Im heutigen dynamischen Umfeld stehen Unternehmen unter erhöhtem Wettbewerbsdruck. Mitarbeiter sehen sich deshalb mit Änderungssituationen konfrontiert, die für sie wie auch für das Unternehmen selbst große Herausforderungen mit sich bringen. In diesen Momenten kommt es in besonderem Maße auf die Führungskräfte und deren Methoden der Mitarbeitermotivation an.
Mitarbeiter langfristig an das eigene Unternehmen zu binden, bedeutet auch, Knowhow zu sichern und gleichzeitig ein gutes Betriebsklima anzustreben. Damit die Mitarbeiter auch während des Veränderungsprozesses effizient weiterarbeiten können und an neuen Herausforderungen nicht scheitern, bedarf es einer motivationalen Führung. Daniel Ming stellt in seiner Publikation die wichtigsten motivationspsychologischen Modelle vor.
Seinen Überblick über die einschlägigen Theorien kombiniert er mit der Analyse eines Praxisbeispiels. Die Lyreco Switzerland AG hatte im Zuge einer Neuausrichtung des Unternehmens mit einer steigenden Fluktuation im Unternehmen zu kämpfen. Anhand dieser Situation zeigt Ming anschaulich, wie wichtig Motivation im Veränderungsprozess ist und wie Führungskräfte motivationale Anreize schaffen.
Aus dem Inhalt:
- Mitarbeiterbindung;
- Personalmanagement;
- Human Resources;
- Mitarbeiterführung;
- Führungsstil
Inhaltsverzeichnis
Abstract / Management Summary
Danksagung
1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Abgrenzung
1.2 Methodik
1.3 Ziel dieser Arbeit
1.4 Gliederung der Arbeit
2 Theorieteil
2.1 Erklärung Begriffsdefinitionen
2.2 Die Selbstbestimmungstheorie nach Deci und Ryan
2.3 Anreizsysteme
2.4 Veränderungsprozesse
2.5 Das 3-Phasen-Modell nach Lewin
2.6 Die 7 Phasen der Veränderung nach Kotter
2.7 Das Rubikon-Modell der Handlungsphasen
2.8 Fragestellung dieser Studie
3 Resultate
3.1 Veränderungsprozesse bei der Lyreco Switzerland AG
3.2 Fluktuation im Unternehmen
3.3 Bedeutung der Motivation durch Führungskräfte im Wandel
3.4 Motivation im Veränderungsprozess bei Lyreco
3.5 Analyse und Bewertung der Motivation im Veränderungsprozess
4 Kritische Würdigung
4.1 Kurz-Zusammenfassung der Literatur und der Ergebnisse
4.2 Einbettung in weitere Literatur
4.3 Stärken und Schwächen der Arbeit
4.4 Hinweise für die weitere wissenschaftliche Forschung
4.5 Hinweise für die Praxis
4.6 Ausblick
Literaturverzeichnis
Verzeichnis der Darstellungen
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Anhang
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Impressum:
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Abstract / Management Summary
Im heutigen dynamischen Umfeld stehen Unternehmen unter erhöhtem Wettbewerbsdruck. Gerade in Zeiten von Veränderungsprozessen werden Betriebsangehörige mit verschiedenen Änderungssituationen konfrontiert, welche für die Mitarbeitenden wie auch für das Unternehmen selbst grosse Herausforderungen mit sich bringen. In diesen Momenten kommt es in besonderem Masse auf die Führungskräfte an, damit diese die Mitarbeitenden erfolgreich motivieren können. Mitarbeitende langfristig an das eigene Unternehmen zu binden bedeutet auch, Knowhow zu sichern und gleichzeitig ein gutes Betriebsklima anzustreben.
Die Lyreco Switzerland AG gehört zu den weltweit führenden Anbietern von Arbeitsplatzlösungen und ist in 42 Ländern und 4 Kontinenten vertreten. Im Zuge der Neuausrichtung des Unternehmens hat die Lyreco Switzerland AG ein Veränderungsprojekt «come2gether» aufgelegt, welches im Frühjahr 2018 gestartet wurde. Das Ziel dieses Veränderungsprojektes besteht darin, die verschiedenen Verkaufsabteilungen durch die nähere Zusammenarbeit effizienter am Markt platzieren zu können und dadurch auch Synergieeffekte nutzen zu können. Diese Veränderungsmassnahmen führten zu einer steigenden Fluktuation im Unternehmen und folglich nahm die Mitarbeiterbindung im Unternehmen ab. Die Motivation der Mitarbeitenden sank in der Folge ebenfalls kontinuierlich, weshalb die Förderung motivationaler Anreize durch Führungskräfte dringend erforderlich ist.
Damit die Mitarbeitenden auch während des Veränderungsprozesses effizient weiterarbeiten können und an den kommenden, neuen Herausforderungen nicht scheitern, bedarf es einer motivationalen Führung. In der vorliegenden Arbeit werden die wichtigsten motivationspsychologischen Modelle vorgestellt. Die Selbstbestimmungstheorie von Deci und Ryan beschreibt die menschliche Motivation, ihre Grundbedürfnisse und Entwicklung. Die Motivation in Veränderungsprozessen wird mit dem 3-Phasen-Modell von Lewin und den 7 Phasen der Veränderung geschildert. Als Schnittstelle dieser theoretischen Modelle beschreibt das Rubikon-Modell der Handlungsphasen von Heckhausen vier Schritte, welche für die Erreichung eines Ziels erforderlich sind. Da die Motivationspsychologie zwei Grundprobleme kennt, nämlich zum einen die Wahl von Handlungszielen und zum anderen die Realisierung dieser Ziele, stellt dieses theoretische Modell eine sinnvolle Ergänzung zu den übrigen Theorien dieser Arbeit dar. Es werden darüber hinaus mögliche motivationale Ansätze sowie Anreizsysteme durch Führungskräfte beschrieben. Dazu gehören auch die Belohnungssysteme, welche im Lichte des Entgeltsystems des Referenzunternehmens näher betrachtet werden.
Abschliessend werden die erzielten Ergebnisse kritisch gewürdigt und darauf basierend Handlungsempfehlungen für die Praxis und die weitere wissenschaftliche Forschung abgegeben. Anhand der Fluktuationsraten im Unternehmen in Bezug zum Schweizer Arbeitsmarkt wird eine Einordnung möglich. Die Unternehmenskultur bildet die Grundlage für motivationale Ansätze und gibt über den Stellenwert von Motivationsbemühungen im Unternehmen Aufschluss. Basierend auf der Unternehmenskultur werden die Führungskräfte in die Lage versetzt, ihre Mitarbeitenden wirkungsvoll und nachhaltig zu motivieren. Mithilfe von motivationspsychologischen Ansätzen sollen Führungskräfte von Lyreco befähigt werden, die Motivation der Mitarbeitenden im Veränderungsprozess zu fördern. Im Veränderungsprozess wird ein begeisterungsfähiger Führungsstil erforderlich. Führungskräfte sind für die erfolgreiche Umsetzung von Veränderungsprozessen bedeutend, da sie direkten Einfluss auf die Mitarbeitenden ausüben können. Ein wertschätzender Führungsstil und eine gelebte Kultur des gegenseitigen Austausches sind erfolgsversprechende Mittel, um Mitarbeitende nachhaltig zu motivieren und so an das Unternehmen zu binden. Deshalb sind diejenigen Führungskräften im Vorteil, welche über ein breites Repertoire an motivationalen Ansätzen verfügen.
