Welche Filmmusik passt zu welcher Szene? Aufbauend auf diese Frage und aufgrund theoretischer Kenntnisse suchen Schüler handlungsorientierten Zugang zur Filmmusik, indem sie eine kurze Szene aus Charlie Chaplins "Goldrush" vertonen.
Filmmusik spielt im Musikerleben der Schüler eine wesentliche Rolle. Beinahe jeder bewegte Bildinhalt wird heute von Musik untermalt, begleitet, kommentiert . Doch die weit reichenden Wirkungen dieser Vernetzung von Musik und Bildinhalten werden uns oft nicht bewusst – allenfalls, wenn man einmal eine Liebesszene im Film ohne Ton sieht oder den Ton des Fernsehgerätes stumm schaltet, bemerkt man, welche bedeutende Rolle die Musik in diesen scheinbar visuell dominierten Medien einnimmt. Das Ohr stellt einen immer geöffneten Kanal in das Bewusstsein eines Menschen dar, während das Auge eher auf die Erfassung der Außenwelt gerichtet ist.
Schüler haben zu Filmen einen sehr emotionalen Zugang; Film und Fernsehen spielen in ihrer Welt eine bedeutende Rolle und liefern neben Musik und Literatur wesentliche Identifikationsmöglichkeiten. Daher hat das Thema „Filmmusik“ als ein eigenständiger Teilbereich der Filmindustrie eine weit reichende Wirkung auf Schüler, unter Umständen, ohne dass sie sich dessen bewusst sind. Heute werden die Musiken zu bekannten Filmen als selbstständige Einheiten betrachtet und unabhängig vom Film weiter vermarktet. In den meisten CD-Schränken von Schülern wird sich die eine oder andere Soundtrack CD finden.
Der inhaltliche Schwerpunkt dieser Arbeit ist der Versuch einer Filmmusikproduktion durch die Schüler. Es soll nun der Unterrichtsprozess dokumentiert werden, in dem die Schüler durch handlungsorientierten Umgang mit Filmmusik erste Versuche einer eigenen Filmmusikgestaltung mache. Weiterhin sollen Schlüsse auf den Gehalt an Schülermotivation durch diese Beschäftigung gezogen werden. Darüber hinaus hat Filmmusik durch die starken Identifikationsmöglichkeiten und -gewohnheiten der Schüler einen hohen Wert an intrinsischer Motivation.
Der Autor arbeitet als Lehrer für Musik und Englisch an einer Hamburger Gesamtschule sowie als Musiker.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1.1. Begründung der Themenwahl
1.2. Konzept und Aufbau der vorliegenden Arbeit
2. Schülermotivation durch handlungsorientierten Umgang mit Filmmusik im Musikunterricht
2.1. Handlungsorientierung im Musikunterricht
2.2. Definition des Begriffes „Motivation“ für die vorliegende Arbeit
2.3. Möglichkeiten der Schülermotivation durch handlungs- orientierten Umgang mit Filmmusik
3. Planung der handlungsorientierten Phase der Unterrichtssequenz „Filmmusik“
3.1. Bedingungsanalyse
3.1.1. Allgemeine Bedingungen
3.1.2. Personelle Bedingungen (Lernvoraussetzungen)
3.1.3. Räumliche Bedingungen
3.1.4. Technische Bedingungen
3.1.5. Institutionelle Bedingungen
3.2. Sachanalyse
3.2.1. Zur Entstehung des Films „The Gold Rush“
3.2.2. Kurze Inhaltsangabe des Films „The Gold Rush“
3.2.3 Beschreibung der zu vertonenden Filmszene aus „The Gold
Rush“
3.2.4 Das Filmprotokoll
3.2.5 Systematisierung der Funktionen von Musik im Film
3.3. Didaktische Analyse
3.3.1. Begründung des Unterrichtsgegenstands und Rahmenplanbezug
