Im Jahre 2002 ist das neue Gesetz in Kraft getreten, das Privatpersonen
erlaubt, Insolvenz anzumelden. Eine zu diesem Zeitpunkt fortschrittliche
Neuerung für das deutsche Insolvenzsystem, denn vor 2002 war es nur
Firmen erlaubt, den Weg durch ein Insolvenzverfahren zu gehen. Trotz der
neuen Gesetze ist jedoch nicht nur bei Privatpersonen oder Unternehmer,
sondern auch bei souveränen Staaten ist eine Zahlungsunfähigkeit möglich,
wie das Beispiel Argentinien zum Jahreswechsel 2001/02 zeigt (1). Die
Meinung, dass ein Staat nicht insolvent gehen kann, da er jederzeit die
Autorität hat Geld zu drucken, ist längst nicht mehr aktuell. Vielmehr wird
diskutiert, wie und auf welche Weise Staaten ein insolvenzähnliches
Verfahren eröffnet werden kann, in dem sowohl Schuldner als auch
Gläubiger einen reibungslosen Ablauf erhalten, um aus dieser Krise zu
entrinnen, und die dem Schuldner die Möglichkeit gibt auch zukünftig am
Kreditmarkt teilnehmen zu können. Einfach ist dies nicht, da ein Staat im
Gegensatz zu einem Unternehmen sowohl souverän, als auch für seine Bürger verantwortlich ist. In dieser Seminararbeit wird dabei insbesondere das Thema Gläubiger-Standstill der nationalen Institutionen angesprochen und diskutiert wie man
diesen auf internationaler Ebene anwenden kann.
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(1) Vgl. Jost (2003), S.1.
Jost, C. (2003). Die Staatsverschuldung in Argentinien seit dem Cavallo Plan
(1991) und die Probleme der Umschuldung. Köln: Arbeitspapiere zur
Lateinamerikaforschung IV-03.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung und Aufbau des Themas
2. Unternehmensinsolvenz
2.1 Moral Hazard und Grab Race
2.2 Insolvenzverfahren in Deutschland und den USA
2.3 Besonderheit des Gläubiger Standstill
2.3.1 Definition Standstill
2.3.2 Intuition
2.4 Zusammenfassung der Unternehmensinsolvenz
3. Ein Internationales Insolvenzverfahren
3.1 Souveräner Staat, der fehlende Rahmen und seine Auswirkung
3.2 Rolle des IMF und daraus resultierende Probleme
3.3 Mögliche Lösungen
3.3.1 Der Beitrag von Miller & Zhang
3.4 Zusammenfassung
4. Internationaler Gläubiger Standstill
4.1 Bail In und seine Folgen
4.2 Begründungen für ein Standstill
4.2.1 Vorschlag von Miller & Zhang
4.3 Allgemeine Diskussionen und Vorschläge zu einem Standstill
4.4 Kritische Betrachtung des Standstill und Alternativen
5. Fazit und Ausblick
6. Literaturverzeichnis
1. Einleitung und Aufbau des Themas
Im Jahre 2002 ist das neue Gesetz in Kraft getreten, das Privatpersonen erlaubt, Insolvenz anzumelden. Eine zu diesem Zeitpunkt fortschrittliche Neuerung für das deutsche Insolvenzsystem, denn vor 2002 war es nur Firmen erlaubt, den Weg durch ein Insolvenzverfahren zu gehen. Trotz der neuen Gesetze ist jedoch nicht nur bei Privatpersonen oder Unternehmer, sondern auch bei souveränen Staaten ist eine Zahlungsunfähigkeit möglich, wie das Beispiel Argentinien zum Jahreswechsel 2001/02 zeigt[1]. Die Meinung, dass ein Staat nicht insolvent gehen kann, da er jederzeit die Autorität hat Geld zu drucken, ist längst nicht mehr aktuell. Vielmehr wird diskutiert, wie und auf welche Weise Staaten ein insolvenzähnliches Verfahren eröffnet werden kann, in dem sowohl Schuldner als auch Gläubiger einen reibungslosen Ablauf erhalten, um aus dieser Krise zu entrinnen, und die dem Schuldner die Möglichkeit gibt auch zukünftig am Kreditmarkt teilnehmen zu können. Einfach ist dies nicht, da ein Staat im Gegensatz zu einem Unternehmen sowohl souverän, als auch für seine Bürger verantwortlich ist.