Danksagung
Bei dieser Gelegenheit möchte ich mich bei all denjenigen bedanken, die mich während der Anfertigung dieser Masterarbeit unterstützt und motiviert haben. Zuerst gebührt mein Dank Frau Dr. Nicola Jacobshagen, die meine Masterarbeit betreut und begutachtet hat. Für die hilfreichen Anregungen, die Geduld sowie die konstruktive Kritik bei der Erstellung dieser Arbeit möchte ich mich herzlich bedanken.
Ich bedanke mich bei meinem Arbeitgeber Lyreco Switzerland AG für die tatkräftige Unterstützung meiner Masterarbeit. Ein grosses Dankeschön gilt Laura Di Paolo für das durchgeführte Interview. Meinem Vorgesetzten Martin Schlittler danke ich für seine wertvolle Unterstützung und den nötigen Raum, welcher er mir während der Erstellung meiner Masterarbeit gewährte. Ohne das Verständnis und die Unterstützung meines Arbeitgebers hätte diese Arbeit nicht entstehen können. Auch haben sie massgeblich dazu beigetragen, dass diese Masterarbeit in dieser Form vorliegt. Ebenfalls möchte ich mich bei meinen Mitstudierenden an der Kalaidos Fachhochschule bedanken, welche mir immer wieder neue Aspekte in motivationspsychologischen Fragen aufzeigten.
Ich möchte Holger Fender für das Korrekturlesen meiner Masterarbeit herzlich danken. Ein besonders herzlicher Dank gehört meiner Frau, die mir mein Studium durch ihre liebe Unterstützung erst ermöglicht hat und stets ein offenes Ohr und viel Verständnis für mich hatte. Ohne ihre Rückendeckung wäre vieles in meinem Leben schwieriger.
Daniel Ming
Adliswil, 06.05.2020
1 Einleitung
Gerade in Zeiten von Veränderungen benötigen Mitarbeitende von den Führungskräften verstärkt Impulse, welche sie motivieren am Wandel teilzunehmen um weiterhin mit Elan für das Unternehmen tätig zu sein. Gelingt diese Motivation nicht, verlassen Mitarbeitende häufig das vom Veränderungsprozess betroffene Unternehmen und damit einhergehend steigt die Fluktuationsrate. Nebst dem Verlust von Mitarbeitenden wird dadurch auch eine Kostensteigerung in Gang gesetzt, die neben den Kosten für Rekrutierung auch mit dem Verlust von Knowhow einhergehen kann. Letztere Kosten sind häufig nicht direkt quantifizierbar, wirken sich aber in der Folge dennoch negativ auf das Unternehmen aus. Auch beim Referenzunternehmen ist ein Veränderungsprozess derzeit im Gange mitsamt aller Begleiterscheinungen, welcher dieser Veränderungsprozess mit sich bringt.
Nachfolgend wird das Referenzunternehmen näher vorgestellt. Lyreco wurde 1926 unter dem Namen Gaspard gegründet und führt seit 2001 weltweit einheitlich den Namen Lyreco. Heute ist das Unternehmen in 45 Ländern tätig; die meisten Niederlassungen befinden sich in Europa, jedoch ist das Unternehmen auch in Kanada, Australien sowie in Hongkong, Thailand und Korea tätig. Das Unternehmen gibt seine Mitarbeiterzahl mit über 10.000 (4500 im Vertrieb) und die Lagerfläche mit 400.000 Quadratmeter an. Lyreco gehört heute zu den weltweit führenden Anbietern von Arbeitsplatzlösungen. Der jährliche Gesamtumsatz der Gruppe übersteigt nach Unternehmensangaben 2 Milliarden Euro (Lyreco, 2020).
Der Autor ist bei Lyreco als Regionalverkaufsleiter Nespresso Business Solutions (NBS) tätig und verantwortet die Region Zentralschweiz. In dieser Funktion führt er sein Team bestehend aus Gebietsverantwortlichen innerhalb der Region Zentralschweiz. Die Veränderungsmassnahmen betreffen auch den Bereich NBS, weshalb der Aspekt der motivationalen Führung – welcher immer elementarer Bestandteil der Führung sein sollte- derzeit noch wichtiger ist, um die Mitarbeitenden durch diese anspruchsvolle Zeit begleiten und vor allen Dingen motivieren zu können. Im Folgenden wird die Problemstellung sowie das Ziel dieser Arbeit näher beschrieben.
1.1 Problemstellung und Abgrenzung
Bei der Lyreco Switzerland AG (Lyreco) wurde im Frühjahr 2018 ein Veränderungsprozess namens „come2gether“ gestartet. In der Folge kam es zu erhöhter Fluktuation von Mitarbeitenden, da vor allem die Führungskräfte die Mitarbeitenden nicht ausreichend für den Veränderungsprozess motivieren konnten.
1.1.1 Zentrale Fragestellung
Die Zentrale Fragestellung dieser Arbeit lautet: „Wie können Führungskräfte von Lyreco die Motivation ihrer Mitarbeitenden im Veränderungsprozess fördern?“
1.1.2 Sekundäre Fragestellung
Die sekundäre Fragestellung lautet: «Welche Aspekte aus den Motivationstheorien und -modellen sind für die Führungskräfte von Bedeutung?»
1.1.3 Abgrenzungen
In dieser Arbeit sollen keine Umweltfaktoren wie Arbeitslosigkeit oder familiäre Konstellationen der Mitarbeitenden näher untersucht werden. Diese Arbeit soll sich daher explizit auf die motivationale Steuerung der Mitarbeitenden durch Führungskräfte beziehen.
