Die Bezeichnung ,Junker’ war im Allgemeinen zunächst nicht auf die ostelbischen Gebiete, bzw. Preußen und die dort ansässigen adeligen Großagrarier beschränkt, sondern stammt aus dem Mittelalter und ist der Begriff für einen adeligen jungen Herren (mittelhochdeutsch: juncherre). Dennoch ist der Begriff sehr bald negativ konnotiert, wozu einige Adelige mit ihrem Verhalten gegenüber der Außenwelt selbst beigetragen haben. Vor allem in den preußischen und ostdeutschen Gebieten jenseits der Elbe wird der Begriff ,Junker’ zu einem Synonym für den großgrundbesitzenden Landadel, der meist weniger vermögend war (,Landjunker’, ,Krautjunker’). Spätestens dann mit der Jahrhundertwende um 1800 rückt der Begriff Junker durch die wieder aufkommende Adelskritik der Liberalen weiter ins Negative und wird hauptsächlich nur noch für den ostelbischen Adel genutzt (,Ostelbier’). Im ganzen Land wurde diese Personengruppe ähnlich charakterisiert:
„altpreußischer Adel, Großgrundbesitzer auf kargem Boden, politisch und gesellschaftlich reaktionär, Land-, Militär- und Beamtenadel, selten gebildet, zumeist arrogant, außerordentlich zahlreich und in sich sehr heterogen“.
In dieser Arbeit wird die Entstehung und Entwicklung der Junker in den Gebieten des deutschen Ostens dargestellt. Um den Rahmen nicht zu sprengen, werde ich mich relativ kurz fassen und nicht alle Entwicklungen oder Ereignisse ansprechen können. Auch lasse ich meine Arbeit mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges enden, um nicht nur die Oberfläche zu streifen.
Näher beleuchtet werden soll die soziale und politische Stellung, welche die ostelbischen Junkerfamilien in diesem Zeitraum auf allen Ebenen einnahmen und welche Schwankungen, bzw. Veränderungen vorzufinden sind. Das Verhältnis dieser adeligen Klasse zum Bürgertum und den Bauern/Landarbeitern wird ebenfalls eine Rolle spielen. Ein gewisser Schwerpunkt wird hierbei auf das 19. und den Anfang des 20. Jhd gelegt. Die Anfänge dieser Gesellschaftsgruppe muss man bereits im Mittelalter (12. Jhd) festsetzen, als die ersten Deutschen die Elbe und Saale nach Osten hin überschritten, um dort das Christentum unter den heidnischen Slawen zu verbreiten, bzw. das Land zu besiedeln oder gar von einheimischen Fürsten bei kriegerischen Auseinandersetzungen zur Hilfe gerufen wurden. Eine gewichtige Rolle bei diesem Kolonisationsprojekt spielte der Deutsche Orden, der vor allem die Gebiete West- und Ostpreußen sowie die baltischen Gebiete im deutschen Ordensstaat einte.
