Der Aufstand der Juden gegen die Römer in der Provinz Judäa im Jahr 66 n. Chr. markierte den Auftakt zum Judäischen Krieg und hatte schwer wiegende politische, gesellschaftliche und religiöse Veränderungen zum Ergebnis. Am Ende des Krieges im Jahr 70 war Jerusalem verwüstet; das religiöse Zentrum der Juden, der Tempel, niedergebrannt und die jüdische Gesellschaft durch Versklavung und Vertreibung in ihrer ursprünglichen Struktur nicht mehr existent. Die Folgen des Krieges prägten weiterhin die Entwicklung des Judentums in entscheidender Weise und bedeuteten das endgültige Verschwinden eines jüdischen Staates bis 1948. Es liegt auf der Hand, dass ein Ereignis mit solch weit reichenden Konsequenzen bis in die Gegenwart einer wissenschaftlichen Erklärung bedarf. Das Ziel dieser Arbeit ist es deshalb, die Ursachen für die Entstehung des Aufstandes näher zu untersuchen.
In dieser Arbeit setze ich zwei Schwerpunkte. Zu Beginn stelle ich die Frage nach dem Beitrag der römischen Besatzung zur Entstehung des Konflikts. Anschließend versuche ich, die heterogene Gesellschaft Judäas näher zu erfassen, um hier nach Erklärungsmöglichkeiten zu fragen. Diese Arbeit kann dabei jedoch keine hinreichende Analyse aller Aspekte der komplexen judäischen Gesellschaft liefern. So müssen die Rolle der extremistischen religiösen Gruppen, der jüdischen Eliten und die Bedeutung regionaler Unterschiede leider unberührt bleiben. Ebenso muss ich mich bei der Betrachtung der römischen Perspektive auf die Rolle der römischen Statthalter und auf die römische Haltung den Juden gegenüber beschränken und lasse beispielsweise Vergleiche mit Aufständen in anderen Provinzen außer Acht.
In der Forschung hat sich mittlerweile die Position durchgesetzt, dass ein Zusammenspiel verschiedener gesellschaftlicher, politischer und religiöser Faktoren für die Entstehung des Aufstandes verantwortlich war; diskutiert wird dabei lediglich ihre Gewichtung. Ebenso herrscht weitgehend Einigkeit über die prinzipielle Verlässlichkeit der Schriften des Josephus, die als wichtigste literarische Quelle zur Verfügung stehen. Zwar existieren auch zahlreiche archäologische Überreste sowie Münzen, aber diese sind für meine Fragestellung im Rahmen dieser Arbeit eher ungeeignet. Daher stütze ich mich in meinen Untersuchungen weitgehend auf die Werke des Josephus, berücksichtige jedoch auch Tacitus’ Perspektive.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Glaubwürdigkeit der Quellen
3. Politische Ausgangslage in Judäa im Jahr 66
4 Ursachen des Aufstandes
4.1 Die Rolle der römischen Besatzungsmacht
4.1.1 Die Politik der römischen Statthalter
4.1.2 Anti-jüdische Grundhaltung der Römer
4.2 Instabilität der judäischen Gesellschaft
4.2.1 Ethnische Konflikte
4.2.2 Soziales Ungleichgewicht
5. Fazit
6. Bibliografie
6.1. Quellen
6.2. Literatur
1. Einleitung
Der Aufstand der Juden gegen die Römer in der Provinz Judäa im Jahr 66 n. Chr. markierte den Auftakt zum Judäischen Krieg und hatte schwer wiegende politische, gesellschaftliche und religiöse Veränderungen zum Ergebnis. Am Ende des Krieges im Jahr 70 war Jerusalem verwüstet; das religiöse Zentrum der Juden, der Tempel, niedergebrannt und die jüdische Gesellschaft durch Versklavung und Vertreibung in ihrer ursprünglichen Struktur nicht mehr existent. Die Folgen des Krieges prägten weiterhin die Entwicklung des Judentums in entscheidender Weise und bedeuteten das endgültige Verschwinden eines jüdischen Staates bis 1948.[1] Es liegt auf der Hand, dass ein Ereignis mit solch weit reichenden Konsequenzen bis in die Gegenwart einer wissenschaftlichen Erklärung bedarf. Das Ziel dieser Arbeit ist es deshalb, die Ursachen für die Entstehung des Aufstandes näher zu untersuchen.
