Die vorliegende Arbeit stellt das Harvard-Konzept und dessen Anwendung dar und möchte kritisch beleuchten, inwiefern diese Methode für eine erfolgreiche Konfliktlösung geeignet ist und wo ihre Grenzen liegen. Darüber hinaus werden die erforderlichen Fähigkeiten oder Voraussetzungen, die für eine erfolgreiche Umsetzung dieses Konzepts mitgebracht werden müssen, dargestellt.
Sei es bei der Auswahl eines Films für den wöchentlichen Filmeabend oder bei der Ausarbeitung eines Vertrages zwischen zwei Parteien: Konflikte entstehen dort, wo Menschen mit unterschiedlichen Interessen, Zielsetzungen oder Wertvorstellungen aufeinandertreffen. Insbesondere im heutigen Zeitalter, in dem Menschen über eine noch nie dagewesene Vielzahl an Auswahlmöglichkeiten und Mitbestimmungsrechten verfügen, sind sie gefordert, eigenwillig zu entscheiden. So unterschiedlich Individuen jedoch sind, so unterschiedlich sind ebenfalls ihre Vorstellungen, sodass oftmals nur mithilfe von Verhandlungen zufriedenstellende Lösungen erreicht werden können, welche die Interessen aller Beteiligten berücksichtigen.
Als Verhandlung wird eine wechselseitige Kommunikation bezeichnet, die das Ziel verfolgt, ein gewaltfreies Abkommen zu erzeugen sowie einen Interessenausgleich zwischen den Parteien zu erzielen. Dabei existieren verschiedene Methoden und Stile der Verhandlungsführung. Eine der wohl bekanntesten Verhandlungsmethoden ist das sogenannte Harvard-Konzept, das im Rahmen des Forschungsprojekts „Harvard Negotiation Project“ der Harvard Universität in den USA im Jahre 1981 von Roger Fisher, William Ury und später auch Bruce Patton konzipiert wurde. Das Harvard-Konzept gilt nun seit mehr als 30 Jahren als der Klassiker zum erfolgreichen Verhandeln und verfolgt die Strategie des sachbezogenen Verhandelns. Dies bedeutet, dass eine effiziente und faire Übereinkunft angestrebt wird, welche die Wünsche beider Parteien berücksichtigt. Somit kann eine Win-Win-Situation erzielt werden.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Das Harvard-Konzept in Verhandlungen
2.1 Positionsbezogenesvs.sachbezogenesVerhandeln
2.2 Die vier Grundprinzipien des Harvard-Konzept
2.3 Die Phasen des Harvard-Konzept
2.4 Die BATNA-Methode - Best Alternative to a Negotiated Agreement
2.5 Die Grenzen des Harvard-Konzept
3 Fazit
4 Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Sei es bei der Auswahl eines Films für den wöchentlichen Filmeabend oder bei der Ausarbeitung eines Vertrages zwischen zwei Parteien: Konflikte entstehen dort, wo Menschen mit unterschiedlichen Interessen, Zielsetzungen oder Wertvorstellungen aufeinandertreffen. Insbesondere im heutigen Zeitalter, in dem Menschen über eine noch nie dagewesene Vielzahl an Auswahlmöglichkeiten und Mitbestimmungsrechten verfügen, sind sie gefordert, eigenwillig zu entscheiden. So unterschiedlich Individuenjedoch sind, so unterschiedlich sind ebenfalls ihre Vorstellungen, sodass oftmals nur mithilfe von Verhandlungen zufriedenstellende Lösungen erreicht werden können, welche die Interessen aller Beteiligten berücksichtigen.
Als Verhandlung wird eine wechselseitige Kommunikation bezeichnet, die das Ziel verfolgt, ein gewaltfreies Abkommen zu erzeugen sowie einen Interessenausgleich zwischen den Parteien zu erzielen.1 Dabei existieren verschiedene Methoden und Stile der Verhandlungsführung. Eine der wohl bekanntesten Verhandlungsmethoden ist das sogenannte Harvard-Konzept, das im Rahmen des Forschungsprojekts „Harvard Negotiation Project“ der Harvard Universitat in den USA im Jahre 1981 von Roger Fisher, William Ury und spater auch Bruce Patton konzipiert wurde. Das Harvard-Konzept gilt nun seit mehr als 30 Jahren als der Klassiker zum erfolgreichen Verhandeln und verfolgt die Strategie des sachbezogenen Verhandelns. Dies bedeutet, dass eine effiziente und faire Übereinkunft angestrebt wird, welche die Wünsche beider Parteien berücksichtigt. Somit kann eine Win-Win-Situation erzielt werden.2
Die vorliegende Arbeit stellt das Harvard-Konzept und dessen Anwendung dar und möchte kritisch beleuchten, inwiefem diese Methode für eine erfolgreiche Konfliktlösung geeignet ist und wo ihre Grenzen liegen. Darüber hinaus werden die erforderlichen Fahigkeiten oder Voraussetzungen, die für eine erfolgreiche Umsetzung dieses Konzepts mitgebracht werden müssen, dargestellt.
