelles und zukünftiges Verhalten.
- Verbreitungsgrad:
Eine starke Organisationskultur ist außerdem durch einen starken Verbreitungsgrad charakterisiert. Damit meint man, dass ein großer Teil der Unternehmensangehörigen – im Extremfall sogar alle – von den Werten und Normen der Organisationskultur überzeugt sind. Somit zeichnen sich starke Kulturen auch durch ein großes Maß an Homogenität im Verhalten der Unternehmensmitglieder aus. In Unternehmen, in denen zahlreiche Subkulturen vorherrschen, das heißt in denen die Wertvorstellungen der Mitarbeiter unterschiedlich oder sogar gegenläufig sind, ist die Gesamtkultur dagegen eher schwach ausgeprägt.
- Verankerungstiefe:
Schließlich ist eine starke Organisationskultur durch eine hohe Verankerungstiefe gekennzeichnet, das heißt Werte und Normen der Organisationskultur werden nicht nur vordergründig übernommen, sondern sind tief im Bewusstsein der Unternehmensangehörigen verankert. Die Organisationskultur ist zum selbstverständlichen Bestandteil des täglichen Handelns geworden und wird von den Unternehmensmitgliedern nicht nur oberflächlich, aus Konformismus heraus gelebt, sondern entspringt ihrer inneren Überzeugung.
In der funktional ausgerichteten Organisationskulturdiskussion kommt sogenannten „starken“ Organisationskulturen ein besonderer Stellenwert zu. Problematische Aspekte von starken Organisationskulturen - wie die Tendenz zur Zwangsvollstreckung und die Kritik, Warnsignale, neue Anforderungen und Möglichkeiten wegschieben Mangel an Anpassungsfähigkeit und Widerstand gegen Veränderungen werden eher in den Hintergrund gedrängt werden (Schreyögg, 1992).
2.3.1. Vorteile einer starken Organisationskultur
Eine starke Organisationskultur hat viele erhebliche Vorteile für die Entwicklung und den langfristigen Erfolg des Unternehmens. Aber diese Vorteile können im Einzelfall auch zu erheblichen Nachteilen führen Schreyögg (1992).
Jeder im Unternehmen weiß, welche Richtung vorgegeben ist. Dadurch reduziert sich die Komplexität der Entscheidungsmöglichkeiten. Die Handlungen orientieren sich an den Werten der Organisationskultur. Informationen können schnell verarbeitet werden und Entscheidungen schnell getroffen werden, weil keine weiteren Nachfragen bei unternehmensinternen Stellen notwendig sind. Es herrscht eine effektive Kommunikation und wer gegen die Regeln verstößt bekommt dies schnell von Kollegen mitgeteilt. Da die Regeln bekannt sind und die Komplexität der Entscheidungsmöglichkeiten reduziert ist, können Projekte schnell implementiert und durchgeführt werden. Der Kontrollaufwand reduziert sich erheblich. Die von den Mitarbeitern gelebte Organisationskultur übernimmt Kontrollfunktion. Informationen schnell weitergegeben, sodass eine Reaktion zügig und effizient möglich ist. Die Mitarbeiter können sich an den Werten und Normen der Organisationskultur orientieren und tragen diese aus Überzeugung mit. Sie sind damit hoch motiviert und dem Unternehmen gegenüber loyal. Führungs- und Entscheidungsstrukturen sind stabil und müssen nicht ständig neu kreiert werden, was erhebliche Kosten spart (Steinmann, Schreyögg & Koch, 2013).
2.3.2. Nachteile einer starken Organisationskultur
Da die Regeln und Werte im Unternehmen fest verankert sind, kommt es zu einer reduzierten Anpassungsfähigkeit und Flexibilität. Das Wertesystem im Unternehmen und die hieraus abgeleiteten Orientierungsmuster sind so beherrschend, dass diese Kräfte alle Entscheidungen dominieren. Die daraus resultierende Tendenz zur Abschottung und der Widerstand gegen Veränderungen, verhindern mögliche gewinnbringende Innovationen. Es kann passieren, dass Kritik oder Warnsignale, welche aus Sicht objektiver Außenstehender, beispielsweise Berater, zu einer Änderung von Verhaltensweisen oder Regeln führen müssten werden nicht wahrgenommen. Die Orientierung an den vorhandenen Werten und Normen führt dazu, dass gegenteilige Vorschläge zur Änderung oder Anpassung nicht ernst genommen werden. Es kommt eher zu einem Gefühl des Bedauerns, dass der Außenstehende nicht Teil dieses Systems ist und daher seine andersartige Meinung eher als Neid empfunden wird. Und selbst dann, wenn ein gewisses Verständnis für andersartige Meinungen Außenstehender vorhanden sein sollte, wird dieses aus Angst vor einem Identitätsverlust verdrängt. Die Nachteile einer starken und damit starren Organisationskultur können dadurch abgemildert werden, dass zum Inhalt einer Organisationskultur bewusst die Veränderung als kultureller Wert propagiert wird. „Das lernende Unternehmen“ setzt voraus, dass die Wandlungsfähigkeit in der Kultur verankert wird (Steinmann, Schreyögg & Koch, 2013).
