Eine genaue Definition ist notwendig, um Mobbing abgrenzen zu können zu anderen Vorhalten wie Hänseleien, Sticheleien oder nur von einer reinen Unverschämtheit.
Der Begriff „Mobbing“ leitet sich aus dem englischen Wort „mob“ ab. Es bedeutet „über jemanden lärmend herfallen“, „jemanden anpöbeln, attackieren oder angreifen“. Der Ursprung liegt im lateinischen: „mobile vulgus“. Übersetzt heißt dies:“ aufgewiegelte Volksmenge, auch Pöbel und Gesindel“.
In den fünfziger Jahren wurde der Begriff von Konrad Lorenz – einem österreichischen Verhaltensforscher - ins Deutsche eingeführt. Er hat das Angriffsverhalten einer Gruppe gegen einzelne Eindringlinge zum Schutz dieser Gruppe „Mobbing“ genannt. Der schwedische Arzt und Schuldirektor Peter-Paul Heinemann, hat den Begriff Mobbing 1969 in seine Arbeiten über Psychosoziale Gewalt unter Kindern übernommen. Durch die Untersuchungen des deutschen Arbeitspsychologen Heinz Leymann in Schweden, bekam das Wort „Mobbing“ die Bedeutung, die es heute in Deutschland hat.
In der Literatur finden sich vielfältige Definitionen. In meiner Diplomarbeit, beschränke ich mich auf die Definition von Heinz Leymann und der Definition des BAG, sowie des LAG Thüringen.
Definition von Leymann:
„Der Begriff Mobbing beschreibt negative kommunikative Handlungen, die gegen eine Person gerichtet sind ( von einer oder mehreren anderen) die sehr oft und über einen längerem Zeitraum hinaus vorkommen und damit die Beziehungen zwischen Tätern und Opfern kennzeichnen“.
Das Bundesarbeitsgericht hat „Mobbing“ in der Entscheidung zu einer Schulungsveranstaltung für Betriebsratsmitglieder aus dem Jahr 1997 definiert.
Nach der Definition des Bundesarbeitsgerichts ist Mobbing „ das systematische Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren von Arbeitnehmern untereinander oder durch Vorgesetzte“.
Eine sehr ausführliche Definition ist in der ersten landesarbeitsgerichtlichen Entscheidung zu finden. Das LAG Thüringen bestimmte 2001 Mobbing als „fortgesetzte, aufeinander aufbauende oder ineinander übergreifende, der Anfeindung, Schikane oder Diskriminierung dienende Verhaltensweisen (...), die nach ihrer Art und ihrem Ablauf im Regelfall einer übergeordneten, von der Rechtsordnung nicht gedeckten Zielsetzung förderlich sind und jedenfalls in ihrer Gesamtheit das allgemeine Persönlichkeitsrecht, die Ehre oder die Gesundheit des Betroffenen verletzen“.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Vorwort
I. Einleitung. Was ist Mobbing, Ursachen und Folgen
1. Begriffsdefinition
2. Ursachen von Mobbing
2.1 Motive des Mobbing-Täters
2.2 Das Mobbing-Opfer
2.3. Weitere Ursachen
2.3.1 Gesellschaftliche Ursachen
2.3.2 Betriebliche Ursachen
2.3.2.1 Organisation der Arbeit
2.3.2.2 Ursachen in der Sozialstruktur
3. Folgen von Mobbing
3.1 Folgen auf der individuellen Ebene
3.1.1 Auswirkungen auf der privaten und familiären Ebene
3.2 Betriebs- und volkswirtschaftliche Folgen
II. Arbeits- und zivilrechtliche Aspekte des Mobbing im
Individualarbeitsrecht
1. Einleitung
2. Überblick
2.1 Schadensersatz für Mobbinghandlungen
3. Ansprüche bei Mobbing durch Kollegen gegen Kollegen
3.1 Deliktische Ansprüche
3.2 Besonderheiten der deliktischen Haftung
3.3 Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts
3.4 Schmerzensgeld
3.5 Unterlassungsanspruch
3.6 Widerruf ehrenverletzender Erklärungen
