Diese soziohistorische Arbeit behandelt zunächst im allgemeineren Sinne den Begriff der Kultur und die damit verbundenen philosophischen Deskriptionen. Dann geht es weiter mit den Vorzügen, der Geschichte und den Problemen der Methodologie des Kulturvergleichs. Danach werden die zwei theoretischen Perspektiven, einerseits der kulturellen Differenz, andererseits der universalistisch Ansatz erläutert und beleuchtet.
Danach folgt eine umfassende Abhandlung über die beiden zentral unterschiedlichen gesellschaftlichen Ideologien von Europa und dem Subkontinent Indien. All das vorangegangene fliesst dann ein in den Vergleich zwischen den Musikkulturen beider Länder und im Resümee werden abschließend die vorher herausgearbeiteten und anhand von zahlreichen Quellen belegten Kulturunterschiede in Form von gegensätzlichen Begriffspaaren aufgezeigt.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Was ist Kultur?
3. Sinn und Zweck der wissenschaftlichen Operation des Kulturvergleichs
4. Die universalistische Perspektive der kulturellen Gleichheiten
5. Die Perspektive der kulturellen Differenz
6. Individualismus vs. Kollektivismus
7. Klassische Musikkultur in Indien und Europa
8. Resümee
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
In dieser Untersuchung soll es sich um die Verknüpfung und Verzahnung mehrerer thematischer Ebenen handeln. Dargestellt werden wird nicht, wie eigentlich üblicherweise Usus, eine Erörterung einer zu Grunde liegenden These, sondern es wird ein kohärentes Geflecht vieler teilweise verschiedenartiger Sphären gewoben werden. Es wird angestrebt zu zeigen, welche Zusammenhänge zwischen so lebensweltlichen Bereichen wie beispielsweise Musik, Sozialem und Kulturgewordensein bestehen. Zu diesem Zweck wird in hohem Maße vornehmlich in der Kultur,- Musik,- und Sozialgeschichte gewildert werden. Zur Verdeutlichung und zum besseren Verständnis von Kultur, Kulturdifferenz und Kulturrelativismus wird die wissenschaftliche Perspektive des Kulturvergleichs gewählt. Zur Begründung, Sinn und Ergiebigkeit dieser Methode gibt es einen eigenen Abschnitt. In der Geschichte, vornehmlich in der musikologischen Soziohistorie soll deshalb gewildert werden, da im Mittelpunkt dieser Arbeit die klassische Musikkultur von zwei elementar differenzierten Ländern, Deutschland in Europa und Indien in Asien, steht. Dabei korrelieren gewordene Musikkultur und gewesene Sozialgeschichte miteinander wie die darwinische Evolutionstheorie und die damit einhergehende Anpassung vieler Spezies an die sich verändernden Umweltbedingungen in der Welt. Dabei soll möglichst der Gesamtzusammenhang zwischen den wichtigen, schillernden und hier noch unscharfen Allgemeinbegriffen Historie, Musik, Sozialität und Kultur nie verloren gehen.
Um noch etwas näher zu explizieren, wird beispielsweise folgenden Fragen nachgegangen werden: Wie hängen Musikkultur und soziale Praxis zusammen? Was sind Funktionen und Ursprünge von Musik? Welche Kulturunterschiede und Kulturgemeinsamkeiten lassen sich zwischen dem Kontinent Europa und dem so genannten Subkontinent Indien verallgemeinern und heraus destillieren? Wie ist es durch geschichtliche Prozesse dazu gekommen?
Die Notwendigkeit, zu diesen Fragestellungen auf die „soziokulturellen Evolutionen“, in Form von historischen Entwicklungen zurück zu greifen, erklärt sich aus einem alten gesetzmäßig- sozialwissenschaftlichen Dogma, wie es schon Gründungsväter wie Comte, Spencer und Durkheim bekräftigten: „Der Zustand einer Kultur ist stets die Folge ihres früheren Zustandes“ (Tenbruck: 1992, S. 13). Passend dazu formulierte ein anderer wirkungsmächtiger Soziologe: „Die gesellschaftliche Welt ist akkumulierte Geschichte“ (Bordieu: 1992, S. 49).
2. Was ist Kultur?
Diese Frage soll hier zunächst in ausreichendem Maße, von europäisch-kulturwissenschaftlicher Seite aus, beantwortend beleuchtet werden. Seit dem so genannten „cultural turn“[1], hat sich die Geisteswissenschaft vermehrt und in hohem Maße nicht mehr „nur“ der Erforschung des Menschen, Leben und Geschichte zugewandt, sondern es wird mit der Geburt der Gesellschafts- und Kulturwissenschaften besonders dieser schillernde Begriff Kultur[2], der eine so „Bedeutungsgeladene Diffusität“ (Soeffner: 2003, S. 175) besitzt und enthält, thematisiert. Anders ausgedrückt kann man auch von einer „Kulturalisierung der Wissenschaft“ sprechen. Aus heutiger Sicht gibt es unzählige Ansätze des Forschens auf diesem Gebiet. Der Begriff wurde regelrecht zerpflückt und differenziert auseinander genommen, um klare Trennschärfe zu erzeugen. Diese Tatsache zeugt wiederum von der Vielfältig- und Vielschichtigkeit von Kultur. Bevor wir hier eine kulturvergleichende Operation durchführen, soll kurz einiges weniges und wichtiges zum Kulturbegriff genannt werden. Hierbei handelt es sich lediglich um eine kleine theoretische Zusammenfassung der vielen Kulturdimensionen, als um eine akribische Begriffsbestimmung. Kultur ist ein ubiquitäres Phänomen und zählt zur so genannten „conditio humana“, also zu den Bedingungen des Menschseins (Vgl. Soeffner: 2003, S. 171)[3].