2.4. Kann Organisationskultur „geführt“ werden?
Die Frage, ob die Organisationskultur nachträglich form- und veränderbar ist, ist für die Masterarbeit von besonders großer Bedeutung. Die Einführung eines PSS ist mit Veränderungen in der Organisationskultur verbunden, welche von den Unternehmen gemeistert werden müssen (Baines et al., 2009; Olivia & Kallenberg, 2003).
Das lenken der Kultur ist ein notwendiges Instrument zur Stärkung der organisatorischen Kontrolle und zur Verbesserung der Unternehmensleistung. Um die Kulturen zu ändern muss man wissen wie die zugrunde liegenden Werte verändert werden können. Pläne diese zu ändern, erfordern wiederum ein besseres Verständnis dafür, wie die Werte selbst strukturiert sind. Eine zentrale Schwierigkeit besteht darin, dass Werte den üblichen Untersuchungsformen inhärent widerstehen. Die typischen Werkzeuge der konventionellen Forschung - losgelöste Beobachtung, Klassifizierung und Messung - funktionieren in diesem Bereich nicht gut, da Werte nicht als isolierte, unabhängige oder inkrementelle Entitäten existieren. Überzeugungen und Annahmen, Geschmäcker und Neigungen, Hoffnungen und Zwecke, Werte und Prinzipien sind keine modularen Pakete, die in Lagerregalen gelagert werden. Werte zeigen eine Hartnäckigkeit, Veränderungen zu widerstehen, selbst wenn Veränderungen erwünscht sind. Werte bilden ein verknotetes (unsymmetrisches) Netz, das nicht entwirrt werden kann, ohne ihre Reziprozität, Harmonien und Synergie zu verändern. Unternehmen und quasi-öffentliche Institutionen können im Laufe der Zeit ihre eigenen dauerhaften Perspektiven entwickeln. Private Wahrheiten stützen sich oft auf öffentliche oder lokale Wahrheiten. All dies deutet auf Schwierigkeiten hin Organisationskulturen und die Menschen die in ihnen leben bewusst zu verändern, soll allerdings nicht implizieren dass Individuen ihre Werte und Überzeugungen nicht ändern können. Das Problem besteht darin, dass es keine umfassende Theorie gibt, die die Prozesse erklärt, durch den Werte vermittelt und ersetzt werden, entweder durch die Person selbst oder durch externe Anreize wie Zwang, Drohung Modellierung oder Überredung (Fitzgerald, 1988).
Fitzgerald (1988) präsentiert mögliche Ansätze zur Veränderung der Organisationskultur und geht dabei auch auf entstehende Schwierigkeiten ein. Führungsverhalten ist offensichtlich wichtig für geplante Änderungen, allerding ist in großen Unternehmen die formale Führung in der Regel physisch weit entfernt und in den einzelnen Unternehmensbereich nicht leicht zu erkennen. Manager sind dazu gezwungen Personen auf der Grundlage ihrer Unterstützung für die vorgesehenen kulturellen Werte auszuwählen und vernachlässigen dadurch wünschenswerte Eigenschaften anderer Kandidaten. Die Verstärkung durch positive Belohnungen ist ebenfalls ein langsamer Prozess und wird durch intervenierende Variablen in der realen Welt verhindert, die durch Verhaltensmodifikationsmethoden nicht kontrolliert werden können. Auch müssen symbolische Nachrichten aus der Führungsetage mit einem dichten Strom anderer Botschaften aus dem gesamten Unternehmen konkurrieren und werden möglicherweise nicht richtig verstanden. Wenn die Organisationskultur geändert werden soll, stimmen die meisten darin überein, dass der Prozess damit beginnen muss, dass das Top-Management seine aktuellen Werte überdenkt und entscheidet sich von anderen Einflüssen leiten zu lassen. Es muss quasi eine neue Unternehmensphilosophie ausgearbeitet werden, welche sich in den Grundwerten und Annahmen von denen der alten Philosophie unterscheidet. Zusammenarbeit, Engagement und Kollegialität müssen die Autokratie verdrängen. Die neue Ordnung sollte verhandelt, flach selbstregulierend und auf die Ziele ihrer Mitglieder und der Gesellschaft ausgerichtet sein.
Daraus kann geschlossen werden, dass die Organisationskultur durch Manager verwaltet und implementiert werden kann und zur Leistung eines Unternehmens beitragen kann. Aber Unternehmen sind auch eine Quelle für soziale Beziehungen und Bedeutungen, die in und um den Führungsrahmen herum in allen Mitarbeitern, ihren Routinen und sozialen Interaktionen geschaffen und neu erschaffen werden. Manager sind in der Lage, die Richtung festzulegen, in die das Unternehmen geht, aber ihre Mitarbeiter wählen die Art und Weise, wie das Unternehmen geht. Die Kultur, die ein Attribut der Organisation ist, wird ihren Mitgliedern bei ihrem Beitritt "gegeben", aber die Mitglieder beteiligen sich an ihrer Bildung und können sie beeinflussen und verändern.