4. Ansprüche gegen den Arbeitgeber bei Mobbing durch Kollegen
4.1 Haftung für Verrichtungsgehilfen, § 831 BGB
4.2 Haftung für Organisationsverschulden
4.2.1 Haftung aus Vertrag
4.2.2 Haftung aus Delikt
4.3 Vertragliche Schadensersatzansprüche, § 280 I BGB
4.3.1 Eigene Haftung
4.3.2 Haftungszurechnung
4.4 Schmerzensgeldansprüche
4.4.1 Definition von Schmerzensgeld
4.5 Ersatz des immateriellen Schadens und Schmerzensgeld
4.6 Gestaltungsrechte
4.6.1 Eigenkündigung des Arbeitnehmers
4.6.2 Kündigung des Mobbingtäters durch den Arbeitgeber
4.6.3 Zurückbehaltungsrecht des Arbeitnehmers
4.6.4 Beschwerderecht des Arbeitnehmers
5. Ansprüche und Möglichkeiten des Arbeitgebers wegen Mobbing am Kollegen
5.1 Arbeitgeberseitige Kündigung des Mobbingtäters
5.1.1 Außerordentliche Kündigung
5.1.2 Ordentliche arbeitgeberseitige Kündigung
5.2 Ultima ratio der Kündigung und mildere Mittel
5.2.1 Abmahnung des Arbeitnehmers
5.2.2 Versetzung, Umsetzung des Arbeitnehmers
6. Ansprüche des Gemobbten bei Mobbing durch den Arbeitgeber
6.1 Deliktische Ansprüche
6.1.1 Verjährung deliktischer Ansprüche
6.2 Vertragliche Ansprüche
6.2.1 Verletzung der Fürsorgepflicht
6.3 Ersatz des immateriellen Schadens und Schmerzensgeld/
Höhe des Schmerzensgelds
6.4 Gestaltungsrechte des Arbeitnehmers
6.5. Vorgehen gegen arbeitgeberseitige Kündigungen
6.5.1 Wirksamkeit der Kündigung
7. Beweisfragen/Beweislast
III. Kollektivrechtliche Aspekte von Mobbing
1 . Überblick
2. Hilfe des Betriebsrats für Mobbingopfer
3. Beschwerderecht des Arbeitnehmers aus § 85 BetrVG
4. Sanktionen gegen den Betriebsrat bei Mobbing
5. Betriebsvereinbarungen gegen Mobbing
IV. Sozialrechtliche Aspekte des Mobbing
1. Mobbing und Arbeitslosenversicherung
2. Rechtsweg bei Streitigkeiten aus dem sogenannten Ein-Euro-Job
3. Eingliederungsvereinbarungen bei Hartz
4. Sozialrechtliches Mobbing
V. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG)
1. Einleitung
2. Präventionspflichten nach dem AGG
3. Rechtliche Mobbingprävention
4. Benachteiligungsformen
4.1 Rechtfertigung einer Benachteiligung
5. Rechte der Beschäftigten
VI. Intervention und Prävention
1. Was ist Intervention?
2. Individuelle Interventionen
2.1 Individuelle Interventionen aus betroffener Sicht
2.1.1 Eigenkompetenzen stärken
2.1.2 Hilfsangebote in Anspruch nehmen
2.1.3 Neue berufliche Perspektiven suchen
3 . Betriebliche Interventionen
3.1 Moderation
3.2 Outplacement
3.3 Mediation
4 . Was ist Prävention
4.1 Das Betriebsklima
4.2 Die Vorbildfunktion des Vorgesetzten
4.3 Transparenz der Arbeitsorganisation
4.4 Konfliktfähigkeitstraining
4.5 Abschluss einer Betriebsvereinbarung zum Mobbing
4.6 Kündigung und Präventionsverfahren für schwerbehinderte
Beschäftigte
5. Maßnahmen gegen Mobbing in der praktischen Umsetzung
5.1 Beispiele aus der Praxis
5.2 Schlussfolgerung
Zusammenfassung
Anhang
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Mobbing-Motive: mögliche Ziele von Mobbing-Tätern
Abbildung 2: Mobbing-Motive: mögliche Ängste von Mobbing-Tätern
Abbildung 3: Vom potientellen Opfer ausgehende viktimologische Anreize
Abbildung 4: Folgen der Schikane
Abbildung 5: Auswirkungen auf die private und familiäre Situation
Abbildung 6: Anspruchsgrundlagen
Vorwort
Die Arbeit entstand in meinem 8. Fachsemester in der Zeit vom 10.11.2006 bis 10.02.2007. Literatur und Rechtsprechung konnten bis Januar 2007 berücksichtigt werden.