Erlauben wir es uns, mal in das bunt durchmixte Kulturpotpourri zu greifen und ein paar Beispiele heraus zu extrahieren: Zunächst einmal, im allgemein vereinfachten Sinne, kann Kultur definiert werden als menschliche Lebensäußerungen, beispielsweise in Form von Sitten, Bräuchen, Weltbildern und Weltanschauungen, Lebensstilen- und Lebensgewohnheiten, dichterischer Sprache, Philosophie, Kunst wie beispielsweise Gemäldegalerien, Kleidungsstilen, organisiertes Orchester und Theater, „Eß-, Trink-, Mal-, Geschäfts-,“ und Sportkultur, „Mode, Architektur, Musik, ökonomische Organisationsformen, und nicht zuletzt Gaststättenketten“ (Soeffner: 2003, S. 178). Religion, Kunst und Wissenschaft sind dabei „die auffälligsten und am häufigsten genannten Kulturschöpfungen“ (Soeffner: 2003, S. 191). Dies alles dient funktional im übergreifenden Sinne als Orientierungsgerüst für die Menschen eines Volkes, einer Nation, einer Gesellschaft oder eines Stammes.
Kultur als Funktion gesehen, bringt kognitiv-ordnungsstiftende Elemente in das Chaos der Welt und hilft uns Menschen, diese besser zu verstehen und zu deuten, sie zu ordnen, in ihr zu handeln und zu strukturieren: Kultur also als der „aufrecht erhaltene und immer wieder hergestellte Ordnungszusammenhang, der das Geordnete und Sinnhafte vom bloß Zufälligen und Sinnlosen abgrenzt“ (Soeffner: 2003, S. 184). Die letztgenannten Kulturschöpfungen oben, sind als internationale Kulturmuster zu deuten[4]. Genau aus dem Grunde, das die Musik ein internationales Kulturmuster ist, eignet sie sich auch bestens für einen Kulturvergleich. Denn die Musik wird in späteren Gliederungspunkten, hier im Besonderen, als kulturunterscheidendes Merkmal begriffen und behandelt werden.
Der Begriff Kultur ist eng verbunden mit dem Begriff Symbol. So schuf der Neukantianer und Kulturphilosoph Ernst Cassirer (1874-1945) die philosophisch-anthropologische Theorie vom Menschen als „animal symbolicum“ (Vgl. Gebhard: 2001, S. 32) . Demnach leben humane Wesen nicht nur in einer materiellen und physikalischen Umwelt, sondern in einem symbolischen Universum. Dieses symbolische Universum wird und wurde vom Menschen selbst geistig-kulturell geschaffen[5] und kann auch als uns umgebendes Symbolsystem bezeichnet werden. Begegnet das menschliche Subjekt einem Objekt, z.B. einer Flasche, dann stellt der symbolisch, vom Menschen subjektiv aufgeladene Bedeutungsgehalt dieser Flasche und seines Inhalts, vermittelnd zwischen Subjekt und Objekt die Beziehung her. Das Objekt der Flasche, so versteht das Subjekt, stellt ein Zeichen dar, indem es verweist auf die existentiell notwendige Möglichkeit des Trinkens aus ihr.
Die materielle Umwelt, zu der auch die Flasche samt Inhalts gehört, ist also für das Menschenwesen symbolisch aufgeladen mit konstruierter und interpretierter Sinnhaftigkeit und Bedeutung. Und so verhält es sich mit vielen Dingen in der Umwelt. Die Dinge sprechen nicht zu uns, sondern wir sprechen zu ihnen (Vgl. Gebhard: 2001, S. 33). Dieser „symbolisch ausgedeutete Sinnhorizont, in den alle unsere Wahrnehmungen, Deutungen und Handlungen eingebettet sind, wird durch Kultur (als das Ineinandergreifen von uns auferlegter, gegenständlicher Symbolwelt einerseits und Einstellung, Wahrnehmungs- und Handlungsstil andererseits) konstituiert“ (Soeffner: 2003, S. 184).