2.5. Wie beeinflusst Organisationskultur die Unternehmensperformance?
Es gibt eine kontroverse Debatte darüber ob eine starke Organisationskultur die Unternehmensperformance beeinflusst oder nicht. Die managementperspektive besagt, dass jede Organisation eine Kultur besitzt, genauso wie sie eine Strategie, Struktur, Technologie und Mitarbeiter hat. Die Befürworter erklären, dass Organisationskulturen, insbesondere starke, eine entscheidende Rolle bei der Schaffung von besseren organisatorischen Leistungen und nachhaltigen Wettbewerbsvorteilen spielen (Sadri & Lees 2001; Thompson & McHugh, 2002). Eine starke Kultur kann auch ein stärkeres organisatorisches Engagement, eine höhere Moral, eine effizientere Leistung und generell eine bessere Produktivität unterstützen. Organisationskultur wird als objektive Realität von Artefakten, Werten und Bedeutungen gesehen, die von Wissenschaftlern quantifiziert und gemessen werden kann. Die Kultur, die ein Attribut der Organisation ist, wird ihren Mitgliedern "gegeben", wenn sie sich anschließen, und sie beteiligen sich nicht an ihrer Bildung. Kultur wird von Mitarbeitern erworben und ist eine Variable und damit ein Hebel für den Wandel, den die Führungskräfte nutzen können (Smircich, 1983)
Auf der anderen Seite zeigen einige andere Autoren auf, dass die Organisationskultur keinen großen Einfluss auf die Leistung eines Unternehmens hat und dass der Unternehmenserfolg nicht unbedingt auf eine starke Organisationskultur zurückzuführen ist (Luthans, 1989; Fiol, 1991).
Lee et al. (2016) untersuchen in ihrer empirischen Studie in welcher Art und Weise Organisationskultur Mitarbeiter motivieren kann um einen Mehrwert zu generieren. Hierbei unterscheiden die Autoren zwischen vier verschiedenen Typen von Kultur die existieren, um das Bedürfnis nach Flexibilität, Wertschaffung, und dem Lenken von Mitarbeitern (intern) und organisatorischen (externen) Schwerpunkten zu befriedigen.
Die Teamkultur betont eine menschliche Zugehörigkeit in einer flexiblen Struktur, in der der interne Fokus auf Zusammenhalt, Moral und Personalentwicklung gelegt wird um Teamgeist zu schaffen. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass in Unternehmen mit dieser Teamkultur Kollegialität, Arbeitsbelastung und Vergütung die organisatorischen Hebel für eine Wertschöpfung der Mitarbeiter sind.
Die Innovationskultur legt Wert auf den Wandel durch eine flexible Struktur und die Bereitschaft durch Suche, Risikobereitschaft und Entdeckung zu wachsen. Hier zeigen die empirischen Ergebnisse, dass der Arbeitsaufwand, die Kollegialität und ein Gefühl von Leistung nur teilweise ein Hebel zur Wertschöpfung in einem nach dieser Kultur organisierten Unternehmen sind. Die Autoren führen das Ergebnis darauf zurück, dass die eben genannten Attribute dieser Kultur eher einen Mehrwert an persönlicher (Fort-)bildung schaffen als einen monetären Mehrwert.
Die bürokratische Kultur unterstreicht eine Struktur mit einer klaren Rollenverteilung in der klaren Regeln und Vorschriften herrschen die für eine geordnete Arbeitsumgebung notwendig sind. Dies soll den Mitarbeitern psychologische Stabilität vermitteln. Die empirischen Analysen der Studie liefern den Schluss, dass Vergütung, Belastung, Arbeitsmöglichkeiten und eine gerechten Beurteilung in dieser Kultur die organisatorischen Hebel sind einen Mehrwert zu generieren.
Die Wettbewerbskultur betont die Kontrollmechanismen in einer extern fokussierten Struktur. Geprägt wird sie durch Wettbewerb, Kompetenz und Leistung und belohnt Produktivität und Effizienz. Hier kommen die Autoren ebenfalls zu dem Ergebnis, dass die genannten Attribute der Organisationskultur eher einen Bildungsmehrwert schaffen als einen monetären Mehrwert.