In dieser Arbeit setze ich zwei Schwerpunkte. Zu Beginn stelle ich die Frage nach dem Beitrag der römischen Besatzung zur Entstehung des Konflikts. Anschließend versuche ich, die heterogene Gesellschaft Judäas näher zu erfassen, um hier nach Erklärungsmöglichkeiten zu fragen. Diese Arbeit kann dabei jedoch keine hinreichende Analyse aller Aspekte der komplexen judäischen Gesellschaft liefern. So müssen die Rolle der extremistischen religiösen Gruppen, der jüdischen Eliten und die Bedeutung regionaler Unterschiede leider unberührt bleiben.[2] Ebenso muss ich mich bei der Betrachtung der römischen Perspektive auf die Rolle der römischen Statthalter und auf die römische Haltung den Juden gegenüber beschränken und lasse beispielsweise Vergleiche mit Aufständen in anderen Provinzen außer Acht.
In der Forschung hat sich mittlerweile die Position durchgesetzt, dass ein Zusammenspiel verschiedener gesellschaftlicher, politischer und religiöser Faktoren für die Entstehung des Aufstandes verantwortlich war; diskutiert wird dabei lediglich ihre Gewichtung. Ebenso herrscht weitgehend Einigkeit über die prinzipielle Verlässlichkeit der Schriften des Josephus, die als wichtigste literarische Quelle zur Verfügung stehen.[3] Zwar existieren auch zahlreiche archäologische Überreste sowie Münzen, aber diese sind für meine Fragestellung im Rahmen dieser Arbeit eher ungeeignet.[4] Daher stütze ich mich in meinen Untersuchungen weitgehend auf die Werke des Josephus, berücksichtige jedoch auch Tacitus’ Perspektive.
2. Glaubwürdigkeit der Quellen
Bei der Betrachtung des Jüdischen Krieges und den damit in Zusammenhang stehenden Ereignissen spielen die literarischen Quellen des Flavius Josephus, insbesondere „De Bellum Judaico“, eine zentrale Rolle. Zum einen liegt dies daran, dass es für den untersuchten Zeitraum häufig keine Überlieferungen anderer Historiographen gibt.[5] Zum anderen wird die Bedeutung von Josephus’ Überlieferungen durch seine Position als Augenzeuge sowohl auf jüdischer als später auch auf römischer Seite gerechtfertigt. Aber gleichzeitig setzt gerade seine persönliche Teilnahme ein hohes Maß an Vorsicht bei der Verwendung seiner Schriften voraus. Josephus wurde nach eigenen Angaben im Jahr 38/39 in Jerusalem als Sohn eines Priesters geboren. Er durchlief eine standesgemäße Ausbildung an den üblichen jüdischen Philosophenschulen und wurde im Jahr 64 mit einem diplomatischen Auftrag nach Rom zu Kaiser Nero geschickt. Nach seiner Rückkehr zeigten sich bereits erste Anzeichen eines Aufstandes gegen die römischen Besatzer und Josephus wurde als General nach Galiläa geschickt, wo er sich im Jahr 67 von den Römern gefangen nehmen ließ.[6]
Josephus selbst formuliert zwar im Vorwort von „De Bellum Judaico“ den Anspruch, die Ereignisse möglichst objektiv berichten zu wollen, ist sich aber andererseits im Klaren darüber, dass dies aufgrund seiner persönlichen Erfahrungen, nicht immer möglich sein könne.[7] Der Versuch, diesen beiden Lebenswelten gerecht zu werden, lässt sich anschaulich mit Josephus eigenen Worten beschreiben:
