Ausgelöst durch Adornos Reflexionen gab es nach 1945 eine heftige Debatte darüber, ob und wie Literatur überhaupt noch in der Lage sei, den Holocaust adäquat darzustellen.
Die Satire, die bis dahin als stärkste literarische Waffe gegen den Faschismus und seine Folgen galt, da sie die "Lächerlichkeit des Bösen" bloßstellte, schien nach Ausschwitz dem Thema völlig unangemessen zu sein.
In diese empfindliche Zone brach 1971 Edgar Hilsenrath fulminant mit seiner bitterbösen Satire "Der Nazi & der Frisör" ein. Ein Schelmenroman, in dem der Antiheld nicht nur als Nazi sondern später auch als Haganah Kämpfer Karriere machen kann. Wo immer es ein Tabu zu brechen gab, Hilsenrath hat es mit seinem Roman in einem Rundherumschlag getan. Eine Gratwanderung, die der Autor mit Bravour gemeistert hat. Er deckt menschliche Schwächen auf, entlarvt banalste und daher um so gefährlichere Gedankengänge und bleibt dabei stets seinem Motto der "erfundenen Wahrheit" treu. Ein Buch, das dem Leser unglaublich viel über das NS-Regime, den Holocaust, die Nachkriegsjahre und vor allem die menschliche Psyche vermitteln kann. Ein gelunger Tabubruch, der in dieser Arbeit gerechtfertigt werden soll.
INHALT
I. Hilsenraths Roman "Der Nazi & der Frisör" - Ein literarischer Tabubruch?
1. Die Grundproblematik einer literarischen Darstellung
des Holocaust
2. Über den Autor
3. "Der Nazi & der Frisör" - Eine inhaltliche Skizzierung
4. Satire, Groteske, Karnevaleske
5. Kriterien für eine Legitimation des Tabubruchs
II. "Die erfundene Wahrheit"
1. Sprachstil der Täter:
zynisch, makaber, vulgär, und lyrisch
2. Groteske Momente des Entsetzlichen
3. Die 'Tragik des Möders'
- Verwandlung von Mitleid in Selbstmitleid
4. Hitler als Prophet
III. Psychoanalytische Interpretation
1. Die Grundsituation: Unzufriedenheit und Wunschdenken
2. Die Banalität einer Psychologie des 'Bösen' und ihre
Fehlinterpretation als 'Entschuldigungsanalyse'
3. Lustmomente der Selbsterhöhung
4. Verdrängung als Selbstschutz
5. Die 'psychologische Katastrophe' im Roman
6. Rückführung in die 'Normalität' der Gesellschaft
IV. Das Problem von Schuld und Sühne
1. Die Schuldfrage
2. Die gerechte Strafe
3. Sünde, Sühne, Absolution
V. Die Utopie einer 'vernünftigen Allgemeinheit'
- Hilsenraths allgemeine Gesellschaftskritik -
1. Die gesellschaftliche Realität im
Nachkriegsdeutschland
1.1. Offener Antisemitismus
1.2. Philosemitischer Zeitgeist
2. Das Verhalten der Alliierten
3. Die Gesellschaft im Staat Israel
3.1. Frau Schmulevitch
3.2. Die Araber
3.3. Die zweite Ölbergpredigt
3.4. Psychische Spätfolgen der Opfer
3.5. Die Antiwiedergutmachungsliga
VI. Schlussbetrachtung
VII. Quellennachweise und Anmerkungen
VIII. Literaturverzeichnis
I. EDGAR HILSENRATHS ROMAN "DER NAZI & DER FRISÖR" - EIN LITERARISCHER TABUBRUCH ?
1. Die Grundproblematik einer literarischen Darstellung des Holocaust
Die planmäßige, bürokratisch verwaltete Vernichtung Millionen unschuldiger Menschen während des Dritten Reiches hatte bei kritischen Denkern eine tiefe Kulturskepsis zur Folge. Einerseits galt Kultur immer als Gegenpol zur Barbarei, andererseits entstand gerade auf ihrer Grundlage die schlimmste vorstellbare Barbarei überhaupt. Wie konnte man nach dem 'Holocaust' (1) dieser Kultur noch anders als in Feindschaft begegnen? 1949 formulierte Adorno, geprägt von den Eindrücken der entsetzlichen Ereignisse der unmittelbaren Vergangenheit, den viel umstrittenen Satz: "nach Auschwitz ein Gedicht zu schreiben, ist barbarisch" (2), den er 17 Jahre lang gegen alle trotzdem entstandene Literatur verteidigte, bis er ihn letztendlich als einzigen seiner Sätze zurücknahm: "Das perennierende Leiden hat soviel Recht auf Ausdruck, wie der Gemarterte zu brüllen; darum mag es falsch gewesen sein, nach Auschwitz ließe kein Gedicht sich mehr schreiben." (3)
Auschwitz ist zum Synonym unvorstellbaren Leids und gleichzeitig zum Synonym einer tiefen Kulturkrise geworden. Elie Wiesel bezeichnet es gar als "Gotteslästerung", eine Geschichte darüber zu schreiben. "Eigentlich darf es eine literarische Inspiration überhaupt nicht mehr geben, nicht mehr in Verbindung mit Auschwitz. 'Die Massenvernichtung als literarische Inspiration', das ist ein Widerspruch in sich selbst." (4) Wie ist dieses "eigentlich" zu verstehen? Elie Wiesel hat literarisch über den Holocaust geschrieben, wie viele andere, auch wenn er immer wieder betont, daß dieser "jenseits jeder Beschreibung steht." (5) Aber würde nicht ein sprachloses Entsetzen einem Triumph der Nazibarbarei über alle Zeit gleichkommen? Ist es nicht geradezu moralische Pflicht, dem Vergessen auch mit den Mitteln der Kunst entgegenzuarbeiten, aber gleichzeitig moralisch unverantwortlich aus dem grauenhaften Leid „ästhetisches Wohlgefallen zu gewinnen?
In der 'Negativen Dialektik' beschreibt Adorno dieses Dilemma: "Wer für die Erhaltung der radikal schuldigen und schäbigen Kultur plädiert, macht sich zum Helfershelfer,
während, wer der Kultur sich verweigert, unmittelbar die Barbarei befördert, als welche die Kultur sich enthüllte. Nicht einmal das Schweigen kommt aus dem Zirkel heraus." (6)
'Eigentlich' muß über den Holocaust geschrieben werden und 'eigentlich' darf gerade dies nicht geschehen: "Die Moral, die der Kunst gebietet, es (Auschwitz d.A.) keine Sekunde zu vergessen, schliddert in den Abgrund ihres Gegenteils. Durchs ästhetisierende Stilisationsprinzip (...) erscheint das unausdenkliche Schicksal doch, als hätte es irgend Sinn gehabt, es wird verklärt, etwas von dem Grauen weggenommen; damit allein schon widerfährt den Opfern Unrecht, während doch vor der Gerechtigkeit keine Kunst standhielte, die ihnen ausweicht." (7)
Der Holocaust hatte keinen 'Sinn', jede metaphysische Sinngebung zerbricht an seiner Wirklichkeit. Trotzdem aber muß darüber gesprochen werden, es muß eine Lehre aus der Geschichte gezogen werden, damit sich Ähnliches nie mehr wiederholen kann, und gerade dazu könnte die Kunst, wenn Kultur und Barbarei nicht für immer zusammenfallen sollen, ihren Beitrag leisten, sie könnte versuchen, dem Vergessen entgegenzuarbeiten. "Die Forderung, daß Auschwitz nicht noch einmal sei, ist die allererste an Erziehung" (8), sagt Adorno. Soweit engagierte Kunst dem Anspruch der Erkenntnisförderung gerecht werden will, sich nicht als autonomes ästhetisches Gebilde versteht, sondern ihren Sinn darin sieht, den Rezipienten zu kritischer Selbstreflexion zu bewegen, sollte sie dieser Forderung nachkommen, nach Adorno erhält sie nur dann überhaupt ihre Rechtfertigung.