Im Rahmen dieser Arbeit werden rechtliche Aspekte von Mobbing sowie die Erscheinungsformen, Ursachen, Folgen, Präventions- und Interventionsmaßnahmen des Phänomens untersucht.
Mein besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr. Klees und Herrn Rechtsanwalt Pommer, die mich angeregt, ermutigt und betreut haben. Beide nahmen sich stets für Fragen Zeit und haben daher zu dieser Diplomarbeit maßgeblich beigetragen.
Dörnten, 12.02.2007
I. Einleitung. Was ist Mobbing, Ursachen und Folgen.
1. Begriffsdefinition
Eine genaue Definition ist notwendig, um Mobbing abgrenzen zu können zu anderen Vorhalten wie Hänseleien, Sticheleien oder nur von einer reinen Unverschämtheit.
Der Begriff „Mobbing“ leitet sich aus dem englischen Wort „mob“ ab. Es bedeutet „über jemanden lärmend herfallen“, „jemanden anpöbeln, attackieren oder angreifen“. Der Ursprung liegt im lateinischen: „mobile vulgus“. Übersetzt heißt dies:“ aufgewiegelte Volksmenge, auch Pöbel und Gesindel“.
In den fünfziger Jahren wurde der Begriff von Konrad Lorenz – einem österreichischen Verhaltensforscher - ins Deutsche eingeführt. Er hat das Angriffsverhalten einer Gruppe gegen einzelne Eindringlinge zum Schutz dieser Gruppe „Mobbing“ genannt. Der schwedische Arzt und Schuldirektor Peter-Paul Heinemann, hat den Begriff Mobbing 1969 in seine Arbeiten über Psychosoziale Gewalt unter Kindern übernommen.1 Durch die Untersuchungen des deutschen Arbeitspsychologen Heinz Leymann in Schweden, bekam das Wort „Mobbing“ die Bedeutung, die es heute in Deutschland hat. 2
In der Literatur finden sich vielfältige Definitionen. In meiner Diplomarbeit, beschränke ich mich auf die Definition von Heinz Leymann und der Definition des BAG, sowie des LAG Thüringen.
Definition von Leymann:
„Der Begriff Mobbing beschreibt negative kommunikative Handlungen, die gegen eine Person gerichtet sind ( von einer oder mehreren anderen) die sehr oft und über einen längerem Zeitraum hinaus vorkommen und damit die Beziehungen zwischen Tätern und Opfern kennzeichnen“. 3
Das Bundesarbeitsgericht hat „Mobbing“ in der Entscheidung zu einer Schulungsveranstaltung für Betriebsratsmitglieder aus dem Jahr 1997 definiert.
Nach der Definition des Bundesarbeitsgerichts ist Mobbing „ das systematische Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren von Arbeitnehmern untereinander oder durch Vorgesetzte“. 4
Eine sehr ausführliche Definition ist in der ersten landesarbeitsgerichtlichen Entscheidung zu finden. Das LAG Thüringen bestimmte 2001 Mobbing als „fortgesetzte, aufeinander aufbauende oder ineinander übergreifende, der Anfeindung, Schikane oder Diskriminierung dienende Verhaltensweisen (...), die nach ihrer Art und ihrem Ablauf im Regelfall einer übergeordneten, von der Rechtsordnung nicht gedeckten Zielsetzung förderlich sind und jedenfalls in ihrer Gesamtheit das allgemeine Persönlichkeitsrecht, die Ehre oder die Gesundheit des Betroffenen verletzen“. 5
2. Ursachen von Mobbing
Ist das Klima am Arbeitsplatz gut, fühlen sich alle Mitarbeiter wohl, niemand denkt an „Mobbing“. Anders wird es sein, wenn sich das Arbeitsklima verschlechtert. In solchen Situationen entsteht Mobbing, entwickeln sich Mobbing-Täter und Mobbing-Opfer.
Doch wie kommt es dazu?
Es muss sich etwas geändert haben. Wäre die Situation dieselbe geblieben, hätte es auch keine Veränderung im Verhalten der Mitarbeiter gegeben.6 Doch welche Ursachen spielen eine Rolle, warum geschieht Mobbing?
2.1 Motive des Mobbing-Täters
Warum mobbt ein Täter?