1.2 Methodik
Um die Fragestellungen dieser Arbeit weiter bearbeiten zu können, werden in Kapitel 2 die hierfür notwendigen motivationspsychologischen Theorien beschrieben, welche insbesondere die Wirkung der motivationalen Anreize sowie die Verhaltensphasen in Veränderungsprozessen darstellen. Kapitel 3 zeigt den Praxisbezug der Theorien auf und beschreibt innerhalb des Auswertungsteiles spezifische Umsetzungsvorschläge für die Förderung der Motivationsfaktoren seitens der Führungskräfte. Dabei werden die genutzten Quellen einer vergleichenden Analyse unterzogen und die Bedeutung der gewonnen Erkenntnisse für die Praxis aufgezeigt. Im Kapitel 4 erfolgt die kritische Würdigung. Darauf schliesst sich eine Zusammenfassung der Ergebnisse mit anschliessendem Ausblick auf künftige Forschungsfragen an, welche im Zuge dieser Arbeit zu Tage getreten sind.
1.3 Ziel dieser Arbeit
Das Ziel dieser Arbeit ist die Förderung der Motivation der Mitarbeitenden im Veränderungsprozess durch Führungskräfte der Lyreco anhand ausgewählter motivationaler Ansätze. Dadurch soll der Wissensverlust durch Fluktuation der Mitarbeitenden eingedämmt und zugleich eine langjährige Bindung der Mitarbeitenden an das Unternehmen angestrebt werden. Damit wird ein grosser Nutzen für die Praxis erreicht. Der Mehrwert für die Forschung besteht darin, dass anhand der ausführlichen Literaturanalyse bekannte, motivationale Ansätze im Kontext einer Unternehmung im Veränderungsprozess betrachtet werden und mögliche, neue motivationale Ansätze daraus abgeleitet und in der Praxis des Referenzunternehmens validiert werden können. Dadurch lassen sich neue Perspektiven in der modernen Führung aufzeigen oder widerlegen, wenn der Praxistransfer nach erfolgter Implementierung scheitern sollte.
1.4 Gliederung der Arbeit
Der Aufbau dieser Arbeit setzt sich nun mit dem Theorieteil im Kapitel 2 fort. An dieser Stelle werden die wichtigsten theoretischen Modelle im Feld der Motivationspsychologie beschrieben. Die Selbstbestimmungstheorie von Deci und Ryan zeigt die Aspekte der Bindung, Autonomie und Kompetenz auf, welche für Mitarbeitende im Zuge einer erfolgreichen Motivation befriedigt sein müssen. Im Motivationskontinuum von Deci und Ryan werden schliesslich sämtliche Motivationsarten sowie deren Regulationsprozesse ausführlich beschrieben. Die Selbstbestimmungstheorie zeigt motivationale Aspekte auf, welche zur Beantwortung der zentralen Fragestellung dienen. Das 3-Phasen-Modell nach Lewin sowie das 7 Phasen Modell der Veränderung nach Kotter helfen beim Verständnis von Veränderungsprozessen und gelten als Standartwerke in ihrem Fachgebiet. Sowohl das 3-Phasen-Modell als auch die 7 Phasen der Veränderung zeigen die Wirkung von Veränderungsprozessen und die Wirkung der Motivationsanreize im Unternehmenskontext auf.
Da Veränderungsprozesse einen signifikanten Teil dieser Arbeit ausmachen, bildet die ausgewählte Theorie einen Mehrwert zur Beantwortung der Forschungsfrage. Das Rubikon-Modell der Handlungsphasen beschliesst den Theorieteil. Dabei werden die einzelnen Handlungsphasen einer handelnden Person in Bezug auf Motivation und Volition erörtert. Ebendiese Handlungsphasen zeigen die motivationalen und volitionalen Bedingungen auch im Unternehmenskontext auf und tragen ebenfalls zum Erkenntnisgewinn hinsichtlich der Thematik dieser Arbeit bei. Am Schluss des Theorieteils werden die beschriebenen theoretischen Modelle auf die Beantwortung der Fragestellung hin in Bezug zueinander gesetzt.
Im Kapitel 3 folgen die Resultate dieser Arbeit. Dabei fällt das Hauptaugenmerk auf die Veränderungsprozesse beim Referenzunternehmen Lyreco. Es werden die Veränderungsprozesse im Unternehmen detailliert beschrieben und insbesondere die Auswirkungen von Veränderungsprozessen auf die Motivationsfähigkeit der Mitarbeitenden untersucht. Die Fluktuationszahlen des Referenzunternehmens werden mit den statistischen Werten im nationalen Kontext verglichen und interpretiert. Da das Ziel dieser Arbeit eine Eindämmung der Fluktuation verfolgt, stellt die Auseinandersetzung mit Fluktuationsaspekten eine sinnvolle Ergänzung dar. Ein weiterer Aspekt ist die Bindung der Mitarbeitenden an das eigene Unternehmen, auch oder gerade in Zeiten der Veränderung. Dabei werden Einflussfaktoren wie mangelnde Freiheit, fehlende Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben und die Zufriedenheit des Entgelts konkretisiert. Auch der Aspekt der Mitarbeiterbindung bildet somit einen integralen Bestandteil dieser Arbeit.
Im weiteren Verlauf werden Resultate zur Motivation an sich ausgewertet. Hierbei wird die Bedeutung der Motivation in der Praxis erläutert. Die intrinsischen und extrinsischen Ansätze werden in Bezug auf den Praxisalltag differenziert betrachtet. Die Auswertung der intrinsischen und extrinsischen Ansätze sollen mögliche motivationale Möglichkeiten für Führungskräfte und Mitarbeitende aufzeigen. Weiter wird dem Wunsch der Mitarbeitenden nach Selbstbestimmung und damit einhergehender Selbstmotivation nachgegangen. Dies soll der Mitarbeiterbindung zu Gute kommen und wirksam gegen Fluktuation helfen. Zum Schluss des Kapitel 3 wird eine Analyse und Bewertung in Bezug auf die Motivation im Veränderungsprozess der Lyreco durchgeführt.
Im Kapitel 4 folgt die kritische Würdigung dieser Arbeit. Dies beinhaltet eine kurze Zusammenfassung der Literatur sowie der Ergebnisse. Weiter wird die Arbeit hinsichtlich ihrer Stärken und Schwächen kritisch reflektiert. Um einen grösstmöglichen Nutzen stiften zu können, werden Hinweise für die weitere wissenschaftliche Forschung sowie Hinweise für die Praxis dargelegt. Den Schlusspunkt dieser Arbeit setzt dann der Ausblick. Hier werden die zunehmende Digitalisierung sowie mögliche Arbeitsmodelle der Zukunft im motivationalen Kontext der zukünftigen Forschung nahegelegt.
2 Theorieteil
Die Grundlage dieser Arbeit bilden die theoretischen Modelle zur Motivation. Motivation stellt ein bedeutendes Feld innerhalb der Persönlichkeitspsychologie dar und gliedert sich in verschiedene Teilbereiche. Dies sind im Wesentlichen: Leistungsmotivation, Anschlussmotivation, Machtmotivation, implizite und explizite Motive, Annäherungs- und Vermeidungsmotivation, Intrinsische Motivation sowie Volition und Handlungskontrolle (vgl. Brandstätter, Schüler, Puca & Lozo, 2013).