2 Das Harvard-Konzept in Verhandlungen
2.1 Positionsbezogenesvs. sachbezogenesVerhandeln
Die Ausgestaltung einer Verhandlung hangt in der Regel von der Selektion einer Strategie ab. Um eine Strategie auswahlen zu können, muss sich die involvierte Person über ihre Position und eigenen Ziele im Klaren sein.3 4 Grundsatzlich kann zwischen dem positionsbezogenen und sachbezogenen Verhandeln differenziert werden. Die wohl meist verwendete Form stellt das positionsbezogene Verhandeln dar, bei der es zwischen einem kompetitiven (harten) und kooperativen (weichen) Verhandlungsstil zu entscheiden gilt. Diesen beiden Stilarten werden folgende Eigenschaften zugeschrieben:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Gegenüberstellung kooperativervs. kompetitiverVerhandlungsstil 4
Sowohl der kompetitive als auch kooperative Verhandlungsstil besitzt Vor- und Nachteile. Ersterer birgt das Risiko durch seine Charakteristika die gesamte Verhandlung zu blockieren und eine erfolgreiche Übereinkunft zu gefahrden. Die Nutzer der kooperativen Strategie laufen Gefahr von einem kompetitiven Verhandlungsführer ausgenutzt zu werden, sodass ein schlechter, vorschneller Kompromiss eingegangen wird.5 Im Gegensatz zum personenbezogenen Verhandeln erfüllt das sachbezogene Verhandeln die fundamentalen Kriterien einer vernünftigen, effizienten sowie konfliktfreien Einigung.6 Das Harvard-Konzept gilt als Methode der sachbezogenen Verhandlungsführung und folgt dem Grundsatz „weich zu den Menschen, hart in der Sache“.7 Dieser normative Problemlösungsansatz besteht im Wesentlichen aus vier Grundprinzipien, die im nachfolgenden Kapitel genauer erörtert werden.
2.2 Die vier Grundprinzipien des Harvard-Konzept
Um eine konstruktive und friedliche Übereinkunft im Rahmen eines Konfliktes erzielen zu können, müssen nach dem Harvard-Konzept vier Bedingungen eingehalten werden, die wie folgt beschrieben werden:
Grundprinzip 1: Menschen und Probleme getrennt voneinander behandeln
Bei der Anwendung des Harvard-Konzept wird bei der Wahl des Verhandlungsstils zwischen dem Verhandlungsgegenstand (Problem), beispielsweise eine Kaufvertragsverhandlung, sowie dem Verhandlungspartner (Mensch) unterschieden. Ferner werden die eigenen Interessen und das eigene sachliche Verhandlungsziel im Prozess der Problemlösung konsequent verfolgt. Der Kommunikationsstil sollte verbindlich gepflegt werden und die Beteiligten horen sich wechselseitig aufmerksam zu, sodass ein Verstandnis über die Sachlage aus der Sicht des Gegenübers aufgebaut wird. So können Gemeinsamkeiten und insbesondere übereinstimmende Interessen identifiziert werden. Sollten Störungen auf der Beziehungsebene zum Vorschein kommen, die beispielsweise durch Emotionen wie Angst oder Arger verursacht werden, müssen deren Ursachen erkundet und die Störungen bereinigt werden.8
Grundprinzip 2: Auflnteressen konzentrieren, nicht aufPositionen
Es ist erforderlich in Erfahrung zu bringen, welche Interessen hinter den Forderungen des Verhandlungspartners stecken, wodurch das sachliche Verhandlungsziel der anderen Partei verstanden werden kann. Zudem hilft das Aufdecken der Interessen zur Identifizierung von gemeinsamen und antagonistischen Ansichtspunkten, die es bei der Suche nach einer fairen Lösung zu berücksichtigen gilt.9
Grundprinzip 3: Entwickeln von Entscheidungsmöglichkeiten zum beiderseitigen Vorteil Durch die erschaffene Transparenz und Offenlegung der wechselseitigen Interessen sind die Verhandlungspartner dazu befahigt nach Optionen zu suchen, die die Interessen aller Involvierten beinhalten. Dabei sind Vorteile für beide Seiten sowie unterschiedliche Lösungsmöglichkeiten zu eruieren. Bei der Evaluation der identifizierten Optionen sind die Interessen der Verhandlungspartner zu beachten und es kann eine Ausweitung des Verhandlungsgegenstandes, aufgrund der höchstmöglichen Erfüllung beider Verlangen, stattfinden.10