Zuschlag ist der Überzeugung, dass die Beantwortung dieser Frage zwingend ist, um Maßnahmen gegen Mobbing einzuleiten. Er beschreibt die Motive des Mobbing-Täters nach (positiven) Zielsetzungen, Ängsten vor eigenem Versagen, Erleiden von Verlusten, usw.7 Einige seiner Beispiele werden in der folgenden Tabelle beschrieben, um die verschiedenen Motive deutlich zu machen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Mobbing-Motive: mögliche Ziele von Mobbing-Tätern
Eigene Darstellung in Anlehnung an Zuschlag
Quelle: Zuschlag, B. (2001), S. 35/36.
Die Übersicht zeigt, dass alle Menschen, egal in welcher Hierarchieposition sie sind, unterschiedliche Ziele verfolgen.
Doch können Taten auch dann „Mobbing“ sein, wenn sie nicht absichtlich geschehen?8
Motive folgen z.B. aus Ängsten:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Mobbing-Motive: mögliche Ängste von Mobbing-Tätern
Eigene Darstellung in Anlehnung an Zuschlag
Quelle: Zuschlag, B. (2001), S. 37/38.
Täter haben die verschiedensten Persönlichkeitsstrukturen. Werden sie mit ihren Opfern konfrontiert, erschrecken sie und bestreiten jegliche böse Absicht.
Oft empfinden sie sich selbst als Opfer. Dann wissen sie über das Fehlverhalten des „Gemobbten“ zu berichten.9
Mobbing erfolgt im sozialen Zusammenhang. Stets sind mehrere Parteien beteiligt und sie können eingeteilt werden in folgende Rollen:
- einen Haupttäter
- einige Mittäter
- viele Dulder
Der Haupttäter demonstriert durch Mobbing seine Stärke und Macht und sichert so seine Position. Der Hauttäter genießt in seiner Gruppe eine Führungsposition. Die Mittäter möchten einen Teil der Macht für sich beanspruchen. Sie mobben mit, um dem Anführer zu gefallen und auf der sicheren Seite zu stehen. Oft sind Mittäter selbst einmal Opfer gewesen.
Die Dulder schauen zu, ohne einzugreifen. Manche mit Freude, andere mit Schrecken. Häufig liegt der Grund dieses Verhaltens in der Angst, selber Opfer zu werden. Dann übersteigt die Angst das Mitleid für die Opfer.10
2.2. Das Mobbing-Opfer
Grundsätzlich kann nach den bisherigen Erkenntnissen jeder ein Mobbing-Opfer werden.
Doch ist die Wahrscheinlichkeit nicht bei allen Menschen gleich hoch. So gibt es z.B. „viktimologische11 Anreize“, die zum Opfer prädestinieren. Diese müssen aber nicht automatisch dazu führen, dass diese Personen gemobbt werden.
Dazu braucht es den bereiten Täter, sowie geeignete, innerbetriebliche Interaktionsbedingungen.12
Heidelberg 2002, S. 100/101
Viktimologische Anreize, die vom Opfer ausgehen sind:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3: Vom potentiellen Opfer ausgehende viktimologische Anreize
Eigne Darstellung in Anlehnung an Zuschlag
Quelle: Zuschlag, B. (2001), S. 41-42
Diese Beispiele geben nur einen Überblick und sind keinesfalls stets der Auslöser für Mobbing. Sie sollen vielmehr zeigen, welche verschieden Auslöser es gibt. Auslöser aber müssen bekannt sein, um eine erfolgreiche Mobbing-prävention durchführen zu können. Darauf gehe ich an anderer Stelle ein.
2.3 Weitere Ursachen
Neben den eben aufgeführten Ursachen gibt es weitere. Im Folgenden werden die gesellschaftlichen und betrieblichen Ursachen untersucht.