3.3.2. Bezug zu anderen Themen im Bereich Musik
3.4. Lernziele
3.5. Methodische Entscheidungen für die handlungsorientierte Phase
4. Durchführung der handlungsorientierten Phase der Unterrichtssequenz „Filmmusik“
4.1. Vorbereitung und Durchführung der Vorübung
4.2. Analyse der Probenarbeit der Gruppen
4.3. Analyse der Aufnahmesituationen
5. Kritische Reflexionen zu Planung und Durchführung der handlungsorientierten Phase
5.1. Analyse der Schülerprodukte
5.2 Schlussfolgerungen für die Probenphase
5.3 Reflexion durch die Schüler mittels Evaluation
5.3.1. Auswertung der Evaluation
5.3.2. Schlussfolgerungen zu den Ergebnissen der Evaluation
5.4. Reflexion durch den Lehrer
5.4.1. Allgemeine Schlussfolgerungen
5.4.2. Schlussfolgerungen zur Planung
5.4.3. Schlussfolgerungen zur Durchführung
5.4.4. Schlussfolgerungen in Bezug auf Schülermotivation
5.4.5. Ausblick auf einen möglichen Projekttag zum Thema „Filmmusik“
6. Schlussbemerkung
7. Literaturverzeichnis
8. Anhang
1. Einleitung
1.1. Begründung der Themenwahl
„Die Verbindung von Musik und bewegten Bildern ist unser aller Lebenswelt. Wir können dem nicht ausweichen“ (Maas 1992, S. 4).
Filmmusik spielt im Musikerleben der Schüler[1] eine wesentliche Rolle. Beinahe jeder bewegte Bildinhalt wird heute von Musik untermalt, begleitet, kommentiert[2]. Doch die weit reichenden Wirkungen dieser Vernetzung von Musik und Bildinhalten werden uns oft nicht bewusst – allenfalls, wenn man einmal eine Liebesszene im Film ohne Ton sieht oder den Ton des Fernsehgerätes stumm schaltet, bemerkt man, welche bedeutende Rolle die Musik in diesen scheinbar visuell dominierten Medien einnimmt. Das Ohr stellt einen immer geöffneten Kanal in das Bewusstsein eines Menschen dar, während das Auge eher auf die Erfassung der Außenwelt gerichtet ist.
Schüler haben zu Filmen einen sehr emotionalen Zugang; Film und Fernsehen spielen in ihrer Welt eine bedeutende Rolle und liefern neben Musik und Literatur wesentliche Identifikationsmöglichkeiten. Daher hat das Thema „Filmmusik“ als ein eigenständiger Teilbereich der Filmindustrie eine weit reichende Wirkung auf Schüler, unter Umständen, ohne dass sie sich dessen bewusst sind. Heute werden die Musiken zu bekannten Filmen als selbstständige Einheiten betrachtet und unabhängig vom Film weiter vermarktet. In den meisten CD-Schränken von Schülern wird sich die eine oder andere Soundtrack CD finden. Das Thema hat also einen dauerhaften Gegenwartsbezug für Schüler. Anhand von Filmmusik können hervorragend die Wechselwirkungen von visuellen und auditiven Stimuli analysiert werden (siehe Anhang 1, Stunde 2). Eine Filmszene ohne Musik ist unter Umständen in mehrerer Hinsicht auslegbar und kann unter Umständen belanglos wirken. Erst die Musik verleiht der Szene die vom Regisseur gewünschte Stimmung bzw. polarisiert einen Bildinhalt derartig, dass er beim Betrachter die gewünschten Erwartungen und Emotionen auslöst (vgl. Kapitel 3.1.5).
Aus diesen Gründen erachte ich es für sinnvoll, den Schülern einen bewussten Umgang mit Filmmusik zu vermitteln und zu ermöglichen. Mit dem erworbenen Wissen soll ihnen Handwerkszeug gereicht werden, Filme und Filmmusik bewusster und – wenn gewollt – auch analytischer wahrnehmen zu können.
