Die Politische Theologie Carl Schmitts hat seit dem Erscheinen der gleichnamigen Schrift von 1922 vielfältige, zum Teil einander widersprechende Interpretationen erfahren. Vorliegende Arbeit legt Schmitts Konzept frei, indem sie die "Politische Theologie" in den Kontext seines Frühwerks einordnet und erstmals die verschiedenen kritischen Interpretationsansätze systematisiert, um diese einer ausführlich begründeten "Gegenkritik" zu unterziehen. Die Studie profitiert von einer profunden Kenntnis der Primär- und Sekundärliteratur aus dem engmaschigen Beziehungsgeflecht von Rechtswissenschaft, Theologie, Philosophie und Politikwissenschaft. Auf diese Weise leistet sie einen wichtigen, über die Fachgrenzen der (katholischen) Theologie weit hinausragenden Beitrag zur Klärung des bis heute umstrittenen Begriffs der Politischen Theologie.
Inhaltsverzeichnis
A. Hinführung zum Thema und Motivation
B. Die politische Theologie im Kontext der Lehre von der Souveränität
I. Begriff und Problem der Souveränität
II. Souveränität als Problem der Rechtsform und der Entscheidung
III. Politische Theologie als Soziologie juristischer Begriffe
1. Säkularisierung und Strukturanalogie
2. Berufstypologie (M. Weber) oder Strukturidentität
von Staatsbegriff und politischer Wirklichkeit
(C. Schmitt)?
3. Entwicklung des neuzeitlichen Souveränitäts-
begriffs bis zur französischen Revolution
4. Der Souveränitätsbegriff nach der französischen
Revolution
IV. Die politische Theologie der Gegenrevolution
C. Die „Politische Theologie“ im Kontext der Frühschriften
von 1919 bis 1927
I. Okkasionalismus und bürgerliche Sekurität:
„Politische Romantik“ (1919)
II. Rechtsform versus Rechtsverwirklichungsnorm:
„Die Diktatur — von den Anfängen des modernen
Souveränitätsgedankens bis zum proletarischen
Klassenkampf (1921)
III. Integrationskraft des Formalen: „Römischer
Katholizismus und politische Form“ (1923)
IV. Demokratie versus Diskussionsglauben:
„Die geistesgeschichtliche Lage des
heutigen Parlamentarismus (1923)
1. Die liberalistische Metaphysik des
Parlamentarismus
2. Irrationalistische Mythos-Theorie und gegen-
revolutionäre Eschatologie als politisch-
theologische Negationen der liberalistischen
Parlamentarismus-Metaphysik
V. Freund und Feind: „Der Begriff des Politischen“ (1927)
D. Deutung und Kritik: die Hauptlesarten der Politischen
Theologie Schmitts und ihre ,gegenkritische’ Würdigung
I. Politische Theologie als Rechtsideologie
1. Darstellung
2. Kritische Würdigung
II. Politische Theologie als irrationalistische (okkasionali-
stische/nihilistische/agnostizistische/ästhetizistische)
Staatslehre
1. Darstellung
2. Kritische Würdigung
III. Politische Theologie als politische Theorie
1. Darstellung
2. Kritische Würdigung
IV. Politische Theologie als katholische Theologie
1. Darstellung
2. Kritische Würdigung
V. Politische Theologie als politische Mythologie
1. Darstellung
2. Kritische Würdigung
VI. Politische Theologie als juristische Erkenntnislehre
1. Darstellung 105
E. Synthese: Was ist Politische Theologie nach Carl Schmitt?
I. Die Unausweichlichkeit des Politischen
II. Die Unausweichlichkeit des Theologischen:
Die Theologik staatsrechtlicher Begriffe
1. Theologische und (staats-) rechtliche Begrifflichkeit
2. Analogien
3. Säkularisierung
III. Preisgabe des Theologischen zugunsten des Mythos?
Zur Rationalität einer „Theorie unmittelbaren konkreten
Lebens“
Literaturverzeichnis
„Psallite Deo, psallite;
psallite regi nostro, psallite.
Quoniam Rex omnis terrae Deus,
Psallite sapienter.
Regnavit Deus super gentes,
Deus sedet super sedem sanctam suam“.
(Psalmus 46, 7-9)
„Wer nicht an Mythen glaubt, glaubt an Lügen.“
(Nicolás Gómez Dávila)
„Taubes hat recht: Heute ist alles Theologie, mit Ausnahme dessen, was die Theologen von sich geben.“
(aus einem Brief Carl Schmitts an Armin Mohler vom 14. August 1959)
„Theorie unmittelbaren konkreten Lebens“:
zur Konzeption und Kritik der Politischen Theologie
Carl Schmitts
A. Hinführung zum Thema und Motivation
„Why Carl Schmitt?” Diese Frage, die B. Schlink vor einigen Jahren mit deutlich kritischem Unterton gestellt hat, scheint sich angesichts einer wahren Flut von Carl-Schmitt-Literatur, wie sie seit gut zehn Jahren über uns hinwegschwappt, fast von selbst zu beantworten. Kaum ein Monat vergeht, ohne daß allein im deutschen Sprachraum eine Monographie erscheint, die sich dem Staatsrechtslehrer (1888-1985) und seinem Werk widmet; von unzähligen Aufsätzen und Zeitungsartikeln ganz zu schweigen. Aber auch auf internationalem Parkett — in Italien, Spanien, Frankreich, Japan, Korea und vielen anderen Ländern — ist die Carl-Schmitt-Debatte in vollem Gange, und seine Schriften werden in viele Landessprachen übertragen. Dabei kommt ihm, dem katholischen Intellektuellen und Rechtsprofessor, der in der Weimarer Republik einen kometenhaften akademischen Aufstieg erlebt hatte und sich auf dem Höhepunkt seiner Karriere — für viele unbegreiflich— im Mai 1933 auf einmal dem Nationalsozialismus verschrieb, wie wohl nur noch seinem Freund Ernst Jünger das zweifelhafte Prädikat des „Umstrittenen“ zu.
Dennoch oder wahrscheinlich gerade auch deshalb ist die Diskussion um Schmitts Werk, die freilich schon in den frühen zwanziger Jahren eingesetzt hatte, nie ganz abgeebbt. Seine Thesen, Begriffe, Formulierungen waren aus dem kollektiven Gedächtnis der Juristen, Philosophen, Soziologen und Politiker nicht zu streichen, obwohl er nach 1945 keine Lehrkanzel mehr erhielt und nur selten noch der „Sicherheit des Schweigens“ (D. van Laak) in seinem Domizil in Plettenberg (Westfalen) entrissen wurde. Seit den achtziger Jahren und vor allem nach der Epochenzäsur 1989 lebt die Diskussion wieder voll auf.
Und es sind nun zunehmend auch Theologen, die sich mit Schmitts Gedanken auseinandersetzen. Hat er doch schon in seinen frühesten Werken immer wieder den Blick auf die Kirche und ihre Theologie geworfen und für seine staatstheoretischen und rechtsphilosophischen Erwägungen fruchtbar gemacht. 1922 veröffentlicht Schmitt einen broschürenartigen Essay unter dem Titel „Politische Theologie“, ein Jahr später die Studie „Römischer Katholizismus und politische Form“.
„Politische Theologie“? Diesen Begriff kannte man seit den sechziger Jahren von J. B. Metz her; offenbar war er also nicht der Schöpfer dieses Begriffs. Wer und was aber verbirgt sich dann hinter dem ,Original’?
Dieser Frage soll in der vorliegenden Arbeit nachgegangen werden. Wenn ein Jurist ein Werk mit einem solchen Titel schreibt, noch dazu 48 (!) Jahre später eine „Politische Theologie II“ nachreicht, und beide Werke (neben anderen) in mehreren wissenschaftlichen Disziplinen ,heiß’ diskutiert werden, dann kann dies den Theologen, zumal den Fundamentaltheologen, nicht unberührt lassen. Persönlich kommt hinzu, daß ich mit Schmitt bereits von meinem rechtswissenschaftlichen Studium her vertraut bin und so in meiner theologischen Abschlußarbeit Kenntnisse und Zugangsweisen aus beiden Fächern zusammenführen kann.
Die Arbeit ist nicht von dem Interesse geleitet, Schmitts Politische Theologie theologisch zu „verwerten“. Sie soll vielmehr zunächst in einem ersten Hauptteil vorgestellt werden; dazu ist es erforderlich, die Schrift von 1922 in den Gesamtkontext dessen zu bringen, was Schmitts Politische Theologie im ganzen ausmacht.
Im zweiten Hauptteil der Arbeit wird der Versuch einer Systematisierung der Kritik an Carl Schmitts Politischer Theologie unternommen. Da die Rezeption in mehreren Disziplinen der Wissenschaft schon seit Jahrzehnten andauert und die verschiedensten Interpretationen hervorgebracht hat, vermag das Herausarbeiten von hauptsächlichen Lesarten etwas Ordnung in das Chaos zu bringen. Der jeweiligen Darstellung folgt sogleich eine kritische Würdigung dieser Lesarten. Daraus dürfte sich ein Bild von Carl Schmitts Politischer Theologie und ihrer Kritik ergeben.
Dieses soll am Ende anhand der Hauptthese der „Politischen Theologie“ festgehalten werden.