In diesem ganzen Komplex, und zur weiteren Begründung und Erklärung von Kultur, muss noch eine Facette des Menschseins betont werden: Seine „natürliche Künstlichkeit“ (Plessner). Kultur als von Menschen Geschaffenes entspringt eben dieser Qualität der Künstlichkeit des Menschen. Der Mensch ist in seiner Wesensart natürlich künstlich, da er sich selbst und sein Leben, sein „Tun, Dulden oder Unterlassen“ (Weber) erst konstruieren muss, indem er kognitiv Entscheidungen trifft. Dieser Sachverhalt liegt u.a. ursächlich an seiner „Instinktarmut“ (Gehlen). Er kann sich nicht vollständig auf seine biologischen Instinkte verlassen, die ihn in seinem Handeln anleiten, sondern muss sich immer wieder mit auftauchenden Fragen auseinandersetzen: Was soll ich tun? Wie soll ich was tun? Warum soll ich was tun? Wie führe ich ein gutes Leben? Etcetera. Diese Fragen und die vielen Weltgestaltungsmöglichkeiten des Humanwesens sind symbolisch für seine „Weltoffenheit“ (Gehlen): „Kulturanthropologisch denkende Philosophen wie Arnold Gehlen, Helmuth Plessner, Max Scheler und Ernst Cassirer“ (...) definierten „Kultur (nicht substantiell, sondern funktional) als eine Art zweiter Natur“ (...) „die sich das weltoffene Mängelwesen Mensch selbst erschaffen muss, weil es nur durch die Bildung von Institutionen und Symbolsystemen festen Halt in der Welt finden kann“ (Kurt: 2007, S. 189).
Die natürliche Künstlichkeit des Menschen meint also, „dass das menschliche Lebewesen genötigt ist, das Leben in einer artifiziellen Grenzziehung zu stabilisieren, zu regulieren, zu normieren, zu disziplinieren“ (Fischer: 2004, S. 69).
Ein Ausweg aus dieser wunderbaren Misere des „biologischen Mängelwesens“ (Gehlen) Mensch könnte beispielsweise die sinnstiftende und handlungsanleitende Kultur sein. Natürlich gibt es dabei schon kulturhistorisch Vorgegebenes und Gewordenes, welches das in-die-Welt-geworfene humane Lebewesen als Orientierungsleitfaden nutzen kann, so dass es sich nicht komplett ein neues und eigenes kulturelles Universum erschaffen muss: „Kultur zeigt sich hier als symbolisch ausgedeuteter Zusammenhang, als historisch gewachsene, sich fortentwickelnde Welt, die wir nicht gemacht, sondern die wir von unseren Vorfahren und diese wiederum von ihren Vorgängern übernommen haben. Sie wird von uns erfahren als etwas, in das wir hineinwachsen müssen“ (Soeffner: 2003, S. 182). Soziologen, Pädagogen und Psychologen beschreiben diese Aneignung von Kultur, im Laufe des Lebens eines Subjekts, mit Begriffen und Prozessen wie beispielsweise Erziehung, Lernen, Sozialisation, Enkulturation und Internalisierung von Normen, Verhaltensweisen und Werten nach denen die Lebensführung ausgerichtet wird[6]. Und am Ende des ganzen Spektakels steht dann idealtypischerweise die Geburt der so genannten sozio-kulturellen Persönlichkeit (König)[7]. In anderen Worten das fertige, angepasste, geformte und voll funktionstüchtige Gesellschaftsmitglied.
Es wäre ein Irrtum und eine Verirrung anzunehmen, das Kultur und Kulturen sich teleologisch, also zielgerichtet, fortschrittlich und auf einen Endzweck hin entwickeln. Ebenso wenig entwickelt sich die Evolution, trotz feststehender Naturgesetze, zielgerichtet. Wenn hier von soziokultureller Evoultion die Rede sein wird, dann ist dies lediglich ein Ausdruck für die sozialgeschichtliche Entwicklung und das Gewordensein von Kultur in der Menschheitsgeschichte. Dieser Irrtum der Evolution als Fortschritt und Höherentwicklung wurde längst schon, fast konsensfähig von den Evolutionsbiologen, ad acta gelegt[8]. Evolutionsbiologen und Sozialwissenschaftler könnten sich also in diesem Punkt endlich einmal einig sein, das Zufall und Unvorhersagbarkeit, sei es bei der biopsychologischen Entwicklung der Spezies Mensch oder der soziokulturellen Entwicklung von ganzen Gesellschaften und Kulturen über längere Zeiträume hinweg, eine entscheidend große Rolle spielen. Auf die Begründung dieser Behauptungen, wollen wir hier nur in kulturtheoretischer Hinsicht eingehen: „Aus der natürlichen Künstlichkeit von Kultur folgt, das sie manipulierbar ist“ (Soeffner: 2003, S. 188). Aus diesem Grunde, ist Kultur kein unveränderbarer Entwicklungsvorgang, sondern ein offener, trotzdem teilweise planbarer, aber dennoch unvorhersagbarer Prozess. Wenn diese historischen Entwicklungen keinen Fortschritt und kein Ziel mit sich bringen, dann haften ihnen trotzdem bestimmte Attribute an, die sich am besten mit den Begriffen Komplexität, Vielfalt und Differenzierung beschreiben lassen. Unsere natürliche Künstlichkeit gibt uns viel Freiheit und Handlungsspielraum, auch wenn wir uns gewissermaßen an unsere Umwelt anpassen müssen. Durch diese freiheitliche Fähigkeit, der Welt Sinnhaftigkeit zu verleihen und sie nach unseren Zielen und Zwecken zu gestalten, wird Kulturschöpfung erst möglich.