Grundprinzip 4: Vereinbarung und Anwendung neutraler Beurteilungskriterien
Zur Bewertung der ermittelten Lösungsmöglichkeiten müssen sachlich unabhangige und legitime Kriterien gefunden werden. An dieser Stelle darf keine Lösung durch die Ausübung von Druck beschlossen werden. Stattdessen können bei Bewertungsdiskrepanzen Experten oder Studiën herangezogen werden, sodass Zugestandnisse der Verhandlungspartner auf Basis gemeinsam festgelegter Kriterien erfolgen.11
2.3 Die Phasen des Harvard-Konzept
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Phasenmodell desHarvard-Konzept
Das Harvard-Konzept kann grundsatzlich in drei Phasen unterteilt werden, welche in Abbildung 1 zu sehen sind. Zur Veranschaulichung sollen die einzelnen Phasen anhand des fiktiven Beispiels einer Gehaltsverhandlung beschrieben werden: In dieser fordert ein Mitarbeiter eine Gehaltserhöhung von 500 €, das Unternehmen hat jedoch gerade eine hohe Investition getatigt und ist nicht in der Lage, die Gehaltserhöhung zu bewilligen.
Die erste Phase wird Analyse-Phase genannt und umfasst die Suche, das Ordnen sowie die Analyse der übermittelten und erhaltenen Informationen. Des Weiteren sollten etwaige Probleme von Verhandlungsführern separiert werden. Dieser Informationsaustausch ermöglicht es, die zugrundeliegenden Bedenken zu evaluieren, sodass eine Orientierung an den Interessen und nicht an den Positionen der Verhandlungsparteien erfolgt. So können nachhaltigere Lösungen erzielt werden, welche die Entwicklung von Optionen und Verhandlungskriterien erlaubt.12 In dem Szenario der Gehaltsverhandlung findet eine erste Kommunikation zwischen Mitarbeiter und seinem Manager statt. Beide müssen ihre Position sachbezogen erlautern und es sollten gemeinsame und unterschiedliche Interessen identifiziert werden. Folglich muss der Manager seinem Mitarbeiter schildern, dass eine untemehmerische Investition getatigt wurde, die für die zukünftige Weiterentwicklung des Untemehmens entscheidend war und somit aktuell keine Gehaltserhöhung möglich ist.
Die nachste Phase stellt die Planungsphase dar, in der möglichst viele „W-Fragen“ zu stellen und je nach Informationslage zu beantworten sind, um ein umfangreiches Wissen über die Substanz und den Verhandlungsprozess zu erlangen.13 Dabei ist das Miteinbeziehen der gegnerischen Partei von hoher Bedeutung, da mögliche Verhandlungslösungen deutlich höhere Realisierungschancen besitzen.14 An dieser Stelle muss der Manager die Beweggründe des Mitarbeiters in Erfahrung bringen, wodurch sie in der Lage sind objektive Kriterien auf Basis der gemeinsamen Interessen zu ermitteln.
Die dritte Phase, die sogenannte Diskussions-Phase, kann oder sollte erst beginnen, wenn die Parteien die vier Grundprinzipien (Menschen, Interessen, Möglichkeiten, Kriterien) der ersten beiden Phasen bearbeitet haben. An dieser Stelle beginnt die eigentliche Verhandlung, was voraussetzt, dass die Beteiligten die Sachlage rational schildern und Emotionen ausblenden können. Wird keine gemeinsame Übereinkunft erzielt, so muss die Verhandlung wieder bei der Analyse-Phase begonnen werden.15 In dieser Phase muss der Manager seinem Mitarbeiter mögliche Optionen zur Verfügung stellen, die die erhobenen Kriterien berücksichtigen. Sollte der Mitarbeiter beispielsweise mehr Anerkennung fordem, könnte der Manager alternativ zur Gehaltserhöhung die Übemahme wichtigerer Projekte anbieten.