B. Die politische Theologie im Kontext der Lehre von der Souveränität
Mit dem Titel „Politische Theologie“ überschrieb Schmitt das dritte Kapitel seines Aufsatzes „Soziologie des Souveränitätsbegriffes und politische Theologie“ in der Erinnerungsgabe für Max Weber[1]. Die ursprünglich selbständige Abhandlung über de Joseph Marie Comte de Maistre, Louis Gabriel Ambroise Vicomte de Bonald und Juan Donoso Cortés Marqués de Valdegamas[2] ist erst später als viertes Kapitel zur nunmehr maßgeblichen Schrift „Politische Theologie. Vier Kapitel zur Lehre von der Souveränität“[3] kompiliert worden. Bereits dieser formale Aspekt zeigt, daß Schmitt politische Theologie im Kontext einer soziologisch ausgerichteten Erörterung des ― juristischen ― Souveränitätsproblems verankert. Politische Theologie bewegt sich somit im Beziehungsgeflecht von Politik, Theologie, Soziologie und Jurisprudenz. Die „Reinheit“ der Disziplinen will Schmitt, wie wir noch sehen werden, bewußt durchbrechen.
I. Begriff und Problem der Souveränität
Im ersten Kapitel der „Politischen Theologie“ wendet sich Schmitt gegen die lehrbuchartige Gewohnheit der Staatsrechtler, Souveränität mit Hilfe eines „abstrakte(n) Schema(s)“ zu definieren. Der Souveränität als einem „Grenzbegriff“, einem „Begriff der äußersten Sphäre“, glaubt Schmitt allein im Hinblick auf seine „konkrete Anwendung“ gerecht werden zu können. Deshalb setzt er an den Anfang seine Traktates den apodiktischen, berühmt gewordenen Satz: „Souverän ist, wer über den Ausnahmezustand entscheidet.“[4]
Offen bleibt ¾ und hier zeigt sich bereits Schmitts Vorliebe für vieldeutige, schillernde Formulierungen ¾ , ob mit „Souverän“ der gewählte oder eingesetzte Repräsentant des Staates oder eine gar illegale (aber womöglich legitime) Machtinstanz gemeint ist; das Wort kann aber auch adjektivisch aufgefaßt werden, womit die Aussage eine noch grundsätzlichere, über den staatsrechtlichen Souveränitätsbegriff hinausgehende Konnotation erhielte. Souveränität erweist sich nach Schmitt jedenfalls nicht am Normalfall, sondern am „Ausnahmezustand“.
Darunter versteht er nicht schon jede Notverordnung, jede politische Notstandsmaßnahme[5] oder jeden Belagerungszustand[6], sondern ¾ als einen allgemeinen staatsrechtlichen Begriff ¾ die prinzipiell unbegrenzte Befugnis zur Suspension der gesamten bestehenden Ordnung[7]. Diese Befugnis umfaßt sowohl die Feststellung, daß ein außerhalb der Rechtsordnung stehender Notfall vorliegt, als auch die Festlegung dessen, wie dieser zu beseitigen ist. In dieser zweifachen Kompetenz ist das Handlungssubjekt vollkommen frei, weil die Extremsituation zwar abstrakt als ein „Fall äußerster Not, Gefährdung der Existenz des Staates oder dergleichen“ ausgedrückt, nicht aber in einen konkreten legislatorischen Tatbestand gefaßt werden kann. Die Verfassung kann allenfalls bestimmen, wer handeln soll; eine Garantie, daß gehandelt wird, oder daß nicht ein anderer handelt, gibt es freilich nicht; das liegt in der Konsequenz des Schmittschen Gedankens.
Die „absolute Ausnahme“ ist juristisch-rational nicht restlos begründbar. Deshalb ist die Entscheidung über die Ausnahme Entscheidung „im eminenten Sinne“, also ein Akt völliger Freiheit; Voraussetzung und Inhalt der Kompetenz sind unbegrenzt[8]. Sie zielt auf die Wiederherstellung der Ordnung als einer Bedingung der Geltungskraft der Rechts ordnung. „Es muß eine normale Situation geschaffen werden, und souverän ist derjenige, der definitiv darüber entscheidet, ob dieser Zustand wirklich herrscht.“[9]
Mit Hilfe dieser Definition glaubt Schmitt, das Wesen der Souveränität erfassen zu können. Er erblickt in ihr das Substrat sowohl der Souveränitätslehre Jean Bodins als auch der Juristen des 16. und der Naturrechtslehrer (insbesondere Samuel Pufendorf) des 17. Jahrhunderts. Nach Schmitt ging es
¾ auch in der Verfassungskontroverse über die Souveränität der Einzelstaaten gegenüber dem Deutschen Reich von 1871 und in der Diskussion um den Art. 48 WRV ¾ immer um die Frage nach dem Subjekt der absoluten Entscheidung, also darum, „wer für den Fall zuständig sein sollte, für den keine Zuständigkeit vorgesehen war“. Schmitts rechtspolitische Bewertung dieser Auseinandersetzungen mündet in der These: „Alle Tendenzen der modernen rechtsstaatlichen Entwicklung gehen dahin, den Souverän in diesem Sinne zu beseitigen.“[10] Und er verbindet diese Entwicklung konkret mit den Rechtslehren H. Krabbes und H. Kelsens, auf die er im zweiten Kapitel der „Politischen Theologie“ dann näher eingeht. Ob diese Verdrängungstendenzen gelingen, ist Schmitt zufolge jedoch keine juristische Frage, sondern eine solche des Vertrauens und Hoffens und damit von (geschichts-) philosophischen oder metaphysischen Überzeugungen abhängig.
Den Ausnahmezustand indes möchte Schmitt als dezidiert juristisch zu erörterndes Problem verstanden wissen. Er wendet sich freilich gegen eine „schematische Disjunktion“ von Soziologie und Rechtslehre, von Faktizität und Normativität. Die Rechtsordnung beruht wie jede Ordnung wesentlich auf Entscheidung und nicht auf Norm[11]. Ordnung und Entscheidung dürfen nicht aus dem „Rahmen des Juristischen“ herausgelöst werden, auch wenn im Ausnahmefall die Entscheidung die Norm vernichtet und der Staat (die Ordnung) das Recht zurückdrängt. Denn in der Ausnahme offenbart sich die Entscheidung als „spezifisch-juristisches Formelement ... in absoluter Reinheit“, weil sie ja erst die Situation schafft, in der Rechtssätze gelten können[12]. Für die juristische Heuristik ist der Normalzustand wertlos, denn: „Das Normale beweist nichts, die Ausnahme beweist alles; sie bestätigt nicht nur die Regel, die Regel lebt überhaupt nur von der Ausnahme. In der Ausnahme durchbricht die Kraft des wirklichen Lebens die Kruste einer in Wiederholung erstarrten Mechanik.“[13] Hier sieht sich Schmitt von Kiergegaard[14] bestätigt.
II. Souveränität als Problem der Rechtsform und der Entscheidung
Kapitel 2 der „Politischen Theologie“ enthält eine eingehende Betrachtung der Umgestaltung des Souveränitätsbegriffs „unter dem Eindruck politischer Ereignisse und Änderungen“. Von allen juristischen Begriffen, so Schmitts These, ist der der Souveränität am meisten von aktuellen Interessen beherrscht[15]. Als Merkmal der gesamten neuzeitlichen Entwicklung der Souveränitätslehre von Bodin bis Kelsen diagnostiziert Schmitt eine ständige, wenn auch variierende Wiederholung der alten abstrakten Definition der Souveränität als „höchste, rechtlich unabhängige, nicht abgeleitete Macht“. Die bloße Formel- bzw. Signalhaftigkeit dieser Definition birgt in sich die Gefahr der Vieldeutigkeit und Funktionalisierung durch die verschiedenen politischen Interessen. Sie hat zu sehr tautologischen Charakter, um die Wirklichkeit verläßlich abbilden zu können: „Eine unwiderstehliche, mit naturgesetzlicher Sicherheit funktionierende höchste, das heißt größte Macht gibt es in der politischen Wirklichkeit nicht; die Macht beweist nichts für das Recht“[16].
Das Grundproblem der Definition besteht also in der Verknüpfung von faktischer und rechtlicher höchster Macht; hier will Schmitt „durch die Präzisierung des juristisch Wesentlichen“ Abhilfe schaffen. Dadurch gerät er in Opposition zu Krabbe und Kelsen, die er als die modernen Hauptverantwortlichen dieser von ihm kritisierten Entwicklung der Rechts- und Souveränitätslehre ausmacht. An Kelsen moniert er ein „simplistisches Entweder-Oder“ von Soziologie und Jurisprudenz, von Sein und Sollen, das Konstrukt eines angeblich „rein“ normativen Rechts- und Staatsbegriffs ohne jede Anknüpfung an „irgendeine Realität oder ein Gedachtes neben und außer der Rechtsordnung“[17].
Der Staat ist nach Kelsens Theorie, so Schmitt, ein „System von Zurechnungen auf einen letzten Zurechnungspunkt und eine letzte Grundnorm“, ja er ist der Endpunkt der Zurechnung selbst, „der Punkt, an dem die Zurechnungen, die das Wesen der juristischen Betrachtung sind, ,haltmachen können’“. Damit ist der Staat ein System von delegierten Normen, deren Geltung jeweils wieder von anderen Normen abhängt; deshalb ist der Staat mit der „Einheit“ der Rechtsordnung identisch und diese wiederum mit der Verfassung des Staates als einheitlicher Grundnorm[18].