In dieser Seminararbeit wird dabei insbesondere das Thema Gläubiger Standstill der nationalen Institutionen angesprochen und diskutiert wie man diesen auf internationaler Ebene anwenden kann.
In Kapitel 2 geht es dabei zuerst um eine kleine Einführung des Insolvenzrechtes auf nationaler Ebene, um in Kapitel 3 ein Gefühl für die Problematik eines internationalen Insolvenzverfahrens zu bekommen. In Kapitel 4 befindet sich das Hauptthema des Seminars, das der Frage nachgeht, wie ein solcher Standstill aussehen kann, wie die Begründung für und gegen einen solchen aussehen und welche Alternativen es gibt. In Kapitel 5 gibt es noch ein kurzes Fazit, in dem ich auch meine eigene Meinung wiedergeben werde.
2. Unternehmensinsolvenz
Insolvenz ist die Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens[2]. Um jedoch das Thema Unternehmensinsolvenz sowohl im nationalen als auch im internationalen Kontext zu verstehen und rechtfertigen zu können, müssen zuerst die Begrifflichkeiten Moral Hazard sowie Grab Race geklärt werden.
2.1 Moral Hazard und Grab Race
Unter Moral Hazard versteht man die Verhaltensänderung während einer Vertragslaufzeit zum eigenen Vorteil und zum Nachteil des Transaktionspartners[3]. Grund dieser Verhaltensänderung ist meist die Annahme über das fehlende Risiko. Man muss also mit keinerlei Sanktionen rechnen, sollte man sich für die Verhaltensänderung zugunsten der eigenen Position entscheiden.
Grab Race bezeichnet den Konflikt zwischen den Gläubigern. Da sich jeder Gläubiger der Gefahr gegenüber sieht, dass ein anderer Gläubiger das Vermögen des angeschlagenen Unternehmens pfändet und seine Forderungen dadurch nicht mehr gedeckt sind, wird er versuchen vor den Anderen zu pfänden. Dadurch entsteht ein Rennen der Gläubiger um das restliche Vermögen des insolventen Schuldners.[4]
2.2 Insolvenzverfahren in Deutschland und den USA
Ein Insolvenzverfahren beruht insbesondere auf der Zahlungsunfähigkeit (§17 InsO) und/oder Überschuldung (§19 InsO) des Unternehmens. Dadurch wird nach §27 InsO das Insolvenzverfahren eingeleitet und ein Insolvenzverwalter(§56 InsO) bestellt, der die wirtschaftliche Lage des Unternehmens aufnimmt und diese auf mögliche Sanierungschancen hin untersucht. Eine Gläubigerversammlung (§74InsO) arbeitet dabei einen Insolvenzplan aus,[5] der eine Liquidation, eine Sanierung des Unternehmens oder eine externe Sanierung zur Folge hat. Ist der Insolvenzplan erfüllt (meist erst nach einigen Jahren), wird auch das Insolvenzverfahren nach §200 InsO aufgehoben und beendet, wodurch der Schuldner von seiner Restschuld befreit ist (§300 InsO).