Gliederung der Arbeit
1. Einleitung
2. Die Entstehung der ,Junker’
2.1. Die Anfänge
2.2. Das 14. Jahrhundert
2.3. Das 16. Jahrhundert
3. Der Aufstieg der Junker
3.1. Der Adel als staatlicher Funktionsstand
3.2. Die Lage in den ostdeutschen Gebieten
4. Die Niederlage 1806 und die „Bauernbefreiung“
4.1. Die Stein-Hardenbergschen Reformen
4.2. ,Junkerliberalismus’
5. Die Junker und die Revolution 1848
5.1. Die Konservativen
5.2. Die Lage nach der Revolution
6. Die Junker unter Bismarck
6.1. Bismarck preußischer Ministerpräsident
6.2. Die (angebliche) Agrarkrise 1876 und Schutzzölle
7. Das Wilhelminische Reich und der Erste Weltkrieg
7.1. Der Bund der Landwirte
7.2. Der Einfluss der Junker im Kaiserreich
8. Schluss
9. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Die Bezeichnung ,Junker’ war im Allgemeinen zunächst nicht auf die ostelbischen Gebiete[1], bzw. Preußen und die dort ansässigen adeligen Großagrarier beschränkt, sondern stammt aus dem Mittelalter und ist der Begriff für einen adeligen jungen Herren (mittelhochdeutsch: juncherre).[2] Dennoch ist der Begriff sehr bald negativ konnotiert, wozu einige Adelige mit ihrem Verhalten gegenüber der Außenwelt selbst beigetragen haben. Vor allem in den preußischen und ostdeutschen Gebieten jenseits der Elbe wird der Begriff ,Junker’ zu einem Synonym für den großgrundbesitzenden[3] Landadel, der meist weniger vermögend war (,Landjunker’, ,Krautjunker’). Spätestens dann mit der Jahrhundertwende um 1800 rückt der Begriff Junker durch die wieder aufkommende Adelskritik der Liberalen weiter ins Negative und wird hauptsächlich nur noch für den ostelbischen Adel genutzt (,Ostelbier’).[4] Im ganzen Land wurde diese Personengruppe ähnlich charakterisiert:
„altpreußischer Adel, Großgrundbesitzer auf kargem Boden, politisch und gesellschaftlich reaktionär, Land-, Militär- und Beamtenadel, selten gebildet, zumeist arrogant, außerordentlich zahlreich und in sich sehr heterogen“.[5]
In dieser Arbeit wird die Entstehung und Entwicklung der Junker in den Gebieten des deutschen Ostens dargestellt. Um den Rahmen nicht zu sprengen, werde ich mich relativ kurz fassen und nicht alle Entwicklungen oder Ereignisse ansprechen können. Auch lasse ich meine Arbeit mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges enden, um nicht nur die Oberfläche zu streifen.
Näher beleuchtet werden soll die soziale und politische Stellung, welche die ostelbischen Junkerfamilien in diesem Zeitraum auf allen Ebenen einnahmen und welche Schwankungen, bzw. Veränderungen vorzufinden sind. Das Verhältnis dieser adeligen Klasse zum Bürgertum und den Bauern/Landarbeitern wird ebenfalls eine Rolle spielen. Ein gewisser Schwerpunkt wird hierbei auf das 19. und den Anfang des 20. Jhd gelegt.
2. Die Entstehung der ,Junker’
2.1. Die Anfänge
Die Anfänge dieser Gesellschaftsgruppe muss man bereits im Mittelalter (12. Jhd) festsetzen, als die ersten Deutschen die Elbe und Saale nach Osten hin überschritten, um dort das Christentum unter den heidnischen Slawen zu verbreiten, bzw. das Land zu besiedeln oder gar von einheimischen Fürsten bei kriegerischen Auseinandersetzungen zur Hilfe gerufen wurden. Eine gewichtige Rolle bei diesem Kolonisationsprojekt spielte der Deutsche Orden, der vor allem die Gebiete West- und Ostpreußen sowie die baltischen Gebiete im deutschen Ordensstaat einte.[6] In Folge dieses Prozesses kamen zumeist niedere Adelige in die ostdeutschen Gebiete, die für ihre (Kriegs)Arbeit mit Land entlohnt wurden. Schon hierbei zeigt sich, dass der Adel dort keineswegs eine homogene Gruppe war, denn die Besitzungen und Lebensniveaus unterschieden sich stark voneinander.[7] Die Bauern der jeweiligen Region sorgten durch ihre Abgaben für das Einkommen der Adelsfamilien, ihrer Grundherren. Zudem besaßen die meisten jener Familien auch bereits steuerfreie Eigenwirtschaften, die meist vier bis sechs Hufe[8] umfassten.[9]