Ein weiteres theoretisches Feld wird in den Belohnungssystemen beleuchtet, welche als positive Verstärkung innerhalb extrinsischer Anreize agieren. Als Gegenpol hierzu sollen Zwänge herausgestellt werden, welche als negative Verstärkung in extrinsischen Motivationsfaktoren angesiedelt werden. Bei den intrinsischen Anreizen werden folgende Bereiche näher betrachtet: Neugier (kognitiv), Anreize (emotional) sowie Erfolgserwartung (Wahrscheinlichkeit). Alle genannten Theorien zur Motivation unterstützen und ermöglichen die Beantwortung der gestellten Forschungsfrage. Die Selbstbestimmungstheorie von Deci und Ryan bezeichnet die grundlegenden, psychologischen Bedürfnisse eines Menschen, welche als Grundlage zur Motivation dienen (Deci & Ryan, 2017).
Um die Wirkung des Veränderungsprozesses auf die Motivation der Mitarbeitenden abbilden zu können, sollen die theoretischen Modelle von Lewin und Kotter herangezogen werden. Beim 3-Phasen-Modell von Lewin wird innerhalb eines Unternehmens zuerst der bestehende Zustand aufgetaut, dann der eigentliche Wandel eingeleitet und anschliessend die neuen Prozesse und Abläufe verstetigt und wieder eingefroren. Diese Veränderungsphasen stellen in der Praxis eine Aufgabe mit Potenzial zum Scheitern dar. Die Feldtheorie von Kurt Lewin stammt aus der Mitte des 20. Jahrhunderts und ist auch heute noch der zentrale Ausgangspunkt der meisten Veränderungsmodelle mit sozialem Aspekt (Lauer, 2014, S. 65). Ein weiteres Modell wird in den 7 Phasen der Veränderung beschrieben. Innerhalb von Veränderungsprozessen durchläuft in der Regel jeder Mensch die 7 Phasen der Veränderung nach Kotter. So ist im Grunde jede Verhaltensänderung ein emotionaler Reifungsprozess, welcher in ebendiesen Phasen abläuft. Durch unterschiedliche Auffassung in der Wahrnehmung des im Wandel empfundenen Selbstwertgefühls verändert sich die Stimmungslage im Laufe der Zeit (Kostka, 2016).
2.1 Erklärung Begriffsdefinitionen
Um ein bestmögliches Verständnis über die Thematik dieser vorliegenden Arbeit zu erhalten, werden die wichtigsten psychologischen Begriffsdefinitionen nachfolgend erläutert. Dabei wird in erster Linie im psychologischen Feld der Motivation zwischen intrinsischer und extrinsischer Motivation sowie den Anreizsystemen unterschieden. Im motivationalen Bereich der Veränderungsprozesse das 3-Phasen-Modell nach Lewin, die 7 Phasen der Veränderung nach Kotter sowie als verbindendes Element zwischen den Theorien das Rubikon Modell nach Heckhausen.
2.1.1 Motivation
Unter Motivation werden verschiedene Beweggründe zusammengefasst. «Motivation erklärt Richtung, Intensität und Ausdauer menschlichen Verhaltens. Sie liefert die Gründe dafür, weshalb sich eine Person gerade mit einer bestimmten und nicht mit einer anderen Aufgabe beschäftigt (Richtung), welchen Grad an Anstrengung und Einsatz sie auf die Aufgabe verwendet (Intensität) und wie lange sie sich in dieser engagiert (Ausdauer)» (Campbell et al., 1976).
2.1.2 Intrinsische Motivation
„Intrinsische Motivation bedeutet ein in der Person liegendes Interesse, Neugier oder Werte, die diese dazu bewegt, etwas zu tun (z.B. konzentriert lernen, selbstvergessen spielen, tiefes Involviert sein in der Arbeitstätigkeit, das Aufgehen im Sporttreiben)“ (Brandstätter, Schüler, Puca, Lozo, 2013, S. 91).
2.1.3 Extrinsische Motivation
Extrinsische Motivation erfolgt hingegen durch äussere Faktoren wie etwa materielle Belohnungen und Bestrafung, Überwachung oder soziale Bewertungen. Diese Art der Motivation bedarf Kontrollinstrumenten und ist stark abhängig von äusseren Steuerungsinstanzen (Brandstätter et al., 2013, S. 91).
2.1.4 Volition
Volition bezeichnet den Prozess der Willensbildung zur Überwindung von Unlustgefühlen oder Handlungsbarrieren, um Motive und Ziele in Ergebnisse umzusetzen. Sie liegt demnach – zeitlich gesehen – zwischen der Motivation und der Ausführung der Handlung. Erst wenn volitionale Handlungen und Strategien hinzukommen, werden aus Worten auch Taten (Kehr, 2004, S. 51)
2.2 Die Selbstbestimmungstheorie nach Deci und Ryan
In den vorhergehenden Abschnitten wurde die intrinsische und extrinsische Motivation erläutert. Dabei wurde festgestellt, dass intrinsische Motivation im Grunde einem inneren Drang folgt, welcher die Menschen antreibt. Im Gegensatz hierzu bedarf es bei der extrinsischen Motivation Impulse von aussen. Es bedingt also der Schaffung von Anreizen, welche einen motivationalen Charakter auf Mitarbeitende ausübt oder anders ausgedrückt: Es werden Belohnungen nötig, um Mitarbeitende extrinsisch motivieren zu können.
Eine bekannte Theorie über die menschliche Motivation, Grundbedürfnisse und Entwicklung liefert die Selbstbestimmungstheorie von Edward Deci und Richard Ryan (Deci & Ryan, 2017). Beschrieben wird die Selbstbestimmungstheorie wie folgt: «Kurz gesagt beschreibt sie, wie menschliche Motive und Bedürfnisse zusammen mit ihrer Umsetzung in konkretes Verhalten zur Entwicklung des Selbst beitragen und welche Rolle die soziale Umwelt dabei spielt» (Blickhan, 2018, S. 149). Die psychologischen Grundbedürfnisse Autonomie, Kompetenz sowie Bindung bilden dabei die zentralen Elemente innerhalb der Selbstbestimmungstheorie. In den jeweiligen «Mini-Theorien» werden diese psychologischen Grundbedürfnisse immer wieder aufgegriffen und in Relation zu den Umwelteinflüssen sowie dem Empfinden und der Wahrnehmung eines menschlichen Individuums gesetzt.
Im Folgenden werden die einzelnen, sogenannten «Mini-Theorien» innerhalb der Selbstbestimmungstheorie näher betrachtet.