Der inhaltliche Schwerpunkt dieser Arbeit ist der Versuch einer Filmmusikproduktion durch die Schüler. Es soll nun der Unterrichtsprozess dokumentiert werden, in dem die Schüler durch handlungsorientierten Umgang mit Filmmusik erste Versuche einer eigenen Filmmusikgestaltung mache. Weiterhin sollen Schlüsse auf den Gehalt an Schülermotivation durch diese Beschäftigung gezogen werden. Darüber hinaus hat Filmmusik durch die starken Identifikationsmöglichkeiten und -gewohnheiten der Schüler einen hohen Wert an intrinsischer Motivation. Um Schüler im Musikunterricht zu erreichen, müssen „Beim Lernen […] Kopf, Herz und Hand der Schülerinnen und Schüler mit einbezogen werden […]“ (Rahmenplan, S. 6).
1.2. Konzept und Aufbau der vorliegenden Arbeit
Zunächst sollen für diese Arbeit wichtige Begriffe definiert werden; im Weiteren werden Möglichkeiten eines handlungsorientierten Umgangs mit Filmmusik aufgezeigt sowie die möglichen motivierenden Wirkungen eines solchen Unterrichts diskutiert. Im zweiten Teil werden die Planung und Durchführung des handlungsorientierten Teils der Unterrichtssequenz „Filmmusik“ dargestellt. Im dritten Teil werden Planung, Durchführung und Produkte der handlungsorientierten Phase reflektiert. Es wird eine von den Schülern durchgeführten Evaluation ausgewertet. Im Weiteren folgt eine Reflexion von Planung und Durchführung seitens des Lehrers. Aus diesen Reflexionen werden Möglichkeiten eines verbesserten Umgangs mit dem Thema für zukünftige Projekte abgeleitet.
2. Schülermotivation durch handlungsorientierten Umgang mit Filmmusik im Musikunterricht
Im Folgenden sollen die Begriffe „Handlungsorientierung“ und „Motivation“ für die vorliegende Arbeit definiert werden. Weiterhin sollen Möglichkeiten des handlungsorientierten Umgangs mit Filmmusik aufgezeigt werden.
2.1. Handlungsorientierung im Musikunterricht
Im Umgang mit dem Unterrichtsgegenstand Filmmusik, wie auch in anderen Teilbereichen des Fachs Musik, drängt sich ein handlungsorientiertes Herangehen förmlich auf.
Der Begriff „Handlungsorientierter Unterricht“ wird als ein Überbegriff für eine Zahl von Unterrichtsformen, in denen Schüler handelnd tätig werden, verwendet (wie z.B. das Exemplarische Lernen, Freiarbeit, die Projektmethode und andere[3]). Im Rahmen dieser Arbeit möchte ich mich darauf beschränken, Handlungsorientierung auf eine Möglichkeit der Schüleraktivierung zu reduzieren, die ein hohes Motivationspotential für die Schüler in sich birgt. Die Forderung eines Lernens mit „Kopf, Herz und Hand“ (nach Pestalozzi) ist dabei zentral und eine häufig gebrauchte Formulierung.
„Handlungsorientierter Unterricht ist ein ganzheitlicher und schüleraktiver Unterricht, in dem die zwischen dem Lehrer und den Schülern vereinbarten Handlungsprodukte die Organisation des Unterrichtsprozesses leiten, so dass Kopf- und Handarbeit der Schüler in ein ausgewogenes Verhältnis zueinander gebracht werden können“ (Meyer 2000, S. 214).
Handlungsorientierter Unterricht soll die Neugier der Schüler in natürlicher Weise nutzen und unter anderem auch Gelegenheit geben, aus Fehlern zu lernen.
2.2. Definition von „Motivation“ für die vorliegende Arbeit
In der (Lern-)Psychologie ist der Begriff „Motivation“ viel und kontrovers diskutiert worden[4]. Dabei sollen hier nur einige Eckpunkte erwähnt werden.
„Mit Motivation meint man alle Bedingungen, welche die Aktivität eine Organismus ankurbeln und die Variation dieser Aktivität nach Richtung, Quantität und Intensität bestimmen. Wenn man sich Motivation als innere Ursache für das Verhalten vorstellt, wird die Motivation zum Energiespender der Aktivität“ (Oerter 1987, S. 98).