Es scheint unmöglich zu sein, allein mit den Mitteln dokumentarischer Geschichtsbeschreibung dem Vergessen entgegenzuarbeiten. Die Fakten über die Vernichtung der europäischen Juden wurden von den Deutschen zwar entsetzt und ungläubig zur Kenntnis genommen, in den Schulen wurden Kinder und Jugendliche der späteren Generation mit den grausamen Bildern von Leichenbergen konfrontiert, aber eine wirkliche
Auseinandersetzung mit der jüngsten Geschichte ging in der Realität des Wirtschaftswunders verloren. So konnte es passieren, daß die 1978 gedrehte amerikanische Fernsehserie "Holocaust" bei ihrer Erstausstrahlung im deutschen Fernsehen eine Diskussion in Gang brachte, die in diesem Ausmaß wohl kaum jemand erwartet hätte. Der Film der die Geschichte der Vernichtung der gutbürgerlichen jüdischen Familie Weiß erzählt, besetzt mit Hollywood-Stars wie Meryl Streep, vermochte die Gemüter weit mehr in Erregung zu versetzen als alle ihm vorangegangene dokumentarische Aufklärungsarbeit. Mit den Personen der Familie Weiß konnte sich der Fernsehzuschauer identifizieren. Sie verloren nicht ihre Würde, wie die namenlosen nackten Leichen auf irgendeinem Originalphoto, sie waren nicht einfach nur Teil einer unvorstellbaren Zahl von Opfern, durch den Film waren sie als fiktive Persönlichkeiten realer geworden als die tatsächlich Ermordeten.
Vielleicht muß das Grauen des Holocaust erst vorstellbar gemacht werden, um eine kritische Selbstreflexion beim Rezipienten hervorzurufen. Einerseits erscheint die Vorstellung einer Ästhetisierung des Leids unerträglich, andererseits scheint es eine der wenigen Möglichkeiten zu sein, dem Vergessen wirklich entgegenzuarbeiten. In diesem Zwiespalt liegt die Problematik von Kunst und Literatur nach Auschwitz.
Adorno, Elie Wiesel und viele andere haben sich nach langen Reflexionen dafür ausgesprochen, über den Holocaust literarisch zu schreiben. Die Frage ist nicht mehr, ob man darüber schreiben darf, man muß es sogar; die Frage, die sich nun stellt, ist vielmehr die, wie man darüber schreiben darf. Heinz Galinski meinte sinngemäß in einem Colloquium der Freien Universität Berlin zu dieser Problematik, es sei eine Frage des Gewissens des Künstlers, sich an die Thematik heranzuwagen und Mittel zu finden, daß der Aufschrei gegen die Unmenschlichkeit vernehmbar werde, ohne daß dabei die Gefühle der Betroffenen verletzt würden. (9)
Das Tabu, über den Holocaust literarisch zu schreiben, ist gebrochen worden, und dieser Tabubruch hat seine Rechtfertigung erhalten. Geblieben sind allerdings die Schwierigkeiten, das Unvorstellbare in Worte zu fassen, eine Sprache für diese Wirklichkeit zu finden, sie vorstellbar zu machen, ohne die Würde der Opfer dadurch anzutasten. Bei der Beschreibung des Entsetzlichen kann die Sprache an ihre Grenzen stoßen. Diese Grenzen werden oft durch Stilbrüche markiert. Die Beschreibung des Grauens nimmt groteske Züge an oder sie wird durch Metaphern ästhetisiert, um gerade dies zu vermeiden. Für beide Grenzfälle möchte ich jeweils ein literarisches Beispiel anführen:
Bruno Apitz' politisch engagierter KZ-Roman "Nackt unter Wölfen" von 1960 zeichnet sich durch einen eher nüchternen Sprachstil aus. Dies ändert sich abrupt an mehreren Stellen im Roman, wenn er auf die Toten zu sprechen kommt: "Die nachfolgenden Leichen überkollerten den anwachsenden Haufen, blieben sitzen, sahen Betrunkenen ähnlich, die man aus der Kneipe geworfen hat. Manche der Toten schlugen Purzelbäume, blieben mit ausgegrätschten Gliedern auf dem Kopfe stehen. Mancher Tote kugelte sich mit seinem Nachbarn vom Wagen herunter, in letzter Umarmung. Manche führten die komischsten Verrenkungen aus, die zum Lachen reizten, manche Tote lachten mit." (10) Apitz' Darstellung des Grauens gerät an dieser Stelle unweigerlich zur Groteske.
Elie Wiesels autobiographische Erzählung "Die Nacht" zeichnet sich durch lyrisch geprägte Passagen aus, wenn das Grauen sich der nüchternen Beschreibung entzieht: " Nie werde ich diesen Rauch vergessen. Nie werde ich die kleinen Gesichter der Kinder vergessen, deren Körper vor meinen Augen als Spiralen zum blauen Himmel aufstiegen. Nie werde ich die Flammen vergessen, die meinen Glauben für immer verzehrten." (11) Wie Heinz Galinski sagte, ist es eben eine Charakterfrage, welche Mittel der Autor verwendet, um das zu Unvorstellbare vorstellbar zu machen.
Trotz des ersten Tabubruchs, nach Auschwitz literarisch zu schreiben, gab es jahrzehntelang ein weiteres Tabu, die Satire. Ein so ernstes Thema dem schwarzen Humor der Satire
preiszugeben, schien unvorstellbar, moralisch verwerflich.
