Ziel dieser Arbeit ist es die Isaf-Mission (International Security Assistance Force) und das deutsche Engagement in Afghanistan näher darzustellen, wobei letzteres klar den Schwerpunkt darstellt. Zunächst wird ein Überblick über die Grundlagen der Mission geschaffen: Wie wird sie legitimiert, was sind ihre Ziele, wie sieht der deutsche Beitrag aus und wie genau ist Isaf strukturiert?
Daraufhin werden die PRTs (Provincial Reconstruction Teams), als mittlerweile wichtigstes Element der Mission, näher beleuchtet. Ein Vergleich des US-amerikansichen, des britischen sowie des deutschen Modells soll die unterschiedlichen Strategieansätze hervorheben.
Im Folgenden wird die Frage geklärt, weshalb sich Deutschland überhaupt so sehr an der Isaf-Mission beteiligt. Was waren also die Motive der damaligen Bundesregierung, als entschieden wurde, Truppen nach Afghanistan zu senden?
Zum Schluss wird gemäß der ständig aktuellen Debatte diskutiert, ob Isaf generell ein sinnvolles Instrument zum Wiederaufbau Afghanistans ist. Außerdem wird auf die Frage, ob sich Deutschland auch weiterhin an der Mission beteiligen soll, eine Antwort gegeben.
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Inhalt
1 Einleitung
2 Das Isaf-Mandat im Überblick
2.1 Grundlagen, Ziele und der deutsche Beitrag
2.2 Der Aufbau der Mission
3 PRTs in der Praxis – Vergleich dreier Modelle
3.1 Die US-PRTs – „winning-the-hearts-and-minds“
3.2 Die britischen PRTs – Strategie der „diskreten Präsenz“
3.3 Die deutschen PRTs – „Präsenzzeigen“ und Wiederaufbau
4 Weshalb engagiert sich Deutschland in Afghanistan?
4.1 Isaf-Mitgliedschaft als Präventivmaßnahme
4.2 Engagement als Zeichen der Verantwortungsbereitschaft
5 Raus aus Afghanistan?
Literatur
1 Einleitung
Ziel dieser Arbeit ist es die Isaf-Mission (International Security Assistance Force) und das deutsche Engagement in Afghanistan näher darzustellen, wobei letzteres klar den Schwerpunkt darstellt. Zunächst wird ein Überblick über die Grundlagen der Mission geschaffen: Wie wird sie legitimiert, was sind ihre Ziele, wie sieht der deutsche Beitrag aus und wie genau ist Isaf strukturiert?
Daraufhin werden die PRTs (Provincial Reconstruction Teams), als mittlerweile wichtigstes Element der Mission, näher beleuchtet. Ein Vergleich des US-amerikansichen, des britischen sowie des deutschen Modells soll die unterschiedlichen Strategieansätze hervorheben.
Im Folgenden wird die Frage geklärt, weshalb sich Deutschland überhaupt so sehr an der Isaf-Mission beteiligt. Was waren also die Motive der damaligen Bundesregierung, als entschieden wurde, Truppen nach Afghanistan zu senden?
Zum Schluss wird gemäß der ständig aktuellen Debatte diskutiert, ob Isaf generell ein sinnvolles Instrument zum Wiederaufbau Afghanistans ist. Außerdem wird auf die Frage, ob sich Deutschland auch weiterhin an der Mission beteiligen soll, eine Antwort gegeben.
2 Das Isaf-Mandat im Überblick
2.1 Grundlagen, Ziele und der deutsche Beitrag
Nach dem Sturz des Taliban-Regimes durch die Antiterrorkoalition OEF (Operation Enduring Freedeom)[1] wurde im November und Dezember 2001 auf der „Petersberger Konferenz“ in Bonn die Grundlage für den Isaf-Einsatz geschaffen. Die größten ethnischen Gruppen Afghanistans einigten sich bei diesem Treffen auf eine „Vereinbarung über provisorische Regelungen in Afghanistan bis zum Wiederaufbau dauerhafter Regierungsinstitutionen“ (Bonner Vereinbarung), sprich auf eine provisorische Übergangsregierung. Vertreter der Taliban wurden nicht zu den Gesprächen geladen.