Für eine souverän entscheidende Person oder einen „soziologisch-psychologischen Machtkomplex“ ist in dieser Normrelationalität kein Platz mehr: „Der Souveränitätsbegriff muß radikal verdrängt werden“, zitiert Schmitt seinen Kollegen Kelsen und erkennt darin die „alte liberale Negierung des Staates gegenüber dem Recht und die Ignorierung des selbständigen Problems der Rechtsverwirklichung“. Auf der einen Seite die „Einheit“ und „Reinheit“ des Rechts zu betonen und auf der anderen Seite jeden überpositiven Geltungsgrund abzulehnen muß aus Schmitts Sicht nicht nur widersprüchlich erscheinen, sondern als „monistische Metaphysik“ und „mathematische Mythologie“, als unbewiesenes Postulat qualifiziert werden, das „die eigentliche Schwierigkeit mit großem Nachdruck ignoriert und aus formalen Gründen alles, was sich der Systematik widersetzt, als unrein“ eliminiert[19].
Die liberale Verdrängung des Staates stellt für Schmitt die „gemeinsame, weltanschauungsmäßige Wurzel“ der Lehren Kelsens und Krabbes dar. Sie geschieht bei Krabbe durch eine Spiritualisierung der persönlichen Gewalt (König, Obrigkeit) zu „geistigen Kräften“, als die er die „Herrschaft von Normen“ begreift[20]. Die Quelle der Rechtsordnung bildet dabei das „Rechtsgefühl und Rechtsbewußtsein der Volksgenossen“ als der einzigen Grundlage mit „Wirklichkeitswert“. Der Staat hat lediglich die Aufgabe, den „Rechtswert“ der im Rechtsbewußtsein verankerten Interessen festzustellen; auf den Inhalt des Rechts hat er keinen Einfluß[21]. Nach Schmitts Darstellung beschränkt Krabbe den Staat in doppelter Weise: zum einen durch die Reduzierung legitimer Macht auf die im Recht kodifizierte, zum anderen durch die bloß deklaratorische Funktion, die er dem Staat bei der Produktion des Rechts zubilligt[22].
Hierin sieht Schmitt wiederum Übereinstimmungen mit der „Genossenschaftstheorie“ (H. Preuß, O. v. Gierke, K. Wolzendorff), wonach nicht der Staat die letzte Rechtsquelle ist, sondern das beauftragte Volksorgan. Der Staat drückt dem sich äußernden Rechtsbewußtsein des Volkes lediglich „das letzte formelle Siegel“ (v. Gierke) auf, indem er dem vorgegebenen Rechtsinhalt die äußere Form des Gesetzes verleiht[23]. Aufgrund der bloßen Ordnungs- und Hüterfunktion des Staates (Wolzendorff) kann er mit dem Souveränitätsgedanken nicht mehr in Verbindung gebracht werden[24]. Wolzendorffs Rede vom Staat als „letztentscheidenden Garanten“ birgt gemäß Schmitts Auffassung die Gefahr in sich, in eine autoritäre Staatstheorie zu münden. Denn durch die Verselbständigung dieser scheinbar nur äußerlichen Garantiefunktion des Staates kann eine „Form im substanziellen (sic!) Sinne“ mit konstitutivem „Eigenwert“ entstehen, so daß der Staat zur bestimmenden „Form im Sinne einer Lebensgestaltung“ umschlägt[25].
Dieser Gedanke gibt Schmitt die Gelegenheit, auf den Formbegriff einzugehen, wobei er eine unheilvolle Verwirrung im soziologischen und juristischen Diskurs konstatiert. Gegenüber dem klassischen aristotelischen Formbegriff, der mit Hilfe des Begriffs deliberare (im Gegensatz zu dem auf „technische Formierung“ zielenden agere) der Herausbildung einer Rechts form zugänglich ist, in welcher Rechtsidee und (konkrete) Rechtsverwirklichung miteinander verknüpft sind[26], unterscheidet er in der Rechtssoziologie Webers drei Formbegriffe: Form als „transzendentale ,Bedingung’ juristischen Erkennens“ (durch begriffliche Präzisierung des Rechtsinhaltes), Form als Rationalisierung (Professionalisierung) und, darin übergehend, Form als Funktion (technische Vervollkommnung) eines möglichst reibungslosen Rechtsverkehrs[27]. Wenigstens der letztere Formbegriff trifft das spezifisch „Justizförmige“ nicht mehr: „Der militärische Befehl wird in seiner Präzision einem technischen, nicht einem Rechtsideal gerecht.“[28]
Insgesamt konstatiert Schmitt in der modernen Staatslehre die Tendenz, die Form vom Subjektiven ins Objektive zu verlegen, wobei in der Staatslehre Kelsens, Preuß’ und Krabbes das „Objektive“ darin besteht, alles Personalistische zu verdrängen und die Rechtsordnung als abstraktes, „rein“ normatives System zu konstruieren[29]. Schmitt zufolge verkennen sie, „daß die Persönlichkeitsvorstellung und ihr Zusammenhang mit der formalen Autorität einem spezifisch juristischen Interesse entsprungen ist, nämlich einem besonders klaren Bewußtsein dessen, was das Wesen der rechtlichen Entscheidung ausmacht.“[30]
Mit dieser Aussage ist Schmitt an den Ausgangspunkt des ersten Kapitels der „Politischen Theologie“, zur Frage der Entscheidung über den Ausnahmezustand, zurückgekehrt. Es gibt, wie er nun resümiert, keine „in ihrer Reinheit Wirklichkeit werdende Rechtsidee“. Vielmehr enthält jede „konkrete juristische Entscheidung ein Moment inhaltlicher Indifferenz, weil der juristische Schluß nicht bis zum letzten Rest aus seinen Prämissen ableitbar ist, und der Umstand, daß eine Entscheidung notwendig ist, ein selbständiges determinierendes Moment bleibt ... Daß die Rechtsidee sich nicht aus sich selbst umsetzen kann, ergibt sich schon daraus, daß sie nichts darüber aussagt, wer sie anwenden soll. In jeder Umformung liegt eine auctoritatis interpositio. Eine unterscheidende Bestimmung darüber, welche individuelle Person oder welche konkrete Instanz eine solche Autorität für sich in Anspruch nehmen kann, ist aus der bloßen Rechtsqualität eines Satzes nicht zu entnehmen.“[31] Aus diesem Grund ist der Entscheidungsträger relativ, unter Umständen sogar absolut unabhängig von der Richtigkeit und der Begründung des Entscheidungsinhaltes, jedenfalls im Augenblick der Entscheidung. Der Entscheidung kommt „selbständiger Wert“[32] zu; sie ist, „normativ betrachtet, aus einem Nichts geboren. Die rechtliche Kraft der Dezision ist etwas anderes als das Resultat der Begründung. Es wird nicht mit Hilfe einer Norm zugerechnet, sondern umgekehrt; erst von einem Zurechnungspunkt aus bestimmt sich, was eine Norm und was normative Richtigkeit ist.“[33] Denn die Norm selbst beantwortet nur das Wie einer Entscheidung, nicht aber die Frage: , Quis iudicabit? ’ . Inhaltliche Richtigkeit könnte jeder für sich reklamieren, wenn es keine Letztinstanz gäbe. Es bedarf also zur Feststellung von Richtigkeit einer unableitbaren Kompetenz; der Entscheidungsnorm selbst, d. h. ihrer inhaltlichen Rechtsqualität ist diese Kompetenz jedoch nicht zu entnehmen[34].
Schmitt beschließt das Kapitel mit der Unterscheidung zweier „Typen juristischer Wissenschaftlichkeit“[35], wovon freilich nur ein Typus, der dezisionistische, benannt und beschrieben wird[36]. Paradigmatisch verkörpert sieht er diesen Typus in Thomas Hobbes mit seinen berühmten Antithesen: „Autoritas, non veritas facit legem“ und „For Subjection, Command, Right and Power are accidents, not of Powers but of Persons“. Erstere bringt die dezisionistisch-agnostizistische, letztere die personalistische Komponente des Typus zum Ausdruck. Aus dem „juristisch Konkreten“ der Hobbesschen Disjunktion von Subjekt und Inhalt der Entscheidung und der „Eigenbedeutung“ des Subjekts entsteht nach Schmitts Interpretation die genuin „juristische(n) Form“, die sich von jeder transzendentalen, apersonal-technischen oder ästhetischen Form unterscheidet[37]. Im Problem der Rechtsform wird der Gegensatz von dezisionistischem und normativistischem Typus sehr deutlich.
III. Politische Theologie als Soziologie juristischer Begriffe
Das zentrale Kapitel der Abhandlung Schmitts ist mit dem Titel „Politische Theologie“ überschrieben. Dies weckt beim Leser die Erwartung, der Staatsrechtler werde präzise beschreiben, was er unter politischer Theologie versteht; der Begriff ist in den ersten beiden Kapiteln noch nicht einmal erwähnt worden. Indes, Schmitt gibt auch im dritten Kapitel keine Definition zur Hand. Sein Begriff von politischer Theologie läßt sich daher allenfalls aus dem Gedankengang erschließen.
1. Säkularisierung und Strukturanalogie
Wie schon im ersten Kapitel enthält der erste Satz die Kernthese. Sie betrifft das Verhältnis von Theologie und Staatslehre bzw. Jurisprudenz.: „Alle prägnanten Begriffe der modernen Staatslehre sind säkularisierte theologische Begriffe.“[38] Die These wird aber nicht näher ausgeführt, vielmehr beschränkt sich Schmitt im folgenden zunächst auf Beispiele. Immerhin läßt sich eine Zweigliedrigkeit erkennen. Die Säkularisierung theologischer Begriffe behauptet Schmitt zum einen als entwicklungsgeschichtliche Linie: Aus dem allmächtigen Gott wurde der omnipotente Gesetzgeber. Zum anderen als strukturelle Analogie: Dem Wunder in der Theologie entspricht der Ausnahmezustand in der Jurisprudenz[39].