2.3.1 Gesellschaftliche Ursachen
Für Mobbing gibt es gesellschaftliche und wirtschaftliche Begünstigungsfaktoren. Zu den wichtigsten zählen der gesellschaftliche Strukturwandel durch die Industrialisierung, die diskriminierenden gesellschaftlichen Normen und Werte sowie die rezessive Wirtschaftslage. Die Industrialisierung führte zu einem gesellschaftlichen Strukturwandel und damit einher gehend einen immer schneller werdenden technischen und organisatorischen Wandel. In den Betrieben kam es zu veränderten Beziehungsstrukturen. Aus diesen entwickelte sich ein Wirtschaftssystem, das auf Wettbewerb und Konkurrenz basiert. In diesem Zusammenhang beschreibt Neuberger das Phänomen Mobbing. Er ist der Auffassung, dass Personen, die in einer Wirtschaftsordnung auf Eigennutz und Konkurrenz setzten, nicht plötzlich als pervers oder abartig zu stigmatisieren sind. Seiner Meinung nach, sind sie vielmehr diejenigen, die die Konstruktionsprinzipien des Systems am konsequentesten verinnerlichen und leben. Die Äußerung von Neuberger deutet auf den gesellschaftlichen Nährboden von Mobbing, sie soll aber die Eigenverantwortung von Mobbinghandlungen nicht mindern oder gar entschuldigen.
Bedeutung gewinnt der immer desolater werdende Arbeitsmarkt. Pawlowsky benennt ihn als Grund dafür, dass es am Arbeitsplatz zu einer Entwicklung vom Miteinander zum Gegeneinander kommt. Er beschreibt die Auswirkungen der Angst um den Arbeitsplatz und geht davon aus, dass der Kollege zum Konkurrenten wird, dem man Wissen vorenthalten muss, dem man wenig Kooperationsbereitschaft, ja sogar Feindseligkeiten entgegenbringt. Im Zuge einer rezessiven Wirtschaftlage kann Existenzangst so zu Mobbingprozessen führen.
Wertkonflikte bilden einen anderen wichtigen Faktor für die Etablierung von Mobbing. Sind in einem Betrieb einzelne Personen widersprüchlichen ökonomischen, ästhetischen, religiösen, sozialen und politischen Werten anhängig, entstehen Wertkonflikte. Sie werden verstärkt, wenn ein Individuum oder die Gesellschaft einem bestimmten Wert einen enorm hohen Wert beimisst, nichts anderes gelten lässt und ausschließlich danach strebt. Das Individuum oder die Gruppe versucht alle anderen Beteiligten mit allen Mitteln zur Übereinstimmung zu bewegen. Leymann berichtet von einem Klempner, der Mitglied in einer Sekte war und immer wieder versuchte seine Kollegen zu bekehren. Die Kollegen fühlten sich belästigt, doch es gab keine kollegialen Gespräche, so dass sich die Konflikte auf die private Ebene übertrugen. Der Konflikt eskalierte in gewalttätigen Drohungen, worauf sich der Betroffene versetzen ließ.13
2.3.2 Betriebliche Ursachen
Wichtiger Faktor beim entstehen von Mobbing sind betriebliche Rahmenbedingungen. Sind diese ungünstig, kann Mobbing schnell entstehen.
2.3.2.1 Organisation der Arbeit
Als ungünstige Umgebungsbedingungen sind arbeitsbedingte Belastungsfaktoren wie Lärm, Temperatur, Schmutz, Arbeitsstoffe und Unfallgefahr zu nennen. Eine wesentliche Belastung stellt auch der Mangel an visueller und akustischer Privatheit dar.
Starre Organisationsstrukturen, die eine steile Hierarchie haben und sich daher durch starke Kontrolle und Fremdbestimmtheit ausdrücken, sind als große Faktoren der Konfliktdeterminanten anzuführen. Der persönliche Handlungs- und Entscheidungsspielraum ist umso geringer, desto stärker der Mitarbeiter/ Mitarbeiterin überwacht und kontrolliert wird. Unzufriedenheiten, Belastungsfaktoren und Veränderungswünsche können durch die eingeschränkten individuellen Handlungsmöglichkeiten nicht direkt in Angriff genommen werden. 14
Die Mitarbeiter/innen haben nicht mehr das Gefühl, dass sie aktiv bei der Gestaltung der Arbeitssituation mitwirken können. Belastungsgefühle, Anspannungen und aufgestaute Aggressionen verlagern sich auf die Ebenen des zwischenmenschlichen Bereichs. Eine solche Firmenpolitik, mit einem solchen Arbeitklima schafft den Nährboden für Mobbing.
2.3.2.2 Ursachen in der Sozialstruktur
Für die Entstehung von Mobbing ist als wichtige Ursache, der Mangel an ethischen Normen und Werten zu sehen.