Quinn und Spreitzer (1991) entwickelten zum analysieren und anpassen der Organisationskultur das Competing Values Framework (CVF). Das CVF erfasst vier gegensätzliche kulturelle Dimensionen. Diese Dimensionen werden durch zwei Achsen dargestellt, die jeweils ein übergeordnetes Kontinuum darstellen. Die erste Dimension ist die Flexibilität - Kontrollachse, die zwei kontrastierende Orientierungen beschreibt, zwischen denen, die die Flexibilität (d.h. Spontaneität und Entwicklung) widerspiegeln, und derjenigen, die die Kontrolle (d. h. Stabilität und Kontinuität) widerspiegelt. Die zweite Dimension ist die interne - externe Achse, die auch zwei Orientierungen beschreibt, wobei eine auf die Erhaltung und Verbesserung der bestehenden Organisation ausgerichtet ist und die andere auf Anpassung und Interaktion mit der äußeren Umgebung ausgerichtet ist. Die Kombination der beiden Dimensionen führt zu einem Grundbild von kulturellen Merkmalen in jedem der vier Quadranten, nämlich der Gruppe, der Entwicklung, der Hierarchie und der Rationalität, wie in Abbildung 2 zu sehen. Quinn und Spreitzer (1991) bestätigten, dass, während diese Grundtypen stilisierte oder ideale Zustände repräsentieren, es in der Realität üblich ist, dass einzelne Organisationen Eigenschaften jeder der Dimensionen unabhängig voneinander aufweisen, was zum Beispiel einer Organisation gleichzeitig sowohl hohe interne als auch externe Orientierungen ermöglicht.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung. 2: Competing Values Framework (CVF)
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Quinn und Spreitzer (1991)
Die Gruppenkultur ist intern fokussiert und beschäftigt sich mit menschlichen Beziehungen. Dieser kulturelle Wert spiegelt sich in den Anliegen der Mitarbeiterbindung, des Engagements und des Gruppenzusammenhalts wider. Die Entwicklungskultur konzentriert sich auf Innovation, Flexibilität und Veränderungen, die darauf ausgerichtet sind, wichtige externe Stakeholder zu befriedigen. Diese Ausrichtung konzentriert sich auf Wachstum, Stimulation, Kreativität und Vielfalt. Die Rationale Kultur schätzt Produktivität, Zielerfüllung und Leistung. Traditionell besteht der Zweck von Organisationen mit einem Schwerpunkt auf der Marktkultur darin, genau definierte Ziele wie den finanziellen Erfolg zu verfolgen und zu erreichen. Schließlich kann die Hierarchiekultur so beschrieben werden, dass sie interne Effizienz, Einheitlichkeit, Koordination und Bewertung betont. Zum Beispiel liegt der Fokus auf der Aufrechterhaltung der internen Organisation und der Schwerpunkt liegt auf Stabilität. Bei Unternehmen mit den Schwerpunkten auf der Hierarchie, neigt die Kultur zur Ausführung von Vorschriften. Motivierende Faktoren sind Sicherheit, Ordnung, Regeln und Regulierung. Ein kulturelles Profil, das mit dem CVF entwickelt wurde, bietet eine einfache Möglichkeit, die dynamischen Merkmale der Unternehmenskultur zu modellieren, die Praktiker für Diagnose und Intervention nutzen können. Ein Vergleich des aktuellen kulturellen Organisationsprofils mit dem Ideal kann Ungleichgewichte identifizieren und Diskussionen über Strategien für Verbesserungen und Wachstum in jedem der Kulturtypen auslösen. Umfrage-Feedback kann auch in einen Aktionsforschungsprozess umgewandelt werden. Die Mitglieder erklären, was die gewünschte Kultur bedeutet, die Vorteile und die vorgeschlagenen Änderungen, um die Entwicklung der gewünschten Organisationskultur sicherzustellen. Der Fokus auf die Werte nur eines Quadranten könnte dysfunktional sein. Zum Beispiel könnte zu viel Flexibilität oder Spontaneität Konflikte in Entscheidungsprozessen hervorrufen, zu viel Ordnung und Kontrolle könnte zu Starrheit führen. Eine Überbetonung von Kontrolle und Koordination könnte Stagnation, Energieverlust und die Abschaffung von Vertrauen und Moral zur Folge haben. Mit anderen Worten, die Stärke eines Quadranten kann zu einer Schwäche für die Organisation werden und ihre Fähigkeit, andere Werte zu erfüllen, einschränken. Folglich kann der Aufbau von Organisationskulturprofilen besonders relevant für das Verständnis von Personalmanagement, Qualitätsinitiativen und die Planung und Durchführung von Veränderungen und Entwicklungen sein Auf dieser Grundlage wird es sehr interessant sein zu untersuchen, welche Kultur mit welchen Attributen in Organisationen mit PSS-Angebot vorherrscht und wie diese das Handeln beeinflussen
3. Product-Service Systems