Aebli (1987) versteht unter Motivation die „allgemeine Aktivation, welche wir uns inhaltslos vorstellen“ (Aebli 1987, S. 141). Man kann Motivation auch beschreiben als alle Variablen, die unser Verhalten stimulieren, erhalten und lenken. Aus der Motivation erwächst das Motiv, das Aebli folgendermaßen umreißt: „Ein Motiv [im Original kursiv gedruckt; A.K.] ist eine Zielvorstellung mit einem umschriebenen Inhalt, welche Handlungen auslöst, die zu ihrer Verwirklichung (Konstruktionshandlungen, Interaktionen) und zur Herstellung des Kontaktes mit dem Zielobjekt (Annäherungshandlungen, Erwerbshandlungen, Wahrnehmungstätigkeit) führen“ (ebd., S. 141).
2.3. Möglichkeiten der Schülermotivation durch handlungsorientierten Umgang mit Filmmusik
„Obwohl es für Schüler reizvoll zu sein scheint, sich mit Filmmusik zu beschäftigen, sie dabei auch Fleiß und Ausdauer zeigen, greifen Lehrer diese Thematik in ihrem Unterricht doch ausgesprochen selten auf“ (Grassmann 1992, S. 20).
Maas (2001) schlägt in seinem Arbeitsheft „Filmmusik“ folgende handlungsorientierte Möglichkeiten des Umgangs mit Filmmusik vor:
Erster Vorschlag: Musik zu einer Filmszene auswählen.
Die Schüler sollen eine ca. 3-minütige Filmszene wählen, zu der eine passende Musik von CD oder anderen Tonträgern ausgesucht werden soll. Die Szene soll keine Dialoge und auch sonst keine auffälligen Klangquellen enthalten. Nun interpretieren die Schüler zunächst die Bildinhalte des stumm geschalteten Filmes und legen fest, „in welchem Handlungszusammenhang die Szene stehen könnte“ (Maas 2001, S. 38). Nachdem man bestimmt hat, in welchem Verhältnis die Musik zum Film stehen soll, z.B. ob „eine Stimmung wiedergegeben werden oder […] die Bewegung (oder Ruhe) zum Kriterium der Musikauswahl gemacht werden [soll; A.K]“, hören die Schüler gemeinsam Musikstücke, um passende Titel oder Versatzstücke auszuwählen. Diese werden schließlich den originalen Filmbildern unterlegt[5].
Zweiter Vorschlag: Filmmusik komponieren und aufzeichnen .
Die Schüler sollen eine Szene aus einem Film auswählen, zu der sie eine Musik selbst komponieren. Dabei können Geräusche und Dialoge im Originalausschnitt belassen werden, solange keine Musik darunter liegt und solange sie bei der Komposition berücksichtigt werden (beispielsweise durch Übertönen der Tonspur oder Zurücknehmen der Musik).
Auch hier sollte die vorhandene Tonspur des Films stumm geschaltet werden. Nun entwickeln die Schüler gemeinsam Ideen, wie die Musik klingen soll und suchen Bezugspunkte in der Filmszene. Nachdem die Instrumente gewählt sind, können die Ideen notiert werden. Es kann sich um eine Melodie, eine Klangfläche, ein Ostinato oder ähnliches handeln (vgl. ebd., S. 38). In mehreren Durchläufen soll die Musik geprobt und nach jedem Probendurchgang verbessert werden. Schließlich kann das Ergebnis aufgezeichnet werden[6].
Dritter Vorschlag: Filmmusik mit einem Computer machen.
Wenn der Lerngruppe ein Computer[7] zur Verfügung steht, kann dieser mit Hilfe eines Sequenzer-Programms[8] für Produktion und Aufnahme verwendet werden. In diesem Verfahren eröffnen sich auch für Schüler, die keine Instrumente spielen, Möglichkeiten, kreativ Musik zu machen. Darüber hinaus lassen sich mit Hilfe der Technik überraschende und vielschichtige Klangergebnisse erzielen.