Die antifaschistische Satire, die bis 1945 auf eine lange Tradition zurückblicken konnte, war das Opfer ihres eigenen Gegenstandes geworden. Peter Stenberg stellt fest, daß lange Zeit als einzig zulässige literarische Beschreibung des Holocaust die galt, die der Realität besonders nahe kam. Normalerweise gebräuchliche literarische Waffen, wie Perspektive, Ironie und Sarkasmus dagegen, galten als dem Sujet unangemessen: "The works are most effective when most convincing in their presentation of bleakness, pitilessness and despair. (...) A suprarealistic descriptive approach is the linking element in the demonstration of the fate of the victims of that reality. Within that framework there may be room for a certain amount of idealized heroism or sentimentality to counter the bleakness, but there is little space for irony, satire, or humour..." (12) Gerade durch den Einsatz dieser literarischen Waffen aber könnte es erreicht werden, auch diejenigen anzusprechen und für die Thematik zu interessieren, die nicht zu den direkt Betroffenen gehören. Dies käme allerdings einem Tabubruch gleich, der wie Stenberg feststellt, nur von der Opferseite aus begangen werden darf. "Such taboo ground can only be pioneered of a member of the victimized culture." (13)
Der erste, der nach 1945 die Holocaustthematik mit einem Ansatz von Komik behandelte, war Tadeusz Borowski. Seine Komik zeichnet sich durch den Unterton eines scheinbar zynischen Humors aus. Der Erzähler hat die Position eines Kapos, der als solcher in Auschwitz eine relativ gute Überlebenschance hat. Sein Alltag ist geprägt durch egoistische Anstrengungen, sein eigenes Dasein so angenehm als möglich zu gestalten. Zu diesem Alltag gehört aber auch die tägliche Vernichtung unzähliger Menschen, gegen die er schon völlig abgestumpft zu sein scheint. Sie geschieht eben 'so nebenher', er berichtet von dem Genozid in einer Gleichgültigkeit, die auf den Leser so unangemessen zynisch wirkt, daß sie eine Art eigene Komik entwickelt. So z.B. in der Erzählung "Und sie gingen...", die ca. 1949 entstanden ist. Die Kapos, die als Krankenpfleger eingesetzt sind, haben sich mitten in Auschwitz einen Fußballplatz gebaut. Der Erzähler steht im Tor, als hinter ihm an der Rampe ein Zug mit Deportierten einfährt. Das Spiel geht weiter: "Ich kehrte mit dem Ball zurück und warf ihn ins Spiel. Eine Ecke. Zwischen zwei Ecken hatte man hinter meinem Rücken dreitausend Menschen vergast." (14)
Das Buch zeichnet sich durch die Gleichgültigkeit des Erzählers aus, die allerdings aus seiner eigenen Zwangslage resultiert. Der scheinbare Zynismus ist kein wirklicher, denn auch der Erzähler gehört zu den Opfern. Seine Indifferenz ist die einzige Möglichkeit für ihn, seine eigene Situation zu ertragen. Das irritierende Moment seiner Beschreibung des Geschehens ist dabei für den Leser die Kombination von Massenmord und Alltag. Die Komik, die aus dieser Irritation entsteht, ist allerdings sehr verhalten, das Grauen überwiegt. Die der Satire eigene Waffe, den Gegner, also den Verursacher des Furchtbaren, lächerlich zu machen, wendet Borowski nicht an. Die Verbindung der Holocaustthematik mit Komik blieb weiterhin ein Tabu, aber es gab immer wieder vereinzelte Ansätze, dieses Tabu zu brechen, von denen ich im folgenden einige, für den deutschen Sprachraum bedeutende, etwas näher betrachten möchte.
1962 schrieb Jakov Lind die Erzählung "Eine Seele aus Holz", in der der völlig gelähmte Jude Anton Barth von seinem 'Kindermädchen' Wohlbrecht im Wald vor den Nazis versteckt wird. Wohlbrecht soll als Gegenleistung die Wohnung der wohlhabenden, nach Auschwitz deportierten Eltern Barth erhalten. Das Ganze fliegt auf, und Wohlbrecht wird in eine Irrenanstalt eingeliefert, in der er als zweifacher Spitzel und Hilfsarbeiter für das Eutanasie-Programm überlebt. Nach dem Krieg kommt es zu einem absurden Wettlauf. Der Chefarzt Mückepelz, der 'Abspritzer' Wimper und Wohlbrecht wollen die vermeintlichen Überreste des Anton Barth als Alibi für sich beanspruchen. Wohlbrecht, der als einziger Zivilcourage bewiesen hat, indem er, wenn auch nicht ganz uneigennützig, versucht hat, wenigstens einen Juden zu retten, verliert den Wettlauf und sein Leben.
Jakov Linds Erzählung ist stellenweise ausgesprochen komisch. Da ist zum einen die ins Märchenhafte entrückte Geschichte der wunderlichen Genesung des Anton Barth. Statt wie von allen erwartet, dem jämmerlichen Kälte- bzw. Hungertod zu erliegen, kann der Gelähmte, nachdem ihn ein Hirsch auf die Hörner genommen hat, plötzlich wieder gehen. Von nun an lebt er in friedlicher Gemeinschaft mit dem Wild im Walde, fernab von der Realität der Menschen, die sich weit weniger friedlich geben als die Tiere. Ihr Verhalten wird vom Erzähler mit spöttisch sarkastischem Unterton beschrieben. Die Gedankengänge der Protagonisten werden dem schwarzen Humor der Satire preisgegeben, die Täter wirken lächerlich. So z.B. als der Erzähler Wimpers Motivation wiedergibt, als 'Abspritzer' zu arbeiten: "Leute abpritzen war bestimmt nicht Teil einer Berufsethik. Aber man tut es trotzdem. Der Arzt ist nicht immer Helfer und Retter der Menschheit. Manchmal rettet er ein Leben, manchmal nimmt er eines. Wimper gefiel es gut in St. Veith, der Lohn war in Ordnung, die Ehrenmitgliedschaft in der SS bequem, die Freistellung vom Wehrmachtsdienst eine Gnade Gottes." (15) Die Banalität der Gedanken und die Vorstellung der entsetzlichen Taten, die daraus resultieren, prallen hier so krass aufeinander, dass ein komisches Moment entsteht.
1964 brach Edgar Hilsenrath mit seinem ersten Roman "Nacht" (16) ein weiteres Tabu: Die Darstellung der Opfer als positive Figuren, die im Gegensatz zu den Tätern ihre Menschlichkeit bewahren, ist in seiner schonungslosen Beschreibung der Zustände in einem rumänischen Ghetto nicht mehr möglich. Im gnadenlosen Überlebenskampf ist jeder sich selbst der Nächste. Diese absurde Situation, geprägt vom Verlust der Humanität auch auf Seiten der Opfer, wurde 1968 von George Tabori mit seinem Theaterstück "Die Kannibalen" auf die Bühne gebracht: In einer Baracke in Auschwitz leben 12 Häftlinge. Im Hungerdelirium wird einer von ihnen wegen eines Stück Brotes erschlagen. Man entschließt sich, den Toten im Pißkübel als Eintopf gar zu kochen, denn es gibt seit Wochen nichts mehr zu essen im KZ. Das Stück ist eine wüste Groteske, voll grauenhafter Komik, die mit der Absurdität der Situation einhergeht. So z.B. als einer der Häftlinge sich die fertig angerichtete 'Mahlzeit' vorstellt: "Hier - eine dampfende Terrine mit Händen und Füßen (...) Hier - eine Schüssel mit Hirn, im Teig goldgelb gebraten... Hier - ein Teller mit Augen... Hier - eine gedünstete Niere...Und hier, auf einer großen silbernen Platte der Braten selbst, in
Blutsauce schwimmend, eine eintätowierte Nummer auf dem Rücken!" (17)
Nach Taboris eigenen Aussagen war die Erstaufführung dieser "schwarzen Messe" in Deutschland mit einigen Schwierigkeiten verbunden. (18) Heinz Galinski und einige führende Kritiker versuchten die Produktion zu stoppen, und selbst die Schauspieler kostete es Überwindung, dieses Stück zu spielen, das mit der Vorstellung brach, das Opfer müsse als positive, 'gute', heroische Figur dargestellt werden. Auch Edgar Hilsenrath bekam deutlich zu spüren, daß es nicht einfach sein würde, in eine wohlbehütete Tabuzone vorzustoßen. Sein Roman "Nacht" wurde 1964 vom Kindler Verlag in einer minimalen Auflage von 1000 Büchern veröffentlicht, die lt. Hilsenrath zum Großteil nicht einmal den Buchhandel erreichten. Warum das so war, erklärte Hilsenrath in einem Interview: "...das erste Buch, das in Deutschland mit der philosemitischen Literatur brach und das Leben in einem jüdischen Ghetto so schilderte, wie es wirklich war. (...) Kindler hatte aber Angst, das Buch herauszubringen, weil es eben mit einem Tabu brach, und ließ das Buch verschwinden..." (18) Erst nach dem Erfolg von Hilsenraths zweitem Roman "Der Nazi & der Frisör" wurde das Buch 1978 wieder aufgelegt.
