Die Arbeit stellt in einem ersten Teil die theoretischen Grundlagen von Warenwährungen (Commodity Currencies) dar. Es wird (a) am Modell von Cashin et al. ausführlich der Zusammenhang von Terms of Trade und realem Wechselkurs analytisch hergeleitet, (b) die Herangehensweise alternativer Modelle andiskutiert, (c) die Wohlfahrtsgewinne des Warenwährungseffektes dargestellt, (d) der Zusammenhang von Warenwährungen und Wechselkursregimen aufgezeigt sowie (e) der uneindeutigen Kausalitätsrichtung des Zusammenhangs von Terms of Trade und realem Wechselkurs durch eine Diskussion der Endogenität von Handelswarenpreisen Rechnung getragen.
In einem zweiten Teil wird empirisch getestet, ob der russische Rubel als Warenwährung gelten kann. Dies wird erstens anhand eines eigenen, einfachen linearen Modells unter Zuhilfenahme von Daten des IWF geprüft. Zweitens werden die methodischen Unzulänglichkeiten des Versuchs diskutiert und anhand der kurzen Darstellung des Spataforev/Stavrev - Modells einer methodischen Arbeit des "state-of-the-art" gegenübergestellt. Sowohl meine eigenen als auch deren Ergebnisse deuten darauf hin, dass der russische Rubel als Warenwährung gelten kann. Es wird auch deutlich, dass der Commodity-Preis allein in keinem Fall die Entwicklung des realen Wechselkurses vorhersagen kann. Es bleibt ein „Commodity Currency Puzzle“
Inhalt
I. Einleitung
II. Warenwährungen
II.1 Skizzierung des Forschungsstands
II.2. Theoretische Grundlagen
II.2.1 Das Modell von Cashin , Céspedes und Sahay
II.2.2 Alternative Erklärung über die Nachfrageseite
II.2.3 Wohlfahrtsgewinne durch den Warenwährungs-Effekt
II.2.4. Warenwährungen und Wechelkursregime
II.3 Die Endogenität der Handelswarenpreise
III. Der Russische Rubel – eine Warenwährung?
III.1 Ist Russland eine Warenwirtschaft?
III.2 Der Wert des Rubels und der Ölpreis
III.2.1 Verwendete Variablen
III.2.2 Ein einfaches lineares Modell
III.2.3 Das Vorgehen Spataforas und Stavrevs
IV. Zusammenfassung
VI. Literaturverzeichnis
Abbildungen
Schaubild 1: Exportstruktur Russlands 2002-2005
Schaubild 2: Ölpreis und realer effektiver Wechselkurs Russlands 11/1993 – 01/2006
Schaubild 3: Schätzer eines einfachen linearen Modells
Schaubild 4: Regressionsgerade eines einfachen linearen Modells
I. Einleitung
Die Suche nach den Determinanten des Wechselkurses beschäftigt bereits Generationen von Ökonomen – nicht zuletzt wegen der wirtschaftspolitischen Relevanz des realen Wechselkurses: Schon kurzfristige Schwankungen können, vor allem in Transitionsländern mit unterentwickelten Finanzmärkten, hohe Wohlfahrtskosten verursachen, beispielsweise durch eine Reduzierung des internationalen Handels oder der Beeinflussung von Investitionsentscheidungen (vgl. Spatafora/ Stavrev 2003: 3). Führen diese Schwankungen zu anhaltenden Ungleichgewichten, werden die Wohlfahrtverluste umso größer. Es ist daher für die Durchführung einer wohlfahrtsmaximierenden Geld- und Wirtschaftspolitik wichtig, die Determinanten des realen Wechselkurses zu kennen.
Die Suche nach einer geeigneten Modellierung des realen Wechselkurses führte zu keinem durchschlagenden Erfolg. Meese und Rogoff zeigten 1983 sogar, dass verschiedene Modelle, die den Wechselkurs mit ökonomischen Fundamentalvariablen, wie Produktivitätsdifferenzen oder Zahlungsbilanzungleichgewichten, zu erklären versuchten, einem „Random Walk“, also einem zufälligen Prozess, nicht überlegen waren (vgl. Björnland/ Hungnes 2005: 2). Verschiedene Studien zeigten dabei auch unterschiedliche Erfolge, dennoch blieb in jedem Fall das Rätsel um die Determinanten des Wechselkurses zumindest teilweise ungelöst[1].