Vierter Vorschlag: Filmmusik im Rahmen eines Projektes konzipieren.
Wenn z.B. in einer Projektwoche ein Film entsteht, kann dieser entsprechend den Vorschlägen 1-3 vertont werden.
Darüber hinaus tragen folgende Ansätze zu einer Motivationssteigerung der Schüler bei:
- der konkrete Umgang mit technischen Hilfsmitteln (in diesem Fall die Aufnahmegeräte), die einen Realitätsbezug nicht nur simulieren, sondern tatsächlich herstellen.
- Den Schülern die Freiheit zu lassen, eigenständig Musik zu entwerfen.
- Die konkrete Anwendung im Fallbeispiel der im Unterricht gelernten theoretischen Grundlagen; hierdurch erfolgt eine Konsolidierung des Wissens durch eigenes Tun.
Grassmann sieht drei Ursachen für den zögerlichen Umgang mit Filmmusik im Musikunterricht: „organisatorische, didaktisch-methodische und rezeptionspsychologische Gründe“ (ebd., S. 20). Die organisatorische Frage ist heute leicht lösbar, wenn man über ein DVD- bzw. Videoabspielgerät im Musikraum verfügt (siehe Bedingungsanalyse); die günstigen Preise für Videofilme und DVD-Medien lassen das Erstellen einer kleinen „Filmothek“ leicht zu.
Maas (1992) beklagt die Unterschiede bei der Qualität von Filmmusik: „In dem vorherrschenden stilistischen Pluralismus gegenwärtiger Filmmusik findet sich neben gelungenen, d. h. musikalisch wie filmisch inspirierten Soundtracks auch viel Mittelmaß und Schund“ (Maas 1992, S. 7). Jedoch kommt er zu einem überraschenden Schluss, der ganz im Sinne der Handlungsorientierung ausfällt. „Andererseits können Klassen auf einem solchen Niveau auch konkurrenzfähige eigene Gestaltungsversuche unternehmen. Und dies halte ich für durchaus legitim: beispielsweise das Suchen nach musikalischen Ausdrucksäquivalenten zu Filmszenen zum Gegenstand des Musikunterrichts zu machen. Die Szene wird zum Ausgangs- und Bezugspunkt von Komposition und Interpretation. Auch die Kompilation von Musikbeispielen via Tonträger gehört hierher“ (ebd., S. 8).
Gleichzeitig warnt er davor, die so erstellten Schülerprodukte als allgemeingültige Filmmusik gelten zu lassen. Diese ersten „Gehversuche“ können natürlich nur Anfänge bleiben, da Filmmusik gewöhnlich auf komplexen Kompositionen basiert, die den Schülern höchstens in Einzelfällen gelingen könnten. Es soll auch nicht das Ziel eines handlungsorientierten Umgangs mit dieser Materie sein, am Ende als Ergebnis eine jeder professionellen Filmmusik ebengebürtigen Komposition vorzulegen. Vielmehr sollen die Schüler durch ihr eigenes Tun eine Ahnung von der Vielschichtigkeit einerseits der Wirkungen von Filmmusik sowie andererseits von der komplexen Aufgabe eines Filmkomponisten erhalten. Maas vergleicht diesen Anspruch mit der Erschließung einer Oper: nur weil eine Klasse einige Lieder auf der Bühne der Schulaula aufgeführt hat, ist dieses noch kein Garant für die Erschließung einer Repertoire-Oper. „Das eigene Tun weckt Verständnis für Zusammenhänge und Bedingungsfaktoren des Musiktheaters, aber idiographische Momente des Werkes müssen hierbei im Einzelfall hinzutreten. Ähnlich die Situation der Filmmusik. Der Einzelfall liefert die Gesichtspunkte für die Vielschichtigkeit von Filmmusik, die die eigenen Gestaltungserfahrungen ergänzen müssen. Diese filmmusik-didaktische Forderung trägt auch der Vielfalt filmmusikalische Funktionen Rechnung“ (ebd., S.8).