Ähnlich läuft das Insolvenzrecht in den Vereinigten Staaten von Amerika ab. Der sogenannte Bankruptcy Code für Unternehmen ist in Chapter 7 (Liquidationsverfahren) und Chapter 11 (Restrukturierungsverfahren) aufgeteilt. Einzige Unterscheidung ist jedoch, dass es einer gerichtlichen Bestätigung nach vollständiger Ausführung des Plans zur endgültigen Schließung des Verfahrens bedarf.[6]
2.3 Besonderheit des Gläubiger Standstill
In Deutschland sowie in vielen anderen Ländern gibt es Regelungen für einen Gläubiger Standstill. Auf den ökonomische Zweck, sowie die Rechtfertigung einer solchen Regelung wird in Kapitel 4 näher eingegangen. Hier wird es eine kurze Einleitung geben, wie ein Standstill, insbesondere in Deutschland und den Vereinigten Staaten, in den jeweiligen Unternehmensinsolvenzgesetzen geregelt ist.
2.3.1 Definition Standstill
Standstill kommt aus dem Englischen und bedeutet stillhalten. Dabei handelt es sich um ein Verbot jeglicher Handlungen und Anordnungen, die sich auf den Schuldner bzw. die Insolvenzmasse beziehen.[7] Insbesondere bedeutet dies die Einstellung bzw. Aussetzung der Zahlungen des Unternehmens an den Gläubiger. Inwieweit Zahlungen zum Erhalt des Betriebes bzw. der Produktion gestattet sind, ist dabei Auslegung des jeweiligen Insolvenzrechtes. Ist die Zahlungseinstellung dabei einseitig, wird meist von einem „Moratorium“[8] gesprochen. Eine genaue Abgrenzung ist jedoch nicht möglich, da auch ein Moratorium eine stillschweigende Zustimmung der Gläubiger nach sich ziehen kann.[9]
2.3.2 Intuition
Ein Standstill kann in vielerlei Richtungen sinnvoll sein. Das deutsche Insolvenzsystem ist traditionsgemäß mehr auf eine Gläubigerbefriedigung hin ausgerichtet.[10] Daher soll der deutsche Standstill (§21 InsO) auch den Inter-Gläubiger Konflikt verhindern, der zu einem Grab-Race führen kann. Die USA hingegen hat ihre Insolvenzgesetzgebung auf den Schutz des Schuldners vor dem Gläubiger bei der Restrukturierung des Unternehmens ausgerichtet. Der automatic stay (Section 362) verhindert einen zu frühen Ausverkauf des Unternehmens, um z.B. eine weitere Produktion zu ermöglich.
2.4 Zusammenfassung der Unternehmensinsolvenz
Schaut man die hier aufgeführten Insolvenzsysteme an, so wird deutlich, dass beide einen national rechtlichen Rahmen besitzen, den man, insbesondere beim Standstill, gerichtlich durchsetzen kann. Zudem laufen beide Systeme darauf hinaus, dass das Unternehmen bzw. der dadurch haftende Unternehmer für eine bestimmte Zeit aus dem Markt genommen wird, um ihm eine Sanierung oder einen „fresh start“[11] zu ermöglichen. Ob man diese Grundzüge auch im Internationalen Insolvenzverfahren anwenden kann, werden wir im Folgenden klären.
[...]
[1] Vgl. Jost (2003), S.1.
[2] Poller, Kirchner, & Polzin (2004), S.279
[3] Vgl. Jensen/Meckling (1970)
[4] Vgl. Miller & Zhang, (2000), S.6f
[5] Vgl. Paulus (2002), Paragraphen hinzugefügt durch Insolvenzordnung vom 5. Oktober 1994 (BGBl. I S. 2866).
[6] Vgl. Hopffgarten (2005)
[7] Vgl. Hopffgarten (2005), S. 3
[8] (Berensmann, 2003, S.VI)
[9] Vgl. Berensmann (2003), S VI.
[10] Vgl. Paulus (2002), S.7
[11] Vgl. Paulus (2002), S.5.
- Citation du texte
- Christian Klein (Auteur), 2008, Der 'Gläubiger-Standstill' in der Unternehmensinsolvenz und die Übertragbarkeit auf souveräne Schuldner, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/90849
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