Product-Service Systems (PSS), sprich „ die integrierte, sich gegenseitig determinierende Planung, Entwicklung, Implementierung, Erbringung und Nutzung von Sach- und Dienstleistungsanteilen einschließlich ihrer immanenten Softwarekomponenten in industriellen Anwendungen “ (Meier & Uhlmann, 2012, S.6.) erfahren in der Wissenschaft aber auch in der Industrie einen zunehmenden Bedeutungsgewinn. PSS zielen darauf, durch die wechselseitige Integration von Sach- und Dienstleistungsanteilen einen zusätzlichen und nachhaltigen Kundennutzen zu generieren durch den sowohl für Anbieter als auch für Kunden Wettbewerbsvorteile entstehen. Die Integration der Produkt- und Dienstleistungsbestandteile ermöglicht zum einen das Auftreten von Synergieeffekten. Zum anderen erfolgt eine Integration in die Wertschöpfungsprozesse des Kunden. Die Integrativität stellt dabei nicht nur die technisch-organisatorische Zusammenführung einzelner Leistungsbestandteile, sondern auch deren Einbettung in die Wertschöpfungsprozesse des Kunden sicher. Somit wird die Basis für die Generierung eines umfangreichen Kundennutzens gebildet (Backhaus et al., 2010). Die Erbringung von PSS ist von einer hohen Dynamik und Unsicherheit geprägt, die hohe Anforderungen an das Unternehmen stellen. Die Planungsaufgaben der PSS-Erbringung sind wesentlich durch die Art des Leistungsangebots determiniert. Viele Forschungsansätze adressieren einen als „idealtypisch“ bezeichneten PSS-Anbieter, der gemäß der aufgeführten Definition bereits eine vollständige Integration der materiellen und immateriellen Leistungsbestandteile umgesetzt hat. Bei einem Blick auf die Praxis machen sich jedoch bei der Übertragung der methodischen Ansätze auf konkrete Anwendungsfälle Schwierigkeiten bemerkbar, da sich die meisten Unternehmen in vielerlei Hinsicht vom idealtypischen PSS-Anbieter unterscheiden. Beispielsweise findet in der Praxis selten eine integrierte Entwicklung von Sach- und Dienstleistungen statt. Dies ist zum einen dadurch begründet, dass die Entwicklungsprozesse noch nicht so eng verzahnt sind und zum anderen basiert die Entwicklung im Sachleistungsbereich meist auf bestehenden Plattformen oder Modulen, was den Lösungsraum von vornherein einschränkt. Innovative PSS-Geschäftsmodelle kommen noch nicht in größerem Umfang zur Anwendung. Dass sich solche verfügbarkeits- oder ergebnisorientierte Geschäftsmodell noch nicht durchgesetzt haben ist beispielsweise auf die kundenseitige Furcht vor Knowhow-Verlust und der zunehmenden Abhängigkeit vom PSS-Anbieter sowie auf die beidseitig wahrgenommene Risikozunahme begründet (Lagemann et al., 2014).
3.1. Entwicklung und Merkmale von Product-Service Systems
PSS haben das Ziel, ein innovatives und nutzenorientiertes Verständnis für industrielle Lösungen bestehend aus Sach- und Dienstleistungen zu etablieren. Dieses Verständnis betrachtet die Sach- und Dienstleistungsanteile in integrierter und sich gegenseitig determinierender Form als PSS und schafft so einen erweiterten Lösungsraum, in welchem aus der integrierten Ansicht von Sach- und Dienstleistungsanteilen Innovationen entstehen. Dieser neue Lösungsraum führt zu einer deutlich verbesserten Vermarktung hochkomplexer Anlagen, die durch den Kunden optimal zu nutzen sind. (Meier & Uhlmann, 2012).
Konkretisiert charakterisiert ein PSS ein neues Produktverständnis aus integrierten Sach- und Dienstleistungsanteilen, das einen zusätzlichen Kunden- und Anbieternutzen in industriellen Anwendungen erschließt. Es entwickelt innovative funktions-, verfügbarkeits- oder ergebnisorientierte Geschäftsmodelle mit sich daraus ergebenden veränderten Eigentums- und Verantwortungsverhältnissen. Auch führt das integrierte Sach-Dienstleistungsverständnis zu neuen, nutzungs- und ressourcenoptimierten Leistungsergebnissen. Das PSS ist durch einen kollaborativen Betrieb gekennzeichnet, welcher unter anderem die Kompetenzen und Ressourcen über ein Netzwerk aus Kunde, Anbieter und Zulieferer sicherstellt. Dieser Betrieb umfasst die Erbringung der Dienstleistungsanteile und die Nutzung des PSS. Die hohe Kundenintegration führt zur Einzigartigkeit der Leistungserbringung und stellt erzeugt besondere Anforderungen an die Industrialisierung der Erbringungsprozesse durch Standardisierung, Rationalisierung, Automatisierung und arbeitsteilige Erbringung. Ein weiterer Komplexitätstreiber ist neben der Kundenintegration die Industrialisierung des soziotechnischen Systems PSS. Ein PSS kann aufgrund der Kundenanforderungen aus hybriden Leistungsmodulen, reinen Dienstleistungsmodulen und reinen Sachleistungsmodulen konfiguriert werden. Definiert wird das PSS im Lebenszyklus, auf welchen im Abschnitt 3.3 genauer eingegangen wird. Die Lebenszyklusphasen ermöglichen eine dynamische Anpassung an veränderte Kundenbedürfnisse und Anbieterfähigkeiten. Innerhalb des Lebenszyklus beinhaltet ein PSS Substitutionsfähigkeiten von Sach- und Dienstleistungsanteilen. Die Qualifikation und Unterstützung des Menschen steht aufgrund der Dynamik und Komplexität von PSS in besonderem Fokus und entscheidet über die Wettbewerbsfähigkeit (Meier & Uhlmann, 2012).
