Die Ergebnisse der internationalen und nationalen Vergleichsstudien (PISA, IGLU, TIMSS etc.) machen deutlich, dass weitere Anstrengungen bezüglich der Weiterentwicklung der Bildungsqualität und der Bildungschancen für alle Schüler von Nöten sind. Ziel muss es vor allem sein, den Zusammenhang von sozialer oder ethnischer Herkunft und Schulerfolg weitgehend zu entkoppeln. Eine wichtige Rolle in diesem Zusammenhang spielt der gut ausgebildete, pädagogisch professionell handelnde Lehrer, aber auch die Weiterentwicklung der Einzelschule.
Den Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit stellt die Konzeption pädagogischer Professionalität nach Bauer [Baue98] dar, die Elemente des kriterienbezogenen Ansatzes, der arbeitsbezogenen Forschung und des Expertenmodells mit einbezieht. Hierbei geht es um die fortwährende Überwindung der eigenen professionellen Unvollkommenheit durch Reflexion und Verbesserung der eigenen Praxis. Anschließend wird kurz auf die Schulentwicklung eingegangen, um abschließend die beiden Faktoren, Professionalität und Schulentwicklung, im Kontext einer Pädagogik und Didaktik der Differenz und Gleichheit zu betrachten.
Pädagogische Professionalität entwickelt sich in einem Zeitraum, der weit über die erste und zweite Lehrer-Ausbildungsphase hinaus reicht; sie baut sich individuell auf.
Über pädagogische Professionalität verfügt man also nicht als eine einmal erworbene Fähigkeit. Sie muss vielmehr in den unterrichtlichen Situationen und in den Begegnungen und Auseinandersetzungen mit Schülerinnen und Schülern, Eltern, Kolleginnen und Kollegen aktualisiert und weiterentwickelt werden. [Denn07: 289]
Doch was macht pädagogische Professionalität überhaupt aus? Wodurch lässt sie sich definieren?
Die Folgende Definition pädagogischer Professionalität stellt Karl-Oswald Bauer [Baue98] auf Grundlage seiner Studie auf. Hierbei wurde Professionalität nahezu unabhängig von formalen Kriterien bestimmt, da davon ausgegangen werden muss, dass „eine nach formalen Kriterien vielleicht sogar beachtliche Professionalität keineswegs ausreichende Berufskompetenz garantiert“ [Baue98: 346]. Diese Annahme begründet sich auf der Berufsbiographieforschung, die festgestellt hat, dass Lehrer ihre pädagogische Kompetenz erst durch persönlich berufliche Erfahrung, also während der Praxis, erwerben [Flaa89].
Inhaltsverzeichnis
1 Überblick über das Thema
2 Entwicklung pädagogischer Professionalität
2.1 Pädagogische Professionalität
2.2 Professionelles Selbst
2.3 Pädagogisches Handlungsrepertoire und seine Dimensionen
2.3.1 Soziale Strukturen bilden
2.3.2 Interagieren
2.3.3 Kommunizieren
2.3.4 Gestalten
2.3.5 Hintergrundarbeit
2.4 Modell professionellen pädagogischen Handelns
3 Schulentwicklung
4 Professionalisierung und Schulentwicklung im Kontext einer Pädagogik und Didaktik der Differenz und Gleichheit
5 Resümee
6 Literatur
1 Überblick über das Thema
Die Ergebnisse der internationalen und nationalen Vergleichsstudien (PISA, IGLU, TIMSS etc.) machen deutlich, dass weitere Anstrengungen bezüglich der Weiterentwicklung der Bildungsqualität und der Bildungschancen für alle Schüler[1] von Nöten sind. Ziel muss es vor allem sein, den Zusammenhang von sozialer oder ethnischer Herkunft und Schulerfolg weitgehend zu entkoppeln. Eine wichtige Rolle in diesem Zusammenhang spielt der gut ausgebildete, pädagogisch professionell handelnde Lehrer, aber auch die Weiterentwicklung der Einzelschule.