1969 gelang Jurek Becker mit seinem Ghettoroman "Jakob der Lügner" ein durchschlagender Erfolg. Liebevoll und mit viel Humor wird in diesem Roman die Geschichte des Juden Jakob Heym erzählt, der durch Zufall die Nachricht vom Vormarsch der Roten Armee gehört hat, und damit bei den anderen Bewohnern des Ghettos so viel Hoffnung auslöst, daß er nicht umhin kann, immer neue positive Meldungen zu verbreiten. Er belügt die anderen, indem er behauptet, ein Radio im Keller versteckt zu haben, denn die Menschen brauchen diese Lüge, um ihren Zustand ertragen zu können. Die Hoffnung auf eine baldige Befreiung gibt ihnen den Mut weiterzuleben, wenigstens bis zum Zeitpunkt ihrer Deportation. Dieser ausgesprochen heitere, wenn auch streckenweise melancholische Roman wurde selbst von Marcel Reich-Ranicki mit einer durchweg positiven Kritik bedacht und das, obwohl er in eine Tabuzone vorgedrungen war.
Jurek Becker hatte mit seinem sanften Angriff auf das moralische Verbot, literarische Mittel wie Perspektive, Ironie und Komik bei der Behandlung der Holocaustthematik einzusetzen, zwar die Kritiker überzeugen können, sein eigener Vater aber sprach über einen längeren Zeitraum nicht mehr mit ihm, nachdem er den Roman gelesen hatte, wie Jurek Becker selbst sagt: "Er hat das Buch für empörend gehalten. Sein einziger Kommentar dazu war. 'Die blöden Deutschen kannst du belügen über die Zustände im Ghetto, aber nicht mich. Ich bin dabei gewesen.'" (20) Dieses Beispiel macht wie die vorangegangenen deutlich, wie schwierig es ist, bei der literarischen Darstellung des Holocaust die, wie Stenberg es ausdrückt, "suprarealistic descriptive approach" zu verlassen und neue Ausdrucksformen auszuprobieren, die für die Einen interessant scheinen, die Gefühle der Anderen aber zutiefst verletzen können.
1971 wagte es Edgar Hilsenrath mit seinem zweiten Roman "Der Nazi & der Frisör" (21) erneut, in diese empfindliche Zone vorzudringen. Dieser Tabubruch war wohl der radikalste, der bis zu diesem Zeitpunkt unternommen wurde, denn in diesem Roman wird der Holocaust nicht nur konsequent durch satirische Mittel dargestellt, sondern in bis dahin nie da gewesener Weise aus der Sicht des Täters reflektiert. Diese Ungeheuerlichkeit mag wohl der Grund gewesen sein, warum sich in Deutschland sieben Jahre lang kein Verleger bereit fand, dieses außergewöhnliche Buch zu veröffentlichen, obwohl die amerikanische Übersetzung in den USA sehr positive Pressereaktionen (auch der jüdischen Presse) hervorrief und der Roman Bestseller-Verkaufszahlen verbuchen konnte.
Ich möchte in dieser Arbeit Hilsenraths extrem provokanten Tabubruch als 'geglückt' rechtfertigen und nachweisen, daß seine Satire diesem problematischen Sujet gerecht wird. Sollte dies gelingen, so könnte man den Roman "Der Nazi & der Frisör" als Modellfall dafür ansehen, daß die Satire im Allgemeinen, die bis 1945 keine Grenzen kannte, ihre Fähigkeit, kritischen Zugang zu jedem Thema zu finden, nicht verloren hat. Sie ist allerdings im Bezug auf den Holocaust zur gefährlichen Gratwanderung geworden, die Hilsenrath, wie in dieser Arbeit aufgezeigt werden soll, gemeistert hat.
Es erscheint dabei als sinnvoll, vor der eigentlichen Interpretation des Romans den Autor vorzustellen, seinen Roman inhaltlich zu skizzieren und darzustellen, in welcher literarischen Gattungstradition er sich bewegt.
2. Über den Autor:
Edgar Hilsenrath wurde 1926 in Leipzig geboren. Bis 1938 besuchte er als einziges jüdisches Kind seiner Klasse die Mittelschule in Halle. Sein Vater, im Ersten Weltkrieg als österreichischer Reserveoffizier mit der silbernen Tapferkeitsmedaille ausgezeichnet, wollte lange nicht wahrhaben, daß die Deutschen ihn trotzdem, nur aufgrund seiner jüdischen Herkunft, verfolgen würden. Erst kurz vor der Reichspogromnacht schickte er seine Familie vorsichtshalber zu den Großeltern nach Bukowina in Rumänien und flüchtete
selbst nach Frankreich. Die faschistische rumänische Regierung verbündete sich kurz darauf mit Deutschland und nahm die Vernichtung 'ihrer Juden' selbst in die Hand.
Am 14. Oktober 1941 wurde die Familie Hilsenrath wie alle anderen jüdischen Bewohner von Bukowina in ein Ghetto nach Transnistrien in der Ukraine deportiert, in die zerstörte Stadt Moghilev-Podolsk am Dnjestr. Die überfüllte Ruinenstadt bot kaum noch intakten Wohnraum, um die Menschen gegen die Kälte des russischen Winters zu schützen. Der Alltag wurde von Hunger, Typhus und Erschießungen geprägt. 1944 wurde das Gebiet von der roten Armee befreit, die sich allerdings herausnahm, überlebende Juden als Zwangsarbeiter nach Rußland zu deportieren.
Edgar Hilsenrath gelang die Flucht. Mit einem gefälschten Paß reiste er über den Landweg nach Palästina ein und begann dort in einem Kibbuz zu arbeiten. Vom Roten Kreuz erfuhr er, daß sein Vater den Krieg in Frankreich überlebt hatte. 1947 fuhr Edgar Hilsenrath nach Frankreich und traf seinen Vater. Auch seine Mutter und sein Bruder, die ihre eigene Odyssee hinter sich hatten, fanden sich ein. 1951 beschloß Edgar Hilsenrath, wie vor ihm schon sein Bruder, in den USA zu leben. Die Eltern folgten 1953, entschlossen sich aber 1970, nach Israel auszuwandern. Bis 1975 lebte Edgar Hilsenrath als freier Schriftsteller in New York. In dieser Zeit entstanden seine Romane "Nacht" (1964), eine autobiographisch angehauchte Darstellung des Lebens und Überlebens in einem jüdischen Ghetto in Rumänien, und "Der
Nazi & der der Frisör" (1971).