2.2.1 Die Theorie der kognitiven Bewertung
In der ersten «Mini-Theorie» wird dargestellt, wie intrinsisch motiviertes Verhalten durch den sozialen Kontext beeinflusst wird. Wie kontrollierend oder steuernd eine Person ihr Umfeld empfindet, trägt massgeblich zur individuellen Motivation bei. Dabei gilt: Je freier sich eine Person fühlt, desto motivierter und eigenverantwortlicher wird sie handeln. Dieses Empfinden kann mit erlebter Autonomie gleichgesetzt werden und beeinflusst die intrinsische Motivation. Äussere Faktoren wie Bestrafungen oder erzeugter Druck, direkter Wettbewerb oder etwa Bewertungssituationen durch Vorgesetzte können die Motivation senken. Überraschenderweise können sich auch Belohnungen negativ auf die intrinsische Motivation auswirken. Dies konnte Deci in zahleichen Experimenten eindrücklich aufzeigen (Deci & Ryan, 1985).
Wahlmöglichkeiten und Selbstbestimmung führen zu erhöhter, subjektiv empfundener Autonomie. Voraussetzung dafür ist, dass die wahrgenommene Umwelt als empathisch und nicht kontrollierend aufgefasst wird. Diese Erkenntnisse waren gerade für den pädagogischen Bereich wertvoll, weshalb sie zunächst im Bereich Schule und Erziehung zur Anwendung kamen (vgl. Krapp & Ryan, 2002). Daniela Blickhan hält dazu fest: «Schon in dieser ersten Theorie, die die kognitive Bewertung der Situation in den Mittelpunkt stellt, postulieren Deci und Ryan persönliche Bindung bzw. Beziehung (relatedness) als Grundlage der intrinsischen Motivation (Blickhan, 2018, S. 150).
2.2.2 Die Theorie der organismischen Integration
Die zweite Theorie der organismischen Integration wird von Deci und Ryan der Persönlichkeitspsychologie zugeordnet. Ein zentraler Aspekt dieser Theorie ist die menschliche Entwicklung als natürlicher Prozess. Dabei geht es auch um Selbstaktualisierung, das heisst, um das Bestreben, sich fortlaufend weiterentwickeln zu wollen und dabei ihre Erfahrungen in ein kohärentes Selbst- und Weltbild zu integrieren (Blickhan, 2018, S. 151). Dieser Prozess bildet die Grundlage für psychische Reifung und erinnert an den Kohärenzsinn, welchen Aaron Antonovsky beschreibt (vgl. Antonovsky, 1997). Bindung führt zu mehr empfundener Sicherheit und dadurch zu weniger Stress, weshalb Menschen dadurch Erfahrungen leichter integrieren können. Auch die Befriedigung der beiden anderen Grundbedürfnisse, Kompetenz und Autonomie, unterstützen in der psychischen Reifung (Deci & Ryan, 1985, S. 113-114).
2.2.3 Die Theorie der Ursachenzuschreibung
Die dritte Theorie beschreibt die menschliche Interaktion und damit einhergehend die Entwicklung persönlicher Ressourcen. Verhalten und dauerhafte Wertorientierung werden mit diesem Ansatz verbunden, womit ein weiterer Aspekt der Motivation offenbart wird (Deci & Ryan, 1985, S. 149-150). Deci und Ryan beschreiben drei grundsätzliche Orientierungsstile: Die unpersönliche Orientierung, die kontrollierte Orientierung und die autonome Orientierung. Die unpersönliche Orientierung ist vom Zustand der Amotivation geprägt. Amotivation bezeichnet eine depressive und selbstabwertende Ausprägung. Die kontrollierte Orientierung basiert auf Kontrolle, Anweisung sowie Bestrafung beziehungsweise Belohnung. Man spricht in diesem Zusammenhang von externer und introjizierter Regulation. «Die Person versucht, externe Anerkennung zu erhalten, und investiert darin viel Energie. ‘Wenn ich mich nur ein wenig mehr anstrenge, dann wir der Chef / Lehrer / Vater es schon bemerken. Dann hat sich meine Anstrengung gelohnt’» (Blickhan, 2018, S. 152). Bei der autonomen Orientierung ergänzen sich integrierte externe Motivation und intrinsische Motivation. «Sie zeigt sich in gesundem Selbstwert und Wohlbefinden, in angemessener Ich-Entwicklung, psychischer Reife und Selbstaktualisierung. ‘Ich mach das, weil es mir wichtig ist. Ich übernehme Verantwortung dafür. Ich setze meine Stärken ein’» (Blickhan, 2018, S. 152).
2.2.4 Die Theorie der Grundbedürfnisse
Die vierte und letzte «Mini-Theorie» beschreibt psychologische Grundbedürfnisse als menschliche Wachstumsbedürfnisse. Deci und Ryan postulieren drei solcher Wachstumsbedürfnisse: Beziehung , Autonomie und Kompetenz. Menschen haben demnach einen starken Drang zur Befriedigung dieser Grundbedürfnisse und dies wirkt wie ein Motor des individuellen Verhaltens. Dieses Verhalten fördert die persönliche Entwicklung und erhöht das subjektive Wohlbefinden (vgl. Deci & Ryan, 2000).
2.2.5 Die Selbstbestimmungstheorie
Die vier «Mini-Theorien» der vorherigen Abschnitte münden also in die Selbstbestimmungstheorie als solche. Die Selbstbestimmungstheorie beschreibt das menschliche Verhalten im Lichte psychologischer Grundbedürfnisse. Immer wenn dabei die Aspekte der Bindung, Autonomie und Kompetenz befriedigt werden, handelt es sich prinzipiell um intrinsische Motivation. Ist das Verhalten jedoch von externen Einflussfaktoren, wie Belohnung oder Strafe getrieben, handelt es sich um extrinsische Motivation.