Die wissenschaftliche Debatte um die sogenannten „Commodity Currencies“[2] stellt einen seit Beginn der 1990er Jahre verfolgten Ansatz dar, der helfen kann, die Entwicklung der (realen) Wechselkurse besser zu erklären und zu prognostizieren. Hinter diesem Ansatz steht die Idee, dass der reale Wechselkurs von Ländern, deren Exportstruktur von bestimmten Gütern dominiert wird, von dem auf dem Weltmarkt gebildeten Preis dieser Güter abhängt. Frühere Studien konzentrierten sich bei der Suche nach den Determinanten des Wechselkurses vor allem auf Industrieländer. Erst mit der Untersuchung von Entwicklungsländern mit ihren charakteristischerweise schwach diversifizierten Exporten, wurde der Einfluss der terms of trade auf den Wechselkurs näher beleuchtet. Dabei ist die Idee alles andere als neu. Schon 1930 schrieb J.M. Keynes: „Die Vernachlässigung des Effekts der Veränderung der terms of trade ist das vielleicht unbefriedigendste Charakteristikum der Kaufkraftparitätentheorie von Prof. Cassel[3] “ (Keynes 1930: 336).
Als eine „Commodity Currency“ werden solche Währungen verstanden, deren realer Wechselkurs zu den Preisen der Exportgüter in einer derartigen Beziehung steht, dass ein Preisanstieg der Exportgüter zu einer realen Aufwertung der Währung führt. Eine Übersetzung des Begriffs der „Commodity-Currency“ ins Deutsche könnte „Warenwährung“ lauten[4]. Von diesem Begriff lässt sich wiederum eine erhellende Brücke zum Begriff des „Warengeldes“ schlagen: sind beim Warengeld der Geldwert und der Wert der das Geld repräsentierenden Ware direkt miteinander verknüpft, so besteht bei den Warenwährungen eine direkte Verknüpfung zwischen dem Wert der Währung und den Waren, welche der Währungsraum exportiert. Ein wichtiges Charakteristikum einer Warenwährung ist, dass die Exporte des Landes in großem Maße von einzelnen Handelswaren abhängen, die Exportwirtschaft mithin nicht gut diversifiziert ist. Trifft Letzteres zu, wird von Warenwirtschaften („commodity economies“) oder potenziellen Warenwährungen („potential commodity-currency countries“) gesprochen.
Die vorliegende Arbeit ist in zwei Abschnitte geteilt. Der erste Abschnitt beschäftigt sich allgemein mit dem Phänomen der Warenwährungen. Zunächst werden die theoretischen Grundlagen beleuchtet. Einen Schwerpunkt bilden hier die dem Phänomen zugrundeliegenden makroökonomischen Zusammenhänge (Teil II.2). Zuvor wird der Forschungsstand in angemessener Kürze skizziert. Der Abschnitt zu den theoretischen Grundlagen wird mit einem Blick auf ein verwandtes Phänomen – jenes der currency-commodities (oder „Währungswaren“) – geschlossen.
Im zweiten Abschnitt wird der Frage nachgegangen, ob der russische Rubel eine Warenwährung ist. Diese Frage wird zerlegt: Zunächst wird geprüft, ob Russland eine Warenwirtschaft ist (Teil III.1). Danach wird der Zusammenhang von Preis des wichtigsten russischen Exportgutes, in unserem Fall dem Ölpreis, und realem Wechselkurs untersucht. Zunächst versuche ich anhand eines einfachen linearen Modells einen Zusammenhang zu zeigen. Einige methodische Unzulänglichkeiten dieses Ansatzes werden erläutert und danach anhand der Modellierung Spataforas und Stavrevs eine „modernere“ Herangehensweise nachvollzogen. Es wird gezeigt, dass das Phänomen, welches Warenwährungen auszeichnet, auch für den russischen Rubel zu beobachten ist.
[...]
[1] Da die Modellierungen zum größten Teil die 1918 von Gustav Cassel aufgestellte Kaufkraftparitätentheorie (PPP) zum Ausgangspunkt nahmen und versuchten, die empirisch beobachteten langfristigen Abweichungen von der PPP zu erklären, spricht man auch vom „PPP-Puzzle“. Eine einführende Übersicht über verschiedene Modellierungsversuche und ihre Ergebnisse findet sich bei Rogoff 1996.
[2] Der Begriff darf nicht mit dem schon nach dem Zweiten Weltkrieg in die internationale Finanzliteratur eingegangen Begriff der „commodity-reserve currency“ verwechselt werden. (vgl. Cashin et al. 2002 :6)
[3] So weit nichts anderes vermerkt ist, handelt es sich um eigene Übersetzungen.
[4] Im Folgenden wird zumeist der Begriff der Warenwährung benutzt.
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- Sebastian Eppner (Author), 2007, Was ist eine Commodity Currency? - Der Russische Rubel als Warenwährung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/90803
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