Die Zeit des Hitler-Regimes und das historische Phänomen des Nationalsozialismus sind in zahlreichen Lexika mit den Leitbegriffen der Diktatur, des Massenmordes, des Antisemitismus, des Völkerhasses u. a. versiegelt worden. Die nationalsozialistische Geschichte verkörpert dabei das Verbrechen, das die Menschheit immer noch belastet. Somit wird die Gegenwart der Vergangenheit wissenschaftlich verkannt, denn der Nationalsozialismus nahm für die meisten der Deutschen seinen Anfang mit dem Glauben an die „deutsche Einheit“ und „deutsche Heimat“. Zugleich kann man wohl darüber diskutieren, ob der kulturgeschichtliche Begriff „Heimat“ mit dem politischen gleichzustellen sei. Das Wort „Heimat“ ist im Bewusstsein der Menschen ein Geburtsort und mit dem Geborgenheitsgefühl verbunden. Wo liegt denn die Grenze zwischen dem emphatischen Sinnwort ‚Heimat’ und dem politischen Heimatbegriff? Und wie sehen seine Vergangenheit und seine Gegenwart aus? Im Rahmen dieser Arbeit wird ein Versuch vorgenommen, den inhaltlichen Wert des Begriffs ‚Heimat’ in der Ideologie der Nationalsozialisten und im politischen Programm der Nationaldemokraten aufzugreifen und zu vergleichen. Dabei wird davon ausgegangen, dass die politische Sprache mit der alltäglichen Bedeutung des Wortes operiert. Deshalb werden insbesondere die Parallelen und Unterschiede beim Sprachausdruck der Nationalsozialisten und der Nationaldemokraten beachtet. Darüber hinaus wird der situative Kontext berücksichtigt, in dem das Wort „Heimat“ bestimmte Konnotationen aufweist. Die Arbeit versteht sich daher als eine komparative Analyse über den semantischen Gehalt des Begriffs ‚Heimat’ historisch und heute. Hitlers politischer Aufstieg begann mit dem Appell an das deutsche Volk. Kurz vor den Reichstagswahlen 1933 sprach Hitler als Vater der ‚deutschen Nation’ und herzigte mit seiner Anrede „das geliebte Volk“: „Es ist der schwerste Entschluss meines eigenen Lebens gewesen. Ich habe ihn gewagt, […] weil ich der Überzeugung bin, dass endlich unser Volk doch wieder zur Besinnung kommen wird. […]
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Das Heimatbild im ‚Dritten Reich’
3 Der Heimatbegriff der Nationaldemokraten
4 Zusammenfassung
5 Literaturverzeichnis
5.1 Quellen :
5.2 Nachschlagwerke:
5.3 Forschungsliteratur:
5.4 Weitere online-Ressoursen:
1 Einleitung
Die Zeit des Hitler-Regimes und das historische Phänomen des Nationalsozialismus sind in zahlreichen Lexika mit den Leitbegriffen der Diktatur, des Massenmordes, des Antisemitismus, des Völkerhasses u. a. versiegelt worden.[1] Die nationalsozialistische Geschichte verkörpert dabei das Verbrechen, das die Menschheit immer noch belastet.[2] Somit wird die Gegenwart der Vergangenheit wissenschaftlich verkannt, denn der Nationalsozialismus nahm für die meisten der Deutschen seinen Anfang mit dem Glauben an die „deutsche Einheit“ und „deutsche Heimat“.[3] Zugleich kann man wohl darüber diskutieren, ob der kulturgeschichtliche Begriff „Heimat“ mit dem politischen gleichzustellen sei. Das Wort „Heimat“ ist im Bewusstsein der Menschen ein Geburtsort und mit dem Geborgenheitsgefühl verbunden.[4] Wo liegt denn die Grenze zwischen dem emphatischen Sinnwort ‚Heimat’ und dem politischen Heimatbegriff? Und wie sehen seine Vergangenheit und seine Gegenwart aus?
Im Rahmen dieser Arbeit wird ein Versuch vorgenommen, den inhaltlichen Wert des Begriffs ‚Heimat’ in der Ideologie der Nationalsozialisten und im politischen Programm der Nationaldemokraten aufzugreifen und zu vergleichen. Dabei wird davon ausgegangen, dass die politische Sprache mit der alltäglichen Bedeutung des Wortes operiert. Deshalb werden insbesondere die Parallelen und Unterschiede beim Sprachausdruck der Nationalsozialisten und der Nationaldemokraten beachtet. Darüber hinaus wird der situative Kontext berücksichtigt, in dem das Wort „Heimat“ bestimmte Konnotationen aufweist. Die Arbeit versteht sich daher als eine komparative Analyse über den semantischen Gehalt des Begriffs ‚Heimat’ historisch und heute.