Erst im Bewußtsein dieser Analogie ¾ und das ist die zweite, übergreifende These Schmitts ¾ „läßt sich die Entwicklung erkennen, welche die staatsphilosophischen Ideen in den letzten Jahrhunderten genommen haben“[40]. Wie mit dem Deismus eine Theologie und Metaphysik aufkommt, die das unmittelbar eingreifende Wunder in Abrede stellt, so setzt sich ¾ zeitgleich ¾ die Idee des modernen Rechtsstaates durch, in dem für den unmittelbaren Eingriff des Souveräns kein Platz mehr ist. Denn der Rationalismus der Aufklärung verwirft den Ausnahmefall „in jeder Form“, weil er mit seinem Totalanspruch alle Bereiche des Lebens, Ideen wie Wirklichkeiten, erfaßt. Der Gestalt- und Bedeutungswandel im Säkularisierungsprozeß vollzieht sich also nicht nur von der Theologie zur Staatslehre (etwa vom allmächtigen Gott zur Idee des allzuständigen Gesetzgebers) hin, sondern er umgreift beide Seiten synchron[41], d. h. es ist auch von einer Säkularisierung innerhalb der Staatsphilosophie auszugehen; ein Aspekt, der bei der Interpretation der These zumeist übersehen wird. Dem Prozeß der Säkularisierung stemmen sich die Theoretiker der Gegenrevolution entgegen, indem sie „mit Analogien aus der theistischen Theologie die persönliche Souveränität des Monarchen zu stützen“ versuchen[42].
Als Gewährsmann des systematischen Analogiedenkens wird uns Leibniz vorgestellt, der von einer similitudo der theologischen und rechtswissenschaftlichen „Fakultät“ spricht[43]. Beider duplex principium ist die scriptura (Heilige Schrift bzw. positives Recht) und die ratio (als Bedingung der Möglichkeit von „natürlicher“ Theologie bzw. Jurisprudenz). Derartige Parallelen zu erkennen ist die Voraussetzung der von Schmitt intendierten „Soziologie juristischer Begriffe“, welche auf die Erweiterung des Erkenntnisfeldes jenseits der Grenzen positivistischer Rechtswissenschaft abzielt. Zu diesem Zweck muß das moderne Staatsrecht auf seine „letzten Begriffe und Argumente“ untersucht werden. Nur so wird erkennbar, daß „an allen Stellen der Staat eingreift, bald wie ein deus ex machina im Wege der positiven Gesetzgebung eine Kontroverse entscheidend, bald als der Gütige und Barmherzige, der durch Begnadigungen und Amnestien seine Überlegenheit über seine eigenen Gesetze beweist“[44].
Schmitt gibt hiermit ein drittes Beispiel der Analogie: Nicht nur entspricht dem Eingreifen Gottes das des Gesetzgebers, sondern auch die göttliche Güte und Barmherzigkeit entsprechen dem speziellen (i. e. Begnadigung) oder allgemeinen staatlichen Gnadenerweis (i. e. Amnestie bzw. Abolition). Gott und Staat sind nicht an sich selbst gebunden, sondern beweisen in der Ausnahme ihre Überlegenheit über ihre eigenen Gesetze.
Für Schmitt liegt auf der Hand: Begrifflich wie argumentativ enthält das moderne Staatsrecht „theologische Reminiszenzen“, und zwar „meistens natürlich in polemischer Absicht“, so daß derartige Reminiszenzen von positivistischer (Kelsen) und organtheoretischer Seite (A. Haenel, H. Preuß) regelmäßig den Vorwurf der (Staats-) „Metaphysik“ und des ,Vertheologisierens’ einhandeln; die Rede von der „alleinigen Herrschergewalt des Staates“ und ähnliche andere Theorien ersetzten die religiöse („Gottesgnadentum“) durch eine juristische Fiktion[45]. Demgegenüber wirft Schmitt Kelsen vor, zwar die methodische Verwandtschaft von Theologie und Jurisprudenz gesehen zu haben, aber aufgrund seiner die Naturgesetzlichkeit mit normativer Gesetzlichkeit identifizierenden, mathematisch-naturwissenschaftlich denkenden „Metaphysik“ über eine Anzahl „diffuser Analogien“ nicht hinausgekommen zu sein. Die Wahrnehmung der „systematischen Analogie“ theologischer und juristischer Begriffe gehört hingegen, so Schmitt, zu einer „konsequenten und radikalen Ideologie“ als einer Voraussetzung der „Soziologie juristischer Begriffe“[46].
2. Berufstypologie (M. Weber) oder Strukturidentität von Staatsbegriff und politischer Wirklichkeit (C. Schmitt)?
Materielle Vorgänge spiritualistisch (als „Folge“ bestimmter Denkungsarten und Weltanschauungen) und geistige Phänomene materialistisch (als „Reflex“ politisch-ökonomischer Verhältnisse) erklären zu wollen, wie dies auf der einen Seite die „politischen Theologen der Restaurationszeit“ und auf der anderen die marxistischen Revolutionäre getan haben, erscheint Schmitt irrational und willkürlich: „Sie (= die beiden Erklärungen; W. Sp.) stellen erst einen Gegensatz zweier Sphären auf und lösen dann, durch die Reduzierung des einen auf das andere, diesen Gegensatz wieder in ein Nichts auf, ein Verfahren, das mit methodischer Notwendigkeit zur Karikatur werden muß.“ Max Webers Methode, aus der „soziologischen ,Eigenart des Personenkreises, der sich berufsmäßig mit der Rechtsgestaltung befaßt’“, Rückschlüsse auf den ideologischen Gehalt des von diesem Kreis verwendeten Begriffsinstrumentariums zu ziehen[47], gesteht Schmitt immerhin psychologischen Erkenntniswert zu: „Ein begriffliches Resultat auf den soziologischen (recte: sozialen; W. Sp.) Träger zurückzuführen, ist Psychologie und Feststellung einer bestimmten Art der Motivation menschlichen Handelns. Das ist allerdings ein soziologisches Problem, aber nicht das der Soziologie eines Begriffes.“ Diese Methode „würde zum Beispiel eine Soziologie des Hegelschen Systems darin finden können, daß man es als die Philosophie des berufsmäßigen Dozenten bezeichnet, dem durch seine ökonomische und soziale Situation ermöglicht wird, sich mit kontemplativer Überlegenheit des absoluten Bewußtseins bewußt zu werden, das heißt seinen Beruf als Dozent der Philosophie auszuüben“. Ein solches „sozial-psychologisches ,Porträt’“ gehört aber eher dem Bereich der „schönen Literatur“ denn einer Soziologie juristischer Begriffe an[48].
Schmitts Auffassung von einer Soziologie juristischer Begriffe will tiefer vordringen. Sie verlangt eine „radikale Begrifflichkeit, das heißt eine bis zum Metaphysischen und zum Theologischen weitergetriebene Konsequenz“. Sie stützt sich darauf, daß „die letzte, radikal systematische Struktur“ juristischer Begrifflichkeit „mit der begrifflichen Verarbeitung der sozialen Struktur einer bestimmten Epoche verglichen wird.“ Schmitt geht es um den Nachweis zweier geistiger, aber substantieller Identitäten, um die „Evidenz“ der Übereinstimmung einer allgemeinen „Bewußtseinslage“ mit der „historisch-politischen Wirklichkeit“ und deren juristisch-begrifflichen Gestaltung[49]. So läßt sich nach Schmitts Überzeugung immer zeigen: „Das metaphysische Bild, das sich ein bestimmtes Zeitalter von der Welt macht, hat dieselbe Struktur wie das, was ihr als Form ihrer politischen Organisation ohne weiteres einleuchtet. Die Feststellung einer solchen Identität ist die Soziologie des Souveränitätsbegriffes.“[50] Denn die Metaphysik ist nach Edward Caird, so Schmitt, der „intensivste und klarste Ausdruck einer Epoche“.
3. Entwicklung des neuzeitlichen Souveränitätsbegriffs bis zur französischen Revolution
Schmitt demonstriert seine These anhand der neuzeitlichen Ausprägungen des Souveränitätsbegriffes, deren gemeinsames Kennzeichen das Denken in Strukturidentitäten ist[51]. Im 17. Jahrhundert wird der Monarch mit Gott identifiziert, so daß ihm im Staat die analoge Stellung zukommt, die Gott im kartesianischen System einnimmt: „Le prince développe toutes les virtualités de l’ État par une sorte de création continuelle. Le prince est le Dieu cartésien transposé dans le monde politique.”, zitiert Schmitt Atger.
Descartes’ „Discours de la méthode” erscheint ihm geradezu als Musterbeispiel rationalistischen Einheitsdenkens. Vollkommen ist danach alles, was nicht mehrere, sondern nur einen Urheber hat; das gilt für die Architektur eines Hauses oder einer Stadt nicht weniger als für die Gesetzgebung, denn es ist ja auch ein einziger Gott, der die Welt regiert. Wie Gott die Naturgesetze geschaffen hat, so schafft der König die Gesetze in seinem Königreich. Ähnlich personalistisch denkt Hobbes die letzte entscheidende Instanz im Staat, welcher selbst wiederum zu einer „ungeheuren Person geradezu ins Mythologische“, zum Leviathan, gesteigert wird. Die Vorstellung vom „législateur“ als einer „Welt- und Staatsbaumeister“-Identität durchzieht, so Schmitt, die ganze Aufklärung bis zur französischen Revolution. „Imiter les décrets immuables de la Divinité“ (Rousseau) bildet für das rationalistische Rechtsdenken des 18. Jahrhunderts das tragende, unmittelbar einleuchtende Prinzip. Es ist vor allem der Souveränitätsbegriff, der durch die „Politisierung theologischer Begriffe“ hergestellt und plausibel gemacht wird.
