Spätestens seitdem die Globalisierung in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gelangt ist, wurden die Dinge, die mit ihr zusammen hängen, auf verschiedenste Art und Weise kritisiert. Zwischen vielen berechtigten und unberechtigten Kritiken findet sich auch die Vorhersage, dass Globalisierung zu einem Rückgang, letztlich sogar zu einer Vernichtung des modernen Wohlfahrtsstaates führen wird. In den USA formulieren die beiden demokratischen Senatoren Byron Dorgan und Sherrod Brown in der Washington Post die Folgen der Globalisierung so: „The result has been a global race to the bottom as corporations troll the world for the cheapest la-bor, the fewest health, safety and environmental regulations, and the governments most unfriendly to labor rights.” Wie die Behauptung impliziert, werden genau die Elemente, die den Wohlfahrtsstaat ausmachen, zurückgedrängt, um Standorte für global-mobile Unternehmen attraktiv zu machen. Diese Arbeit möchte untersuchen, ob im Zuge der Globalisierung tatsächlich ein Race to the Bottom in den Wohlfahrtsstaaten zu beobachten ist und falls ja, welches Ausmaß dieser Wettlauf angenommen hat. Dazu wird der Begriff der Globalisierung zunächst definiert und die relevanten Dimensionen herausgearbeitet. Anschließend werden die Entwicklung, die Merkmale und die Typen des kapitalistischen Wohlfahrts-staates skizziert. Dann wird die Race-to-the-Bottom-Hypothese erläutert und in ihre Bestandteile unterteilt, damit diese empirisch überprüft werden können. Weiterhin sollen die empirischen Befunde erklärt werden, indem auf theoretische Fehler, unvollkommene Kapitalmobilität, die Komplementarität von Wettbewerbsfähigkeit und Sozialausgaben, die Kompensationshypothese, politische Barrieren und internationale Zusammenarbeit gegen schädlichen Steuerwettbewerb eingegangen wird. In der Schlussfolgerung wird die Ausgangsfrage abschließend beurteilt.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Problemstellung und Gang der Untersuchung
3. Definition des Begriffs Globalisierung
4. Entwicklung, Merkmale und Typen des kapitalistischen Wohlfahrtsstaates
5. Race to the Bottom
5.1 Theorie
5.2 Empirische Befunde
5.2.1 Steuern und Abgaben
5.2.2 Staatsausgaben
5.2.3 Arbeitsstandards
5.2.4 Umweltstandards
6. Erklärungen
6.1 Theoretische Fehler
6.2 Unvollkommene Kapitalmobilität
6.3 Komplementarität von Wettbewerbsfähigkeit und Sozialausgaben
6.4 Kompensationshypothese
6.5 Politische Barrieren
6.6 Internationale Zusammenarbeit gegen schädlichen Steuerwettbewerb
7. Schlussfolgerung
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
Spätestens seitdem die Globalisierung in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gelangt ist, wurden die Dinge, die mit ihr zusammen hängen, auf verschiedenste Art und Weise kritisiert. Zwischen vielen berechtigten und unberechtigten Kritiken findet sich auch die Vorhersage, dass Globalisierung zu einem Rückgang, letztlich sogar zu einer Vernichtung des modernen Wohlfahrtsstaates führen wird. In den USA formulieren die beiden demokratischen Senatoren Byron Dorgan und Sherrod Brown in der Washington Post die Folgen der Globalisierung so: „The result has been a global race to the bottom as corporations troll the world for the cheapest labor, the fewest health, safety and environmental regulations, and the governments most unfriendly to labor rights.”[1] Wie die Behauptung impliziert, werden genau die Elemente, die den Wohlfahrtsstaat ausmachen, zurückgedrängt, um Standorte für global-mobile Unternehmen attraktiv zu machen.
2. Problemstellung und Gang der Untersuchung
Diese Arbeit möchte untersuchen, ob im Zuge der Globalisierung tatsächlich ein RTB in den Wohlfahrtsstaaten zu beobachten ist und falls ja, welches Ausmaß dieser Wettlauf angenommen hat. Dazu wird der Begriff der Globalisierung zunächst definiert und die relevanten Dimensionen herausgearbeitet (3.). Anschließend werden die Entwicklung, die Merkmale und die Typen des kapitalistischen Wohlfahrtsstaates skizziert (4.). Unter Punkt 5 wird die RTB-Hypothese erläutert und in ihre Bestandteile unterteilt (5.1), damit diese empirisch überprüft werden können (5.2). In Punkt 6 sollen die empirischen Befunde erklärt werden, indem auf theoretische Fehler (6.1), unvollkommene Kapitalmobilität (6.2), die Komplementarität von Wettbewerbsfähigkeit und Sozialausgaben (6.3), die Kompensationshypothese (6.4), politische Barrieren (6.5) und internationale Zusammenarbeit gegen schädlichen Steuerwettbewerb (6.6) eingegangen wird. In der Schlussfolgerung (7.) wird die Ausgangsfrage abschließend beurteilt.
