Es geht in dieser Hausarbeit um die Funktion der Sprache. Vor allem darum, was sie implizit erreicht und erreichen möchte.
Neben der grundlegenden Funktion der Rechtslinguistik wird die Auslegung von Normtexten auf pragmatischer Ebene näher betrachtet.
Im deutschen Rechtssystem spielt Sprachlichkeit sowohl mündlich als auch schriftlich eine große Rolle. Besonders im Prozess vor dem Gericht geht es um die sprachliche Auslegung einzelner Gesetzestexte und die Einhaltung sprachlich formeller Regeln. Im Recht muss Auslegung durch Implikationen entstehen, also durch logische Schlussfolgerungen, die allerdings nicht immer im konkreten Gesetz, oder Normtext angegeben sind. Doch wodurch äußert sich, wie ein Gesetz auszulegen ist? Was sind die impliziten sprachlichen Merkmale, die es einem Juristen ermöglichen Gesetze im Sinne des Rechts auszulegen?
In dieser Hausarbeit möchte ich einen Einblick in den aktuellen Forschungsstand zur Rechtslinguistik, im Besonderen zum Impliziten in der Rechtssprache, geben.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Pragmatik im Recht
2.1. Pragmatik: Was beschreibt sie?
2.2: Rechtspragmatik: Handeln mit und in Sprache?
3. Auslegung in der Rechtslinguistik
3.1: Auslegung: Warum ist sie nötig?
3.2: Auslegung: Alles implizit?
4. Fazit
5. Bibliographie
1. Einleitung
Im deutschen Rechtssystem spielt Sprachlichkeit sowohl mündlich als auch schriftlich eine groBe Rolle. Besonders im Prozess vor dem Gericht geht es um die sprachliche Auslegung einzelner Gesetzestexte und die Einhaltung sprachlich formeller Regeln. Im Recht muss Auslegung durch Implikationen entstehen, also durch logische Schlussfolgerungen, die allerdings nicht immer im konkreten Gesetz, oder Normtext angegeben sind. Doch wodurch auBert sich, wie ein Gesetz auszulegen ist? Was sind die impliziten sprachlichen Merkmale, die es einem Juristen ermöglichen Gesetze im Sinne des Rechts auszulegen?
In dieser Hausarbeit möchte ich einen Einblick in den aktuellen Forschungsstand zur Rechtslinguistik, im Besonderen zum Impliziten in der Rechtssprache, geben. Dabei werde ich mit Erlauterungen zur Pragmatik, Trivialitat, und Teilen der Auslegungskanonis wie folgt vorgehen:
1. Möchte ich einen theoretischen Hintergrund zur Pragmatik der Rechtssprache, auf der Grundlage der allgemein linguistischen Pragmatik aufbauen.
2. Soll dann der aktuelle rechtslinguitische Forschungsstand zu impliziter Rechtssprache erlautert werden.
3. folgt ein Fazit mit einer Zusammenfassung der wichtigsten Antworten auf die Leitfrage dieser Arbeit.
Die Frage danach, was denn im Sinne des Rechts sei, würde hier zu weit gehen und wird hier entsprechend nicht weiter behandelt.
2. Pragmatik im Recht
Hinter jeder Sprachpraxis steht auch eine Theorie. Als erstes soll es hier um die Pragmatik gehen, also der Relation von Sprache zu ihren Verwendern. Im Strafprozess, wo es des öfteren um die Person selbst geht, bekommt die Pragmatik einen ungeahnten, dennoch unbewussten Stellenwert
2.1. Pragmatik: Was beschreibt sie?
Die Pragmatik beschreibt eine Teildisziplin der Semiotik, also der allgemeinen Theorie der Zeichensysteme. Heringer beschreibt die linguistische Pragmatik als die Fahigkeit, die es uns ermöglicht die Kombination von Syntax und Semantik zu verstehen und damit Kommunikation erst möglich macht.1 Sie macht es uns also möglich Implizites zu verstehen, wenn es durch Explizites nicht hervorrufbar ist. Diesem Prinzip folgen Sprecher und Schreiber (Sender), um ihren Sinn zu vermitteln und Hörer und Leser (Empfanger), um den im Kommunikationszusammenhang relevanten Sinn aus einer Vielzahl von Deutungsmöglichkeiten zu erschlieBen.2 Dies kann durch verschiedene Ansatze geschehen: durch die Implikation, Prasupposition und Implikatur.