All diese oben erwähnten kulturellen Errungenschaften lassen sich nur betrachten im historischen Kontext. Sie sind nicht von heute auf morgen entstanden, sondern emergierten und konstituierten sich erst im Verlauf der menschlichen Geschichte vielerorts auf Erden. So genannte im Alltag vorhandene und gegenwärtige, zumeist kulturspezifische Selbstverständlichkeiten, die wir nicht mehr oder nur selten hinterfragen, sind in historischen Prozessen entstanden und deshalb lassen sie sich auch nur durch den Blick in die Historie verstehen. Auf diesem Boden der Tatsachen, lässt sich der Mensch als geschichtliches Wesen definieren: „Als kulturelles Wesen muss der Mensch zugleich auch ein geschichtliches Wesen sein. Kulturalität und Geschichtlichkeit gehören unauflöslich zusammen“ (Cesana: 1988, S. 346).
Wo wir gerade bei den Zusammengehörigkeiten sind, wollen wir auch auf die Abgrenzungen schauen: „In der Neuzeit wird aus der Koalition von Natur und Kultur eine Opposition“ (Kurt: 2007, S. 184). In den Sozialwissenschaften ist diese Unterscheidung mittlerweile klassisch. Das liegt u. a. auch an dem enormen Erfolg biosozialer, soziobiologischer und evolutionspsychologischer Theorien zur Erklärung menschlichen Verhaltens. Dagegen musste sich die Sozialwissenschaft abgrenzen und behaupten. Wenn sich Evolutionsbiologen anmaßen, in die Sphäre des Sozialen mit ihren Erklärungen einzudringen, dann bezeichnen die Soziologen dies meistens als platte und pauschalisierende Biologisierung des Sozialen und Gesellschaftlichen. Schließlich beansprucht die Soziologie die Deutungshoheit für das Soziale[9] und wehrt Eindringlinge anderer Naturwissenschaften ab, indem sie den Begriff der Kultur scharf dem der Natur gegenüberstellt.
Dies zeigt sich beispielsweise in einer weiteren begrifflichen Dichotomie zwischen „Sex“ (Das biologisch-organische Geschlecht) und „Gender“ (Das psychosoziale oder soziokulturelle Geschlecht). Von der sozialwissenschaftlichen Perspektive aus betrachtet beruhen Sozialverhalten, Charaktereigenschaften, Struktur und Konstitution von Gesellschaften, Gemeinschaften, Gruppen und die meisten Geschlechterunterschiede und Rollenverteilungen nicht auf genetischen Erbanlagen, sondern sind sozial und kulturell konstruiert und geformt. Die Soziobiologen erklären beispielsweise das unterschiedliche Verhalten von Männern und Frauen u.a. durch ihre verschiedenen biologischen Konstituierungen und reduzieren schnell mal eben alles menschliche Handeln auf die Zwecke der Reproduktion und der Weitergabe der „egoistischen Gene“ über die Menschen als Vehikel und Transportationsmittel in die nächste Generation.
Auf die Vorwürfe, das Unverständnis, die Intoleranz seitens der Sozialwissenschaften gegenüber den biosozialen Theorien, welche sich in abwertend gebrauchten Begriffen wie Biologismus und Evolutionismus zeigen, reagiert die andere Front mit den Begriffen Kulturalismus und Soziologismus (Vgl. Euler: 2006, S. 423 ff.). Es ist ein nicht endend wollender Streit über Recht, Macht und Deutungshoheit und letzten Endes gehören Natur und Kultur in gewissen Punkten zusammen, während man sie in anderen Aspekten voneinander differenzieren sollte. Hier soll jetzt nicht tiefer darauf eingegangen werden.
Die enorm bunte kulturelle Vielfalt und der „Plural der Lebensformen“ (Kurt: 2007, S. 184) lassen sich statistisch erfassen und für den Alltagsmenschen jeden Tag in zahlreichen Dokumentationen, über beispielsweise indigene Völker, im Fernsehen feststellen: Es gibt global schätzungsweise 5000-7000 Sprachen und ethnolinguistische Gruppen, 2500-8000 Ethnien und Kulturen, wovon ca. 200 multiethnische Staaten sind und ca. 4000-5000 indigene Völker mit Tendenz zur Kulturerhaltung (Vgl. Abbildung: Antweiler: 2007, S. 32). Bei all diesen Zahlen jedoch gibt es nur eine Menschheit, aber in ihr enthalten sind eben viele Kulturen und Ethnien. Jede Kultur besitzt mehr oder minder eigene Werthaltungen- und Wertsetzungen, Ideale, Mythen, Geschichten, Verhaltensweisen, Lebensführungsphilosophien, Kleidungsstile, Ideologien, Wünsche, Träume und Vorstellungen. Dabei ist ihr kulturelles Dasein auch ein Werden und Vergehen: Herder „zufolge ist Kultur der historische Prozess, in dem die Einheit der Menschheit in völkischer Vielfalt immer wieder von Neuem wächst und blüht und welkt“ (Kurt: 2007, S. 184). Doch wie noch weiter unten im Kapitel über den „humanen Universalismus“ gezeigt werden soll, gibt es ebenso kulturelle Ähnlichkeiten, Gemeinsamkeiten und sogar Gleichheiten. Bei aller individuellen Verschiedenheit und deren Betonung, soll dies nicht vergessen werden.