Engelhardt, Kleinaltenkamp und Reckenfelderbäumer (1993) zeigen im Allgemeinen folgende Merkmale für PSS auf:
- Hohe Heterogenität durch die integrierte Betrachtung von Sach- und Dienstleistungsanteilen und den damit verbundenen verschiedenartigen Anforderungen an Planung, Entwicklung, Erbringung und Nutzung;
- Hoher Individualisierungsgrad durch die kundenindividuellen Problemlösungen, die durch Neuentwicklung oder Konfiguration standardisierter Leistungsanteile entstehen können;
- Möglichkeit zur partiellen Substituierbarkeit der Sach- und Dienstleistungsanteile, da die Domänenneutrale Problemlösung im Vordergrund steht.
- Hoher Anteil kundenintegrativer Leistungen.
Baines et al. (2007) geben in ihrer Veröffentlichung einen hervorragenden Überblick über die aktuelle Forschung zum Thema PSS und deren Entwicklung.
Die erste formale Definition eines PSS geben Goedkoop, van Haler, te Riele & Rommers (1999). Diese Definition wurde weitgehend von den meisten Mitwirkenden übernommen und allgemein ein PSS als ein kombiniertes System aus Produkt(en) und Dienstleistung(en) interpretiert.
Goedkoop et al. (1999) fügen zur weiteren Anschaulichkeit folgende Schlüsselelemente eines PSS hinzu:
1. Produkt: eine greifbare Ware die hergestellt und verkauft wird. Das Produkt ist in der Lage ihren Benutzern „auf die Füße zu fallen“ und dient dazu die Bedürfnisse des Benutzers zu erfüllen.
2. Service: Eine Aktivität (Arbeit) für Andere mit einem wirtschaftlichen Wert und oft auf einer kommerziellen Basis.
3. System: Eine Sammlung von Elementen einschließlich ihrer Beziehungen.
Die meisten Autoren sehen den Zweck eines PSS als wettbewerbsfähiges Angebot und verweisen somit direkt auf das Ziel eine hohe Kundenzufriedenheit und Wirtschaftlichkeit zu erreichen. Des Weiteren wird Nachhaltigkeit sehr eng mit PSS verknüpft.
Ein weiterer in der Literatur häufig diskutierter Gedanke ist die Immaterialität im Zusammenhang mit dem Konzept der PSS (Mont, 2001; Wong, 2004). Immaterialität bezieht sich auf die Möglichkeit, dass ein PSS die Verbindung zwischen dem Wert den der Kunde erhält und die Menge an physischen Material die benötigt wird um diesen Wert zu erzeugen, getrennt wird.
Ein PSS sollte als ein System aus Produkten und Dienstleistungen definiert werden, die Netzwerke und Infrastrukturen unterstützen und so konzipiert sind, wettbewerbsfähig zu sein und die Kundenbedürfnisse mit geringeren Umweltauswirkungen als traditionelle Geschäftsmodellen zu erfüllen (Mont, 2002).
Für die Verbraucher bedeuten PSS eine Verlagerung vom Kauf von Produkten hin zu Kaufservices und Systemlösungen, die das Potenzial haben, die Umweltauswirkungen der Verbraucherbedürfnisse und -wünsche zu minimieren. Dies erfordert ein höheres Maß an Kundeneinbindung und Lerneffekte auf Seiten der Produzenten.
Für Hersteller und Dienstleister bedeuten PSS eine höhere Verantwortung für den gesamten Lebenszyklus des Produkts, die frühzeitige Einbeziehung der Verbraucher in die Gestaltung des PSS und die Gestaltung des geschlossenen Kreislaufs.
Sowohl für die Verbraucher als auch für die Hersteller können PSS in manchen Fällen eine Änderung der Eigentumsrechte mit sich bringen. Allgemein wird den PSS in der Nutzungsphase des Produktlebenszyklus von Verbraucherseite mehr Aufmerksamkeit gewidmet als traditionelle Produktionssysteme.
Eines der vorrangigen Ziele von PSS sollte darin bestehen die Auswirkungen des Konsums auf die Umwelt zu minimieren, mit Hilfe von:
- geschlossenen Materialkreisläufen;
- Reduzierung des Verbrauchs dir alternative Produktnutzung;
- Steigerung der Gesamtressourcenproduktivität und Dematerialisierung von PSS;
- Bereitstellung von Systemlösungen, die die Perfektion bei der Integration von Systemelementen sowie die Verbesserung der Ressourcen- und Funktionseffizienz jedes Elements anstreben.
