Nach den Worten Ho Chi Minhs, dem langjährigen Präsidenten der Demokratischen (bis 1976) und der Sozialistischen Republik Vietnams, war der Marxismus-Leninismus für das Volk Vietnams wie „Wasser für einen Reisenden, der Durst hat, wie Reis für einen Armen, der Hunger hat“ . Diese Formulierung, so bildlich sie ist, trägt in sich doch die Idee der kommunistischen Parteistrategen Vietnams, die, überzeugt von ihrer Aufgabe, versuchten, in Vietnam die sozialistische Revolution durchzuführen.
Mit dieser Arbeit soll veranschaulicht werden, welche Forderungen die Regierung Nordvietnams unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg und in der Zeit nach dem Abzug der Franzo-sen an sich selbst, an das Volk und an ihre Gegner stellten, wie diese Absichten propagandistisch formuliert wurden, und inwiefern die sozialistische Entwicklung in Vietnam erfolgreich war. Dazu wird im ersten Teil eine Analyse ausgewählter Schriften der vietnamesischen Revolution vorgenommen, um im zweiten Teil zu sehen, wie sich Vietnam danach wirtschaftlich und politisch entwickelte. Hauptsächlich zurückgegriffen wurde auf das Werk „Dokumente und Materialien der vietnamesischen Revolution“, herausgegeben von Jutta von Freyberg und Kurt Steinhaus, in dem sich verschiedene Dokumente finden, außerdem statistisches Material zur wirtschaftlichen Entwicklung in Vietnam.
Vietnam befand sich nach dem Zweiten Weltkrieg in der Situation eines doppelt Bestraften: Fast ein Jahrhundert von den französischen Kolonialisten unterdrückt, dann zusätzlich von den Japanern unterworfen und nach dem Krieg wieder von den Franzosen regiert. Im Norden wurde die Demokratische Republik Vietnam gegründet, aber der Süden blieb unter französischer Verwaltung. Hier entwickelte sich schnell eine Untergrundbewegung wider die herrschenden Verhältnisse. Im Norden aber musste man erstmal mit der wirtschaftlichen Situation klarkommen, bevor man den Kämpfern im Süden beistehen konnte. Aber „die im Verlauf eines jahrzehntelangen Befreiungskampfes erworbene Fähigkeit, die Theorie des Marxismus-Leninismus schöpferisch auf die konkreten Verhältnisse ihres Landes anzuwenden, halfen der Partei der Werktätigen Vietnams und der Regierung der DRV, die komplizierte Situation der fünfziger Jahre zu meistern.“ Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und der Niederlage der Japaner erklärte Ho Chi Minh als Vorsitzender der „Provisorischen Regierung“ der Demokratischen Republik Vietnam deren Unabhängigkeit.
Gliederung
1. Einleitung
2. Propaganda-Dokumente
2.1 Unabhängigkeitserklärung der DRV vom 2.9.1945
2.2 Aufruf Ho Chi Minhs zum allgemeinen Widerstandskrieg
2.3 Stellungnahme des Außenministers der DRV, Pham Van Dong, unmittelbar nach Abschluss der Genfer Konferenz
2.4 Resolution des III. Nationalen Kongresses der Partei der Werktätigen Vietnams über die Aufgaben und die Linie der Partei in der neuen Etappe
2.5 Die vier Punkte der DRV .. .. .. .. .. .. .. 07
2.6 Erklärung der Regierung der DRV zur bedingungslosen Einstellung der Bombardierung und Beschießung des gesamten Territoriums der DRV
2.7 Appell des Präsidenten der DRV, Ho Chi Minh, an die vietnamesische Nation
3. Wirtschaftliche Auswirkungen des Sozialismus in der DRV
3.1 Produktionsverhältnisse in der Landwirtschaft
3.2 Investitionen, Produktionsstruktur und Außenhandel
3.3 Gewerbliche Produktion
3.4 Landwirtschaftliche Produktion
3.5 Infrastruktur Transport
3.6 Bildungswesen
3.7 Kulturelle Entwicklung
3.8 Gesundheitswesen
4. Politische Maßnahmen
5. Schluss
6. Literatur
1. Einleitung
Nach den Worten Ho Chi Minhs, dem langjährigen Präsidenten der Demokratischen (bis 1976) und der Sozialistischen Republik Vietnams, war der Marxismus-Leninismus für das Volk Vietnams wie „Wasser für einen Reisenden, der Durst hat, wie Reis für einen Armen, der Hunger hat“[1]. Diese Formulierung, so bildlich sie ist, trägt in sich doch die Idee der kommunistischen Parteistrategen Vietnams, die, überzeugt von ihrer Aufgabe, versuchten, in Vietnam die sozialistische Revolution durchzuführen.