Ein zentrales Problem des rationalen Verhandelns reprasentiert der Umgang mit Verhandlungslösungen sowie deren rationale Bewertung. Die rationale Bewertung kannje nach vorherrschenden Rahmenbedingungen weniger rational vollführt werden als gewollt und der Umgang mit Verhandlungslösungen hangt oftmals auch von Faktoren wie Informationen, Macht sowie Handlungszwang ab. Zur Starkung und Entwicklung der eigenen Verhandlungsposition sieht das Harvard-Konzept die Anwendung der BATNA-Methode (Best Alternative to a Negotiated Agreement) vor, die im folgenden Kapitel genauer erlautert wird.16
2.4 Die BATNA-Methode - Best Alternative to a Negotiated Agreement
Im Zuge des BATNA Konzepts muss ein Verhandlungsführer zu Beginn einer Verhandlung seine Ziele, Prioritaten sowie Erwartungen defmieren und mögliche Ausgangsszenarien simulieren.17 Ein solches Szenario stellt auch der Verhandlungsabbruch dar, der aufgrund von der Existenz besserer Altemativen in Betrachtung gezogen werden kann. Beispielsweise bietet Untemehmen X ein Gehalt in Höhe von 60.000 € an. Falls Unternehmen Y nicht ein höheres Gehalt bietet, wird Mitarbeiter A das Angebot von Untemehmen X wahrnehmen, welches die beste Alternative für Mitarbeiter A darstellt. Die BATNA-Methode sollte in der Vorbereitungsphase, also vor dem Durchlaufen der einzelnen Phasen des Harvard-Konzept, in Abhangigkeit der vorhandenen Möglichkeiten von beiden Parteien selbststandig festgelegt werden. Sollte keine Alternative existieren, wird der Druck auf die Verhandlung und die Verhandlungsführer signifikant verstarkt. Dies führt dazu, dass sich die Erzielung einer Übereinkunft komplexer gestaltet und die Machtverhaltnisse asymmetrisch verteilt sind. Denn es gilt der Grundsatz: Je attraktiver die beste Alternative eines Verhandlungsführers ist, desto gröBer ist seine Macht.18 Die Verhandlungsmacht korreliert dabei nicht mit der GröBe der Verhandlungsparteien, sondem besteht darin, eine Alternative in der Hinterhand zu haben, wodurch man über die Option verfügt, eine Verhandlung scheitern lassen zu können.19 Allerdings schlieBt die beste Einigung im Rahmen einer rational langfristig ausgelegten Verhandlungsbeziehung beide Seiten mit ein, wie auch anhand des Beispiels in Kapitel 2.3 bei dem der Manager trotz nicht möglicher Gehaltserhöhung eine weitere Anstellung des Mitarbeiters anstrebt.20 Damit eine BATNA für alle Beteiligten das bestmögliche Ergebnis herbeiführen kann, muss eine Zone möglicher Übereinstimmung bestehen und Informationen zu den Altemativen ausgetauscht werden.2122 An dieser Stelle dürfen jedoch nicht zu viele Informationen preisgegeben werden, da dies ansonsten zum EinbüBen von Macht führen kann.
[...]
1 Vgl. Fisher; Ury; Patton 2009, S. 19
2 Vgl. Ebd., S. 20 ff.
3 Vgl. Sanner 1997, S. 109
4 Vgl. Fisher; Ury; Patton 2004, S. 34 ff.
5 Vgl. Gillespie and Bazerman 1997
6 Vgl. Reichenbach 1994, S. 102
7 Vgl. Fisher; Ury; Patton 2009, S. 27
8 Vgl. Ebd,. S. 41 ff.
9 Vgl. Ebd., S. 69 ff.
10 Vgl. Fisher; Ury; Patton 2009, S. 69 ff.
11 Vgl. Ebd., S. 89 ff.
12 Harvard College: Program ofNegotiation, 2020
13 Vgl. Birkenbiehl 2010, S. 152
14 Vgl. Fisher; Ury; Patton 2009, S.112 ff.
15 Harvard College: Program ofNegotiation, 2020
16 Vgl. Fisher; Ury; Patton 2009, S. 143
17 Vgl. Gulliver 1979, S. 78 ff.
18 Vgl. Ebd., S. 147
19 Vgl. Ebd., S. 153
20 Vgl. Axelrod, R.; 2000, S. 131 ff.
- Citation du texte
- Matteo Sihorsch (Auteur), 2020, Der Einsatz des Harvard-Konzepts in Verhandlungen. Prinzipien und Grenzen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/904772
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