4. Der Souveränitätsbegriff nach der französischen Revolution
Die Entwicklung des Souveränitätsbegriffes seit der französischen Revolution zeichnet Schmitt als eine Art Verfallsgeschichte. Ideengeschichtlich kommen dabei zwei Umbrüche besonders zum Tragen: das Eindringen des ausschließlich naturwissenschaftlichen Denkens in die politischen Konzeptionen mit der Folge der „Beseitigung aller theistischen und transzendentalen Vorstellungen“ und die Transposition des Subjekts der Souveränität von der Einzelperson zum Volk mit der Folge eines neuen, demokratischen Legitimitätsgedankens[52]. Das dezisionistische und personalistische Element des traditionellen Souveränitätsbegriffes geht ¾ wie überhaupt das wesentlich juristisch-ethische Schema ¾ verloren. Die durch die Entscheidung der absoluten Monarchie vermittelte staatliche Einheit wird durch die organische Einheit des Volkes ersetzt, in der politischen Theologie und Metaphysik des 19. Jahrhunderts dringen nur mehr immanente Vorstellungen vor, und Demokratie wird am Ende dieser Entwicklung zum „Ausdruck relativistischer, unpersönlicher Wissenschaftlichkeit“[53] (Kelsen).
Schmitt verwendet den Begriff „politische Theologie“ an dieser Stelle zum ersten Mal. Wie der Kontext vermuten läßt, bezeichnet er damit alle staatsphilosophischen Grundlegungen, deren Begrifflichkeit aus der Theologie entlehnt ist. „Politische Theologen“ sind für Schmitt zunächst die Schriftsteller der Restaurationszeit, weil sie als erste eine politische Theologie entwickelt haben, um ihre Staatskonzeption transzendent zu untermauern. Nicht weniger sind aber auch Anarchisten wie Pierre Joseph Proudhon und Michail Alexandrowitsch Bakunin politische Theologen. Der Anarchist betreibt politische Theologie aus der Gegnerschaft zum Gottesglauben als dem Fundament des Glaubens an Herrschaft und Einheit heraus, als „Theologe des Anti-Theologischen“[54]. Gemäß der politischen Theologie des Anarchismus tritt infolge seines konsequenten Atheismus und Antitheismus die Menschheit an Gottes Stelle[55]. Und auch die Religionskritik Friedrich Engels’ wird mit dem Zitat: „Das Wesen des Staates wie der Religion ist die Angst der Menschheit vor sich selber“ von Schmitt als politische Theologie gekennzeichnet[56].
Am Ende der staatstheoretischen Entwicklung des 19. Jahrhundert, so Schmitt, wird an allen Fronten der politischen Theologie der traditionelle monarch(ist)ische Legitimationsbegriff verabschiedet. Während sich die positiv(istisch)e Staatslehre nach 1848 auf den pouvoir constituant des Volkes beruft, um sich ihrer Verlegenheit zu entledigen, nimmt der spanische Staatsphilosoph Donoso Cortés die Flucht in den Gedanken der Diktatur, weil er den Royalismus an sein Ende gekommen sieht. Schmitt wertet dies als einen „Vorgang von unermeßlicher Bedeutung“, wenn der Katholik Cortés, der sich „mit großartigem Radikalismus des metaphysischen Kernes aller Politik bewußt war“[57], die überkommene monarchische Legitimitätskonzeption für obsolet erklärt.
Diesen Ausweg hat nach Ansicht Schmitts auch Hobbes genommen, und zwar „aus derselben, wenn auch mit einem mathematischen Relativismus vermischten Konsequenz dezisionistischen Denkens. Autoritas, non veritas facit legem.“ Donoso Cortés indessen verkörpert für Schmitt den reinen Typus des „bis ins letzte Atom juristisch“ argumentierenden, dezisionistischen Denkers. Als solcher mußte er notwendig in Opposition zum vorherrschenden naturwissenschaftlich orientierten Denken des 19. Jahrhunderts geraten.
IV. Die politische Theologie der Gegenrevolution
Das vierte Kapitel der „Politischen Theologie“ widmet sich den Hauptvertretern des von Schmitt beschriebenen Dezisionismus. Neben Donoso Cortés behandelt der Autor die „Gegenrevolutionäre“ de Maistre und de Bonald, aber auch Friedrich Julius (eigentlich: Julius Jolson) Stahl und stellt diese den politischen Theologen des „Antitheologischen“, Proudhon, Bakunin, P. A. Kropotkin und O. Groß, entgegen. Wie schon in seinem Buch „Politische Romantik“ von 1919 setzt er die Theoretiker der Gegenrevolution von Novalis, Adam Müller, Schelling und anderen deutschen Romantikern ab, deren staatsphilosophische Übereinstimmung mit liberalen Kräften darin besteht, politische Gegensätze im „ewige(n) Gespräch“ aufzuheben anstatt sie zu einer definitiven Entscheidung zu führen[58].
Nach Schmitts Darstellung bedeutet für de Bonald, den Begründer des Traditionalismus, Tradition die „einzige Möglichkeit, den Inhalt zu gewinnen, den der metaphysische Glaube des Menschen akzeptieren kann, weil der Verstand des Einzelnen zu schwach und elend ist, um von sich aus die Wahrheit zu erkennen.“ Sein Bild von der Menschheit, das als eine Herde von Blinden von einem sich an einem Stock weitertastenden Blinden durch die Geschichte geführt wird, steht im denkbar größten Kontrast zum einem auf „Synthese“ vertrauenden Geschichtsglauben nach der Art Schellings, Müllers oder Hegels. Bei seinen Antithesen und Distinktionen handelt es sich um „moralische Disjunktionen“, um „Gegensätze von Gut und Böse, Gott und Teufel“, nicht um bloße „Polaritäten“.
De Maistre spitzt die Souveränität ganz auf Entscheidung zu[59]. Die Bedeutung des Staates liegt darin, daß er ¾ analog zur Kirche¾ eine Entscheidung trifft, deren Verbindlichkeit der päpstlichen Infallibilität gleichkommt; Infallibilität und Souveränität sind „parfaitement synonymes“. Das wichtigste an jeder Regierung ist, daß sie überhaupt existiert; denn bereits die schiere Existenz verdankt sich einer Entscheidung, und diese ist schon deshalb „wertvoll“, weil es „gerade in den wichtigsten Dingen wichtiger ist, daß entschieden werde, als wie entscheiden wird“[60] ; Hauptsache, die Entscheidung ist inappellabel.
Im Vergleich zu de Maistre erkennt Schmitt in der gegenrevolutionären Staatsphilosophie Donosos nochmals eine „radikale Steigerung“, die dem tiefergehenden Radikalismus der „proletarischen Revolution von 1848“ gegenüber der des „dritten Standes von 1789“ entspricht. Schmitt beschreibt sie als eine Entwicklung von der Legitimität zur Diktatur[61]. Erkennbar wird die Radikalisierung an der entschiedeneren Stellung zur Natur des Menschen, die jeder politischen Idee notwendig innewohnt. Jede politische Idee „setzt voraus, daß er (= der Mensch; W. Sp.) entweder ,von Natur gut’ oder ,von Natur böse’ ist. Mit pädagogischen oder ökonomischen Erklärungen kann man der Frage nur scheinbar ausweichen.“ Gilt der Mensch in der Sicht der Aufklärung als „von Natur dumm und roh, aber erziehbar“, ist er „für die bewußt atheistischen Anarchisten ... entschieden gut und alles Böse die Folge theologischen Denkens und seiner Derivate, zu denen alle Vorstellungen von Autorität, Staat und Obrigkeit gehören“.
Schmitt versucht hier, seine These von der Säkularisierung[62] auch von der politischen Anthropologie des Anarchismus her zu erhellen. Donoso Cortés vertritt genau das Gegenteil. Bei ihm ist das katholische Dogma von der Erbsünde über die tridentinische Formulierung hinaus „polemisch radikalisiert“, der Mensch daher von Natur aus böse und nichtswürdig. Diese Auffassung unterscheidet sich nach Schmitts Urteil von der lutherischen nur noch dadurch, daß sich der Lutheraner „jeder Obrigkeit beugt“, während der Spanier „die selbstbewußte Größe eines geistigen Nachfahren von Großinquisitoren“ behält. Zu dieser pessimistischen Anthropologie gelangt Cortés durch eine „religiöse und politische Entscheidung von ungeheurer Aktualität“, die gezielt gegen das atheistisch-anarchistische Dogma von der Gutheit des Menschen gerichtet ist; er spricht demnach „aγwnikωV und nicht docmatikwV“[63], meint Schmitt.
Auch wenn der Pessimismus Donosos vom Feind her bestimmt ist, so findet Schmitt ihn jedenfalls erschreckend; Donosos Verzweiflung über die Verdorbenheit des Menschen bewegt sich am Rande des Wahnsinns. „Wäre Gott nicht Mensch geworden ¾ das Reptil, das mein Fuß zertritt, wäre weniger verächtlich als ein Mensch“, wird der Spanier zitiert. Es ist der Katholizismus, der ihn vor dem Schlimmsten bewahrt. Dieser aber befindet sich in einer apokalyptischen Entscheidungsschlacht mit dem atheistischen Sozialismus.