Demnach können Schüler am Einzelfall exemplarisch lernen. Die Anwendbarkeit des Gelernten im Alltag stellt eine zusätzliche Motivation dar. Diese Ansätze ermöglichen es den Schülern, verschiedene Einsatzmöglichkeiten von Filmmusik in weitgehend selbst gesteuerten Lernprozessen zu erfahren.
3. Planung der handlungsorientierten Phase der Unterrichtssequenz „Filmmusik“
3.1. Bedingungsanalyse
3.1.1. Allgemeine Bedingungen:
Der Kurs wird gewöhnlich von einem Musiklehrer des Gymnasiums, Herrn X. unterrichtet. Von April bis Juni 2005 konnte ich in jeweils einer Wochenstunde das Thema „Filmmusik“ unterrichten; die Sequenz hatte einen Umfang von 9 Einzelstunden (siehe Anhang 1).
3.1.2. Personelle Bedingungen (Lernvoraussetzungen):
Im Grundkurs Musik des Gymnasiums lernen 11 Schüler, davon 10 Mädchen und 1 Junge. Ich hatte in diesem Kurs seit März hospitiert und im April mit der Sequenz „Filmmusik“ begonnen. Diese Sequenz unterrichtete ich jeweils am Donnerstag in der 6. Stunde. Ich habe ein gutes Verhältnis zum Kurs, welches sich in einer offenen Arbeitsatmosphäre widerspiegelt. Einige der Schüler (C., L., F., M., C., J. und H.) kannte ich bereits seit Ende des Jahres 2004 aus dem Englischunterricht im Grundkurs, den ich unterrichtete. So fiel es mir nicht schwer, mich auf diesen Kurs einzustellen.
Die Schüler stehen dem Musikunterricht zwar aufgeschlossen gegenüber und zeigen ein gewisses Interesse daran, Musik auszuüben oder zu verstehen; insgesamt sind sie jedoch träge, sich auf Prozesse einzulassen, die ihre aktive Mitarbeit erfordern. Die Schüler neigen zu einer eher passiven Konsumhaltung in Bezug auf den Musikunterricht.
Wenn ihre eigene Mitarbeit gefordert ist, lassen sich einige Schüler (besonders K. und C.) nur recht schwer motivieren, auch aufgrund der Randlage der Stunde in den Sommermonaten.
Darüber hinaus sind die Schüler es aus dem sonstigen Musikunterricht eher gewohnt, zuzuhören und sich Zusammenhänge vom Lehrer im Lehrervortrag erläutern zu lassen, aber selten selbst tätig zu werden. Insgesamt kann das fachliche Leistungsniveau des Kurses als heterogen und durchschnittlich bezeichnet werden. In Bereichen, die sie interessieren, sind die Schüler aber auch zu überdurchschnittlichen Leistungen fähig und zeigen deutliches Interesse.
Fast alle der Schüler spielen ein Instrument. L. spielt Viola, C. Flöte, S. spielt sehr gut Klarinette, J. spielt Klavier, M. ebenfalls. C. spielt Querflöte, H. Geige.
In Bezug auf Filmmusik hatten die Schüler wenig bis mittelmäßige theoretische Vorkenntnisse, sondern diese bisher nur als Rezipienten wahrgenommen. Sie sind es gewohnt, dass sich Eigenaktivität im Musikunterricht hauptsächlich im sängerischen Bereich und im Bereich Tonsatz abspielt und stehen neuen Formen der Schülerbeteiligung im Unterricht anfänglich skeptisch gegenüber. Ihr Selbstbewusstsein bezüglich der eigenen (nicht-instrumentalen) musikalischen Fähigkeiten ist noch nicht sehr ausgeprägt.