Traditionell wurden Produkte und Dienstleistungen getrennt voneinander betrachtet. Allerdings wurde in den letzten Jahren vermehrt die „servitization“ von Produkten und die „productization“ von Dienstleistungen beobachtet. Morelli (2003) sieht „servitization“ als die Entwicklung der Produktidentität basierend darauf dass die Materialkomponente untrennbar mit dem Dienstleistungsservicesystem verbunden ist. Dementsprechend ist die „productization“ die Evolution in der die Dienstleistungskomponente in Kombination mit einem Produkt vermarktet wird. Die Konvergenz dieser beiden Trends führen zu der Betrachtung eines Produktes und einer Dienstleistung als ein einziges Angebot - eines PSS (vgl Abb. 3) Dies geht mit der Definition von Wong (2004) einher welcher PSS als ein Spektrum sieht an denen reine Produkte an dem einen und reine Dienstleistungen am anderen Ende stehen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung. 3: Entwicklung des PSS-Konzeptes
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Baines et al. (2007).
3.1.1. Servitization
Entwickelt wurde der Begriff Servitization von Vandermerwe und Rada (1988), die damit den Prozess beschreiben, dass Manager die Bedürfnisse ihrer Kunden in der Gesamtheit betrachten und so den Fokus weg von der alten und längst überholten Konzentration auf die reinen Waren oder Dienstleistungen auf integrierte Systeme aus beidem legen.
Servitization findet weltweit in fast allen Branchen statt. Von Deregulierung, technologischem Fortschritt, der Globalisierung und des starken Wettbewerbsdruck getrieben, rücken immer mehr Hersteller in den Dienstleistungsbereich vor.
Die Servitization findet in drei sich überlappenden Phasen statt:
- Phase 1: Produkte oder Dienstleistungen
Unternehmen ließen sich ursprünglich grundsätzlich ich Anbieter reiner Produkte oder reiner Dienstleistungen unterteilen.
- Phase 2: Produkte + Dienstleistungen
Durch technologische Fortschritte und andere konvergierende Trends war es offensichtlich, dass die eisten Unternehmen sowohl Produkte als auch Dienstleistungen benötigten um Wettbewerbsfähig zu sein. Insbesondere haben Computerfirmen die Untrennbarkeit von Ware und Dienstleistung unter Beweis gestellt. Auch klassische Dienstleistungsunternehmen, wie Banken begannen mehr Produkte zu verwenden um die Dienstleistungen zu erleichtern.
- Phase 3: Produkte + Dienstleistungen + Unterstützung + Wissen + Selbstbedienung
Die Unternehmen bieten ein „Bündel“ aus einer kundenorientierten Kombination von Produkten, Dienstleistungen, unterstützenden Tätigkeiten, Wissen und Selbstbedienungstechnologien an. Die Dienstleistung ist die dominierende Komponente in diesem Bündel, in dem aber alle Module auch frei und eigenständig angeboten werden können. Abhängig von den individuellen Umständen sind in einigen Fällen die einzelnen Module innerhalb des Bündels standardisiert und in anderen sehr individuell.
Der hauptsächliche Treiber der Servitization ist der Kunde. In diesem Sinne unterscheidet sich ein PSS nicht von anderen marktgetriebenen Ansätzen. Allerding lag der Fokus zuvor darauf, die Bedürfnisse der Kunden durch die Kerngeschäftstätigkeiten zu befriedigen. Nun liegt der Schwerpunkt mehr darauf, durch breitere Angebote eine Beziehung zwischen den Unternehmen und ihren Kunden aufzubauen und aufrechtzuerhalten. Es besteht kein Zweifel, dass die Kunden von heute mehr Dienstleistungen benötigen. Sie wollen nicht weniger Produkte, aber sie wollen zusätzliche unterstützende Dienstleistungen. Der Anspruch der Kunden steigt ebenfalls. Sie werden kritischer und schwieriger zu befriedigen, da sie die Dinge schneller und bequemer nutzen wollen. Auch das treibt Unternehmen in Richtung Servitization. Hinzu kommt, dass die Kunden immer mehr Individualisierung verlangen. Durch die PSS werden kundenspezifische Dienstleistungen zur Norm. Des Weiteren nutzen Industrie- und Konsumunternehmen das Dienstleistungsangebot um Innovationen zu verbreiten. Ursprünglich wurden Dienstleistungen nicht ausreichend in die Wettbewerbsanalyse und in das Strategiedesign von Unternehmen mit einbezogen. Sie wurden häufig nur als Teil der Marketingbemühungen gesehen und oft als eine unbezahlte und für das Unternehmen teure Aktivität gesehen. Moderne Manager müssen umdenken und antizipieren, dass Dienstleistungen in ihrem Geschäft eine immer wichtigere Rolle spielen werden. Viele Unternehmen boten schon Jahrzehnte lang Dienstleistungen an, allerdings nur sehr marginal. Heutzutage stellen diese Unternehmen fest, dass das Geschäft mit Dienstleistungen steigende Umsätze und Gewinne mit sich bringt (Vandermerwe & Rada, 1988).