Angesichts dieses Kampfes sich der Entscheidung zu enthalten hält Donoso Cortés für das Wesen des Liberalismus. Die Bourgeoisie erweist sich als „una clasa discutadora. Damit ist sie gerichtet“.
Der „liberale Konstitutionalismus“ bzw. „konstitutionelle Liberalismus“ verstrickt sich in Widersprüche und Inkonsequenzen, weil er einerseits den König als Repräsentanten behalten, andererseits ihn mit Hilfe der Verfassung seiner Souveränität berauben will. Eine solche Staatstheorie findet ihre „fruchtbare Parallele“ in der deistischen Metaphysik, die Gott zwar ein Existenz-, aber kein Eingriffsrecht in die Geschicke der Welt einräumt. Diese Aporien als Ausdruck „alles Lebendigen“ (Lorenz von Stein) ausgeben und damit harmonisieren zu wollen ruft bei Revolutionären wie Gegenrevolutionären das gleiche Unverständnis, ja die gleiche Verachtung hervor[64].
„Jener Liberalismus mit seinen Inkonsequenzen und Kompromissen lebt für Cortes nur in dem kurzen Interim, in dem es möglich ist, auf die Frage: Christus oder Barrabas, mit einem Vertagungsantrag oder der Einsetzung einer Untersuchungskommission zu antworten. Eine solche Haltung ist nicht zufällig, sondern in der liberalen Metaphysik begründet.“
Nach Cortés/Schmitt besteht nämlich „ihre Religion in Rede- und Preßfreiheit“, und auch die ökonomischen Postulate der Liberalen (Handels- und Gewerbefreiheit) sind ideengeschichtlich „nur Derivate eines metaphysischen Kerns“[65]. Für Schmitt steht fest, daß der Spanier „in seiner radikalen Geistigkeit immer nur die Theologie des Gegners“ gesehen hat, was nicht mit Theologisieren zu verwechseln ist.
Aus dem Gegensatz zur liberalistischen Tendenz, die metaphysische Wahrheit in eine Diskussion aufzulösen, und der Apokalyptik seines politischen Denkens kommt Donoso Cortés auf den Gedanken der Diktatur[66]. Das Moment der Dezision wird von den Gegenrevolutionären so weit zugespitzt, daß es „schließlich den Gedanken der Legitimität, von dem sie ausgegangen sind, aufhebt“. Der Staat reduziert sich bei de Maistre auf eine „reine, nicht räsonnierende und nicht diskutierende, sich nicht rechtfertigende, also aus dem Nichts geschaffene absolute Entscheidung. Das aber ist wesentlich Diktatur, nicht Legitimität.“[67]
Ebenso verwirft Donoso Cortés im Augenblick des Untergangs (auch der konsitutionellen) Monarchie[68] jeden restaurativen Legitimationsversuch der Erbmonarchie und votiert für politische Diktatur. Aus der gemeinsamen Erkenntnis, daß „jede Regierung ... notwendig absolut“, d. h. „jede Regierung Diktatur ist“, ziehen Revolutionäre und Gegenrevolutionäre völlig entgegengesetzte Konsequenzen: Erstere verwerfen und bekämpfen sie, letztere fordern und setzen sie ein. Dahinter steckt die Antagonie ihrer Anthropologien. So wird Bakunin „theoretisch der Theologe des Antitheologischen und in der Praxis der Diktator einer Anti-Diktatur“[69] ; eine Paradoxie, die den „Kern der politischen Idee, die anspruchsvolle moralische Entscheidung“[70], welche auch Bakunins Entscheidung gegen die Entscheidung impliziert, deutlich werden läßt. Darin kommen Anarchismus und Gegenrevolution überein, daß beide den liberalistischen „Kampf gegen das Politische“[71] nicht mitmachen, also den Kern des Politischen nicht umgehen.
C. Die „Politische Theologie“ im Kontext der Frühschriften von 1919 bis 1927
Nachdem die Grundzüge der „Politischen Theologie“ von 1922 dargestellt worden sind, gilt es im folgenden, ihre Stellung im Kontext der frühen Arbeiten Schmitts zu klären. Fast alle Interpreten begreifen die Schrift als
¾ ,programmatischen’ ¾ Teil eines Ganzen, das „die“ Politische Theologie Schmitts ausmacht. Der Autor selbst hat im Jahre 1970 angesichts einer fast 48 Jahre währenden Rezeption und Kritik seines Essays auf „einen zeitlichen, stofflichen und systematischen Zusammenhang“ mit den Arbeiten der Jahre 1919-1927 hingewiesen[72]. Dieser Zusammenhang soll nun hergestellt werden. Daraus ergibt sich ein Gesamtbild dessen, was Schmitt unter Politischer Theologie[73] verstanden hat. Freilich können die Schriften, die um den zentralen, im Rahmen der vorliegenden Arbeit näher zu untersuchenden Text von 1922 (in der Fassung von 1934) herum gruppiert sind, nur skizzenhaft vorgestellt werden. Es geht darum, die trotz der unterschiedlichen Themenstellungen wahrnehmbaren Verbindungslinien aufzuzeigen, die zur Monographie „Politische Theologie“ hin- und von ihr wegführen.
I. Okkasionalismus und bürgerliche Sekurität: „Politische Romantik“ (1919)
Die zu Beginn des vierten Kapitels der „Politischen Theologie“ vorgetragene Korrektur der in Deutschland üblichen Gepflogenheit, die Theoretiker der Gegenrevolution der Romantik zuzuordnen, hat Schmitt in seinem Werk „Politische Romantik“in extenso durchgeführt. Wer nicht „bedingungslos die Gegenwart für besser, freiheitlicher und fortschrittlicher“[74] hält als die Vergangenheit, wird nach diesem Denkschema automatisch auf die Seite der Romantiker geschlagen, was im Falle der Gegenrevolutionäre schon deshalb nicht stimmen kann, weil sie das „,Monstrum mit den drei Köpfen’: Reformation, Revolution und Romantik“[75] bekämpft haben.
Ebensowenig bestimmt sich nach Schmitt Romantik aus dem bloßen Gegensatz zu Rationalismus und Aufklärung, da man dann die katholische Kirche, „diesen Wunderbau christlicher Ordnung und Disziplin, dogmatischer Klarheit und präziser Moral, ebenfalls für romantisch zu erklären und im romantischen Pantheon neben allen möglichen Genies, Sekten und Bewegungen auch noch das Bild des Katholizismus aufzustellen“ hätte[76]. Katholische Kirche und Romantik schließen sich gegenseitig aus: „Denn sooft die katholische Kirche das Objekt romantischen Interesses war, und sooft sie auch romantische Tendenzen in ihren Dienst zu stellen wußte, sie selbst ist nie, sowenig wie irgendeine Weltmacht, Subjekt und Träger einer Romantik gewesen.“[77]
Was die Romantik auszeichnet, ist ihr „subjektivierter Occasionalismus, d. h. im Romantischen behandelt das romantische Subjekt die Welt als Anlaß und Gelegenheit seiner romantischen Subjektivität“[78]. Die romantische Haltung besteht darin, „sich zwischen mehreren Realitäten zu reservieren“[79], einer Entscheidung auszuweichen, „nicht Partei [zu] ergreifen, wie das jeder tun muß, der von gut und böse im moralischen Sinne spricht und Recht von Unrecht unterscheidet“[80], sondern statt dessen „das höhere, alle Gegensätze in harmonischer Einheit auflösende subjektivierte Dritte“[81] zu suchen.
Als „Typus politischer Romantik in seltener Reinheit“[82] wird uns der konservative katholische Konvertit Adam Müller vorgesellt, an dessen Vorlesungen über „Die Elemente der Staatskunst“ (1809) Schmitt kein gutes Haar läßt[83]. Romantiker wie Müller können, so Schmitt, nur deshalb in der katholischen Kirche Platz finden, weil sie den Ertrag einer tausendjährigen theologisch-begrifflichen Anstrengung ernten, ohne sich „in die mühselige und undankbare Arbeit dogmatischer Untersuchungen einzulassen“; sie „gebrauchen ... jetzt, wie sie früher naturphilosophische Termini verwendeten, Worte wie Gnade, Erbsünde und Offenbarung als kostbare Behälter, in welche das romantische Erlebnis sich ergießt“[84].
Die Bewunderung, mit der Schmitt schon in seinen frühesten Werken[85] von der ¾ römisch -katholischen ¾ Kirche spricht, setzt sich in der „Politischen Romantik“ fort. Sie gilt dem klassischen Form- und Hierarchieprinzip der lateinischen Kirche, das sie zur Entscheidung befähigt. Diese Kirche bildet einen Kontrast zur politischen Romantik, die „psychologisch und historisch ein Produkt bürgerlicher Sekurität“[86] ist. Es ist daher ein bürgerlich-konservatives Mißverständnis, „Männer wie Burke, de Maistre und Bonald mit Adam Müller und Friedrich Schlegel unter dieselbe Kategorie politischer Geistigkeit“ zu bringen[87]. Zum Kampf gegen den Liberalismus taugen die Romantiker nicht, weil sie wie dieser in der Unentschiedenheit des „ewigen Gesprächs“ verharren.