3. Sinn und Zweck der wissenschaftlichen Operation des Kulturvergleichs
Hier soll die Frage gestellt und beantwortet werden, welchen Erkenntnisgewinn man eigentlich aus der wissenschaftlichen Operation „Kulturvergleich“ ziehen kann, der sogar als der „Königsweg“ und „Ziel der Soziologie“ bezeichnet wurde (Vgl. Tenbruck: 1992, S. 15-17). Die Soziologie besitzt keine gültige, universale und facheinheitliche Theorie (Vgl. Luhmann: 1984, S. 7), doch man dachte, man könne diese gewinnen aus den Erkenntnissen von Kulturvergleichen (Vgl. Tenbruck: 1992, S. 17).
Die Psychologen benutzen den Kulturvergleich, um Ursachen für das jeweilige Verhalten in den verschiedenartigen Kulturen zu ergründen. Wieso verhält sich ein Inder so wie er es tut und im Gegensatz dazu, weshalb verhält sich ein Deutscher so oder so? In der Psychologie ist die Perspektive des Kulturvergleichs auch eine anti-anthropozentrisch-westliche, d.h. sie ist „eine wichtige Reaktion auf die Kritik, dass psychologische Forschung allzu häufig auf einer westlichen Konzeption der menschlichen Natur basiert“ (Zimbardo: 2004, S. 17). Die Ergebnisse von Kulturvergleichen können erweisen, das viele westliche Annahmen über die Psyche, nicht kulturuniversal generalisierbar sind. Die kulturvergleichende Forschung kann somit beitragen zur Relativierung von Ergebnissen und wendet sich gegen zu schnelle Generalisierungen über beispielsweise menschliche Verhaltensweisen oder Erfahrungen, die eben nicht auf andere Kulturen übertragbar sind und so auch nicht die Psyche beeinflussen. Die Medien bilden im Westen gänzlich neue Persönlichkeiten heraus: Beispielsweise die so genannte histrionische Persönlichkeit[10], auch wenn niemals ein Medienpsychologe behauptet hat, das dieser Persönlichkeitsstil auch in anderen Fremdkulturen entstanden sein könnte, soll dies uns kurz als Beispiel zur Verdeutlichung dienen.
Nun, so eine Subjekt- und Persönlichkeitsformung findet bestimmt nicht in subtropischen Urwäldern statt, wo gar keine Medien existieren, welche die Menschen in ihrem Verhalten beeinflussen könnten. So gibt es Kulturprodukte und Phänomene, die eben nur auf westlichem Boden entstanden sind und unsere Psyche prägen, während es woanders zu anderen psychischen und sozialen Entwicklungen kommt, aufgrund von anderen Lebensbedingungen- und Umgebungen.
Der kulturelle Vergleich beginnt mit den Kulturbegegnungen und meistens, sind das erste Nachrichten, Erzählungen und Berichte über Fremdkulturen, auf deren Basis sich die Menschen erste Urteile, Vermutungen und Deutungen bilden und dies immer im Vergleich mit der Eigenkultur tun (Vgl. Tenbruck: 1992, S. 23; auch S. 27). So wie wir Homo Sapiens[11] immer darauf blicken: Was hat der andere, was ich nicht habe? Und uns in Relation zu den anderen sozial verorten, Identitäten bilden und unser soziales Selbst überhaupt erst durch und vor allem im Vergleich mit den anderen fundamental konstituieren und wir durch Selbstreflektion zu Selbstbewußtsein gelangen, so könnte es sich auch mit den Kulturen verhalten: „Wenn das soziale Handeln auf der Orientierung am Handeln anderer beruht, so gehört zum gesellschaftlichen Handeln auch die Orientierung der Gesellschaften aneinander“ (Tenbruck: 1992, S. 22). Ohne diese Kulturbegegnungen und komparativen Orientierungen aneinander, wären viele gesellschaftliche Entwicklungen gar nicht möglich gewesen, ebenso wie viele menschliche Persönlichkeiten sich nicht ohne die anderen so heraus prägen hätten können. Diese Annahme stellt eine Abstrahierung der Verhältnisse, von der Ebene des psychischen Individuums zu seinen mitseienden Individuen hinauf zur übergeordneten Ebene der einzelnen Kultursubjekte zu anderen Kulturen, dar.