1975 kehrte Edgar Hilsenrath, wie er selbst sagt, aus Liebe zur deutschen Sprache nach Deutschland zurück und lebt seither in Berlin. 1977 schrieb er den "Moskauer Orgasmus", eine Persiflage auf kommunistische und kapitalistische Wertvorstellungen, die 1979 unter dem Titel "Gib Acht Genosse Mandelbaum" erstmals veröffentlicht wurde. 1980 erschien sein vierter Roman, "Bronskys Geständnis", eine Abrechnung mit dem 'american way of life', verbunden mit Reflexionen über das jüdische Schicksal. 1983 folgte "Zibulsy oder die Antenne im Bauch", eine Sammlung kurzer Dialoge, in denen in satirischer
Weise verschiedene Themen reflektiert werden. Für den Roman "Das Märchen vom letzten Gedanken" (1989) erhielt Hilsenrath den Alfred-Döblin-Preis. In diesem 'Märchen' wird die Geschichte der Verfolgung und Vernichtung des armenischen Volkes durch die Türken erzählt. Im Frühjahr 1993 erschien sein bisher letzter Roman: "Jossel Wassermanns Heimkehr", in dem ein Sterbender Geschichten aus dem Alltag eines kleinen jüdischen Schtetls erzählt. Die Geschichten werden zum Totenlied auf die jüdische Kultur Osteuropas, die im Zuge des Holocaust fast vollständig ausgelöscht wurde.
3. "Der Nazi & der Frisör" - Eine inhaltliche Skizzierung
In der deutschen Kleinstadt Wieshalle kommen im Frühjahr 1907 am gleichen Tag zwei Knaben zur Welt: Itzig Finkelstein und Max Schulz. Itzig ist blond, blauäugig, feingliedrig und intelligent und wächst in wohlbehüteten familiären Verhältnissen auf. Max sieht aus wie die Karrikatur eines 'häßlichen Juden' im Hetzblatt 'Der Stürmer', ist unehelich, wird von seinem Stiefvater schon als Säugling vergewaltigt, entwickelt früh perverse Neigungen und wird gerne als 'Halbidiot' bezeichnet. Trotz dieser Unterschiede werden die beiden Jungen Freunde, gehen zusammen zur Schule und in die Lehre im Frisörsalon bei Itzigs Vater.
Doch die Zeiten ändern sich und somit auch die Chancen. Max ist zwar unehelich, aber alle seine möglichen Väter (fünf an der Zahl) haben einen arischen Stammbaum, wie auch seine Mutter. Die Finkelsteins dagegen sind Juden, und das wird ihnen zum Verhängnis, denn Adolf Hitler kommt an die Macht. Dieser erklärt in seiner Rede auf dem Wieshaller Ölberg den Unterschied zwischen Deutschtum und Judentum und warum ersteres gepflegt und letzteres vernichtet werden muß. Max, seine Mutter und sein Stiefvater Slavitzki treten sofort in die Partei ein, und die Finkelsteins bekommen die ersten Pogrome zu spüren.
Trotz seines Äußeren gelingt es Max Schulz aufgrund von Beziehungen, von der Rassenkomission des Schwarzen Korps für die SS zugelassen zu werden. Er kommt zu den mobilen Tötungseinheiten nach Rußland und Polen, nimmt an Massenerschießungen von Juden teil und wird schließlich in das Konzentrationslager Laubwalde versetzt, in das eines Tages auch die Familie Finkelstein deportiert wird. Die Eltern Finkelstein appellieren in Todesangst an Max' Gewissen und berufen sich auf die frühere Freundschaft, was diesem vor seinen Kameraden äußerst unangenehm ist. Er erschießt die vor ihm Knienden. Bei seinem Jugendfreund Itzig wartet er eine günstigere Gelegenheit ab, um ihn von hinten zu ermorden, damit es ihm erspart bleibt, ihm dabei in die Augen sehen zu müssen.
Als gegen Kriegsende die Rote Armee näher rückt, wird das Lager aufgelöst. Die restlichen Gefangenen werden liquidiert, die SS flieht auf Lastwagen Richtung Deutschland. Der Konvoi wird von polnischen Partisanen entdeckt und beschossen. Max aber entkommt mit einer Kiste Goldzähne und versteckt sich im Wald. Den Winter überlebt er in einer Kate bei einer alten polnischen Frau namens Veronja, die ihn zwar ernährt und vor den Partisanen versteckt, ihn dafür aber bis zum Äußersten quält. Kaum naht der Frühling, holt Max die Goldzähne aus seinem Versteck, erschlägt die alte Frau und bricht auf nach Deutschland.
Dort taucht er zunächst in Warthenau bei Frau Holle, der einbeinigen Witwe eines toten Kameraden unter. Es wird ihm klar, daß er seine Identität wechseln muß, um unbehelligt weiterleben zu können, und er entschließt sich, von nun an 'Itzig Finkelstein' zu sein, denn von seinem besten Jugendfreund weiß er genug, um eine glaubhafte eigene Geschichte daraus zu entwickeln, nämlich die, daß er, 'Itzig Finkelstein', überlebt habe, während seine Eltern vom eigenen Freund und späteren Massenmörder Max Schulz umgebracht wurden. Er geht nach Berlin, läßt seine SS-Nummer mit einer Auschwitznummer übertätowieren und unterzieht sich der obligatorischen Beschneidung. Ab diesem Moment stellt er für alle Leute, die ihm begegnen einen 'typischen Juden' dar.
Die Goldzähne setzt er auf dem Schwarzmarkt in Kapital um, das ihm den Zutritt zur 'besseren Gesellschaft' ermöglicht. Eine verarmte Gräfin wird zu seiner Mätresse und investiert sein Vermögen in den Waffenschmuggel. Das Geschäft scheitert und Max Schulz bzw. 'Itzig Finkelstein' weiß nicht, wie es nun weitergehen soll. In einem billigen Hotel lernt er den Juden Max Rosenfeld kennen, der ihn überredet, mit ihm zusammen illegal nach Palästina einzuwandern.
Die Fahrt auf dem Flüchtlingsschiff "Exitus" wird zur Odyssee. An Bord macht sich 'Itzig Finkelstein' als Frisör nützlich und lernt so verschiedene Leute kennen. Einer von ihnen ist der Amtsgerichtsrat Wolfgang Richter, der sich für seinen 'Fall' zu interessieren beginnt und ab diesem Moment über den Verbleib des Massenmörders Max Schulz Nachforschungen anstellt. Eine weitere Bekanntschaft ist die mit Hanna Lewisohn, einer unter den Spätfolgen des Holocaust psychisch leidenden ehemaligen Tänzerin, die ihm sehr zugetan ist. Nach der Ankunft in Palästina arbeitet 'Itzig Finkelstein' zunächst mit ihr zusammen in einem Kibbuz, er entschließt sich aber bald, seinem eigentlichen Beruf nachzugehen und läßt sich im Frisörsalon Schmulevitch anstellen.
Hier findet er seine Traumfrau, die dicke Mira, und heiratet. Der gemeinsame Sohn, optisch ein Zerrbild des Vaters, ist allerdings nicht lebensfähig, so daß es Max Schulz verwehrt bleiben wird, in ihm 'fortzuleben'. Als 'Itzig Finkelstein' macht Max sich als Haganahkämpfer in der Gruppe von Jankl Schwarz verdient, er übernimmt den Frisörsalon und lebt gutbürgerlich und allseits beliebt bis zu seinem Tod in Israel.
Seine wahre Identität vermutet niemand, denn wie Wolfgang Richter herausgefunden hat, gilt Max Schulz seit 1947 als tot, erfroren im polnischen Wald. Von diesen 'Fakten' läßt sich Richter nicht einmal abbringen, als Max noch kurz vor seinem Tod seine wahre Identität preisgeben will.