Schmitt hat zentrale Motive der „Politischen Romantik“ in der „Politischen Theologie“ von 1922 wieder aufgegriffen und radikalisiert. Hugo Ball vergleicht deshalb das Verhältnis der beiden Monographien mit dem zwischen Kants ,Kritik der reinen Vernunft’ und der ,Kritik der praktischen Vernunft’, und zwar „nicht nur, weil die Titel Kongruenzen ausweisen. Letzten Endes war die ganze Untersuchung in ,Politische Romantik’ nur unternommen, um die großen politischen Theologen Burke, Bonald und de Maistre vor einer Verwechslung mit Talmipolitikern und Adapteuren wie Adam Müller und Fr. Schlegel zu schützen“[88].
II. Rechtsnorm versus Rechtsverwirklichungsnorm: „Die Diktatur ¾ von den Anfängen des modernen Souveränitätsgedankens bis zum proletarischen Klassenkampf (1921)
Wie bereits der volle Titel der rechtshistorisch und staatstheoretisch angelegten Studie zeigt, verhandelt Schmitt das vielschichtige Phänomen der Diktatur im Zusammenhang mit der Entwicklung des Souveränitätsgedankens der Moderne. Während bereits das bloße Wort „Diktatur“ vor dem historischen Hintergrund der Jahre 1933-1945 und im heutigen Umfeld einer demokratiegewöhnten Kultur negative Assoziationen auslöst, erschien die Diktatur in der Weimarer Republik, auch in katholischen Kreisen[89], als eine durchaus optionale Staatsform, zumal wenn sie als ein zeitlich begrenztes Herrschaftsinstitut verstanden wurde, das um der (demokratischen) Verfassung willen auf seine eigene Ablösung hinwirkte.
Diktatur ist für Schmitt „die Herrschaft eines ausschließlich an der Bewirkung eines konkreten Erfolges interessierten Verfahrens, die Beseitigung der dem Recht wesentlichen Rücksicht auf den entgegenstehenden Willen eines Rechtssubjekts, wenn dieser Wille dem Erfolg hinderlich im Wege steht; demnach die Entfesselung des Zweckes vom Recht“[90]. Der Sinn und Zweck der Diktatur aber besteht darin, die Verfassung als ein Ganzes zu sichern[91].
„Eine Diktatur, die sich nicht abhängig macht von dem einer normativen Vorstellung entsprechenden, aber konkret herbeizuführenden Erfolg, die demnach nicht den Zweck hat, sich selbst überflüssig zu machen, ist ein beliebiger Despotismus.“[92] Dieser Zweck wird in beiden möglichen Varianten von Diktatur verfolgt: „Die kommissarische Diktatur hebt die Verfassung in concreto auf, um dieselbe Verfassung in ihrem konkreten Bestand zu schützen.“[93]
Die souveräne Diktatur „suspendiert nicht eine bestehende Verfassung kraft eines in dieser begründeten, also verfassungsmäßigen Rechts, sondern sucht einen Zustand zu schaffen, um eine Verfassung zu ermöglichen, die sie als wahre Verfassung ansieht. Sie beruft sich also nicht auf eine bestehende, sondern auf eine herbeizuführende Verfassung“[94]. Immer wird gerade diejenige Norm negiert, „deren Herrschaft durch die Diktatur in der geschichtlich-politischen Wirklichkeit gesichert werden soll. ... Rechtsphilosophisch liegt ... das Wesen der Diktatur ... in der allgemeinen Möglichkeit einer Trennung von Normen des Rechts und Normen der Rechtsverwirklichung.“[95]
Diese bereits in seiner Habilitationsschrift vorgenommene Unterscheidung[96] gibt Schmitt nun die Möglichkeit, das Hauptaugenmerk auf die Aufgabe der Rechtsverwirklichung zu legen und personalistisch zuzuspitzen: In „Der Wert des Staates“ war es noch allgemein der Staat, dem diese Aufgabe zukam; in der Schrift über die „Diktatur“ ist es der Diktator, der eine verbindliche Entscheidung trifft und Recht realisiert. Legitimiert ist die Diktatur dadurch, „daß sie das Recht zwar ignoriert, aber nur um es zu verwirklichen“[97]. Dies ist nicht der Punkt, wo das Recht zurücktritt, weil die „rettende Tat der Staatsgewalt“ (Jhering) in Politik und Geschichte umschlägt, sondern der Punkt, „an dem das Recht seine wahre Natur offenbart“[98] ; und dieser Punkt heißt „Ausnahmezustand“!
Wie schon in der „Politischen Romantik“ ist es die Hierarchie der römischen Kirche, repräsentiert und personalisiert durch die plenitudo potestatis, die „universale Kompetenz des Papstes“[99], die (seit Innozenz III.) als Vorbild einer souveränen Aufhebung der bestehenden Ordnung zum Zwecke „einer großen reformatio, einer Umgestaltung der gesamten kirchlichen Organisation“[100] dient. Neben vielen anderen Motiven (z. B. der Hobbessche „Autoritas-non-veritas“-Satz[101], die Korrelation von Anthropologie und Staatsform[102], die Analogie von gesetzmäßiger „Staatsmaschine“ und deistischem Gottesbegriff in der Aufklärung[103], der Vergleich von Wunder und Diktatur als Ausnahme vom Gesetz[104] etc.) scheint auch dieser Aspekt in der „Politischen Theologie“ wieder auf.
[...]
[1] Palyi (Hrsg.): Hauptprobleme der Soziologie. Erinnerungsgabe für Max Weber, Bd. 2, 3-35.
[2] Schmitt, Die Staatsphilosophie der Gegenrevolution, in: ARWP 16 (1922) 121-131.
[3] Im folgenden wird nach dem Text der zweiten Ausgabe von 1934 zitiert. Gegenüber der Erstausgabe fehlen eine Stelle aus dem letzten Absatz des ersten Kapitels und einige Passagen aus dem zweiten Kapitel, die sich laut Schmitt (Vorbemerkung zur zweiten Ausgabe, 8) „mit Unwesentlichem befaßten“. In Wahrheit bezogen sich diese auf den jüdisch-stämmigen protestantischen Staats- und Völkerrechtslehrer Erich Kaufmann (1880-1972), dessen Erwähnung Schmitt nach der „Machtergreifung“ durch die Nationalsozialisten wohl nicht mehr für opportun hielt. Die Gegnerschaft war aber nicht rassisch oder konfessionell motiviert, sondern ging seit etwa 1928 von beiden Seiten aus. Schmitt beschreibt sie 1948 in einem Brief an den stellvertretenden Hauptankläger des Nürnberger Kriegsverbrecherprozesses, Robert Kempner, als „tiefgehende geistig-wissenschaftliche Spannung“; dennoch habe er sich dafür eingesetzt, daß Kaufmann „mit allem Respekt emeritiert würde und sein Gehalt unbeanstandet weiterbezog“ (vgl. Tommissen, Schmittiana II, 132), bevor dieser nach Holland emigrierte. Später ist aus dieser Gegnerschaft ¾ wie bei Schmitt öfters gegenüber zurückgekehrten und wieder zu Ehren gekommenen Emigranten ¾ wohl Haß geworden; vgl. Mohler (Hrsg.), Briefwechsel, 84, 260/261 Anm. 313. Lauermanns, Sociologia Internationalis 32 [1994] 103-125, 116, Spekulation hingegen, der „tatsächliche(n) Grund“ der Namensstreichung könnte die bereits 1911, also vor Schmitts „Verfassungslehre“ (1928), durch Kaufmann (angeblich) als „Naturalisierung“ entzifferte „permanente Transformation“ des konfliktuellen in den konsensuellen Politikbegriff sein, ist allzu weit hergeholt. Zur Unterscheidung von konfliktuellem und konsensuellem Begriff des Politischen vgl. Holczhauser, Konsens und Konflikt, 100ff.
[4] Ders., PTh, 13.
[5] Ebd., 13,18.
[6] Ebd; vgl. zu dieser Thematik bereits Schmitt, ZgStW 38 (1916) 138-162.
[7] Schmitt, PTh 18.
[8] Ebd., 13/14.
[9] Ebd., 19. Beachte hier die adjektivische („souverän ist...“) Formulierung!
[10] Ebd., 14ff., 17.
[11] Ebd., 16.
[12] Ebd., 18/19.
[13] Ebd., 21.
[14] Schmitt, ebd., 21, zitiert zur Bekräftigung seines ersten Kapitels wörtlich Kierkegaard, jedoch ohne dessen Namen, Werk oder Übersetzung zu nennen. Zwischen den ersten drei und den letzten vier der von ihm zitierten Sätzen ist, wiederum ohne Vermerk, folgende Passage ausgelassen: „Die berechtigte Ausnahme ist in dem Allgemeinen versöhnt; das Allgemeine ist von Grund auf polemisch wider die Ausnahme; denn es wird seine Vorliebe sich nicht merken lassen, ehe denn die Ausnahme es zwingt, sie gleichsam einzugestehn (sic!). Hat die Ausnahme dazu nicht die Macht, so ist sie nicht berechtigt, und darum ist es von dem Allgemeinen sehr klug, daß es vorzeitig sich nichts anmerken läßt. Wenn der Himmel einen Sünder liebt vor neunundneunzig Gerechten, so weiß der Sünder dies sicherlich nicht von Anbeginn; im Gegenteil, er spürt lediglich des Himmels Zorn, bis daß er zuletzt den Himmel gleichsam nötigt, mit der Sprache herauszurücken.“ Am Ende des anschließenden Satzes („Auf die Länge ... überdrüssig“) ist noch ausgelassen: „... bis hin zur langweiligsten Fadheit.“ Vgl. Kierkegaard, Die Widerholung, in: Gesammelte Werke, Abt. 5/6, 93/94. ¾ Schmitt dürfte vor allem der erste der ausgelassenen Sätze zu ,hegelianisch’-romantisch erschienen sein, da es ihm ja gerade um die unaufgehobene Antithetik ging.