Den Grundwerten wie Freiheit, Gleichheit, Gleichberechtigung, Solidarität, Ehrlichkeit und dem Respekt vor den Menschenrechten anderer im Rahmen der betrieblichen Zusammenarbeit wird keine Aufmerksamkeit geschenkt. Mobbing kann sich nur da etablieren, wo es von den Mitarbeitern/innen und Firmenstrukturen zugelassen oder als nicht schlimm angesehen wird. Leymann verweist auf zwei verschiedene Konfliktlösungsstrategien. Die moralische Lösung versucht die Probleme auf eine Art zu lösen, die für alle Beteiligten akzeptabel ist. Bei der strategischen Lösung versucht der einzelne mit allen Mitteln seine eigenen Interessen zu verwirklichen. Somit wird Mobbing ein Bestandteil seines Verhaltens.
Welche der beiden Konfliktlösungen die jeweilige Person wählt, hängt zum einen von ihrer Persönlichkeitsstruktur ab, zum anderen von den organisatorischen Rahmenbedingungen, den innerbetrieblichen Machtstrukturen und von der Führungsphilosophie des Unternehmens. Bei den organisatorischen Rahmenbedingen sollte darauf geachtet werden, keine Großraumbüros einzurichten, da diese für individuelles (Arbeits-) Verhalten des einzelnen Arbeitnehmers hinderlich sein können. Ferner sollten die Arbeitnehmer in die Entscheidungen des Unternehmens einbezogen werden, um Machtstrukturen vorzubeugen.
Eine weitere Ursache für Mobbing können schlechte Kommunikationsstrukturen sein. Wird eine Nachricht verbreitet, werden gleichzeitig mehrere Informationen übermittelt. Diese müssen richtig interpretiert werden, denn jede Nachricht besitzt einen Beziehungsaspekt und einen Sachaspekt. Des Weiteren verfügt jede Nachricht über einen Appell und eine Selbstoffenbarung. Stimmt das gemeinte und das interpretierte einer Nachricht nicht überein, kommt es zu Kommunikationsproblemen. Diese können, wenn sie nicht rechtzeitig korrigiert werden im Mobbing enden. Die geleistete Arbeit muss anerkannt werden. Geschieht dies nicht, sinkt die Motivation und Unzufriedenheiten entstehen, was auch im Mobbing enden kann.15
3. Folgen von Mobbing
Mobbing hat weitreichende Folgen für die Betroffenen. Die Folgen können sich auf die Gesundheit, die berufliche und private Situation auswirken. Auf welchen dieser Bereiche es sich speziell auswirkt ist unterschiedlich. Es kommt dabei auf die Dauer und Intensität des Mobbing an, sowie auf die persönlichen Bewältigungsstrategien und die Unterstützung durch andere Personen. Im schlimmsten Fall durchleben Mobbingbetroffene negative Auswirkungen auf allen drei Ebenen. Die Auswirkungen von Mobbing werden in der Literatur oft mit Symptomen verglichen, die Opfer von Natur- und anderen Katastrophen aufweisen.16
Darüber hinaus bestehen natürlich noch Folgen, die den Betrieb bzw. das Unternehmen, sowie die Volkswirtschaft betreffen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 4: Folgen der Schikane
Eigene Darstellung in Anlehnung an Kollmer
Quelle: Kollmer, N. (2000), S. 23
3.1 Folgen auf der individuellen Ebene
Mobbing erzeugt Stress. Stress ist ein biologischer Zustand. Organe reagieren auf Stress mit typischen Reaktionen.17
Die betroffene Person erkrankt, wenn er chronisch wird. Den typischen Ablauf solcher Stressfolgen stellte Leymann fest. Am Anfang stellen sich vereinzelt Symptome wie Schlafstörungen, Nervosität, gedrückte Stimmung, unbestimmte Beschwerden, innere Unruhe, Völlegefühl und Schluckbeschwerden ein. Wird dieser Druck stärker, bis zum Terror, dann kann es zur posttraumatischen Störung kommen. Diese Störung kann sich in einer allgemeinen Angststörung manifestieren. Wiederholen sich die Angriffe auf eine Person über einen längeren Zeitraum, wird der Körper in eine ständige Alarmbereitschaft versetzt.
Die Folgen von Mobbing lassen sich in kurz- und langfristige Konsequenzen aufzeigen. Kurzfristige Stressreaktionen sind immer dann gegeben, wenn der Stress unmittelbar auf die Person einwirkt. Die Reaktion zeigt sich dann in folgenden Bereichen:
- Bereich des Denkens und Fühlens, z.B. in Ärger- und Angstgefühlen
- Bereich des Verhaltens; z.B. mehr Fehlen bei der Arbeit, geringere Leistungsfähigkeit usw.