Den Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit stellt die Konzeption pädagogischer Professionalität nach Bauer [Baue98] dar, die Elemente des kriterienbezogenen Ansatzes, der arbeitsbezogenen Forschung und des Expertenmodells mit einbezieht. Hierbei geht es um die fortwährende Überwindung der eigenen professionellen Unvollkommenheit durch Reflexion und Verbesserung der eigenen Praxis. Anschließend wird kurz auf die Schulentwicklung eingegangen, um abschließend die beiden Faktoren, Professionalität und Schulentwicklung, im Kontext einer Pädagogik und Didaktik der Differenz und Gleichheit zu betrachten.
2 Entwicklung pädagogischer Professionalität
2.1 Pädagogische Professionalität
Pädagogische Professionalität entwickelt sich in einem Zeitraum, der weit über die erste und zweite Lehrer-Ausbildungsphase hinaus reicht; sie baut sich individuell auf.
Über pädagogische Professionalität verfügt man also nicht als eine einmal erworbene Fähigkeit. Sie muss vielmehr in den unterrichtlichen Situationen und in den Begegnungen und Auseinandersetzungen mit Schülerinnen und Schülern, Eltern, Kolleginnen und Kollegen aktualisiert und weiterentwickelt werden. [Denn07: 289]
Doch was macht pädagogische Professionalität überhaupt aus? Wodurch lässt sie sich definieren?
Die Folgende Definition pädagogischer Professionalität stellt Karl-Oswald Bauer [Baue98] auf Grundlage seiner Studie auf. Hierbei wurde Professionalität nahezu unabhängig von formalen Kriterien bestimmt, da davon ausgegangen werden muss, dass „eine nach formalen Kriterien vielleicht sogar beachtliche Professionalität keineswegs ausreichende Berufskompetenz garantiert“ [Baue98: 346]. Diese Annahme begründet sich auf der Berufsbiographieforschung, die festgestellt hat, dass Lehrer ihre pädagogische Kompetenz erst durch persönlich‑berufliche Erfahrung, also während der Praxis, erwerben [Flaa89].
Pädagogisch professionell handelt eine Person, die gezielt ein berufliches Selbst aufbaut, das sich an berufstypischen Werten orientiert, die sich eines umfassenden pädagogischen Handlungsrepertoires zur Bewältigung von Arbeitsaufgaben sicher ist, die sich mit sich und anderen Angehörigen der Berufsgruppe Pädagogen in einer nichtalltäglichen Berufssprache zu verständigen in der Lage ist, ihre Handlungen unter Bezug auf eine Berufswissenschaft begründen kann und persönlich die Verantwortung für Handlungsfolgen in ihrem Einflussbereich übernimmt. [Baue98: 346]
Festzuhalten ist, dass die obige Definition empirisch ist und zugleich einen normativen Anteil enthält. Sie ist keine Beschreibung der derzeitigen Situation des Lehrerstandes. Die Kriterien wurden von Bauer aus einer Modellvorstellung gelungenen pädagogischen Handelns hergeleitet, in der Praxis werden sie jedoch nur teilweise und in unterschiedlichen Ausprägungen erfüllt.
Die wesentlichen Komponenten der Begriffsbestimmung das „professionelle Selbst“ und das „pädagogische Handlungsrepertoire“ bedürfen einer ausführlicheren Erläuterung, bevor anschließend die Entwicklung pädagogischer Professionalität anhand des Modells von Bauer dargestellt wird.
2.2 Professionelles Selbst
Unter dem „professionellen Selbst“ versteht Bauer „die im beruflichen Handeln sichtbar werdende Seite der Person, es ist die auswählende und organisierende Instanz, die dafür sorgt, dass die Arbeitsaufgaben in Übereinstimmung mit den pädagogischen Werten erledigt werden und dass die Handlungsträger selbst sich ständig persönlich-beruflich weiterentwickeln“ (Bauer, zitiert nach [Denn07: 290]). Das professionelle Selbst ist also ein überdauerndes organisierendes Zentrum, dessen Kern Werte und Ziele darstellen.