„Josephus ging nun an der Mauer entlang rings um die Stadt, wobei er versuchte, sich möglichst außerhalb des Schussbereiches zu halten, aber doch in Hörweite zu bleiben, und bat sie viele Male inständig, sie möchten doch Mitleid mit sich und dem Volk, wie auch mit der Vaterstadt und dem Tempel haben und gegen dies alles nicht gefühlloser als die Fremdstämmigen sein“[8]
Weiterhin muss beachtet werden, dass „De Bellum Judaico“ nur durch die Gunst der flavischen Kaiser entstehen konnte und somit fast zwangsläufig eine pro-flavische Tendenz aufweist. So konnte er auch bei den Darstellungen militärischer Operationen vermutlich auf militärische Aufzeichnungen und Akten der Römer zurückgreifen.[9] Beschreibungen von Landschaften und Städten wie Masada oder Caesarea, die hingegen aus seinen eigenen Beobachtungen hervorgingen, können weitgehend durch archäologische Funde bestätigt werden.[10]
Tacitus, der nicht gerade als Freund der Juden bekannt war, eignet sich besonders aus diesem Grund besonders gut zur Einordnung der josephischen Texte. Als Gegengewicht zu der in manchen Bereichen vielleicht stark jüdisch geprägten Perspektive des Josephus, kann er bei der Bewertung der josephischen Äußerungen hilfreich sein.[11]
In meinen Augen stellen Josephus’ Darstellungen des Jüdischen Krieges eine eher zuverlässige Quelle dar. Wie die archäologischen Funde zeigen, kann seinen Beschreibungen bezüglich Orten und Landschaften überwiegend Glauben geschenkt werden. Geht es jedoch um die Darstellung der flavischen Kaiser, beispielsweise um ihre Rolle bei der Zerstörung des Tempels von Jerusalem, ist aufgrund seiner Lebensumstände ihnen gegenüber Vorsicht geboten.[12] Ebenfalls kritisch müssen Äußerungen bezüglich seiner eigenen Rolle und die der jüdischen Aufständischen geprüft werden. Berücksichtigt man jedoch die Hintergründe ihrer Entstehung, stellen die Schriften des Josephus für mich eine vertrauenswürdige Grundlage weiterer Untersuchungen dar.
[...]
[1] Goodman, Ruling class, S. 4.
[2] Zu regionalen Aspekten des Aufstandes siehe auch Freyne, Regional perspective, S. 43-56.
[3] Berlin - Overman, Introduction, S. 1-7. Eine breitere Perspektive besonders in religiöser und kultureller Hinsicht liefern jüdische religiöse Schriften der Torah. Tacitus hingegen ermöglicht einen Blick auf die Juden aus römischer Sicht.
[4] Hierzu siehe auch Aviam, Yodefat/Jotapata, S. 121-133; Magness, Tenth roman legion, S. 189-212.
[5] Bartlett, Jews in the hellenistic world, S. 79.
[6] Bilde, Between Jerusalem and Rome, S. 20f.
[7] Ios. Bell. Iud. 1.Pro. 4.
[8] Ios. Bell. Iud. 5. 9. 3. Josephus versucht hier in Titus’ Auftrag, die Juden von der Übermacht der Römer
bei der Belagerung Jerusalems und der Zwecklosigkeit ihres Widerstandes zu überzeugen.
[9] Lindner, Geschichtsauffassung, S. 15.
[10] Bartlett, Jews in the hellenistic world, S. 76.
[11] Gruehn, Roman perspectives, S. 30.
[12] Beispielsweise lassen sich bei Cassius Dio und Josephus bemerkenswerte Unterschiede in Bezug auf
Titus’ Rolle bei der Tempelzerstörung feststellen. Cass. Dio. 65,6 und Ios. Bell. Iud. 6. 4. 6
- Arbeit zitieren
- Samuel Campos (Autor:in), 2006, Der jüdische Aufstand des Jahres 66: Ein Konflikt zwischen Besatzung und Gesellschaft, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/91300
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