Mit dieser Arbeit soll veranschaulicht werden, welche Forderungen die Regierung Nordvietnams unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg und in der Zeit nach dem Abzug der Franzosen an sich selbst, an das Volk und an ihre Gegner stellten, wie diese Absichten propagandistisch formuliert wurden, und inwiefern die sozialistische Entwicklung in Vietnam erfolgreich war. Dazu wird im ersten Teil eine Analyse ausgewählter Schriften der vietnamesischen Revolution vorgenommen, um im zweiten Teil zu sehen, wie sich Vietnam danach wirtschaftlich und politisch entwickelte.
Hauptsächlich zurückgegriffen wurde auf das Werk „Dokumente und Materialien der vietnamesischen Revolution“, herausgegeben von Jutta von Freyberg und Kurt Steinhaus, in dem sich verschiedene Dokumente finden, außerdem statistisches Material zur wirtschaftlichen Entwicklung in Vietnam.
Vietnam befand sich nach dem Zweiten Weltkrieg in der Situation eines doppelt Bestraften: Fast ein Jahrhundert von den französischen Kolonialisten unterdrückt, dann zusätzlich von den Japanern unterworfen und nach dem Krieg wieder von den Franzosen regiert. Im Norden wurde die Demokratische Republik Vietnam gegründet, aber der Süden blieb unter französischer Verwaltung. Hier entwickelte sich schnell eine Untergrundbewegung wider die herrschenden Verhältnisse. Im Norden aber musste man erstmal mit der wirtschaftlichen Situation klarkommen, bevor man den Kämpfern im Süden beistehen konnte. Aber „die im Verlauf eines jahrzehntelangen Befreiungskampfes erworbene Fähigkeit, die Theorie des Marxismus-Leninismus schöpferisch auf die konkreten Verhältnisse ihres Landes anzuwenden, halfen der Partei der Werktätigen Vietnams und der Regierung der DRV, die komplizierte Situation der fünfziger Jahre zu meistern.“[2]
2. Propaganda-Dokumente
2.1 Unabhängigkeitserklärung der DRV vom 2.9.1945
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und der Niederlage der Japaner erklärte Ho Chi Minh als Vorsitzender der „Provisorischen Regierung“ der Demokratischen Republik Vietnam deren Unabhängigkeit. Besonders wichtig erscheint im ersten Teil die Beanspruchung von „Gleichheit, Freiheit und Brüderlichkeit“ als Prinzipien der französischen Revolution, welche aber nie auf die vietnamesische Kolonie angewandt wurden.
Das Handeln der Franzosen wird von Ho Chi Minh charakterisiert als „Gegensatz zu den Prinzipien der Menschlichkeit und Gerechtigkeit“ bis hin zum Verlust „aller demokratischen Freiheiten“.[3]
Die Unabhängigkeitserklärung macht den Anschein einer radikalen Abrechnung mit den Franzosen, sie ist ein Ausdruck der Wut auf die lange Kolonialherrschaft. Fast liest sich die Erklärung als vietnamesische „Bilanz“ der französischen Kolonialherrschaft: Angesprochen wird die Zerstörung der Einheit des Vaterlandes durch Aufteilung des Staatsgebietes, die besondere Brutalität, die Schwächung des Volkes durch Alkohol und Opium, die Ausbeutung und Verarmung der Bevölkerung, der Raub von Rohstoffen, die Einführung ungerechter Steuern und letztlich die unterwürfige Übergabe des Landes an die Japaner 1940.[4]
In einem zweiten Teil der Erklärung spricht Ho Chi Minh von der Hoffnung auf Anerkennung: „Wir sind überzeugt, dass die alliierten Staaten [...] auch die Unabhängigkeit Vietnams anerkennen werden.“[5]
Allerdings beschließt er die Unabhängigkeitserklärung mit einer kämpferischen Aussage: „Vietnam hat das Recht, frei und unabhängig zu sein – und ist es tatsächlich auch schon. Das ganze vietnamesische Volk ist entschlossen, all seine materiellen und geistigen Kräfte aufzubieten, Leben und Besitz zu opfern, um seine Unabhängigkeit und Freiheit zu behaupten.“[6]