4. Satire, Groteske, Karnevaleske
Bis 1945 schien die Satire als Darstellungsform durchaus geeignet, um den Faschismus einer scharfen Kritik zu unterziehen, und das, obwohl es schon Anfang der dreißiger Jahre einige bedeutende deutschsprachige Satiriker angesichts des nationalsozialistischen Machtaufstiegs vorzogen, zu verstummen (so etwa Kurt Tucholsky und Karl Kraus). Ernst Bloch schrieb 1938 in "Der Nazi und das Unsägliche": "Es will sehr viel heißen, daß der schärfste, der am wenigsten verlegene Satiriker vor Hitler sprachlos wird." (1) Bloch erkennt einerseits die Schwierigkeit, etwas sprachlich nahe zu kommen, das "ebenso erbärmlich wie furchtbar ist" (2), andererseits aber sieht er eine Notwendigkeit darin, eben dies zu tun, denn das Unvermögen, die Naziverbrechen sprachlich zu kennzeichnen, beeinträchtigt auch den
Widerstand gegen diese. Das "aufgedonnerte Nichts" der Naziideologie muß als solches entlarvt werden, und dafür scheint Bloch die Komik das geeignete Mittel zu sein, denn Moralität kann zwar 'das Böse' bekämpfen, nicht aber 'das erbärmliche Schlechte', und "das meiste, was der Nazi betreibt, ist schuftige Sünde, keine luziferische." (3)
Wie Uwe Naumann in seiner Studie "Zwischen Tränen und Gelächter" feststellt, wird die Darstellungsform von Satire vom Gegenstand Faschismus geradezu nahe gelegt. Dies wird verständlich, wenn man seinem Arbeitsbegriff von Satire folgt, dem ich mich weitgehend anschließen möchte. Satire stellt keine literarische Gattung dar, sondern eine künstlerische Methode mit eigenen Spezifika. Das erste Spezifikum liegt im Verhältnis des Autors zu seinem Gegenstand. Der satirisch schreibende Autor steht seinem Gegenstand feindlich gegenüber, er nimmt eine Angriffshaltung ein. Thema des Angriffs sind die inneren Widersprüche des Gegenstands. Das Bewußtsein einer positiven, außerhalb des Gegenstands liegenden Norm ist dabei Maßstab der Kritik. Der Autor wiegt sich in moralischer und politischer Überlegenheit und vermag dadurch den dargestellten Gegner bzw. die dargestellte gesellschaftliche Realität zu erniedrigen, der Lächerlichkeit preiszugeben. Dies geschieht durch die Entlarvung der Kluft zwischen Schein und Sein des Faschismus und seiner Anhänger. Diese Entlarvung erfolgt in der Darstellungstechnik, die ein weiteres Spezifikum von Satire ausmacht. Satirespezifische Darstellungstechniken sind dabei Übertreibungen, Verzerrungen und Montageverfahren.
In der antifaschistischen Satire wird das, was vom Rezipienten als Übertreibung empfunden wird, schon dadurch erreicht, daß ein einzelner Aspekt des Gegenstandes isoliert vorgeführt wird und so der Lächerlichkeit preisgegeben werden kann, oder die angegriffenen Personen werden einfach beim Wort genommen und dadurch schon ad absurdum geführt. Das konstitutive Merkmal der Satire, die Übertreibung, verschwimmt, wie Uwe Naumann feststellt, "in der antifaschistischen Satire häufig mit bloßer Fotographie der Nazi-
Realität" (4), oder anders ausgedrückt, die satirischen Verzerrungen müssen eigentlich nur den Verzerrungen der Realität folgen, und durch das Montageverfahren aus einem überraschend neuen Blickwinkel vorgeführt werden, um komisch zu wirken.
Eine beliebte Methode, den Blickwinkel zu verändern, ist dabei die, dass eine positive Figur, der Antifaschist, in die Rolle seines Gegners schlüpft und diese so überzeugend spielt, daß er zur perfekten Täuschung wird. Er verkleidet sich und übernimmt Mimik, Gestik und Sprachmodus des Nazis. In der Nachahmung des Gegners, die unweigerlich zur Parodie wird, da er eine ihm fremde und zu bekämpfende Verhaltens- und Sprachweise imitieren muß, weiß er sich in einer überlegenen Schelmenrolle. Der Rezipient, der eingeweiht ist, daß es sich hier um eine Parodie handelt, fühlt sich so denjenigen, die sich trotzdem täuschen lassen, überlegen, empfindet diese als lächerlich und folgt so der Intention des Autors, er stellt sich auf die Seite der Antifaschisten, denn der Gegner ist so weit herabgesetzt, daß er keine Übermächtige Kraft mehr darstellt, sondern bekämpfbar scheint. Dieses Verkleidungs- bzw. Verwechslungsspiel gilt als typisches Moment der antifaschistischen Satire.
Charlie Chaplin setzte es 1940 in "Der große Diktator" im Film um, Ernst Lubitsch folgte 1942 mit "Sein oder Nichtsein". Die Intention dieser Filme zielt auf das Überlegene Lachen der Zuschauer; der Nazi wird ausgelacht, der Antifaschist hat gesiegt.
In das überlegene Lachen kann sich aber auch ein Gefühl des Grauens mischen. Wenn das Dargestellte zu grausam oder nicht durchschaubar ist, dann geht die Satire fließend in die Groteske über. Wolfgang Kayser (5) definiert das Groteske als entfremdete Welt. Die Kategorien unserer Weltorientierung versagen, weil sich plötzlich die vertraute heimische Welt als fremd und unheimlich enthüllt. Sie verliert ihre Verläßlichkeit, ein sinnloses, absurd gestaltetes 'Es' bricht über sie hinein. Das groteske Lachen ist mit Bitterkeit gemischt. Es befreit zwar von der Ratlosigkeit angesichts des Absurden, denn das Grauen ist in der künstlerischen Gestaltung gebannt worden, als solches erkennbar gemacht, das Lachen ist aber kein Ausdruck das Sieges über das Entsetzliche, sondern das Gefühl des Grauens bleibt ihm immer immanent.
Michael Bachtin (6) dagegen definiert das Groteske vom Standpunkt des karnevalistischen Weltempfindens des Mittelalters aus. Bei ihm erweist sich die bestehende Welt nicht deshalb als fremd, weil von außen plötzlich das Absurde über sie hereinbricht, sondern weil ein anderer Blickwinkel sie als grotesk entlarvt. Der Blickwinkel ist dabei die karnevalistische Wahrheit. Sie befreit den Menschen von der herrschenden Vorstellung der Notwendigkeit und setzt sein Bewußtsein frei für andere Möglichkeiten. Die Realität ist dadurch keine unbedingte mehr, sie ist relativ geworden. Das groteske Lachen ist für Bachtin daher Ausdruck des Sieges über die scheinbare Unabänderlichkeit einer sich als grotesk entlarvenden Welt. Der Karneval ist geprägt von Wechsel, Veränderung und Parodie. Wie in einem Reigen kehrt dabei alles wieder, nichts wird absolut gesetzt. Der Karnevalskönig wird seinen Thron wieder verlieren, es gibt nichts Heiliges, das nicht mit Profanem vermischt werden könnte. In einem fröhlichen Reigen wird verändert, neu zusammengesetzt, zerstört und erneuert. "Der Karneval ist die umgestülpte Welt" (7), in der das Entsetzliche, das Groteske befreiend und zugleich schöpferisch ausgelacht wird.