2.2. Das 14. Jahrhundert
Im 14. Jhd waren die sozialen Klassen in diesen Ostgebieten noch durchlässiger als im übrigen Land, da der Adel als Klasse noch kein ausgeprägtes Standesdenken hatte, was den dringend benötigten Zuzug erleichterte. Dieser Zustand änderte sich allerdings bereits in den beiden darauf folgenden Jahrhunderten, da adelige Familien vermehrt Landbesitz zukauften und somit auch die hohe Gerichtsbarkeit erwarben. Auch der in Geldnot geratene Deutsche Ritterorden musste Teile seines Besitzes an Adelige für ihre Dienste abtreten.[10]
Zu jener Zeit verschärfte sich durch das Auftreten der Pest die Situation in den dünnbesiedelten ostdeutschen Gebieten weiter. Die Folge davon war, dass die Bauern und andere Stadtbewohner zur Ernte auf dem Land verpflichtet wurden. Die Bewegungsfreiheit der Betroffenen wurde durch die Junker drastisch eingeschränkt (vgl. Landesordnungen).[11]
2.3. Das 16. Jahrhundert
Die Situation in den ostdeutschen Gebieten änderte sich im 16. Jhd durch die zunehmende Nachfrage nach Getreide aus England und den Niederlanden, was sich positiv auf den Getreidepreis auswirkte. Die innere Lage stabilisierte sich und ein gewisser Wohlstand breitete sich im grundbesitzenden Adel aus. Dieser konnte seine Eigenwirtschaften erheblich ausdehnen, was durch die Reformation und die Säkularisierung des kirchlichen Besitzes noch zusätzlich verstärkt wurde.[12] Diese Besitzungen mussten jedoch auch bewirtschaftet werden, wozu wiederum Bauern und Arbeiter benötigt wurden. Zu diesem Zwecke wurden in den meisten Regionen Dienstpflichten eingeführt, die nicht mehr durch Geldleistungen zu umgehen waren.[13]
Ein weiterer Vorteil für die Junker war, dass ihre Besitzungen und Erzeugnisse steuerfrei waren, obwohl der Adel im Gegenzug keine Ritterdienste mehr leistete.[14] Diese Tatsache begünstigte den allgemeinen Trend im deutschen Osten des 16. Jhd hin zur in sich geschlossenen Gutswirtschaft.[15]
„So entstand das ostelbische Junkertum, das sich von dem Adel in anderen Teilen Deutschlands wesentlich unterschied, das in größerem Umfang Landwirtschaft und Handel betrieb, seine Güter verwaltete und durch seinen Handel zum Niedergang der Städte beitrug.“[16]
3. Der Aufstieg der Junker
Mit dem 16. Jhd beginnt mit der verbesserten ökonomischen Situation auch die Zeit des wachsenden politischen Einflusses der Junker. Ämter, Pfründe und das Offizierskorps wurden in den meisten ostdeutschen Gebieten fast ausschließlich an Adelige vergeben, was bürgerliche Aspiranten so gut wie ausschloss. Im weiteren Verlauf konnten die Herrscher auf Grund ihrer finanziellen Lage kaum noch etwas von Belang ohne die Zustimmung des Adels, d.h. der Landtage, beschließen.[17]
„So wurden die Domänen von den Junkern wie ihr Privatbesitz behandelt, und ihnen waren fast alle offiziellen Stellen vorbehalten.“[18]
In den Jahren des 30-jährigen Krieges kam es überall durch Verödung zu größeren Besitzumschichtungen, von denen auch die Menschen in den ostelbischen Gebieten betroffen waren. Auch gehen in den Wirren des Krieges Geschlechter unter (Tod oder Bankrott), doch es etablieren sich auch neue.[19]
3.1. Der Adel als staatlicher Funktionsstand
Mit der zunehmenden Staatswerdung und der Schaffung eines stehenden Heeres in Preußen im 17. Jhd und unter der Regierung Kurfürst Friedrich Wilhelms (1640-1688) wandelte sich der Adel zu einem staatlichen Funktionsstand.[20] Befördert wurde dies auch durch den Umstand, dass viele adelige Sprösslinge studierten, zum Teil auch im Ausland.