Der damalige deutsche Außenminister, Joschka Fischer, war der maßgebliche Initiator dieses Treffens, dennoch war die Bundesregierung „nur“ Gastgeber dieser Konferenz und nahm keine Vermittlerrolle ein (Vgl. Auswärtiges Amt 2001). Manifestiert wurde die Bonner Vereinbarung durch den in der Resolution 1386 formulierten Beschluss des Sicherheitsrates am 20. Dezember 2001: Eine Internationale Sicherheitsbeistands-Truppe (Isaf) wurde gemäß Kapitel VII der VN-Charta[2] von den Vereinten Nationen beauftragt, für Stabilität in Afghanistan zu sorgen und die neue Übergangsregierung um Hamid Karzai zu unterstützen. Das Mandat war zunächst auf sechs Monate befristet, in späteren Resolutionen allerdings um ein halbes, beziehungsweise um ein ganzes Jahr verlängert. Eine Besonderheit stellt die Resolution 1510 vom 13. Oktober 2003 dar, da hier das Mandat auf weitere Regionen ausgeweitet wurde:
Acting for these reasons under Chapter VII of the Charter of the United Nations, (1.) Authorizes expansion of the mandate [...] to support the Afghan Transitional Authority and its successors in the maintenance of security in areas of Afghanistan outside of Kabul and its environs [...]“ (United Nations Security Council 2003).
Mittlerweile ist das am 13. Oktober 2008 auslaufende Isaf-Mandat in mehreren Schritten auf das gesamte Land ausgeweitet worden.
Dennoch darf die Isaf-Mission nicht mit einem Blauhelmeinsatz der Vereinten Nationen verwechselt werden. Isaf ist eine von den Vereinten Nationen mandatierte aber nicht geführte Friedensmission. Vor 2003 waren es noch einzelne Staaten oder Korps, welche Isaf geführt haben. Mittlerweile ist es die Nato. Somit wird der Einsatz auch nicht von der UNO finanziert, sondern aus den Haushalten der teilnehmenden Staaten. Ein wesentlicher Unterschied zu den Blauhelmeinsätzen entsteht durch die Nato-Führung auch in der Strategie. Was das genau bedeutet wird in dieser Arbeit geklärt.
Die Ziele der Isaf-Mission sind klar definiert: In erster Linie sollen die Isaf-Truppen in der Region für Sicherheit sorgen, sodass Entwicklung stattfinden kann („Schutztruppe“).
Sie sollen der Regierung helfen demokratische Strukturen zu etablieren, Stabilitäts- und Sicherheitsoperationen, sprich Kampfeinsätze in Koordination mit afghanischen Sicherheitskräften führen, die Regierung im Kampf gegen den Drogenhandel- und Anbau unterstützen, die ANA (Afghan National Army) und die ANP (Afghan National Police) ausbilden und humanitäre Operationen beschützen und unterstützen (United Nations Security Council, 2001).
Deutschland nimmt im Rahmen dieses Mandats als mittlerweile drittgrößter Truppensteller eine tragende Rolle ein. Seit Anfang Januar 2002 sind Bundeswehrsoldaten in Afghanistan stationiert. Von Anfang an wurde Deutschland sogar als mögliche Führungskraft für die gesamte Isaf-Truppe hoch gehandelt (Vgl. Gelinsky 2001, 4), vom damaligen Übergangspräsidenten und heutigen Präsidenten Hamid Karzai sogar gewünscht. Obwohl Joschka Fischer einer deutschen Kommandoführung aus Kapazitätsgründen zunächst skeptisch gegenüberstand, stand die Isaf in der Zeit vom 10. Februar bis zum 11. August 2003 unter der Führung des deutsch-niederländischen Korps. Das ist auch der Grund, weshalb die Bundesregierung in dieser Zeit das deutsche Truppenkontingent von 1500 auf 2500 Soldaten aufstockte (Vgl. Lohse 2002, 7).
Seit Juni 2006 hat die Bundeswehr das vollständige Kommando über die Isaf-Truppen im Norden Afghanistans. Dieser Teil des Landes wird als verhältnismäßig ruhig eingestuft. Die Bundeswehr führt ihr Kommando von der nordafghanischen Provinzhauptstadt Mazar-i-Sharif aus. Momentan sind mehr als 3000 Bundeswehrsoldaten im Rahmen von Isaf tätig. Bis zu 1300 weitere Marinesoldaten können am Horn von Afrika stationiert werden, um die Seewege zu kontrollieren. Sie sind Teil der Antiterreokoalition OEF, die formal vom Isaf-Einsatz getrennt ist (Vgl. Die Bundeswehr 2007). Gemäß dem Bundestagsmandat können jedoch bis zu 3500 deutsche Soldaten im Zuge der Afghanistanmission eingesetzt werden. Seit März 2007 sind außerdem deutsche Aufklärungsflugzeuge in Afghanistan stationiert. Die so genannten „Recce-Tornados“ (reconnaissance = Aufklärung) werden mitunter auch im umkämpften Süden eingesetzt.