Die Servitization hat enorme strategische Auswirkungen für das Unternehmen und für andere, da sich ein komplett verändertes Wettbewerbsumfeld ergibt. Dienstleistungen können das Risiko minimieren dass Kunden zu Mitwettbewerbern abwandern. Je früher dem Kunden im Entscheidungsprozess kundenspezifische Dienstleistungen angeboten werden desto besser. Auf diese Weise entstehen ein Dialog und eine gefestigte Beziehung die einen positiven Einfluss auf die Loyalität der Kunden hat. Die Unternehmen bieten im besten Fall die PSS aufgrund ihrer Erfahrung oder ihrer ökonomischen Möglichkeiten so effizient und günstig an, dass es sich für die Kunden keinen Sinn macht sich den Dienstleistungsanteil anderweitig zu beschaffen. Die Unternehmen schenken der Lösung der Probleme ihrer Kunden viel mehr Aufmerksamkeit, denn die Kunden verlangen immer mehr. Es müssen Kosten- und Qualitätsvorteile geschaffen werden. Unternehmen die in der Lage sind ihr Know-how wettbewerbsfähig und gewinnbringend zu erfassen, werden einen immensen Wettbewerbsvorteil haben (Vandermerwe & Rada, 1988).
Die kumulativen Effekte der Servitization verändern die Wettbewerbsdynamik, in der Manager operieren müssen. Es entstehen eine ganze Reihe neuer Trends die sich auf das Geschäft auswirken und zu einem viel komplexeren Wettbewerbsumfeld beitragen. Unternehmen konkurrieren stärker mit neuen und ungewöhnlichen Konkurrenten und passen ihre strategische Ausrichtung entsprechend an (Vandermerwe & Rada, 1988).
3.1.2. PSS-Kategorien
In der Literatur gibt es viele unterschiedliche Bezeichnungen und unterschiedliche Unterteilungen von PSS-Formen. Allerdings gibt es eine klare Konvergenz hin zu drei PSS-Typen.
In einem produktbasierten PSS verkauft der Anbieter zusätzliche Dienstleistungen während der Kunde im Besitz des Produktes bleibt. Der Umsatz wird gemäß den gelieferten Produkten oder Dienstleistungen vom Kunden zum Anbieter übertragen (Inputbasiert). Die angebotenen Dienstleistungen können die während der Nutzungsphase des Produkts benötigten Produkte sowie die Beratung hinsichtlich der effizientesten Produktnutzung umfassen.
Bei einem nutzenorientierten PSS bleibt das Eigentum (und die damit verbundenen Risiken) beim Anbieter und es werden die Nutzungsrechte an den Kunden verkauft. Ein verfügbarkeitsbasierter Erlösmechanismus bedeutet, dass der Umsatz vom Kunden, basierend auf dem Zeitraum in dem das Produkt oder die Dienstleistung verfügbar ist, übertragen wird. In diesem Zeitraum hat der Kunde einen unbegrenzten und individuellen Zugriff auf das Produkt bzw. die Dienstleistung. Dadurch hat der Kunde noch ein Gefühl von Eigentumsrechten.
In einer ergebnisorientierten PSS wird die Rolle des Anbieters vom Anbieten von Nutzungsrechten bis zum Verkaufen von funktionalen Ergebnissen erweitert. In einem ergebnisorientierten Geschäftsmodell wird die Verantwortung für die Prozessleistung an den PSS-Anbieter übertragen, da der Kunde für die fehlerfreien Ergebnisse bezahlt. Ein leistungsbasierter Erlösmechanismus bedeutet, dass der Umsatz basierend auf der funktionalen Leistung des Produkts oder der Dienstleistung generiert wird. Dies ist der komplexeste PSS-Typ da es schwieriger ist Indikatoren auszuhandeln und ein kontinuierliches Feedback über die Kundenzufrieden erforderlich ist umso mögliche Trends frühzeitig zu erkennen.
Alle drei Arten von PSS-Lösungen erfüllen die Kundenbedürfnisse durch eine Kombination von Produkten und Dienstleistungen die so zusammengesetzt sind um den gewünschten Nutzen oder die gewünschte Funktion zu liefern. Das ergebnisorientierte Modell ist von den drei Genannten das anspruchsvollste und repräsentiert gleichzeitig die populärste Interpretation eines PSS (Baines et al. 2007).
Die Bedeutung des Verständnisses der verschiedenen PSS-Typen liegt in den unterschiedlichen Herausforderungen, die sie für die Übernahme durch Unternehmen darstellen. Die klassische Kategorisierung von PSS basiert auf der Verschiebung der Wertschaffung von Produkt zu mehr Dienstleistung. Das folgende Modell kombiniert die Werke von Tukker (2004) und Ostaeyen, Horenbeck, Pintelon und Duflon (2013).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung. 4: PSS-Kategorisierung
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Tukker (2004).
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- Arbeit zitieren
- Marvin Sosna (Autor:in), 2018, Exploring specific configurations of PSS-oriented organizational cultures, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/913497
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