Da nach Auffassung Bauers [Baue98: 354] „die meisten Eigenschaften, die Lehrerinnen und Lehrern zugeschrieben werden, […] nicht durch Persönlichkeitsstrukturen bedingt, sondern Ausdruck eines Handelns in pädagogischen Systemen und innerhalb einer bestimmten Berufskultur [sind]“, plädiert er dafür, den Begriff Lehrerpersönlichkeit durch den des ‚professionellen Selbst’ zu ersetzen.
Die Entwicklung des professionellen Selbst eines Lehrers vollzieht sich aufgrund von intristischer Motivation zur Optimierung seiner professionellen Kompetenz. Sie ist nicht darauf angelegt, ein bestimmtes Entwicklungsziel zu erreichen, sondern besteht in einer kontinuierlichen Weiterentwicklung mit immer wieder neuen Zielen, d.h. „es gibt keinen Stillstand und kein Ende der professionellen Entwicklung“ [a.a.O.].
Das professionelle Selbst enthält sein eigenes Entwicklungsprogramm; es setzt sich auch ohne äußeren Druck immer wieder neue Ziele und betrachtet die eigene berufliche Weiterentwicklung und die Erweiterung der beruflichen Handlungskompetenz als lohnende Aufgabe auch dann, wenn äußere Anreize fehlen. [Baue98: 353f.]
Unerlässlicher Antrieb für die fortlaufende Lern- und Entwicklungsbereitschaft ist die dauerhafte Reflexionsbereitschaft.
Das professionelle Selbst hat ein Bild von sich als Ganzheit. Dieses Bild enthält Hinweise auf Stärken und Schwächen, es enthält aber auch zusammenfassende Selbstbewertungen und Attribute. Ist das Bild stimmig und die Gesamtbewertung fällt positiv aus, besteht ein hohes Maß an professioneller Selbstsicherheit. Das professionelle Selbstbild kann aber auch durch eher negative Bewertungen charakterisiert sein, wodurch es zu sich selbst verstärkenden negativen Regelkreisen kommen kann, die schließlich durch Belastungen und Überforderungen zum Burnout der Lehrperson führen können.
Ein professionelles Selbst entsteht aus der Auseinandersetzung mit der eigenen Unvollkommenheit, wenn diese nicht nur wahrgenommen, sondern auch als bearbeitbar erlebt wird. [Baue98: 355]
Hierbei besteht zum einen das Risiko, dass die eigene Unvollkommenheit so angenommen wird, wie sie ist und auf äußere Umstände, wie beispielsweise die eigene schlechte Ausbildung, die Struktur der Schule etc. zurückgeführt wird. Zum Anderen besteht das Risiko, dass die eigene Unvollkommenheit geleugnet und sich selbst Perfektion zugeschrieben wird.
2.3 Pädagogisches Handlungsrepertoire und seine Dimensionen
Der zweite Schlüsselbegriff zur Erläuterung der pädagogischen Professionalität ist für Bauer das „pädagogische Handlungsrepertoire“.
Handlungsrepertoires sind hochverdichtete Verknüpfungen kognitiver Strukturen mit motorischen Abläufen, die es Handlungsträgern ermöglichen, rasch, ohne Verzögerung, sicher und zielstrebig in komplexen Situationen zu agieren. [Baue00: 33]
[...]
[1] Aus Gründen der schwerfälligen Schreibweise und Lesbarkeit wird in der vorliegenden Arbeit keine Differenzierung der Geschlechter vorgenommen.
- Arbeit zitieren
- Désirée Frietsch (Autor:in), 2008, Professionalisierung und Schulentwicklung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/90230
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