3. Definition des Begriffs Globalisierung
Der Begriff Globalisierung umfasst die weltweite Verflechtung von Prozessen in wirtschaftlicher, politischer, kultureller und gesellschaftlicher Hinsicht. Da für diese Arbeit hauptsächlich der wirtschaftliche Bereich von Relevanz ist, soll der Fokus im Folgenden auf der globalen Integration von Märkten liegen. Die gestiegene internationale wirtschaftliche Verflechtung geht mit einer zunehmenden Güter-, Faktor- und Konsumentenmobilität einher. Zudem sind der Quantität und Qualität nach mehr regionale Abkommen, Freihandelszonen, Wirtschafts- oder Zollunionen zu beobachten (zum Beispiel EU, NAFTA, ASEAN oder Mercosur). Durch zunehmende internationale Arbeitsteilung sollen Ressourcen dort eingesetzt werden, wo sie das höchste Grenzprodukt erzielen. Die steigende Zahl von international agierenden Großkonzernen hat Technologietransfers in rückständige Länder ermöglicht. Die Hauptursachen der wirtschaftlichen Globalisierung liegen einerseits in technischen Neuerungen, anderseits in wirtschaftspolitischen Entscheidungen. Zu den technischen Innovationen zählen hauptsächlich die Entwicklungen in der Informations- und Kommunikationstechnologie sowie in neuen Transportmöglichkeiten. Wirtschaftspolitische Maßgaben, die seit dem Paradigmenwechsel von der nachfrageorientierten zur neoklassischen Theorie in den 1970er/80er Jahren getroffen wurden, haben für Deregulierungen, Liberalisierungen und Privatisierungen gesorgt. Hier ist insbesondere der Einfluss von supranationalen Institutionen wie dem GATT, der WTO und des IWF zu nennen. Es kam zum weltweiten Abbau von Handelshemmnissen, Zöllen und anderen Maßnahmen mit protektionistischem Charakter. Zum selben Zeitpunkt fand mit dem Zusammenbruch des Bretton-Woods-Systems und der sukzessiven Aufhebung von Kapitalkontrollen in den meisten OECD-Ländern eine finanzielle Globalisierung statt, weil insbesondere die Kapitalmobilität gesteigert werden konnte. Weiterhin haben die Integration von mittel- und osteuropäischen Transformationsstaaten nach dem Fall des Eisernen Vorhangs sowie später auch die Einbindung von ost- und südostasiatischen Staaten zu einer Erweiterung der Globalisierung geführt.[2]
Das Phänomen der wirtschaftlichen Globalisierung lässt sich zahlenmäßig gut belegen. Ein häufig verwendeter Indikator ist das Handelsvolumen (Summe der Exporte und Importe) im Vergleich zum BIP. Tabelle 1 zeigt, dass der Welthandel in den vergangenen Jahrzehnten stärker gewachsen ist als der Wirtschaftsoutput und diese Entwicklung auch für die Zukunft prognostiziert wird:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Durchschnittliches jährliches Wachstum des Welthandelsvolumen in % im Vergleich zum durchschnittlichen jährlichen Wachstum des Welt-Bruttosozialprodukts in %; Quelle: IWF (2006), S. 251
Tabelle 2 belegt, dass auch das Wachstum von ausländischen Direktinvestitionen weit über dem des Welt-Bruttosozialprodukts liegt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2: Durchschnittliche jährliche Wachstumsrate der ausländische Direktinvestitionen (Abflüsse) in % im Vergleich zum durchschnittlichen jährlichen Wachstum des Welt-Bruttosozialprodukts in %; Quelle: UNCTAD (2007), S. 9
Zur weiteren Begriffsabgrenzung muss zwischen Internationalisierung und Globalisierung unterschieden werden. Für den ersten Begriff ist charakteristisch, dass die Wurzeln von Unternehmen prinzipiell national bleiben, während internationale Aspekte wie grenzüberschreitender Handel oder ausländische Direktinvestitionen zunehmen. Internationale Aktivitäten gelten folglich lediglich als eine Erweiterung von nationalen Tätigkeiten. Multinationale Konzerne unterliegen weiterhin den Gesetzen und der Regulierung des Heimatlandes. Globalisierung bedeutet hingegen, dass nationale Ökonomien verschwinden und Produktion tatsächlich auf globaler Ebene stattfindet. Transnationale, staatenlose Unternehmen ersetzen multinationale Konzerne und unterliegen kaum staatlicher Regulierung. Der entscheidende Unterschied zwischen Internationalisierung und Globalisierung ist struktureller Natur, denn der erste Fall ist konjunkturellen bzw. zyklischen Ausmaß und daher umkehrbar, der zweite Fall von neuer Qualität und unumkehrbar.[3]
[...]
[1] B. Dorgan und S. Brown (2006), S. A21
[2] Vgl. S. Schirm (2006), S. 13 – 16; Vgl. E. Kantzenbach (2006) S. 9 – 14; Hintergrund für die Hinwendung zum Freihandel sind Theorien, die Wohlfahrtssteigerungen bei Handelsöffnung vorhersagen. Zu nennen sind etwa Ricardos Außenhandelstheorie oder das Faktorproportionentheorem von Heckscher und Ohlin.
[3] Vgl. R. Mishra (1999), S. 3 f.
- Arbeit zitieren
- Anonym,, 2008, Der Wohlfahrtsstaat - die Auswirkungen der Globalisierung auf Wohlfahrtsstaaten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/91018
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