Dabei bedient sich die Implikation nicht aktiv Interpretationsprozessen, sondern einem logischen mentalen Geflecht. Nicht alle Fakten werden explizit genannt, sind aber weitestgehend aus dem Kontext erschlieBbar.
Ich wohne bei meinem Vater.
Neben der offensichtlichen Tatsache, dass der Sprecher bei seinem Vater wohnt sind andere Propositionen sofort mitgeliefert
- Der Sprecher hat einen Vater.
- Der Sprecher hat einen Wohnort.
- Der Sprecher Wohnt offenbar nicht bei der Mutter.
Dabei wird allerdings nicht darüber Aufschluss gegeben, wie das Verhaltnis zwischen Sprecher und Vater, beziehungsweise zwischen Sprecher und Mutter ist.
Mit der Prasupposition verhalt es sich minimal anders. Bei ihr geht es nicht um mitgeliefertes Wissen, sondern um vorausgesetztes Wissen.
Es geht wieder los.
Der Sender dieser Nachricht setzt voraus, dass der Empfanger das Ereignis „Es“ kennt, weiB, dass es zuvor schon einmal stattgefunden hat und beendet ist und entsprechend einen Neubeginn zuordnen kann.
Wahrend sich Implikation und Prasupposition, durch ihre Sichtbarkeit am GeauBerten leichter bestimmen lassen, gehört die Bedeutung der Implikatur keineswegs mit zur AuBerung. Sie baut auf der Annahme auf, dass der Gegenüber sinnvoll redet3 und basiert dabei auf dem Zustand des gemeinsamen Wissens über den jeweils angeführten Kontext (common ground). Ausgedrückt wird sie haufig durch stereotypisierende Rede, also Tautologien, Paradoxe und ahnliches. Das dabei offenbar Triviale wird kommunikativ detrivialisiert.
Ihr wurde in den Kopf geschossen.
Die Implikatur liegt auf „geschossen“. Es steht nicht erschossen da, also lebt die Person wahrscheinlich noch. Auf einer Quantorenskala von Beispielsweise beschossen-angeschossen-erschossen wird die Konnotation der Begriffe immer starker. Wahrend man nicht von beschossen auf erschossen schlieBen kann, ist es allerdings möglich von erschossen auf beschossen zu schlieBen. Umso schwacher die Konnotation, desto interpretationsarmer ist sie.
Auf diesen Wegen, wird Kommunikation zu einem dynamischen Prozess4. Es wird sichtbar, dass in einer AuBerung immer das steckt, was so in sie hineingelegt wurde, dass der Gegenüber es „herausholen“ kann. Dabei gibt es allerdings auch immer verschiedene „Grade der Indirektheit“. Wichtig ist die Kooperation aller Gesprachspartner. Damit gemeint ist die Bereitschaft zu einem Gesprachsbeitrag, der so gestaltet ist wie der Zweck oder die Richtung des Gespraches verlangen, an einer persönlich bevorzugten Stelle.
2.2: Rechtspragmatik: Handeln mit und in Sprache?
Wenn man nun einen Blick auf die Rechtssprache wirft zeigen sich hier die gleichen impliziten Muster. Vorausgehen muss allerdings die Annahme, dass sich das Recht im Handeln mit und in Sprache manifestiert.5 In Sprache, weil rechtliche Verhandlungen nur durch sprachliche Zeichen konstituiert werden. Mit Sprache, weil Rechtsfolgen immer das Ergebnis von Zeichenhandlungen mit gesellschaftlicher Gültigkeit sind. Damit werden Sprache und Wissen auBerdem zu zentralen Machtstrukturen. Wer die rechtssprachliche Zeichen nicht kennt, hat geringere Chancen seine Forderungen an und vor dem Recht gültig zu machen.
Rechtslinguistische Aufgabe der Pragmatik ist nun also eine Faktizitatsherstellung, die das Spannungsfeld zwischen dem Gegebenem (objektiv und intersubjektiv unstrittige Daten) und dem Gemachten (akteur- und interessengeleitet hergestellte Fakten) möglichst gering werden lasst.6
Besondere Aspekte bilden hier Ironie und Provokation7, denn: in jedem Streitgesprach wird sowohl beabsichtigt, als auch unbeabsichtigt provoziert, oder die Aussagen des Gegenübers ironisch (miss-)verstanden. In jeder der genannten Sprachebenen ist die Ironie ein gangiges Stilmittel und auch immer nur implizit zu verstehen. Sie liefert kein als wahr anerkanntes Wissen mit, und triggert es auch nicht kognitiv beim Gesprachspartner. Damit werden diese unkonkreten sprachlichen, dennoch sehr wohl zu verstehenden Sprachhandlungen haufig selber zum Auslöser für Meinungsverschiedenheiten und Diskussionen.