In der Regierungszeit Friedrich Wilhelms kam am 26. Juli 1653 nach einigen Meinungsverschiedenheiten ein Kompromiss zustande, der besagte, dass der Landtag und somit die Junker, die stehende Armee Friedrichs befördern und dafür ihre bisher erlangten Rechte behalten.[21] Die Möglichkeit der Staatsanstellung garantierte eine standesgemäße Versorgung, da viele Güter zu jener Zeit immer tiefer in die Schuldenfalle gerieten. Diese Tendenz hatte Auswirkungen auf die Armee. So war spätestens im 18. Jhd das Offizierskorps fast ausschließlich mit Adeligen besetzt, Bürgerliche hatten kaum keine Chance mehr aufzusteigen. Denn es gab bei Weitem nicht genug Rittergüter in den ostdeutschen Gebieten, um alle männlichen Nachfahren standesgemäß zu versorgen. Die andere Karrieremöglichkeit war die höhere Beamtenschaft, die wie die königlich preußische Armee unter Friedrich Wilhelm I. (1713-1740) weiter ausgebaut wurde.[22]
Dieses Verhältnis zwischen Krone und Adel beruhte auf Gegenseitigkeit.
„By this reform of the Officers Corps Frederick William I brought about a new relationship between the nobles and the Crown and caused a lasting transformation in the character of the Junker and his attitude toward the Prussian State.”[23]
[...]
[1] Wenn in dieser Arbeit von „ostelbischen/ostdeutschen Gebieten“, „Ostelbien“ oder „preußischen
Provinzen“ die Rede ist, dann werden darunter v. a. die (späteren) preußischen Provinzen Ost- und Westpreußen, Brandenburg, Pommern, Posen und Schlesien verstanden.
[2] Vgl. Artikel zu Junker; S. 123-129; in: Conze, Eckart (Hrsg.): Kleines Lexikon des Adels, Titel, Throne, Traditionen; München 2005; S. 123.
[3] Großbetrieb = Landwirtschaften ab 100 ha Gesamtfläche.
[4] Vgl. Artikel zu Junker; S. 123-129; in: Conze, E. (Hrsg.): Lexikon; S. 123.
[5] Ebd. S. 123.
[6] Vgl. Görlitz, Walter: Die Junker, Adel und Bauern im deutschen Osten, Geschichtliche Bilanz von 7 Jahrhunderten; Glücksburg 1957; S. 18..
[7] Vgl. Carsten, Francis L.: Geschichte der preußischen Junker; Frankfurt am Main 1988; S. 10f.
[8] Huf als Maßeinheit für Hofgrößen von Region zu Region verschieden.
[9] Vgl. ebd. S. 11.
[10] Vgl. ebd. S. 12f. und Muncy, Lysbeth W.: The Junker, In the Prussian Administration Under William II, 1888-1914; S. 8f.
[11] Vgl. Carsten, F.: Geschichte; S. 15f. und Görlitz, W.: Die Junker; S. 27f.
[12] Vgl. ebd. S. 18f. und Görlitz, W.: Die Junker; S. 43.
[13] Vgl. Carsten, F.: Geschichte; S. 20f.
[14] Vgl. ebd. S. 26. und Muncy, L. W.: The Junker; S. 9.
[15] Vgl. Görlitz, W.: Die Junker; S. 33.
[16] Carsten, F.: Geschichte; S. 29.
[17] Vgl. ebd. S. 30f. und Görlitz, W.: Die Junker; S. 55.
[18] Carsten, F.: Geschichte; S. 32.
[19] Vgl. Görlitz, W.: Die Junker; S. 73f. und S. 76.
[20] Vgl. Artikel zu Junker, S. 123-129; in: Conze, E. (Hrsg.): Kleines Lexikon des Adels; München 2005; S. 124. und Görlitz, W.: Die Junker; S. 78.
[21] Vgl. Muncy, L. W.: The Junker; S. 13. und Görlitz, W.: Die Junker; S. 80.
[22] Vgl. Carsten, F.: Geschichte; S. 40. und Muncy, L. W.: The Junker; S. 15f. und Görlitz, W.: Die Junker; S. 92.
[23] Muncy, L. W.: The Junker; S. 16.
- Quote paper
- Petra Dutt (Author), 2007, Die Junker. Entstehung und Entwicklung bis 1918, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/90500
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