- Physiologischer Bereich; typische Reaktionen des Körpers bei Stress sind z.B.
- erhöhter Blutdruck,
- erhöhte Herz- und Pulsrate
- Ausschüttung von Stresshormonen (Adrenalin und Noradrenalin).18
Als langfristige Folgen stellen sich Krankheiten ein; der Körper befindet sich in einer andauernden Alarmsituation. Als schwächste Erscheinung tritt Gereiztheit auf. Weitere Alarmsignale des Köpers sind Ängstlichkeit und depressive Verstimmungen. Zum Schluss endet dieser Verlauf bis hin zu körperlichen und psychosomatischen Beschwerden.19
Eine Infas-Umfrage aus dem Jahr 1992 zeigt, dass rund 55% aller Personen, die in Betrieben mit einem schlechten Betriebsklima arbeiten, an diesen langfristigen Folgen leiden. Die psychosomatischen Störungen äußern sich z.B. in Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Übelkeit, Appetitlosigkeit, Herz-Kreislaufschwierigkeiten, Magen-Darm-Problemen, Hauterkrankungen, Atembeschwerden, Bronchitis/Asthma, sowie in Erkrankungen von Nieren, Blase und Harnwegen. Psychische Erscheinungen, als Folge von Stress sind vielfältig. Diese Folgen sind z.B. Depressionen, ständige Müdigkeit, Überempfindlichkeit, Vergesslichkeit, Konzentrationsstörungen, sowie sinkendes Selbstbewusstsein.
Die psychischen Auswirkungen werden oft zuerst vom Umfeld des Betroffenen wahrgenommen und sind daher besonders tückisch. Und zwar deshalb ,weil die sich daraus ergebende Gereiztheit und Nachlässigkeit häufig die Ursache für den Streit mit Kollegen, Partnern oder Freunden ist.
So entsteht ein Teufelskreis, der die körperlichen und seelischen Leiden immer stärker zusammen rücken lässt.20
Mit diesen psychischen und physischen Problemen suchen viele Mobbingbetroffene ihren Arzt auf. Problematisch ist, dass viele Ärzte nicht auf die Ursachen der Erkrankungen eingehen können. Die daraus entstehenden Folgeerscheinungen werden nur medikamentös behandelt, ohne ursachenspezifische, psychotherapeutische Maßnahmen zur Bewältigung der Mobbinghandlungen durchzuführen.
Die medikamentösen Behandlungen haben langfristig keinen Erfolg. So erklärt sich auch die hohe Zahl von Frührentnern, die wegen seelischen Problemen in Rente gehen. 1990 waren es 13, 8% in Deutschland. 21
Der Mobbing-Report, die Repräsentativstudie für die Bundesrepublik Deutschland aus dem Jahre 2002 gibt leider keine genaue Zahl für dieses Jahr. Ich gehe aufgrund des steigenden Arbeitsplatzkampfes aber von einer zwischenzeitlich wesentlichen höheren Zahl aus.
Neben den gesundheitlichen Folgen, greifen die sozialen Auswirkungen von Mobbing. Die gesundheitlichen Folgen können von einer vorübergehenden, bis zu einer dauerhaften Arbeitsunfähigkeit gehen. Den Mobbing-Opfern geht ihr traumatisches Ereignis die ganze Zeit durch den Kopf, so dass sie keinen klaren Gedanken mehr fassen können. Sie neigen in dieser Situation dazu, ihr Erlebnis immer wieder zu erzählen, bis sie an einem Punkt angelangt sind, wo ihnen niemand mehr zuhört. Es kommt vor, dass sich dann Freunde, Bekannte oder sogar der Partner abwenden. 22
Ebenso sind auf der individuellen Ebene die Auswirkungen auf die private und familiäre Situation von großer Bedeutung. Sie stellen ein großes Problem für den Betroffenen dar, da er gerade dort Rückhalt braucht und zu finden sucht, um die Mobbingfolgen zu bewältigen.
3.1.1 Auswirkungen auf der privaten und familiären Ebene
Jede/r Mitarbeiter/in im Betreib oder im Büro freut sich auf sein Wochenende. Der berufliche Stress, Ärger, und Hektik sind in dieser Zeit nicht präsent. Man hat Zeit für Freunde, Familie und Hobby. Doch leider gilt das nicht für alle.