2.2.6 Das Motivationskontinuum
Die Motivation wird von Deci und Ryan auf einem Kontinuum beschrieben, welches die Aspekte der Motivation von Amotivation bis hin zur intrinsischen Motivation also zusammenhängend beschreibt. In nachfolgender Abbildung 1 wird, mit freundlicher Genehmigung von Dr. Daniela Blickhan, das Motivationskontinuum veranschaulicht:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1 Motivationskontinuum (Blickhan, 2018)
Wie in der Abbildung 1 veranschaulicht wurde, bedeuten die einzelnen Phasen innerhalb des Motivationskontinuums letztlich einen psychischen Reifungsprozess. Dieser psychische Reifungsprozess speist sich aus der Regulation des Verhaltens, der persönlichen Kontrollorientierung sowie der Ursachenzuschreibung (vgl. DeCharms, 1968). In nachfolgender Tabelle 1 werden die einzelnen, regulatorischen Phasen im Motivationskontinuum detailliert beschrieben:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1 Regulatorische Phasen im Motivationskontinuum (Eigene Darstellung in Anlehnung an Deci & Ryan, 2020)
Wie in Tabelle 1 ersichtlich, kommt der Regulation des Verhaltens eine entscheidende Rolle zu. Ist keine Verhaltensregulation vorhanden, spricht man von Amotivation. Im Zustand der Amotivation agieren Menschen mit Handlungsverweigerung oder gar mit Apathie. Bei externaler Regulation kommt das Element der Belohnung beziehungsweise Bestrafung zum Tragen. Die Motivation zum Handeln wird bei externaler Regulation stark durch die mögliche Belohnung oder die befürchtete Bestrafung angeregt. Die introjizierte Regulation basiert auf Gefühlen von Schuld und Scham. Dabei werden externe Werte zwar akzeptiert, aber noch nicht ins eigene Wertesystem integriert. Die identifizierte Regulation markiert die Trennlinie von der externalen zur internalen Motivation. Bei der identifizierten Regulation hat eine Identifikation mit externen Werten bereits stattgefunden. Das eigene Verhalten gleicht sich somit in Bezug auf Respekt gegenüber einem externen Wert an. Die Stimmigkeit mit dem eigenen Selbstbild ist ein zentrales Merkmal der integrierten Regulation. Eine Tätigkeit wird nun ausgeführt, weil man ihre Werte verinnerlicht hat. Zuletzt folgt die intrinsische Motivation, welche sich durch völlig freies und autonomes Handeln kennzeichnet. Das Handeln um seiner selbst willen wird nicht von externen Werten gesteuert, sondern speist sich gewissermassen von innen heraus. Die intrinsische Motivation hilft bei der Erweiterung des eigenen Kompetenzaufbaus und deckt entsprechende Grundbedürfnisse ab (Blickhan, 2018, S. 156-158).
2.3 Anreizsysteme
In den vorherigen Abschnitten wurden die verschiedenen motivationalen Verhaltensweisen und deren Regulation anhand der Selbstbestimmungstheorie von Deci und Ryan beschrieben und im Motivationskontinuum detailliert dargestellt. Dabei wurden Werte angesprochen, welche für den Menschen einen Anreiz darstellen, ob und wie eine Handlung auszuführen ist. Im Rahmen des Prinzips der empfundenen Belohnung oder Bestrafung ergeben sich bei Anreizsystemen Schwierigkeiten, welche gerade im betrieblichen Umfeld zu beachten sind. Insbesondere bei finanziellen Anreizen – vor allem in Verkaufsorganisationen – ist dieser Umstand ausserordentlich wichtig.
Motivationale Bemühungen können also wie beschrieben von Menschen als Zwang empfunden werden. Dabei ist es das eigentliche Ziel, Anreize zu schaffen, wodurch die Mitarbeitenden zu Höchstleistungen angetrieben werden sollen. Anreizsysteme können verschiedene Aspekte beinhalten, darin enthalten ist ein Entgeltsystem als Teilbereich der Anreizsysteme (Landes & Steiner, 2013, S. 613). «Ein Entgeltsystem ist aus dem Begriff ‘Entgelt’ heraus bereits auf einen bestimmten, nämlich monetären, Anreiz festgelegt. Anreizsysteme können darüber hinaus auch nichtmonetäre Komponenten enthalten» (Steiner & Baake, 2013, S. 613).
2.4 Veränderungsprozesse
Neben den verschiedenen Formen der Motivation werden in dieser Arbeit nachfolgend auch Theorien im Bereich der Veränderungsprozesse beschrieben, da die zentrale Fragestellung dieser Arbeit explizit auf diese beiden Aspekte – Motivation und Veränderungsprozesse – abzielt. Veränderungsprozesse sind per se für Menschen eine Herausforderung, da im Alltag Gewohnheiten und daraus ableitend Routinetätigkeiten gerade für Mitarbeitende häufig ein erstrebenswerter Zustand sind. Da Veränderungsprozesse in der heutigen Arbeitswelt allerdings eher die Regel als die Ausnahme darstellen, muss die Frage gestellt werden, wie Menschen entgegen ihrer präferenziellen Einstellung dennoch für Veränderungsprozesse gewonnen werden können. In den nächsten Abschnitten werden demzufolge stringent das 3-Phasen-Modell nach Lewin, die 7 Phasen der Veränderung nach Kotter sowie das Rubikon Modell der Handlungsphasen näher beleuchtet.
2.5 Das 3-Phasen-Modell nach Lewin
Beim 3-Phasen-Modell von Lewin wird innerhalb eines Unternehmens zuerst der bestehende Zustand aufgetaut, dann der eigentliche Wandel eingeleitet und anschliessend die neuen Prozesse und Abläufe verstetigt und wieder eingefroren. Dabei bezieht sich der Zustand auf die Betriebsleistung, welche durch einen Veränderungsprozess auf ein höheres Niveau wieder verstetigt werden soll. Die sogenannte Feldtheorie von Kurt Lewin stammt aus der Mitte des 20. Jahrhunderts und ist auch heute noch der zentrale Ausgangspunkt der meisten Veränderungsmodelle mit sozialem Aspekt (Lauer, 2014, S. 65). So wird ein bestehender Prozess im Unternehmen analysiert und, wenn Handlungsbedarf für eine Veränderung besteht, «aufgetaut». Lewin geht in seiner Feldtheorie nun davon aus, dass sich die Betriebsleistung zum Zeitpunkt des «Auftauens» bei 100 % befindet. Anschliessend wird der neue Veränderungsprozess im Unternehmen eingeführt. Dabei durchschreiten die Organisationsmitglieder verschiedene emotionale Stadien, welche von Ablehnung, Unsicherheit bis hin zu Einsicht und Annahme der Veränderung gehen. Diese Gefühlsempfindungen führen letztlich zum gewünschten Änderungszustand, in welchem der Prozess auf höherer Betriebsleistung wieder «eingefroren» wird. Entscheidend dabei ist, dass der neue Prozess tatsächlich bei einer höheren Betriebsleistung steht, als dies zum Zeitpunkt des Auftauens der Fall war.
Nachfolgend wird dies in Abbildung 2 verdeutlicht, in der der Wandel anhand des 3-Phasen-Modells nach Lewin beschrieben wird.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2 Das 3-Phasen-Modell (Bulletin, 2020)
Anhand der Abbildung 2 werden die einzelnen Phasen sichtbar. Lewins Theorie gründet auf der Vorstellung von Kräftefeldern aus der Physik, welche auf soziale Bereiche ausgedehnt werden sollen (Lauer, 2014, S. 66). Wie sich die Kräftefelder verhalten, zeigt nachfolgende Abbildung 3.