[15] Ebd., 25.
[16] Ebd., 25/26. Bereits 1917 schrieb Schmitt, Summa 1 (1917) 37-52, 46/47: „Wenn es ein Recht geben soll, dann darf es nicht aus der Macht abgeleitet werden, denn die Verschiedenheit von Recht und Macht ist schlechthin nicht zu überbrücken ... Die beiden Welten stehn (sic!) einander gegenüber; daß der Satz, alles Recht sei Macht, genau umgekehrt werden kann in die These, alle Macht sei nur Recht, beweist nicht einen Zusammenhang und eine Ableitbarkeit, sondern die Unvereinbarkeit.“
[17] Ebd., 26/27.
[18] Ebd., 27.
[19] Ebd., 28/29.
[20] Ebd., 30.
[21] Krabbe, zit. nach Schmitt, aaO., 30/31.
[22] Ebd., 31.
[23] Ebd., 32.
[24] Ebd., 32/33.
[25] Ebd., 33.
[26] Ebd., 35.
[27] Ebd., 34.
[28] Ebd., 34/35.
[29] Ebd., 35/36.
[30] Ebd., 36.
[31] Ebd., 36/37.
[32] Ebd., 37.
[33] Ebd., 37/38.
[34] Ebd., 38/39.
[35] Ebd., 39. Diese Typisierung zeigt deutlich den Einfluß Max Webers auf Schmitt, an dessen Dozentenseminar Schmitt im Wintersemester 1919/20 teilgenommen hat; dazu Tommissen, in: Quaritsch (Hrsg.), Complexio, 71-100, 78/79. Später hat Schmitt einen dritten Typus, den „institutionellen“ hinzugefügt; vgl. Vorbemerkung zur 2. Ausgabe, PTh, 8; ferner ders., Über die drei Arten des rechtswissenschaftlichen Denkens.
[36] Dem „normativistischen” Typus (PTh, 8) sind die Vertreter der positivistischen ebenso wie der organischen Staatslehre zuzuordnen.
[37] Schmitt, PTh, 40.
[38] Ebd., 43.
[39] Ebd., 43-45; vgl. Assmann, Politische Theologie zwischen Ägypten und Israel, 26.
[40] Ebd., 43.
[41] Schellong, BThZ 8 (1991) 94-112, 96.
[42] Schmitt, PTh, 43.
[43] Zit. nach Schmitt, ebd., 44.
[44] Ebd., 44.
[45] Ebd., 45f.
[46] Ebd., 48/49.
[47] Ebd., 48.
[48] Ebd., 49.
[49] Vgl. ebd., 50.
[50] Ebd., 50/51.
[51] Ebd., 51/52.
[52] Ebd., 52f., 54/55.
[53] Ebd., 52/53.
[54] Ebd., 53f., 70.
[55] Ebd., 54.
[56] Vgl. ebd., 54.
[57] Ebd., 55.
[58] Ebd., 59f.
[59] Andererseits sieht Schmitt, ebd., 59, zu Recht die Tendenz des extremen Traditionalismus, aufgrund „völliger Negation der natürlichen Vernunft“ zu einer „intellektuell bewußten Entscheidung“ nicht mehr imstande zu sein.
[60] Schmitt, PTh, 60.
[61] Ebd., 61f.
[62] PTh, Kap. 3.
[63] Schmitt, ebd., 62.
[64] Ebd., 64/65 (Hervorhebung von Schmitt).
[65] Ebd., 66.
[66] Ebd., 67.
[67] Ebd., 69.
[68] Vgl. zu diesem Komplex Schmitt, Hochland 23/2 (1926) 257-270, 263, sowie den geschichtlichen Abriß Arias’, Donoso Cortés und Carl Schmitt, 33ff.
[69] Schmitt, PTh, 70.
[70] Ebd., 69.
[71] Ebd., 68.
[72] Vgl. PTh II, 28 mit Anm. 5.
[73] Zu beachten ist, daß Schmitt in seiner Schrift von 1922 (bzw. 1934) „politische Theologie“ im Text immer klein schreibt, also als Theologie mit politischem Charakter oder Bezug verstanden wissen will, die er (scheinbar nur) beschreibt, während er in „Politische Theologie II“ von 1970 Politische Theologie einheitlich groß und ohne relativierende Anführungszeichen schreibt. Das zeigt, daß Politische Theologie für ihn nach 1922 (1934) zum eigenständigen terminus technicus geworden ist, der ¾ über das rein Deskriptive hinaus ¾ programmatischen Anspruch erhebt. Insofern kann der Versuch J. B. Metz’, Zum Begriff der neuen Politischen Theologie 1967-1997, 7, durch Großschreibung seiner (neuen) Politischen Theologie diese von der „traditionellen politischen Theologie Carl Schmitts“ auch im Schriftbild abzuheben, wohl nicht glücken.
[74] Schmitt, Politische Romantik (1. Aufl.), 163.
[75] Ebd., 162 (Hervorhebung von W. Sp.).
[76] Ebd., 160.
[77] Ebd., 46.
[78] Ebd., 169.
[79] Ebd., 84.
[80] Ebd., 98.
[81] Ebd. (2. Aufl.), 127f.
[82] Ebd. (Vorwort zur 1925 erschienenen zweiten Auflage), 27.
[83] Vgl. ebd., 130ff., 158ff. u. ö. Die vernichtende Polemik gegen Müller erinnert bisweilen an Nietzsches Spotttraktat über den „Philisterhäuptling“ David Friedrich Strauß, den Schmitt, ebd., 210ff., wenn auch ohne Bezugnahme auf Nietzsche, in die Gesinnungsgenossenschaft einer „neue(n) romantische(n) Generation“ (221) einreiht; vgl. Nietzsche, Unzeitgemäße Betrachtungen, Erstes Stück: David Strauss, der Bekenner und der Schriftsteller, in: Colli/Montinari (Hrsg.), KSA, Bd. 1, 157-242.
[84] Schmitt, aaO., 182.
[85] Ders., Summa 1 (1917) 71-80; ders., Der Wert des Staates (1. Aufl.), 45, 81, 90.
[86] Schmitt, Politische Romantik (1. Aufl.), 91.
[87] Ebd. (2. Aufl.), 49.
[88] Ball, Hochland 21/2 (1924) 263-285, 269. Zur späteren kritischeren Sicht des Schmittschen Romantik-Begriffes vgl. unter D. I., Anm. 17.
[89] So rief beispielsweise der Schriftleiter der katholischen Zeitschrift „Allgemeine Rundschau“, Otto Kunze, 1923 dazu auf, „eine Reichsleitung ohne marxistische Schwächen, eine Diktatur der lebendigen Kräfte zu bilden, die allein die politische Einheit Deutschlands retten kann“; vgl. Allgemeine Rundschau 20 (1923) 497f.; zit. nach Dahlheimer, Carl Schmitt und der deutsche Katholizismus, 232.
[90] Ebd. (Vorwort zur 1. Auflage von 1921), XVIII.
[91] Schmitt, Diktatur (Vorwort zur 2. Auflage von 1928), XI.
[92] Ebd. (Hervorhebung von W. Sp.), XVII.
[93] Ebd., 133.
[94] Ebd., 134 (Hervorhebung von Schmitt).
[95] Ebd., XVII.
[96] „Das Recht, als reine, wertende, aus Tatsachen nicht zu rechtfertigende Norm stellt logisch das erste Glied ...“ der Reihe: Recht, Staat und Individuum „... dar; der Staat vollstreckt die Verbindung dieser Gedankenwelt mit der Welt realer empirischer Erscheinungen und repräsentiert das einzige Subjekt des Rechtsethos; das Individuum aber, als empirisches Einzelwesen, verschwindet, um vom Recht und dem Staat, als der Aufgabe, Recht zu verwirklichen, erfaßt zu werden und selbst seinen Sinn in einer Aufgabe und seinen Wert in dieser abgeschlossenen Welt nach ihren eigenen Normen zu empfangen“; vgl. Schmitt, Der Wert des Staates und die Bedeutung des Einzelnen, 2f.
[97] Wenn Schmitt also in PTh, 61f., die Radikalisierung der Staatsphilosophie von de Maistre zu Donoso Cortés als eine Entwicklung „von der Legitimität zur Diktatur“ beschreibt, so ist damit nicht gesagt, daß die Diktatur bei Donoso keinerlei Legitimation mehr bedürfte; nur kommt für den Spanier die traditionelle monarchische Legitimation nicht mehr in Frage.
[98] Schmitt, Diktatur XVIII.
[99] Ebd., 44.
[100] Ebd., 42f.
[101] Vgl. ebd., 21f.
[102] Vgl. ebd., 9, 107, 111f., 120f., 145 Anm. 22.
[103] Vgl. ebd., 100.
[104] Vgl. ebd., 135f.
- Arbeit zitieren
- Dipl.-Jur. Univ., Mag. theol. Wolfgang Spindler (Autor:in), 2000, "Theorie unmittelbaren konkreten Lebens" - Zur Konzeption und Kritik der politischen Theologie Carl Schmitts, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/90525
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