Uns soll es beim Kulturvergleich u.a. darum gehen, „eine gänzlich andersartige Welt verstehen zu lernen, ohne dass er (Anmerkung: Der Leser) das ihm vertraute Universum vollständig verlassen muss“ (Dumont: 1976, S. 14). Sinn, Zweck und Bedeutung des soziologischen Kulturvergleichs kann es also sein, mal in andere Kulturen und Gesellschaften einen Blick zu werfen, um zu sehen und zu verstehen das alles auch ganz anders sein könnte (Vgl. Luhmann: 1984, S. 152[12]). Man kann sich also anhand des Kulturvergleichs diese Formel der Kontingenz veranschaulichen. Somit ist die Methode des Kulturvergleichs absolut zweckdienlich um sich als Soziologe, Kulturwissenschaftler, Kulturpsychologe etc. den Horizont zu erweitern und eventuell gar um offener zu werden für anderes und fremdes.
Ursprünglich diente der Kulturvergleich in der Soziologie als „ein Verfahren der Wissenschaft, um die verborgenen Gesetzmäßigkeiten zu ermitteln, nach denen sich alle Gesellschaften aus sich selbst heraus entwickelten, also die Ursachen, Konstellationen, Linien und Stufen, wie auch die Hemmnisse und Blockaden dieser Entwicklung zu erkennen und möglichst in einer „Theorie der Gesellschaft“ zu ordnen“ (Tenbruck: 1992, S. 13). Man wollte also eine vergleichende Innenschau der Gesellschaftsverhältnisse tätigen und dann aus diesen möglicherweise eine Theorie ableiten mit Hypothesen über Gesetzmäßigkeiten der Gesellschaftsentwicklung und sozialen Realitäten. Das Verfahren produzierte leider bis heute keine „zuverlässige Theorie“, da sich die Soziologie in ihren Grundfesten als gegenwärtig bezogene „Wirklichkeitswissenschaft“ (Vgl. Rehberg: 2006, S. 8) versteht und mittels dem „Konzept der Gesellschaftsgeschichte“ zu oft mit ihren Ergebnissen an der Wirklichkeit vorbei griff und diese „schwankend und unbeweisbar bleiben mussten“ (Vgl. Tenbruck: 1992, S. 14).
Aus dem Kulturvergleich ergeben sich letzten Endes neue Chancen und Möglichkeiten des Verstehens und womöglich eine Differenzierung von möglicherweise bornierten Sichtweisen auf Kultur und Gesellschaft. Der Grund hierfür findet sich in der Eruierung der kulturellen Kontingenz durch die Methodik des Kulturvergleichs. Schon allein um dieser Willen erscheint uns diese Perspektive durchaus sehr sinnvoll. Kulturen zu vergleichen bedeutet also, falls der- oder diejenige sich darauf einlässt, die Ermöglichung von hinreichendem Fremdverstehen.
Dabei geht diese Operation implizit davon aus, das beispielweise die westlich geprägten Kulturmenschen[13] eben eine indische Fremdkultur erst einmal von allein, sozusagen auf sich gestellt und mit ihren verstehens- und verstandesmäßigen zur Verfügung stehenden Mitteln, also z.B. kulturellen Wissensbeständen, nicht das kulturelle Fremdverstehen selbst bewerkstelligen und bewältigen können, wenn sie damit konfrontiert werden (Vgl: Tenbruck: 1992, S. 28).
Aus diesem Grunde gibt es auch Reiseführer, die uns wissensbasierte Einblicke in andere Kulturen geben können, damit wir diese besser verstehen, wenn wir hin gereist sind, da wir von allein überwiegend, nicht bloß durch Interpretation und Ausdeutung, in hinreichendem Maße verstehen könnten, weshalb sich ein tibetischer Buddhist oder ein indischer Guru so verhalten wie sie es tun. Allein die Sinneswahrnehmungen, also riechen, schmecken, hören und fühlen reichen oft nicht aus. Wir benötigen hinreichendes Wissen über die Fremdkultur, um den Verstehensprozess als „Vorgang, in welchem wir aus Zeichen, die von außen sinnlich gegeben sind, ein Inneres erkennen“ (Dilthey: 1968, S. 318) zu initiieren (Vgl. dazu auch: Kurt: 2002, S. 47-48). Es gibt Ausnahmen, wie z.B. den Gang über einen arabischen Basar: Die Gewürze und Düfte zu riechen ist ein riesiges Vergnügen. Auch die bunten Formen und Farben bereiten Freude, und all dies kann der Tourist auch ohne Wissen verstehen. Betrachtet der Reisende die handelnden und feilschenden Händler, dann versteht er, das er hier einen integralen Bestandteil arabischer Verkaufs- und Konsumkultur erlebt. Während solch ein Feilschen hier in westlichen Gefilden eher selten vorkommt. Auch den Indern wird übrigens nachgesagt, „hervorragende Verhandlungskünstler zu sein“ (Kakar: 2006, S. 19).