Im Prinzip werden im 3-Phasen-Modell von Lewin die momentanen Zustände verschiedener Personenbereiche beleuchtet. Bezogen auf Umweltfaktoren lässt sich die Valenz messen, nämlich das Resultat aus Spannung und Merkmalen des Zielobjektes. Im Abschnitt 2.7.4 wird die Valenz bei der Beschreibung der Erwartungstheorie von Vroom nochmals aufgegriffen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3 Lewins Feldtheorie (Eigene Darstellung in Anlehnung an Staehle, 2020)
Neben dem 3-Phasen-Modell von Lewin hat sich auch das Modell der 7 Phasen der Veränderung von Kotter international durchgesetzt. Kotters Modell der 7-Phasen der Veränderung baut auf dem 3-Phasen-Modell von Lewin auf und ergänzt dieses um die Dimensionen der menschlichen, wahrgenommenen Kompetenz innerhalb eines Veränderungsprozesses.
Im nächsten Abschnitt wird daher komplementär auf das Modell der 7 Phasen näher eingegangen, um kongruente Aspekte der beiden Modelle zu beleuchten und abweichende Elemente herauszustellen.
2.6 Die 7 Phasen der Veränderung nach Kotter
Innerhalb von Veränderungsprozessen durchläuft in der Regel jeder Mensch die 7 Phasen der Veränderung nach Kotter. Zum besseren Verständnis werden die 7 Phasen der Veränderung in Abbildung 4 als Grafik dargestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4 Die 7 Phasen der Veränderung (Eigene Darstellung in Anlehnung an Kotter, 2020)
So ist im Grunde jede Verhaltensänderung ein emotionaler Reifungsprozess, welcher in ebendiesen Phasen abläuft. Durch unterschiedliche Auffassung in der Wahrnehmung des im Wandels empfundenen Selbstwertgefühls verändert sich die Stimmungslage im Laufe der Zeit (Kostka, 2016, S. 41).
Die 7 Phasen des Veränderungsprozesses verdeutlichen letztlich, wie fragil jede Veränderung den Menschen macht. Da Veränderungen zu unserem Alltag gehören, muss stetig der Frage nachgegangen werden, wie diese Phasen möglichst kurzgehalten werden können. Dies vor allem im Hinblick darauf, dass je kürzer die Phasen eines Veränderungsprozesses ausfallen, desto wahrscheinlicher dann eine erfolgreiche Veränderung stattfinden kann.
2.7 Das Rubikon-Modell der Handlungsphasen
Als Übergang beziehungsweise als Schnittstelle zwischen den theoretischen Modellen der Motivation und denjenigen der Veränderungsprozesse bietet sich das Rubikon1 -Modell von Heckhausen an. Die Motivationspsychologie kennt zwei Grundprobleme: Zum einen die Wahl von Handlungszielen und zum anderen die Realisierung dieser Ziele. Die Notwendigkeit beide Grundprobleme in ein gemeinsames Rahmenmodell zu integrieren, veranlasste Heckhausen das Rubikon-Modell zu entwickeln (Heckhausen, 2018, S. 357).
In nachfolgender Abbildung 5 wird das Rubikon-Modell graphisch dargestellt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5 Rubikon-Modell der Handlungsphasen (Springer.com, 2020)
Wie in der Abbildung 5 dargestellt, gliedert sich das Rubikon-Modell in vier Handlungsphasen: Abwägen, Planen, Handeln und Bewerten. Nachfolgend werden die einzelnen Handlungsphasen zum besseren Verständnis näher beschrieben.
2.7.1 Prädezisionale Handlungsphase (Abwägen)
Gerade der Punkt der «inneren» Überwindung ist wohl den allermeisten bekannt. Den speziellen Moment vor einer Handlung, indem ein Denkprozess einsetzt, der einen Konflikt mit sich selbst auslösen kann. Doch diese Initialzündung bedarf einer Vielzahl von Überlegungen, bevor jemand eine Handlung tatsächlich ausführen kann. Menschen wägen in der Regel eine Handlung zuerst ab hinsichtlich der möglichen Realisierbarkeit sowie der Wünschbarkeit. Damit ist die prädezisionale Handlungsphase erreicht, in welcher eine mögliche Handlung nach den bereits erwähnten Aspekten abgewogen wird.
In der prädezisionalen Handlungsphase werden sowohl die Realisierbarkeit bestimmter Wünsche und Anliegen als auch die Wünschbarkeit potenzieller Handlungsergebnisse gegeneinander abgewogen. Durch diesen Abwägeprozess wird schliesslich am Ende der prädezisionalen Handlungsphase ein verbindliches Ziel ersetzt, das der Handelnde zu erreichen versucht – der «Rubikon» vom Wunsch zum Ziel wird überschritten. Hierbei entsteht ein Gefühl der Verpflichtung, dieses Ziel auch wirklich in die Tat umzusetzen – in der Forschung wird diese Verpflichtung «Commitment» genannt (Heckhausen, 2018, S. 359).
Die prädezisionale Phase hat somit den Charakter der Motivation inne, welche eine Person überhaupt erst zu einer Handlung veranlasst.
2.7.2 Präaktionale Phase (Planen)
Ist der Rubikon erst einmal überschritten, werden die Handlungsschritte geplant. Je nach Art der zu verwirklichenden Handlung nimmt die präaktionale Phase unterschiedlich viel Zeit in Anspruch. Die Komplexität oder die emotionale Tragweite der Entscheidung sind hier von zentraler Bedeutung.
In der präaktionalen Handlungsphase überlegt sich ein Handelnder, welche Strategien er anwenden soll, um das in der prädezisionalen Handlungsphase verbindlich festgelegte Ziel auch wirklich zu realisieren und somit den erwünschten Zielzustand zu erreichen. In dieser Phase werden entsprechend Pläne (in Form von Vorsätzen oder Durchführungsintentionen) entwickelt, die für das Erreichen des erwünschten Zielzustands förderlich erscheinen (Heckhausen, 2018, S. 360).
Diese Phase wird als volitional bezeichnet. Die präaktionale Handlungsphase bereitet letztlich die eigentliche Ausführung vor.
2.7.3 Aktionale Phase (Handeln)
Nachdem nun die Phasen des Abwägens und der Planung abgeschlossen wurden, nähert sich eine handelnde Person der aktionalen Phase, der eigentlichen Handlung selbst. Die Aktionale Handlungsphase wird – wie die präaktionale Handlungsphase auch – als volitional bezeichnet.
In der aktionalen Handlungsphase versucht ein Handelnder, die in der präaktionalen Handlungsphase gefassten Pläne zur Realisierung des am Ende der prädezisionalen Handlungsphase gefassten Ziels in die Tat umzusetzen. Dies wird am besten durch beharrliches Verfolgen des Ziels und durch Anstrengungssteigerung bei Auftreten von Schwierigkeiten erreicht (Heckhausen, 2018, S. 360).