Sowohl Kaysers als auch Bachtins Verständnis von Groteske finden sich in der antifaschistischen Satire wieder. Es gibt Momente, in denen das Grauen überwiegt, die Groteske phantastisch und unheimlich wird, und es gibt die fröhliche karnevalistische Stimmung des Reigens, geprägt von parodistischen Verkleidungsspielen, die die Relativität der Realität unterstreichen.
Weshalb nun aber schien, wie auch Bloch sagte, gerade die Satire geeignet, den Faschismus literarisch zu beschreiben und zu kritisieren? Uwe Naumann erklärt es folgendermaßen: "Der deutsche Faschismus als Gegenstand von kritischer Literatur und Kunst ruft (...) die Darstellungsmethode der Satire (und Groteske) geradezu herbei. Wo ein ganzes
Herrschaftssystem durch Schein, Demagogie und Lüge konstituiert wird, sind speziell die Satiriker mit ihren ästhetischen Techniken entlarvender Montage gefordert. Wo die
Gewalttaten einer herrschenden Clique und ihrer Handlanger ins Monströse, Unerhörte, kaum Glaubliche wachsen, da liegt die Groteske näher denn je. Wo das Banale, Verklemmte, ja Pathologische in den Sesseln der Macht sitzt und sich ausleben kann bis zum Exzess, da bietet sich die satirische Konfrontation von Anspruch und Wirklichkeit, Wort und Tat für antifaschistische Künstler an." (8)
Obwohl diese Argumentation sehr einleuchtend scheint, galt nach 1945, nachdem das Greuel in seinem ganzen entsetzlichen Ausmaß bekannt wurde, die Satire als Tabu. Der Faschismus hatte "so unübersehbares Leid über die Menschen gebracht", daß nach Einschätzung vieler Kritiker "das Lachen des Satirikers und seiner Adressaten (...) diesem Gegenstand nicht angemessen" sei (9). Der generalisierende Vorwurf gegen die Satire war der, daß der Faschismus verharmlost würde, indem man ihn lächerlich mache. (10) Das Ausmaß der NaziGreuel überstieg alle Vorstellungen, auch die, wie sie 1938 noch Bloch geäußert hat, daß es sich dabei um 'das Schlechte' und nicht um 'das Böse' handle. In gewisser Weise erzwang die Unvorstellbarkeit des Entsetzlichen und derer, die solcher Taten fähig waren, eine Mystifizierung des Nationalsozialismus, die aber, wie im weiteren gezeigt werden wird, der Realität nicht gerecht wird.
Edgar Hilsenrath hat es gewagt, den 'typischen Nazi' so darzustellen, wie er vor 1945 von vielen empfunden wurde - lächerlich. Das verharmlost den Nationalsozialismus aber keineswegs, es macht ihn nur um so gefährlicher, denn im Gegensatz zu einem 'mystifizierten Bösen' ist das 'Schlechte' stets präsent auf der Welt und kann jederzeit wieder die Oberhand gewinnen. Hilsenraths "Der Nazi und der Frisör" unterscheidet sich allerdings in zwei gewichtigen Punkten von der 'typischen' antifaschistischen Satire:
Zum einen liegt die Erzählperspektive beim Täter. In einer skandalösen Lebensbeichte berichtet dieser dem Leser von seinem Werdegang. Nicht der parodierende Antifaschist geht als Sieger aus der Geschichte hervor, sondern der Nazi selbst, was der Realität wohl auch näher kommt. Der Kunstgriff Hilsenraths liegt darin, daß Max Schulz zur Parodie seiner selbst wird, es braucht dafür keine positive Figur, die seine Rolle mimt. Die Schelmenrolle liegt in diesem Roman beim Autor. Er imitiert durch seine Kunstfigur den 'typischen Nazi' und läßt diesen zur Parodie werden. Wie dieses Verfahren im Einzelnen funktioniert, wird in der Interpretation des Romans deutlich werden.
Zum anderen kommt die Ungeheuerlichkeit hinzu, daß der Nazi nach Kriegsende in die Rolle seines Opfers schlüpft und so zu der perfekten Täuschung wird, die eigentlich nur einem positiv gestalteten Helden gelingen dürfte. Hilsenrath überdreht durch diesen Kunstgriff den karnevalistischen Reigen der Relativität. Alles kommt wieder, wenn auch neu zusammen gesetzt und unter anderen Bedingungen. Aber eben auch dieses Neue ist nichts Absolutes und darf parodiert und verlacht werden.
Vor der Interpretation des Romans scheint es wichtig darzustellen, welche Kriterien einer Legitimation dieses Tabubruchs zugrunde liegen.
5. Kriterien für eine Legitimation des Tabubruchs
Eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Dritten Reich, im Sinne eines Versuches, diese Vergangenheit zu bewältigen, darf nicht in sprachlosem Entsetzen münden. Es genügt nicht, angesichts von Auschwitz zu trauern. Man muß sich der Toten zwar erinnern, darf aber nicht im reinen Gedenken verharren, denn es drängen sich unweigerlich Fragen auf. Es sind
komplexe Fragen, die Antworten fordern: Wie konnte so etwas passieren, wie und warum konnte und kann ein Mensch zum Nazi werden und vor allem, welche Tendenzen dieser Zeit bahnen sich heute schon wieder an, in der Gesellschaft und im Individuum.
Das Dritte Reich ist erst dann bewältigt, wenn jeder einzelne bei sich den geringsten Ansatz faschistischer Tendenzen bewältigt hat, oder wie Adorno es formuliert: "Man muß die Mechanismen erkennen, die die Menschen so machen, daß sie solcher Taten fähig werden, muß ihnen selbst diese Mechanismen aufzeigen und zu verhindern trachten, daß sie abermals so werden, indem man ein allgemeines Bewußtsein jener Mechanismen erweckt." (1)
So plausibel dies auch klingen mag, angesichts des Entsetzens, das wohl jeder 'normale Mensch' empfinden wird, wenn er brutale Bilder des menschlichen Leids sieht oder es auf sich nimmt, Berichte von Überlebenden Opfern zu lesen, so schwierig scheint es doch, das Bewußtsein des Menschen dadurch grundlegend zu verändern.
Elie Wiesel beschreibt dieses Phänomen in seiner Nobelvorlesung in der Universität Oslo: "Wir dachten, es würde genügen, von der Flutwelle des Hasses zu erzählen, die über das
jüdische Volk hereingebrochen war, und die Menschen überall würden entscheiden, daß ein für allemal ein Ende sei mit dem Haß gegen jemand, der 'anders' ist, sei er schwarz oder weiß, Jude oder Araber, Christ oder Muslim, ein Ende des Hasses gegen jeden, dessen Lebensausrichtung unterschieden ist, sei es in politischer, weltanschaulicher oder sexueller Hinsicht. War dies naiv? Selbstverständlich. Aber es entbehrt nicht einer gewissen Logik. (...) Haben wir versagt? Oft denke ich, daß es so ist. (...) Wie soll man diese Niederlage des Gedächtnisses erklären? Wie soll man das erklären: die Schande der Apartheid, die unvermindert anhält." (2)
Oder anders gesagt: Wie soll man die Schande erklären, daß in Deutschland 1992 eine Horde randalierender 'Unzufriedener' unter Beifall der 'Normalbevölkerung' mit geradezu unglaublichem Haß wehrlose Flüchtlinge zusammenschlägt und anzündet? Es gibt keine 'Gnade der späten Geburt', der Holocaust in seinem Ausmaß war zwar einzigartig, dadurch, daß zu jener Zeit faschistische Tendenzen des Abreagierens an Schwächeren staatlich legitimiert waren, solange aber der einzelne Mensch noch zu solcher Gewalt fähig ist, hat er aus der Geschichte nichts gelernt, geschweige denn sie bewältigt. Vergangenheit und Gegenwart gehen ineinander über.