3. Auslegung in der Rechtslinguistik
Auf Basis dieser mündlichen Diskussionen muss am Ende jedes Prozesses ein schriftliches Urteil vorgelegt werden. Dazu kommt es nur durch die Auslegung verschiedener Gesetzte.
3.1: Auslegung: Warum ist sie nötig?
Es wird nur im seltensten Fall ein Gesetz geben, welches exakt auf den vorherrschenden Konflikt zutrifft. Somit sind Juristen gezwungen aus den bestehenden Gesetzesgrundlagen eine Konfliktlösung für den spezifischen Fall zu erarbeiten. Hilfsmittel sind verschiedene kanonische Auslegungsformen. Dazu ist zuerst einmal zu sagen, dass keine Auslegungsform alleine praktiziert werden kann. Vielmehr geht es um den Schwerpunkt und das Ziel der Auslegung.
Nach Kudlich und Christensen8 sind die beiden wichtigsten bedeutungsverandernden Kanons dabei die grammatische und die teleologische Auslegung.
Dabei beruht die grammatische Auslegung auf einer KontexterschlieBung aus der Allgemein- und Gesetzessprache. Sie ist nur in wenigen Fallen verstandniseinengend, da sie normalerweise einen gröBeren Plausibilitatsspielraum ermöglicht. Das geschieht dadurch, dass die Wortlautgrenze9 im Einzelfall neu überprüft wird und entsprechend neu aufgestellt werden kann. Durch diese Methode verliert die Rechtssprache in kleinen Teilen allerdings ihre sprachliche Kontingenz und wird für den AuBenstehenden haufig unüberschaubar.
Die teleologische Auslegung hingegen arbeitet auf der Kontextgrundlage der gesamten Rechtsordnung, um den Regelungszweck des Gesetztes zu erschlieBen. Sie bemüht sich um ein Gleichgewicht zwischen den zu erreichenden Zielen der beteiligten Parteien und einer Grenze um schützenswerte Interessen herum.
3.2: Auslegung: Alles implizit?
Wahrend ein groBer Teil der Jurisprudenz tatsachlich Auslegung ist, bleibt zu sagen, dass ein Richter zwar Entscheidungskompetenzen hat, aber keine MaBstabskompetenz. Er ist nicht der Gesetzgebende, sondern der Gesetz auslegende. Sichtbar wird dies vor allem mit dem Ziel der Auslegung vor Augen: Auslegung soll Stabilitat schaffen. Sie muss also auch einheitlich geschehen, also im Sinne des Rechts und des Allgemeinwohls.
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1 Heringer, Hans-Jürgen (2011): Pragmatik S.11
2 Heringer, Hans-Jürgen (2011): Pragmatik S.14
3 Heringer, Hans-Jürgen (2011): Pragmatik S.48
4 Heringer, Hans-Jürgen (2011): Pragmatik S. 51
5 Felder, Ekkehard (2017): Pragmatik des Rechts - Rechtshandeln mit Sprache, In: Handbuch Sprache im Recht, S.45
6 Felder, Ekkehard (2017): Pragmatik des Rechts - Rechtshandeln mit Sprache., In: Handbuch Sprache im Recht, S.62
7 Busse, Dietrich (2017): Ungeschriebenes (im) Recht - über die Rolle des „zwischen- den-Zeilen-Lesens“. In: Recht ist kein Text - Studien zur Sprachlosigkeit im verfassten Recht. S.25
8 Kudlich, Hans (2004): Die Kanones der Auslegung als Hilfsmittel für die Entscheidung von Bedeutungskonflikten, In: Juristische Arbeitsblatter, S.78
9 In der juristischen Fachsprache bestimmt die Wortlautgrenze auch eine Grenze der Auslegung. Dabei bedient sie sich den Kriterien der ursprünglichen Bedeutung des Wortes im Vergleich zur heutigen Wortbedeutung, sowie der unterschiedlichen Verwendung des Wortes in der Fach-, bzw. Allgemeinsprache. https://www.talentrocket.de/karrieremagazin/details/juristische-methodenlehre 31.03.2020 um 10:17 Uhr
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- Mira Weiß (Autor), 2020, Implizite Sprache im Recht und ihre Funktion, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/905569
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