Die nun durchgeführte Handlung erzielt ein Ergebnis, welches von den Handelnden angestrebt wurde. Möglicherweise wird mit Genugtuung festgestellt, dass das sich gesetzte Ziel oder Handlungsergebnis erreicht wurde. In diesem Fall wird sich ein Gefühl der Zufriedenheit einstellen. Falls das angestrebte Ziel oder Handlungsergebnis allerdings nicht erreicht wurde, reagieren Menschen oftmals mit Enttäuschung oder Frustration. In jedem Fall wird angenommen, dass das Handeln im Anschluss zu einer Bewertung führt, welche im nachfolgenden Abschnitt erörtert wird.
2.7.4 Postaktionale Handlungsphase (Bewerten)
In der vierten und letzten Phase des Handlungsverlaufs wird angenommen, dass eine Bewertung der Handlung erfolgt. Es wird vermutet, das Menschen in der postaktionalen Handlungsphase die Ergebnisse ihrer umgesetzten Pläne in Bezug auf das gesetzte Ziel bewerten (Heckhausen, 2018, S. 360).
In der postaktionalen Handlungsphase bewertet ein Handelnder sein erreichtes Handlungsergebnis. Ist er mit diesem zufrieden, deaktiviert er das am Ende der prädezisionalen Handlungsphase gesetzte Ziel. Ist er mit diesem Handlungsergebnis nicht zufrieden, senkt er entweder sein Anspruchsniveau und deaktiviert das Ziel oder er behält dieses bei und plant neue Handlungen, die dafür geeignet erscheinen, den erwünschten Zielzustand doch noch zu erreichen (Heckhausen, 2018, S. 361).
Der Handlungsverlauf anhand des Rubikon-Modells verläuft also über vier Phasen, in welcher sich die motivationalen und volitionalen Handlungsphasen abwechseln. So wird «Volition» als das Streben nach Zielen als Form der Motivation definiert (vgl. Lewin, 1926). Im Gegensatz hierzu wird «Motivation» im Kontext mit dem Setzen von Zielen benutzt. Demnach müssen sich Personen zwischen verschiedenen Zielen entscheiden und gewichten den Nutzen und die vorhandenen Optionen entsprechend stark (Gollwitzer, 1990).
Beim Rubikon-Modell der Handlungsphasen lassen sich durchaus Parallelen zu den Theorien von Vroom und dessen Erwartungstheorie herstellen. Demnach ist Motivation ergebnisorientiert. Die Erwartungstheorie von Vroom beinhaltet drei Konzepte: Valenz, Instrumentalität sowie Erwartung, welche der Theorie letztlich ihren Namen geben (Vroom, 1964; zitiert nach Kuhl, 2006, S. 19). Dabei wird die ergebnisorientierte Motivationsform anhand der Bewertungsfilter oder Entscheidungsfilter – Extrinsische Motivation oder Intrinsische Motivation – unterteilt. Als Wahrnehmungsfilter dienen die Aufgabenmotivation und die Kontextmotivation. Bei der ergebnisorientierten Motivation ist die Aufgabenmotivation im Wahrnehmungsfilter ausgeprägt. Die ergebnisorientierte Motivationsform wird in Tabelle 2 untenstehend dargestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2 Ergebnisorientierte Motivationsform nach Vroom
Quelle Eigene Darstellung in Anlehnung an Kuhl
Auch die Zielsetzungstheorie von Locke und Latham lässt sich in Verbindung mit dem Rubikon-Modell der Handlungsphasen setzen. Die Zielsetzungstheorie zeigt den richtungsweisenden Charakter von quantifizierbaren Zielen für das menschliche Verhalten (Locke & Latham, 1990).
Sowohl die ergebnisorientierte als auch die wirkungsorientierte Motivationsform sind auf ein Ziel ausgerichtet. Dabei kommt der Erwartungshaltung (in Bezug auf das Ergebnis) sowie deren Wirkungsgrad eine grosse Bedeutung zu. Ein handelnde Person wird ihre motivationale Anstrengung und den Grad an Aufwand für eine Handlung dementsprechend anpassen. Bei der wirkungsorientierten Motivation ist der Wahrnehmungsfilter vor allem auf den Bereich der Kontextmotivation ausgerichtet.
Die wirkungsorientierte Motivationsform wird in untenstehender Tabelle 3 verdeutlicht.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 3 Wirkungsorientierte Motivationsform nach Locke und Latham (Eigene Darstellung in Anlehnung an Kuhl, 2020)
Wie in den Tabellen 2 und 3 ersichtlich wurde, sind sowohl die ergebnisorientierte Motivation als auch die wirkungsorientierte Motivation der extrinsischen Motivation zuzuordnen. Demgegenüber steht das Rubikon-Modell der Handlungsphasen von Heckhausen sowohl im Zeichen der intrinsischen als auch der extrinsischen Motivation. Beim Rubikon-Modell ist es daher entscheidend, auf welchen Antrieb hin eine Person veranlasst wird, eine Handlung zu ergreifen. Kommt der Impuls von der Person selbst, quasi getrieben aus Eigeninitiative und der Freude am Tun, dann kann von intrinsischer Motivation gesprochen werden. Sobald vorwiegend äussere Einflussfaktoren das Handeln einer Person bestimmen, kann von extrinsischer Motivation gesprochen werden. «Das Rubikon-Modell hilft dabei, Strategien auszuwählen, die in der entsprechenden Phase hilfreich sind und beim Erreichen des Ziels unterstützen» (Moskaliuk, 2015, S. 3). Das Rubikon-Modell geht von einem idealen, menschlichen Verhalten aus. Tatsächlich wird eine exakte Abfolge der Handlungsphasen in der Realität selten vorgefunden. Oftmals ist es sinnvoll, die Abfolge der Handlungsphasen zu verändern. Insbesondere dann, wenn die Komplexität dies erfordert (Moskaliuk, 2015, S. 3). Das Rubikon-Modell kann aber dabei helfen, entsprechende Strategien auszuwählen, die den Mitarbeitenden dabei unterstützen, ein Ziel zu erreichen. Nicht zuletzt ist das Rubikon-Modell auch für Führungskräfte geeignet, da sich deren Handlungen in gleicher Weise auf das Modell übertragen lassen.
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1 Der Rubikon ist ein kleiner Fluss, der südlich von Ravenna in die Adria mündet. Bekannt wurde der Rubikon durch den römischen Bürgerkrieg, welcher Gaius Iulius Caesar ab 49 v. Chr. gegen seine Widersacher führte.
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- Daniel Ming (Autor), 2021, Motivation und Mitarbeiterbindung in Veränderungsprozessen. Wie Führungskräfte motivationale Anreize schaffen, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/912224
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