Wie kann nun aber wirkliche Vergangenheitsbewältigung aussehen, aus der eine Erkenntnis hervorgeht, nicht nur für eben das Vergangene, sondern auch für das Gegenwärtige? Und vor allem, wie kann die Literatur dazu beitragen?
Jurek Becker äußerte sich zu diesem Problem in der Universitätsvorlesung 'Kunst und Literatur nach Auschwitz' an der FU Berlin (3) auf eine fast schon schockierend ehrliche Art, indem er für sich selbst feststellte, daß ihn das Lesen oder Anhören eigentlich immer gleicher Geschichten über unglaubliches persönliches Leid zu langweilen beginne, weil die mehrfache Erzählung individueller Pein keinen Zuwachs an Erkenntnis mit sich bringe.
Wo aber sind nun oben genannte Fragen anzusetzen? Woraus läßt sich Erkenntnis gewinnen? Eigentlich nur da, wo man auf die conditio humana zurückgeht, auf die menschlichen Fähigkeiten, sich in gegebener Situation wie ein Tier zu verhalten, das einem einfachen Reiz-Reaktions-Schema folgt und keine moralische Festigkeit besitzt.
In seinem Roman 'Nacht' weist Hilsenrath diese eigentlich unmenschliche Fähigkeit nach. Auf viel zu engem Raum, in einer Art Ghetto zusammengepfercht, ohne Nahrung und in ständiger Gefahr, erschossen zu werden oder sich mit Typhus zu infizieren, werden die Menschen zu Wölfen, die sich selbst für ein Stück Brot verkaufen oder andere dafür erschlagen. In 'Nacht' wird dargestellt, wie der Mensch im moralischen Sinne 'versagt', wenn durch brutale äußere Umstände seine Existenz bedroht ist.
Diese Erkenntnis scheint äußerst wichtig für all diejenigen, die mit einem vielleicht unbewußten, aber deshalb nicht ungefährlichen Antisemitismus immer wieder die Frage aufwerfen, wie es möglich war, daß die Juden im KZ, nur um etwas länger zu leben, bereit waren, den Nazis zu dienen, indem sie etwa die Lebenden unter beruhigendem Zureden in die Gaskammern führten, oder den Toten die Goldzähne ausbrachen.
Diese Frage läuft unweigerlich auf einen Vorwurf hinaus, der sich nicht unterscheidet von der offensichtlich antisemitisch geprägten Verurteilung dieses Verhaltens durch den Lagerkommandanten von Auschwitz, Rudolf Höß: "All diese Arbeiten machten sie mit einer stumpfen Gleichmütigkeit, als wenn es irgendetwas Alltägliches wäre. Beim Leichenschleppen aßen sie oder rauchten. Selbst bei der grausigen Arbeit des Verbrennens der schon längere Zeit in den Massengräbern Liegenden ließen sie sich nicht vom Essen abhalten. (...) Ich habe sie doch wahrlich genug beobachtet, doch vermochte ich ihr Verhalten nicht wirklich zu ergründen. Das Leben und das Sterben der Juden gaben mir wahrhaft Rätsel genug" (4)
Dieses Verhalten ist sehr wohl zu ergründen. Es ist kein spezifisch jüdisches, es ist ein menschliches, hervorgerufen durch den grauenvollen Druck, der auf diese Menschen ausge-übt wurde. Weit wichtiger dagegen müßte eigentlich jedem die Frage erscheinen, wie ohne eben jene brutale äußeren Umstände ein eigentlich 'normaler' Mensch zum Nazi werden kann, d.h. oben genannte unmenschliche Fähigkeiten entwickelt, ob als Schreibtischtäter wie Eichmann, als Lagerkommandant wie Höß oder als befehlsausführender Massenmörder wie Max Schulz in Hilsenraths 'Der Nazi & der Frisör'. Hier setzt die eigentlich relevante Erkenntnis über die conditio humana ein. Wir stehen in der Tradition der Täter, nicht der Opfer, und so scheint es, als könne ein wirklicher Lernprozeß nur in der Auseinandersetzung mit den Tätern (natürlich mit dem Wissen um die Folgen, d.h. die Opfer) stattfinden. "Es war möglich, daß es geschah, und es ist möglich, daß es wieder geschieht. Davon zu wissen allein kann dies verhindern.", sagt Karl Jaspers. (5)
Wenn man davon ausgeht, dass die Täter, wie Hannah Arendt sagt, "schrecklich und erschreckend normal waren und sind" (6), so wird das 'Böse' entmystifiziert und 'banal', und damit um so gefährlicher, denn es kann immer wieder aufkommen. (7) Es erscheint als sinnvoll, die menschlichen Motive der Täter aufzudecken und deren lächerliche Trivialität darzustellen, ohne dabei den Schrecken, das 'Böse' an sich lächerlich zu machen. Daraus könnte ein für die Gegenwart erkenntnisbringender Lernprozeß entstehen.
Mit dieser Arbeit möchte ich nun zeigen, daß Hilsenrath mit seinem Roman "Der Nazi & der Frisör" eben dies geglückt ist. Der Roman provoziert den Leser, indem er entmystifiziert, Klischees und Tabus zerschlägt, und ihn somit zwingt, sich auf eine neue Art mit dem Thema zu beschäftigen. Hilsenrath selbst bezeichnete die Geschichte des Max Schulz einmal als "erfundene Wahrheit". Auf die Frage, warum er seine Protagonisten so lächerlich inszeniere, antwortete er im Anschluß an eine Lesung: "Ich seh die Sache einfach so!" (8)
Im folgenden soll nun nachgewiesen werden, daß es sich tatsächlich um "erfundene Wahrheit" handelt, wodurch der Roman als geglückter Tabubruch bestätigt würde.
Zunächst möchte ich dafür die erfundene Person Max Schulz und sein Umfeld mit tatsächlichen Nazis vergleichen, um damit zu beweisen, daß Szenen des Romans, die ihrer Lächerlichkeit wegen übertrieben bzw. verzerrend wirken könnten, der Realität oft geradezu entsprechen.
Dann werde ich versuchen darzustellen, inwiefern Max Schulz gerade als 'typischer Nazi' auch zum 'typischen Fall' für die Psychoanalyse wird, und wie er diese für sich selbst als alles erklärende und somit entschuldigende Analyse seiner Person mißbraucht.
Und schließlich gilt es noch, Hilsenraths weit über das Dritte Reich hinausgehende, allgemeine Gesellschaftskritik herauszuarbeiten.
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- Magister Artium Kathrin Kuhn (Autor:in), 1993, Der Holocaust und seine Folgen in satirischer Darstellung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/90906
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