Das der Wissenschaftler die Operation Kulturvergleich durchführen kann, basiert darauf, das die Menschheit anscheinend natürlicherweise global einen Kulturpluralismus hervorgebracht hat. Kultur ist kein Singular, sondern ein Plural: „Die Werte, Normen und Symbolsysteme, die innerhalb menschlicher Gemeinschaften gelten, die subjektiven Standards des Fühlens, Denkens und Handelns und die objektiven Produkte menschlichen Tätigseins können von Kultur zu Kultur verschieden sein“ (Kurt: 2007, S. 190). Dieser Kulturpluralismus erscheint als substantielles Merkmal der Menschheit. Doch nicht nur der Wissenschaftler führt Kulturvergleiche durch, besonders der Alltagsmensch, der in ein fernes Land reist wird automatisch Eigenes und Fremdes mit- und gegeneinander vergleichen. Es ist eine Tatsache, das der „Kulturvergleich schon immer eine soziale Praxis ist, mit der sich Kulturen und Gesellschaften wechselseitig in den Blick nehmen“ (Tenbruck: 1992, S. 14-15). Es mag sogar sein, das die Kulturen sich erst durch dieses wechselseitige Verhältnis zusammenstellen. Anders ausgedrückt, „dass sich Eigenes und Anderes im wechselseitigen Aufeinanderbezogensein konstituieren“ (Kurt: 2007, S. 191).
Jede Kultur hat ihre eigenen Wahrnehmungs- und Denkweisen (Apperzeptionen), die sich mehr oder minder auf lebensführende Praktiken richten, erschaffen. Unsere Aufgabe hier soll es sein, diese differentia specifica von zwei Kulturen miteinander zu vergleichen. Dabei kann dieses Vorhaben der Interpretation des Fremden nur vom eigenen her geschehen, denn der Mensch kann keinen objektiven „View from Nowhere“[14] einnehmen. Wir können diesen Blick von nirgendwo auf unsere Sache kaum zur Gänzlichkeit werfen und unvoreingenommen auf zwei zu vergleichende Kulturen blicken, um sie zu beschreiben, da wir selbst als Kulturmenschen von unserer Kultur durch Erziehung und kulturelle Sozialisation geprägt sind. Davon können wir uns nicht so ohne weiteres distanzieren. In diesem Sinne: Auch kulturvergleichende „Erkenntnis ist nie standpunktlos“ (Kurt: 2007, S. 190). Einem in Europa aufgewachsenen jungen Erwachsenen von 18 Jahren würde es höchstwahrscheinlich niemals gelingen, würde man ihn nach Indien verfrachten und er müsste dort den Rest seines Lebens verbringen, sich in die Fremdkultur zu assimilieren. Es ist nur rudimentär möglich. Assimilation ist somit ein Ideal, während hinreichende Integration durch geeignete Maßnahmen möglich wäre. Außerdem bietet der Kulturvergleich die Möglichkeit, in der fremden Kultur und deren Entitäten einiges über die eigene Kultur zu erfahren[15]. Man erfährt das Eigene über den Umweg des Fremden, das Selbstverständnis über das Fremdverständnis (Vgl. Kurt: 2006b, S. 300). Benötigt hierzu wird ein gewisses Maß an kulturellem Einfühlungsvermögen. Dabei muss klargestellt werden, das wir nur ein Fremdverständnis erreichen können, wenn wir schon ein hinreichendes Selbstverständnis besitzen. Trotzdem lässt sich aus der Sicht des Fremden ein ganz anderer Blick von außen auf das Eigene werfen. Überhaupt kann das Fremde, in unserem Fall, dem des Lesers und des Verfassers dieser Schrift, die wir uns definieren als „Sohn der modernen europäischen Kulturwelt“ (Weber: 1972, S. 1), nur aus und durch die Brille unserer europäisch sozio-kulturellen Prägung verstanden werden. Selbst dann benötigen wir „vor allem die Überzeugung, dass uns die Kaste Aufschlüsse über uns selbst zu vermitteln vermag“ (Dumont: 1976, S. 17) wie es Dumont am Beispiel des indischen Kastensystems ausdrückt. Dieses Zitat impliziert die Annahme, über Fremdes zu bestimmtem eigenen Selbsterkenntnisgewinn zu gelangen. Interessant ist des weiteren ebenfalls, wie Kulturen zueinander stehen, wie sie sich gegen- und wechselseitig einschätzen, wie sie „miteinander verspannt sind wegen ihrer „Außenlagen“, querläufigen Vergesellschaftungen und sonstigen Durchdringungen und Verschlingungen“ (Tenbruck: 1992, S. 14).
[...]
[1] Zu Begriff, Wirkung und Geschichte des cultural turn siehe: Lutter, Musner, Wunberg (Hg.) (2001): Cultural Turn. Zur Geschichte der Kulturwissenschaften. Verlag Turia + Kant.
[2] Die wissenschaftliche Reflexion hat „ständig neue Definitionen von Kultur“ hervorgebracht und so ist ein regelrechtes Dickicht von Definitionen mit vielen möglichen Bedeutungen entstanden (Vgl. Kurt: 2007, S. 183).