2 Das Heimatbild im ‚Dritten Reich’
Hitlers politischer Aufstieg begann mit dem Appell an das deutsche Volk. Kurz vor den Reichstagswahlen 1933 sprach Hitler als Vater der ‚deutschen Nation’ und herzigte mit seiner Anrede „das geliebte Volk“: „Es ist der schwerste Entschluss meines eigenen Lebens gewesen. Ich habe ihn gewagt, […] weil ich der Überzeugung bin, dass endlich unser Volk doch wieder zur Besinnung kommen wird. […] Denn ich kann mich nicht lossagen von dem Glauben an mein Volk, kann mich nicht lossagen von der Überzeugung, dass diese Nation wieder einst auferstehen wird, kann mich nicht entfernen von der Liebe zu diesem, meinem Volk, und hege felsenfest die Überzeugung, dass eben doch dann einmal die Stunde kommt, in der die Millionen, die uns heute verfluchen, hinter uns stehen und mit uns begrüßen werden dann das gemeinsam geschaffene, mühsam erkämpfte, bitter erworbene neue Deutsche Reich (Bravo!) der Größe und der Ehre und der Kraft und der Herrlichkeit und der Gerechtigkeit. - Amen! (Heil!) [Jubelnder Beifall]“[5] Hier wird nicht gerade von der ‚deutschen Heimat’ gesprochen, obwohl sich die Rede schon patriotisch anhört. Hitler preist nicht die historische Heimat der Deutschen an, sondern das „neue Reich“. Diese am Anfang sehr egozentrische Rede findet ab ihren Mittelpunkt eine Wir-Dimension.[6] Dadurch fühlen sich die Menschen schon einmal angesprochen. Zum anderen, kündigt Hitler den bevorstehenden Kampf mit den „Millionen“ an. Er überzeugt aber unverzüglich an dem glorreichen, „gemeinsamen“ Sieg und Ehre und Blüte: das Versprechen einer besseren Zukunft. Dadurch wird letztendlich auch andere Erwartung der Wähler erreicht, und zwar Miteinbezogenheit in die Zukunft. Auf die Weise, wie Hitler diese Sinn- oder Gefühlsebene einer gemeinsamen Zukunft im neuen Reich aufbaut, spricht er den Aspekt der symbolischen Heimat der Deutschen an.
Nach den Wahlen erweist sich die Sprache des NSDAP-Protagonisten als weniger lyrisch. Zwar macht Hitler oft einen abstrakten historischen Exkurs in das „deutsche Volkstum“, spricht dabei aber eher von einem ideologischen Raum des deutschen Reiches: „[…] Wir wollen wahren die ewigen Fundamente unseres Lebens: unser Volkstum und die ihm gegebenen Werte und Kräfte. […] Wir wollen die großen Traditionen unseres Volkes, seiner Geschichte und seiner Kultur in demütiger Ehrfurcht pflegen als unversiegbare Quellen einer wirklichen inneren Stärke und einer möglichen Erneuerung in trüben Zeiten. […] Wir wollen allen die Erfahrungen berücksichtigen, sowohl im Einzel- und im Gemeinschaftsleben, wie auch in unserer Wirtschaft, die sich in Jahrtausenden als nützlich für die Wohlfahrt der Menschen erwiesen haben. […] Wir wollen aber auch alle wirklich lebendigen Kräfte als die tragenden Faktoren der deutschen Zukunft erfassen […].“[7] So oft Hitler die Stärke und die Kraft der Deutschen erwähnt, so wie er sie mit der Tradition und dem historischen Bewusstsein verbindet, umso mehr wird der ideologische Aspekt der deutschen Volksidentität betont. Dabei wird vor allem die deutsche ‚Jungkraft’ hervorgehoben, denn es handelt sich ja ums Leben und um die Zukunft, um die „lebendigen Kräfte“ und um die Erneuerung. Ohne den Heimatbegriff explizit zum Ausdruck zu bringen, setzt Hitler die wichtigsten Voraussetzungen dafür, dass dieser sinnliche und ideologische Raum zu einem immanenten Heimatbild im Bewusstsein der Deutschen wird.
[...]
[1] dtv-Atlas Weltgeschichte, München 2006; Das große Volkslexikon. 1000 Fragen und Antworten. Altertum und Neuzeit. Gütersloh 2006; Die Geschichte der Welt. Eine spektakuläre Reise durch die Geschichte, Berlin 2005.
[2] „Die Deutschen haben ihren Verstand niemals vollständig an die NS-Ideologie abgegeben. Andererseits hängten sie ihre entmachteten Nazi-Führer im Frühjahr 1945 nicht einfach an die nächste Straßenlaterne, weil sie sich in ihnen selber erkannten. Die meisten Deutschen waren passive, innerlich nicht überzeugte Mitläufer, und sie hatten spätestens seit 1941 ein furchtbar schlechtes Gewissen.“: Hitler und die Deutschen. Passive Mitläufer mit schlechtem Gewissen. Ein Gespräch mit Götz Aly auf: www.spiegel.de [letzter Eingriff 18.03.08 12:46]
[3] Zabel, Hermann: Verschwiegen – vergessen - verdrängt: über die Nazi-Zeit reden. Hagen 1990 S. 80- 81.
[4] Im grimmschen Wörterbuch erscheint das Wort ‚Heimat’ in seiner Hauptbedeutung als „das land oder auch nur der landstrich, in dem man geboren ist oder bleibenden aufenthalt hat: der got des himels, der mich von meines vaters hause genomen hat, und von meiner heimat. 1 Mos. 24, 7“ Dabei wird aus der Definition selbst ersichtlich, dass die Heimat (ähnl. mit lat. matter) inhaltlich mit dem Aspekt des Weiblichen (Frau, Mutter) korrespondiert.
[5] Hitler, Adolf: "Aufruf an das Deutsche Volk", 10. Februar 1933 – Sportpalast, zitiert nach Reimers u. a., Begleitpublikation zur Edition G 126, Reihe Filmdokumente zur Zeitgeschichte, IWF, Göttingen 1971 in: www.lsg.musin.de [letzter Eingriff 27.02.08 12:46].
[6] Dabei kann auch der bekannte Redemuster „wir Nationalsozialisten“ gemeint werden.
[7] Staatsakt zur Feier der Eröffnung des Reichstags in der Garnisonkirche zu Potsdam 21.März 1933 in: Digitale Bibliothek - Münchener Digitalisierungszentrum (MDZ), www.mdz1.bib-bvb.de.
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- Studentin Maria Syromolotova (Author), 2008, Heimatbegriff in der Politik der Gegenwart und der Vergangenheit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/91054
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