Mobbing-Opfer kennen oft kein Wochenende, sie kommen nicht zur Ruhe. Sie denken durchgehend an ihre belastende Situation und suchen nach Lösungen. Es belastet dadurch vor allem die Angehörigen, die nicht wissen, wie sie mit dieser Situation umgehen sollen. 23
Die Folgen des Mobbing wirken sich nicht nur auf die Kommunikation und Interaktion aus, sondern auch auf die Familiengespräche und Freizeit, obwohl dieser Bereich eigentlich zur Erholung und zur Erhaltung der Arbeitskraft dienen sollte.
Die Familienmitglieder sollten das Mobbing-Opfer (Vater, Mutter, Kinder) ernst nehmen. Sie sollten auch mit dem Opfer über dessen Probleme reden und so früh wie möglich versuchen diese Probleme in den Griff zu bekommen. Die Familie muss sich notfalls externer Hilfe bedienen, sei es durch einen Rechtsanwalt oder durch fachpsychologische Beratung. Das Mobbing-Opfer sollte auf jeden Fall dazu ermutigt werden, damit es sich gegen diese Schikane zu Wehr setzt.24
[...]
1 Vgl. Leymann, H.: Mobbing Psychoterror am Arbeitsplatz und wie man sich dagegen wehren
kann, Reinbeck bei Hamburg 1994, S. 21
2 Vgl. Haben, U., Harms-Böttcher, A.: Das Hamsterrad Mobbing – Frauen steigen aus,
1. Auflage 2000, Berlin 2000, S. 11
3 Vgl. Leymann, H. (1994), S. 21
4 Vgl. BAG, Urteil vom 15.1.1997 – 7 ABR 14/96, AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 118 = NZA 1997,
781 (781); ebenso LAG Thüringen 10.6.2004 – 1 Sa 148/01, ZTR 2004, 596 (597).
5 Vgl. LAG Thüringen, Urteil vom 15.2.02001 – 5 Sa 102/00, NZA-RR 2001, 577.
6 Vgl. Zuschlag, B.: Mobbing – Schikane am Arbeitsplatz, 3. überarbeitete Auflage, Göttingen
2001, S. 31
7 Vgl. Zuschlag, B. (2001), S. 35
8 Vgl. Zuschlag, B. (2001), S. 37
9 Vgl. Brinkmann, Ralf.: Mobbing, Bossing, Bulling Treibjagd am Arbeitsplatz, 2. Auflage,
10 Vgl. Krowatschek, D, Krowatschek, G.: Mobbing erfolgreich beenden; Hilfen für Opfer und
Täter, 1. Auflage, Lichtenau 2006, S. 22-24
11 „Die Viktimologie versteht sich als kriminalistische und psychologische wissenschaftliche
Teildisziplin, die sich mit den Opfern von Straftaten befasst“.
http://de.wikipedia.org/wiki/Viktimologie, zuletzt besucht am 04.11.2006
12 Vgl. Zuschlag, B. (2001), S. 39-41
13 Vgl. Kolodej, C.: Mobbing; Psychoterror am Arbeitsplatz und seine Bewältigung, Wien 1999,
S. 50/51
14 Vgl. Kolodej, C. (1999), S, 50-53
15 Vgl. Kolodej, C. (1999), S, 55-57
16 Vgl. Meschkutat, B. , Stachelbeck, M. , Langenhoff, G.: Der Mobbing Report;
Repräsentativstudie für die Bundesrepublik Deutschland, Dortmund/Berlin 2002, S. 76
17 Vgl. Kollmer, N.: Rechtsberater: Mobbing im Arbeitsverhältnis, 2. neubearbeitete und
erweiterte Auflage, Heidelberg 2000, S. 24
18 Vgl. Brinkmann, Ralf. ( 2002), S 21,25
19 Vgl. Brinkmann, D. (2002), S. 25
20 Vgl. Kollmer, N. (2000), S. 24
21 Vgl. Kolodej, C. (1999), S. 105
22 Vgl. Wolmerath, M. (2001), S. 45
- Arbeit zitieren
- Diplom-Wirtschaftsjurist (FH) Christian Kronjäger (Autor:in), 2007, Rechtsfragen des Mobbing im Arbeitsverhältnis. Ursachen und Folgen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/90809
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