3.1.3. Räumliche Bedingungen
Der Musikraum des Gymnasiums ist mit einen Klavier, zahlreichen Orff- und Perkussionsinstrumenten (z.B. Guiro, Kongas, Bongos, Klanghölzer, Schellenkränze, Tambourins, Tamtam etc.), einem Medienschrank mit Fernseher und DVD-Abspielgerät sowie Videoabspielgerät ausgestattet. Weiterhin existiert ein Computer, den ich aber aufgrund seiner Ausstattung für die Aufnahmen zum Projekt (vgl. Kap. 3.2.4.) nicht nutzen konnte.
Für die Durchführung der Unterrichtseinheit waren alle nötigen Materialien und technischen Geräte vorhanden. Allein für die Aufnahmen der von den Schülern konzipierten Filmmusiken ergaben sich mehrere Schwierigkeiten (vgl. ebd.).
3.1.4. Technische Bedingungen:
Es soll kurz auf die Erfordernisse beim Aufnehmen der von den Schülern vorbereiteten Filmmusiken eingegangen werden. Der Raum reflektiert den Schall sehr stark, so dass leicht ein „halliger“ Klang entsteht. Der eigentlichen Filmmusikproduktion ging eine spontane Klangskizze zu einer anderen Szene des Films „The Gold Rush“ voraus, die die Schüler innerhalb einer Stunde (siehe Sequenzplanung) anfertigten und die ich am Ende der Stunde aufzeichnete. Diese erste Aufnahme fand mit Hilfe eines Minidisc-Recorders (im Folgenden: MD-Player) und unter Verwendung eines einfachen Mikrofons statt (Sony Ansteckmikrophon). Um den Schülern das Ergebnis ihrer ersten selbst gemachten Filmmusik zur gemeinsamen Reflexion vorspielen zu können, schloss ich den MD-Player an die Stereoanlage an.
[...]
[1] Die Bezeichnung „Schüler“ schließt im Sinne einer vereinfachten Schreibweise Schülerinnen und Schüler mit ein.
[2] In heutigen Filmen ist die Abwesenheit von Musik eher ein stilbildendes Mittel, das die Aufmerksamkeit des Rezipienten erregt, als ihre Anwesenheit, die oft wie selbstverständlich hingenommen wird.
[3] Dieser Begriff in seiner ganzen Bandbreite ist im Rahmen dieser Arbeit nicht gemeint.
[4] Dabei unterscheidet man nach Oerter ein primäres Motivationssystem, dass dem Lust-Unlust-Prinzip gehorcht und einem sekundärem Motivationssystem, dass von dem Erfolgs-Misserfolgsprinzip gesteuert wird (vgl. Oerter 1987, S. 99). Als Ursache für Motivation werden in der Literatur z.B. angeborene Bedürfnisse wie z.B. Hunger und Durst oder das Streben nach Triebabfuhr erwähnt.
[5] Hierfür existieren mehrere technische Möglichkeiten wie Filmbearbeitungsprogramme am Computer oder eine eventuell vorhandene Nachvertonungsfunktion des Videorecorders.
[6] Analog zu diesem Vorschlag entstand die Idee zur vorliegenden handlungsorientierten Beschäftigung mit Filmmusik.
[7] Zusätzlich werden gebraucht: Eine Soundkarte, ein MIDI-fähiges Keyboard sowie evt. Mikrophone.
[8] Ein Sequenzer-Programm funktioniert wie ein virtuelles Aufnahmestudio. Auf der Benutzeroberfläche des Computers ist ein virtuelles Mischpult abgebildet. Das Programm kann, wie eine Bandmaschine in Verbindung mit einem Mischpult auch, mehrere Instrumente gleichzeitig oder nacheinander aufnehmen. Im Gegensatz zum analogen Aufnahmeverfahren bietet das Sequenzer-Programm zahlreiche Funktionen, die Aufnahme nachträglich zu verändern. So können beispielsweise Notenwerte verändert, Klangfarben geändert und z.B. fehlerhafte Töne verbessert werden.
- Quote paper
- Andreas Krumwiede (Author), 2005, Schülermotivation durch Handlungsorientierung im Musikunterricht – Versuch der Produktion einer Filmmusik zum Stummfilm „The Gold Rush“ von Charlie Chaplin, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/91172
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