Das deutsche Engagement befindet sich in der aktuellen politischen Diskussion jedoch abermals auf dem Prüfstand. Vor allem US-Verteidigungsminister Robert Gates und sein kanadischer Kollege Peter G. MacKay fordern von Deutschland eine höhere Beteiligung an den Kampfeinsätzen im umkämpften Süden, wo sich die Amerikaner, Briten, Niederländer und Kanadier einen kräftezehrenden Kampf mit den dortigen Aufständigen liefern. Im Februar 2008 hat der Bundestag zunächst die Entsendung einer „schnellen Eingreiftruppe“ (QRF = Quick Reaction Force) genehmigt. Diese 200-Mann starke Kampftruppe löst die bisherige norwegische QRF im Norden des Landes ab. Sie soll sich, wie der Name es bereits sagt, darauf beschränken, in Notsituationen schnell eingreifen und kämpfen zu können, was von den bisherigen Isaf-Truppen mit ihrer vorrangig schützenden Funktion nicht verlangt werden soll (Vgl. Jung 2008, 15 sowie Krüger/Matern 2008, 5).
Zudem kam der Bundeswehr bei der Ausbildung von afghanischen Sicherheitskräften, wie zum Beispiel der Polizei, im gesamten Isaf-Rahmen lange Zeit eine Führungsrolle zu (Lohse 2002, 7). 40 deutsche Polizisten dienten als „bilaterales Zusatzpersonal“ der Projektgruppe „Polizeiliche Aufbauhilfe Afghanistan“ (Zentrum für Internationale Friedenseinsätze 2006). Seit Juni 2007 hat jedoch die EU mit „EUPOL Afghanistan“ (European Union Police Mission to Afghanistan) die Führung in der Polizeiausbildung übernommen (Vgl. Die Bundesregierung 2007).
2.2 Der Aufbau der Mission
Die Struktur der Isaf-Mission sah in den bisherigen sieben Jahren nicht immer so aus wie heute. Als die Schutztruppe ihre Arbeit in dem „Hindukuschland“ (Manutscharjan 2003, 56) aufnahm galt das Mandat nur für Kabul. Erst mit der Resolution 1510 sollte der Auftrag in vier Etappen auf das gesamte Land ausgebreitet werde. Im Oktober 2004 erweiterte die Isaf ihren Arbeitsbereich auf den Norden, gefolgt vom Westen im September 2005, vom Süden im Juli 2006 und schließlich vom Osten im Oktober 2006. Momentan beteiligen sich 40 Staaten an der Mission, die insgesamt eine Truppenstärke von etwa 43250 hat, wobei die USA mit 15000, Großbritannien mit 7800 und Deutschland mit 3210 die meisten Soldaten stellen (Vgl. Nato 2008).
Die Isaf besteht grundsätzlich aus dem Isaf-Hauptquartier, der Air Task Force (ATF), den Regional Commands (RCs), den Forward Support Bases (FSBs) und den Provincial Reconstruction Teams (PRTs) und neuerdings auch aus den Quick Reaction Forces (QRFs).
Das Isaf-Hauptquartier dient in erster Linie zur Koordination der gesamten Mission. In Kabul stationiert, soll das Hauptquartier die Schnittstelle bilden zwischen der afghanischen Regierung, verschiedenen NGOs, der UNAMA[3] und schließlich der OEF. Die ATF übernimmt das operative Kommando für alle Luftoperationen der Isaf. Die RCs wurden erst mit der Vier-Stufen Expansion der Isaf-Mission eingerichtet. Insgesamt gibt es fünf RCs: RC North, RC West, RC South, RC East und RC Capital. Jedes dieser RCs wird wiederum von einem eigenen Hauptquartier koordiniert und von einem Teilnehmerstaat geführt. Deutschland führt die Truppen im Norden an, die USA im Osten, Großbritannien im Süden und Italien im Westen und in der Hauptstadt.
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[1] OEF = Operation Enduring Freedom: Eine von der USA angeführte Antiterrortruppe, die nach den Anschlägen vom 11. September 2001 in Afghanistan einmarschierte, um die Taliban als mutmaßliche Initiatoren der Anschläge zu stürzen. Legitimiert wurde der Einsatz durch das Selbstverteidigungsrecht der Staaten, gemäß Artikel 51 der VN-Charta.
[2] Demnach ist ISAF ein sog. „robustes Mandat“. D.h. die Truppen haben das Recht auf militärische Gewaltanwendung, wenn nötig auch in Form von Präventivschlägen (Vgl. Erhardt 2006, 5).
[3] UNAMA = United Nations Assistance Mission in Afghanistan: Politische Mission der Vereinten Nationen zum zivilen Wiederaufbau Afghanistans. Getrennt von Isaf.
- Quote paper
- Lukas Hermann (Author), 2008, Die Isaf-Mission in Afghanistan, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/90600
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