[3] Am Ende seines Aufsatzes über den Begriff Kultur und seiner Dimensionen, bezeichnet Soeffner Kultur als „diesseits der großen Religionen die konkrete, täglich praktizierbare Menschenreligion – so etwas wie die unentwegte Anstrengung, unsere Zufälligkeit und Endlichkeit in der Zeit zu transzendieren“ und in diesem Sinne erscheint Kultur als unentfliehbarer und „elementarer Bestandteil unserer selbst“ (Soeffner: 2003, S. 192).
[4] Zu dieser praktischen Charakterisierung von Kultur vgl. Soeffner: 2003, S. 176-178.
[5] Soeffner nennt diese menschliche Kulturdimension, von „Menschen Geschaffenes“, mit Sinn und Bedeutung bedachtes, im Gegensatz zur „sinnlosen Unendlichkeit des Weltgeschehens“ Ausschnitthaftes, auch das „selbstgesponnene Bedeutungsgewebe“ , in das wir mit all unseren Wahrnehmungen, Handlungen und Orientierungen verstrickt sind (Vgl. Soeffner: 2003, S. 184).
[6] Die Orte und Institutionen an denen sich diese Prozesse vollziehen sind ferner das Elternhaus, der Kindergarten, die Schule, das soziale Umfeld und/oder Milieu, die Universität, die Ausbildung und der Beruf.
[7] Tatsächlich vollzieht sich der Sozialisationsprozess lebenslang und kommt nie an ein Ende. Deshalb ist diese Vorstellung, und gleichermaßen Vision Rene Königs, auch eine idealtypische.
[8] Siehe und Vgl. dazu: Meyer, Axel (2007): Das missverstandene Buch. Charles Darwins Werk über die Entstehung der Arten wird noch immer falsch interpretiert. Selbst Wissenschaftler erliegen populären Irrtümern. In: Die Zeit, Nr. 30. vom 19.07.07, S. 29-30.
[9] Die Soziologie versucht gemäß Durkheims Dogma „soziale Phänomene nur sozial, also nur durch soziale Ursachen“ zu erklären (Vgl. Euler: 2006, S. 424). Konkret bedeutet dies, das z.B. die Selbstmordrate einer Gesellschaft durch religiöse Gegebenheiten und deren gesellschaftliche Verankerungen begründet und erklärt werden, siehe dazu: Durkheim, Emile (2006): Der Selbstmord. 10. Auflage. Suhrkamp Verlag. In diesem Buch spielt Durkheim sein programmatisches Dogma empirisch durch.
[10] Charakterzüge dieses modernen Menschentypus „Histrioniker“ sind beispielsweise: Tendenz zur dramatisierenden und theatralischen Selbstdarstellung auf der sozialen Bühne, oberflächliche Gefühle und übertriebene Gefühlsäußerungen, leichte Beeinflussbarkeit durch andere soziale Akteure, ständige Suche nach aufregenden Erlebnissen und Aktivitäten, die Tendenz sich im Sozialen immer in den Mittelpunkt stellen zu müssen um Aufmerksamkeit zu erheischen, ständiges Bemühen um äußerliche Attraktivität und kokett-verführerisches Verhalten (Selbstsexualisierung) gegenüber anderen (Vgl. Berger: 2004, S. 941-943).
[11] Der Homo sapiens ist der Mensch als Intelligenzwesen (Vgl. Kaden: 1993, S. 11).
[12] Zitat: „Kontingent ist etwas, was weder notwendig ist noch unmöglich ist; was also so, wie es ist (war, sein wird), sein kann, aber auch anders möglich ist. Der Begriff bezeichnet mithin Gegebenes (Erfahrenes, Erwartetes, Gedachtes, Phantasiertes) im Hinblick auf mögliches Anderssein; er bezeichnet Gegenstände im Horizont möglicher Abwandlungen“ (Luhmann, a.a.O.).
[13] Die Tatsache, das wir Kulturmenschen sind, ist „transzendentale Voraussetzung jeder Kulturwissenschaft“ (Weber: 1973, S. 223).
[14] Siehe dazu: Thomas Nagel (1992): Der Blick von Nirgendwo. Suhrkamp Verlag.
[15] Ein Beispiel hierfür sind die deutschen Dichter und Denker um 1800 und wie sie das ferne Indien romantisierten, ohne in vielen Fällen selbst je da gewesen zu sein: „Das, was sie sahen, waren Seelenspiegelbilder. Sie schauten in die Fremde und entdeckten dabei das Eigene in neuen Perspektiven. Deutsche Indienbilder um 1800 sind expressionistische Selbstportraits“ (Kurt: 2002, S. 60). Die Romantisierung Indiens durch deutsche Dichter und Denker wird im Kapitel über „Klassische Musikkultur in Indien und Europa“ noch einmal viel ausführlicher aufgeführt.
- Citation du texte
- Konrad Kalisch (Auteur), 2008, Kulturelle Differenz zwischen Indien und Europa - Ideologie, Musik und soziale Praxis im Kulturvergleich , Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/91083
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