2.2 Aufruf Ho Chi Minhs zum allgemeinen Widerstandskrieg (20.12.1946)
Im Dezember 1946 rief Ho Chi Minh, vor dem Hintergrund französischer Versuche, in Vietnam wieder Fuß zu fassen, zum Widerstand auf. Er wählte eine kämpferische Sprache für seinen Appell ans Volk: „Wir werden eher alles opfern, als unser Land preisgeben. Wir sind entschlossen, uns nicht versklaven zu lassen. Landsleute! Erhebt euch!“[7]
Er hob ab auf die nationalen Interessen, die jeglichem Einwand vorgeordnet sein müssen: „Alle Vietnamesen, ob Mann oder Frau, alt oder jung, müssen sich ungeachtet ihrer religiösen, parteipolitischen oder nationalen Zugehörigkeit für die Rettung des Vaterlandes zum Kampf gegen die französischen Kolonialisten erheben.“[8]
Darüber hinaus sah er eine Chance für den endgültigen Sieg gegen die Kolonialmacht: „Die Stunde der nationalen Befreiung hat geschlagen! [...] Auch wenn wir im Widerstandskrieg Entsagungen aus uns nehmen müssen – mit der Entschlossenheit, Opfer zu bringen, wird der Sieg mit Sicherheit uns gehören.“ Ho Chi Minh schloss mit einem Hoch auf die Ziele der Bewegung als er sagte: „Es lebe das unabhängige und einige Vietnam! Es lebe der siegreiche Widerstand!“[9]
2.3 Stellungnahme des Außenministers der DRV, Pham Van Dong, unmittelbar nach Abschluss der Genfer Konferenz (21.7.1954)
„Die Besiegelung des Friedens in Indochina auf der Basis der Anerkennung der nationalen Rechte der indochinesischen Völker ist ein Sieg für alle unterdrückten Völker, die das Banner des Kampfes für nationale Unabhängigkeit und demokratische Freiheiten hochhalten.“[10]
In diesem Dokument zeigen sich außen- und innenpolitische Hoffnungen und Ziele der DRV, eine Art politisches Programm: „Wir müssen einen stabilen und dauerhaften Frieden in Indochina herstellen, indem wir alle politischen Fragen regeln, deren wichtigste die Erlangung der nationalen Wiedervereinigung unseres Volkes durch Mittel der Wahl ist, d. h. durch friedliche und demokratische Mittel. Gleichzeitig müssen wir unser Land aufbauen, das in dem langen Krieg verwüstet wurde; weiterhin verstärkt die demokratischen Freiheiten verwirklichen, einschließlich der Freiheit der Meinung und des Glaubens; Wirtschaft und Kultur des Landes entwickeln, um das materielle und geistige Lebensniveau unseres Volkes anzuheben.“[11] Im letzten Absatz wendet sich Pham direkt an die Bevölkerung: „Volk Vietnams! Landsleute im Süden, der Sieg ist unser! Die Unabhängigkeit und Einheit unseres Landes liegt in unseren Händen. [...] Es lebe der Frieden! Es lebe die Einheit unseres Mutterlandes!“[12]
[...]
[1] Ho Chi Minh, Ausgewählte Werke, zit. n. Le Duan, Die vietnamesische Revolution, S. 12
[2] Von Freyberg, Jutta, Steinhaus, Kurt, Dokumente und Materialien der vietnamesischen Revolution, S. 8f.
[3] Ho Chi Minh, Selected Works, Vol. III, zit. n. Übers. v. von Freyberg, Jutta, Steinhaus, Kurt, Dokumente und Materialien der vietnamesischen Revolution, S. 20
[4] ebd., S. 21
[5] ebd., S. 23
[6] ebd., S. 23
[7] Ho Chi Minh, Works, Vol. III, zit. n. Übers. v. von Freyberg, Jutta, Steinhaus, Kurt, Dokumente und Materialien der vietnamesischen Revolution, S. 24
[8] ebd., S. 24
[9] Ho Chi Minh, Works, Vol. III, zit. n. Übers. v. von Freyberg, Jutta, Steinhaus, Kurt, Dokumente und Materialien der vietnamesischen Revolution, S. 24
[10] zit. n. Übers. v. von Freyberg, Jutta, Steinhaus, Kurt, Dokumente und Materialien der vietnamesischen Revolution, S. 25
[11] ebd., S. 25 f.
[12] ebd., S. 27
- Arbeit zitieren
- Florian Kuhne (Autor:in), 2006, Propagandistische Ziele und faktische Realitäten in Vietnam, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/90647
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